Støeda 17. bøezna 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 16. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 17. bøezna 1926.

1. Øeè posl. Schäfera (viz str. 983 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Vertrag mit Polen, der nun zur Verhandlung steht, ist ein Teil jener Abmachungen, die zwischen der Èechoslovakischen Republik und Polen vor längerer Zeit abgeschlossen worden sind. Im polnischen Parlament hat man diese und auch den Vertrag, der heute in Verhandlung steht, parlamentarisch längst erledigt. Wir hinken nach, kommen damit reichlich spät, was auch ein Zeichen dafür ist, daß man es in der Èechoslovakei mit den parlamentarischen und demokratischen Verpflichtungen und Aufgaben nicht sehr ernst nimmt. Es handelt sich bei diesem Vertrag um die Regelung der Verhältnisse, die aus der Entscheidung der Botschafterkonferenz vom 28. Juli 1920 entstanden sind. Nach dieser Entscheidung sind die Gebiete Schlesisch-Teschen, Arwa und Zips, zwischen Polen und der Èechoslovakei geteilt worden. Ein Teil dieses Vertrages, den wir nun erledigen, betrifft die Regelung der Staatsbürgerschaft. Da machen wir ganz merkwürdige Wahrnehmungen. Wir sehen da, daß ein ganz eigenartiger Vorgang beobachtet worden ist. Im Jahre 1923 hat das Ministerium des Innern durch einen Erlaß versucht, die Frage der Staatsbürgerschaft zu regeln. Es sind damals Fristen aufgestellt worden, die längst verstrichen sind, und nun sollen wir heute aufs neue, indem wir diesen Vertrag annehmen, die Staatsbürgerschaftsfrage, die Erlangung der Staatsbürgerschaft, gesetzlich regeln. Die Behandlung der Staatsbürgerschaft der in Betracht kommenden Polen ist sehr zweideutig gewesen. Es liegen heute noch in Troppau zahlreiche Ansuchen um Erteilung der Staatsbürgerschaft vor, die nicht erledigt worden sind, die man einfach zurückgelegt, zum Teile abgewiesen hat, ohne jeden Grund und ohne daß man sich dabei auf die gesetzlichen oder auf die Vertragsbestimmungen stützen konnte. Eine große Verwirrung ist in der Frage der Erlangung der Staatsbürgerschaft für die Polen innerhalb des èechoslovakischen Staatsgebietes auch dadurch entstanden, daß man das Übereinkommen über die Optierung nicht bekanntgemacht hat. Die Fristen für die Einbringung von Gesuchen um die Erlangung der Staatsbürgerschaft sind nun verstrichen.

Ich will nicht davon sprechen, auf welche Weise überhaupt Schwierigkeiten bei der Erlangung der Staatsbürgerschaft gemacht wurden. Es sind Fragebogen ausgegeben worden, durch die man Auskunft haben wollte, wie sich der Einzelne zu den Einrichtungen des Staates stellt. Durch die Beantwortung des Fragebogens sollte in jedem Falle klar gestellt werden, ob es sich um loyale Bürger handelt. Dann hat man es unterlassen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, die dahin geht, daß die Frist zur Einbringung von Gesuchen um die Erlangung der Staatsbürgerschaft erst am 27. Jänner 1926 abläuft, den in Frage kommenden polnischen Bewohnern der Èechoslovakei mitzuteilen.

Wir verhandeln heute also über Bestimmungen zur Erlangung der èechoslovakischen Staatsbürgerschaft, die eigentlich keine Bedeutung mehr haben, und zwar deshalb, weil die Fristen zur Anmeldung des Begehrens nach der Staatsbürgerschaft längst verstrichen sind.

Ebenso unzureichend und verfehlt wie die Bestimmungen über die Erlangung der Staatsbürgerschaft sind die Bestimmungen über die Amnestie. Es sollte sich hier eigentlich nicht nur darum handeln, die Amnestie in Straffällen zu gewähren, für Übertretungen usw., die sich in der Zeit, in der über das Schicksal dieses Staates noch nicht entschieden war, zugetragen haben, sondern es sind auch andere Schwierigkeiten während dieser Zeit entstanden, wie z. B. bei der Errichtung von Gewerben und sonstigen administrativen Angelegenheiten. Die werden aber unter die Amnestiebestimmungen nicht einbezogen. Unklar ist vor allem jener Teil des Vertrages, der die finanzielle Liquidierung vorsieht. Man kann aus den Bestimmungen des Vertrages nicht ersehen, wieviel jene èechoslovakischen Staatsbürger erhalten, die vor der Trennung des Gebietes Einlagen in polnischen Raiffeisenkassen, in den Záložnas usw. hatten und die über Anraten von verantwortlichen Stellen dieses Geld nicht zurückgezogen, sondern in diesen Instituten belassen haben. Jetzt stehen diese Einleger vollständig ratlos und geschädigt da und wissen nicht, was sie bekommen werden. Niemand oder nur sehr wenige èechoslovakische Staatsbürger, die davon betroffen sind, kennen die vielen Aufwertungserlässe der polnischen Regierung. In dieser Frage wäre eine ziffermäßige Darstellung zur Aufklärung überaus notwendig. Nun macht das Schlußprotokoll zu diesem Vertrage eine Ausnahme auch bezüglich der Behandlung der Geldinstitute, indem es heißt, daß für die Sparkassen in Teschen, Jablunkau und Freistadt besondere Abmachungen zu treffen sind, d. h. mit anderen Worten: Für jene Institute, Raiffeisenkassen, Záložnas usw., in denen arme Leute ihr Geld liegen haben, regelt der Vertrag mit Polen alle Fragen, u. zw. sehr ungünstig, unklar und unzureichend für die Einleger, für jene Geldinstitute, in denen die Reichen und Besitzenden ihr Geld liegen haben, ist die Möglichkeit von Ausnahmsbestimmungen vorgesehen; da wird gewiß den Bedürfnissen und Wünschen der in Frage kommenden Einleger stark entgegengekommen werden. Die Einleger der Raiffeisenkassen und Záložnas sind eben arme Leute, für die diese Frage höchst unzureichend erledigt wird; durch den Vertrag für die Reichen dagegen wird man besondere Abmachungen treffen können.

Der wichtigste Teil dieses Vertrages mit Polen betrifft die Minderheitenfrage. Da finden wir einige Bestimmungen, die recht europäisch klingen, die andeuten, daß man bei der Regelung der staatsbürgerlichen und Sprachenverhältnisse zwischen Polen und Èechoslovakei hüben und drüben den Anforderungen etwas Rechnung zu tragen sucht, die gestellt werden müssen, wenn man einen ordentlichen und ausgiebigen Minderheitenschutz im Auge hat. Einige wesentliche Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Zustande bringt dieser Vertrag. So heißt es unter anderem, daß man wohlwollend gegeneinander vorgehen wird. Außerdem wird gesagt, daß man Illoyalität gegen den Staat, in dem man lebt, also Illoyalität der Èechoslovaken in Polen und Illoyalität der Polen in der Èechoslovakei nicht darin erblicken kann, wenn die betreffenden Staatsbürger sich für die Rechte der Minderheiten einsetzen. Bisher waren in den Gebieten, für die dieser Vertrag gilt, alltäglich Klagen zu hören über Verletzungen der Rechte der Minderheit. Durch einen bloßen Vertrag werden die Schwierigkeiten und die Hindernisse der Verständigung nicht beseitigt werden, wenn nicht von Grund auf eine andere Sprachen- und eine andere Nationalitätenpolitik von der Èechoslovakei eingeschlagen wird. Wir nehmen alle Tage wahr, daß, wenn wir einzelne Einrichtungen dieses Staates bekämpfen, uns sofort Illoyalität vorgeworfen wird. Ich bin überzeugt, daß selbst die kritischen Bemerkungen darüber, was sich, während wir hier verhandeln, in Koalitionskreisen abspielt, von eifrigen Vertretern des Staatsgedankens als Illoyalität ausgelegt wird. Während wir im Hause verhandeln und eine Reihe von Vorlagen der jetzigen Regierung erledigen, befindet sich diese Regierung in einer argen Krankheit. Die Koalition ist sehr schwer leidend. Es sind zwar genug Ärzte darauf bedacht, ihr wieder neue Lebenskraft einzuflößen, aber es scheinen die Klassengegensätze und die Begehrlichkeiten der durch den Wahlausgang stark gewordenen Parteien zu groß geworden zu sein, als daß man wieder eine Brücke zur Verständigung finden könnte. Man wird nicht einmal darüber einig, daß man sich einigen muß, und es kommt zum Zusammenbruch dieser Koalition, die einen Zustand hinterläßt, der, was immer nachkommen mag, kaum verschlimmert werden kann.

Art. 12 dieses Vertrages mit Polen ist so ab gefaßt, daß wir in ihm einen Fortschritt erblicken. Doch sind wir der Meinung, daß wir dabei nicht stehen bleiben können. Da in diesem Vertrage der Grundsatz anerkannt wird, daß auch eine ausländische Macht mitbestimmen kann über die Regelung der Verhältnisse der Minderheiten, werden internationale Vereinbarungen zum Schutz der Minderheiten nicht mehr bekämpft werden können. Die Rechte der Minderheiten werden dauernd und ordentlich nur gesichert werden können, wenn wir zu internationalen Abmachungen gelangen. Unbeschadet der Staatseinheit ist den Minderheiten ein Eigenleben zu sichern ihnen die freie Entfaltung der kulturellen Kräfte zu ermöglichen, das ist die Aufgabe des Minderheitenschutzes, und davon war bisher in der Èechoslovakei sehr wenig die Rede. Es ist erst kurz vor der Verhandlung dieses Gegenstandes eine Aussprache abgeschlossen worden, die ihre Ursache darin hatte, daß die Ansprüche der Minderheiten nach jeder Richtung verletzt worden sind. Es ist ganz richtig, wie es im Vertrage heißt, daß jeder einzelne Bürger selbst zu entscheiden hat, welcher Nationalität er zuzuzählen ist. Es ist selbstverständlich, daß wir auch darin einen kleinen Fortschritt erblicken, daß im Vertrag ausdrücklich erklärt wird, daß in der Èechoslovakei dort, wo die polnische Bevölkerung stark vertreten ist, Ausfertigungen in polnischer Sprache zu geschehen haben, daß die Eintragungen polnisch zu geschehen haben, daß auf den Amtsgebäuden usw. die Aufschriften auch in der Minderheitssprache zu erfolgen haben. Ich fürchte, daß trotz den schönen Bestimmungen im Vertrag die Ungerechtigkeiten und die Übergriffe weiter bestehen werden. Noch weiter geht der Vertrag in der Frage der Behandlung der èechoslovakischen Staatsbürger in Wolhynien. Hier wird selbst zugegeben, daß die Anwendung der èechischen Sprache in den Gemeinden möglich ist. Auch die Lösung der Frage der Volks- und Bürgerschulen bedeutet einen Schritt nach vorwärts.

Trotzdem können wir nicht allen Teilen dieses Vertrages zustimmen. Wir sehen darin einen schwachen Anfang zur Regelung der Minderheitenfrage, des Zusammenlebens zweier Völker, nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, wir verneinen den Vertrag nicht, können aber nicht für ihn in seiner Gänze stimmen.

Nun, meine Herren, noch ein paar Worte zu der Frage des Ausgleiches der Gegensätze zwischen Völkern, die einen Staat bewohnen, und überhaupt. So wie für den Ausgleich der Völker im allgemeinen, sind wir insbesondere auch für die Verständigung der Völker, die ein und denselben Staat bewohnen. Das ist ein Bekenntnis, das wir schon bei der Sprachendebatte abgelegt haben, das nicht neu ist. Wir sind wegen des Bekenntnisses zur nationalen Verständigung der Völker gehörig verhöhnt worden; man hat das so dargestellt, als ob wir deutschen Sozialdemokraten nicht wüßten, daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker, eine Verständigung, wie wir sie uns vorstellen, nicht möglich ist, so lange die kapitalistischen Regierungen und Parteien die Entscheidung in solchen Fragen haben. Nichts destoweniger glauben wir, daß schon ein schwacher Schritt zur Verständigung der Völker, der Aufgang eines nationalen Ausgleiches auch für die Arbeiterklasse von Nutzen ist. Wer hat den Vorteil von der nationalen Verhetzung? Wer lebt von den Gegensätzen zwischen den Völkern, davon, daß die einfachsten Fragen des Zusammenlebens der Völker nicht geordnet sind? Doch nur die nationalistischen Parteien! Es ist aber eigentümlich: Während uns der Versuch, die ärgsten Gegensätze zu beseitigen, vom Kommunisten Dr Stern als schwerer Irrtum vorgehalten wird, als ein Weg der nicht zum Ziele führen könne, während man uns verhöhnt, hat im Justizausschuß ein anderer kommunistischer Abgeordnete diesem Vertrag begeistert zugestimmt und beantragt, es möge die èechoslovakische Regierung mit Österreich und Deutschland ebenfalls einen derartigen Vertrag abschließen. In Deutschland besteht keine Bauern- und Arbeiterregierung, ebensowenig wie in Österreich. Dort regieren die Christlichsozialen mit den Großdeutschen, in Deutschland ist das Zentrum mit der Volkspartei und den Demokraten an der Macht. Wir haben weder da noch dort eine proletarische Regierung, keine Bauern- und Arbeiterregierung, und trotzdem verlangt man von unserer Regierung, es möge der gleiche Vertrag mit der großdeutsch-christlichsozialen Regierung in Österreich und mit der deutschen Regierung abgeschlossen werden, die doch unseres Erachtens auch nicht den Anspruch erheben kann, nicht bürgerlich und nicht kapitalistisch zu sein. Es ist bezeichnend, daß die Partei, die uns Lehren gegeben hat, bei der Verhandlung des Vertrages sich durchaus nicht abseits gestellt hat, und mit uns sicherlich der Meinung ist, daß jeder Versuch, der möglich ist, unternommen werden muß, um endlich einmal die ärgsten nationalistischen Gegensätze aus der Welt zu schaffen, damit für das Proletariat die Bahn frei wird zur Lösung der Aufgaben, die ihm gestellt sind. Solange aber die bürgerlichen Parteien Nutzen ziehen können aus den nationalen Gegensätzen, solange werden wir den politischen Kampf haben, solange kommen wir dem Ziele nicht mit Erfolg näher.

Ich habe noch im Namen des Klubs folgende Erklärung abzugeben:

"Wir sind grundsätzlich für jede Förderung der Zusammenarbeit der Völker und Staaten und naturgemäß auch für ein gedeihliches Zusammenwirken der benachbarten Länder. Insoweit dieser Vertrag diesem unseren Standpunkte Rechnung trägt, stimmen wir ihm in seinen Grundsätzen zu, ohne damit der vielfach unzulänglichen Lösung der schwebenden Fragen, wie sie im Vertrage sind, zur Gänze zuzustimmen. Da der vorstehende Antrag nach der verfassungsrechtlichen Seite nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden kann und ein Herausgreifen einzelner Vertragskapitel unmöglich ist, müssen wir zur Präzisierung dieses Standpunktes diese Formel wählen, die es uns ermöglicht, unsere grundsätzliche Auffassung zu diesem Vertrage mit unserem ablehnenden Votum in Einklang zu bringen."

Zum Schlusse bitte ich Sie einer Resolution Ihre Zustimmung zu geben, die wir eingebracht haben und die verlangt, daß die im Vertrage unzulänglich gelösten Fragen in der weiteren Verwaltungstätigkeit ihre Berücksichtigung finden. (Souhlas na levici.)

2. Øeè posl. Patzela (viz str. 985 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Warschauer èechoslovakisch-polnische Vertrag vom 23. August 1925 gibt uns berechtigte Veranlassung, ein paar Streiflichter auf die Minderheitenpolitik der Èechoslovakischen Republik zu werfen. Der gestrige Tag hat im Gegensatz zu dem Geist, der in diesem Vertrage enthalten ist, durch die Abstimmung in diesem Hause gezeigt, daß man eine Auseinandersetzung mit den 31/4 Millionen Deutschen über ihre Angelegenheiten nicht wünscht, daß man vielmehr die bisherige Form des Diktates beizubehalten wünscht. Ich darf dabei eine ergänzende Bemerkung machen. Wenn Herr Dr Kramáø uns gestern bezichtigt hat, daß wir durch unseren Kampf gegen die Sprachenverordnungen im alten Österreich die Ermöglichung eines nationalen Friedens gestört hätten, erkläre ich auf Grund meiner Kenntnisse der politischen. Geschichte des Sudetendeutschtums, daß der Kampf des Sudetendeutschtums nicht der Regelung der Sprachenfrage als solcher galt, sondern dem Versuche, die Sprachenfrage anstatt auf dem Wege eines Gesetzes auf dem Wege ministerieller Ordonanzen zu regeln. (Souhlas na levici.) Deshalb haben die Deutschen die Stremayrischen, die Badenischen und die Gautsch´schen Sprachenverordnungen bekämpft und zu Falle gebracht, wie sie auch imstande sein werden, die Sprachenverordnung des Herrn Švehla eines Tages hinwegzufegen. (Souhlas na levici.)

Während wir gestern und heute verhandeln, vollzieht sich fern von hier ein nicht unbedeutendes politisches Ereignis. Man versucht, Deutschland, das man in den Völkerbund hineingelotst hat, jetzt um die Stellung, die man ihm zugedacht hat, zu betrügen. Es ist charakteristisch, daß bei diesem Ränkespiel auch der Außenminister dieses Staates seine altbeliebte Rolle spielt, obwohl er schon ein wenig aus den Verhältnissen gelernt haben könnte, daß zum guten Ende die Stellung seines Staates ihn auf eine andere Seite führen müßte. Das aber ist, wie immer sich der Ausgang des Streites gestalten mag, heute schon feststehend: Dr Beneš hat die Politik seines Staates wieder einmal verrannt und ist in die moralische Niederlage verwickelt, die er gemeinsam mit Herrn Briand vor der ganzen Welt erlitt. Und wenn er die bisherige Politik mit Briand beibehalten wird, wird er von einer moralischen Niederlage in die andere segeln. Was aber das Endergebnis einer solchen Politik ist, hat heute morgen eine Prager Zeitung, die "Bohemia", mit einem ganz eigenartigen Satze angedeutet - eine Zeitung, die nach ihrer finanzpolitischen Einstellung das wissen kann - in dem sie schrieb: "Briands Schicksal wird vom Franken abhängen, oder um es anders auszudrücken, vom Belieben der amerikanischen Bankwelt." Ein Zitat, das gerade für uns nach unserer weltwirtschaftlichen Auffassung ein neuerliches Bekenntnis dafür ist, wer die eigentlichen Sieger und die Besiegten im Weltkriege sind, und daß die, welche sich jetzt so stolz als Sieger dünken, nicht merken, daß sie gleich anderen längst die Ketten des amerikanischen Weltkapitalismus tragen, an denen sie eines Tages vergebens und schwer rütteln werden, jenes Weltkapitalismus, der heute die Peitsche der Zinsknechtschaft über alle arischen Völker schwingt.

Der Vertrag, den wir zu verhandeln haben, kommt reichlich spät. Ich weiß nicht, ob frei nach Schiller - der weite Weg von Warschau nach Prag das allzu lange Säumen entschuldigen kann. Die Entscheidung der Botschafterkonferenz, die über das Schicksal der Gebiete von Teschen, Arwa und Zips entschied, datiert bekanntlich vom 28. Juli 1920, und es ist wahrlich hoch an der Zeit, für die Bevölkerung jener Gebiete geregelte Verhältnisse zu schaffen, vor allem eine Regelung der Rechtsverhältnisse, der Besitzverhältnisse und der Verhältnisse aus den gegenseitigen Forderungen. Der Vertrag hat auch für uns - ich will das vorwegnehmen - eine gewaltige nationalpolitische Bedeutung. Ich gebe zu, er hat von diesem Gesichtspunkte eine internationale Bedeutung, weil hier zwei Staaten in gegenseitigem Einvernehmen die politischen, nationalen und kulturellen Rechtsverhältnisse ihrer Nationsgenossen regeln, die im anderen Staate als Staatsbürger leben. Was für uns bedeutungsvoll ist, ist die Tatsache, daß in diesem Vertrage die Èechoslovakische Republik der polnischen Minderheit Ostschlesiens, die ungefähr 70.000 Seelen beträgt, kulturpolitische Autonomierechte gewährt, über die sie uns, den 31/4 Millionen Sudetendeutschen, bisher sogar eine Diskussion verweigerte. Das ist für uns ein Bekenntnis von außerordentlicher Stärke. In dem polnisch-èechoslovakischen Vertrage werden über die kulturpolitischen Fragen eine Reihe von Bestimmungen getroffen, die man uns gegenüber anzuerkennen sich bis heute geweigert hat. Es wird hier der Druck auf die Eltern, ihre Kinder in anderssprachige Schulen zu schicken, als gesetzwidrig erklärt, ebenso wie jede Art der Entnationalisierung, während wir wissen - und gerade unser Schulkampf in den letzten 51/2 Jahren, seitdem wir im Parlamente sind, bezeugt es - was für Kräfte wir im Reklamationsverfahren aufwenden mußten, um dagegen einen Kampf zu führen, daß nicht von Privatpersonen, sondern von amtlichen Stellen, von der Verwaltung des Staates, ein Druck ausgeübt werde, um deutsche Kinder 1n Schulen der èechischen Nation zu zwingen. (Výkøiky na levici.) Das Archiv unseres Schulkampfes enthält eine ungeheure Summe von Beweismitteln in dieser Richtung. Geradezu charakteristisch ist, daß man in diesem Schulkampfe ein Beispiel, wo Deutsche und Èechen friedlich eine Lösung zu finden suchten, den mährischen Ausgleich, einfach außer Kraft gesetzt hat, bloß deshalb, um mit Zwangsmitteln die Entnationalisierung deutscher Schulkinder betreiben zu können.

Kapitel 18 stellt den Grundsatz auf, daß die Leiter und Lehrer der èechischen Schulen in Polen, sowie die Organe der staatlichen Schulaufsichtsbehörden der èechischen, die betreffenden Organe der polnischen Schulen in der Èechoslovakei der polnischen Nationalität angehören müssen. Das sind Grundsätze einer nationalen Schulautonomie, die wir mit Freude begrüßen und die wir mit umso größerer Freude begrüßen würden, wenn die allgemeine Diskussion gegenüber allen anderen Nationen im Staate eröffnet und die Fragen derart geregelt würden, wie es zum Teil in der Verfassung und im Sprachengesetze vorgesehen ist, daß alle Angelegenheiten jeder Nation, insbesondere Schulangelegenheiten, von der Nation selbst und in ihrer Sprache verwaltet werden. Für die èechischen Schulen in der Republik Polen und die polnischen Schulen in der Èechoslovakei werden im weitesten Maße, soweit dies die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zulassen, unmittelbare Aufsichtsorgane errichtet. Also nicht nur die unmittelbare Leitung und Verwaltung der Schule, sondern auch die Schulaufsichtsorgane, die Inspektionsorgane, müssen jener Nationalität angehören, der die Kinder der betreffenden Schule angehören, und dieser Minderheitsschutzvertrag ist so gefaßt, daß er für 12 Jahre gilt und innerhalb von 12 Jahren überhaupt nicht aufgekündigt werden kann. Ich wiederhole: hier ist im Ausgleichswege, aber durch einen Vertrag, der doch durch die Annahme in der Nationalversammlung zu einem èechoslovakischen Gesetze wird, für 70.000 Polen Ostschlesiens ein Recht stipuliert, das man den 31/4 Millionen Sudetendeutschen verweigert und dann, wenn sie Beschwerden erheben, sie vom Ministersitz aus als Querulanten abzutun sich erdreistet und erkühnt. Die Schwierigkeiten in der Koalition werden den gegenwärtigen Ministerpräsidenten bald dessen entheben, als Ministerpräsident des Wortbruches bezichtigt zu werden, weil angeblich der schwarze Mann aus Brünn schon vor der Türe steht, um mit einer Beamtenregierung hier zu regieren. (Posl. inž. Jung: Èerný ante portas!) Jawohl Èerný ante portas. Das aber wissen wir: Die Regierung mag heißen wie sie will, und mag uns eine Antwort auf unsere berechtigten Beschwerden so lange verweigern, wie sie will, schließlich und endlich wird eine Regierung kommen müssen, die den Deutschen auf ihre Frage nach einer kulturellen Autonomie befriedigende Antwort wird geben müssen, wenn nicht der innerpolitische Kampf verewigt werden soll. Über die Folgen werden wir uns allerdings nicht den Kopf zu zerbrechen haben.

Nun ein paar kurze Bemerkungen zu dem wirtschaftspolitischen Teil des Vertrages. Dieser regelt die vermögensrechtliche Auseinandersetzung in jenen Gebieten, die Teilung der Besitztümer des Landes Schlesien, der Kreditanstalten u. dgl., regelt aber nicht ganz besondere Besitzverhältnisse, nämlich die der Einlagen der kleinen Sparer in den Sparkassen und anderen Kreditinstituten. Hier hat die Èechoslovakische Republik und ihre Regierung eine Pflicht zu erfüllen, der sie bisher nicht im vollen Maße nachgekommen ist. Als damals die Plebiszitkommission in jenem Gebiet eintraf, wurde in einer Proklamation an die Bevölkerung ihr volle Sicherheit und Integrität ihres Eigentums zugesichert; und damals, bei Besetzung der betreffenden Gebiete durch polnische Truppen, auch durch polnische Freischaren, als die Bevölkerung, und gerade die kleinen Sparer, hinsichtlich ihres Eigentums und ihrer Spareinlagen von der großen und begreiflichen Sorge ergriffen wurden, hat der Vertreter der Èechoslovakischen Republik bei der Plebiszitkommission Dr. Matouš, was ja dokumentarisch festgelegt worden ist, den Leuten besonders und ausdrücklich den Rat gegeben, möglichst wenig in Barem umzutauschen, sondern die Leute waren doch durch die polnischen Behörden gezwungen worden, ihren Besitz an alten österreichischen Kronen in polnische Mark umzutauschen, ihre Einlagen in den Geldinstituten zu lassen. Die èechoslovakische Regierung werde bestimmt im gegebenen Augenblick Sorge tragen, daß die Einleger keinen Schaden erleiden. Daß sich damals die Èechoslovakische Republik ihrer Pflicht in diesem Belange bewußt war, geht aus dem Motivenbericht zur Verfügung des Ständigen Ausschusses vom 8. Oktober 1920, Nr. 583 S. d. G. u. V., hervor, wo die Regierung damals wörtlich sagte: "Das Finanzministerium sah sich gezwungen, gewisse Vorteile beim Umtausch der in polnische Mark umgetauschten österreichischen Kronen in èechoslovakische Kronen umsomehr zu bewilligen, als die Bevölkerung im Plebiszitgebiet auf den Rat unseres Delegierten in der Plebiszitkommission keine nennenswerten Beträge zum Umtausch in polnische Mark vorlegte, sondern sie in Geldinstitute einlegte." Ich habe damals schon, im Dezember 1920, von dieser Stelle aus darauf hingewiesen, daß die èechoslovakische Regierung sich eine schwere Ungerechtigkeit gegen ihre eigenen Staatsangehörigen zuschulden kommen ließ, indem sie zwar die Formen des Umtausches der Noten genau in der betreffenden Verordnung des Ständigen Ausschusses regelte, die ja dann vom Parlament zur Kenntnis genommen wurde, und sie auf jene èechoslovakischen Staatsbürger, die in dem Augenblicke im èechoslovakischen Staatsgebiet wohnten, zur Anwendung brachte, daß sie aber den Antrag ablehnte, den zum Beispiel ich damals im hohen Haus gestellt hatte und der von der Regierung verlangte, daß im Wege des Gesetzes dieselben Vorteile und Rechtsbestimmungen auch für jene èechoslovakischen Staatsbürger zu gelten haben, die aus irgendeinem Zwange heraus - und der Wohnungszwang hat damals gerade im Teschener Gebiet, das werden die Herren genau wissen, eine große Rolle gespielt - sich noch auf polnischem Gebiet befinden. Die Herren von der Mehrheit haben damals in Übereinstimmung mit der Regierung sich bemüßigt gesehen, diesen klaren und gerechten Antrag abzulehnen, offenbar weil er von einem Angehörigen der Opposition gestellt wurde, und zu erklären, daß die Regelung von einzelnen Fragen in diesem Belange dem Ermessen der Regierung anheimgestellt bleiben müsse, also auch für diejenigen, die damals schon unzweifelhaft èechoslovakische Staatsbürger waren und sein wollten, aber aus dem Grunde ihres Dienstes, oder weil die Wohnungsverhältnisse in dem Gebiete so waren, gerade in jenem Staatsgebiete wohnten, der zu Polen kam, wie überhaupt der größere Teil der in Betracht kommenden Bevölkerung. Eine klare gesetzliche Formulierung der Rechte dieser Staatsbürger hat man abgelehnt und diese der reinen Willkür der èechoslovakischen Behörden, dem Protektionismus überantwortet. Und wie erfüllt nun die èechoslovakische Regierung ihre anderen Verpflichtungen gegenüber ihren eigenen Staatsbürgern? Die Einleger aller Sparkassen und Kreditinstitute in jenen Gebieten warten nun schon 6 Jahre darauf, daß sie endlich über ihre paar Sparheller frei verfügen können, daß ihnen die im Schweiße ihres Angesichtes erarbeiteten und ersparten Beträge ausgefolgt werden können. Aber auch hier ist der Vertrag lückenhaft und die èechoslovakische Gesetzgebung überläßt es rein der Willkür der Administrative, mit diesen Menschen umzuspringen. Es wird im Gesetze die Durchführung der Teilung der Guthaben in den Sparkassen einer besonderen Vereinbarung überlassen. Der Vertrag und seine Durchführungsklausel enthalten aber keine bindende

Norm über die Ausfolgung der Einlagenbeträge der èechoslovakischen Staatsbürger in Kreditinstituten, die sich nun auf polnischem Staatsgebiet befinden. Die èechoslovakische Regierung ist doch namentlich auch moralisch gegenüber diesen Leuten zu einer anderen Haltung verpflichtet. Denn wir wissen uns sehr wohl zu erinnern, wie die èechoslovakische Regierung gleich wie Polen damals bemüht waren - wie soll ich mich ausdrücken, um nicht mißverstanden zu werden - unter der Bevölkerung jenes Gebietes, den Deutschen, Slonzaken und Polen, sagen wir, moralische Eroberungen zu machen. Das galt besonders für die Zeit, da man noch nicht wußte, daß die Teilung durch Entscheidung der Botschafterkonferenz erfolgen wird, sondern der Meinung war, daß über die staatliche Zugehörigkeit jener Gebiete durch Volksabstimmung entschieden werden wird. Wir wissen - es ist freilich schon lange her und die Herren auf den Ministerbänken erinnern sich nur ungern gegebener Versprechen - daß man damals auch im Ständigen Ausschuß anerkannt hat, daß die Bevölkerung jener Gebiete in ihrer übergroßen Mehrheit lieber Angehörige der Èechoslovakischen Republik sein wollte, weil sie der Meinung war, daß im neuen polnischen Sejm die Finanzwirtschaft nicht besser geführt werden wird als im alten polnischen Landtag. Die Regierung quittierte das und quittiert auch nunmehr die loyale Haltung des einzigen Vertreters der polnischen Nation in diesem hohen Hause, indem sie die finanzrechtliche Bereinigung dieser Angelegenheit wieder nicht durch einen formalen Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft vornehmen läßt, sondern sie wieder der Administrative überantwortet. Ich habe mir z. B. über Bitten und Wunsch der Einleger aus dieser Gegend, die ja auch den Herrn von der Koalition vorgebracht wurden, erlaubt, schon im Budgetausschuß einen Resolutionsantrag zu stellen, der dahingeht, die Regierung wäre verplichtet, Vorsorge zu treffen, daß die auf Èechisch-Teschen sowie auf èechoslovakisches Gebiet sich beziehenden Aktiva der Teschner Sparkasse an ein Geldinstitut in Èechisch-Teschen übertragen werden und dieses verhalten werde, die Einlagen gemäß § 7 der zitierten Verordnung des Ständigen Ausschusses einzulösen, d. h. die Einlagen bis zum 26. Feber 1919 im Verhältnis 1 K: 1 Kè und später im analogen Verhältnis 250 alte Kronen, bezw. Polenmark zu 100 Kè, und daß die Regierung verpflichtet wird, ähnliche Vorsorge auch zu treffen bezüglich der Einlagen èechoslovakischer Einleger bei andern Gedinstituten im heutigen polnisch-schlesischen Teil. Als ich im Budgetausschuß diesen Resolutionsantrag gestellt hatte, hat der anwesende Vertreter des Finanzministeriums denselben für überflüssig erklärt, weil die Regierung in der Durchführungsklausel der bekannten Verorduung des Ständigen Ausschusses, die ja Gesetzeskraft hat, die Ermächtigung erhält, nach eigenem Ermessen im gegebenen Zeitpunkt auch diese Angelegenheit zu regeln. Wenn ich der Regierung auch zubillige, daß sie in diesen Belangen nicht früher Remedur schaffen konnte, als nicht der abgeschlossene Vertrag mit Polen die Unterlage bot, so muß ich denn doch sagen, daß der Standpunkt nicht haltbar ist, der die Gesetzgebung nicht verpflichtet hätte, der Regierung eine Richtschnur und Richtlinien zu geben. In der Durchführungsklausel wird die Regierung sogar ermächtigt, die entsprechenden Bestimmungen zu treffen. Die Regierung ist aber nicht verpflichtet, wie es eigentlich wohl gerecht und willig wäre, diese Vorsorge zu treffen, in demselben Ausmaße, in dem damals der Austausch der Barbeträge aus alten Kronen, bezw. Polenmark, gegenüber den Kè erfolgte. Und als ich im Budgetausshusse den Vertreter der Finanzverwaltung fragte, ob die Regierung bei dieser Gelegenheit das Maß einhalten werde, wie es ihr durch die betreffende Verordnung des Ständigen Ausschusses gegenüber den Barbeträgen vorgeschrieben wurde, hat der betreffende Herr mit den Achseln gezuckt und gemeint, daß dies von der Entwicklung der Verhältnisse abhängen werde, also auch wieder eine Tatsache, daß ihre Bürger der Willkür der Administrative überantwortet werden, die leicht die Möglichkeit hat, bei Erfüllung dieser Aufgaben Staatsbürger erster, zweiter und dritter Güte zu schaffen. Das erscheint mir wieder ein Fall, wo wir sagen müssen, daß wir das Recht haben, von der Moral des doppelten Bodens zu sprechen, die wir bei der Behandlung aller Fragen sehen, die das Verhältnis von Staatsbürgern anderer Nationen zu den Staatsbürgern der augenblicklich herrschenden Nation im Staate betreffen. Damit werden eigentlich die Bürger des Teschner Gebietes um ihr gutes Recht betrogen. Die Bürger des Teschner Gebietes, welche damals den feierlichen Zusicherungen der èechoslovakischen Regierung Glauben schenkten, werden in diesem guten Glauben betrogen. Für uns ist dies natürlich nichts Neues. Bei einer Regierung, wo ein Minister des Innern es verteidigen kann und in der ein Politiker vom Range des Herrn Dr. Kramáø es verteidigen kann, daß ein Minister für ein von ihm selbst, nicht von einer anderen Regierung gegebenes Wort nicht einzustehen braucht, also das Recht hat, seine eigene feierliche Verpflichtung mit Füßen zu treten, von einer solchen Regierung kann man wohl wenig anderes verlangen. Aber ich sage Ihnen, wenn Herr Dr. Kramáø gestern beliebte, uns Deutsche deswegen zu höhnen, weil unsere Bevölkerung oft in ihrem Leid doch immerhin einen Trost darin sucht, daß die dauernde Verbindung mit einem 60 Millionen-Volke nicht gelöst werden kann, so sage ich Ihnen: Durch solche Praktiken werden die Èechen vielleicht ihre staatsbildende, aber nicht ihre staatsbehaltende Kraft zeigen, sie werden höchstens zeigen, daß die Geschichte ihr Urteil darüber sprechen wird, wie sie über die staatserhaltende Kraft der èechischen Nation schon dann und wann das Urteil gesprochen hat. (Potlesk a souhlas na levici.)


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP