Wir bedauern diese Entwicklung umso weniger,
als wir doch annehmen und hoffen können, daß das bisherige
Regierungssystem der Pìtka schwer ramponiert ist und daß
der Zollkampf eine Entwicklung befördert, die auf der Linie
der natürlichen Entwicklung der Interessenvertretung der
verschiedenen Klassen liegt. Wir bedauern diese
Entwicklung aber auch deshalb nicht, weil nun einmal für
immer festgestellt ist, daß den deutschen Zollparteien der
materille Vorteil des Augenblicks über alles geht (Sehr
richtig!), wobei ich noch besonders unterstreiche, daß
wir überhaupt an dem materiellen Vorteil des Augenblicks
zweifeln. Ich möchte hier daran erinnern, daß es die
hervorragendste der deutschen Zollparteien, der Bund der Landwirte
ist, die noch bei der letzten Wahl den Ruf nach der Einheitsfront
aller Deutschen bis zur Einheitsliste gegen das Gewaltsystem
des èechoslovakischen Staates und seiner Regierung unter
das Volk geworfen hat. (Výkøiky: Das war doch
Komödie!) Freilich war es eine Komödie.
Die deutschen Sozialdemokraten haben es auch als solche erkannt
und die Einladung von damals so behandelt. Aber uns scheint doch,
daß die Zeit einigermaßen kurz ist zu diesen Verheißungen,
dieser Führerrolle bei der Sammlung aller Deutschen zum Angriffe
gegen den èechoslovakischen Staat bis zu jenem Zeitpunkt,
wo diese deutschen Parteien eine Resolution
niedergestimmt haben, die sich gegen den èechischen Faszismus
richtet. Wenn man eine gewisse Entwicklung selbst im Eilzugstempo
voraussehen konnte, so hätte es doch niemand für möglich
gehalten, daß die Entwicklung so rasch
vor sich geht. Wir wußten es vordem und haben nun die Bestätigung
dafür, daß die sogenannte Parole dieser deutschen Zollparteien
nichts anderes war, als ein politisches Manöver, als ein
Mittel zum Zweck, ein Mittel, um Wähler einzufangen. Auch
das ist für uns keine Überraschung. Aber daß
die deutschen Parteien der Regierung des èechoslovakischen
Staates jene Ermächtigungen geben, die in den Artikeln 2
und 3 und besonders 4 und 8 des Gesetzes liegen, ohne zu wissen,
ob sie in der Regierung sitzen werden und ohne
zu wissen, wer in der Regierung sitzen wird, die das Gesetz handhabt,
mit einer solchen Leichtfertigkeit über die Interessen großer
weiter Volsksschichten hinwegzugehen, konnte man doch nicht annehmen.
Die deutschen Parteien der Zollmehrheit haben ein sehr gefährliches
Präjudiz geschaffen. Sie haben gewissermaßen die Bestimmungen
der Geschäftsordnung, die das Hemmnis und Hindernis jedes
demokratischen parlamentarischen Lebens in diesem Staate ist,
sanktionieit. Sie haben sie sanktioniert ohne Rücksicht auf
die Wirkungen, deren sich doch eine politische Partei bewußt
sein muß. Welche Entwicklung können die Dinge denn
nehmen? Es kann zweierlei eintreten: Aus der augenblicklichen
Zollmehrheit kann sich eine Regierungsmehrheit entwickeln. Von
den beiden Seiten, von den beiden Zollfreunden hüben und
drüben wird das bestritten und abgelehnt. Es kann möglich
sein, daß die Zollmehrheit nach Verabschiedung der Zölle
den Fußtritt bekommt als der Mohr, der seine Schuldigkeit
getan hat. In dem ersteren Falle würden unsere èechischen
sozialistischen Parteien die Hemmnisse und Hindernisse, die die
undemokratischen Methoden des Regierens und der Staatsverwaltung
und die parlamentarischen Verhältnisse in den letzten Jahren
für uns ausgelöst haben, noch ärger erfahren,
als jetzt bei den Zöllen, in dem anderen Falle haben die
Zollfreunde von heute ohne triftigen Grund alle Gewalthaber von
Morgen in diesem Staate, mögen sich diese Gewalthaber gegen
die Arbeiter als Klasse oder gegen irgendeine Minorität wenden,
von vornherein pardoniert und das wichtigste Instrument der Verteidigung
preisgegeben und schwer kompromittiert. Ich habe gesagt: ohne
triftigen Grund. Ich glaube, daß die Zölle an sich
kein triftiger Grund zu einer solchen Preisgabe von Prinzipien
sind, umsomehr, als wir auf dem Standpunkte stehen, daß
Zölle überhaupt nicht zu schaffen sind, daß die
bestehenden Zölle abgebaut werden. Zölle sind volkswirtschaftlich
zu verwerfen, von welchem Gesichtspunkt aus sie auch beurteilt
werden mögen. Alle Kenner und Lehrer der Volkswirtschaft
sind in der Mehrzahl grundsätzliche Gegner von Zöllen.
Wir haben weniger vielleicht eine theoretische Frage als eine
praktische Frage vor uns, aus der die Notwendigkeit der Zölle
in diesem Augenblicke und in diesem Staate begründet wird.
Eines der wichtigsten Argumente.- wir wissen schon, daß
es nicht das richtige ist, aber eines der Argumente - mit denen
die Zollfreunde ihre Zölle begründen, ist, daß
die Landwirtschaft ohne die Zölle nicht mehr existieren kann,
daß sie ohne sie nicht mehr investieren kann, daß
sie die Produktivität der Landwirtschaft nicht heben kann.
Wenn dem wirklich so wäre, müßte die Frage der
Zölle auf landwirtschaftliche Produkte von uns sehr ernst
geprüft werden, weil nach unserer Auffassung die Grundlage
einer gesunden Volkswirtschaft eine Landwirtschaft ist, die imstande
ist, die Bewohner des Landes zu ernähren. Wer von diesem
natürlichen, gesunden Standpunkte ausgeht, kann daher das
Argument, daß die Zölle zur Hebung der Produktion dienen,
nicht ganz beiseite lassen, sondern muß sich mit ihm beschäftigen.
Ist es aber richtig, ist es wahr? Das ist die entscheidende Frage.
Nun, wir haben Zölle auf landwirtschaftliche Artikel seit
dem Jahre 1853. Die Entwicklung, die die Hebung der Produktivität
unter der Zollära genommen hat, ist durchaus nicht erfreulich,
spricht durchaus nicht für die Argumentation jener agrarischen
Kreise. Im Jahre 1888 hatten wir in Böhmen, Mähren und
Schlesien einen Weizenertrag von nahezu 14 Meterzentnern per Hektar,
per Einwohner mejr als 60 kg. Im Jahre 1925 hatten wir einen Hektarertrag
von 16.6, auf den Einwohner von 56 kg. Bei Weizen geht das noch,
aber beim Roggen wird das Mißverhältnis noch deutlicher.
Im Jahre 1888 betrug der Hektarertrag 11 Meterzentner, auf den
Einwohner kamen 114 kg, im Jahre 1925 war der Ertrag 13.7 Meterzentner
und pro Kopf 98.7 kg. Ähnlich wie bei den Brotfrüchten
verhält es sich auch bei den übrigen durch Zoll gedeckten
Artikeln. Im Jahre 1888 entfielen auf 100 Einwohner 11.50 Rinder,
im Jahre 1910 nurmehr 1.8 und wir haben die Periode im Jahre 1905,
wo der Zolltarif, der die Einfuhr auf Vieh bedeutend erhöht
hat, einer jener Gründe und Ursachen wurde, die mitbestimmend
für den Ausbruch des Krieges gewesen sind. Wir sehen aus
dieser Statistik, die auf 7 Jahrzehnte zurückgeht,
daß die Zollpolitik im alten Österreich - und auch
die Zollpolitik im èechischen Staate wird keinen andern
Weg gehen - den Zweck, die Hebung der Produktion, absolut nicht
erreicht hat. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Erträgnisse
pro Kopf der Bevölkerung sind trotz des
Zollschutzes bedeutend gesunken. Das Gegenteil ist in anderen
Beziehungen eingetreten. Die Verschuldung, die heute bei den Behauptungen
der Zollfreunde ein so großes Argument ist, wurde durch
den Zollschutz nicht aufgehalten. Eines ist allerdings mit jedem
Zollschutz eingetreten und wird auch die Folge bei diesem Zollschutze
sein, nämlich die Erhöhung der Grundrente. Da stelle
ich die Frage: Ist die Erhöhung der Grundrente ein Agrarproblem,
ist sie ein Problem für Volksparteien, ist sie ein volkswirtschaftliches
Problem? Nein! Die Erhöhung der Grundrente ist für alle
jene Grundbesitzer nebensächlich und wertlos, die nicht die
Absicht oder Möglichkeit haben mit Grund Schacher zu treiben,
ihn zu kaufen oder zu verkaufen. Weil die Zölle nur diese
eine Wirkung haben - und merkwürdigerweise wird diese Feststellung
auf der ganzen Welt gemacht - muß man zum Schlusse kommen,
daß die Zölle nur den Grundspekulanten genützt
haben und daß dadurch nur das arbeitslose Einkommen erhöht
wurde.
Ich habe erklärt, daß meine Partei
eine grundsätzliche Gegnerin der Zölle ist. Die Argumentation
der Zollparteien, daß die Industriezölle die Agrarzölle
gebieterisch herausfordern, trifft nicht zu und kann nicht ernst
gemeint sein, sonst hätten die Zollparteien andere Wege suchen
müssen, den Weg, die Industriezölle abzubauen. Vielleicht
hätten sie Helfer auf anderer Seite des Hauses gefunden.
Aber sie haben den andern Weg gewählt, das Bündnis mit
den Industriellen, und bewilligen sich gegenseitig die Zölle.
Die lieben Agrarier bewilligen die Zölle den Industriellen....
(Posl. de Witte: Die Deutsche Gewerbepartei hat auf ihrem Reichenberger
Parteitage ausdrücklich festgestellt: Wir sind für Agrarzölle
und für Industriezölle!) Diese Parteien bewilligen
sich also gegenseitig ihre Zölle, und es beginnt die Fortsetzung
jener Verhältnisse in der Zollfrage, die in der Ära
des Reichsritters von Hohenblum Österreich solange beherrscht
und die österreichische Volkswirtschaft in höchstem
Maße ungünstig beeinflußt haben.
Soviel von den allgemeinen volkswirtschaftlichen
Wirkungen der Zölle. Ich habe hauptsächlich im Auge
die Wirkungen der Zölle von jenem Gesichtspunkte aus zu behandeln,
der für uns in diesem Augenblicke wohl der entscheidende
ist, die sich auf die Konsumenten auswirken. Wir haben während
der Debatte mehrfach gehört, daß die Zölle auf
keinen Fall eine Erhöhung der Preise mit sich bringen müssen.
Die andere Seite ist schon vorsichtig und sagt, es ist nicht unbedingt
notwendig, daß die Zölle eine Erhöhung der Preise
zur Folge haben. Der landwirtschaftliche Ausschuß und der
Budgetausschuß legen uns zwei Resolutionen vor, die Resolutionen
4 und 5, in denen die Regierung aufgefordert wird, alles zu tun,
daß durch die Zölle die Lebensmittelpreise nicht erhöht
werden. Ich möchte von dieser Stelle aus an die vielen
Dutzende von Versprechungen der èechoslovakischen Regierungen
bei den verschiedenen Teuerungsdebatten erinnern, wo die Regierung
förmliche Proklamationen abgegeben hat, was sie alles, terminiert
aufgezählt, unternehmen wird, um die Teuerung
zu bekämpfen. Ich erinnere an das Ergebnis all dieser Versprechungen:
das Ergebnis war immer Null. Die Regierung hat sich entweder als
ohnmächtig oder als unfähig erwiesen, gegen die Teuerung
etwas zu unternehmen, es hat ihr an der Macht, vielmehr aber an
der Absicht gefehlt, und dieselbe Wirkung, wie alle die Regierungserklärungen,
müssen die beiden Resolutionen haben, die die Zollparteien
vorschlagen. Wir können also diesen Resolutionen nicht den
mindesten Glauben beimessen, wir wissen im vorhinein, daß
die Resolutionen eine Augenauswischerei der Zollparteien sind,
eine Sache, an die sie selbst nicht glauben. (Výkøiky
na levici.)
Es wird, wie gesagt, in letzter Zeit schon
abgeschwenkt und erklärt, es muß nicht unbedingt sein,
daß die Zölle eine Preiserhöhung zur Folge haben,
aber wenn sie sie haben sollten - so argumentieren diese Parteien
- sind es nicht wir Agrarier, so sind es nicht die Zölle,
sondern ist der Zwischenhandel daran schuld. Nur merkwürdigerweise,
daß die geeichten Vertreter des Zwischenhandels an demselben
Strange ziehen, dieselben Anträge unterschreiben und dieselben
Argumentationen von einander ausborgen. Es mag sein, daß
die Zollhöhe sich im Augenblicke nicht voll im Preise auswirkt.
Das ist gut denkbar. Aber bei Beurteilung dieser Frage ist es
ganz nebensächlich, ob die Zölle sich im Augenblick
oder in einem späterem Zeitpunkt zur Gänze im Preise
auswirken werden. Tatsache ist, daß sie sich auswirken werden.
Und wenn Sie diese Absicht nicht hätten, wozu haben sie die
Anträge eingebracht, wozu haben sie der Regierung gemäß
Artikel 4 die Ermächtigung gegeben, zu diesen Zöllen
noch besondere Zuschläge einzuheben, wenn es die Umstände
erfordern? Dieser Artikel 4 ist geradezu das Barometer, das Sie
der Regierung in die Hand geben, damit die Zölle vollständig
auf die Preise umgelegt werden können. Wir wissen aus Erfahrung,
wie die sonstigen Bestimmungen des neuen Zollgesetzes angewendet
werden. Neben dieser ganz bedeutenden Ermächtigung, die die
Regierung bekommt, bleibt noch die alte Ermächtigung bestehen,
daß die Einfuhr an Einfuhrscheine gebunden ist, und bei
der Ausgabe von Einfuhrscheinen hat die Regierung wieder die große
Möglichkeit, die Einfuhr so zu regeln, daß die festgesetzten
Zölle sich jederzeit voll im Preis auswirken müssen.
Und das ist sicher auch der Zweck. Wenn wir uns diese Frage vorlegen,
so kann sie niemand anders beantworten als so, daß durch
die Einführung der beantragten festen Zölle, diese Zölle
in verhältnismäßig ganz kurzer Zeit sich voll
im Warenpreise auswirken müssen.
Dann entsteht die große Frage, wer diese
Preiserhöhung bezahlen soll. Ich muß sagen, ich bewundere
die Zollparteien, daß sie sich einen Moment zu ihren Plänen
ausgesucht haben, in dem der Staat volkswirtschaftlich so schlecht
dasteht, einen Moment, wo durch Lohnabbau, Massenentlassungen
und Kurzarbeit der Lebensstandard Hunderttausender Menschen tief
unter das Vorkriegsausmaß herabgedrückt ist, von derselben
Seite, die uns heute die Zölle vorschreibt, von jenen Parteien,
die damals, vor 2 Jahren, die Devise ausgegeben haben: "Der
Weizenpreis ist um das Siebenfache gestiegen, die Kohle, der Eisenpreis
müssen ebenfalls auf das Siebenfache gebracht werden, und
damit diese Preise auf das Siebenfache gebracht werden können,
müssen die Löhne auf das siebenfache herabgedrückt
werden." Wir kennen die Entstehungsgeschichte, die auf den
Bänken der èechischen Agrarier ihren Ausgang genommen
hat, wir kennen diese ominöse Sieben, aber wir wollen die
Herren daran erinnern, daß heute der
Weizenpreis von 230 Kronen 11 1/2mal so hoch wie im Frieden
steht, daß wir aber bei Löhnen halten, die kaum das
6fache der Friedenshöhe darstellen. Wir leben also ohne Zölle
in einer Situation, wo Hunderttausende Menschen mit 6-fachen Lohnertrag
11 1/2fache Weizenpreise bezahlen sollen. Ich lade die Herren
Zollfreunde ein, alle meine Ziffern zu überprüfen und
zu widerlegen. In dieser Zeit, wo sich so viel Not und Elend ansammelt,
wo die Wirtschaftskrise sich von Tag zu Tag und von Stunde zu
Stunde verschärft, wo Tausende von Arbeitern entlassen werden,
wo es in der Republik fast keinen Industriearbeiter mehr gibt,
der 6 Tage in der Woche arbeitet, in der die Jahrelange Kohlenkrise
- wir zählen 35.000 Abgebaute - sich verschärft, in
der die Lage der Textilindustrie neuerdings eine kolosale Verschärfung
erfahren hat mit der Wirkung, daß eine Woche der eine Teil
der Arbeiterschaft, die andere Woche der zweite Teil arbeitet,
daß Tausende und Tausende entlassen werden, in einer Zeit,
da wir Krisenwirkungen schwerster Art in der Eisenindustrie sehen,
in einer Zeit, und das ist absolut keine Übertreibung, wo
Familienväter mit einem Arbeitslohn von wöchentlich
30, 40, 50 und 60 Kè nachhause kommen, in dieser Zeit kommen
Sie und verlangen, daß der Arbeiter, der Familienvater ist,
mindestens 10, 12 oder 14 Kronen wochentlich mehr bezahlen soll,
für Ihre Profitinteressen. Ist dies denkbar,
daß in dieser Zeit Parteien, die sich staatserhaltend nennen
und uns 7 Jahre lang vorgeworfen haben, wir seien Staatsfeinde
und sie staatserhaltend, ist es denkbar, daß eine Partei,
die auf ihre Fahne den Namen "Republikanische Partei"
geschrieben hat, in einem solchen Moment mit einer solchen Vorlage
kommt, sich nicht um den Staat und seine Einwohner schert, der
alles nebensächlich wird, wenn nur eines erfüllt wird:
ihr Profit und ihre Habgier?
Ich kann Ihnen ziffermäßig aus der
letzten Woche den Lebenshaushalt eines Bergarbeiters vorführen.
Das durchschnittliche Wocheneinkommen, beeinflußt durch
Lohnabbau und Kurzarbeit, beträgt 162 Kronen. Das fängt
bei 40 Kronen an und hört bei 240 Kè auf. Das Verhältnis
zwischen Lohnhöhe und Preisen entspricht
einem Lebensstandard von 60% der Vorkriegszeit. Um 40% schlechter
muß also der Bergarbeiter leben, als in der Vorkriegszeit,
um 40% weniger kann er seiner Familie zu essen geben. Und schauen
Sie die Berichte der genossenschaftlichen Organisationen an, sie
werden es ganz merkwürdig finden, wie die Kurve des Brotabsatzes
sinkt mit der Zunahme der Krise und wie an deren Stellen die Kurve
des Kartoffelabsatzes steigt. Wir haben heute viele Menschen,
die sich nicht mehr das Brot in genügender Menge kaufen können.
(Výkøiky na levici.)
Ich habe von dieser Stelle am 12. Feber 1925
anläßlich der Teuerungsdebatte die Frage an das Haus
und an die Regierung gerichtet, man möge aufklären,
wie ein Mensch mit 7 1/2fachem Lohn 13fache Weizenpreise
zahlen kann. Ich habe keine Antwort bekommen. Aus den 7 1/2fachen
Löhnen sind inzwischen kaum 6 1/2fache geworden und
aus den 13fachen Weizenpreisen wurden momentan 11 1/2fache.
Aber in zwei Monaten werden wir wieder 13- und 14fache Weizenpreise
haben, denn seit von den Zöllen die Rede ist, steigen die
Produktenpreise an der Börse ununterbrochen. Und wenn es
der Regierung ernst ist mit den Absichten, so mochten wir die
Frage an sie richten: was tut denn die hohe Regierung, uni den
zur Zeit unbegründeten Preisaufstieg zu verhindern? Sie schweigt
sich über das wichtigste Problem des Staates aus. Die Regierung
ist nicht vorhanden, die Regierung braucht keine Stellung zu nehmen,
die Regierung, in der doch Volkswirtschaftler von Ruf sitzen,
und die deutschen Parteien, der Bund der Landwirte, die deutsche
Gewerbepartei und die deutsche christlich-soziale Volkspartei,
stimmen wiederholt dafür, daß die Regierung nicht die
Pflicht habe, hier zu erscheinen und Stellung zu nehmen zur Zollfrage.
Es ist wohl richtig: die Regierung Èerný
ist eine Regierung, die nach ihrem Programm nur den Platz zu halten
hat für eine nachkommende. Aber, hohes Haus, ist es nicht
eine tiefe Diskreditierung der Würde des Parlamentes, daß
auch diese platzhaltende Regierung es nicht einmal der Mühe
wert findet, zu diesen eminent volkswirtschaftlichen Fragen zu
erscheinen, ihre Meinung zu sagen, ihren Standpunkt zu präzisieren?
Alle Versuche der Zollgegner, die Regierung dazu zu veranlassen,
sind am Widerstand der Zollparteien gescheitert. Die Zustände
haben sich gegenüber 1925 bedeutend verschlechtert, wie ich
nachgewiesen habe. Es ist durchaus keine Seltenheit und keine
Übertreibung: Während Bergarbeiter in die Grube fahren
und ihr Leben aufs Spiel setzen, gehen ihre Kinder betteln, damit
sie nicht verhungern. (Výkøiky na levici.)
Und da muß deutlich von dieser Stelle
aus gesprochen werden: All das, was man der Arbeiterschaft zumutet,
insbesondere durch die Zölle zumutet, ist nicht mehr zu ertragen.
Ich stelle die Frage: Welche Möglichkeit hat die Arbeiterschaft,
diesen Wirkungen zu begegnen? Denn eines scheint festzustehen:
Die Zollparteien sind so fest verankert, so fest zu einer Majorität
verbunden, daß sie mit allen Mitteln noch im Laufe dieser
Woche das Zollgesetz durchdrücken, ihm zur Annahme verhelfen
werden. Was könnte die Wirkung dieser Zölle sein? Daß
die Arbeiterschaft ruhig und geduldig neben dem bisherigen Schicksal
die neue Bürde auf sich nimmt? Das ist undenkbar und die
Parteien und die Regierung, die hier nicht erscheint und nicht
Stellung nimmt, müssen darauf aufmerksam gemacht werden,
als logische Konsequenz: daß eine Zeit der bittersten Lohnkämpfe
uns bevorsteht, die bis zur Verzweiflung geführt werden müssen.
Und unsere Industriellen, die so leichtfertig für die Agrarzölle
zu haben sind? Wir wissen schon, aus welchen Gründen unsere
Industrie dafür ist. Sie ist nämlich selbst auf dem
Mistbeet des Zollschutzes groß geworden. Diese Industrie
muß sich auf Lohnforderungen und Lohnerhöhungen einrichten.
Unsere Industriellen sind immer einig mit allen reaktionären
Elementen in der Forderung nach dem Abbau der Löhne. Das
Stichwort vom siebenfachen Lohn haben sie sofort aufgegriffen
und dank der Zerrissenheit der Arbeiterbewegung in diesem Staate
haben sie es nahezu und ziemlich leicht verwirklichen können.
Unsere Industrie steht auf dem entgegengesetzten Standpunkt: Den
Bauern die Zölle und die Bauern geben ihr dafür die
Industriezölle. Wir sehen, daß bei der eingeschränkten
Arbeitsweise die Profite der Unternehmer nicht sinken, teilweise
sogar steigen, ein Beweis, daß unsere Industrie sich mit
der Krise abgefunden, sich auf sie eingerichtet hat und daß
der Arbeiter der einzige Lastträger, der einzige Faktor ist,
der alle Wirkungen der Krise aushalten muß. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Noch ein Wort zu den Zöllen von allgemeiner
volkswirtschaftlicher Bedeutung. In anderen Ländern ist man
über solche Maßnahmen, die die Lebenshaltung breiter
Schichten des Volkes schwer beeinflussen, anderer Ansicht und
es wird durchaus nicht so leichtfertig und oberflächlich
zur Tagesordnung übergegangen, auch wenn die Leute nicht
berufsmäßiges oder klassenmäßiges Interesse
der Arbeiter oder Angestellten zu schützen hätten. Man
prüft die Frage auch von einem anderen Gesichtspunkte, etwa
von dem: Wird der allgemeine volkswirtschaftliche Zustand in einem
Staatswesen oder in einem Lande besser, wenn die Kaufkraft den
breiten Massen des Volkes herabgesetzt oder wenn sie erhöht
wird? Bei dieser Frage müssen wir konstatieren, daß
sich alle wirtschaftlichen reaktionären Elemente in diesem
Staate finden, vom Vertreter des kleinsten Schneider- und Schustermeisters
bis hinauf zum Großbauern- und Industriemagnaten, in einem
Bestreben sind sie einig: Die Kaufkraft und Lebenshaltung der
Arbeiter herabzudrücken. Der soziale Fortschritt ist angeblich
zu groß, ihre Arbeitszeit zu kurz, ihr Lohn ist vor allem
zu hoch. Das ist das Um und Auf der volkswirtschaftlichen Grundbegriffe
unserer Industrie, unserer berufenen Faktoren und scheinbar auch
unserer Regierung, denn sonst müßte sie hier sein und
uns vom Gegenteil überzeugen. Ist es nicht absurd, daß
hier breite Schichten der arbeitenden Bevölkerung durch Personen
und Parteien vertreten werden, die sich als Anwälte des Zollschutzes
erheben und mitarbeiten und unablässig mitwirken, daß
die Lebensbedarfsartikel im Preise steigen, damit der Brotkorb,
der ohnedies so hoch hängt, noch höher zu hängen
kommt, damit in den ärmsten Familien die kranken Proletarierkinder
den Viertelliter Milch, den sie heute haben und der hinreicht,
um sie vor dem Sterben zu bewahren, auch nicht mehr bekommen könnten?
Ja, es ist möglich, es ist denkbar, und Sie haben es soeben
in der Kontroverse erfahren, daß unsere christlich-soziale
Partei bereit ist, sich mit den Arbeitern über dieses Problem
auseinanderzusetzen. Meine Herren! Ich kann auf diese Frage nur
sagen: Wir sind jederzeit zu dieser Auseinandersetzung bereit
und wir werden diese Auseinandersetzung suchen, um den Leuten
aufzuzeigen, daß diese angeblich christliche und soziale
Partei ihren christlichen Sozialismus ungefähr nach der Linie
betätigt: Für den Reichen, für den Satten und Wohlhabenden
die Zölle, und die Kongrua für ihre Geistlichen und
für das übrige Volk die ewige Seligkeit, das bessere
Jenseits. (Výkøiky na levici.) Wir
sehen dieser Entscheidung mit Ruhe entgegen. Die Gewerbeparteiler
stimmen für die Zölle und wir haben ihre Begründung
gehört. "Unsere heimische Landwirtschaft muß durch
Zölle geschützt werden, sowie auch unsere Erzeugnisse
durch Zölle geschützt werden müssen." Ich
kenne nicht viele Artikel, die handwerksmäßig erzeugt
werden und eines besonderen Zollschutzes bedürfen. An eines
muß dabei erinnert werden. Es waren die Gewerbetreibenden,
die in den Jahren 1919, 1920 und 1921, die sich nicht genug tun
konnten, an den hohen Löhnen der Arbeiter herumzunörgeln,
es waren dies die besten Jahre für die Gewerbetreibenden,
sie sehnen sich heute alle danach. Der Bauer, der seine Produktion
absetzen will, der Bauer, der seine Produktion heben will, um
mehr auf den Markt zu bringen, der Kleingewerbetreibende, der
einen Kunden für seine Waren, die er erzeugt, sucht, kann
diesen Kunden nur in den breiten Massen des Volkes finden. Wer
daher die Kaufkraft der breiten Massen herabsetzt, schädigt
auch die Interessen dieser Schichten, ganz abgesehen davon, daß
die Zölle sowohl auf Vieh, Fleisch und Fett und besonders
die Zölle auf Brotfrucht den breiten Schichten unserer agrarischen
Landwirtschaft absolut nichts nützen, manche gleichgültig
lassen, manche direkt schädigen. Mit diesem Kapitel werden
sich die nachfolgenden Redner meines Klubs noch im Besonderen
zu beschäftigen haben, aber es steht unbestritten fest, daß
alle, die Löhne und Gehälter empfangen, daß sie
es sind, die die Kosten dieser Politik zu bezahlen haben. Wir
kommen zur Feststellung, daß unsere Landwirtschaft die Möglichkeit
einer Erhöhung der Produktion längst gehabt hätte.
Unsere Landwirtschaft ist geographisch günstig gelegen, sie
kann die Produktion erhöhen und müßte sie erhöhen,
wenigstens auf jenes Maß des Auslandes, etwa Preussens oder
anderer europäischer Länder. Als sozial-demokratische
Partei würden wir alle Forderungen unterstützen, die
dem Zwecke dienen, die Landwirtschaft produktiver und ergiebiger
zu machen. Meine Parteigenossen haben schon früher, vor Beratung
dieses Gesetzes eine Reihe solcher Vorschläge in Form praktischer
Anträge eingebracht. Diese Anträge haben nicht die Berücksichtigung
der Zollanhänger gefunden. Damit ist für uns der Beweis
gegeben, daß es den Herrschaften bei den Zöllen nicht
um die Hebung der Landwirtschaft geht, sondern daß sie Gewinne
haben wollen auf Kosten einer halb in Elend verkommenden Bevölkerung.
Unter diesem Gesichtspunkte sind die Zölle ein frivoler Anschlag
auf die Lebenshaltung, auf die Existenz aller arbeitenden Menschen.
Daß dieser Anschlag jetzt kommen kann, erfüllt uns
mit Empörung und Entrüstung. So angenehm uns die politische
Änderung der Situation ist, so tief innerlich aufgewühlt
sind wir über die Dreistigkeit und Unerhörtheit des
Anschlages, der hier auf die breiten Massen vorgebracht wird.
Darüber ist nicht das letzte Wort gesprochen, darüber
werden wir uns auch mit unseren bürgerlichen Parteien nicht
hier, sondern vor ihren Wählern auseinandersetzen, denn gegen
diesen organisierten Raubzug auf die Taschen des arbeitenden Volkes
werden wir uns mit allen Mitteln, die uns zu Gebote stehen, zur
Wehre setzen. Möglich und wahrscheinlich ist, daß mit
den Mitteln der Geschäftsordnung unser Kampf keinen Erfolg
hat, daß die Gegner des Volkes so stark sind, um ihre volksfeindlichen
Pläne hier zu verwirklichen. In diesem Falle ist für
unsere Partei der Kampf gegen die Zölle nicht aus. Es wird
und muß weitergeführt werden, bis wir ihn siegreich
beendet haben. Wir werden den Kampf führen, mit jenen Parteien
zunächst, die bei den Wahlen den Wählern, besonders
den arbeitenden Wählern, versprochen haben, daß sie
ihnen Brot und Arbeit bringen, und ihnen jetzt die Zölle
gebracht haben, die die Arbeit zunichte und das Brot vom Tische
des Hauses verschwinden machen. Wir dürfen hoffen, daß
wir in diesem Kampf siegreich unter dem Banner des Sozialismus
sein werden. Wir werden gegen die volksfeindlichen, volksschädlichen
und die Interessen des arbeitenden Volkes bedrohenden Zölle
in schärfster Form Stellung nehmen. (Potlesk na levici.)