Meine Damen und Herren! Seit einer geraumen
Zeit geht ein unfruchtbarer Prinzipienstreit um eine Frage der
Nationalökonomie und Volkswirtschaft, die der landwirtschaftlichen
Schutzzölle. Dieser unfruchtbare Prinzipienstreit wird leider
manches Urteil trüben, er erschwert unnützerweise die
Entscheidung in dieser äußerst wichtigen Frage. Bei
Beurteilung der Agrarzölle müssen wir vor allem daran
denken, daß die Agrarzölle vom Jahre 1906 einer Entwicklung
halt geboten haben, die sich in dem Niedergang des Ackerbaues
bemerkbar gemacht hat. Der Krieg und die Nachkriegszeit haben
das reine Versorgungsmoment in den Vordergrund gestellt und schon
im Oktober 1914 hat man den österreichischen Schutzzoll aufgehoben,
um während des Krieges die Möglichkeit zu haben, fremde
Lebensmittel in großen Mengen einzuführen. Der Bauer
und der Knecht mußten ins Feld und Kinder und Frauen, ja
auch Krüppel mußten den Grund und Boden zuhause bewirtschaften.
Aus diesen Verhältnissen heraus war es selbstverständlich,
daß die Verbesserungen der letzten Jahrzehnte in der Landwirtschaft
immer mehr und mehr schwanden und wir können konstatieren,
daß wir mit Rücksicht auf diese Verhältnisse eigentlich
schon im Jahre 1917 von den intensiven zur extensiven Wirtschaftsweise
übergegangen sind. Man halte uns das Argument von dem Streben
nach Übergewinnen, wie es hier und anderswo gesagt wurde,
uns nicht vor. Die Rucksackträger und Schleichhändler
aus der Stadt haben an diesen Verhältnissen eine gewisse
moralische Schuld und einen großen materiellen Anteil. Wir
mußten wahrnehmen, daß gewisse Leute mit den landwirtschaftlichen
Produkten einen direkten Handel in der Stadt getrieben haben und
man hat gesehen, daß die Konsumenten einfach dahin belehrt
wurden, daß sie diese Produkte am Lande nicht billiger bekämen.
Dadurch wurde die Moral der Landwirtschaft in vieler Hinsicht
untergraben. Wir haben unsere Lieferungspflicht erfüllt und
deshalb konnte nicht jeder Wunsch berücksichtigt werden.
Vor allem müssen wir lebhaft bedauern, daß die Presse
der Staatsangestellten sich so abfällig über die hart
arbeitende Landwirtschaft äußert. Mit Rücksicht
darauf, daß, wie viele zugelangte Zuschriften beweisen,
sich die Staatsangestellten nicht restlos hinter diese Angriffe
stellen, will ich von der Vorlesung dieses Schanddokumentes absehen.
Dabei müssen wir bedenken, daß nicht wir die Urheber
des Schutzzollsystems sind, sondern daß das Schutzzollsystem
in erster Linie von anderen verlangt wurde, daß im Jahre
1922 ein 30facher Industriezoll festgesetzt wurde, daß das
Brotgetreide, das Vieh und die landwirtschaftlichen Produkte aber
schutzlos blieben. In allen Ländern, von denen wir eingeschlossen
sind, können wir feststellen, daß auf landwirtschaftliche
Produkte ein großer Einfuhrzoll festgesetzt ist. Wie soeben
erwähnt, wurde ein 30facher Industrieschutzzoll im Jahre
1922 festgesetzt, während wir nur eine Geldentwertung von
sieben zu verzeichnen hatten. Die täglichen Bedarfsartikel,
Kleider und Wäsche wurden dadurch eminent verteuert und die
Industriezölle belasteten den einzelnen Haushalt auf das
schwerste. Es ist bezeichnend, daß sich gegen den Raubzug
des Industriekonzerns keine Stimme erhoben hat, die gegen die
Industriezölle angekämpft hätte, auch die Presse
der Staatsangestellten nicht. Die Disparität zwischen Industrie
und Landwirtschaft hat jene Verschuldung gebracht, von der schon
meine Herren Kollegen gesprochen haben. Wenn vielleicht hier während
der Debatte gesagt wurde, daß in den landwirtschaftlichen
Geldinstituten noch viel Geld zu finden ist, daß die Verschuldung
gar nicht so groß ist, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Am 28. April wurden in einem Zentralgeldinstitut in Prag allein
5/4 Millionen Kronen behoben, und zwar aus dem Zentralgeldinstitut
der Raiffeisenkassen. Dies sind ländliche Geldinstitute und
in diesen Raiffeisenkassen ist das Bedürfnis vorhanden, den
Mitgliedern, die sich zum größten Teil aus Bauern und
Kleinbauern zusammensetzen, Geld vorzustrecken, da diese es notwendig
brauchen und die Verschuldung von Tag zu Tag immer mehr zunimmt.
Im Jahre 1922, als das Getreide schon auf 1.30
Kronen stand, hatte man infolge der politischen Verhältnisse
die Macht, im Ministerrat einen Antrag zu stellen, über die
Diskussion der Schutzzölle zur Tagesordnung überzugehen.
Mein Vorredner, der gewesene Ernährungsminister Srba
wollte im Jahre 1922, wo der Preis des Roggens 1.30 Kronen betrug
und die Kartoffeln 35 Heller kosteten, eine Diskussion über
die landwirtschaftlichen Schutzzölle nicht zulassen
und hat vor den Weihnachtsfeiertagen im Ministerrat obigen Antrag
auf Übergang zur Tagesordnung über diese Frage der landwirtschaftlichen
Schutzzölle gestellt. Damals haben die Kollegen von der èechischen
Seite geglaubt, daß der Schutz der Landwirtschaft
nicht notwendig ist. Heute sind sie zu einer anderen Erkenntnis
gekommen und es ist heute dem Herrn Ernährungsminister in
Ruhe nicht möglich, derartige landwirtschaftlichfeindliche
Anträge durchzubringen. Auch zu der Zeit, als das Getreide
im Jahre 1922 so tief gesunken war, als die Bedarfsartikel der
Industrie die bei der Landwirtschaft täglich gebraucht werden,
in derselben Höhe blieben, die übrigen Lasten vermehrte,
also die Notlage der Landwirtschaft eine ähnliche war, wie
sie heute ist, hat man schon in den Zeitungen der Konsumenten
geschrieben: "Ein Abbau der Bierpreise ist nicht so notwendig,
ein Abbau der Lebensmittel wäre unserer Meinung nach viel
bedeutungsvoller." Man kämpft also gegen uns an, auch
wenn man einsieht, daß eine Rentabilität bei der Landwirtschaft
nicht mehr vorhanden ist.
Daß sich die Konsumentenparteien in den
Ernährungsfragen u. a. manchmal recht irren können,
ist bewiesen, das beste Beispiel dafür hat die Vergangenheit
gezeigt, wo in der Frage der Zwangswirtschaft manches geschehen
ist, was gewiß in einer späteren Zeit den Irrtum der
Konsumentenparteien völlig aufgedeckt hat. Die Zwangswirtschaft
ist nichts anderes gewesen als ein Monopol der Schieber und der
Börsenspekulation. Wir haben bei der Zwangswirtschaft 55
Heller für den Hafer bekommen, 72 Heller für das Korn,
haben dieses Korn und denselben Hafer als Saatgetreide im eigenen
Hause behalten und mußten es mit 1.04 K bzw. 99 1/2
h unser eigenes Getreide, wenn es als Saatgut gebraucht wird,
bezahlen. Das Getreide ist bei dieser Zwangswirtschaft spazieren
geführt worden und verdorben. Nachweisbar sind 1625 Waggons
Kartoffeln auf einmal zugrunde gegangen. Trotzdem wir seinerzeit
vernünftige Gegenvorschläge gemacht haben, wie z. B.
Öffnung der Grenzen für die Zeit der unbedingten Notwendigkeit
mit Rücksicht auf die damaligen Verhältnisse, rechtzeitige
Kaufabschlüsse im Ausland, Unterbindung der Einfuhr von Luxusartikeln,
keine Spekulation mit Zucker, Verwendung der erübrigten Gelder
für Brot und Mehl, wurde uns als Produzentenparteien kein
Gehör geschenkt. Man stand auf dem Standpunkt, daß
die Zentralwirtschaft die allein selig mach ende Wirtschaft sein
kann. Es liegen Anträge der sozialistischen Parteien vor,
die wir heute hier zitieren müssen und die auf rücksichtslose
Requisitionen lauteten. Wuchergerichte wurden errichtet, die kleinen
Landwirte wurden vor diese Gerichte geschleppt und bei diesen
Wuchergerichten hat sich gezeigt, daß unsere Preiskalkulationen
richtig waren, wie aus den Freisprüchen ersichtlich ist.
Unsere Preiskalkulationen wurden durch Streichung der Auslagen
für eine zweite Ackerung im Herbste bei Feldern, wo im Frühjahr
Kartoffel gebaut wurden, herabgesetzt. Ist das Hebung der Produktion?
Ich habe aus mehreren Gemeinden meines Wahlkreises Zuschriften
zu jener Zeit erhalten, in welchen die kleine Landwirtschaft nach
Abhilfe der großen Lieferungsvorschreibungen ruft und erklärte,
daß es ihr unmöglich sei, die ihr vorgeschriebenen
Mengen zu liefern. Ich muß Ihnen bekannt geben, daß
es sich um Gemeinden handelte, wo nicht ein Großbauer, sondern
nur ganz kleine Grundbesitzer ansässig sind, die das eigene
Getreide liefern und Brotkarten nehmen sollten. Sie ersehen daraus,
daß die Liebe der sozialistischen Parteien zur kleinen Landwirtschaft,
die man hier zu vertreten angibt, erst in einer späteren
Zeit erwacht sei und daß die Anträge der Konsumentenparteien
auf rücksichtslose Requirierung gewiß keine Unterstützung
und keine Liebe den Kleinbauern gegenüber bedeuteten. Der
beste Beweis dafür, daß sich in derartigen Fragen die
Konsumentenparteien geirrt haben, geht daraus hervor, daß
ein halbes Jahr nach dem Fallen der Zwangswirtschaft wir bereits
ein Sinken der Lebensmittelpreise zu verzeichnen hatten. Die Zwangswirtschaft
hat eben die Preise verteuert, den Zwischenhandel und das Spekulantentum
gefördert. Die sozialistischen wie auch die übrigen
Konsumentenparteien müssen heute einsehen, daß Sie
also nicht allein eine kleinbauernfeindliche Politik, sondern
sogar eine konsumentenfeindliche Politik gemacht haben, wenn Sie
die Zwangswirtschaft aufrecht erhalten wollten. Es wurde auch
von verschiedenen Seiten auf die Schutzbedürftigkeit unserer
Landwirtschaft hingewiesen. Ich habe bereits im landwirtschaftlichen
Ausschuß darauf verwiesen, daß wir Statistiken zur
Hand haben, die besagen, daß an der landwirtschaftlichen
Produktion 35% der gesamten Bevölkerung dieses Staates interessiert
sind und wenn wir den Wert der Baulichkeiten, des lebenden und
toten Inventars und die Steuerleistung in Betracht ziehen, müssen
Sie wohl zugeben, daß die Landwirtschaft den Hauptteil des
Volksvermögens in diesem Staate bildet. Schon Koll. Heller
hat darauf verwiesen, daß die urwüchsige Produktionskraft
der transatlantischen Staaten, daß die dortigen Arbeiterverhältnisse,
die extensive Wirtschaftsweise Polens, Rumäniens, Jugoslaviens
usw., die großen Weideflächen Argentiniens, die Valuta
und die billigen Frachtsätze des Wasserweges es möglich
gemacht haben, daß in diesen Staat für 5.3 Milliarden
Kronen im Jahre 1925 an landwirtschaftlichen Produkten eingeführt
worden sind. Es wird darauf verwiesen, daß es auch andere
Staaten gibt, wie z. B. Dänemark und Holland, die keinen
Schutzzoll haben und die doch eine hervorragende Landwirtschaft
besitzen. Sehen Sie sich doch einmal die Struktur dieser Länder
an und berücksichtigen wir die Einstellung Hollands und Dänemarks
ganz einseitig auf Viehzucht und Milchwirtschaft, nehmen wir dazu
den großen Abnehmer in der Millionenstadt London in der
Nähe, und wir können unmöglich die Verhältnisse
in unserem Staate mit der Landwirtschaft und mit den Verhältnissen
von Dänemark und Holland vergleichen. Wenn wir für 5.3
Milliarden Kronen im Jahre 1925 an landwirtschaftlichen Produkten
aus dem Auslande eingeführt haben, dann müssen wir fremde
Spesen, fremde Ausgaben bezahlen, wir müssen den Gewinn des
internationalen Zwischenhandels mitbezahlen, wir kaufen nicht
allein Lebensmittel, sondern wir kaufen Arbeit aus dem Auslande.
Bezeichnend sind die Zahlen, die wir auf dem Brünner und
Prager Schlachtviehmarkte finden, es ist geradezu erschreckend,
daß am Brünner Schlachtviehmarkt 74% Auslandvieh und
nur 26% Inlandvieh gehandelt wurde, es ist noch bedauerlicher
und für unsere Viehzucht verhängnisvoll, wenn am Prager
Schlachtviehmarkt sogar 82% ausländisches und nur 18% inländisches
Vieh gehandelt wurden. Im Jahre 1920 haben wir 24.550 Stück
Vieh eingeführt und im Jahre 1925 hat sich die Einfuhr bereits
auf 597.000 Stück erhöht. Daraus ersehen Sie, daß
es unseren kleinen Landwirten unserer Landwirtschaft im allgemeinen
unmöglich ist, ihr Vieh an den Mann zu bringen oder unter
dem Erzeugungspreise zu verkaufen. (Posl. Schäfer: Lassen
Sie sich doch nicht auslachen!) Wir leben in und mit der Landwirtschaft
draußen am Dorf, wir hören täglich die Klagen
der kleinen Landwirte, daß sie für ihr Vieh nichts
bekommen, daß sie es nicht absetzen können, wir hören
täglich ihre Klagen, daß die Produkte von Tag zu Tag
im Preise fallen, wir wohnen mit den kleinen Landwirten zusammen
und können infolgedessen ihre Verhältnisse auch besser
beurteilen, als Sie, die Sie nur von Zeit zu Zeit aufs Land hinauskommen,
gewöhnlich zur Wahlzeit oder Versammlungen.
Wenn wir heute hier vom Schutzzoll sprechen,
so ist es notwendig, daß wir die Frage untersuchen, welche
Vorteile der Schutzzoll für unsere kleinen Landwirte hat.
Unsere kleine Landwirtschaft hat ein großes Interesse daran,
daß gewisse landwirtschaftliche Produkte wenigstens den
heutigen Preis erhalten, ja einzelne sich im Preise verbessern
müssen. Wenn wir annehmen, daß unsere kleine Landwirtschaft
durch den Niedergang des Ackerbaues und des Getreidebaues unmöglich
mehr ein hochwertiges Saatgut beziehen kann, weil sie kein Geld
für Saatgut hat, dann werden Sie auch gewiß zugeben
müssen, daß der Ernteertrag von Tag zu Tag sinkt und
diejenigen Kleinbauern, die heute gar keinen Zukauf von Getreide
zu machen brauchen, werden in Zukunft infolge des Niederganges
des Getreidebaues, der sich in einem geringen Ernteertrag auswirkt,
immer neue Gelder aufbringen müssen, um Getreide anzukaufen
zur Deckung des eigenen Bedarfes, was bei Anwendung hochwertigen
Saatgutes nicht der Fall ist.
Welch ungeheueren Schaden die Maul- und Klauenseuche
in dem Viehstand der kleinen Landwirtschaft angerichtet hat, wissen
wir wohl zu beurteilen, da wir auch die Klagen oft zu hören
bekommen. Je geringer die Einfuhr von Vieh in einem Staate ist,
je geringer wird selbstverständlich die Möglichkeit
der Seucheneinschleppung und gerade unsere kleinen Landwirte haben
ein großes Interesse daran, daß die Zugtiere, die
sie zum Anbau der Felder haben müssen, seuchenfrei erhalten
werden. Wo der größere Landwirt gewöhnlich Pferde
einspannt, braucht der kleine Landwirt Rindvieh zum Zuge und Vieh,
welches von Seuche befallen war, ist als Zugvieh stark entwertet.
Wir fordern deshalb heute als kleine und mittlere Landwirte vor
allem die strenge Kontrolle des Schlachtviehmarktes in Prag, strenge
Kontrolle an den Übergangsstationen, wir müssen verlangen,
daß das seuchenverdächtige Tier an Ort und Stelle geschlachtet
wird, daß die Überprüfung in den größeren
Verschub- und Übergangsstatronen streng gehandhabt wird,
ferner die Aufhebung der veralteten Schlachtordnung, Schaffung
einer neuen, welche den Städten eine gewisse Verantwortung
für die Schäden auferlegen muß, welche die Landwirtschaft
durch Mißachtung der Schlachthofordnungen erleidet. Jeder
Häusler verkauft insbesonders Hafer und aus Beispielen meiner
Heimat kann ich Ihnen sagen, daß derjenige Häusler,
der drei Hektar Grund und Boden bebaut, mindestens 400 bis 500
kg Hafer jährlich verkauft, ferner eine Menge Kartoffeln,
Butter, Milch, Eier absetzt, daß er eben verkaufen muß,
um leben zu können und um Steuern zu zahlen. Jeder kleine
Landwirt, der verkauft, hat ein Interesse daran, daß seine
Produktion geschützt wird. Ich sage nicht, daß er Gewinn
aus dem Schutzzoll schöpfen wird, aber ich sage, daß
seine Produktion geschützt werden muß, damit er sich
auf seiner Scholle halten kann. Wenn die absteigende Tendenz für
landwirtschaftliche Produkte, wie wir sie gegenwärtig finden,
weitergeht, so werden Sie erleben, daß die schaffenden Stände
des Landes nicht mehr werden standhalten können und daß
der Häusler und Bauer von seiner Scholle vertrieben wird.
Und ich glaube nicht, daß Sie vielleicht die Absicht eines
Liebknecht vertreten, der am sozialistischen Kongreß im
Jahre 1880 sagt: "Das überseeische Getreide enteignet
den kleinen Landwirt und Bauer, stößt ihn ins Proletariat
hinab. Wollen wir hoffen, daß sie diesen Zweck mit Ihrer
Zollgegnerschaft nicht verfolgen, denn auch die Konsumentenschaft
hat ein Interesse an einer blühenden Landwirtschaft im Innern
des Staatsgebietes.
Nun noch ein Wort an die èechische nationalsozialistische
Partei. Es wird behauptet, daß der kleine Landwirt kein
Interesse an dem Schutzzoll habe. Im Jahre 1923 hat die èechische
nationalsozialistische Kleinbauernschaft eine Bewilligung zur
Ausfuhr von 150 Waggon Roggenmehl oder 200 Waggon Roggen erhalten.
Wenn also die Herren èechischen Nationalsozialisten behaupten,
daß die Kleinlandwirte kein Interesse am Schutzzoll haben,
weil sie nichts zu verkaufen haben, dann frage
ich Sie: warum brauchten Sie dann das Privileg der Bewilligung
für die Ausfuhr dieser Getreide- oder Mehlmenge. Ihre Kleinbauern
haben eben verkaufen müssen, weil sie einen Überschuß
an Getreide zu verzeichnen hatten.
Meine Verehrten! Wenn wir heute den Vorwurf
hörten, daß mit den Schutzzöllen der Konsum belastet
wird, so können sie versichert sein, daß wir jederzeit
ein Verständnis für die Notlage der Arbeiterschaft aufbringen,
aber gerade deshalb, weil wir für die schaffenden Arbeiter
sind, die unter der schweren Last ihrer Arbeit am Lande um ihre
Existenz kämpfen und weil wir sagen, daß dieser Schutzzoll
den Konsum nicht zu schwer belasten wird, deshalb treten wir für
die Schutzzölle ein, um die Arbeit des Kleinbauern entsprechend
zu schützen, um der Landwirtschaft den geringen Lohn für
ihre schwere Arbeit zu geben. Verschiedene Redner haben heute
darauf hingewiesen, daß die Einfuhrzölle ja nicht allein
das Inland zu zahlen braucht, sondern daß auch das Ausland,
das ein großes Interesse an der Belieferung des Staates
hat, einen Großteil der Zollasten mittragen muß. Die
urwüchsige Produktionskraft - mein Kollege Heller
sagt "der jungfräuliche Boden"- der transatlantischen
Staaten, die extensive Wirtschaft in Polen, Jugoslavien
und anderen Staaten erwerben an der Belieferung der Èechoslovakei
ein großes Interesse. Wenn sie aber liefern wollen, dann
werden sie gewiß einen Großteil des Zolles mittragen
müssen. Ich frage Sie als Konsumentenvertreter: Können
Sie die Abhängigkeit des inländischen
Lebensmittelmarktes vom ausländischen vor den Arbeitern verantworten?
Lassen Sie einmal abnormale Verhältnisse in diesem Staate
eintreten, eine große Seuchenepidemie im Auslande, durch
die die gesamte Einfuhr von dort unterbunden wird, was geschehen
kann, wenn kein Inlandsmarkt vorhanden wäre. Auch England
ist zur Überzeugung gekommen, daß es seinen Getreidebau
wieder aufrichten muß, den es in der Vorkriegszeit zu Grunde
gerichtet, weil der Krieg England eines besseren belehrt hat.
Wenn aber andere Katastrophen kämen, die möglich sind,
dann wird auch die Arbeiterschaft, weil es eben im Inland keine
blühende Bauernschaft gäbe, schwer zu leiden bekommen.
Jede Spekulation an den Getreidebörsen des Auslandes wird
Preisschwankungen im Inlande zur Folge haben, wenn nicht eine
produktionsfähige Landwirtschaft im Lande selbst besteht.
Professor Uhland, ein Wissenschaftler und Nationalökonom,
sagt, daß die griechischen Kleinstaaten zugrunde gegangen
sind, weil sie ihre Brotversorgung vom Auslande abhängig
gemacht haben. Man geht sogar weiter und behauptet, daß
das römische Reich nicht durch das Schwert, sondern durch
die Konkurrenz überseeischen Getreides dem Untergange zugeführt
worden ist. Bedeutende Nationalökonomen sind es, die solche
Behauptungen aufstellen und die unseren Zollgegnern zu denken
geben müssen.
Es wurde heute auch viel von der Landarbeiterfrage
gesprochen, eine Frage, die ja mit den Landwirtschaftszöllen
eng zusammenhängt. Nun hören Sie, was Herr Kollege Koudelka,
ein èechischer Sozialdemokrat, im Jahre 1923 geschrieben
hat: "Es ist wahr, daß die Industriearbeiterschaft
gegen den landwirtschaftlichen Zollschutz eintritt. Es ist das
aber eine Inkonsequenz, welche mit Rücksicht auf eine gesunde
Arbeiterbewegung zu beseitigen wäre".
Das haben èechische sozialdemokratische Arbeiterführer
im Jahre 1923 im "Právo Lidu" über die landwirtschaftlichen
Schutzzölle geschrieben. Wenn die Sache, die sie einstens
befürworteten und für welche dieselbe Notwendigkeit
zu machen heute noch besteht, zur Tat werden
soll, dann nehmen sie natürlich eine ganz andere Stellung
ein und Herr Koll. Koudelka war einer der größten
Bekämpfer der Schutzzollvorlage im landwirtschaftlichen Ausschuß
der vergangenen Woche.
Unsere Stellungnahme in der Schutzzollfrage
wird von den verschiedenen Konsumentenparteien scharf bekämpft.
Bezeichnend ist, daß gewisse Prager Blätter in dieser
Bekämpfung der Schutzzölle die Führung übernommen
haben und es ist auch bezeichnend, daß diesen Blättern
nicht die arbeitende Menschenklasse am nächsten steht, sondern
die Börsenmacher und der internationale spekulative Zwischenhandel.
Im Jahre 1925 haben dieselben Blätter eine ganz andere Meinung
über den Schutzzoll gehabt. Damals schrieben diese Blätter,
die jetzt den Kampf gegen die arbeitende Menschenklasse vom Lande
eröffnet haben, folgendes: "Der Landwirt arbeitet hart,
um seine Wirtschaft wieder hoch zu bringen, sieht aber bald ein,
daß seine Bemühungen umsonst sind. Während er
für den Ankauf von Geräten und Maschinen, Düngemitteln
usw. infolge der Disparität zwischen Agrar- und Industrieprodukten
mehr bezahlen muß, als vor dem Kriege, bestürmt man
ihn mit der Forderung nach Vergrößerung der Anbaufläche
und Hebung des Areal-Ertrages. Während der Zinsfuß
steigt, wird der einmalige Lohnertrag im Jahre immer kleiner und
bleibt nicht selten durch Ungunst des Wetters vollständig
aus. Der Konflikt ist gegeben. Der Bauer verlangt die Selbstkosten
seiner Ware mit angemessenem Gewinn, eine Forderung, die man wohl
in jeder normalen Wirtschaft erfüllt und erfüllen muß.
Er verlangt den gleichen Grad des Zollschutzes, wie er vor dem
Kriege bestand. Die Gegner jedoch nehmen für sich das Recht
in Anspruch, die Preiskalkulation des Landwirtes zu annullieren
und appellieren an das Ausland."
Das hat dieselbe Presse geschrieben, die heute
den Kampf gegen uns eröffnet hat, und wenn vielleicht unsere
Wahlabmachungen anders ausgefallen wären, so wäre die
Möglichkeit vorhanden, daß dieses Blatt, welches heute
die Führung im Kampfe gegen die landwirtschaftlichen Schutzzölle
übernommen hat, heute eine andere Stellung einnehmen würde.
Besonders aber ist zu verzeichnen, daß die Auslandspresse,
welche wiederum dem spekulativen Zwischenhandel nahesteht, den
Bund der Landwirte seit Wochen bekämpft. Sie sind die Fürsprecher
für die Gleitzölle, aber nicht für die festen Zölle.
Weil wir die Spekulation nicht mit Phrasen, sondern mit Ernst
bekämpfen wollen, deshalb votieren wir für die festen
Zölle und nicht für die Gleitzölle.
Es wird uns von den Zollgegnern auch entgegen
gehalten, daß wir die Verantwortung für unsere Haltung
in der Schutzzollfrage nicht tragen werden. Wenn wir die Verantwortung
nicht tragen können, dann haben doch alle, die heute unsere
Gegner in dieser Frage sind, einen gewissen politischen Nutzen
und sie können sich doch freuen, wenn wir die Verantwortung
nicht tragen könnten. Wenn wir für den Schutzzoll stimmen,
so stimmen wir für unseren Antrag, denn wir haben schon anderthalb
Monate früher, von unseren Wählern aufgefordert, als
die èechischen Berufskollegen diesen Antrag durch
unseren Koll. Mayer
einbringen lassen. Wenn er dann von anderer Seite kommt und denselben
Sinn und dieselben Aufgaben zu erfüllen hat, dann können
Sie von uns nicht verlangen, daß wir deshalb gegen einen
Antrag stimmen sollen, weil er von einem èechischen
Kollegen eingebracht wurde, denn für uns ist die Frage der
landwirtschaftlichen Schutzzölle eine reine Wirtschaftsfrage,
eine Existenzfrage. Andere deutsche Parteien haben mit der Regierung
und für Regierungsanträge gestimmt,
als auf Seite der Regierung die tragfähige Mehrheit hier
war, wo sie also nicht notwendig hatten, dafür zu stimmen.
Lehrer, Advokaten, Industrielle und Arbeiter aller Nationen setzen
sich zusammen, um über wirtschaftliche Fragen, über
Berufsfragen, sich auszusprechen und verhandeln, und wenn sich
der deutsche Bauer und Kleinbauer getraut, sich mit seinen Berufskollegen
der anderen Nationen zusammenzusetzen, um sein Schicksal zu bestimmen,
dann schreit die ganze Welt. (Hluk. - Rùzné
výkøiky na levici.) Wir sind
heute, Gott sei Dank, soweit, daß wir eine Bevormundung
der anderen nicht brauchen, es ist die Zeit vorbei, wo mit der
Zipfelmütze der Bauer im Kalender verspottet und verhöhnt
wurde und das ist das Ärgernis, auf der andern Seite, weil
wir den Mut haben, für unser Lebensschicksal selbst mannhaft
einzutreten, für das Schicksal der deutschen Bauern und Kleinbauern
draußen. Es ist bezeichnend, daß Herr Koll. Koudelka
und auch der gewesene Minister Johanis, sowie der Herr
Koll. Knejzlík im Landwirtschaftsausschuß
den Vorwurf erhoben haben, daß die Kollegen der èechischen
Agrarpartei sich gar nicht bewußt sind, wie schwer sie diesen
Staat errungen haben, daß sie national unverläßlich
sind und bedenken müssen, welch große Opfer die Errichtung
des Staates dem èechischen Volk gekostet hat. Ist das ein
Argument von den Vertretern international, auf Völkerversöhnung
eingestellten sozialistischen Parteien? Auf eine solche Art und
Weise werden wir nicht so leicht zu einer Verständigung kommen,
wenn man in der Schutzzollfrage auf diese Art
argumentiert, ein Beweis überdies, daß es an sachlichen
Einwänden mangelt. Ich muß den Namen eines Mannes anführen,
den mein Koll. Heller angeführt hat. Wie weit
ist die èechische Sozialdemokratie abgerückt von den
Ideen ihres Herrn und Meisters Marx, der kein Vaterland kannte,
während die èechische Sozialdemokratie um ihrer Nation
willen die Arbeiterinteressen bei der Bodenreform, beim Arbeitsplatz,
verkauft.
Ich habe heute noch die Aufgabe übernommen,
auf das Unglück hinzuweisen, welches das nordböhmische
Gebiet am 5. Juni betroffen hat, hinzuweisen darauf, unter welch
schweren Gefahren die Landwirtschaft zu arbeiten hat, die von
Wetter und Natur abhängt, wo wenige Stunden die Früchte
harter Arbeit vernichten können, und in der letzten Katastrophe,
die über das nordböhmische Gebiet niedergegangen ist,
werden diese Gefahren leider wieder einmal bestätigt. Ich
nehme heute die Gelegenheit wahr, hier an die maßgebenden
Regierungsstellen zu appellieren, daß anläßlich
der furchtbaren Schäden, die in Nordböhmen durch die
Elementarkatastrophe verursacht worden sind nicht allein an landwirtschaftlichen
Kulturen, sondern auch an öffentlichen Kommunikationen, durch
rasche Unterstützung seitens der in Betracht kommenden Stellen
auch die entsprechende Hilfe gewährt werde. Brücken,
Wege und Straßen sind weggerissen worden, wir finden dort,
wo Scheunen gestanden sind, einen Hohlweg, den sich der Wildbach
mit Gewalt durchgerissen hat, wir finden, daß Kilometer
von Straßen nicht mehr vorhanden sind, Getreide niedergepeischt,
Wiesen verschlemmt und mit Steingeröll bedeckt, Ackerboden
fortgerissen, und wir wollen die heutige Gelegenheit dazu benützen,
zu verlangen, daß die betreffenden Regierungsstellen alles
tun, damit den nordböhmischen Gebieten so rasch wie möglich
Hilfe gebracht werde, nachdem die Situation, in der wir uns in
den betreffenden Gebieten, die in einem von uns eingebrachten
Antrage genannt sind, befinden, eine sehr verzweifelte ist. Ich
stelle deshalb namens der Schwergeschädigten an die kompetenten
Regierungsstellen das Ersuchen, daß sie recht bald ausgiebige
Unterstützung leisten. Rasche Hilfe ist doppelte Hilfe.
Weil die festen Zölle die Spekulation
bekämpfen und weil sie ein Mittel sind zur Überführung
des Gewinnes vom spekulativen Zwischenhandel auf den Urproduzenten
und dadurch zur Hebung der Produktion, im Interesse aller Berufsschichten
beitragen, werden wir, wenn auch der vorliegende Antrag noch viele
Mängel enthält, insbesonders das Fehlen des Flachszolles,
aus der Notlage der kleinen und mittleren Landwirtschaft heraus
für diese Vorlage stimmen. (Potlesk nìm.
køes. sociálních poslancù.)