Ètvrtek 16. prosince 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 59. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 16. prosince 1926.

1. Øeè posl. Horpynky (viz str. 1483 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Als am Schlusse der gestrigen Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses der Herr Präsident als ersten Punkt der heutigen Tagesordnung die Behandlung der Gesetzesanträge Druck Nr. 734 und 738 in der Fassung des Berichtes des sozialpolitischen Ausschusses Druck Nr. 788 bekannt gab, wurde von der èechischen sozialdemokratischen Partei der Antrag auf Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung gestellt.

Dieser Antrag erfuhr natürlich die Ablehnung durch die Regierungsmehrheit. Da meine Partei ihre Stimmen ebenfalls für die Absetzung von der Tagesordnung abgegeben hat, so sehe ich mich veranlaßt, namens des Abgeordnetenklubs der Deutschen Nationalpartei, den ich hier zu vertreten die Ehre habe, eine Erklärung abzugeben, welche die Haltung meiner Partei in dieser Frage nicht nur vor den anderen Parteien dieses Hauses, sondern auch vor unseren Wählern begründet. Gleichzeitig mit der Durchführung des Gesetzes vom 9. Oktober 1924, Z. 221 S. d. G. u. V., betreffend die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters sollten alle Genossenschafts-, Gremial- und registrierten Hilfskassen, die am 1. Jänner 1924 nicht mehr als 4000 bezw. 2000 versicherungspflichtige Mitglieder aufzuweisen hatten, aufgelöst werden. Diese beabsichtigte Auflösung wurde durch das Gesetz vom 1. Juli 1926, Z. 118 Slg., bis zum 31. Dezember 1926 aufgeschoben. Da aber augenblicklich die Unzufriedenheit sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer mit dem Gesetze Nr. 221 ex 1924 eine Novellierung desselben notwendig und wahrscheinlich erscheinen läßt - eine Novellierung, die nebenbei gesagt, auch meine Partei anstrebt - die aber erst im Laufe des Kalenderjahres 1927 zu erwarten ist, so soll die Lebensdauer der angeführten Krankenkassen durch die vorliegenden Gesetzesanträge bis zum 31. Dezember 1927 verlängert werden.

Die erst am 17. November d. J. eingebrachten Initiativanträge würden also jetzt eine sehr dringende Behandlung notwendig haben, wenn sie ihren Zweck wirklich noch erfüllen sollen. Wenn meine Partei trotzdem gestern für die Absetzung derselben von der heutigen Tagesordnung gestimmt hat, so ist der Grund dafür in Ereignissen zu suchen, die sich erst in der letzten Zeit abgespielt haben und die politisch von so großer Bedeutung für meine Partei sind, daß ich sie ganz kurz hier zur Kenntnis bringen muß.

Bis zum 14. Dezember d. J. war der Vorsitzende des sozialpolitischen Ausschusses des Abgeordnetenhauses der Herr Koll. Brožík der èechischen sozialdemokratischen Partei. Trotzdem diese Partei seit dem Antritt der Beamtenregierung Èerný nicht mehr zur Regierungsmehrheit gehört, so muß ich wahrheitsgemäß hier feststellen, daß der Herr Koll. Brožík mit peinlichster Genauigkeit bemüht war vollständig einwandfreie Objektivität in der Leitung des Ausschusses zu bewahren. In allen seinen Handlungen und Bestimmungen stützte er sich immer auf ordnungsgemäß gefaßte Beschlüsse des ganzen Ausschusses. Es mußte daher begreifliches Erstaunen erregen, als der Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses am 14. Dezember d. J. ein von 17 Abgeordneten der gemischtnationalen Regierungsmehrheit unterschriebener Antrag vorlag, der ohne Angabe von Gründen die sofortige Neuwahl aller Funktionäre des sozialpolitischen Ausschusses verlangte. Damit haben die deutschen und èechischen Regierungsparteien deutlich zum Ausdrucke gebracht, daß sie die Leitung des sozialpolitischen Ausschusses nicht mehr einem Abgeordneten einer Oppositionspartei anvertrauen wollen, sondern dieselbe jetzt für sich in Anspruch nehmen. Unter Ausnützung der Mehrheitsziffer wurde diese Wahl auch durchgeführt mit dem Ergebnisse, daß weder im Vorsitz noch unter den Vorsitzendenstellvertretern oder Schriftführern, im ganzen sechs Personen, auch nur ein Mandat auf einen Abgeordneten der Oppositionsparteien entfällt.

Dieses Ereignis beweist, daß die Regierungsparteien gar kein Interesse an der rein sachlichen Arbeit des sozialpolitischen Ausschusses haben, sondern nur die augenblickliche Mehrheit dazu benützen, um den sozialpolitischen Ausschuß vollkommen in ihre Hand zu bekommen und dadurch die Oppositionsparteien unter ihr Diktat zu stellen und deren Mitarbeit nach ihrem Belieben abzulehnen und illusorisch zu machen. Diese Gewaltanwendung muß natürlich die schärfste Ablehnung jedes redlich denkenden Menschen erfahren. Die Entrüstung darüber muß aber um so größer sein, als dieses Ereignis auch noch eine Verschlechterung der Verhältnisse in diesem Parlamente gegenüber den früheren Zeiten bedeutet.

Solange die allnationale èechische Koalition, aus 5 und später aus 6 èechischen Parteien bestehend, die Regierungsmehrheit in diesem Hause bildete, hatten die Oppositionsparteien nicht nur im Präsidium des Parlamentes, sondern auch unter den Funktionären der meisten parlamentarischen Ausschüsse eine Vertretung, was vom demokratischen Standpunkte aus als selbstverständlich angesehen und als

Minimum demokratischer Gerechtigkeit gewertet wurde. Und doch hat dieses System den jetzigen deutschen Regierungsparteien, die damals noch Oppositionsparteien waren, Anlaß zu häufigen Klagen und Beschwerden gegeben, wovon so manche ihrer Ausführungen in diesem Hause Zeugnis ablegen.

Jetzt wo ein Teil der deutschen Parteien in der Regierung Platz genonunen hat, während der andere Teil der deutschen Parteien in Opposition verblieb, haben der Bund der Landwirte, die deutsche christlichsoziale Volkspartei und die deutsche Gewerbepartei ganz ihre Erfahrungen und Ansichten von früher vergessen und helfen den èechischen Regierungsparteien, ein System einzuführen, das den Oppositionsparteien überhaupt jedes Recht in diesem Parlamente rauben soll. Jetzt werden die Oppositionsparteien von der Leitung eines Ausschusses überhaupt ausgeschlossen und damit der viel gepriesenen Demokratie der letzte Fußtritt verabreicht. Die deutschen Oppositionsgenossen von gestern sind hierbei die willfährigen Bundesgenossen und Helfershelfer ihrer neuen èechischen Freunde. Das Enteignungssystem der èechischen Koalitionsparteien, das diesen Staat vor der ganzen Welt diskreditiert hat, haben die deutschen Regierungsparteien sozusagen über Nacht erlernt und machen es den Èechen heute schon ganz meisterhaft nach.

Dieses Vorgehen der gemischtnationalen Regierungsmehrheit mußte natürlich den schärfsten Protest auslösen. Zum Zeichen des Einspruches gegen dieses ganz unbegründete und jedem Rechte widersprechende Vorgehen haben alle Oppositionsparteien am 14. Dezember d. J. nach der erfolgten Neuwahl der Funktionäre das Sitzungszimmer des sozialpolitischen Ausschusses verlassen.

Während ich als letzter unter den Oppositionellen das Verhandlungszimmer verließ, hörte ich noch mit eigenen Ohren, daß der neugewählte Vorsitzende des sozialpolitischen Ausschusses, der Herr Abg. Èuøík, drei andere Gegenstände von der festgesetzten Tagesordnung absetzte, weil diese derzeit noch Gegenstand von nicht abgeschlossenen Verhandlungen der Regierung sind, hierauf die Sitzung schloß und den Beginn der nächsten Sitzung nach einem Ablauf von 10 Minuten ansetzte.

Entgegen den Bestimmungen der Geschäftsordnung dieses Hauses wurden die Oppositionsparteien zu dieser am selben Tage stattfindenden zweiten Sitzung des Ausschusses weder schriftlich eingeladen, noch hat der Herr Vorsitzende die geänderte Tagesordnung und deren neue Verhandlungsgegenstände bekanntgegeben. Wegen dieser formalen Fehler ist die zweite Sitzung des Ausschusses und alle ihre Verhandlungen und Beschlüsse als ungültig zu bezeichnen. In dieser ungültigen Sitzung wurden auch die beiden Initiativanträge Druck Nr. 734 und 738 in Verhandlung gezogen und in Abwesenheit der nicht geladenen 6 Oppositionsparteien darüber jener Bericht des Ausschusses beschlossen, der gestern dem Hause als Druck Nr. 788 unterbreitet wurde.

Meine Partei kann diese Art von Verhandlung im sozialpolitischen Ausschusse nicht als rechtsgültig anerkennen und mußte daher in der gestrigen Plenarsitzung des Parlamentes für die Absetzung dieses Gegenstandes von der Tagesordnung stimmen.

Wir legen hiermit vor allen deutschen Volksgenossen in diesem Staate Verwahrung dagegen ein, daß deutsche Regierungsparteien die von ihnen früher abgelehnten Methoden brutaler Gewalt unter rücksichtsloser und gehässiger Ausnützung der Mehrheitsziffer gegen deutsche Oppositionsparteien jetzt anwenden. Zum Zeichen der Verwahrung gegen diese Art der Vergewaltigung der parlamentarischen Minderheit durch die Mehrheit wird meine Partei zu dem sachlichen Inhalt der Gesetzesanträge nicht Stellung nehmen und sich mit dem Meritum der Sache nicht befassen. Da die Gründe, welche meine Partei seinerzeit veranlaßt haben, für das heute zu verlängernde Gesetz zu stimmen, auch heute noch fort bestehen, da wir anerkennen, daß das vorliegende Gesetz einem dringenden Bedürfnis des Gewerbestandes entgegenkommt, werden wir trotz dieser Behandlung für das Gesetz stimmen. (Potlesk poslancù nìmecké strany národní.)

2. Øeè posl. Schäfera (viz str. 1484 tìsnopisecké zprávy) "

Hohes Haus! Wir sind gegen den Bericht des sozialpolitischen Ausschusses und gegen den damit zusammenhängenden Antrag, der uns hier vorliegt. Wir erblicken in diesem Bericht und in diesem Antrag einen Vorstoß gegen das Gesetz über die Sozialversicherung und den ersten Versuch den Bau der Sozialversicherung zu erschüttern. Als wir im Juni dieses Jahres das erstemal einen gleichen Antrag zu verhandeln hatten, haben wir bereits darauf verwiesen, daß gegen die Sozialversicherung von allen bürgerlichen Gruppen dieses Hauses Sturm gelaufen wird. Man hat die letzten Monate weidlich dazu benützt, um Unstimmigkeiten, um Unwillen gegen die Sozialversicherung und gegen die Verpflichtungen, die sie den Versicherten und den Arbeitgebern auferlegt, hervorzurufen. Es ist insbesondere von gewissen Parteien in den deutschen Gebieten, von den Landbündlern, den Christlichsozialen und den Gewerbetreibenden eine unverantwortliche und wilde Hetze gegen die Sozialversicherung betrieben worden. (Posl. Windirsch: Wir haben kiloweise Proteste auch von den Arbeitnehmern! - Hluk.)

Ich weiß sehr gut, Herr Koll. Windirsch, wie solche Unterschriften zustande gebracht werden, ich weiß, auf welche Weise, Sie die Unterschriften der Arbeiter bekommen haben. Über den Inhalt des Gesetzes und seine Wirkungen sind Lügen, Irrtümer, verbreitet worden, die natürlich erst in langsamem Aufklärungswege wieder beseitigt werden können. Brüsten Sie sich nicht damit, daß es Ihnen gelungen ist, in einigen Gebieten, wo die wirtschaftlichen Zustände ungemein trist sind, Arbeiter zu verleiten, Ihren Protest gegen die Sozialversicherung zu unterschreiben und Ihr Verlangen, das Gesetz zu novellieren, zu unterstützen. Im übrigen sollte das Parlament die Vorlage, die wir jetzt zur Beratung haben, wegen des damit zusammenhängenden Vorgehens der Mehrheit des sozialpolitischen Ausschusses zurückweisen.

Wir haben ein Beispiel parlamentarischer Unsitten erlebt, wie wir sie bisher für unmöglich gehalten haben, trotzdem wir schon von der früheren Koalition her an manches gewöhnt sind. In der letzten Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses wurde einfach das alte Präsidium im Handumdrehen von den Mehrheitsparteien beseitigt, man hat außerdem noch die Schamlosigkeit gehabt, dem bisherigen Vorsitzenden des Ausschusses für seine objektive Geschäftsführung den Dank auszusprechen. Man ist dann dazu übergegangen, die auf der Tagesordnung stehenden Punkte einfach zu streichen, die Sitzung zu schließen und gleich eine neue Sitzung einzuberufen, so daß es den Mitgliedern der Opposition gar nicht möglich gewesen ist, an ihr teilzunehmen. Wir erhielten in unserem Klublokal die Einladungen zur neuen Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses, und als wir hinaufkamen, um an den Beratungen teilzunehmen, hatten die Herren der Mehrheit bereits das Lokal verlassen, waren sie mit ihren Arbeiten schon zu Ende. Das ist kein westeuropäischer, kein mitteleuropäischer Parlamentarismus, das ist Balkanparlamentarismus. (Výkøiky na levici.) Aus einer solchen Sitzung heraus kommt vor das Plenum der Antrag, jene Krankenkassen, Gremial- und Genossenschaftskrankenkassen, bestehen zu lassen, die nach dem Gesetz über die Sozialversicherung aufgelöst und in die übrige Krankenversicherung eingegliedert werden sollen.

Wie im Sommer verweisen wir auch jetzt darauf, daß weder ein sachlicher Grund dafür vorhanden ist, einem solchen Schritte zuzustimmen, noch daß jemandem damit gedient wird; für die Gehilfen, für die Arbeiter, für die zu Versichernden ist es im Gegenteil von äußerster Wichtigkeit, daß große Krankenkassenorganisationen geschaffen werden. Sie nützen damit auch nicht den kleinen Handwerkern und Gewerbetreibenden, denen es durchaus gleichgültig sein kann, ob sie den Pflichtbeitrag in eine Krankenversicherungsanstalt geben, die groß ist und etwas zu leisten vermag, oder ob sie ihn in eine genossenschaftliche Krankenversicherungsanstalt geben, deren Verwaltungskosten, wie ja vorhin vom Kollegen Dr. Winter nachgewiesen worden ist, höhere sind, per Kopf der Mitglieder gerechnet, als in den Bezirkskrankenkassen. Es liegt kein sachlicher Anlaß vor, solche Beschlüsse zu fassen, die Arbeiter verlangen nicht danach, daß diese Kassen bestehen bleiben. Sie können sich da nicht auf eine Forderung der Arbeiter berufen. Ihr Vorgehen ist nichts anderes als der Ausdruck der Feindseligkeit gegen den Geist, des Sozialversicherungsgesetzes, es drückt sich darin die Arbeiterfeindlichkeit aus, von der heute sämtliche Regierungshandlungen geleitet und beseelt werden.

Als im Jahre 1924 in diesem Hause das Sozialversicherungsgesetz beraten wurde, haben wir eine Reihe sehr schöner Reden gehört, feierliche Versicherungen insbesondere von der Seite (ukazuje na pravici), daß man es sich angelegen sein lassen wird, daraus wirklich das große Werk auszugestalten. Damals hat man Worte gehört, die arbeiterfreundlich klangen und die uns sagen sollten, man sei stolz auf die Schaffung des Sozialversicherungsgesetzes. (Výkøiky.) Entweder, hohes Haus, war das damals nichts anderes als pure Heuchelei oder Sie müßten jetzt zu dem Gesetz stehen, das vor allem mit Ihr Werk ist, Sie haben mit daran gearbeitet und sich verpflichtet, das Gesetz zur Ausführung zu bringen, Sie sind, wenn man von Anstand sprechen will, schon aus Anstand gezwungen, zu diesem Gesetze zu stehen, jede Lockerung desselben zu verhindern. Sie wären verpflichtet, das Sozialversicherungsgesetz, das ja noch lange nicht in vollem Umfange verwirklicht ist, der vollen Verwirklichung zuzuführen. Meine sehr verehrten Herren, ich glaube, manches von dem, was wir heute von den ehemaligen falschen Freunden der Sozialversicherung erleben, würde unterbleiben, wenn zu einer Zeit, in der es notwendig gewesen wäre, in den Krankenversicherungsanstalten und in den Krankenkassen die Wahlen durchgeführt und die neuen Leitungen gewählt, worden wären. Das ist nicht geschehen. Wir sind nicht daran schuld. Wir haben es nicht zu verantworten, daß man die Wahlen in die Krankenkassen immer und immer wieder hinausgeschoben hat. Aber wenn Sie jetzt glauben und erwarten, daß es Ihnen möglich sein wird, bei den Wahlen, die ja doch einmal vor sich gehen müssen, Ihre jetzige Politik bestätigt zu bekommen von den versicherungspflichtigen Arbeitern, Gehilfen und landwirtschaftlichen Arbeitern, dann werden Sie sich ganz gewaltig irren. Die Arbeiter werden durchschauen, worauf es Ihnen vor allem ankommt, Sie sind ja heute schon herausgerückt mit Ihren weiteren Absichten. Ich verweise auf den èechisch-klerikalen Antrag, der eine böse Verschlechterung der Sozialversicherung vorsieht und verlangt: man will die weiblichen Hausangestellten aus der Altersversicherung heraus nehmen, ebenso die Lehrlinge. Sie bringen allerdings in Ihrem Entwurfe einige Vorschläge, die wie Verbesserungen ausschauen, aber dem gegenüber stehen so tief einschneidende Verschlechterungen, daß wir in diesem Antrage wieder nichts anderes sehen können, als eben wieder einen Versuch, die Sozialversicherung zu durchlöchern, sie zu verschlechtern, es dahin zu bringen, daß die Arbeiter auf dem Gebiete der Sozialversicherung um das betrogen werden, was in langen und zähen Verhandlungen zustandegebracht werden konnte.

Wir wenden uns gegen diesen Antrag, wir halten die Weiterführung der Genossenschaftskrankenkassen nicht für zweckmäßig, auch nicht für notwendig. Die Weiterführung dieser Kassen ist sachlich nicht begründet. Wir wenden uns gegen die Absicht, die Sozialversicherung zu verschlechtern. Ich glaube, so sehr Sie auch jetzt in der Not der Tage in manchen Gebieten imstande sein mögen, hie und da eine oder die andere Arbeitergruppe von einem Geist zu erfüllen, der Ihnen genehm ist, daß das nur von sehr kurzer Dauer sein wird. Man merkt immer mehr, was man von der jetzigen Regierungskoalition zu erwarten hat und Ihr Vorgehen in der Sozialversicherung ist der beste Beweis dafür, daß die jetzige gemischtnationale Regierung an Rückständigkeit, an Abneigung und Feindseligkeit gegen die Arbeiterklasse die vergangene Regierungskoalition übertreffen will.

Wir beneiden die deutschbürgerlichen Parteien nicht darum, daß sie solche Errungenschaften aus ihrer Regierungsarbeit davontragen, wie es die Anträge sind, die jetzt zur Verhandlung stehen, wir beneiden sie nicht darum, daß sie heute in der Regierungskoalition auf Kommando sich bereit stellen müssen zu den widerlichsten Schritten gegenüber der Opposition, wir beneiden sie nicht um das Kunststück, daß sie im sozialpolitischen Ausschuß es mit fertig zu bringen geholfen haben, das alte Präsidium zu beseitigen, damit ja nicht die Gefahr entstehe, daß im sozialpolitischen Ausschuß etwa über Fragen verhandelt wird, die ihnen unangenehm sind, sondern ihren reaktionären Anschauungen freier als bisher zum Durchbruch verhelfen können. Wir beneiden sie nicht darum. Ich bin überzeugt, daß die Arbeiterklasse sehr bald erkennen wird, wohin der Weg führt, und sie wird diesem Vorgehen noch rechtzeitig ein Paroli zu bieten vermögen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

3. Øeè posl. Schmerdy (viz str. 1488 tìsnopisecké zprávy):

Die Verhandlung dieses Gesetzes ist nur die Fortsetzung jenes schmählichen Beginnens, daß die deutsch-èechischen Koalitionsparteien gegen die Lebenshaltung der arbeitenden Schichten seit dem Bestande der Koalition unternommen haben. Auch dieses in Verhandlung stehende Gesetz bedeutet den Anfang des von ihnen angekündigten Angriffes auf die Kranken- und Sozialversicherung und an die Spitze dieses Angriffs stellen die Koalitionsparteien die reaktionärste Partei, das ist die Gewerbepartei deutscher und èechischer Couleur. Während man dem Militarismus jährlich Milliarden opfert, den einzelnen bürgerlichen Schichten Millionen in den Rachen wirft, plündert man die Taschen der arbeitenden Schichten aus. Die Sehnsucht aller reaktionären Kreise findet ihre Begründung in den wissenschaftlichen Auslassungen des Finanzministers Dr. Engliš, in seiner Finanzpolitik. Die Sozialpolitik des bürgerlichen Staates ist ja nichts anderes als nur eine Täuschung der Massen, um sie mit der privatkapitalistischen Wirtschaft zu versöhnen, was ihnen aber schwerlich gelingen wird, denn die Massen erkennen bereits - und gerade die Verhandlung des Budgets zeigte es uns - daß die Intentionen der Mehrheitsparteien dahin gerichtet sind, jene sozialpolitischen Einrichtungen abzubauen, die sie gezwungen waren, den arbeitenden Schichten zu geben. Die Vorgänge im sozialpolitischen Ausschuß sagen uns bereits, daß sie darangehen, nunmehr ihre Intentionen recht rasch zu verwirklichen. Die Wegnahme des Vorsitzes einem èechischen Sozialdemokraten und die Übergabe des Vorsitzes an den Volksparteiler Èuøík zeigt uns, daß sie die Absicht haben, durch den sozialpolitischen Ausschuß nun mit aller Kraft das durchzusetzen, was sie haben wollen.

Der vorliegende Gesetzentwurf wird von Herrn Vávra verteidigt, den Sie als den größten Sozialpolitiker ins Treffen geführt haben, jenen Sozialpolitiker, den schon bei der letzten Debatte bei demselben Punkte gezeigt hat, wie groß sein Können auf sozialpolitischem Gebiet ist, und man kann ruhig sagen, daß er einer jener 100%igen Ignoranten jener Sozialpolitik ist, an die Sie selbst nicht glauben. Er hat schon bei Eröffnung der heutigen Debatte gesagt: Eine Begründung ist nicht notwendig, nachdem das jeder kennt. Was wollen Sie mit dem Gesetz? Sie wollen nichts anderes, als jene Zwerggebilde, welche der Entwicklung und Ausgestaltung der Sozialpolitik und Sozialversicherung sicherlich hinderlich sind, aufrechtzuerhalten. Es wurde schon in der letzten Debatte gesagt, Sie haben die Absicht, gegen die Bastionen der sozialistischen Parteien in den Krankenkassen zu stürmen, aber gleichzeitig verraten Sie, daß Sie selbst solche Bastionen schaffen wollen, um in diesen Körperschaften Ihre Parteipolitik zu verankern. Die Leistungsfähigkeit der kleinen Krankenkassen wurde hier von einigen Rednern schon erwähnt. Ich glaube, es ist auch nicht notwendig, hier irgendwelche Begründung vorzubringen, um nachzuweisen, daß Ihr Beginnen vollständig falsch ist, denn das System im Parlament hat sich so entwickelt, daß Sie jedem vernünftigen Antrag, jeder vernünftigen Begründung einfach Ihre Maschinerie der Abstimmung entgegensetzen und alles niedertrampeln, was sich Ihrer Absicht in den Weg stellt. Tatsache ist aber, daß dieser Antrag von jenen Bestrebungen ausgeht, die insbesondere in den Gewerbeparteien verankert sind, und zwar sollen die Gewerbetreibenden auf Kosten der armen Lehrlinge Ersparnisse erzielen. Sie wollen ihre Unternehmungen dadurch sanieren, daß sie den Lehrlingen das vorenthalten, was sie dem erwachsenen Arbeiter geben müssen. Ihr Beginnen ist ein systematisches Untergraben der Sozialversicherung. Ihre Sozialpolitik, von der Sie immer soviel schwefeln, wobei Sie immer darauf hinweisen, daß die Èechoslovakei an der Spitze der sozialpolitischen Gesetzgebung aller Staaten steht, wird hier durch Ihren Antrag und durch Ihr Beginnen, durch Ihr Vorgehen, wie es sich gerade im sozialpolitischen Ausschuß abgespielt hat, zu nichts anderem als zu einer Farce. Sie entlarven sich selbst als jene rücksichtslosen Ausbeuter, die auf Kosten der Arbeiter die privatkapitalistische Wirtschaftsordnung erhalten wollen.

Es wird vielleicht in den Kreisen der Arbeiterschaft oft ein Zweifel darüber entstehen, warum wir heute als Verteidiger jener Sozialversicherung auftreten, gegen die wir gestimmt haben. Da möchte ich auf die frühere Einstellung der deutschen Sozialdemokraten hinweisen, als es gegolten hat, in Deutschland die Sozialversicherung einzuführen. Damals haben die deutschen Sozialdemokraten gegen die Einführung der Sozialversicherung gestimmt, indem sie erklärten, daß die bürgerliche Sozialpolitik und die Einführung der Sozialversicherung nichts anderes bedeutet als den Versuch der Versöhnung der Arbeiterschaft mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, eine Täuschung, der sich die Arbeiter hingeben sollen, indem sie in dem Glauben leben sollen, daß auch Sie ein Herz für die Arbeiter haben. Aus diesem Grunde haben auch wir gegen das Gesetz gestimmt, nachdem es den Anforderungen der arbeitenden Schichten nicht entspricht, und jetzt treten wir deshalb auf, weil wir sehen, daß Ihr Beginnen dahin geht, das, was Sie einstens gezwungen waren den Arbeitern zu geben, ihnen heute wieder wegnehmen wollen. Sie zeigen nur, daß es ein Schwindel war, den Sie damals mit den arbeitenden Schichten getrieben haben. Wir sehen, daß alle Körperschaften, die mit der sozialpolitischen Gesetzgebung und insbesondere mit der Sozialversicherung im Zusammenhang stehen, von Herren besetzt sind, die den kleinbürgerlichen Schichten angehören. Wir sehen den Herrn Dubický in der Zentralsozialversicherungsanstalt als Vorsitzenden-Stellvertreter, den Herrn Èuøík als Vorsitzenden des sozialpolitischen Ausschusses und wir sehen den unvermeidlichen Herrn Vávra als Berichterstatter für dieses Gesetz. Es sind das Elemente aus dem Kleinbürgertum, welche die bürgerliche Klasse vorschickt, um eine Lanze für ihre Zwecke zu brechen.

Es wäre schade, hier irgendwelchen Aufwand an Begründung zu verwenden. Das letztemal haben Sie sich bei der Verlängerung des Gesetzes mit einem halben Jahr begnügt, indem Sie erklärten, der Dezember werde uns zeigen, ob die bestehenden Kassen ihr Auskommen finden werden, ob es nicht doch ratsam ist, diese Kassen aufzulösen. Diesmal haben Sie sich nicht mehr mit einem halben Jahre begnügt, sondern verlängern es auf ein ganzes Jahr. Wie schon mein Vorredner betonte, werden wir im nächsten Jahr sehr bald zusammenkommen und dann eingehend über diese Dinge sprechen. Das bedeutet, daß wir schon im Frühjahr damit rechnen können, daß Sie einen Generalangriff auf die Sozialversicherung unternehmen werden. Es ist komisch, daß die Herren immer wieder damit operieren, daß auch die Arbeiter gegen die Sozialversicherung sind. Herr Windirsch hat erklärt, daß sie Stöße von Akten haben, wo die Arbeiter selbst unterschrieben haben, daß die Sozialversicherung für sie nicht in Anwendung kommen soll. Es ist das wohl richtig, aber er verschweigt, daß diese Unterschriften durch die landwirtschaftlichen Organisationen erpreßt worden sind. Er verschweigt, daß Sie den größten Terror auf die landwirtschaftlichen Arbeiter ausüben, damit Sie mit Leichtigkeit die Sozialversicherung zum Fall bringen können. Wenn aber die Arbeiter gegen das Sozialversicherungsgesetz eingestellt sind, so aus dem Zweck, weil die Sozialversicherung gleichzeitig eine Verschlechterung der Krankenversicherung mit sich gebracht hat. Auf Kosten der kranken Arbeiter, auf Kosten ihrer Familien haben Sie Ihre Sozialpolitik eingerichtet, und wenn Herr Dr. Winter sich als Verteidiger aufgespielt hat, so will ich darauf hinweisen, daß der Vertreter der deutschen sozialdemokratischen Partei Abg. Taub am Krankenkassentag eine eingehende Kritik auch des Herrn Dr. Winter vorgetragen hat. Die èechischen Sozialdemokraten müssen nunmehr einsehen, daß sie für ihre seinerzeitigen Konzessionen heute den entsprechenden Dank ernten. Der Herr Abg. Horpynka von der Nationalpartei hat nach einem sehr großen Eiertanz zum Schluß erklärt, sie werde für das Gesetz stimmen. Der Herr Abg. Böhm hat bei dem Bezirksparteitag des Bundes der Landwirte am 13. März erklärt, daß sich deutsche Parteien finden, um mit èechischen Parteien gegen die Intentionen der deutschen Parteien zu stimmen. Wir sagen ganz offen, daß die Nationalpartei, wenn auch maskiert, genau so ein Feind der Sozialpolitik und der Sozialversicherung ist, wie die anderen deutschbürgerlichen Parteien. Es ist nicht notwendig anzuführen, daß sie als Oppositionspartei wohl gegen das System der heutigen Koalitionsmehrheit auftreten, aber dann zum Schluß werden Sie trotzdem für das Gesetz stimmen, weil sie eben Feinde jeder Sozialversicherung sind.

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