Úterý 15. února 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 61. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 15. února 1927.

1. Øeè posl. Knirsche (viz str. 1600 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus, meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung steht der Abschluß von Handelsvereinbarungen der Èechoslovakei mit Ungarn und der Türkei. Die Voraussetzungen guter Handelsbeziehungen zwischen den Staaten sind freundschaftliche politische Beziehungen der in Betracht kommenden Staaten. Die Èechoslovakei hat bisher recht wenig getan, um ein vertrauensvolles freundliches Verhältnis zu jenen Staaten anzubahnen, auf die sie handelspolitisch in erster Linie angewiesen ist. Das sind ihre Nachbarstaaten Reichsdeutschland, Deutsch-Österreich und Ungarn. Die ständige anmaßende Einmengung m rein innerpolitische Verhältnisse der Nachbarstaaten, die feindliche Einstellung der èechischen Außenpolitik in der Anschlußfrage Deutschösterreichs, die Unterdrückung unseres sudetendeutschen Volkstums wie der Minderheitsvölker auf allen Gebieten ihres nationalen Lebens und die vormärzlichen Methoden zur Abschnürung des deutschen Grenzgebietes und der Minderheiten des Staates vom geistigen, kulturellen und nationalen Leben der Muttervölker wirken immer wieder vergiftend auf die politischen und damit auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den genannten Nachbarstaaten. Die Folgen sind andauernde Wirtschaftskrisen, Feierschichten und Hungerlöhne.

Ein besonders unrühmliches Kapitel in der Geschichte dieser èechischen Regierungsmethoden ist das Verhalten von Regierung und Behörden zur sudetendeutschen Heimatbewegung im Auslande, zu unseren ausländischen Heimatbünden. Dieselben werden amtlich als geheime staatsfeindliche Organisationen erklärt. (Posl. Krebs: Wenn der österreichische Staat das mit den Sokolvereinen im Auslande gemacht hätte!) Sehr richtig. Jede Äußerung wird von der Zensur unterdrückt und die Zugehörigkeit zu den Heimatbünden sowie die Mitarbeit in denselben fällt unter das Schutzgesetz. Die Fälle Hoyer, Göth, Föhrner haben dargetan, bis zu welcher Stufe die Gerichtsbarkeit sinken kann, wenn es sich um Strafverfolgung von Männern handelt, die im Verdacht der Mitarbeit in diesen geheimbündlerischen Vereinigungen stehen. Unser Kollege Jung hat am 1. Juni des Vorjahres eine Interpellation an die Gesamtregierung in Angelegenheit dieser Heimatbundbewegung gerichtet. Die Interpellation verweist darauf, daß es sich hier nicht um Geheimorganisationen, sondern um öffentlichrechtliche Vereinigungen handelt. Die Interpellation war damals auch noch vom heutigen Herrn Minister Dr. Spina unterschrieben. Heute haben wir die Antwort auf unsere Interpellation, gezeichnet von Herrn Justizminister Dr. Mayr-Harting, bekommen. Und diese Interpellationsbeantwortung stellt sich auf den gleichen Standpunkt wie die seinerzeitige allnationale Koalitionsregierung, d. h. sie bestätigt, daß es sich um geheime Organisationen handelt, die gegen den Staat umstürzlerische Arbeit verrichten. Der Hinweis auf die unerhörte Gerichtsbarkeit in solchen Fällen veranlaßte den Herrn Justizminister zu der Erklärung, daß ja die Gerichtsbarkeit eine Vorbeugung gegen Ungerechtigkeiten seitens der Staatsanwälte sei, denn das Gerichtsverfahren sei vollständig objektiv. Gegenüber dieser Auslegung und gegenüber den jeder demokratischen Freiheit und politischen Aufrichtigkeit hohnsprechenden Auslegungen des berüchtigten Schutzgesetzes, den Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten gegen unsere Auslandsverbände verweise ich mit Nachdruck auf die Tatsache, daß alle seit dem Umsturz geschaffenen sudetendeutschen Organisationen draußen gesetzlich anerkannte Vereine in den verschiedenen Staaten sind und von einer Propaganda, bzw. Vorbereitung für einen gewaltsamen geheimen Umsturz in der Èechoslovakei ernsthaft gar keine Rede sein kann.

Zur Aufklärung möchte ich hier kurz einen geschichtlichen Rückblick über die Entstehung unserer sudetendeutschen Heimverbände einschalten. Wir zählen in Deutschösterreich an 400.000 Sudetendeutsche, im Deutschen Reiche ca 350.000, das fremdsprachige Ausland dazugenommen sicherlich an 3/4 Millionen Heimatgenossen draußen. (Posl. Krebs: Eigentlich drinnen, nicht draußen!) Sehr gut! Diese Ziffern allein begründen unsere Bemühungen, das lebendige Interesse und die moralische Unterstützung dieser Hunderttausende für unser schwer ringendes Volkstum in der alten Heimat zu erwecken.

Am 30. Oktober 1918 haben die freigewählten Abgeordneten von Deutsch-Böhmen, Nord-Mähren und Schlesien, Südmähren und dem Böhmerwald auf Grund des verkündeten Selbstbestimmungsrechtes aller Völker den Anschluß an die neugegründete Republik Deutschösterreich beschlossen. Durch Beschluß der provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich vom 12. November 1918 wurde die Beitrittserklärung der Länder, Kreise und Gaue zur Kenntnis genommen und sie unter den Schutz der gesamten Nation gestellt. Es wurden die Landesregierungen für Deutschböhmen und für Sudetenland, sowie die Kreisregierung für Südmähren geschaffen, der Böhmerwald dem Lande Oberösterreich einverleibt.

Am 10. September 1919 hat das wehr- und hilflose Deutschösterreich das Friedensdiktat zu St. Germain unterzeichnen müssen und hat daher die Landesund Kreisregierungen der sudetendeutschen Gebiete am 24. September 1919 feierlich ihres Eides entbunden und aus dem Staatsverband entlassen. Bereits am 22. Feber 1919 aber wurde von den seit 30 und 40 Jahren in Wien bestehenden sudetendeutschen Landsmannschaften der "Hilfsverein für Deutschböhmen und Sudetenland" ins Leben gerufen. Am Tage seiner Gründung zählte dieser Verein 132 Mitglieder - heute bereits über 40.000 - setzte einen Jahresbeitrag von 1 K fest und erklärte als Zweck des Vereines im § 2 seiner behördlich genehmigten Satzungen: "Der Verein dient der Fürsorge und Wahrung der kulturellen, völkischen und wirtschaftlichen Belange der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien". Obmann des Vereines wurde der bekannte sudetendeutsche Literaturforscher, Universitätsprofessor Dr. Wolkan, also gewiß kein irredentistischer Politiker. Lag doch die rechtmäßige Vertretung der sudetendeutschen Interessen zur Zeit dieser Gründung in den Händen unserer Landes- und Kreisregierungen. Der Wiener Hilfsverein gab sich am 26. Oktober 1919 neue Satzungen, die mit Erlaß des Staatsamtes für Inneres und Unterricht, Zl. 42.414, am 26. November 1919 bescheinigt sind. In diesen Satzungen heißt es:

§ 2. Zweck des Vereines ist die Zusammenfassung der aus Deutschböhmen, dem Böhmerwalde, Nord- und Südmähren, West- und Ostschlesien stammenden deutschen Heimatgenossen ohne Unterschied des Geschlechtes, des Standes und der Parteigesinnung, zur Pflege und Betätigung gemeinsamer Heimatliebe und kultureller Förderung der Landsleute daheim und in der Fremde. Der Verein nimmt aber Deutsche jeder Stammeszugehörigkeit, die an dem Geschick Deutschböhmens und der Sudetenländer Anteil zeigen, gleichfalls als Mitglieder auf. § 3 der Verein erstrebt seine Ziele durch: 1. Zusammenschluß der Heimatgenossen, Unterstützung notleidender Landsleute, Schutz ihrer geistigen und wirtschaftlichen Interessen durch Auskunftei, Eingaben an die Behörden, Schaffung und Unterstützung gemeinnütziger Einrichtungen, 2. Aufklärung und Einflußnahme in der gesamtdeutschen Öffentlichkeit zugunsten der Kulturfragen der Heimat, 3. Abhaltung von Vorträgen, Versammlungen, geselligen und künstlerischen Veranstaltungen u. dgl., 4. Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und Bildwerken, Verbreitung wissenschaftlichen und schöngeistigen Schrifttums eigenen und fremden Verlages, 5. Eingliederung in einen Gesamtverband für die Wohlfahrt aller Grenz- und Auslandsdeutschen. (Posl. Krebs: Vor diesem Verein zittert dieses ganze Kanonenstrotzende Staatsgebiet!) Sehr gut!

Ähnlich dem Wiener Hilfsverein bildete sich am 16. Oktober 1926 der Sudetendeutsche Hilfsverein in Berlin, dessen Zweckbestimmung nach § 2 seiner eingetragenen Satzungen lautet: "§ 2. Der Zweck des Vereines ist die Aufklärung der deutschen Öffentlichkeit über die Not der 3 1/2 Millionen Deutschen in der Èechoslovakei und über ihre Bedeutung für die deutsche Gesamtnation. Neben der moralischen Unterstützung der Sprache, Kultur und Selbstbestimmung ringenden Sudetendeutschen will der Heimatbund der Abwehr der èechischen Ausdehnungsversuche dienen und die Belange seiner in Deutschland wohnhaften sudetendeutschen Mitglieder wahrnehmen. Dieser Zweck soll unter Ausschluß jeder Parteipolitik durch Zusammenschluß der sudetendeutschen Heimatgenossen, durch Veranstaltung von Versammlungen, Vorträgen und Lichtbildervorführungen, durch Herausgabe und Verbreitung von Aufklärungsschriften und -Karten, durch aufklärenden Pressedienst, durch Auskunftserteilung und Eingaben bei Behörden verfolgt werden".

Am 30. November 1924 wurde in Regensburg der Sudetendeutsche Landesverband für Bayern geschaffen, dessen Satzungen mit jenen des Wiener Vereines vollständig übereinstimmen. Alle sudetendeutschen Auslandsverbände haben durch emsige sachliche Aufklärungsarbeit in erster Linie das Verständnis und die volle Teilnahme unseres Gesamtvolkes für die rechtlosen Sudetendeutschen im èechischen Staate zu erwecken gesucht. In allen freien deutschen Ländern veranstalteten sie große Versammlungen und von Abertausenden besuchte Kundgebungen, bei denen sowohl Sendboten der Heimat, als auch Deutschösterreicher und Reichsdeutsche für die Selbstbestimmung aller Völker, unser Volk nicht ausgenommen, eintraten. Daß unsere Heimatgenossen auch den 4. März 1919 alljährlich als einen Trauertag öffentlich und feierlich begehen, ist ein Gebot der Pietät und der nationalen Ehre.

Es muß festgehalten werden, daß die gesamte Vereinstätigkeit der öffentlichrechtlich gebildeten Heimatbünde noch in keinem Lande jemals den Anlaß zum Einschreiten der dortigen staatlichen Aufsichtsbehörden abgegeben hat. Nur die èechische Regierung hat die Aufklärungsarbeit der Bünde schon im Hinblick auf ihre aus Steuergeldern mit Millionen bezahlte èechischnationale Außenpropaganda sehr unangenehm empfunden und in einigen diplomatischen Noten an Deutschösterreich und das Reich auf sogenannte freundnachbarliche Gefühle für die Èechoslovakei Anspruch erhoben. Am 16. Dezember 1921 wurde dann der bekannte Staatsvertrag von Lana zwischen der Èechoslovakei und Österreich abgeschlossen. Art 4 dieses Vertrages lautet: "Die beiden Staaten verpflichten sich, auf ihren Gebieten keine politischen oder militärisch en Organisationen zu dulden, die gegen die Unversehrtheit und Sicherheit der anderen Vertragspartei gerichtet wären. Beide Staaten verpflichten sich zur Mitarbeit und Mithilfe gegen alle Pläne und alle Versuche einer Erneuerung des alten Regimes sowohl vom Standpunkte der äußeren, wie der inneren Politik, als auch in Bezug auf die Staats- und Regierungsform. Die berufenen Behörden beider Staaten werden sich gegenseitig Hilfe leisten zu dem Zwecke, um in diesem Sinne geheime Umtriebe wirksam bekämpfen zu können".

Der Vertrag rief natürlich im österreichischen Nationalrat große Bedenken in Bezug auf Art. 4 hervor, so daß sich die Wiener Regierung mit Prag in Verbindung setzen mußte und am 24. Jänner 1922 dem Ausschuß für Äußeres offiziell die zwischen beiden Staaten vereinbarte Auslegung des Art. 4 zur Kenntnis brachte. Daraufhin faßte der Ausschuß folgenden Beschluß: "Der Ausschuß nimmt die Mitteilung des Bundeskanzlers zur Kenntnis, zwischen beiden Regierungen bestehe Einvernehmen darüber, daß die Bestimmungen des Art. 4 keinerlei Maßnahmen begreifen gegen den Bestand und die Tätigkeit von Vereinigungen, deren Zweck die Pflege des Nationalcharakters und die Unterstützung der wirtschaftlichen und kulturellen Ziele ihrer Volksgenossen ist. Die Hilfe, welche sich die beiden Staaten in Gemäßheit des fraglichen Artikels leisten werden, werde sich auf jedweden Versuch einer gewaltsamen Änderung der gegenwärtigen Staatsform erstrecken, von welcher Seite immer derselbe unternommen wird".

Es kann also kein Zweifel darüber bestehen, daß die Betonung des deutschen Charakters der sudetendeutschen Gebiete und unserer naturgegebenen kulturellen Verbindungen mit allen Volksgenossen auch nach dem Artikel 4 des Staatsvertrages von Lana der èechischen Regierung keine rechtliche Handhabe bietet, gegen die Auslandsverbände irgendwie politisch einzuschreiten.

Am 19. März 1923 ist nun das beispiellose Gesetz zum Schutze der Republik in der Èechoslovakei in Kraft getreten. Es besagt im § 17 unter anderem: "Wer eine geheime Organisation gründet, deren Zweck es ist, die Selbständigkeit, verfassungsmäßige Einheit oder demokratisch-republikanische Form des Staates zu unterwühlen, wer in Kenntnis des Zweckes einer derartigen Vereinigung ihr beitritt, mit ihr in Verbindung steht, an ihrer Tätigkeit auf welche Art immer teilnimmt, sie oder ihre Mitglieder in ihren unterwühlenden Bestrebungen materiell oder in anderer wie immer gearteten Weise unterstützt, wird wegen Vergehens mit strengem Arrest von einem Monat bis zwei Jahren bestraft. Eine geheime Organisation ist auch die, welche tatsächlich den im Absatz 1 angeführten Zweck hat, aber einen anderen Zweck vorschützt".

Der letzte Satz dieses Paragraphen öffnet aller Willkür in der Auslegung des Gesetzes und den beliebigsten Maßnahmen gerichtlicher und politischer Behörden Tür und Tor. Ich glaube es den Èechen gerne, daß sie schon auf Grund ihres eigenen politischen Charakters und ihrer letzten Vergangenheit nicht geneigt sind, wirklich die offenen Erklärungen unserer sudetendeutschen Auslandsverbände über deren Ziele und Zwecke als bare Münze entgegenzunehmen. Niemals aber hat eine demokratische Republik das Recht, nur auf Grund ihres Mißtrauens Verfolgungen von eigenen und fremden Staatsbürgern anzuordnen und durchzuführen. In diesem Augenblicke hätte ja der Rechtsstaat sein Ende erreicht.

Den Gipfelpunkt der Unaufrichtigkeit und Willkür aber erreicht die èechische Politik mit dem Erlaß, der den sudetendeutschen Zeitungen die Wiedergabe von bloßen Nachrichten über Veranstaltungen sudetendeutscher Auslandsverbände bei Strafe verbietet, außerdem den verantwortlichen Schriftleiter durch den Staatsanwalt verfolgen läßt, selbst dann, venn die Zeitung gleich nach dem Druck beschlagnahmt wurde und so gar nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit gekommen ist. (Posl. dr Koberg: Ihre Rede wird ja auch beschlagnahmt!) Das will ich doch nicht hoffen. Diese Maßnahme stellt den zaristischen Absolutismus weit in den Schatten und macht die èechische Demokratie vor dem gesamten Ausland zum Gespött. (Posl. Krebs: Sie brauchen nur ein Sibirien, deportieren möchten sie uns ohne weiters!) Es liegt hier aber auch ein Wortbuch inbezug auf den Vertrag von Lana vor, dessen Auslegung die èechoslovakische und österreichische Regierung besonders vereinbarten und hiebei unzweideutig die Freiheit der rein kulturellen Aufklärungsarbeit der Heimatbünde zugestanden haben. Ich habe wahrhaftig keine Ursache, für den Ruf dieses Staates im großen deutschen Volke und der internationalen Öffentlichkeit zu sorgen, ich frage aber die angeblich auf deutschèechische Zusammenarbeit eingestellte Regierung, wie sie es verantworten will, nicht bloß harmlose Mitglieder sudetendeutscher Auslandsverbände als gefährliche Umstürzler zu verfolgen, sondern sogar freigewählte Volksvertreter wegen Teilnahme an Versammlungen im Auslande zu behelligen und die Freiheit der Presse in der Èechoslovakei durch Beschlagnahme eines jeden mit diesen Heimatbünden zusammenhängenden Wortes vollends lächerlich zu machen. Ich stelle nochmals auf Grund der Satzungen, der politischen Staatsverträge und der durch die Heimatbünde in aller Welt erworbenen moralischen Anerkennung für die sudetendeutschen Forderungen fest, daß zu den geübten gehässigen Maßregeln gegen unsere Auslandsorganisationen keine Rechtfertigung vorliegt.

Dazu noch Folgendes: Der Heimatbund in Deutschösterreich hat kürzlich aus eigenem an die deutschösterreichischen Regierungsbehörden das Ansuchen gestellt, seine seit 7 Jahren gepflogene Tätigkeit und die seiner Zweigstellen im ganzen Staate amtlich zu erheben und das Material dem Prager Außenministerium als Antwort auf dessen unaufhörliche Verdächtigungen zugehen zu lassen. Der Heimatbund scheut nicht das Urteil der rechtlich denkenden Welt. Er hat keine Geheimnisse und plant keine Putsche. Die Empörung über die Behelligung seiner Mitglieder, wo sie èechischen Behörden nur möglich wird, verdoppelt sich dadurch, daß viele Zehntausende zu deutschösterreichischen Bundesbürgern gewordene Sudetendeutsche und selbst bodenständige Deutschösterreicher und Reichsdeutsche dem Heimatbunde angehören und die Übergriffe einer fremden Staatsgewalt und fremder Staatsbehörden als eine unerträgliche Belästigung in ihrer bürgerlichen Freiheit empfinden. In dieser Beziehung haben sich besonders die èechoslovakischen Vertretungsbehörden im Auslande, wie z. B. das èechische Konsulat in Linz, ganz unglaubliche Schikanen fremder Staatsbürger, die um ein Einreisevisum in die Èechoslovakei vorstellig wurden, geleistet.

Pøedseda (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že jeho øeènická lhùta již uplynula.

Posl. Knirsch (pokraèuje): Ich bin sofort fertig. Man hat sogar dem Präsidenten des Österreichischen Nationalrates wegen angeblich èechenfeindlicher Haltung und seiner Teilnahme an einer Hauptversammlung des Hilfsvereines das Visum verweigern wollen und auch Obmänner deutschösterreichischer Schutzvereine, die mit der Èechoslovakei gar nichts zu tun haben, als verdächtige Feinde dieses Staates behandelt. Wir erheben hier von dieser Stelle aus Protest dagegen, daß die Vertretungsbehörden im Auslande sich als rein èechischnationale Agitationsstellen betätigen, ein skandalöses Spitzelsystem erhalten und offenbar mit Billigung der vorgesetzten Behörden sich bei Gerichtsverhandlungen gegen angebliche Hochverräter aus dem Auslande zur Verfügung èechoslovakischer Gerichte stellen, wie dies beispielsweise im Falle der Verurteilung des Technikers Schiebel in Troppau der Fall war. Auch gegen Kollegen Abgeordneten Krebs wurden als Zeugen für die Tendenz seiner Rede im Wiener Rathause èechische Telephonisten aus Gmünd mit ihrem Stenogramm geführt. Eine solche Mißachtung der Rechte und des moralischen Ansehens von freigewählten Volksvertretern wäre in jedem anderen Staate ganz undenkbar.

Wenn wir die völlig öffentliche Arbeit unserer Heimatbünde hier feststellen, so haben wir keine Ursache zu verschweigen, daß außerhalb des gesetzmäßigen Rahmens der Vereine eine täglich stärker werdende sudetendeutsche Freiheitsbewegung in Erscheinung tritt, die getragen ist von dem natürlichen Unwillen jedes deutschen Volksgenossen über die gewaltsame Abschnürung der 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen vom Gesamtvolke und über alle jene brutalen Maßnahmen, die wir in diesem Zwangsstaate seit 8 Jahren ertragen mußten. Ich stehe nicht an, mich offen und rückhaltslos zu dieser Freiheitsbewegung zu bekennen. Mit den Heimatbünden hat diese Woge der Entrüstung keinerlei äußeren oder inneren Zusammenhang. Es ist eben der einfache Widerhall der Methoden der Prager Herrschaft, die sich in allslavischen Zielen und absolutem èechischen Herrenbewußtsein gefällt, als ob die Welt es noch nicht erfahren hätte, daß dieser Staat ein Völkerstaat ist, in dem die Èechen kaum die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

Nach jeder demokratischen Auffassung und entsprechend dem freiheitlichen Geiste der Vereinsgesetze in Deutschösterreich und dem Reiche ist der Heimatbund selbstverständlich auch für die privaten Äußerungen und Zeitungsartikel seiner Mitglieder nicht haftbar. Es handelt sich immer nur darum, ob der Verein unerlaubte Handlungen begeht und beschließt. Das ist tatsächlich in keinem Heimatbunde seit Bestand der Fall gewesen.

Ich erinnere schließlich die heutigen èechischen Machthaber daran, mit welcher überlegenen Ironie sie selbst im alten Österreich das System des Polizeistaates verächtlich gemacht haben und so der Welt den Glauben beibringen wollten, das èechische Volk in Österreich wäre barbarisch versklavt. Noch auf den Friedenskonferenzen nach dem Weltkriege hat diese Beschuldigung des alten österreichischen Systems eine Ihrer stärksten Waffen gebildet. Sie leben hier nicht allein und mitten im großen deutschen Volke eingeschlossen wie eine Insel im deutschen Ozean. Der politische und wirtschaftliche Einfluß des Deutschtums in Mitteleuropa wächst unverkennbar und die Abhängigkeit des èechischen Volkes von dieser Entwicklung wird auch Ihnen gewiß offenbar. Deshalb ist eine kleinliche und überhebliche Politik der Schikanen, die Sie letzten Endes gegen die Gefühle des gesamten deutschen Volkes ins Werk setzen, wahrlich nicht zeitgemäß und klug.

Wie das sudetendeutsche Volk in der Èechoslovakei niemals aufgehört hat, sich als lebendiges Glied seiner großen Nation zu fühlen, so wird alle Schmach und alles Leid, die auf uns gehäuft werden, auch im Gedächtnis unseres Mutterlandes fortleben. Es kommt der Tag, wo auch uns die Selbstbestimmung der Völker zu Teil wird und wir über unsere Wege frei und unabhängig beschließen werden. Richten Sie Ihre Haltung so ein, daß Sie in jenem geschichtlichen Augenblick nicht bangen müssen um die Zukunft Ihres Volkes. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Kreibieha (viz str. 1608 tìsnopisecké zprávy):

Nach zweimonatiger Pause tritt das Abgeordnetenhaus zum erstenmale wieder zusammen, und wenn wir uns die Tagesordnung ansehen, so erblicken wir eine rein formelle Tagesordnung, die aufgestellt wurde, weil man eben überhaupt etwas auf der Tagesordnung haben muß. Wer sich die Tagesordnung ansieht, muß sich fragen: Ja, hat sich denn in diesen zwei Monaten auf dem Gebiete des Wirtschaftslebens, auf dem Gebiete der inneren und äußeren Politik überhaupt nichts ereignet, daß das Parlament keine Ursache hat, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen? Und doch sehen wir, daß gerade in den letzten beiden Monaten die wirtschaftlichen Fragen, die Fragen der inneren und äußeren Politik immer brennender geworden sind, daß in der Wirtschaft, in der inneren und äußeren Politik sich die Krise immer mehr zuspitzt. Die Statistik unseres Außenhandels, die wirtschaftsstatistische Übersicht über die letzten Jahre zeigt, daß diese Krise nicht nur eine akute ist, daß es sich vielmehr um eine tiefgehende chronische Krise unseres ganzen Wirtschaftslebens handelt, daß diese Krise für unser ganzes Wirtschaftsleben katastrophal zu werden droht. Diese Krise ist aber nicht nur durch irgendwelche Ereignisse, durch irgendwelche wirtschaftliche Entwicklung, die außerhalb des Machtbereiches der Regierung läge, herbeigeführt worden, diese Krise hat vielmehr ihre Ursache zum großen Teil in der Wirtschaftspolitik, die durch die vorjährigen Beschlüsse bezüglich des neuen Zolltarifs eingeführt worden ist. Diese Krise wird künstlich gesteigert, nicht nur durch die Politik der Regierung, sie wird künstlich gesteigert durch die ganze Wirtschaftspolitik, besonders auch durch die Kreditpolitik des Finanzkapitals, und durch diese Wirtschaftspolitik des Finanzkapitals wird auch unsere ganze Wohnungskrise verschärft. Die Folge dieser Krise ist eine Massenarbeitslosigkeit, wie wir sie in der Èechoslovakei nur vor einigen Jahren hatten, als wir die große Wirtschaftskrise durchmachten. Diese Arbeitslosigkeit trifft die arbeitenden Klassen um so schärfer, als durch die gewaltigen Fehler, die durch die Annahme des Genter Systems begangen wurden, durch diesen Verrat an den Arbeitslosen, die Unterstützung der Arbeitslosen auf ein Minimum gesunken ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák. - Výkøiky posl. Bolena.) Diese Arbeitslosigkeit wird gesteigert, verschlechtert wird aber auch die Kurzarbeit durch die furchtbare Teuerung, die ebenfalls in unserer Wirtschafts- und Zollpolitik ihre Ursache hat. (Výkøiky komunistických poslancù.)

Zu all dem Elend plant die jetzige Mehrheit auch noch die weitere Verschlechterung der ohnehin bescheidenen, völlig unzulänglichen Sozialgesetzgebung, an deren Abbau die allnationale Regierungskoalition seinerzeit durch die Verschlechterung des Mieterschutzes, durch die Verschlechterung der Gesetze über die Baubewegung und durch das Gesetz über das Genter System geschritten ist. In der nächsten Zeit taucht das Problem der Rückwanderung vieler tausender und zehntausender èechoslovakischer Arbeiter aus Frankreich auf, die dort durch die Wirtschaftskrise arbeitslos werden. Die Stadtvertretung von Prag hat sich in einer ihrer letzten Sitzungen mit dieser Frage beschäftigt. Aber die Regierung und die Mehrheit des Parlamentes lehnen es ab, die Frage der Wirtschaftskrise und der Wirtschaftspolitik auf die Tagesordnung des Hauses zu stellen. Damals, als es sich um Zölle handelte und um die Kongrua, als es sich darum handelte, die Taschen der Agrarier und der Pfaffen zu füllen, da war die jetzige Regierungsmehrheit sehr agil, sehr beweglich, sehr eifrig, um das Klasseninteresse der Großagrarier und die Interessen der Pfaffen zu befriedigen. Heute, wo es sich um die Not der grossen Masse der Arbeitslosen handelt, sind Regierung und Parlamentsmehrheit vollständig indolent.


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