Hohes Haus, meine Damen und Herren! Auf der
Tagesordnung der heutigen Sitzung steht der Abschluß
von Handelsvereinbarungen der Èechoslovakei mit Ungarn
und der Türkei. Die Voraussetzungen guter Handelsbeziehungen
zwischen den Staaten sind freundschaftliche politische Beziehungen
der in Betracht kommenden Staaten. Die
Èechoslovakei hat bisher recht wenig getan, um ein vertrauensvolles
freundliches Verhältnis zu jenen Staaten anzubahnen, auf
die sie handelspolitisch in erster Linie angewiesen ist. Das sind
ihre Nachbarstaaten Reichsdeutschland, Deutsch-Österreich
und Ungarn. Die ständige anmaßende Einmengung m rein
innerpolitische Verhältnisse der Nachbarstaaten, die feindliche
Einstellung der èechischen Außenpolitik in der Anschlußfrage
Deutschösterreichs, die Unterdrückung unseres sudetendeutschen
Volkstums wie der Minderheitsvölker auf
allen Gebieten ihres nationalen Lebens und die vormärzlichen
Methoden zur Abschnürung des deutschen Grenzgebietes und
der Minderheiten des Staates vom geistigen, kulturellen und nationalen
Leben der Muttervölker wirken immer wieder vergiftend auf
die politischen und damit auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen den genannten Nachbarstaaten. Die Folgen sind andauernde
Wirtschaftskrisen, Feierschichten und Hungerlöhne.
Ein besonders unrühmliches Kapitel in
der Geschichte dieser èechischen Regierungsmethoden
ist das Verhalten von Regierung und Behörden zur sudetendeutschen
Heimatbewegung im Auslande, zu unseren ausländischen Heimatbünden.
Dieselben werden amtlich als geheime staatsfeindliche Organisationen
erklärt. (Posl. Krebs: Wenn der österreichische
Staat das mit den Sokolvereinen im Auslande gemacht hätte!)
Sehr richtig. Jede Äußerung
wird von der Zensur unterdrückt und die Zugehörigkeit
zu den Heimatbünden sowie die Mitarbeit in denselben fällt
unter das Schutzgesetz. Die Fälle Hoyer, Göth, Föhrner
haben dargetan, bis zu welcher Stufe die Gerichtsbarkeit sinken
kann, wenn es sich um Strafverfolgung von Männern handelt,
die im Verdacht der Mitarbeit in diesen geheimbündlerischen
Vereinigungen stehen. Unser Kollege Jung hat am 1. Juni
des Vorjahres eine Interpellation an die Gesamtregierung in Angelegenheit
dieser Heimatbundbewegung gerichtet. Die Interpellation verweist
darauf, daß es sich hier nicht um Geheimorganisationen,
sondern um öffentlichrechtliche Vereinigungen handelt. Die
Interpellation war damals auch noch vom heutigen Herrn Minister
Dr. Spina unterschrieben. Heute haben wir die Antwort auf
unsere Interpellation, gezeichnet von Herrn Justizminister Dr.
Mayr-Harting, bekommen. Und diese Interpellationsbeantwortung
stellt sich auf den gleichen Standpunkt wie die seinerzeitige
allnationale Koalitionsregierung, d. h. sie bestätigt, daß
es sich um geheime Organisationen handelt, die gegen den Staat
umstürzlerische Arbeit verrichten. Der Hinweis auf die unerhörte
Gerichtsbarkeit in solchen Fällen veranlaßte den Herrn
Justizminister zu der Erklärung, daß ja die Gerichtsbarkeit
eine Vorbeugung gegen Ungerechtigkeiten seitens der Staatsanwälte
sei, denn das Gerichtsverfahren sei vollständig objektiv.
Gegenüber dieser Auslegung und gegenüber den jeder demokratischen
Freiheit und politischen Aufrichtigkeit hohnsprechenden Auslegungen
des berüchtigten Schutzgesetzes, den Entscheidungen von Verwaltungsbehörden
und Gerichten gegen unsere Auslandsverbände verweise ich
mit Nachdruck auf die Tatsache, daß alle seit dem Umsturz
geschaffenen sudetendeutschen Organisationen draußen gesetzlich
anerkannte Vereine in den verschiedenen Staaten sind und von einer
Propaganda, bzw. Vorbereitung für einen gewaltsamen geheimen
Umsturz in der Èechoslovakei ernsthaft gar keine
Rede sein kann.
Zur Aufklärung möchte ich hier kurz
einen geschichtlichen Rückblick über die Entstehung
unserer sudetendeutschen Heimverbände einschalten. Wir zählen
in Deutschösterreich an 400.000 Sudetendeutsche, im Deutschen
Reiche ca 350.000, das fremdsprachige Ausland dazugenommen sicherlich
an 3/4 Millionen Heimatgenossen draußen. (Posl. Krebs:
Eigentlich drinnen, nicht draußen!) Sehr gut! Diese
Ziffern allein begründen unsere Bemühungen, das lebendige
Interesse und die moralische Unterstützung dieser Hunderttausende
für unser schwer ringendes Volkstum in der alten Heimat zu
erwecken.
Am 30. Oktober 1918 haben die freigewählten
Abgeordneten von Deutsch-Böhmen, Nord-Mähren und Schlesien,
Südmähren und dem Böhmerwald auf Grund des verkündeten
Selbstbestimmungsrechtes aller Völker den Anschluß
an die neugegründete Republik Deutschösterreich beschlossen.
Durch Beschluß der provisorischen Nationalversammlung für
Deutschösterreich vom 12. November 1918 wurde die Beitrittserklärung
der Länder, Kreise und Gaue zur Kenntnis genommen und sie
unter den Schutz der gesamten Nation gestellt. Es wurden die Landesregierungen
für Deutschböhmen und für Sudetenland, sowie die
Kreisregierung für Südmähren geschaffen, der Böhmerwald
dem Lande Oberösterreich einverleibt.
Am 10. September 1919 hat das wehr- und hilflose
Deutschösterreich das Friedensdiktat zu St. Germain unterzeichnen
müssen und hat daher die Landesund Kreisregierungen der sudetendeutschen
Gebiete am 24. September 1919 feierlich ihres Eides entbunden
und aus dem Staatsverband entlassen. Bereits am 22. Feber 1919
aber wurde von den seit 30 und 40 Jahren in Wien bestehenden sudetendeutschen
Landsmannschaften der "Hilfsverein für Deutschböhmen
und Sudetenland" ins Leben gerufen. Am Tage seiner Gründung
zählte dieser Verein 132 Mitglieder - heute bereits über
40.000 - setzte einen Jahresbeitrag von 1 K fest und erklärte
als Zweck des Vereines im § 2 seiner behördlich genehmigten
Satzungen: "Der Verein dient der Fürsorge und Wahrung
der kulturellen, völkischen und wirtschaftlichen Belange
der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien".
Obmann des Vereines wurde der bekannte sudetendeutsche Literaturforscher,
Universitätsprofessor Dr. Wolkan, also gewiß kein irredentistischer
Politiker. Lag doch die rechtmäßige Vertretung der
sudetendeutschen Interessen zur Zeit dieser Gründung in den
Händen unserer Landes- und Kreisregierungen. Der Wiener Hilfsverein
gab sich am 26. Oktober 1919 neue Satzungen, die mit Erlaß
des Staatsamtes für Inneres und Unterricht, Zl. 42.414, am
26. November 1919 bescheinigt sind. In diesen Satzungen heißt
es:
§ 2. Zweck des Vereines ist die Zusammenfassung
der aus Deutschböhmen, dem Böhmerwalde, Nord- und Südmähren,
West- und Ostschlesien stammenden deutschen Heimatgenossen ohne
Unterschied des Geschlechtes, des Standes und der Parteigesinnung,
zur Pflege und Betätigung gemeinsamer Heimatliebe und kultureller
Förderung der Landsleute daheim und in der Fremde. Der Verein
nimmt aber Deutsche jeder Stammeszugehörigkeit, die an dem
Geschick Deutschböhmens und der Sudetenländer Anteil
zeigen, gleichfalls als Mitglieder auf. § 3 der Verein erstrebt
seine Ziele durch: 1. Zusammenschluß der Heimatgenossen,
Unterstützung notleidender Landsleute, Schutz ihrer geistigen
und wirtschaftlichen Interessen durch Auskunftei, Eingaben an
die Behörden, Schaffung und Unterstützung gemeinnütziger
Einrichtungen, 2. Aufklärung und Einflußnahme in der
gesamtdeutschen Öffentlichkeit zugunsten der Kulturfragen
der Heimat, 3. Abhaltung von Vorträgen, Versammlungen, geselligen
und künstlerischen Veranstaltungen u. dgl., 4. Herausgabe
von Büchern, Zeitschriften und Bildwerken, Verbreitung wissenschaftlichen
und schöngeistigen Schrifttums eigenen und fremden Verlages,
5. Eingliederung in einen Gesamtverband für die Wohlfahrt
aller Grenz- und Auslandsdeutschen. (Posl. Krebs: Vor diesem
Verein zittert dieses ganze Kanonenstrotzende Staatsgebiet!) Sehr
gut!
Ähnlich dem Wiener Hilfsverein bildete
sich am 16. Oktober 1926 der Sudetendeutsche Hilfsverein in Berlin,
dessen Zweckbestimmung nach § 2 seiner eingetragenen Satzungen
lautet: "§ 2. Der Zweck des Vereines ist die Aufklärung
der deutschen Öffentlichkeit über die Not der 3 1/2
Millionen Deutschen in der Èechoslovakei und über
ihre Bedeutung für die deutsche Gesamtnation. Neben der moralischen
Unterstützung der Sprache, Kultur und Selbstbestimmung ringenden
Sudetendeutschen will der Heimatbund der Abwehr der èechischen
Ausdehnungsversuche dienen und die Belange
seiner in Deutschland wohnhaften sudetendeutschen Mitglieder wahrnehmen.
Dieser Zweck soll unter Ausschluß jeder Parteipolitik durch
Zusammenschluß der sudetendeutschen Heimatgenossen, durch
Veranstaltung von Versammlungen, Vorträgen und Lichtbildervorführungen,
durch Herausgabe und Verbreitung von Aufklärungsschriften
und -Karten, durch aufklärenden Pressedienst, durch Auskunftserteilung
und Eingaben bei Behörden verfolgt werden".
Am 30. November 1924 wurde in Regensburg der
Sudetendeutsche Landesverband für Bayern geschaffen, dessen
Satzungen mit jenen des Wiener Vereines vollständig übereinstimmen.
Alle sudetendeutschen Auslandsverbände haben durch emsige
sachliche Aufklärungsarbeit in erster Linie das Verständnis
und die volle Teilnahme unseres Gesamtvolkes für die
rechtlosen Sudetendeutschen im èechischen Staate zu erwecken
gesucht. In allen freien deutschen Ländern veranstalteten
sie große Versammlungen und von Abertausenden besuchte Kundgebungen,
bei denen sowohl Sendboten der Heimat, als
auch Deutschösterreicher und Reichsdeutsche für die
Selbstbestimmung aller Völker, unser Volk nicht ausgenommen,
eintraten. Daß unsere Heimatgenossen auch den 4. März
1919 alljährlich als einen Trauertag öffentlich und
feierlich begehen, ist ein Gebot der Pietät und der nationalen
Ehre.
Es muß festgehalten werden, daß
die gesamte Vereinstätigkeit der öffentlichrechtlich
gebildeten Heimatbünde noch in keinem Lande jemals den Anlaß
zum Einschreiten der dortigen staatlichen Aufsichtsbehörden
abgegeben hat. Nur die èechische Regierung hat die Aufklärungsarbeit
der Bünde schon im Hinblick auf ihre aus Steuergeldern mit
Millionen bezahlte èechischnationale Außenpropaganda
sehr unangenehm empfunden und in einigen diplomatischen Noten
an Deutschösterreich und das Reich
auf sogenannte freundnachbarliche Gefühle für die Èechoslovakei
Anspruch erhoben. Am 16. Dezember 1921 wurde dann der bekannte
Staatsvertrag von Lana zwischen der Èechoslovakei und Österreich
abgeschlossen. Art 4 dieses Vertrages lautet:
"Die beiden Staaten verpflichten sich, auf ihren Gebieten
keine politischen oder militärisch en Organisationen zu dulden,
die gegen die Unversehrtheit und Sicherheit der anderen Vertragspartei
gerichtet wären. Beide Staaten verpflichten sich zur Mitarbeit
und Mithilfe gegen alle Pläne und alle Versuche einer Erneuerung
des alten Regimes sowohl vom Standpunkte der äußeren,
wie der inneren Politik, als auch in Bezug auf die Staats- und
Regierungsform. Die berufenen Behörden beider Staaten werden
sich gegenseitig Hilfe leisten zu dem Zwecke, um in diesem Sinne
geheime Umtriebe wirksam bekämpfen zu können".
Der Vertrag rief natürlich im österreichischen
Nationalrat große Bedenken in Bezug auf Art. 4 hervor, so
daß sich die Wiener Regierung mit Prag in Verbindung setzen
mußte und am 24. Jänner 1922 dem Ausschuß für
Äußeres offiziell die zwischen beiden Staaten vereinbarte
Auslegung des Art. 4 zur Kenntnis brachte. Daraufhin faßte
der Ausschuß folgenden Beschluß: "Der Ausschuß
nimmt die Mitteilung des Bundeskanzlers zur Kenntnis, zwischen
beiden Regierungen bestehe Einvernehmen darüber, daß
die Bestimmungen des Art. 4 keinerlei Maßnahmen begreifen
gegen den Bestand und die Tätigkeit von Vereinigungen, deren
Zweck die Pflege des Nationalcharakters und die Unterstützung
der wirtschaftlichen und kulturellen Ziele ihrer Volksgenossen
ist. Die Hilfe, welche sich die beiden Staaten in Gemäßheit
des fraglichen Artikels leisten werden, werde sich auf jedweden
Versuch einer gewaltsamen Änderung der gegenwärtigen
Staatsform erstrecken, von welcher Seite immer derselbe unternommen
wird".
Es kann also kein Zweifel darüber bestehen,
daß die Betonung des deutschen Charakters der sudetendeutschen
Gebiete und unserer naturgegebenen kulturellen Verbindungen mit
allen Volksgenossen auch nach dem Artikel 4 des Staatsvertrages
von Lana der èechischen Regierung keine rechtliche
Handhabe bietet, gegen die Auslandsverbände irgendwie politisch
einzuschreiten.
Am 19. März 1923 ist nun das beispiellose Gesetz zum Schutze
der Republik in der Èechoslovakei in Kraft getreten. Es
besagt im § 17 unter anderem: "Wer
eine geheime Organisation gründet, deren Zweck es ist, die
Selbständigkeit, verfassungsmäßige Einheit oder
demokratisch-republikanische Form des Staates zu unterwühlen,
wer in Kenntnis des Zweckes einer derartigen Vereinigung ihr beitritt,
mit ihr in Verbindung steht, an ihrer Tätigkeit auf welche
Art immer teilnimmt, sie oder ihre Mitglieder in ihren unterwühlenden
Bestrebungen materiell oder in anderer wie immer gearteten Weise
unterstützt, wird wegen Vergehens mit strengem Arrest von
einem Monat bis zwei Jahren bestraft. Eine geheime Organisation
ist auch die, welche tatsächlich den im Absatz 1 angeführten
Zweck hat, aber einen anderen Zweck vorschützt".
Der letzte Satz dieses Paragraphen öffnet
aller Willkür in der Auslegung des Gesetzes und den
beliebigsten Maßnahmen gerichtlicher und politischer Behörden
Tür und Tor. Ich glaube es den Èechen gerne, daß
sie schon auf Grund ihres eigenen politischen Charakters und ihrer
letzten Vergangenheit nicht geneigt sind, wirklich die offenen
Erklärungen unserer sudetendeutschen Auslandsverbände
über deren Ziele und Zwecke als bare Münze entgegenzunehmen.
Niemals aber hat eine demokratische Republik das Recht, nur auf
Grund ihres Mißtrauens Verfolgungen von eigenen und fremden
Staatsbürgern anzuordnen und durchzuführen. In diesem
Augenblicke hätte ja der Rechtsstaat sein Ende erreicht.
Den Gipfelpunkt der Unaufrichtigkeit und
Willkür aber erreicht die èechische Politik mit dem
Erlaß, der den sudetendeutschen Zeitungen die Wiedergabe
von bloßen Nachrichten über Veranstaltungen sudetendeutscher
Auslandsverbände bei Strafe verbietet, außerdem den
verantwortlichen Schriftleiter durch den Staatsanwalt
verfolgen läßt, selbst dann, venn die Zeitung gleich
nach dem Druck beschlagnahmt wurde und so gar nicht zur Kenntnis
der Öffentlichkeit gekommen ist. (Posl. dr Koberg: Ihre
Rede wird ja auch beschlagnahmt!) Das will ich doch nicht
hoffen. Diese Maßnahme stellt den zaristischen Absolutismus
weit in den Schatten und macht die èechische Demokratie
vor dem gesamten Ausland zum Gespött. (Posl.
Krebs: Sie brauchen nur ein Sibirien, deportieren möchten
sie uns ohne weiters!) Es liegt
hier aber auch ein Wortbuch inbezug auf den Vertrag von
Lana vor, dessen Auslegung die èechoslovakische und österreichische
Regierung besonders vereinbarten und hiebei unzweideutig die Freiheit
der rein kulturellen Aufklärungsarbeit der Heimatbünde
zugestanden haben. Ich habe wahrhaftig
keine Ursache, für den Ruf dieses Staates im großen
deutschen Volke und der internationalen Öffentlichkeit zu
sorgen, ich frage aber die angeblich auf deutschèechische
Zusammenarbeit eingestellte Regierung, wie sie es verantworten
will, nicht bloß harmlose Mitglieder sudetendeutscher Auslandsverbände
als gefährliche Umstürzler zu verfolgen, sondern sogar
freigewählte Volksvertreter wegen Teilnahme an Versammlungen
im Auslande zu behelligen und die Freiheit der Presse in der Èechoslovakei
durch Beschlagnahme eines jeden mit diesen Heimatbünden zusammenhängenden
Wortes vollends lächerlich zu machen. Ich stelle nochmals
auf Grund der Satzungen, der politischen Staatsverträge und
der durch die Heimatbünde in aller Welt erworbenen moralischen
Anerkennung für die sudetendeutschen Forderungen fest, daß
zu den geübten gehässigen Maßregeln gegen unsere
Auslandsorganisationen keine Rechtfertigung vorliegt.
Dazu noch Folgendes: Der Heimatbund in Deutschösterreich
hat kürzlich aus eigenem an die deutschösterreichischen
Regierungsbehörden das Ansuchen gestellt, seine seit 7 Jahren
gepflogene Tätigkeit und die seiner Zweigstellen im ganzen
Staate amtlich zu erheben und das Material dem Prager Außenministerium
als Antwort auf dessen unaufhörliche Verdächtigungen
zugehen zu lassen. Der Heimatbund scheut nicht das Urteil der
rechtlich denkenden Welt. Er hat keine Geheimnisse und plant keine
Putsche. Die Empörung über die Behelligung seiner Mitglieder,
wo sie èechischen Behörden nur möglich wird,
verdoppelt sich dadurch, daß viele Zehntausende
zu deutschösterreichischen Bundesbürgern gewordene Sudetendeutsche
und selbst bodenständige Deutschösterreicher und Reichsdeutsche
dem Heimatbunde angehören und die Übergriffe einer fremden
Staatsgewalt und fremder Staatsbehörden als eine unerträgliche
Belästigung in ihrer bürgerlichen Freiheit empfinden.
In dieser Beziehung haben sich besonders die èechoslovakischen
Vertretungsbehörden im Auslande, wie z. B. das èechische
Konsulat in Linz, ganz unglaubliche Schikanen
fremder Staatsbürger, die um ein Einreisevisum in die Èechoslovakei
vorstellig wurden, geleistet.
Pøedseda (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že jeho
øeènická lhùta již uplynula.
Posl. Knirsch (pokraèuje):
Ich bin sofort fertig. Man hat sogar dem Präsidenten
des Österreichischen Nationalrates wegen angeblich èechenfeindlicher
Haltung und seiner Teilnahme an einer Hauptversammlung des Hilfsvereines
das Visum verweigern wollen und auch Obmänner deutschösterreichischer
Schutzvereine, die mit der Èechoslovakei
gar nichts zu tun haben, als verdächtige Feinde dieses Staates
behandelt. Wir erheben hier von dieser Stelle aus Protest dagegen,
daß die Vertretungsbehörden im Auslande sich als rein
èechischnationale Agitationsstellen betätigen, ein
skandalöses Spitzelsystem erhalten
und offenbar mit Billigung der vorgesetzten Behörden sich
bei Gerichtsverhandlungen gegen angebliche Hochverräter aus
dem Auslande zur Verfügung èechoslovakischer Gerichte
stellen, wie dies beispielsweise im Falle der Verurteilung des
Technikers Schiebel in Troppau der Fall war.
Auch gegen Kollegen Abgeordneten Krebs wurden als
Zeugen für die Tendenz seiner Rede im Wiener Rathause èechische
Telephonisten aus Gmünd mit ihrem Stenogramm geführt.
Eine solche Mißachtung der Rechte und des moralischen
Ansehens von freigewählten Volksvertretern wäre in jedem
anderen Staate ganz undenkbar.
Wenn wir die völlig öffentliche Arbeit
unserer Heimatbünde hier feststellen, so haben wir keine
Ursache zu verschweigen, daß außerhalb des gesetzmäßigen
Rahmens der Vereine eine täglich stärker werdende sudetendeutsche
Freiheitsbewegung in Erscheinung tritt, die getragen ist von dem
natürlichen Unwillen jedes deutschen Volksgenossen über
die gewaltsame Abschnürung der 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen
vom Gesamtvolke und über alle jene brutalen Maßnahmen,
die wir in diesem Zwangsstaate seit 8 Jahren ertragen mußten.
Ich stehe nicht an, mich offen und rückhaltslos zu dieser
Freiheitsbewegung zu bekennen. Mit den Heimatbünden hat diese
Woge der Entrüstung keinerlei äußeren oder
inneren Zusammenhang. Es ist eben der einfache Widerhall der Methoden
der Prager Herrschaft, die sich in allslavischen Zielen und absolutem
èechischen Herrenbewußtsein gefällt, als ob
die Welt es noch nicht erfahren hätte, daß dieser Staat
ein Völkerstaat ist, in dem die
Èechen kaum die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.
Nach jeder demokratischen Auffassung und entsprechend
dem freiheitlichen Geiste der Vereinsgesetze in Deutschösterreich
und dem Reiche ist der Heimatbund selbstverständlich auch
für die privaten Äußerungen und Zeitungsartikel
seiner Mitglieder nicht haftbar. Es handelt sich immer nur darum,
ob der Verein unerlaubte Handlungen begeht und beschließt.
Das ist tatsächlich in keinem Heimatbunde seit Bestand der
Fall gewesen.
Ich erinnere schließlich die heutigen
èechischen Machthaber daran, mit welcher überlegenen
Ironie sie selbst im alten Österreich das System des Polizeistaates
verächtlich gemacht haben und so der Welt den Glauben beibringen
wollten, das èechische Volk in Österreich
wäre barbarisch versklavt. Noch auf den Friedenskonferenzen
nach dem Weltkriege hat diese Beschuldigung des alten österreichischen
Systems eine Ihrer stärksten Waffen gebildet. Sie leben hier
nicht allein und mitten im großen deutschen Volke eingeschlossen
wie eine Insel im deutschen Ozean. Der politische und wirtschaftliche
Einfluß des Deutschtums in Mitteleuropa wächst unverkennbar
und die Abhängigkeit des èechischen Volkes von dieser
Entwicklung wird auch Ihnen gewiß offenbar. Deshalb ist
eine kleinliche und überhebliche Politik
der Schikanen, die Sie letzten Endes gegen die Gefühle des
gesamten deutschen Volkes ins Werk setzen, wahrlich nicht zeitgemäß
und klug.
Wie das sudetendeutsche Volk in der Èechoslovakei niemals
aufgehört hat, sich als lebendiges Glied
seiner großen Nation zu fühlen, so wird alle Schmach
und alles Leid, die auf uns gehäuft werden, auch im Gedächtnis
unseres Mutterlandes fortleben. Es kommt der Tag, wo auch uns
die Selbstbestimmung der Völker zu Teil wird und wir über
unsere Wege frei und unabhängig beschließen werden.
Richten Sie Ihre Haltung so ein, daß Sie in jenem geschichtlichen
Augenblick nicht bangen müssen um die Zukunft Ihres Volkes.
(Souhlas a potlesk na levici.)
Nach zweimonatiger Pause tritt das Abgeordnetenhaus
zum erstenmale wieder zusammen, und wenn wir uns die Tagesordnung
ansehen, so erblicken wir eine rein formelle Tagesordnung, die
aufgestellt wurde, weil man eben überhaupt etwas auf der
Tagesordnung haben muß. Wer sich die Tagesordnung ansieht,
muß sich fragen: Ja, hat sich denn in diesen zwei Monaten
auf dem Gebiete des Wirtschaftslebens, auf dem Gebiete der inneren
und äußeren Politik überhaupt nichts ereignet,
daß das Parlament keine Ursache hat, sich mit solchen Fragen
zu beschäftigen? Und doch sehen wir, daß gerade in
den letzten beiden Monaten die wirtschaftlichen Fragen, die Fragen
der inneren und äußeren Politik immer brennender geworden
sind, daß in der Wirtschaft, in der inneren und äußeren
Politik sich die Krise immer mehr zuspitzt. Die Statistik unseres
Außenhandels, die wirtschaftsstatistische Übersicht
über die letzten Jahre zeigt, daß diese Krise nicht
nur eine akute ist, daß es sich vielmehr um eine tiefgehende
chronische Krise unseres ganzen Wirtschaftslebens handelt, daß
diese Krise für unser ganzes Wirtschaftsleben katastrophal
zu werden droht. Diese Krise ist aber nicht nur durch irgendwelche
Ereignisse, durch irgendwelche wirtschaftliche Entwicklung, die
außerhalb des Machtbereiches der Regierung läge, herbeigeführt
worden, diese Krise hat vielmehr ihre Ursache zum großen
Teil in der Wirtschaftspolitik, die durch die vorjährigen
Beschlüsse bezüglich des neuen Zolltarifs eingeführt
worden ist. Diese Krise wird künstlich gesteigert, nicht
nur durch die Politik der Regierung, sie wird künstlich gesteigert
durch die ganze Wirtschaftspolitik, besonders auch durch die Kreditpolitik
des Finanzkapitals, und durch diese Wirtschaftspolitik des
Finanzkapitals wird auch unsere ganze Wohnungskrise verschärft.
Die Folge dieser Krise ist eine Massenarbeitslosigkeit, wie wir
sie in der Èechoslovakei nur vor einigen Jahren hatten,
als wir die große Wirtschaftskrise durchmachten. Diese Arbeitslosigkeit
trifft die arbeitenden Klassen um so schärfer, als durch
die gewaltigen Fehler, die durch die Annahme des Genter Systems
begangen wurden, durch diesen Verrat an den Arbeitslosen, die
Unterstützung der Arbeitslosen auf ein Minimum gesunken ist.
(Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Horák. - Výkøiky
posl. Bolena.) Diese Arbeitslosigkeit wird
gesteigert, verschlechtert wird aber auch die Kurzarbeit durch
die furchtbare Teuerung, die ebenfalls in unserer Wirtschafts-
und Zollpolitik ihre Ursache hat. (Výkøiky
komunistických poslancù.)
Zu all dem Elend plant die jetzige Mehrheit
auch noch die weitere Verschlechterung der ohnehin bescheidenen,
völlig unzulänglichen Sozialgesetzgebung, an deren Abbau
die allnationale Regierungskoalition seinerzeit durch die Verschlechterung
des Mieterschutzes, durch die Verschlechterung der Gesetze über
die Baubewegung und durch das Gesetz über das Genter System
geschritten ist. In der nächsten Zeit taucht das Problem
der Rückwanderung vieler tausender und zehntausender èechoslovakischer
Arbeiter aus Frankreich auf, die dort durch die Wirtschaftskrise
arbeitslos werden. Die Stadtvertretung von Prag hat sich in einer
ihrer letzten Sitzungen mit dieser Frage beschäftigt. Aber
die Regierung und die Mehrheit des Parlamentes lehnen es ab, die
Frage der Wirtschaftskrise und der Wirtschaftspolitik auf die
Tagesordnung des Hauses zu stellen. Damals, als es sich um Zölle
handelte und um die Kongrua, als es sich darum handelte, die Taschen
der Agrarier und der Pfaffen zu füllen, da war die jetzige
Regierungsmehrheit sehr agil, sehr beweglich, sehr eifrig, um
das Klasseninteresse der Großagrarier und die Interessen
der Pfaffen zu befriedigen. Heute, wo es sich um die Not der grossen
Masse der Arbeitslosen handelt, sind Regierung und Parlamentsmehrheit
vollständig indolent.