Úterý 25. øíjna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 102. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 25. øíjna 1927 odpol.

Øeè posl. de Witte (viz str. 25 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf bedeutet eine wenn auch nur geringe und auch nur auf einen kleinen und bestimmten Kreis beschränkte Verbesserung des bisherigen Zustandes. Das alte Berggesetz ist seit Jahrzehnten als ungenügend erkannt worden, in dem neuen Gesetz sollen nun die Besitzer verpflichtet werden, Übersichts- und Grubenkarten auch den Aufsichtsbehörden vorzulegen und sie auch einem Privatinteressenten zugänglich zu machen, womit natürlich wesentliche Vorteile für einen Kreis von Privatinteressenten erzielt werden, weil diese, wenn sie durch den Bergbau geschädigt werden, auch in die Lage kommen, diese Schäden festzustellen. Aber es bleibt natürlich eine große Menge viel dringenderer Reformen, die den Zweck haben sollten, das Leben und die, Gesundheit der im Bergbau beschäftigten Arbeiter zu schützen und die von unseren Organisationen, die von Angehörigen meiner Partei oft und dringend genug verlangt worden sind, ohne daß man der Erfüllung bisher näher gekommen wäre.

Es ist bezeichnend für die gegenwärtige Regierung, daß sie in dem Augenblicke, wo sie eine Remedur am alten Berggesetz vornimmt, nur an die Interessen der besitzenden Klassen denkt und über die der Arbeiter glatt hinweggeht. Das ist kein Wunder bei einer Regierung, die ihren höchsten Ehrgeiz darein setzt, sozial-reaktionär zu sein und deren bisheriges Wirken für die Volksmassen in der Vermehrung ihres Elends und in einer weiteren Entrechtung bestanden hat.

Ich möchte jedoch in dem Zusammenhange auch noch die Frage aufwerfen, ob denn die gegenwärtige Regierung überhaupt noch berechtigt ist, Gesetzesvorlagen, auch wenn sie von ihren Vorgängern stammen, zu vertreten, die Frage, ob die gegenwärtige Regierung nicht überhaupt schon erledigt ist. Wir kommen eben aus den Gemeindewahlen, aus Wahlen, die zugleich die Schwäche und Schande der Regierung aufgezeigt haben. Die Regierungsparteien waren in der Zeit vor den Wahlen von Angst ob des Votums, das nicht zu umgehen sein würde, erfüllt, sie haben sich die größte erdenkliche Mühe gegeben, diese Wahlen, die nicht vermeidbar waren, lediglich als Erscheinung lokalen Charakters darzustellen. In einer Reihe von Artikeln und in so und so viel Reden haben Angehörige der Regierungsparteien immer und immer wieder behauptet, daß diese Gemeindewahlen nur eine lokale Bedeutung haben, es werde nirgends eine politische Entscheidung gefällt werden. Sie haben sich also mit der Absicht getragen, an die politische Unvernunft der Wählermassen zu appellieren. Aber trotzdem sie geglaubt haben, daß es möglich sein werde, in so und so viel Landgemeinden die Menschen wirklich zu übertölpeln mit dem ewigen Hinweis auf die lediglich lokale Bedeutung der Gemeindewahlen, mit dem ewigen Appell an diese Wähler, nicht an die große Politik und vor allem nicht daran zu denken, wie die Regierungsparteien sich in diesem Hause hier benommen haben, waren die Regierungsparteien doch ständig von Furcht erfüllt, die Wähler könnten klüger und charaktervoller sein, und also kam, wie ich hier feststellen möchte, der leider nicht vergebliche Appell an die Regierung, ihren Apparat spielen zu lassen. Und dieser Apparat hat gespielt und zunächst in der Richtung der denkbar weitesten Ausschaltung aller gefährlichen Gemeinden. Aus meinem Wahlkreis könnte ich eine ganze Reihe von Beispielen dafür anführen, daß große Städte und lndustrieorte hätten zur Wahl gehen müssen und daß man diese Wahl für jene Orte mit allen möglichen Kniffen hintertrieben hat.

Zweitens spielte der Apparat in der Richtung, daß man bei der Feststellung des Wahlprogrammes soweit ging, daß sich die beteiligten Gruppen nicht geschämt haben, ganz ruhig und kaltblütig auf Anfragen von Vertretern der politischen Parteien ihnen Unwahrheiten in Bezug auf den Wahltermin ins Gesicht zu sagen. Es ist festgestellt worden, daß am 1. September Vertreter der èechischen Sozialdemokraten im Innenministerium vorgesprochen haben und daß man ihnen dort erklärt hat, daß man noch nicht wisse, wann die Wahlen ausgeschrieben würden, an demselben Tage jedoch hat der Minister des Innern bereits den Auftrag an die politischen Bezirksverwaltungen hinausgegeben, die Wahlkundmachungen am nächsten Tag zu affichieren. Es ist erwiesen, daß an dem Tage, an dem es draußen in den politischen Bezirksverwaltungen die Wahlkundmachungen bereits plakatieren ließ, das Ministerium des Innern den traurigen Mut aufgebracht hat, einer Vertretung unserer Partei auf die Frage, wann die Wahlen sein werden - weil man es in Prag noch nicht öffentlich gewußt hat - zu erklären, man wisse das noch nicht, auf den Vorhalt, daß die politischen Bezirksverwaltungen die Wahlen ja schon ausgeschrieben hätten, wartete man mit der Antwort auf, daß das ein Irrtum, ein Mißverständnis sein müsse. Und in diese Reihe der Methoden der Regierung, die Wahlergebnisse doch vielleicht zu ihren Gunsten beeinflußen zu können, gehört eine ganze Menge offener Gesetzesbrüche durch die Behörden. Wie man in der Slovakei Wahlen macht, davon hat der Herr Oppositionsmann Hlinka neben uns auch in diesem Hause schon, allerdings vergeblich, gesprochen,. Er hat jetzt als Regierungsmann darüber gesprochen, wie man es in der Slovakei getrieben hat und man kann wohl begierig darauf sein, was, angesichts der veränderten Rolle Hlinkas, die Regierung jetzt antworten wird. Sicher ist jedenfalls, daß man in der Slovakei mit Methoden gearbeitet hat, die die ungarischen Wahlmethoden noch weitaus übertreffen, daß die Notare die Kandidatenlisten einfach nicht zur Kenntnis genommen haben, daß sie die Wahlwerber mit dem Ausdruck "Ihr Schweine" tituliert und gesagt haben: "Ihr Schweine braucht nicht zu wählen" und dergleichen mehr. Wir brauchen aber nicht bis in die Slovakei zu gehen. Wir können in Böhmen bleiben und können feststellen, daß die politischen Bezirksverwaltungen die Courage aufgebracht haben, eine Wahl z. B. in einem Böhmerwaldorte zu verschieben und nicht stattfinden zu lassen, deshalb, weil die Regierungsparteien es versäumt haben oder nicht in der Lage waren, Kandidatenlisten einzubringen.

Es gehört in dieses Kapitel der unzulässigen Beeinflussung der Wählerschaft in diesen Gebieten die Art, wie die Zensur gehandhabt wurde. Unsere Partei z. B. hat noch gar nicht mit Rücksicht auf diese Gemeindewahlen, sondern zu einem anderen Zwecke, den ich noch erklären werde, vom Bildungsausschuß unserer Wiener Organisationen sich Filme kommen lassen, die der Bevölkerung zeigen sollten, wie in Wahrheit die Arbeit der roten Gemeindeverwaltung von, Wien aussieht, um den Lügen, die über diese Wiener Gemeindeverwaltung verbreitet werden, den Boden abzugraben und darauf aufmerksam zu machen, was die Sozialdemokraten dort, wo ihnen die Möglichkeit dazu geboten ist, für das Volk leisteten, zu zeigen, daß die Sozialdemokraten nicht nur programmatische Erklärungen über die Art ihrer Politik in den öffentlichen Körperschaften abzugeben vermögen, sondern daß und wie sie imstande sind, diese Erklärungen zur Tatsache werden zu lassen. Zu diesem Zwecke also sind jene Filme von Wien bestellt worden und sollten im ganzen Lande gezeigt werden. Da kam die Zensur und hat es monatelang verhindert, daß diese Filme überhaupt vorgeführt werden konnten, Filme, die absolut nichts anderes enthalten, als die Darstellungen der Leistungen unserer Wiener Gemeindeverwaltung, und die infolgedessen doch nicht staatsgefährlich sein konnten, es sei denn, daß die Zensur sich gedacht hat, daß die Èechoslovakei angesichts der sozialen Leistungen in Wien blamiert ist, wenn man einen Vergleich zieht zwischen dem, was auf sozialem Gebiet in der Èechoslovakei getan wird und was diesbezüglich in Wien geschaffen wird. Aber der wahre Grund war der, daß der Zensor im Auftrage der Regierung so handeln mußte, weil die Vorführung jener Wiener Filme den Regierungsparteien Schaden bringen konnte, daß er also einen ganz unverschämten Mißbrauch seiner Amtsgewalt begangen hat. Statt daß er den Regierungsparteien gesagt hätte, zeigt doch auch im Film auf, was Ihr geleistet habt, zeigt im Film, wie Ihr das Vermögen des Volkes, die Steuergelder, verschwendet zum Ankauf von Giftgasbomben die einmal auf die Bevölkerung hinunter geworfen werden sollen, auf die Bevölkerung solcher Städte, mit denen augenblicklich die Èechoslovakei einen Kriegsfall haben möchte. Es hat mit derselben Unverschämtheit der Zensor insbesondere Zeitungen, Plakate und Flugschriften beschlagnahmt, mit denen unsere Partei zur Aufklärung der Wählerschaft hinausgehen wollte. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancü.) Wir haben eine Reihe von Plakaten bestellt, die bildlich die politischen Vorfälle in der Èechoslovakei darstellen. Die Affichierung dieser Plakate ist uns fast restlos von den politischen Bezirksverwaltungen, natürlich über höheren Auftrag, verboten worden,. Daß man nicht gewußt hat, wie man das Verbot überhaupt begründen solle, daß man nur einfach auf den Auftrag hin gehandelt hat, unter allen Umständen die Verbreitung dieser Plakate zu hindern, geht aus der Tatsache hervor, daß die eine Bezirksverwaltung das und die andere jenes Plakat freigegeben hat und die eine das Verbot der Plakatierung so und die andere wieder anders begründet hat. Ich will hier drei Beispiele bringen. Die politische Bezirksverwaltung in Luditz hat de Affichierung aller unserer Wahlplakate verboten mit der Begründung, daß ihr Inhalt gegen das Schutzgesetz verstößt. Die politische Bezirksverwaltung in Tepl hat drei dieser nach Ansicht der Luditzer Bezirksverwaltung gegen das Schutzgesetz verstoßenden Plakate erlaubt, die anderen aber unter Berufung auf den § 300 des Strafgesetzes verboten. Die politische Bezirksverwaltung in Karlsbad hat erlaubt die Affichierung von Plakaten, die nach Ansicht der Bezirksverwaltung Tepl gegen den § 300 des Strafgesetzes verstoßen, sie hat die Affichierung von Plakaten erlaubt, die nach Ansicht der Luditzer Bezirksverwaltung gegen das Schutzgesetz verstoßen, sie hat aber wiederum Plakate anzukleben verboten, die von Tepl erlaubt waren, und hat das mit dem Hinweis auf die kaiserliche Verordnung vom Jahre 1854 begründet. (Hört! Hört!) Das waren die Methoden, mit denen man gearbeitet hat und daraus geht klar und deutlich hervor, daß die Bezirksverwaltungen einfach Vorwände gesucht haben, daß sie Begründe liefern mußten in Vollführung eines Auftrages, den sie vom Innenministerium erhalten haben.

Neben diesen behördlichen Verfügungen gingen noch ganz besonders listige Pläne der Regierungsparteien, die darin bestanden haben, daß man getrachtet hat, in den Gemeinden eine möglichst große Reihe von kleinen Gruppen als Wahlwerber aufzustellen, damit die Menschen, die von den Regierungsparteien davon laufen, bei diesen kleinen Grüppchen ein Reservoir zur Sammlung finden. Nun kommt natürlich die Frage, wohin diese Stimmen politisch gerechnet werden, die für diese Grüppchen abgegeben wurden. Herr Minister Spina hat vorgestern in die Presse einen Artikel lanzieren lassen, in dem er davon gesprochen hat, daß diese Wahlen die Sammlung der Wählerschaft unter großen politischen Gesichtspunkten im Rahmen der großen politischen Parteien gezeigt hätten. Er hat das gesagt angesichts der Tatsache, daß in Orten, wo 15 Mandate zu vergeben waren, 12 Parteien sich in diese 15 Mandate teilten, angesichts der Tatsache, daß zum Beispiel bei uns im Egerlande eine Anzahl der wahlwerbenden Gruppen nicht einmal mehr genug Phantasie gehabt hat, um Parteinamen zu erfinden und einfach die Kandidatenliste des Herrn "Soundso" und des Herrn "XY" eingereicht haben. Nun kommt die politische Bezirksverwaltung, ruft diese Herren "Soundso" und "XY" und fragt sie, auf welche politische Gruppe die für sie abgegebenen Stimmen einzutragen seien. Die Herren wissen nicht Bescheid, und nun sehen wir eigentlich schon den Zusammenhang der Dinge: Einmal Geheimhaltung der Wahlergebnisse bis zum gegenwärtigen Augenblick, daraus selbverständlich ist leicht zu ersehen was man will: die Fälschung dieser Wahlergebnisse, indem man trachtet, alle Stimmen für diese neutralen Grüppchen, dieser aus Verwandtschaftsrücksichten zusammengestellten kleinen Stimmgruppen, den Regierungsparteien zuzurechnen.

Trotzdem ist es den Regierungsparteien nicht gelungen, mit heiler Haut aus dieser Affäre hervorzugehen, und sie sind ja wirklich derart mit furchtbar en Sünden belastet, daß man sich nur darüber wundern kann, daß die Ungeduld, der Mißmut und die Empörung der Bevölkerung nicht noch größer war und sie mit diesen Regierungsparteien überhaupt einfach tabula rasa gemacht hat. Wenn wir denken, was in der kurzen Zeit eines Jahres von diesen Parteien verübt worden ist, wenn wir denken an das Verbrechen der entsetzlich en Verteuerung der Lebensmittel durch die Zölle, an die Verschwendung von dreieinhalb Milliarden an den Rüstungsfond, an die Verlängerung der militärischen Dienstzeit, an die Festsetzung eines Friedensstandes von 120,000 Mann für die èechoslovakische Armee zu einer Zeit, in der Deutschland, das fünfmal größere, nur 100.000 Mann unter Waffen hält und in dem Staate, von dem mit Ausnahme Frankreichs die Vertreter der Entente behauptet haben, daß für ihn ein Militärstand von 24.000 Mann genügen würde, wenn wir denken an die Steuerreform, die sie gemacht haben für die Millionäre und gegen die Arbeiter, wenn wir denken an das Zertifikatistengesetz, das tausenden von deutschen Anwärtern auf einen Zivilposten diese Möglichkeit nimmt, wenn wir denken an das Gemeindedrosselungsgesetz, das die Selbstverwaltung unserer Gemeinden nahezu restlos aufhebt, an den Wahlrechtsdiebstahl, an die Verwaltungsreform, die in summa nichts anderes ist, als die Erhebung des Pendrek zum Symbol unseres ganzen öffentlichen Lebens, dann, muß ich sagen, waren die Wähler noch gnädig genug, daß sie die Regierungsparteien lediglich in eine Minderheitsstellung bei diesen Wahlen versetzt haben, statt sie überhaupt zu dezimieren, Wenn ich mir nun vorstelle, mit welchen Absichten die geschlagenen Krieger hier im Hause wieder einziehen, wenn ich mir denke, wie diese Verlierer der Schlacht sich mit dem Gedanken tragen, der Bevölkerung noch Unerhörteres als alles bisher Vorgekommene zuzumuten, daß sie sich mit der Absicht tragen, die Verschlechterung der Sozialversicherung, die weiteste Entrechtung der Arbeiter in Bezug auf die Führung ihres eigenen Instituts zu vollbringen, wenn ich daran denke, daß sie sich mit der Absicht tragen, Arbeiter um Rechte zu bringen, welche die Bourgeoisie des alten Kaiserstaates den Arbeitern nicht mehr vorenthalten hat, wenn ich denke an den beabsichtigten Angriff auf das Obdach, an die Absicht der vollständigen Verklerikalisierung der Schule, dann muß ich sagen, die Herren haben einen ganz außerordenlichen Mut und zeichnen sich durch eine Auffassung der Dinge aus, für die man vielleicht kaum einen anderen Namen als den des Zynismus finden kann, Dabei ist, wie gesagt, diese Mehrheit hier von der Mehrheit der Wähler längst desavouiert worden.

Ich kann zusammenfassen, indem ich sage: Der Schwindel, den die Regierungsparteien aufgeführt haben, die Hinterlist des Ministeriums des Innern, der Gesetzesbruch durch die Behörden, die Zensurwillkür, diese ganzen Balkanmißbräuche, die anläßlich der Gemeindewahlen eingesetzt haben, haben es nicht vermocht, daß die Mehrheit der Wähler sich für die Regierungsparteien entschieden hat. So haben wir hier die Tatsache zu verzeichnen, daß eine rücksichtslose, nur der Profitbestie ergebene Abgeordnetenmehrheit regiert, der die Mehrheit der Wähler draußen soeben ein Mißtrauensvotum abgegeben hat. Der Zustand, den wir heute haben, widerspricht den Gesetzen der Demokratie, er ist unerträglich, er ist eine weitere Beleidigung der im Jahre 1925 von den heutigen Mehrheitsparteien hinter das Licht geführten Wählerschaft, Zu allem täte eines nur Not, statt daß sie vielleicht noch einmal neue Attentate gegen die Bevölkerung plant: diese Abgeordnetenversammlung hat abzutreten. Sie hat an die Gesamtheit der Wählerschaft zu appellieren, um den Betrug an der Volksmehrheit und die Schändung der Demokratie endlich einmal zu beenden, (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)


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