Úterý 10. èervence 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 151. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 10. èervence 1928.

1. Øeè posl. Krebse (viz str. 11 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! In der letzten Zeit hatten wir ununterbrochen Ursache, schwere Anklagen gegen das System, das sich in der Èechoslovakischen Republik eingerichtet hat, zu erheben, ein System, das auf das unerhörteste die Freiheit der Presse bedroht, das mit dem Zensurstift des Staatsanwaltes glaubt, Ideen und Bewegungen niederknüppeln zu können, ein System, das sich an Schikanierungen unserer Bewegung geradezu Meisterstücke leistet. Das geht so weit, daß nicht einmal mehr jene, selbst im Motivenbericht der Schutzgesetze gestattete Behandlung von Fragen möglich ist, daß die Forderung nach der Selbstverwaltung mit dem Zensurstift bedroht wird, wie dies erst jüngst bei einer Rede des Koll. Abg. Simm der Fall war.

Aber, meine Verehrten, wenn wir Klage führen über die Zensur, wenn wir Klage führen über die Schikanen unserer Bewegung, dann muß ich heute über mehrere Fälle geradezu unerhörter Brutalität und politischer Dummheit (Souhlas na levici.) Beschwerde führen, politischer Dummheit, die zum Himmel raucht. Unsere Jugend hält zur Erziehung ihrer Führung alljährlich Schulungswochen ab, die sie mit Körpererziehung verbindet und die sie mit Sommerlager bezeichnet. Was sind diese Sommerlager? Diese Sommerlager sind Schulungen, in denen die Seelen der jugendlichen Arbeiter für die Volksidee gewonnen werden, die Jugend für die Sendung des Aufbaues einer neuen deutschen Kultur herangebildet werden soll. Die Ziele unserer Sommerlager sind, wie es selbst in der Ankündigungsschrift ausdrücklich lautet, im Sinne des großen Engländers Carlyle mit folgenden Worten umrissen: "Ehrwürdig ist mir die karge verkrümmte rauhe Hand, worin nichtsdestoweniger eine unauslöschlich kollegiale Majestät ruht, denn sie führt das Szepter des Planeten. Ehrwürdig ist auch das rauhe beschmutzte Antlitz mit seiner schlichten Intelligenz, es ist das Gesicht eines Menschen, der lebt, wie ein Mensch leben muß, ja um so ehrwürdiger bist du mir wegen deiner Rauheit und eben weil wir dich so wohl bemitleiden als auch lieben müssen, schwer beladener Bruder der Arbeit!"

Unter diesem Motto haben wir unsere Sommerlager abgehalten. Und was sind sie, was lehren sie, was sollen sie bedeuten? Vor mir liegt der Arbeitsplan unseres heurigen Sommerlagers, er erstreckt sich auf eine ganze Woche: Früh morgens gymnastische Übungen, Lockerungsübungen, Entspannungsübungen, rythmische Gymnastik, Körperkultur, Leibesgymnastik, Konzentrationsübungen. Vormittags Vorträge über das Evangelium der Arbeit, ein Morgenspruch, eine Jugendweihe über ein Thema: "Körper und Seele als Schönheitsideale", die feierliche Aufnahme in den Bund, ein Vortrag über deutschen Glauben, ein Vortrag über die Grundlagen der Volkswirtschaft, über die Entwicklung des Kapitalismus bis zur Herrschaft der Weltfinanz, ein Vortrag über unsere Handwerker, Arbeiterbünde, Zünfte, Genossenschaft und Gewerkschaften, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Forderungen, die sozialpolitische Gesetzgebung, ein Querschnitt durch bedeutende Epochen der Geschichte und geistige Anschauungen und Führer dieser Geschichte. So ist in Wirklichkeit das Programm beschaffen. Und wer trägt vor? Da trägt vor der Universitätsprofessor dr. Otmar Spann, eine Kapazität auf dem Gebiete der Volkswirtschaft, der Assistent der deutschen technischen Hochschule in Prag Ing. Heider, da tragen vor der Gewerkschaftsführer der DHV W. Wenzel, da tragen Fachlehrer, Professoren, Gewerkschaftsführer, Männer aus der Praxis und Theorie einer neuen Jugend neue Erkenntnisse und Grundsätze vor. Wir haben es also mit ernster sachlicher Arbeit, mit Lehrgängen, wie sie auf den Volkshochschulen, in den Bauernhochschulen, in den Funktionärkursen der verschiedenen Verbände und Gewerkschaften abgehalten werden, zu tun. Die junge Arbeiterschaft, die sich hier versammelt, bringt gewaltige persönliche und finanzielle Opfer, an Reisespesen und Verpflegskosten, die sich die jungen Arbeiter selbst bezahlen müssen. Während andere Kurse und andere Parteien zum Staate betteln gehen und ihre Kurse subventionieren lassen und auch reichlich bedacht werden, schickt man uns die Gendarmerie und droht mit Waffengewalt unsere Kurse aufzuheben. (Rùzné výkøiky.)

Der Chef der politischen Verwaltung von Leitmeritz (Výkøiky posl. inž. Junga.), der wohl voller Angst vor einem etwaigen Kommunistenputsch, den man ihm in Prag eingeredet hat, den Kopf verloren hat, verbietet uns das Lager, obzwar wir am 14. Juni das Gesuch überreicht haben und am 30. Juni am Abend vor Beginn schickt er das Verbot nach Troppau ab, obwohl wir in Nordböhmen das Lager abhalten. (Posl. inž. Jung: Am 30. früh bei der Abreise hat niemand etwas von dem Verbot gewußt!) Jawohl, und wie verbietet er es uns? Er entblödet sich nicht uns dieses Sommerlager, diesen Hochschulkurs unserer Arbeiterjugend wegen Gefährdung der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu verbieten und er erfrecht sich noch hinzuzufügen, daß eine Intervention für eine etwaige Abänderung dieser Anordnung in Leitmeritz unstatthaft ist. (Rùzné výkøiky.) Was stellt sich denn dieser Herr eigentlich vor? Er nimmt sich nicht einmal die Mühe nachzuforschen, ob wir die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, er schickt uns einfach die Gendarmen mit aufgepflanztem Bajonett ins Haus und versucht auf diese Art und Weise, unsere Lehrgänge zu unterdrücken. (Posl. Knirsch: Das sind die Vorboten der Verwaltungsreform!) Jawohl, das sind die Vorboten dieser Verwaltungsreform, die uns das Blut in das Gehirn getrieben hat. Wen haben wir gestört? Abseits vom Verkehr liegt unser Zirkowitz. Wir wählten diesen Ort, weil er so ruhig gelegen ist, in einer wunderschönen deutschen Landschaft, mitten im rein deutschen Sprachgebiet, doch abseits vom Verkehr, um die Schule der Jugend möglich zu machen. Wir haben in vergangenen Jahren in vollster Ruhe und Ordnung unser Sommerlager abgehalten, der Herr Gemeindevorsteher hat uns die Anerkennung und für die musterhafte Ordnung und Disziplin den Dank ausgesprochen. Ich bemerke, daß in diesem Ort kein einziger Èeche wohnt, daß es ein rein deutscher Ort ist, so daß nicht einmal gesagt werden kann, daß irgend ein Èeche da bei einem solchen Kurs gestört werden könnte. Dieser Ort ist ein typisches Beispiel dafür, wie das deutsche Sprachgebiet ist, kein Gendarmerieposten, keine Eisenbahnstation und kein Postamt, es ist ein rein deutsches Gebiet und so schaut auch das Gebiet aus, von dem sich die "Národní Politika" in ihrer vollen Dummheit vergangene Woche erklären konnte, es gäbe kein sudetendeutsches Gebiet. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Niemand wurde also etwa gestört. Das unerhörte Vorgehen des Chefs der politischen Verwaltung hat erst die Ruhe gestört. Er schickt uns den Gendarmerieführer Fischer aus Sebusein mit bewaffneter Assistenz hinein, der mit der schärfsten Waffengewalt sofort gedroht hat, bevor noch irgendwer mit ihm eigentlich gesprochen hat.

Glauben Sie denn, daß man mit derartigen Mitteln Ruhe und Ordnung herbeiführen kann? Aus einer Schulungswoche in Zirkowitz, die dem volksbürgerlichen Unterricht dienen sollte, ist ein Anschauungsunterricht für alle diese 108 jungen Deutschen geworden, die dort zukamen und gesehen haben, wie die Freiheit in diesem Staate in Wirklichkeit aussieht. Man könnte sagen: Ein Übergriff, ein untergeordnetes Organ! Mit nichten, mit nichten. Das ist ein ausgebildetes System, das jede Bewegung hindern will, die eine freiheitliche Entwicklung in diesem Lande anstrebt. Das ist kein Zufall, das ist kein Übergriff.

Wir haben es vorgestern auf unserem großen "völkischen Tag" zu Brüx erlebt. Zehn- bis zwölftausend Teilnehmer - nach den Mitteilungen aller Zeitungen - waren in Brüx zusammengekommen und wie geht dort die Gendarmerie vor? Sie veranstaltet Hetzjagden nach unseren Fahnen, sie verhaftet ihre Träger, sie bestraft sie kurzer Hand, wenn ihnen ein Wort der Erregung über die Lippen kommt. Und zu gleicher Zeit findet im Nachbarort Preschen ein èechisches Schützenfest statt und dort steigen in die Eisenbahnwaggons bewaffnete Schützen mit Karabinern und lnfanteriegewehren ein und niemand rührt sich (Rùznì výkøiky.), in Brüx werden Abzeichen beschlagnahmt, und dort geht bewaffnetes Militär mit Militärgewehren herum, ausgerüstet für den Bürgerkrieg. So schaut es aus! Wundern Sie sich nicht, daß da eine Atmosphäre entsteht, die von dieser Hetze geradezu in Erregung zittert, eine Hetze, die ihre Giftquelle in diesen "Národní Listy" und dieser "Národní Politika" hat, in diesen Organen, die sich vor Wut gegen das Deutschtum auch heute noch nicht fassen können.

Vor ein paar Tagen ein typisches Beispiel. In Wien beschließt eine Bezirksvertretung einen Straßenzug "Sudetendeutsche Straße" zu nennen. Das geht Prag gar nichts an. Das ist eine innerpolitische Angelegenheit Österreichs. Niemand in Deutschland, niemand in Österreich hat sich darüber aufgeregt, daß die Èechen in Prag eine Lužická ulice, eine Lausitzer Gasse haben. Niemand regt sich darüber auf. Sie aber empören sich, wenn es eine "Sudetendeutsche Straße" in Wien gibt. (Rùzné výkøiky.) Ich sage Ihnen: Es wird der Tag kommen, wo es in jeder deutschen Stadt eine "Sudetendeutsche Straße" geben wird. Wir sagen: Glauben Sie nicht, daß wir uns durch diese Dinge provozieren lassen werden. Ruhig und zielbewußt werden wir unseren Weg gehen, weil wir wissen, daß er zu unserem Ziele führt. Wir zeigen nur auf, wie es ausschaut in diesem Lande der "Gleichen unter Gleichen". National-terroristisch, sozial-reaktionär bis in die Knochen. Dieses Land hat jetzt eine Regierung, wie es so schön der Herr Sen. Køepek gesagt hat, daß sich die Regierung des Besitzes aufgetan hat. Sie sind nicht die Regierung der Gleichen unter Gleichen, Sie sind die Regierung der Reichen unter Reichen, die Regierung, die Völker und Arme gleichermaßen unterdrückt und beherrscht. Sie sind die Regierung des Hasses gegen alles, was sozial, gegen alles, was wirklich nationaldeutsch ist. Sonst dürften Sie es nicht dulden, daß Ihre Organe derart gegen Kultureinrichtungen und Unterrichtskurse, wie die unseren vorgehen.

Wir lassen nicht ab von unserem Kampfe um unser Recht. Wir zeigen diese Dinge unserem Volke in aller Öffentlichkeit auf und erklären: Wir werden dafür sorgen, daß die Kraft und Macht unserer Bewegung so wachsen wird, daß Sie einst in unserer deutschen Heimat die deutsche Jugend nicht mehr mit Bajonetten davonjagen werden (Souhlas a potlesk na levici.), daß in unserer Heimat das Recht unserer nationalen Selbstverwaltung uns in die Hände gelegt werde, daß wir darüber bestimmen werden, ob wir Kurse für unsere Jugend oder nicht, ob wir Schulen oder nicht haben wollen, ob wir für unser Volk Einrichtungen treffen können oder nicht treffen können. (Souhlas a potlesk na levici.) Es lebe die sudetendeutsche Selbstverwaltung! (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

2. Øeè posl. Dietla (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir beschäftigen uns mit dem Handelsvertrag mit Kanada. Es freut uns immer, wenn ein Handelsvertrag mit einem Staat zustandekommt, wenn Freundschaften erweitert werden. Unsere Handelsbeziehungen mit Kanada sind aber nicht von so hervorragender Bedeutung, wir haben andere Länder, die für uns wichtiger sind, mit denen wir ebenfalls in Vertragsverhandlungen stehen, es sind unsere wichtigsten Nachbarländer wie Deutschland und die Staaten der Kleinen Entente, Jugoslavien und Rumänien. Wir haben in der letzten Zeit gehört, daß zwei Verträge abgeschlossen worden sind mit Frankreich und das Zusatzabkommen mit Polen, deren Inhalt wir noch nicht kennen. Handelsverträge sollen den Verkehr mit Waren regeln, sollen den Staatsangehörigen der Vertragsländer Niederlassungsfreiheit und das Recht zum Gewerbebetriebe unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Untertanen geben, sie sollen zollpolitische Vereinbarungen bilden, die überhaupt das Schwergewicht der modernen Handelsverträge geworden sind. Früher waren Handelsverträge meist langfristig, es hat auch sogenannte ewige Handelsverträge gegeben, die eine stabile Entwicklung sicherten und die für beide Teile vorteilhaft waren. Heute sind die Handelsverträge meist mit kurzen Kündigungsfristen versehen, um der Autonomie freien Spielraum zu lassen. Die Handelsverträge basieren ja zum größten Teil auf dem System der Meistbegünstigung und sind Tarifverträge. Letzteres ist freilich eine ziemlich zweischneidige Sache. In der Èechoslovakei wird jeder Handelsvertrag von zweierlei Interessen beeinflußt. Unsere Industrie muß exportieren, die Landwirtschaft aber will jeden Import durch Schutzzölle erschweren. Es gibt zwar auch industrielle Schutzzölle, deren Wirkung den Abschluß von Handelsverträgen oft sehr schwierig gestaltet, entscheidend bleiben aber immer die Agrarzölle. Welche Schwierigkeiten haben sich nicht dem Abschluß der Verträge mit Frankreich und Polen entgegengestellt? Seit wir die Getreidezölle haben, ist jeder Abschluß von Handelsverträgen desto schwieriger geworden.

Nun melden die "Lidové Noviny", daß die Agrarier selbst eine Herabsetzung der Getreidezölle erwägen, die Entwicklung habe nicht den Weg genommen, wie man sich vorgestellt habe und deshalb beschäftigen sich die Agrarier heute schon mit der Frage, ob nicht eine Herabsetzung der Getreidezölle erfolgen solle. Ein bürgerliches Urteil über die Agrarzölle wird in der "Hospodáøská Politika" vom volkswirtschaftlichen Redakteur der "Národní Listy" gegeben. Er schreibt: "Bald werden es zwei Jahre seit Einführung der Agrarzölle sein, da ist es schon möglich, die Zollpositionen genau zu übersehen und ihren Einfluß abzuschätzen. Viele von ihnen schädigen schließlich die landwirtschaftliche Produktion selbst, wie z. B. die Zölle auf Futtermittel, die keinen Sinn in einem Staate haben, wo die Rentabilität der Viehzucht bedroht ist, wo deshalb hauptsächlich die Kleinlandwirte ein eminentes Interesse an der Billigkeit der Futtermittel haben. Langsam werden ja die Stimmen gegen den Hochschutzzoll, wie wir ihn betreiben, doch laut und vernehmlich, gerade deswegen, weil die Schwierigkeiten des Abschlusses von Handelsverträgen immer größer und größer werden."

So sagt die "Hospodáøská Politika" an einer anderen Stelle: "Jugoslavien verlangt reales Entgegenkommen in den agrarischen Positionen, bei denen bisher nicht die geringste Bereitwilligkeit oder Möglichkeit zu Konzessionen von Seite unserer Unterhändler war. Wollen wir die Verhandlungen zu einem günstigen Ende führen, bleibt uns nichts anderes übrig, als Jugoslavien entgegenzukommen."

Wir sehen also aus allem die Schwierigkeiten heraus. Deutschland hat wieder andere Schmerzen. Deutschland bringt eine ganze Reihe von Beschwerden in den verschiedensten Fragen vor, die zum Teil politischer und zum Teil wirtschaftlicher Natur sind. Die Verhandlungen, die schon seit Jahren geführt werden, kommen nicht vom Fleck, sie müssen immer und immer wieder vertagt werden, und man hofft ja jetzt, doch endlich einmal zu einem Ziel zu kommen. Aber die Schwierigkeiten sind noch lange nicht beseitigt, es wird noch vieler Mühe bedürfen, um diese Schwierigkeiten zu beheben. Mit Österreich haben wir ja den Handelsvertrag seit dem Sommer v. J., aber wenn wir unseren Verkehr mit diesem Staate ansehen, müssen wir uns schon sagen, daß wir vieles versäumt haben. Wir haben im Jahre 1927 von Deutschland um 3.7 Milliarden eingeführt und für 4.8 Milliarden ausgeführt, wir sind also im Handel mit Deutschland mit 1.1 Milliarden aktiv. Bei Österreich ist die Sache noch günstiger. Wir haben 1 1/4 Milliarden Einfuhr und über 3 Milliarden Ausfuhr, so daß unsere Handelsbilanz mit Österreich mit 1 3/4 Milliarden aktiv ist. Auch mit Ungarn haben wir ein sehr günstiges Resultat, wir haben dort eine Einfuhr von 962 Millionen und eine Ausfuhr von 1.6 Milliarden, wir haben da einen Überschuß von 659 Millionen. Von Polen, mit dem wir ja gerade bezüglich unserer Handelsbeziehungen fortwährend im Konflikt sind, weil der unerhörte Protektionismus, der dort geübt wird, fortwährende Störungen hervorruft, führen wir Waren um 1 Milliarde ein und führen für 660 Millionen aus, wir sind gegenüber Polen mit 361 Millionen passiv. Auch der Handelsverkehr mit Frankreich ist stark passiv. Wir haben eine Einfuhr von 780 Millionen und eine Ausfuhr von nur 239 Millionen, also ein Passivum von 541 Millionen. Wenn wir die 4 Monate des heurigen Jahres nachprüfen, so ergibt sich nahezu dasselbe Resultat, wir kommen annähernd zu denselben Ziffern.

Die wichtigsten Staaten für unseren Export sind also vor allem Deutschland, Österreich und Ungarn. Wie stehen wir mit Österreich? Vor einigen Tagen waren die Minister des Auswärtigen der Kleinen Entente in Bukarest versammelt und haben sich dort mit einer Reihe von politischen und wirtschaftlich en Fragen beschäftigt. Unter Punkt 5 haben sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Österreichs berührt. Es handelt sich hier um Einrichtungen, durch die der Anschlußgedanke aus der Welt geschaffen werden soll. Es ist aber nicht beabsichtigt, über diese Frage eine gemeinsame Erklärung abzugeben. Unser Außenminister Beneš, der von Journalisten interviewt wurde, antwortete auf die Frage, wie es mit dem Anschluß stehe, ganz kurz, daß diese Frage nicht bestehe. Auf die Frage der Journalisten, was geschieht, wenn Komplikationen eintreten, antwortete Beneš, daß diese nicht eintreten können, denn in der Politik kann man nicht phantasieren, gerade so könnten sie fragen, was auf der Sonne geschehen könnte. Die Antwort ist ja sehr diplomatisch, aber Marinkoviè, der jugoslavische Außenminister, hat über diese Frage dann etwas eingehender gesprochen. Er sagt: "Die Kleine Entente muß Österreich als zu dem von ihr ausgehenden wirtschaftlichen System gehörig betrachten und ihm alle Möglichkeit bieten, die ihm durch die schutzzöllnerischen Methoden der Nachfolgestaaten zum Teile genommen worden sind. Die Bestrebungen der Kleinen Entente auf Einbeziehung Österreichs in ein zentraleuropäisches Wirtschaftssystem könne aber niemand der Kleinen Entente zum Vorwurfe machen. Nachdem wiederholt behauptet worden sei, durch die Zertrümmerung der Donaumonarchie sei ein natürlich gegebenes wirtschaftliches Gebilde zerstört worden, so könne der Kleinen Entente aus einer Rückkehr zu einer Art wirtschaftlichen Rekonstruierung kein Vorwurf gemacht werden." Die Österreicher haben diese Worte nicht mit einem allzugroßen Vergnügen aufgenommen und wer die Verhandlungen der österreichischen Nationalversammlung in der vorigen Woche verfolgt, der hört zum Teil eine sehr kräftige Antwort darauf, zum Teil eine diplomatische, jedenfalls aber eine ablehnende Antwort. Und Österreich hat auch allen Grund dazu. Denn gehen Sie nur eine Zeitlang zurück und beobachten Sie, wie Sie Österreich seinerzeit bei der Schaffung des Staates behandelt haben, wie Sie seinerzeit alles getan haben, um die Handelsbeziehungen, die bestanden haben, zu zerstören, die Fäden zu zerreißen und Österreich zu zwingen, einen selbständigen Weg zu gehen. Einer der bedeutenderen Volkswirtschaftler Österreichs sagt: "Es steht heute so, daß wir nach dem Ausbau der siebenten Zuckerfabrik keinen Zucker mehr aus dem Auslande beziehen werden. Die böhmische Braunkohle wird den letzten Rest ihres Absatzes verlieren, sobald ausreichende Anlagen zur Trocknung der heimischen Kohle vorhanden sein werden. Hätte uns die Èechoslovakei nach dem Umsturze nicht so schlecht behandelt, hätten wir nicht wegen jeden Waggons Kohle und jeden Waggons Zucker Bittgänge unternehmen und jede Einfuhr lebensnotwendiger Artikel mit Kompensationsverträgen erkaufen müssen, so wären die Wasserkräfte nicht in so raschem Tempo ausgebaut worden und wir hätten es auch unterlassen, Bodenprodukte und Fertigware im Inlande zu erzeugen, die in der Nachbarschaft in so reichem Masse vorhanden sind." (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Das sagt ein Österreicher in seiner trockenen Art und heute können wir erwägen, welch ungeheueren Schaden diese schlechte Orientierung unsererseits damals verursacht hat. Wir suchen zwar das Gebiet zurückzuerobern, wir wissen, als Exportstaat brauchen wir die Abnahme unserer Waren, aber wir finden taube Ohren, taube Ohren in Österreich, wir finden, daß wir in Ungarn, wo die Industrie aufgezogen und aufgepäppelt wird, auch einen schwierigen Stand haben. Wir begegnen überall den großen Konkurrenzen. In Frankreich entwickelt sich die Textilindustrie ungeheuer, während wir in dieser Industrie schon wieder langsam einer Krise zugehen. Deutschland hat im Jahre 1926 nach Frankreich 6827 Zentner Garne ausgeführt, im Jahre 1927 149.358 Zentner, hat sich also dort ein ungeheueres Absatzgebiet erobert. An Geweben wurden im Jahre 1926 von Frankreich nach Deutschland 11.785 Zentner ausgeführt, im Jahre 1927 29.166. Zentner, also eine ungeheuere Entwicklung, ein ungeheuerer Absatz, den diese Industrie dort gefunden hat. Nun kommt bei uns eine andere Frage, die sogenannte Zuckerfrage. England hat den Zoll für Rohware herabgesetzt, es ist das nicht ein Spezialfall, sondern ein System der Hoch schutzzollpolitik Europas. Die "Lidové Noviny" sagen: "Wir kämpfen heute auf allen Fronten um die wirtschaftliche Existenz. Es ist ja ganz klar, neben Polen und Spanien hat die Èechoslovakei die höchsten Zollsätze. Die Èechoslovakei kann als ausgesprochener Exportstaat auf die Dauer nur eine Handelspolitik verfolgen, welche ihre Hauptaufgabe in der möglichsten Förderung der Freiheit des internationalen Handels erblickt." Wie steht es nun mit dem Zucker? wie soll diese Frage gelöst werden? Wir haben uns erlaubt, einen Antrag einzubringen, welcher das Problem in seiner vollen Größe aufrollt und versucht einen Weg zu finden, um diese Industrie zu erhalten.

Die Regierung findet einen viel einfacheren Weg. Wir haben heute eine Vorlage auf dem Tisch des Hauses gefunden, ein Ermächtigungsgesetz, durch das die Rückstellung der Umsatz-, Luxus- und Transportsteuer an Exportindustrien bewilligt werden soll. Meine Herren, das ist Dumping, das ist eine nackte Exportprämie, die da für die Zuckerindustrie geschaffen werden soll. Es ist eine Umgehung der seinerzeitigen Brüsseler Konvention, welche ausdrücklich die Gewährung von Exportprämien beim Verkehr mit Zucker verboten hat. Glauben Sie, daß die anderen Staaten, die das angeht, das ruhig hinnehmen werden, daß sie nicht mit Gegenmaßregeln gegen uns kommen werden, daß sie nicht unseren Handel und Export an den empfindlichsten Stellen treffen werden? Es ist ja ganz klar, eine solche Handelspolitik führt und muß dazu führen, daß Gegenmaßnahmen getroffen werden. Wir haben im Vorjahre die Weltwirtschaftskonferenz in Genf gehabt. Von uns war eine Delegation dort, unsere Delegation hat für die Resolutionen gestimmt. Sie war einverstanden damit, daß internationale Maßnahmen getroffen werden, um den Warenverkehr zu erleichtern, um den übergroßen Protektionismus der Nachfolgestaaten, der auch im übrigen Europa üblich ist, zu brechen. Vor wenigen Tagen war eine Kommission dieser Weltwirtschaftskonferenz beisammen, es ist schon ein größerer Körper gewesen, es waren ca. 60 Leute, prominente Persönlichkeiten aus der Industrie, der Landwirtschaft und dem Handel und die haben sich dort wieder mit dem Problem beschäftigt. Die Schweiz hat dort einen Vorschlag gemacht, der sympathische Aufnahme gefunden hat. Es sollen die Produktionsgruppen abgegrenzt werden, u. zw. durch einen internationalen einheitlichen Zolltarif. Das ist ein Weg, der uns aus den Schwierigkeiten herausführen könnte, das ist ein Weg, der die Möglichkeit gäbe, daß unsere Handelsbeziehungen erweitert und erleichtert werden, daß überhaupt im Warenverkehr Erleichterungen eintreten. Die Schweiz schlägt vor, es sollen Gruppen geschaffen werden und der Abbau der Zölle für diese Gruppen soll sich sukzessive vollziehen. Sie sagt: "Erstens ein Tarif für den Verkehr mit lebenden Tieren in ganz Europa; die zweite Gruppe soll die tierischen Nahrungsmittel umfassen, die dritte Gruppe Fische, Krustentiere und Mollusken, die vierte Gruppe Milch, Eier und Honig, die fünfte eßbare Fette tierischen Ursprungs." Auf diesem Wege glaubt man in der Schweiz so weit zu kommen, daß die heute bestehenden Schwierigkeiten beseitigt werden. Aber als Antwort kommt bei uns sofort das Echo: Vorige Woche in der Schweiz diese Einigung, die von allen als ein Fortschritt aufgenommen wurde, bei uns am Sonntag eine Verordnung, durch welche die Schweinezölle um 12 Kronen erhöht werden. Das ist die Antwort, die wir darauf geben, wenn wir eine internationale Regelung der Schwierigkeiten im Handelsverkehr wollen. Schauen wir aber einmal auch in unsere Industrie, ob nicht auch sie unter denselben Schwierigkeiten leidet. Die Textilindustrie zahlt nach einer Berechnung, die ein Nationalökonom gemacht hat, in der Èechoslovakei bei 48stündiger Arbeitszeit Löhne von 24 bis 25 Schillingen, in Italien 27, in Frankreich 28, in Deutschland 40, in der Schweiz 42, in Holland 50 Schillinge. Es gibt also Länder, wo für die 48stündige Arbeitszeit mehr als das Doppelte an Lohn bezahlt wird. Wenn wir dann draußen in der Welt hören, die Èechoslovakei exportiere nicht Waren, sondern Löhne, so steckt darin ein großes Stück positiver Wahrheit. Ja wir können nur exportieren und sind nur exportfähig infolge der niedrigen Löhne, weil unsere Industrie nicht auf der Höhe steht. Bei der Zuckerindustrie wird die Kalkulation nicht so gemacht, daß ein hervorragend technisch eingerichteter Betrieb bestimmend für den Preis ist, sondern die letzte am elendsten eingerichtete Fabrik dient als Kalkulationsgrundlage. Auf dieser Grundlage werden die Gestehungskosten errechnet und nach diesen Gestehungskosten werden dann die Preise festgesetzt. Ob wir da in der Welt mitkommen können, ist eine andere Frage, und gerade die jetzige Zeit zwingt uns dazu, wo die Zuckerfrage eine eminent wichtige Frage geworden ist, ihr eine viel größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Da wäre es schon der Mühe wert, daß sich auch die Regierung einmal mit dieser Frage beschäftige, nicht so soll sie gelöst werden, daß man der Zuckerindustrie Unterstützungen aus Steuergeldern, daß man ihr Staatsgelder bewilligt, man müßte vielmehr einen Weg finden, um die Zuckerindustrie auf ihrer heutigen Höhe zu erhalten und sie zu befähigen, ihre Erzeugung auf der jetzigen Höhe zu halten.

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP