Úterý 10. èervence 1928

Meine sehr Verehrten! Ich habe in gedrängter Kürze die Forderungen der deutschen Landwirtschaft und der Landwirtschaft überhaupt dieses Staatsgebietes in Bezug auf die Einführung eines erhöhten Viehzolles und Flachszolles hier vorgetragen. Ich habe meine Pflicht erfüllt und nun liegt es an der Regierung, jene Maßnahmen zu ergreifen, welche die Existenz der Landwirtschaft dieses Staatsgebietes sichern. (Potlesk.)

4. Øeè posl. dr Rosche (viz str. 22 tìsnopisccké zprávy):

Meine Damen und Herren! Schicken wir es gleich voraus. Ich bin auf die Tribüne gegangen, um vom politischen Leben Abschied zu nehmen und mein Mandat niederzulegen. Ich habe seinerzeit erklärt, eine historische Entwicklung der Sache geben zu wollen. Dieser gegebenen Zusage komme ich heute nach. Sie würden sich alle in einem Irrtum befinden, wenn Sie meinen, ich wolle heute als Ankläger oder als Angeklagter hier stehen. Keines von beiden! In objektiver Darstellung will ich die Sachlage schildern, wie sie liegt. Ich habe als Politiker damit gerechnet, daß es vorkommen kann, daß es heute heißt: "Hosianna" und morgen: "Kreuziget ihn". Damit muß ein Politiker rechnen und weil ich damit rechnete, konnte mich auf der einen Seite weder das Lob für irgendetwas, das ich in der Politik tat, irreführen, noch ein Tadel auf der anderen Seite niederdrücken. In die Politik kam ich nicht freiwillig. Man kam zu mir und holte mich und leider entschloß ich mich dazu. Wie ich aber den Entschluß faßte, da war es für mich klar, daß die Bestimmung des Politikers ungemein ernst, groß und wichtig ist, daß die Stimme der Zeit uns zuruft: Vorwärts, nicht zurück, und auf der anderen Seite, daß politischer Grundsatz auch sein muß, daß wir die Verbindung der Wahrheiten untereinander einsehen und verstehen, dann wird in vielen Fällen unser Urteil ein ganz anderes sein. Nicht Egoismus, nicht Sonderinteressen, nicht blinder Idealismus, nicht Utopie, nicht Nervenüberreiztheit und wie diese Sachen alle heißen mögen, waren für mich die Triebfeder nicht der Wunsch, vielleicht Minister zu werden, allein die Liebe zu meinem Volke stellte mich auf den Posten und dem versprach ich, mein Bestes zu geben. Wenn ich heute vor Ihnen stehe und aus dem politischen Leben scheide, dann müssen Sie mir gestatten, daß ich eine kurze Rekapitulation halte, sie paßt sehr gut, die èechische Seite betreffend, die deutschen Regierungsparteien betreffend und auch meine Partei betreffend, wenn Sie wollen, die Opposition betreffend. Nehmen wir die èechische Seite zuerst. Ich will es kurz fassen und erinnere daran, daß Sie vor 10 Jahren, begünstigt vom Schicksal, zu Ihrem Staat kamen in einem Ausmaß, das ganz bestimmt die Erwartungen in früheren Jahren überstieg. Wir wollen da alles andere weglassen, nur das Problem erörtern, wie Sie den Staat auffaßten und wie Sie den Staat leiteten und wie Ihre Stellung zu den sogenannten Minderheitsvölkern war.

Sie stellten sich auf den Standpunkt des reinen Nationalstaates, während in Wirklichkeit Ihr Staat ein Nationalitätenstaat ist, und wenn Sie es noch so sehr bestreiten. Die Frage für mich als deutschen Politiker ist die: War es Liebe, die 3 1/2 Millionen Deutscher in Ihren Staat brachte oder brauchten Sie die 3 1/2 Mill. Deutschen? Da verweise ich nur ganz kurz auf Ihre Darlegungen anläßlich der Friedensverhandlungen, wo Sie ausdrücklich dokumentiert haben, daß Sie die 3 1/2 Mill. - Deutschen brauchen. Ihre Staatenbildung war nicht nur aufgebaut auf der nationalen Grundlage, sondern auch auf wirtschaftlichen, geopolitischen und auch historischen Grundlagen. Wenn Sie die 312 Mill. Deutschen brauchten und wenn Sie Ihren Staat fortführen mußten mit ihrer Hilfe, ihren Mitteln, dann wäre es eigentlich logisch gewesen, daß Sie die Behandlung, die Sie zusagten, auch eingehalten hätten. Sie sagten zu, daß die Deutschen in Böhmen dieselben Rechte haben werden wie die Èechoslovaken, die deutsche Sprache würde zweite Landessprache werden und man würde sich nie einer vexatorischen Maßnahme gegen die deutschen Bevölkerungsteile bedienen, das Regime würde ein ähnliches sein wie in der Schweiz. Begründet haben Sie es damit, daß Sie aus der Unterdrückung im alten Österreich gelernt hätten, nicht denselben Fehler zu begehen.

Da muß ich Ihnen sagen: Sie schufen andere Verhältnisse, Sie nahmen den Weg der Gewalt, den Weg der Unterdrückung, Maßregeln, zu denen Sie nach moralischem und menschlichem Rechte nie berufen und berechtigt waren. Nur ganz kurz: stellen Sie sich Ihre Maßnahmen vor in sprachenrechtlicher Beziehung, das Sprachengesetz und die Sprachenverordnungen, nehmen Sie die Kapitel des Schulwesens, der Beamten, der Enteignung der Eisenbahnen, der Bodenreform, der Kriegsanleihe. Ich greife nur heraus. Das waren Maßnahmen, die nur geeignet sein sollten, den deutschen Besitzstand zu enteignen. Nun fragt es sich, ob Sie damit wirklich Gutes taten, ob Sie das rechtfertigen konnten, ob Sie dieses Verhalten auf die Dauer auch fortsetzen konnten.

Und warum konnten Sie das ganze System machen? Weil Ihnen ein Apparat in der Form der Regierung zur Verfügung stand, in dem sich Ihre sämtlichen Parteien in der Form der allnationalen Koalition vereinigten. Wie war es möglich, daß eine Koalition, von den Nationaldemokraten angefangen bis zu den èechischen Sozialdemokraten acht Jahre bestehen konnte? Das hat Dr Kramáø am besten erklärt, indem er sagte: "Die allnationale Koalition war ein Meisterwerk, aufgebaut auf dem reifen Nationalismus". In dieser Beziehung erkläre ich Ihnen als Deutscher mit allem Grund und aller Offenheit: Vor Ihrem Nationalismus habe ich den allergrößten Respekt und ich wünschte mir, daß mein Volk nur mit 50% dieses Nationalismus beseelt wäre. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.) Ich habe in der Revolutionszeit alle Ihre Maßnahmen verstanden und psychologisch begreifen können. Ich habe es aber in der weiter en Zeit nie begreifen können, wie Sie Ihr System fortsetzen konnten. Ihr System, daß Sie innenpolitisch anwandten, daß Sie aber auch außenpolitisch gegen das gesamte Deutschtum anwandten. Die Außenpolitik ist Wege gegangen, die das gesamte Deutschtum treffen sollten. Ich erkläre Ihnen heute Folgendes: Sie mögen darüber denken wie Sie wollen, Sie kommen um eines nicht herum, daß Sie bei jeder Gestaltung Mitteleuropas, mag sie heißen wie immer sie will, nie über Deutschland hinwegkommen, daß Sie nie den Anschluß Österreichs an Deutschland verhindern werden. Der Anschluß Österreichs an Deutschland ist bei der Bevölkerung geistig bereits vollzogen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

Wenn ich nun Ihre Außen- und Innenpolitik bei kritischer Beleuchtung ansehe dann müssen Sie zugeben, daß sich bei Ihnen große Kalkulationsfehler eingeschlichen haben. Diese Kalkulationsfehler lagen einmal darin, daß Sie mit anderen Verhältnissen in Rußland rechneten und bezüglich Deutschlands auf lange Zeit andere Verhältnisse erwarteten. Da sagt Dr Kramáø psychologisch vollkommen richtig: "Wir haben auf einen riesig lange andauernden Antagonismus zwischen den Siegern und dem besiegten Deutschland gerechnet und damit war unsere Politik gegeben. Aber nicht immer ist in der Politik 2x2=4, vorbei ist es mit den Phantasien, daß wir ein wichtiger, sogar bewegender Faktor der europäischen Politik sind, Rußland ist unsere slavische Katastrophe".

Warum spreche ich von dem Kalkulationsfehler? Weil derselbe Fehler in anderer Beziehung sich auch auf deutscher Seite zeigt. Ich will das ganze Kapitel nicht weiter berühren, es ist politisch zu bekannt und ich möchte nun neben Ihre Politik die Politik der Sudetendeutschen stellen. Nur eines möchte ich noch sagen: Vor dem Kriege waren Sie gute Politiker, während des Krieges waren Sie noch bessere Politiker, nach dem Kriege wurden Sie schlechte Politiker, weil Sie sich die Verhältnisse, die Sie im alten Österreich bekämpften, hier im eigenen Hause schufen. (Souhlas poslancù nìm. strany nár. socialistické. - Posl. Moudrý: Das ist nicht wahr!) Bitte, Herr Kollege, wenn das nicht wahr ist, trete ich dafür den Gegenbeweis an. Das Rad der Geschichte ist in den Jahrtausenden nie still gestanden. Nehmen Sie theoretisch an, es würde sich auch Ihre Lage einmal ändern und Herren von Böhmen wären andere, und die würden Gleiches mit Gleichem vergelten, Herr Kollege, und würden Ihre Maßnahmen anwenden, dann würden Sie sehen, wie schlechte Politiker Sie nach dem Kriege gewesen sind!

Wenn ich nun zur sudetendeutschen Politik übergehe, müssen wir das eine konstatieren, daß auch in der sudetendeutschen Politik Kalkulationsfehler vorgekommen sind. Ich komme auf diesen Kalkulationsfehler gleich zu sprechen: Der größte Kalkulationsfehler lag darin, daß die sudetendeutsche Seite auch nicht damit rechnete, daß der Staat jahrelang bestehen werde, auf diesen Kalkulationsfehler baute man zum Teil eine Politik auf, die natürlich nicht den Bedingugungen entsprach, wie sie gegeben waren. Nun behaupte ich, daß nach einer bestimmten Zeit der Erkenntnis der politischen Konstellationen der Staaten auf sudetendeutscher Seite eine andere Politik eintreten mußte. Und dabei möchte ich folgende Frage aufwerfen: Ist es auf sudetendeutscher Seite gestattet, die nationalen Beziehungen, die nationale Zusammengehörigkeit mit dem deutschen Muttervolk zu haben, sich eins zu fühlen? Diese Frage beantwortet Dr Kramáø wieder, indem er sagt: "Wir müssen den Nationalismus auch bei andern anerkennen". Soweit sind Sie in der Erkenntnis vorgedrungen. Dürfen aber Sudetendeutsche bei Ihnen von dem Begriff des Selbstbestimmungsrechtes sprechen oder nicht und ich behaupte, jawohl - ohne bei Ihnen den Eindruck von Irredentisten zu machen? In Ihrer Verfassung, in der Proklamation sprechen Sie selbst vom Selbstbestimmungsrechte, Sie bauen die Verfassung auf auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Was Sie selbst für sich in Anspruch nehmen, können Sie den andern nicht wehren, besonders nicht dann, wenn Sie sehen, daß sich 3 1/2 Millionen Deutsche vom revolutionären auf den evolutionären Standpunkt gestellt haben, das heißt nicht Krieg, sondern friedliche Lösung. Von diesem Standpunkt aus also einmal aufgeräumt damit, daß der Irredentist sein muß, der vom Selbstbestimmungsrecht spricht. (Posl. Moudrý: Ist das Ihr Standpunkt oder der Standpunkt Ihres Klubs?) Herr Kollege, wenn Sie sich schon verpflichtet fühlen, mich zu unterbrechen, dann will ich Ihnen etwas sagen: Ich sprach auf der Reichsparteisitzung am 15. Juni von Selbstbestimmungsrecht und diese Stelle wurde konfisziert. (Posl. Moudrý: Man konfisziert auch unsere Zeitungen!)

Meine Herren, wenn ich mir überlegt habe, was Ihren ganzen Gewaltmaßnahmen während der ganzen Zeit, die Sie sie anwendeten, sudetendeutscherseits entgegenstand, muß ich erklären, daß das wohl das traurigste Kapitel ist, das man berühren kann. Wohl standen sudetendeutscherseits alle in Opposition zu Ihnen, aber diese Opposition, sie hatte nicht das geschlossene Gefüge, diese Opposition von 3 1/2 Millionen Deutschen stellte Ihnen nicht etwas entgegen, was Sie oder den Staat zu jener Zeit aus den Fugen gerissen hätte, denn diese 3 1/2 Millionen Deutschen, die sind nicht revolutionär, die können nicht hassen, denn wenn sie hassen könnten, dann hätten sie Ihnen die ganze Bude zerwichst! Und trotzdem Sie das gewußt haben, trotzdem und nur aus diesem Grunde konnten Sie Ihre Maßnahmen treffen. Die Sudetendeutschen boten ein Bild der Zerfahrenheit, die unserer Lage keinesfalls entsprach. Denn ein Volk, das von Maßnahmen betroffen wurde, wie Sie sich sie leisteten, das mußte ein ganz fester Körper sein, das durfte nicht in einem Maße zerspalten und zerklüftet sein, wie es tatsächlich der Fall war. Der Tatsache mußten wir Rechnung tragen. Aber einerseits machten die deutschen Sozialdemokraten nicht in dem Maße mit, wie es sich gebührte und andererseits kamen immer mehr zum Vorschein verschiedene Erscheinungen und die Voranstellung gewisser Fragen. Und da möchte ich vorausschicken: Als Politiker habe ich mich nicht auf den Standpunkt gestellt, daß es richtig ist, einseitig nationalpolitische Belange zu verfolgen, ich habe mich auch nicht auf den Standpunkt gestellt, daß es richtig ist, einseitig wirtschaftliche Belange zu verfolgen, sondern ich habe mich auf den Standpunkt gestellt, daß nationalpolitische, kulturelle, wirtschaftliche und auch soziale Dinge wie ein Räderwerk zusammenhängen und von einander abhängig sind, genau so wie ich auf dem Standpunkt stehe, daß die Wirtschaft selbst immer wie ein Räderwerk ineinandergreift. Bleibt ein Rad stehen, so bleibt das ganze Werk stehen. Und aus diesem Grunde kam es bei den verschiedenen falschen Auffassungen, daß Standesinteressen voran gingen reinen Volksinteressen. Dazu möchte ich folgendes sagen: Gegen die ständische Bewegung ist absolut nichts einzuwenden unter der Voraussetzung, daß sie die Unterordnung unter den höheren Begriff in Form einer Volksorganisation oder Volksgemeinschaft kennt und unter der Bedingung, daß die Stände ihr Heil nicht im gegenseitigen Kampf erblicken, sondern im gegenseitigen Verstehen, weil sie dann in diesem Moment Raum und Platz bringen für kulturpolitische, nationalpolitische Forderungen. (Souhlas poslancù nìm. strany nár. socialistické.) Das Parteiwesen, wie es auf deutscher Seite bestand, bot nicht die Möglichkeit für jenen engen Zusammenschluß, und so sahen wir, daß das Gebilde des parlamentarischen Verbandes zerfiel, daß weitere Versuche zur Änderung scheiterten; denn auf deutscher Seite hatte man zur Zeit Ihres Revolutionskonventes nichts hineinzureden, zu einer Zeit, wo alle in Opposition standen. Heute behauptet man, daß eigentlich die Lage auch nicht anders geworden sei. Und aus dem Bilde der vollständigen Zerrissenheit heraus unternahm Koll. Knirsch und meine Wenigkeit den Versuch neuerlicher Verständigung. Ich will es abkürzen, meine Herren. Das Bild der Zerrissenheit hatten wir, das Bild der Verständigung und der Vernunft sollte an seine Stelle treten. Ale behaupten, sie wollen die Verständigung und niemals noch ist sie tatächlich zustande gekommen. Ich erkläre Ihnen, daß die Auffassung über die Verständigung, wie sie vorliegt, falsch ist. Die Verständigung, wie wir sie brauchen, ist die Verständigung, die nicht auf den Lippen sitzt, sondern ist die, die auf der linken Seite der Brust sitzen muß. (Potlesk na levici.) Ich wollte mit Kollegen Knirsch eine Verständigung herbeiführen, die aufgebaut war auf vollständigem Vertrauen, aufgebaut sein sollte für jede politische Situation, aufgebaut sein sollte auf der Reife für einen Ausgleich von Volk zu Volk. Um diesen Begriff war es mir ernst und für diesen Begriff brauchte ich die Verständigung auf deutscher Seite, und für diesen Begriff brauchte ich auch Verständnis bei Ihnen. Denn die Devise lautet: "Ausgleich von Volk zu Volk". Und wenn die Verständigung zustandegekommen wäre auf deutscher Seite, dann wäre an Sie die Frage gerichtet worden: Meine Herren, wollen Sie sich ernstlich mit uns verständigen und ausgleichen? Und wäre diese Frage mit "Nein" beantwortet worden, dann hätte diese Verständigung uns Deutsche zu jeder Kampfgemeinschaft zusammenführen müssen, die wir auch in diesem Falle gegen Sie brauchen. Nun ist die Meinung verschieden. Der Verständigungsgedanke, wie er gepflogen wurde, kam nicht vom Fleck, weil die Auffassung auf jeder Seite eine verschiedene war, indem die einen sagten, eine Verständigung unter den Sudetendeutschen kann nur zuwege kommen, wenn alle in der Opposition sind oder sie kann nur zuwege kommen, wenn alle in der Regierung sind, während ich auf dem Standpunkte stand, daß gerade die Situation, wo ein Teil in der Regierung, der andere außerhalb der Regierung steht, der geeignetste Moment dazu ist, aus dem einfachen Grunde, weil in der Opposition sowieso alle dasselbe tun, die Hände in die Höhe heben gegen das Gesetz, während der Zustand, in dem wir uns befinden, die Verständigung dringendst notwendig braucht. Warum? Es traten seinerzeit auf Grund anderer Auffassungen die Deutschen in die Regierung zu Ihnen ein und man hat behauptet, daß die deutschen Regierungsparteien eben auch nicht weiter kommen, beziehungsweise, daß die deutschen Regierungsparteien ein System mitmachen, das zum weiteren Schaden der Bevölkerung ist. Ich erkläre Ihnen hier, daß ich absolut nicht die Absicht habe, mich zum Verteidiger der deutschen Regierungsparteien aufzuspielen, eines aber erkläre ich und gestehe es frei und offen ein: Den Eintritt der deutschen Regierungsparteien habe ich für richtig gehalten. Über den Zeitpunkt, daß sie vorzeitig eintraten, über den Modus, daß sie bedingungslos eintraten, läßt sich streiten. Und da erkläre ich Ihnen, daß hier vielleicht auf deutscher Regierungsseite den Verhältnissen bei Ihnen vorgegriffen wurde. Hätte man auf deutscher Regierungsseite die Zeit erwarten können, dann wäre es zwangsläufig dazugekommen, daß Sie an die Deutschen herangetreten wären, dann wäre aber auch zwangsläufig die Stunde gekommen, wo die deutschen Regierungsparteien an Sie für den Eintritt hätten Forderungen stellen können. Und ich sage den deutschen Regierungsparteien Folgendes nach, worin ich mit ihnen nicht übereinstimme: Sie sind bedingungslos in die Regierung eingetreten, sie haben ihre Machtstellung, die sie in der Regierung haben, zum Wohle des deutschen Volkes nicht erkannt und sie haben auch den großen Fehler begangen, daß sie den Zeitpunkt, wie lange sie in der Regierung bleiben, daß sie den Modus, was sie mitmachen können, nicht abgeschätzt haben, sondern bis jetzt restlos alles mitgemacht haben. (Potlesk na levici.) Und ich erkläre, daß die deutschen Regierungsparteien große Verantwortungen auf sich genommen haben: die Gesetze, die die jetzige Koalition durchgeführt hat, sind in ihrer Schwere und Tragweite für das deutsche Volk von entscheidender Bedeutung und ich glaube, daß sich die Regierung, die in eineinhalb Jahren zu einer Steuerreform, zu einem Gemeindefinanzgesetz, einer Verwaltungsreform, Sozialversicherung, wie sie jetzt kommen soll, Budgets in allnationaler Auffassung, Militärvorlagen, daß sich diese Regierung unter allen Umständen dadurch vielleicht die Lebensdauer selbst abgeschnitten hat. (Výkøiky na levici.) Sie werden das eine verstehen, daß Sie eigentlich den Herren auf sozialdemokratischer Seite ein Propagandamittel in die Hand gegeben haben, das sie unter keinen Umständen bekommen hätten und ich habe dem Herrn Dr Meissner einmal gesagt, es brauchten die Sozialdemokraten auf èechischer und deutscher Seite überhaupt nichts unternehmen, die Maßnahmen der Regierung sind dazu angetan, die Sache von selbst zu sprengen.

Nun werden Sie mich fragen: Wenn Du so sprichst, was predigst Du dann die Verständigung? Deine Sprache ist der Ausdruck der Unzufriedenheit mit den deutschen Regierungsparteien. Jawohl, das stimmt. Aber ich muß auch auf der anderen Seite erklären, daß die deutschen Regierungsparteien oft den Ruf haben ergehen lassen: Helft uns, verstärkt unsere Reihen, unterstützt uns, und es ist abgelehnt worden. Aus dem Gedanken heraus, besser zu machen, mußte der Gedanke der Verständigung auch zwangsläufig kommen. Wenn die deutschen Regierungsparteien den Begriff der Opposition erfaßt hätten, so wären sie ganz von selbst darauf gekommen, daß sie zur Verbesserung, zur Durchführung ihrer Forderungen einen Sukkurs und Unterstützung brauchen. Ich habe darüber gestaunt, daß die deutschen Regierungsparteien eigentlich in dieser Beziehung die Opposition sowohl der Nationalpartei als auch der Nationalsozialisten nicht mit verantwortlich gemacht haben und auf der anderen Seite erkläre ich, daß auch die Opposition, soweit sie bürgerlich ist, den Zweck und das Wesen der richtigen Opposition in dem Falle nicht richtig verstanden hat. Denn ich habe neben dem rein nationalpolitischen Problem auch das agrarpolitische, das sozialpolitische Problem und alle anderen zu beobachten, weil letzten Endes ja schließlich eines das andere erschlagen kann. Das Motiv war also gegeben, das zum Zwecke der Verständigung notwendig war. Ich möchte jetzt gleich darauf übergehen, wie man das Wesen der Verständigung auf deutscher Seite dachte und möchte da folgendes sagen: Die Verständigung auf deutscher Seite wurde von allen Mitgliedern der namhaftesten Parteien aufgenommen und begrüßt. Kollege Knirsch und ich erklärten im Ausschuß damals, daß wir bereit sind, aktiv und positiv mitzuarbeiten unter anderen Bedingungen als die deutschen Regierungsparteien und knüpften daran den Begriff der Verständigung; und der Begriff der Verständigung fand im Volke eine Aufnahme, die dem Geiste des Volkes tatsächlich entsprach. Da geschah leider auf der anderen Seite etwas, was nicht kommen durfte. Auf den Begriff der Verständigung erfolgte im Hause die Rede Windirsch über die Landesregierung, darauf folgte die Ohrfeige Schollichs und dann folgte die gurgelnde Jauche. (Veselost a výkøiky.) Nun werden Sie sich vorstellen, daß ein Mensch, der den Verständigungsgedanken mit Ernst und Willen aufnahm, diese Zustänstände nicht tragbar finden konnte. Da möchte ich noch folgendes vorausschicken: Als ich seinerzeit im Ausschuß über die Verständigung sprach, kam ein Fehler seitens der Journalisten vor, indem sie behaupteten, Dr Rosche hätte das lediglich für seine Person ausgesagt, während ich in Wirklichkeit erklärte: Ich erkläre für mich, in meinem Namen und im Namen der Partei, daß wir bereit sind, aktiv und positiv mitzuarbeiten, aber unter anderen Bedingungen als die deutschen Regierungsparteien. Die Protokolle, die damals über den Budgetausschuß aufgenommen wurden, legte ich der Partei vor und die Partei mußte die Protokolle genehmigen, es kam die Berichtigung in der Zeitung, daß hinter meinen Ausführungen meine Partei geschlossen steht. Damals geschah das Merkwürdige, daß ich im Klub um die Vollmacht ersuchte, mit den anderen Parteien verhandeln zu können. Diese Vollmacht wurde mir aus ganz unerklärlichen Gründen verweigert. Als sich damals im Hause diese Szenen abspielten, glaubte ich den Augenblick gekommen zu sehen, daß ich im Klub erklärte: Meine Herren, ich bin in der Lage, den Gedanken zu verfolgen, wie Sie ihn haben, die Stellung, die Sie beziehen, gutzuheißen; wer die Verständigung will, kann auf keinen Fall diese Zustände dulden, wie wir sie jetzt haben. Damals war in der Partei die Stelle des Klubobmanns seit Monaten unbesetzt. Man hatte mir die Vollmacht nicht gegeben und in diesem Moment setzte ich die Partei vor die Alternative: Entweder macht mich die Partei zum Klubobmann, oder sie stellt mich parteilos, oder ich stelle mich selbst außerhalb des Rahmens der Partei. Warum habe ich das getan? Weil ich die Partei auf die Probe stellen mußte, ob sie geschlossen hinter dem Verständigungsgedanken steht. Damals hat die Partei der Klubobmannschaft zugestimmt, aber ich mußte es erleben, daß die Partei hinausging und unter den Parteigenossen für den Verständigungsgedanken keineswegs in dem Sinne wirkte, wie ich ihn verfocht, so daß ich mich am 15. Jänner in der Reichsparteileitungssitzung über meine Auffassung zu verantworten hatte und daß entgegen den Ansichten der Parlamentarier die Vertrauensleute geschlossen mir recht gaben und forderten, daß die Parlamentarier die Aktion, wie sie bezeichnet wurde, mit allen Kräften und Mitteln zu unterstützen haben. Wenn ich das erwähne, so geschieht es aus dem einfachen Grunde, weil damals die Situation gegeben war, daß über Wunsch der Vertrauensleute die Aktion fortgesetzt werde. Denn die Aktion versprach Fortschritte zu machen, nachdem von sämtlichen Parteien die entsprechenden Erklärungen abgegeben waren, im Sinne der Verständigung zu wirken. Ich verweise in dieser Beziehung auf die Rede des Sen. Ledebur im Senate, ich verweise auf die Rede des Sen. Jesser, ich verweise auf die Rede des Abg. Ing. Jung in Troppau, auf die Erklärungen des Sen. Tschapek und ich verweise letztenends auf den Aufruf der Fünfzig, der am 18. Dezember in der Zeitung erschien und der nichts anderes bezweckte als allen Ernstes die Parlamentarier aller deutschen Parteien für den Verständigungsgedanken zu gewinnen und sie zu ersuchen, endlich den unsachlichen persönlichen Kampf, wie er in der Politik geführt wird, beiseite zu lassen. Es mag der Außenwelt ganz komisch erscheinen, daß die politischen Verhältnisse unter den Parlamentariern derartige sind, die Begegnungen nicht zulassen, weil die einzelnen Parlamentarier auf einen rein persönlichen Kampf eingestellt sind. Ich aber vertrete die Ansicht, daß mit einer rein persönlichen Kampfmethode keine sachliche Politik zu Gunsten des Volkes gemacht werden kann. Deshalb erklärte ich, daß für eine Verständigung in erster Linie eine Begegnung auf anständige Art notwendig sei, Achtung vor Menschentum und Menschenwürde. (Potlesk.) Hie Verständigungsgedanke; auf der anderen Seite aber kam bereits am 21. Dezember die Meldung, daß die Bemühungen um Herbeiführung eines Vertrauensverhältnisses zwischen den deutschen Regierungsparteien und der deutschen Opposition als gescheitert betrachtet werden. Da kam über den Weg der "Passauer Donauzeitung" ein Artikel, der zum Kampf gegen die deutschen Regierungsparteien aufrief, eine Verständigung sei unmöglich und, wie es in diesem Artikel hieß: "Kampf gegen die Personen, die das System stützen". Der Pfeil kam von rückwärts, der Verfasser des Artikels ist bekannt. Und nun kommt das tragische an der ganzen Sache, daß auf der einen Seite der Klubobmann mit dem Verständigungsgedanken stand, auf der anderen Seite aber die eigene Partei diesen Kampfartikel in die sudetendeutschen Blätter kolportierte. (Posl. Tichy: Wer ist der Verfasser?) Das ist jetzt Nebensache Herr Kollege! (Posl. L. Wenzel: Das ist Hauptsache!) Verfasser dieses Artikels ist angeblich ein Herr Naschér, der Diktator oder der Diktierer ist Herr Dr Dembitzký gewesen. (Hört! Hört!)

Wenn heute also ein derartiger Standpunkt eingenommen werden kann, daß man auf der einen Seite zugibt, man wolle die Verständigung, auf der andern Seite aber in die Bevölkerung hinausposaunt wird: Keine Verständigung, Kampf! Und wenn diesen Artikel die eigene Partei verbreitet, dann kann es meiner Ansicht nach keine Übereinstimmung in den Ansichten gegeben haben. (Sehr richtig!) Die Verständigung wurde vom Sen. Dr Brunar in Nikolsburg für so gut wie unmöglich gehalten, indem er die These aufstellte, daß ein innerpolitisches Ziel uns zu keiner Verständigungspolitik führen könne; und dem widerspreche ich, weil ich der Ansicht bin, innerpolitisches Ziel müßte die Selbstverwaltung sein, ein Ziel, das uns alle auf eine gemeinsame Plattform bringen kann. (Potlesk.) Der Begriff der Selbstbestimmung eilt der politischen Zukunft voran, während der Begriff der Selbstverwaltung mit dem Selbstbestimmungsrecht keinesfalls in Kollision ist, und das ist es, was die Bevölkerung dringend braucht, in dieser Hinsicht stehe ich ganz auf dem Standpunkt der deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei, und ich stehe auf dem Standpunkt, daß heute die deutsche Bevölkerung die Selbstverwaltung in kultureller und in politischer Beziehung unter allen Umständen verfechten muß. Wenn Dr Brunar den Artikel in Nikolsburg auch klarstellte, so war damit die Sache nicht aus der Welt geschafft. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)

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