Die Staatsanwaltschaft in Reichenberg hat die Nr. 7 der in Reichenberg
erscheinenden periodischen Druckschrift "Deutsche Volkswacht"
vom 11. Februar 1928 wegen der in der Interpellation angeführten
bezw. bezeichneten Stellen, nach § 14, Z. 1 2, 3, des Gesetzes
zum Schutze der Republik in der Anschauung beschlagnahmt, daß
die beanstandeten Stellen durch ihren Inhalt den Tatbestand des
Vergehens nach den erwähnten Gesetzesstellen begründen.
Diese Beschlagnahme wurde gerichtlich bestätigt und hiedurch
anerkannt, daß die Staatsanwaltschaft darin, daß sie
in dem Inhalte der beschlagnahmten Stellen die strafbaren Handlungen
nach den zit. gesetzlichen Bestimmungen erblickt hat richtig vorgegangen
ist. Es war Sache derjenigen, die. sich durch die Beschlagnahme
betroffen fühlten, durch Anwendung der Rechtsmittel gegen
diese gerichtliche Erkenntnis dessen Überprüfung zu
ermöglichen. Wenn die Herren Interpellanten behaupten, daß
die beanständeten Stellen in anderen Zeitschriften ohne Einwendung
durchgelassen wurden, so bemängeln sie hiedurch nur die Ungleichmäßigkeit
der Presseaufsicht bei den verschiedenen Pressebehörden.
Die Überprüfung des verschiedenen Vorgehens kann ohne
Angabe der Zeitschriften, in denen die Stellen durchgelassen worden
sind. nicht durchgeführt werden.
Es läßt sich daher nicht behaupten daß die Staatsanwaltschaft
bei ihrem Vorgehen mit der Beschlagnahme im gegebenen Falle ungesetzlich
gehandelt habe, und ich kann somit bei dem dargestellten Stande
der Dinge auf Grund des Gesetzes keine Verfügung treffen.
Prag, den 24. August 1928.
Die Staatsanwaltschaft in Troppau hat die Nr. 2 der in Troppau
erscheinenden periodischen Druckschrift "Volk und Gemeinde"
vom 1. März 1928 wegen der in der Interpellation wiedergegebenen
Stelle beschlagnahmt, in der sie den Tatbestand des Vergehens
nach § 14, Z. 1 des Gesetzes zum Schutze der Republik erblickt
hatte, und sie hat beim Landes- als Pressegericht in Troppau die
Bestätigung dieser Beschlagnahme beantragt. Das Gericht hat
mit dem Erkenntnisse vom 5. März 1928 diesem Antrage der
Staatsanwaltschaft entsprochen, sowie die Beschlagnahme bestätigt
und derart die Ansicht der Staatsanwaltschaft als richtig anerkannt.
Gegen das ordnungsmäßig zu gestellte Erkenntnis wurden
in der gesetzlichen Frist keine Rechtsmittel angewendet und es
hat da. her dieses Erkenntnis Rechtskraft erlangt, da eine gerichtliche
Entscheidung bloß im gerichtlichen Instanzenwege abgeändert
werden kann.
Ich besitze daher keine gesetzliche Grundlage für irgendeine
Verfügung.
Prag am 25. August 1928.
Die Staatsanwaltschaft in Troppau hat die Beschlagnahme der Nr.
18 der in Troppau erscheinenden periodischen Druckschrift "Neue
Zeit" vom 3. März 1928 unter anderem auch wegen der
in der Interpellation angeführten Stelle angeordnet, in deren
Inhalt sie den Tatbestand des § 16, Z. 1, des Gesetzes zum
Schutze der Republik erblickt hat.
Diese Beschlagnahme wurde vom Landesgerichte in Troppau bestätigt,
wodurch der Anschauung der Staatsanwaltschaft beigepflichtet wurde,
daß die beschlagnahmte Stelle durch ihren Inhalt den Tatbestand
der angeführten strafbaren Handlung begründet.
Wenn die Herren Interpelanten die Begründung dieses Erkenntnisses
kritisieren, kann man sich mit dieser Kritik hier nicht weiter
beschäftigen, da die berechtigten Personen die Möglichkeit
hatten, gegen dieses gerichtliche Erkenntnis die gesetzlichen
Rechtsmittel in Anwendung zu bringen. Dies ist jedoch nicht geschehen
und damit entfällt die Möglichkeit einer weiteren Überprüfung
und allfälligen Abänderung des gerichtlichen Erkenntnisses.
Ich habe daher bei dem gegebenen Stande der Angelegenheit keine
gesetzliche Grundlage zu irgendeiner Verfügung.
Prag, am 25 August 1928
Die Staatsanwaltschaft in Reichenberg hat die Nr. 12 der in Reichenberg
herausgegebenen periodischen Druckschrift "Der Bund"
vom 18. Juni 1928 wegen der beiden in der Interpellation wiedergegebenen
Stellen beschlagnahmt, worin sie den Tatbestand der Übertretung
nach § 1 des Gesetzes gegen die Nötigung erblickt hatte.
Durch das Erkenntnis des Kreis- als Pressegerichtes in Reichenberg
vom 18. Juni 1928 wurde die Beschlagnahme bestätigt, womit
anerkannt wurde, daß die Staatsanwaltschaft nach dem Gesetze
richtig vorgegangen ist. Gegen die Entscheidung des Gerichtes
wurden keine Einwendungen erhoben, deren Vorbringung die Überprüfung
der gerichtlichen Entscheidung durch Bewertung der Momente welche
die durch die Konfiskation Betroffenen angeführt hätten,
ermöglicht hätte.
Bei diesem Stande der Angelegenheit kann die Beschlagnahme nicht
als unbegründet erachtet werden und ich habe daher keine
gesetzliche Grundlage für irgendein Einschreiten.
Prag, am 28. August 1928.
Die Aufsicht über die Zeitschrift "Vorwärts"
wird von der Staatsanwaltschaft in Reichenberg, einer dem Justizministerium
unterstellten Behörde gehandhabt. Ich habe daher die Beantwortung
dieser Interpellation übernommen, deren Inhalt nicht den
H. Minister des Innern betrifft.
Die Nr. 90 der Zeitschrift "Vorwärts" vom 15. April
1928 wurde von der Staatsanwaltschaft in Reichenberg im ganzen
wegen 8 Stellen beschlagnahmt, in deren Inhalt die Tatbestände
des Verbrechens nach § 15/3 des Gesetzes zum Schutze der
Republik, der Vergehen nach den §§ 300 und 303 St. G.
und schließlich der Übertretung nach § 15/4 des
Gesetzes zum Schutze der Republik angenommen wurden. Die in der
Interpellation angeführte Stelle wurde nach § 300 St.
G. beschlagnahmt.
Das Gericht hat d e Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft
hinsichtlich aller Stellen bestätigt und damit zum Ausdrucke
gebracht, daß die Staatsanwaltschaft für ihr Vorgehen
gegen die Zeitschrift in dem Gesetze eine Grundlage hatte. Gegen
die Entscheidung des Gerichtes wurden Rechtsmittel nicht angewendet.
Wenn sich die Herren Interpellanten darauf berufen daß der
beschlagnahmte Artikel eine literarische Arbeit ist, kann diese
Einwendung nicht als Grund dafür anerkannt werden, weil auch
solche Arbeiten dem Gesetze unterstehen. Die Staatsanwaltschaft
in Reichenberg hat das öffentliche Interesse an der Beschlagnahme
mit Recht als gegeben erachtet, da es sich um eine sehr bedenkliche
Herabsetzung der Behörden und um eine Aufreizung gegen dieselben
handelt.
Bei dem gegebenen Stande der Angelegenheit besitze ich keine gesetzliche
Grundlage für irgendeine Verfügung.
Prag am 26. August 1928.
Gemäß Art. 11 des Gesetzes vom 14. Juli 1927, S. d.
G. u. V. Nr. 125, betreffend die Organisation der politischen
Verwaltung, fallen die von den politischen Behörden auferlegten
Gelds trafen, die verfallenen Kautionen und sonstigen Sicherstellungen
sowie der Erlös für die im Verwaltungsverfahren als
verfallen erklärten Gegenstände dem Staate zu. Die Herren
Interpellanten liegen die Befürchtung, daß, wenn auch
die im Gerichtsverfahren auferlegten Strafen - wie dies §
46 des Vorbereitungsentwurfes des Strafgesetzes über Verbrechen
und Vergehen beantragt - dem Staate zufallen sollten, die Armenfonds
der Gemeinde dadurch sehr geschwächt würden.
Hiezu ist vor allem anzuführen, daß sich die Interpellation
bloß auf das Gebiet außerhalb der Slovakei und Podkarpatská
Rus beziehen kann, weil in der Slovakei und Podkarpatská
Rus alle gerichtlich auferlegten Strafen nach Ges. - Art. XXVII.
1892 einem besonderen staatlichen Fonds, der vom Justizminister
verwaltet wird, nicht aber dem Gemeindearmenfonds zufallen. Das
Erträgnis aus diesen Geldstrafen und den durch die Gerichte
für verfallen erklärten Gegenständen wird im Sinne
des Gesetzes einem besonderen Zwecke gewidmet, nämlich dem
Baue von Strafen und Besserungsanstalten, sowie der Fürsorge
für entlassene Sträflinge. Jedoch fallen auch auf dem
übrigen Gebiete der Republik gemäß der Mehrzahl
der nach dem Umsturze herausgegebenen Gesetze die durch die Gerichte
auferlegten Strafen dem Staate zu.
Wenn der Vorentwurf des Strafgesetzes bestrebt ist den gesetzlichen
Stand der Slovakei zu rezipieren geschieht dies aus formellen
und sachlichen Gründen.
Die Evidenz von mehreren tausenden Armenfonds, denen nach dem
Orte der begangenen Tat die Geldstrafen zufallen und die Manipulation
mit der Versendung derselben belasten die Gerichtsagenda ganz
ungewöhnlich und tragen in keiner Weise zu deren Vereinfachung
bei welche ja doch ein bereits im § 2, Z. 2 des Gesetzes
vom 22 Dezember 1924, S. d. G. u. V. Nr. 286 betreffend die Sparmaßnahmen
in der öffentlichen Verwaltung, ausgesprochenes Grunderfordernis
ist. Wenn alle diese Geldstrafen dem Staate zufallen würden
würde die Manipulation und Evidenz dadurch bedeutend vereinfacht.
Wenn der Vorentwurf des Strafgesetzes den Gedanken verfolgt, diese
Geldbeträge zu den im § 46 des Entwurfes näher
bezeichneten Zwecken zu verwenden, wird dies hauptsächlich
dadurch motiviert weil das Gesetz nicht in den Verdacht kommen
will, als ob bei der Auferlegung von Strafen fiskale Zwecke verfolgt
werden würden. Das was durch die repressive Straftätigkeit
des Staates erzielt wurde, soll abermals zur präventiven
Tätigkeit auf demselben Gebiete der Staatsverwaltung verwendet
werden.
Die Befürchtungen der Herren Interpellanten daß durch
den Entzug der gerichtlichen Geldstrafen die Armenfonds stark
geschwächt würden, sind vielleicht übertrieben.
Nach den statistischen Ermittlungen (siehe das Öffentliche
Armenwesen in der Èsl. Republik im Jahre 1921 èechoslovakische
Statistik Band 19) sind von den Gesamteinnahmen der Armenfonds
auf die Geldstrafen (und zwar Geldstrafen überhaupt ohne
Unterschied, ob sie von den Gerichten, Verwaltungsbehörden
oder Gemeinden auferlegt worden sind) in Böhmen 14.6% in
Mähren 27.9%, in Schlesien 28.4% entfallen. Der größere
Teil entfällt hier gewiß auf die von den Verwaltungsbehörden
auferlegten Strafen, wofür die Daten aus dem Jahre 1927 sprechen
die ich besonders feststellen ließ. Nach diesen Ermittlungen
wurden in Böhmen, Mähren und Schlesien den Armenfonds
an von den Gerichten auferlegten Geldstrafen (und zwar abermals
ohne Unterschied, ob es sich um Geldstrafen im Strafverfahren
oder im Zivilverfahren handelt) im ganzen 1155.927 Kè 18
h abgeführt. Auf eine Gemeinde entfallen daher durchschnittlich
99 Kè, also ein Betrag, der in keiner Beziehung als so
hoch bezeichnet werden kann daß durch dessen Wegfall die
Armenfonds wesentlich geschwächt würden.
Prag, am 23. August 1928.
Das in der Interpellation genannte Lehrbuch wurde mit Erlaß
des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur vom 9. Jänner
1925 G. Z. 160.654/24, auf Grund des günstigen Gutachtens
des Rezensenten und des Antrages des Landesschulrates in Brünn
genehmigt. Das Fachurteil über das Buch. lautete sehr günstig,
weil darin gesagt wird, daß "die Artikel dieses Lehrbuches
zweckmäßig gewählt sind und durch Behandlung von
Themen des guten Benehmens der Bürgerkunde und des öffentlichen
Lebens eine Fülle von Stoff für Sprechübungen bieten".
Ende Mai 1928 wurde die hiesige Behörde auf den Schluß
des in der Interpellation zitierten Artikels aufmerksam gemacht.
Der Minister für Schulwesen und Volkskultur hat von dem Autor
sofort eine Aufklärung verlangt. Der Autor hat den Bericht
erstattet und auch den Ursprung des Artikels aufgeklärt..
Das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur hat mit Erlaß
vom 22. Juni 1928, Z. 74.750, angeordnet, daß der Schluß
des Artikels sofort beseitigt und in den künftigen Ausgaben
der Artikel ausgelassen werde.
Was die Revision von Lehrbüchern anbelangt, ist es das Bestreben
des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur, daß
durch diese Lehrbücher die Jugend zur nationalen und religiösen
Verträglichkeit erzogen werde und daß das nationale
oder religiöse Gefühl aller Nationen und Bekenntnisse
bei strenger historischer Objektivität respektiert werde.
In allen diesen Belangen wird der Approbation von Lehrbüchern
besondere Aufmerksamkeit gewidmet, wenn trotzdem in einem Lehrbuche
ein Anstand zutage tritt, wird er möglichst sofort oder bei
der nächsten Ausgabe beseitigt.
Prag, am 28. August 1928.