Ètvrtek 28. ledna 1932

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, upozoròuji vás již po druhé, že vaše øeènická lhùta již uplynula.

Posl. dr Stern (pokraèuje): Das zeigt die Erfahrung. Sehen Sie nicht, was in der Welt vorgeht? Deshalb sagen wir den Arbeitenden: Sie sollen aufgerüttelt werden, sie sollen nicht blind sein, sie sollen sehen, was vorgeht, sie sollen sich vorbereiten. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] (Posl. dr Rosche: So sollten Sie in Sowjetrußland sprechen, die würden Ihnen etwas sagen! - Rùzné výkøiky.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Stern (pokraèuje): In Sowjetrußland sprechen alle so; in Sowjetrußland sprechen die Arbeiter und Bauern so, dort kann man so sprechen, aber Ihr habt mich ja selbst ausgeliefert wegen einer solchen Sprache. Hier darf man nicht so sprechen. Man darf nicht einmal sagen, daß die Arbeiter ihr Vaterland verteidigen sollen, ohne ins Gefängnis eingesperrt zu werden. Wir sagen den Arbeitenden [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.]

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, napomínám vás po tøetí, abyste skonèil.

Posl. dr Stern (pokraèuje): Wir sagen, sie sollen kämpfen, daß alle Tribute beseitigt werden, alle Schulden annulliert und jede nationale Unterdrückung aufgehoben wird, daß allen Völkern das Selbstbestimmungsrecht erkämpft werde, welches ihnen heute mit blutiger Gewalt verweigert wird, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Wir sagen den Arbeitenden, sie sollen kämpfen gegen den imperialistischen Krieg, gegen den imperialistischen Krieg in China, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Wir sagen den Arbeitern, vor allem sollen sie verteidigen den sozialistischen Ausbau [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] denn das ist die Gewähr der eigenen besseren Zukunft. Dort zeigt sich wirklich der einzige Weg aus dem gegenwärtigen Chaos und der gegenwärtigen Not. Es geht darum, ob der Kapitalismus einen Ausweg beschreitet, der zum Chaos und zu einem ungeheueren Weltblutbad führt oder ob der proletarische Ausweg, der revolutionäre Ausweg beschritten wird, welcher zum Aufbau des Sozialismus und Kommunismus führt. Wir rufen allen Arbeitenden [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] gemeinsam zu kämpfen, heute für ein größeres Stück Brot, für mehr Recht und Freiheit, morgen für eine bessere Zukunft! (Potlesk komunistických poslancù.)

2. Øeè posl. Geyera (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren!

Der vorliegende Regierungsantrag, Sen. Druck Nr. 458, führt einen sehr bezeichnenden Titel: "Gesetz über die Versetzung der Militärrichter, welche ein bestimmtes Alter erreicht haben oder welche nicht fähig sind, ihre Amts- und Dienstpflichten zu erfüllen, in den Ruhestand und über die Enthebung derselben von der Dienstleistung für das Strafverfahren". Auf diese Vorlage oder gar auf die Übermittlung derselben an die befreundeten Staaten braucht die Regierung nicht sehr stolz zu sein. Die Notwendigkeit der Erlassung eines derartigen Gesetzes wirft ein bezeichnendes Licht auf unsere Militärgerichtsbarkeit und ist ein Eingeständnis, daß wir unfähige Militärrichter haben, die nicht geeignet sind, ihren Dienst oder ihre Amtspflichten zu erfüllen. Dies bestätigen auch die unzähligen Beschwerden, die aus der Bevölkerung gegen die Militärgerichte in vielen Hunderten Fällen erhoben werden. Die bestehenden Mißstände erklärt aber auch die von uns oft gerügte Unhaltbarkeit des gegenwärtigen Zustandes, der nicht allein aus der Unfähigkeit der Richter, deren Tätigkeit das vorliegende Gesetz beschränken will, hervorgeht, sondern in der besonderen Art und den außerordentlichen Rechtsnormen der Militärgerichtsbarkeit begründet ist und bei weiterem Andauern dieser Ausnahmsstellung weiterhin bestehen bleiben wird. Nur die vollkommene Angleichung an das allgemeine bürgerliche Recht, vor allem aber die endliche Etablierung der in der Verfassung niedergelegten Haftung des Staates für alle Schäden, welche den Staatsbürgern aus der Unkenntnis, Unfähigkeit oder Fahrlässigkeit der staatlichen Organe bis jetzt ungesühnt erwachsen, kann die Unsicherheit und das alte Mißtrauen in die ausgesprochen geheime Rechtsprechung der Militärgerichte mindern und die Zahl der Opfer dieser Einrichtung: "Selbstmorde, Desertionen und alle ihre Folgen" herabsetzen.

Denn die Angst vor der militärisch strengen Strafe, die durch unfähige und voreingenommene Chargen, Offiziere und Richter nur gesteigert wird, die Unmöglichkeit einer öffentlichen Appellation sind heute unleugbare, wenn auch nicht immer sichtbare Motive. Diese entspringen kleineren Vergehen oder im Dienstwege nicht abstellbaren Sekkaturen, die die gepeinigten Militärpersonen zum letzten Ausweg aus einer ebenso seelisch wie körperlich unhaltbaren Situation greifen lassen, weil sie ohne Aussicht auf gerechten Schutz und eingeengt durch eine unzugängliche Subordinationsordnung hoffnungslos den letzten Ausweg wählen lassen, den zum Selbstmord, oder der Flucht aus der militärischen Qual.

Denn die Flut der Selbstmorde ist besonders in der letzten Zeit derartig gestiegen, daß sie den Durchschnitt aller benachbarten Staaten und insbesondere den der Vorkriegszeit weit übersteigt und Zeugnis ablegt, daß die Zustände im demokratischen Heere immer desolater geworden und die Soldaten einer fessellossen Willkür und sträflichen Fahrlässigkeit überantwortet sind. Zum Beweise dieser undemokratischen Zustände will ich aus der allerletzten Zeit drei krasse Fälle zur Kenntnis bringen, die strengste Untersuchung und eine wenigstens teilweise Sühne durch Unterstützung der Opfer oder ihrer Angehörigen erheischen, und zur Vermeidung von Wiederholung die Einführung menschlicher Umgangs- und Behandlungsnormen erfordern, soll das Militär in den Augen der Bevölkerung nicht immer mehr zu einer rücksichts- und gefühllosen Strafanstalt herabsinken.

Bei der Frühjahrsassentierung wurde Karl Höfer aus Buchau Nr. 60 für tauglich befunden, trotzdem er wegen eines schweren körperlichen Defektes, einer Verkürzung des linken Beines um 2 1/2 cm, durch ein anstaltsärztliches Zeugnis des Reichenberger Krüppelheims und durch authentische Dokumentierung durch den Assentarzt schon im Zivilverhältnis als invalid angesehen werden mußte. Der Assentierungsschein trägt ausdrücklich den Vermerk, der Verkürzung des linken Beines um 2 1/2 cm, wodurch natürlich ein hinkender Gang und andere körperliche Hemmungen bedingt sind. Der Bevölkerung ist auch bekannt, daß Äußerungen der Gendarmerie auf die Tauglichkeitserklärungen bestimmenden Einfluß nahmen, daß Höfer als ehemaliger Turner zum Militärdienst ausersehen sei. Tatsächlich mußte Höfer am 1. Oktober 1930 zum 151. Artillerieregiment in Prag einrücken - mit der Beinverkürzung sollte er die Kanonen bedienen - und seine körperliche Invalidität behinderte seinen Dienst derart, daß Höfer bald als undiszipliniert und störrisch hingestellt und immer strenger bestraft wurde. Nach seiner auf unbestimmte Zeit erfolgten Beurlaubung im Frühjahr 1931 wurde er über Betreiben der Gendarmerie neuerdings einberufen, und da sich infolge seiner effektiven Invalidität sein Dienst immer schwerer gestaltete und Konflikte hervorrief, wurde er im Verfolg seiner angeblichen Dienstesverweigerung vor das Divisionsgericht gestellt und zu drei Monaten Arrest verurteilt. Nach Abbüßung dieser Strafe sollte er die Einberufung zur Superarbitrierungskommission erhalten und wurde vorher, ab 19. Oktober 1931, auf unbestimmten Urlaub geschickt. Senator Teschner und ich haben wiederholt interveniert und auch die Vermittlung der parlamentarischen Abteilung des Wehrministeriums, leider ohne Erfolg in Auspruch genommen. Unsere Interventionen erwiesen sich als vollkommen ergebnislos. Hier liegt ein Fall [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] vor, wofür die Bevölkerung die einzig richtige Bezeichnung "Soldatenschinderei" geprägt hat. Ich weiß zwar gegenwärtig nicht, inwieweit eine Superarbitrierung eine Erlösung des Höfer von diesen Qualen gebracht hat. Ich weiß nur, daß er im November auf unbestimmte Zeit nach Hause entlassen worden ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Aber diese seelische Marter und diese körperliche Qual sind hier noch nicht bis zum Äußersten gediehen, wie dies bei einem zweiten Fall ist.

Franz Mehler aus Sattl, einem kleinen Dorfe bei Tepl, hat 1929 eine Lungenentzündung mitgemacht und litt seit dieser Zeit an Schmerzen in der linken Brustseite. Auch klagte er öfters über rheumatische Schmerzen und stand deshalb langere Zeit in ärztlicher Behandlung bei MUDr. Theodor Luderer, Arzt in Theusing. Er war geistig vollkommen gesund. Nach seiner Assentierung rückte er beim Genieregiment in Komorn am 15. März 1931 ein. Bei dem anstrengenden Dienst der Genietruppe traten Schmerzen in der Lunge in erhöhtem Maße auf, weshalb er sich bei der Marodenvisite krank meldete. Der Militärarzt erkannte ihn jedoch nicht als krank an. Trotzdem er immer wieder bei der Marodenvisite erschien, wurde ihm nicht geglaubt, und er mußte, obwohl sein Gesundlheitszustand sich von Tag zu Tag verschlechterte, immer wieder Dienst machen. Am 16. April 1931 meldete er sich wieder krank. Wurde wiederum nicht anerkannt und verfiel deshalb in eine Geisteskrankheit. In diesem Anfalle unternahm er einen Selbstmordversuch und verwundete sich durch Messerstiche in der linken Brustseite und am Arm. Erst nach dem Selbstmordversuch kam Mehler in das Divisionsspital Nr. 10 und wurde dann an die Militäranstalt für Geistes- und Nervenkrankheiten in Trnava abtransportiert, wo er bis zum 21. Dezember 1931, also unmittelbar vor Weihnachten verblieb. Am 12. Dezember 1931 erhielt - jetzt kommt das Allerinteressanteste, nach diesem skrupellosen Zutodequälen kommt jetzt der zweite Pferdefuß zum Vorschein - der Vater des Mehler von der Anstalt in Trnava ein Schreiben, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß das Landesinvalidenamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag-Karlín für Verpflegs- und Heilkosten nichts zuerkannt habe, weshalb er, der Vater, für die Verpflegskosten ab 3. Dezember selbst aufzukommen habe. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, seinen Sohn in einer Zivilheilanstalt unterzubringen. Am 21. Dezember 1931 wurde Franz Mehler in die Landesirrenanstalt nach Dobøan überführt. Im Wege der Gemeinde Sattl erhielt Mehlers Vater einen Auftrag der Militäranstalt Trnava an Verpflegskosten für die Zeit vom 3. bis 21. Dezember 1931 einen Betrag von 445 Kc 75 h sowie an Reiseauslagen für die Überführung nach Dobøan 233 Kè 90 h zu bezahlen. Für diesen Zustand [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] einen [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Soldaten in eine Militäranstalt zu überführen, ihn dann herauszunehmen, ihn in eine Zivilheilanstalt zu bringen und dafür dem Vater die Kosten anzuhängen, dafür sind alle Worte zu schwach, um diese vollständigste Rechtlosigkeit zu charakterisieren. Nicht nur daß die Qualen des Soldaten bis zum Wahnsinn führten, muß eine solche schamlose Zumutung an den Vater, die Kosten für die Verpflegung und für den Aufenthalt zu zahlen, während seine Ersatzansprüche jedoch abgewiesen wurden, als Gipfel der Rechtlosigkeit bei dieser demokratischen Militäreinrichtung gerügt werden.

Ein dritter Fall spielte sich auch in den letzten Tagen ab und ist ebenso charakteristisch, nicht nur wegen der Unhaltbarkeit der Auffassung der militärischen Superarbitrierungskommissionen und der Militärgerichtsbarkeit, sondern auch wegen des vollständigen Fehlens einer Fürsorge für die Betroffenen. Karl Schuldes aus Chiesch, geboren am 24. Mai 1911 ist von Beruf Gärtnergehilfe. Ich unterstreiche das besonders aus dem Grunde, weil der Beruf für die Beurteilung des Falles und seine zeitliche Entwicklung ausschlaggebend ist. Er wurde in der ersten Klasse tauglich befunden und rückte am 1. Oktober 1931 nach Rokycan bei Pilsen zum Feldhaubitzenregiment Nr. 102, erste Batterie ein. Ende November - die ersten Wochen waren ungeheuer anstrengend ging er auf Grund körperlicher Schwäche und Müdigkeit zur Marodenvisite. Der Regimentsarzt untersuchte ihn, klopfte ihn ab und meinte: "Leichtes Fieber", worauf Schuldes mittels einer Tragbare gleich wieder in den Stall zu seinen Pferden geführt wurde, um seinen Dienst fortzusetzen. Der junge Mann war begreiflicher Weise abgeschreckt; in seinem Wesen ist er an und für sich ruhig und duldsam, und versah nach eigener Schilderung den Dienst so gut es eben ging. Bevor er zu Neujahr seinen Gebührenurlaub antrat, konnte er nicht mehr weiter! Bei all seinen Versuchen, ein zweitesmal zur Marodenvisite geführt zu werden, wurde er von den Unteroffizieren einfach ausgelacht und auf seine Bitten wurde ihm nicht geantwortet und seine Vorführung zur Marodenvisite ihm stets abgeschlagen. Am 29. Dezember kam er auf 7 Tage Gebührenurlaub nach Hause, und kaum daß er sich bei der Gendarmeriestation angemeldet hatte, mußte er sich ins Bett legen und mit den Worten: "Ich kann nicht mehr weiter", brach er vollständig zusammen. Der Bezirksarzt, der gerufen wurde, erklärte dem Vater gegenüber, daß der junge Mann rettungslos verloren sei und daß man nicht Arzt zu sein brauche, um seinen vollständigen Zusammenbruch zu konstatieren. Der junge Mann sei im höchsten Grade lungenkrank. Seit seiner Heimkehr wurde dem Mann von Tag zu Tag schlechter und während dieser Brief, der an mich gerichtet wurde, mich noch erreichte, geht die Prophezeiung des Arztes, daß er kaum 2 oder 3 Tage überstehen werde, in Erfüllung, denn der junge Mann ist am 23. Jänner, also vor einigen Tagen, gestorben. Dieser Fall ist auch deshalb besonders kraß, weil der junge Bursche als Gärtnergehilfe seinen Vater, der Meierhofkutscher ist, nachweisbar wöchentlich mit 50 Kè unterstützte und nunmehr der alte Mann, der noch unversorgte Kinder hat, nicht mehr von seinem Sohne unterstützt werden kann. Auch hier wird sich zeigen, ob das Landesinvalidenamt seiner Pflicht nachkommen wird und auf Grund des § 25 wenigstens die Aszendentenrente, Heiltransport und Begräbniskosten refundieren wird.

Einen vierten Brief, ein weiteres Zeugnis über die parlamentarische Aussprache oder über die Erfolge der Aussprache, zum Kapitel Soldatenselbstmorde will ich Ihnen nicht vorenthalten; denn es sind Beobachtungen eines Augenzeugen aus der Kaserne, dessen Namen ich aus begreiflichen Gründen verschweige. Jener Brief, den Koll. Jung soeben erhalten hat, dessen Wahrheit nichtsdestoweniger authentisch ist, enthält merkwürdige Streiflichter. Wir erfahren da, daß ein Soldat wegen zwei Stunden Überzeit zu 30 Tagen Kasernarrest verurteilt wird, ein Ausmaß, das an manchen dieser Militärrichter, Chargen oder Offizieren bei den Exzessen notwendiger wäre, die sie bei allen möglichen Gelegenheiten inszenieren. Einem anderen wurde ein siebentägiger Gebührenurlaub als Strafe für ein paar Minuten Überzeit genommen.

Wie man sich aber vorbereitet, um einer parlamentarischen oder anderen Untersuchung der Soldatenselbstmorde vorzubeugen, ist sehr interessant, und es ist verständlich, daß sich die Herren schon rechtzeitig präpariert haben. Hören Sie einen Augen- und Ohrenzeugen! Hat sich jemand erschossen, wird sofort eine Kommission eingesetzt. Diese besteht aus dem Kommandanten der Batterie oder der Rotte, aus einem oder zwei Gagisten. Ihre erste Arbeit ist, daß sie sämtliche Taschen und Koffer des Soldaten nach etwas Schriftlichem durchsuchen, und was irgendwie kompromittierend sein könnte, verschwindet, und das Protokoll enthält infolgedessen nichtssagende Dinge, Verdruß, Liebesgeschichte wegen eines Mädchens oder irgendeinen häuslichen Kummer, der vom Vater oder von der Mutter geschrieben wird. Das wird in großer Aufmachung protokolliert und als Ursache des Selbstmordes hingestellt. Es sollen nun weitere Kommissionen eingesetzt werden, die eine strengere Überprüfung dieser Selbstmorde vornehmen. Diese Kommissionen werden natürlch nach dem alten bekannten Schimmel so verfahren, daß sie alles verschwinden lassen, was geeignet ist, den ursächlichen wahren Zusammenhang der Selbstmordepidemie zu erklären. Wird ein Soldat zu Protokoll genommen, ist es begreiflich, daß er sich nicht getraut, irgend etwas zu sagen, was der Wahrheit entspricht und ihm dafür unangenehm werden kann. Die Soldaten werden vor der Aussage vom Gefreiten oder Korporal entsprechend belehrt, welche Aussage ihnen Schaden bringen könnte, d. i. direkt eine Instruktion, wie man die Wahrheit umbiegt und in ein etwas günstigeres und weniger kompromittierendes Licht für die Untersuchenden oder Verantwortlichen lenkt. Solange man die Uniform trägt, kann man es nicht ohne Gefahr wagen, die Wahrheit zu sagen, und ist man einmal im Zivil, dann ist man froh, nicht mehr daran denken zu brauchen - so steht es hier.

Ein weiterer Fall: Den deutschen Soldaten ist es vollkommen verboten, deutsche Zeitungen zu haben, nicht einmal den bescheidenen deutschen Soldatenkalender darf der Soldat besitzen, und wenn jemand einen deutschen Kalender aufhängt, wird er bestraft. Wohl sind Photographien aus Legionärzeitungen und anderen nicht nur gestattet, sondern ihr Bezug und ihre Anbringung wird allseits empfohlen. Wie der neue Kurs in den Unteroffiziersschulen sich entwickelt, gehört auch in den inneren Zusammenhang dieser Vorlage. Heuer wurde von oben angeordnet, daß in die Kurse immer ein Deutscher und 10 Èechen aufzunehmen sind. Das natürliche Bevölkerungsverhältnis wird hier zu Ungunsten der deutschen Anwärter in beträchtlichem Maße herabgedrückt, trotzdem die Mehrzahl der Deutschen genügend èechisch kann und die Regimenter zu ihrer überwiegenden Mehrzahl, hauptsächlich in der Slovakei, aus Deutschen bestehen. So schaut also der Schlüssel der Relativität hier beim Militär aus. Alle diese Umstände zusammengefaßt zeigen uns ein erschreckendes Bild. Der vierte Brief kennzeichnet die neuen Praktiken, die drei ersten Fälle zeigen uns die schwerwiegenden Probleme als Begleiterscheinung und Konsequenz dieser wohl nicht zu überbietenden Soldatenschinderei, die neben körperlichen und seelischen Leiden der unmittelbar betroffenen Soldaten die Frage nach Wiedergutmachung dieser Schäden und die zweite Frage nach Versorgung der Angehörigen dieser Nachkriegsbeschädigten und Nachkriegstoten, also der sogenannten Friedensmilitärinvaliden, von neuem furchtbar aufzuzeigen.

Wir haben in der Èechoslovakischen Republik die alte österreichische Armee übernommen und der Staat und seine Patrioten sind stolz darauf, sie immer als Friedensinstrument hinzustellen. Sie müssen in erster Reihe trachten, daß diesem Frieden im Innern der Armee die notwendige Beachtung geschenkt wird und daß das Gegenteil des jetzigen Zustandes eintritt, daß nämlich die unendlich steigende Zahl der Opfer dieser Friedenspropaganda, die Selbstmorde und die Toten abnehmen und der Militärdienst so geleistet werden könnte, wie es normalen Menschen entspricht. Wie unzulänglich aber und wie unhaltbar ist die Versorgung dieser Invaliden! Gesetzlich gilt für ihre Versorgung die Gesetzgebung analog der Bezüge der Kriegsinvaliden, ihrer Witwen und Waisen. Aber sind diese Versorgungsgenüsse ein in Europa anerkannter Zustand des vollständigen Unzureichendseins, so ist das in noch höherem Maße bei den neuen Invaliden der Fall. Man hat die Aktiven übernommen, zeigt den Passiven gegenüber aber die zugeknöpfte Tasche und der Dank des Vaterlandes besteht in der Überantwortung auf Selbsthilfe und Preisgabe der Not. Aber nicht nur daß die Versorgungsansprüche ungemein minimal und bescheiden sind, wie schaut die Geschichte erst aus, wenn man bei den Behörden Ansprüche in dieser Beziehung durchsetzen will? Da zeigt sich in der èechoslovakiscnen Rechtsgesetzgebung oder Unrecntsgesetzgebung die funibarste Lücke zwiscnen Taz und Konsequenz. Ein Mann kommt zur Assentierung, wird gesund befunden, kommt dann zur Superarbitrierungskommission und wird dort für dienstuntauglich erklart. Auf einmal sagt der Staat, ja, das hat sich der betreffende Mann nicht beim Militar zugezogen, das ist ein Leiden aus früherer Zeit, der Mann war schon früher närrisch, epileptisch, geisteskrank usw. Entwed er ist die Assentierung eine Lüge wenn die Tauglichkeit ausgesprochen wird (Posl. inž. Jung: Ein Schwindel!), ein Schwindel, oder eine Ableugnung des Tatbestandes bei der Superarbitrierungskommission, also eine Ungerechtigkeit und ein Faustschlag auf das Empfinden jedes Mannes, der Monate lang den Rock der Republik getragen hat. Hier entsteht die für die Koalition brennende Frage der Wiedergutmachung des Unrechtzustandes. Wir wollen nicht eher ruhen, bis nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Koalition diese Schande empfindet und diesem unhaltbaren Zustand ein Ende macht. Denn ist es nicht unverschämt, von dem Superarbitrierten zu verlangen, er solle nachweisen, daß er sich beim Militär das Leiden zugezogen hat, sonst kann ihm der Genuß oder die Unterstützung nach dem Invalidengesetz nicht zukommen? Das ist eine glatte Fopperei und auch eine Degradierung der Erkenntnisse der militärischen Behörden. Über diesen Zwiespalt kommt niemand hinweg. Infolgedessen sind wir uns bei der Vorlage des Gesetzes bewußt, wenn das Gesetz sagt, unfähige Richter sollen in Zukunft nicht langer Dienst tun - denn es gibt unfähige Richter - so müßte in onsequenz des Gesetzes auch das sachliche Unrecht, das in den Versorgungsgesetzen ist, beseitigt werden. Auf diese Konsequenz hat man bis zum heutigen Tage vergessen, scheinbar aus keinem anderen Grunde als dem, daß der Schade, der durch die Soldatenquälerei nicht nur seelisch und moralisch, sondern auch finanziell entsteht, nicht vom Staat getragen werden, sondern auf die Opfer, die Angehörigen und Hinterbliebenen überwälzt bleiben soll!

Das ist das Prinzip der Unverantwortlichkeit. Ein solches Prinzip untergräbt sich selbst und alle Paraden, alle Manöver und alles Lob der èechoslovakischen Armee wird nicht vor der ernsten Stunde bestehen können, wo aus den Gräbern der Neutoten, der Neuinvaliden, von den hungernd en Geschwistern oder betagten Eltern der Ruf nach Vergeltung erschallen wird. Wir können dieser Vorlage nicht zustimmen, aus dem Grunde nicht, weil sie ein oberflächlicher Versuch ist, einen blamablen Zustand zu überkleistern. Wir fordern allgemein eine Änderung der Militärgerichtsbarkeit durch Anpassung an die Normen des Bürgerlichen Gesetzes, Ermöglichung der Appellation und volle Öffentlichkeit der Verantwortung. Sonst bleibt das eine Geheimkammer, ein Foltergericht, ein Tribunal, gegen welches die Inquisition früherer Zeit und die Revolutionen ein Kinderspiel bleiben, weil diese Geheimkammer getragen wird von dem Bewußtsein des Verschwiegenseins, nicht nur auf der Seite der Richter, sondern auch auf der Seite des Gerichteten, der gleichfalls schweigen muß, wenn er sich oder den Angehörigen nicht noch größere Lasten und größeres Unrecht aufbürden will.

Aus diesem Grunde werden wir gegenüber den weiteren Soldatenschindereien ein wachsames Auge haben, wir werden auch dafür sorgen, daß die Koalition in Hinkunft praktisch Soldatenmorde verhindert, wir werden uns weiter mit der Unmöglichkeit der Fortführung der heutigen Militärgerichtsbarkeit befassen und werden weiter dafür sorgen, daß man der Frage der Wiedergutmachung und Schadloshaltung der Eltern und sonstigen Angehörigen der Opfer mehr Augenmerk zuwendet. Denn eher ist der Schandfleck nicht weg, den diese demokratische Republik auf ihrem Wehrschild hat, der Schandfleck der Unverantwortlichkeit und Fahrlässigkeit. (Potlesk.)

3. Øeè posl. dr Peterse (viz str. 14 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Daß wir die jetzige Zeit als außerordentlich ernst betrachten, haben wir bei jeder Gelegenheit, bei der Arbeit in den Ausschüssen als auch bei der Kritik der Vorlagen in diesem Hause nachgewiesen. Daß diese ernsten Verhältnisse Maßnahmen erfordern, die nicht nur wir, sondern auch andere Parteien des Hauses von der Regierung verlangt haben, ist selbstverständlich, und daß diese Maßnahmen in dieser ernsten und außergewöhnlichen Zeit außergewöhnlich sein müssen, würden wir wohl begreiflich finden, wenn diese nicht die demokratischen Prinzipien und vor allem die Bildung der öffentlichen Meinung aufheben würden. Ich glaube, daß gerade in ernsten Zeiten es notwendig ist, eine durchggebildete öffentliche Meinung zu haben, und wenn sie nicht vorhanden ist, sie sogar zu schaffen. Denn, meine verehrten Damen und Herren, es kommt doch darauf an, daß die Maßnahmen der Regierung in der Bevölkerung verstanden und von jenen Kreisen, die durch sie betroffen werden, wenigstens halbwegs als sachlich und sittlich begründet empfunden werden. Wir müssen aber feststellen, daß die Maßnahmen, die die Regierung heute trifft, die öffentliche Meinung drosseln, daher vollkommen verfehlt sind und sich gerade in den entscheidenden Zeiten der heutigen Unruhe und Unsicherheit über die weitere Entwicklung geradezu als schädlich für die Gesamtheit erweisen.

Was hat die Regierung getan, um die großen politischen Entscheidungen, die nun getroffen werden, für die Bevölkerung verständlich zu machen? Sie hat eine Praxis eingeführt, die, glaube ich, im alten Österreich-Ungarn, das doch wegen seiner Zensur sehr verschrien war, niemals möglich gewesen ist: unsere Regierung verbietet einfach von vornherein die Diskussion über gewisse gesetzliche Maßnahmen oder Verordnungen.

Meine Damen und Herren! Es scheint mir kein zureichender Grund vorhanden zu sein, für die Vorberatung und Vorbereitung dieser Maßnahmen eine solche Zurückhaltung auf Seite der Öffentlichkeit zu fordern, weil ja schließlich und endlich die Gesetze nicht autokratisch von der Regierung und auch nicht von diesem Hause geschaffen werden, sondern weil doch Gesetze geschaffen werden aus der Bevölkerung und für dieselbe.

Die Maßnahmen der Regierung, die öffentliche Meinung durch die Zensur einzuschränken, bekommen aber ihre èechoslovakische Besonderheit dadurch, daß die Zensur nicht überlassen wird den dazu durch das Gesetz bestimmten Faktoren, sondern gewissermaßen extra legem die Zensur über finanzpolitische Fragen Beamten des Finanzministeriums überlassen wird, die unter keinen Umständen nach den geltenden, auf die Presse anwendbaren Gesetzen irgendwie berechtigt wären, auf die Zensur einen Einfluß zu nehmen. Dadurch geschieht es, daß über einschneidende Verordnungen und Gesetze überhaupt keine öffentliche Meinung gebildet werden kann und daß die Presse außerstande ist, diese öffentliche Meinung auch bei ihrer besten Absicht zu fördern. Dabei haben wir den Mangel zu beachten, den die Presse überhaupt bei uns hat, daß nämlich auf èechischer Seite es fast gar keine parteipolitisch freie Presse gibt, und da mit Ausnahme des Herrn Støíbrný alle èechischen Parteien in der Regierung sitzen, die Presse dieser Parteien darauf verzichtet, eine öffentliche Verantwortung für die Bildung der öffentlichen Meinung zu übernehmen. Wenn nun die deutschen Prager Zeitungen doch zu den Dingen Stellung nehmen, so erscheint es den mit der Zensur betrauten Finanzbeamten, die von dem ganzen Getriebe einer Zensur und einer Zeitung keine Ahnung haben, als eine höhere Aufgabe, gewissermaßen alles das, was die deutsche Presse heute über die finanzpolitischen Maßnahmen schreibt, a priori zu verfolgen und zu unterdrücken. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß mit solchen Maßnahmen der Öffentlichkeit im allgemeinen und der Staatsverwaltung im besonderen gedient ist.


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