Hohes Haus! Man müßte eigentlich annehmen, daß
die Staatswirtschaft genau so wie die Privatwirtschaft nach den
bei Aufstellung des Voranschlags betonten Bilanzgrundsätzen
vorgeht, d. h. daß sich Einnahmen und Ausgaben zumindest
das Gleichgewicht halten. Der Rechnungsabschluß für
das Jahr 1934 zeigt aber die Befolgung dieses Grundsatzes ebenso
wenig wie der der vorhergeh enden Jahre. Auf der Einnahmenseite
zeigt er gegenüber dem Voranschlag bei den direkten Steuern
eine Verschlechterung von 71 Millionen, bei den Verbrauchssteuern
eine von 120 Millionen, bei den Staatsunternehmungen eine von
238 Millionen. Nur bei den Handelssteuern, Zöllen und Gebühren
ist eine Erhöhung um etwas über 160 Millionen zu verzeichnen.
Insgesamt beträgt die Verschlechterung 140 Millionen. Auf
der Ausgabenseite erscheint ein viel höherer Aufwand für
Heer, Unterricht und öffentliche Arbeiten, vor allem kommt
ein Posten der nichtpräliminierten Ausgaben von 769 Millionen
Kè vor und die Überschreitung beträgt insgesamt
1250 Millionen, und wenn man die Verminderung der Einnahmen hinznzuzählt,
kommt man auf einen Fehlbetrag von 1390 Millionen Kè. Die
Gruppe der Unternehmungen bleibt gegenüber dem Voranschlag
mit insgesamt 308 Millionen zurück, vor allem müssen
wir für die Eisenbahnen einen ungeheueren Verlustposten feststellen,
der auch für die Forstverwaltung noch ziemlich hoch ist.
In der Gruppe III (die in Gruppe I nicht enthaltenen Einnahmen,
Anteile an den staatlichen direkten Steuern, Abgaben und Gebühren)
haben wir eine Summe von 2749 Millionen gegenüber 1822 Millionen
im Jahre 1932, eine Überschreitung von nahezu einer Milliarde.
Im Schuldendienst müssen wir ein Ansteigen gegenüber
dem Jahre 1930 auf 38ÿ7 Milliarden feststellen, ein Betrag,
der bereits die 40 Milliarden-Grenze beinahe erreicht. Der Schuldendienst
ist mit 2 Milliarden für das Jahr 1935 eine Belastung,
die 2700 Kè für den Kopf der Bevölkerung in diesem
Staate ausmacht, eine Verschuldungshöhe, die gleich groß
ist wie die Verschuldungshöhe heute im Deutschen Reich nach
Durchfüh rung der großen Arbeitsschlacht, die imstande
war, fast die ganze Arbeitslosenziffer von 6 Millionen zu beseitigen.
Wir stehen in Anbetracht der gleich en Verschuldung vor der Notwendigkeit
der Durchführungng von Maß nahmen zur Beseitigung der
Arbeitslosigkeit und müssen feststellen, daß die nötigen
Mittel hiefür nicht vorhanden sind.
Aus dem Bericht des Budgetberichterstatters müssen wir eine
Überschreitung der Einnahmen in den Jahren 1930 bis 1934
insgesamt in der Höhe von 15.965 Millionen Kè entnehmen.
Der Bericht zeigt, daß man sich hier ebenso wenig nach den
Erträgnissen der Wirtschaft gerichtet hat, da die Ausgaben
im Verhältnis zum Jahre 1930 im Jahre 1931 129ÿ6%, im
Jahre 1932 114ÿ9%, im Jahre 1933 107ÿ3% und im Jahre
1934 immer noch 91ÿ8% betragen haben. Diese Zahlen erhalten
ihre erdrückende Bedeutung erst, wenn man bedenkt, daß
das gesamte Volkseinkommen seit dem Jahre 1929 um über 40%
abgenommen hat, daß somit das Staatsbudget die Wirtschaft
um über 50% mehr belastet als im Konjunkturjahre 1929. Die
Verwaltung des Staates geht damit Wege der Rechts- und Verantwortungslosigkeit,
schon allein damit, daß sie sich an die Grenzen, die das
Parlament festsetzt, nicht hält, ohne nach den bisherigen
Abschlußergebnisssen für die Überschreitung, die
in 5 Jahren 16 Milliarden ausmacht, zur Verantwo rtung gezogen
zu werden. Die Voranschlagsziffern, die hier im Hause festgesetzt
werdenl, werden damit ganz einfach zu Hausnummern glemacht, Ials
ob man an deren Festlegung im IParlament eine kindliche Freude
hätte und als ob darin die einzige volle Arbeitsbefriedigung
gefunden werden könnte. In Ider Praxis werden sozusagen auf
eigene Faust Ausgaben gemacht, für die auf der Einnahmenseite
keine Bedeckung da ist, für die keine Bedeckung gefunden
werden kann, und die man dann im kurzenl Verfahren durch die besondere
Art der Abschlußführung ganz einfach dem Schuldenkolnto
anlankreidet, dals heute mit einler Höhe von 40 Milliarden
Kè 3000 Kè Belastung für jeden Kopf beträgt.
An die kleinste scheinbare Verringerung des Defizites oder an
die kleinste scheinbar festgestellte Besserung knüpft man
die unsinnigsten Erwartungen, die aber solange nicht erfüllt
werden können, als man nicht vor allem die Versprechungen,
die man zu Wahlzeiten gemacht hat, erfüllt und die ganze
Wirtschaftspolitik ändert, dergestalt, daß die Ausgaben
der gesunkenen Steuerkraft tatsächlich angepaßt werden,
daß es nicht, wie immer, nur versprochen wird und daß
tatsächlich keine Deflationspolitik betrieben wird. Tatsächlich
werden die Ausgaben weiterhin erhöht, auch für das Jahr
1936, wo auch bezüglich des Steuererträgnisses ein sträflicher
Opitimismus vorgeherrscht hat. Die Löhne und Gehälter
werden weiterhin abgebaut und ihr Abbau zugelassen. Die Streichungen,
die vorgenommen werden, sind im Verhältnis zu den wachsenden
Ausgaben derart gering, daß ie überhaupt nicht in Betracht
gezogen werden können. Das neue Rüstungsfieber, die
wachsenden sozialen Ausgaben, die eine unbedingte Notwendigkeit
darstellen, viel notwendiger als alles andere, die steigenden
Ruhegenüsse infolge der ganzen Staatsbeamtenwirtschaft, der
gesteigerte Schuldendienst machen diese kleinen Ersparnisse weitaus
wett. So steigt auch für das Jahr 1935 die Gesamtbelastung
gegenüber dem Jahre 1934 von 11 Milliarden auf 11ÿ6
Milliarden an, bei einem gleichzeitigen weiteren Rückgang
der Steuereinnahmen, den man am allerbesten und allerklarsten
an dem Ansteigen des Postens "Verzugszinsen", der im
Voranschlag mit 210 Millionen Kè aufgewiesen wird, ersehen
kann. Mit diesen Verzugszinsen, bedingt durch diese ganze unmögliche
Steuerpraxis, scheint man eine sehr ergiebige Steuereinnahme gefunden
zu haben und bedenkt dabei nicht, daß das schon eine Art
Sterberente für die ganze Wirtschaft ist.
Dazu kommen noch die Verminderungen der Einnahmen auf der Seite
der staatlichen Unternehmungen, die im Jahre 1934 238 Millionen
Kè weniger brachten, aber auch die gleichzeitige Erhöhung
ihrer Ausgaben infolge der immer größer werdenden Passivität,
vor allem bei der Bahn und bei den Forsten. Dabei konkurrenzieren
heute viele der staatlichen Untern ehmungen, wie z. B. die Staatsdruckerei,
nur um ein ganz kleines Aktivum von ein paar hundert Kronen aufweisen
zu können, die private Wirtschaft, ohne zu bedenken, daß
dadurch die Steuergrundlagen immer mehr und mehr vermindert werden.
Endlich hat die Spar- und Kontrollkommission die Forderung aufgestellt,
daß ohne ihre und die entsprechende ministerielle Genehmigung
keinerlei neue Unternehmungen mehr errichtet werden dürfen.
Es ist kaum anzunehmen, daß man sich bei der bisherigen
Willkürlichkeit dazu verstehen wird, diese Forderung zu erfüllen,
eine Forderung, die vollkommen im Einklang steht mit dem Ansehen
und der Würde des Parlamentes, das Gesetze und Normen festsetzt,
nach denen sich ganz einfach das ganze System der Verwaltung zu
richten hat.
Am deutlichsten zeigt sich dieEigenwilligkeit der Verwaltung in
der Fondswirtschaft, die 82 Fonde mit einem Aktivvermögen
von 1600 Millionen Kè umfaßt. Hier konnten die Verhältnisse
soweit gedeihen, daß z. B. der Gefällsstrafenfond,
der heute allein 85 Millionen Kè ausmacht und in der Verwaltung
von ein paar Beamten des Finanzministeriums liegt, Häuser
auf eigene Rechnung für die Finanzwache erbauen konnte, in
denen der Staat als Mieter auftreten kann, so daß also die
Eigenartigkeit gegeben ist, daß mit Staatsgeldern Staatsbauten
errichtet werden, in denen der Staat wieder selbst Miete zu bezahlen
hat.
Über die Verwaltung der Fonds ist noch immer keine Abrechnung
vorgelegt worden, da sie im Staatsrechnungsabschluß nicht
enthalten sind, obwohl sie öffentliche Gelder verwalten,
über die genau so Rechnung gelegt werden müßte,
wie über die seinerzeit aufgelegte Arbeitsanleihe mit einem
Ertrage von über 2 Milliarden. Erst über unsere
Anfragen hat der Präsident des Obersten Kontrollamtes einige
summarische Angaben über die Verwendung der Gelder aus der
Arbeitsanleihe gemacht, von denen bisher 1354 Millionen ausgewiesen
sind, so daß immer noch ein Betrag von über 700 Millionen
zur Verwendung und öffentlich en Rechnungslegung vorhanden
ist. Mit dieser Abrechnungsmethode wie überhaupt mit dieser
ganzen Buchungsart gibt der Staat ein sehr übles Beispiel
von Verschleierung und Schiebung, die er bei den Steuerträgern
schwer bestraft, statt selbst durch Gewissenhaftigkeit, Klarheit
und Sachlichkeit ein Beispiel für die Wirtschaft aufzustellen.
Ähnlich verhält es sich mit den Ausweisen über
die im Eigentum des Staates befindlichen Wertpapiere von privaten
Unternehmungen, die sich insgesamt auf 190 Millionen Kè
Nominale beziffern sollen. darunter solche der Anglobank mit 60
Millionen, der Zbrojovka in Brünn von 54ÿ2 Millionen,
der Böhmischen Industrialbank von 30ÿ1 Millionen und
vom "Orbis"-Verlag von 15 Millionen Kè; außer
einem Posten Aktien der Mährischen Bank im Werte von 8ÿ1
Millionen und der Èechischen Diskontbank im Werte von 130.000
Kè ist im Jahresabschluß nichts zu finden. Auch bei
diesen Posten ist nicht angegeben, wieviel Aktien diesem Werte
entsprechen, so daß nicht zu ersehen ist, wie hoch der Aktienbesitz
überhaupt bewertet wird. Daraus kann man feststellen. wie
groß eigentlich der Kontrollwert der öffentlichen Rechnungslegung
der Staatswirtschaft ist. Interessant wäre dabei, auch noch
zu wissen, wie sich die Beamten, die Staatsgelder bei den privaten
Unternehmungen zu vertreten haben, hiebei benehmen, was mit den
Bezügen geschieht. die sie aus dieser Tätigkeit erhalten.
wenn z. B. ein Ministerialrat von einem solchen Unternehmen an
Reisespesen allein 4000 Kè monatlich erhält! Staatliche
Gelder werden von staatlichen Beamten vertreten, der Vorteil daraus
wird aber scheinbar nicht dem Staate zugeführt. Hier wäre
unserer Meinung nach auch ein Betätigungsgebiet für
die Revisionsabteilung des Finanzministeriums, die sonst die Befugnisse
eines Staatsanwaltes mit denen eines Richters verbindet, wenn
es sich allerdings um Steuerangelegenheiten der freien Wirtschaft
handelt.
Im Steuerwesen führen Rücksichtslosigkeit und unerhörter
Druck nicht, wie man von oben erwartet hat, zu einer Erhöhung
der Steuererträge, sondern zur wirtsch aftlichen Vernichtung
von Tausenden und damit tatsächlich zur Verminderung der
Steuergrundlagen, wie aus den Erfolgen der Staatswirtschaft für
die Jahre 1934 und 1935 klar zu ersehen ist, die mit 140 Millionen,
bzw. 701 Millionen Rückgang abschließen, der aber noch
höher wäre - trotz den Radikalmethoden des Sektionschefs
Blažek vom Zentralinspektorat, der inzwischen seine Stellung
mit der Leitung der Sektion der indirekten Steuern eingetauscht
hat - wenn man nicht noch für 1932 und früher große
Nachtragsvorschreibungen gemacht hätte, die allein für
Dezember 1935 z. B. einen Steuermehrertrag von 200 Millionen gebracht
haben. Das Endergebnis für das ganze Jahr ist und bleibt
die Erhöhung des Rückganges, der aber scheinbar doch
noch eine Erhöhung nach der Novelle über die direkten
Steuern verträgt, der man ebenfalls rückwirkende Kraft
zuschreiben will, allerdings nur in blindem Optimismus. Diese
Art der Besteuerung hat bei uns längst aufgehört eine
Reinertragsbesteuerung zu sein, sie ist im sudetendeutschen Gebiete
eine direkte Vermögenssteuer geworden, durch die nahezu 2
Milliarden jährlich ohne Rückfluß an den Staat
verloren gehen. Wie drückend diese Besteuerung ist, darüber
hat man seit Jahren Tag für Tag unzählige Klagen gehört,
die man allerdings immer als Querulantentum abgetan hat, oder,
wie wir es auch hier gehört haben, als gebührenden Lohn
für die angebliche staatsfeindliche Einstellung, was dem
primitivsten Gerechtigkeitsgefühl ins Gesicht schlägt,
von einem mitteleuropäischen sozialen Empfinden in einer
Demokratie der kleinen Leute schon gar nicht zu reden.
Damit Sie die Art und Weise der Besteuerung unserer Gebiete und
ihre Auswirkung erkennen können, will ich dies an einem Teil
der Rumburger Gewerbetreibenden aufzeigen. 46 Steuerträgern
aus dem Rumburger Bezirk wurden bei einer einbekannten Einkommensteuergrundlage
von 413.963ÿ64 Kè Steuern für eine solche von
1,176.643ÿ35 Kè vorgeschrieben, also für 289%
der einbekannten Summe, mit einer tatsächlichen Überbesteuerung
von 189%. 43 Parteien bekannten eine Erwerbsteuergrundlage ein
von 385.637 Kè, erhielten aber eine Vorschreibung für
1,028.099 Kè, alslso mit 267% der einbekannten Grundlage
oder 167% effektive Überbesteuerung. 27 Parteien bekannten
einen Umsatz von 718.151 Kè ein, erhielten aber eine Vorschreibung
für 1,136.204 Kè Umsatz, wurden also mit 58ÿ3%
überbesteuert. Von diesen Steuerträgern haben 36 genau
Buch geführt. 44 können alle Belege vorweisen, aber
45 haben keine Bedenkenvorbehalte vom Steueramte erhalten. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Onderèo.)
Noch klarer wird diese Übersteuerung, wenn man die Erwerbsteuergrundlagen
der 27 Parteien zus ammenzählt, für die wir die Umsatzsteuersumme
angegeben haben. Einbekannt wurden von diesen 27 Parteien 126.629
Kè an Einkommensteuergrundlage, Vorschreibungen erhielten
sie für 422.335 Kè. Beträgt die einbekannte Einkommensteuergrundlage
17ÿ9% vom einbekannten Umsatz, also an und für sich
schon ungeheuer viel, was beweist, daß keine Steuerhinterziehung
vorliegen kann, so beträgt die Vorschreibung der Einkommmmensteuergrundlage
37ÿ1% von der vorgeschriebenen Umsatzsumme und 59% vom tatsächlich
einbekannten und daher richtigen Umsatz. Eine Besteuerung von
59% des Umsatzes als Einkommensteuergrundlage! Diese Ziffer zeigt
Ihnen wohl klarer als alles andere die ungeheuere Vermögensbesteuerung,
die hier vorliegt. Das ist eine Methode, durch die die Wirtschaft
vernichtet wird und durch die nur die Flucht aus der Gruppe der
Selbständigen erreicht wird. Die Rückgänge der
Steuereinnahmen infolge der Vernichtung der Wirtschaftsgrundlagen
sind die Folgen.
An dieser ganzen Mißwirtschaft ist allerdings weniger oder
durchaus nicht so sehr das Finanzministerium schuld, obwohl die
Steuerschlüssel diesen Übersteuerungsvorgang tatsächlich
bedingen. Schuld trägt vielmehr das ganz unsinnige Wirtschaftssystem
bei uns durch den Parteienegoismus und durch die rechts- und staatswirtschaftliche
Unsicherheit. Die Parteienmißwirtsch aft, die sich nur für
eigene Vorteile und höchstens für Ministersessel interessiert,
vernichtet so die letzten Reste der ohnedies nicht mehr stark
vorhandenen Verantwortlichkeit, die sich vergeblich gegen diese
Mängel wendet und kommt damit einem staatspolitischen Bankerott
gleich, dem der wirtschaftspolitische Zusammenbruch unweigerlich
folgen muß. Mit der Verfolgung der letzten aufbauwilligen
Kräfte und Parteien, mit dem politischen Druck gegen die
Opposition, mit dem Kokettieren mit den gesellschafts-, volks-
und wirtschaftsfeindlichen Gruppen und sogar mit dem Sendboten
des kommunistischen Vernichtungswillens, mit der Träumerei
der Kleinen Entente, mit der es bisher höchstens zu kleinen
politischen Freundschaftskundgebungen gekommen ist, von der man
aber eine wirtschaftliche Unterstützung noch nicht feststellen
konnte - bemüht man sich bei uns um die Erhaltung der staatlichen
Sicherheit und vergißt dabei in höchster staatspolitischer
Richtungslosigkeit, daß die Sicherheit des Staates einzig
und allein abhängt von der Erfüllung der Pflicht zu
voller nationalpolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit
der Staatsbürger. Der Engländer Seaton Watson, ein alter
guter Freund der Èechen, hat wie viele andere schon vor
dieser Politik erst vor kurzem gewarnt und an ähnliche Verhältnisse
erinnert. die die englische Politik in Irland erfahren hat, aus
denen, wie er betonte, man hier lernen müßte und die
beweisen, daß die Sicherheit des Staates einzig und allein
in der Befriedigung der Einwohner liegt, die aber auch zeigen,
daß darin die einzige Aufstiegsmöglichkeit aus Krise
und Elend gegeben ist.
Bei uns kommt man aber so weit, daß man es sogar schon den
Ärmsten selber überläßt, sich die dürftigen
Heller für den eigenen kargen Unterhalt zu beschaffen, da
nahezu die Hälfte aller Arbeitslosen ohne Unterstützung
ist und man der "Volkshilfe" die größten
Schwierigkeiten bereitet. Neuerlich werden im Zuge der Ernährungsaktion
schon Abzeichen an die Arbeitslosen verteilt, mit der Aufforderung,
diese zu verkaufen, damit sie die geringen Beträge, die für
die außerordentliche Unterstützung notwendig sind,
womöglich selber hereinbringen, ein Vorgang, der im scharfen
Widerspruch steht zu der Bedingung, an die man die Bewilligung
der "Volkshilfe" geknüpft hat, daß Arbeitslose
weder bei der Sammlung noch bei der Verteilung der Mittel verwendet
werden dürfen. Wieder ein Beispiel, daß die Verwaltung
sich scheinbar grundsätzlich nicht an die für andere
erlassenen Bedingungen und Gesetze hält. Dies untergräbt
nicht nur den ohnedies schon stark erschüttertrten Glauben
an die Gleichberechtigungsmöglichkeit in diesem Staate, sondern
schafft auch noch eine Willkürlichkeit der Beamtenschaft,
der die Verantwortung immer unmöglicher, aber gleichzeitig
auch immer leichter wird.
Wir verlangen grundsätzliche Abkehr von dieser Politik, strenge
Richtlinien für ein loyales Vorgehen der Verwaltung und strengste
Bestrafung und Haftung für jede Willkürlichkeit. Wir
verlangen endliche Erfüllung und Einhaltung aller Pflichten
und Versprechungen nach Recht und Gesetz des Staates uns gegenüber.
Wir verlangen das Aufgeben des Pächtertums in Politik und
Wirtschaft und volle Pflichterfüllung uns gegenüber
als einer Minderheit, die relativ viel mehr als alle anderen Gruppen
in diesem Staate für den Staat selber hergegeben hat. Wir
verlangen den gleichen Eifer bei der endlichen Erfüllung
der Versprechungen und bei der Befriedung vor allem des Sudetendeutschtums,
den man seinerzeit bei der Einverleibung in diesen Staat gezeigt
hat. Diese unsere Forderungen werden wir niemals aufgeben, weil
von ihrer Erfüllung die Existenz unseres ganzen Volkstums
abhängt.
Wer sich wie so manche anderen der letzten Reste im Sudetendeutschtum
wie ein Kind mit ein paar Zuckerln abspeisen läßt,
nur damit es brav wieder ein paar Stunden ruhig lutschen kann,
der wird draußen im Sudetendeut schtum niemals als Volksvertreter
angesehen werden können, sondern höch stens als das,
was er in Wirklichkeit ist, als Volksverräter, der imstande
ist, um ein paar kleiner Vorteile willen die Existenzgrundlage
des Volkes preiszugeben. (Potlesk. - Výkøiky
posl. Heegera.) Sie selbst gehören dazu. - Wir selbst
verlangen nichts für uns so wie Sie, und wir verlangen nichts
für ein paar Satte. (Posl. Heeger: Was haben Sie schon
für das deutsche Volk geleistet?) Wir halten den Untergang
auf, den Sie heraufbeschwören. Wir verlangen nichts für
uns, keine Vorteile für ein paar Satte oder für ein
paar Bonzen, wir verlangen die Sich erung der Existenzgrundlage
unseres Sudetendeutschtums, nicht mehr und nicht weniger. (Potlesk.)
Mögen Sie besorgt sein um die paar Vorteile, die Sie
sich schaffen und erhalten konnten auf Kosten des Volkes. (Výkøiky.)
Wir sprechen und wir setzen uns ein für die 500.000 Arbeitslosen
draußen im Sudetendeutschtum, für ihre Rechte, für
die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensvoraussetzungen
des ganzen Sudetendeutschtums, gemeinsam mit diesem hinter uns
stehenden Volk, für das wir sprechen können, nicht nur
weil die Mehrheit hinter uns steht, sondern weil wir uns auch
für die Gesamtheit des Volkes einsetzen; während Sie
nur für ein paar Gruppen sprechen wollen, die man mit ein
paar Zuckerln beschwichtigen kann, setzen wir uns ein für
die endliche Erfüllung der Rechte des ganzen Volkes und gemeinsam
mit unseren Volksgenossen draußen wollen wir uns, wenn Sie
uns kein geschriebenes Gesetz geben für die Erfüllung
dieser Rechte, nach den Mitteln des letzten uns verbliebenen Rechtes
als dem letzten Recht eines bedrängten Volkes einsetzen,
nach dem Recht der Selbsthilfe und der Selbstwehr. (Potlesk.)