Es hat also diese zweite Etappe der Kriegsbeschädigtenfürsorge
im Jahre 1930 begonnen und das jetzt vorliegende Gesetz setzt
diese Arbeit nur fort. Ich möchte nur einige Worte zur Vorlage
selbst sagen. Zunächst einmal muß festgehalten werden,
daß ganz grundsätzlich herausgestellt wird das Recht
des Kriegsbeschädigten, sich neuerlich untersuchen und die
Rente neu bemessen zu lassen. Es war hier zweifellos eine Lücke
vorhanden und es wäre besser gewesen das Gesetz anzugleichen
den Gedanken, die in der Unfallversicherung verankert sind. Das
ist nicht geschehen. Deshalb soll diese Lücke ausgefüllt
werden. Der Prozentsatz der Erwerbsunfähigkeit, der die Voraussetzung
für eine Neubemessung sein soll, ist von 75%, wie es ursprünglich
im Entwurf stand, auf 50% herabgesetzt worden. Einem Einwand,
der nicht nur von oppositioneller Seite gemacht wurde, sondern
auch von anderen Gruppen, ist Rechnung getragen worden und das
Gesetz, das uns vorliegt, wird den Prozentsatz der Erwerbsunfähigkeit
nur mit 50% festsetzen.
Ich möchte in diesem Zusammenhange das Ministerium für
soziale Fürsorge bitten, dafür Vorsorge zu treffen,
daß künftighin bei der Behandlung von Unfällen
aktiver Soldaten ein beschleunigteres Tempo bei der Erledigung
der Fälle eingelegt wird, weil ich die Beobachtung machen
konnte, daß in den letzten Jahren die Erledigung derartiger
Ansuchen von Soldaten, die aktiv gedient haben und im Dienst verletzt
wurden, sehr schleppend erfolgte und außerdem ist die Praxis,
welche sich die zuständigen Militär- und auch sonstige
Behörden zurecht gelegt haben, nicht gerade eine solche,
daß man sagen könnte, daß vor allem diese Fälle
in den Vordergrund gerückt werden. Deshalb sei dieses Ersuchen,
das ich an das Ministerium für soziale Fürsorge gerichtet
haben möchte, besonders unterstrichen.
Wenn man heute fragt, wie es bei den Kriegsbeschädigten aussieht,
ob sich der Zustand in den letzten Jahren noch verschlechtert
hat oder ob eine Entwicklung nach der anderen Seite hin zu verzeichnen
ist, dann findet man, wenn man dieser Frage näher tritt,
geradezu schreckliche Zustände vor. Ich habe hier vor mir
eine Photographie, die ich vor wenigen Tagen von einem Kriegsbeschädigten
eingeschickt erhielt, dessen Hände und Füsse sich heute
beinahe im Zustande der Fäulnis, könnte man sagen, befinden.
Diese Gliedmaßen sind während des Krieges erfroren,
man konnte aber nach dem Kriege gar keine Schädigung feststellen;
jetzt, 18 Jahre nach Beendigung des Krieges, sind nun diese schrecklichen
Folgen der Erfrierung während des Krieges aufgetreten. Man
kann diese Bilder nicht ohne die tiefste Erschütterung ansehen
und es wäre sittliche Aufgabe der Menschheit, dafür
zu sorgen, daß solche Dinge in Zukunft sich nicht ereignen.
Noch befinden sich unzählige Kriegsbeschädigte in Not
und Elend und schon ziehen sich neue Gewitte rwolken zusammen
und morgen kann vielleicht Europa wieder in neue große kriegerische
Verwicklungen hineingezogen werden. Ich habe übrigens keine
Ursache, den Namen des Mannes hier nicht zu nennen, von dem ich
gesprochen habe. Es handelt sich um den Kriegsverletzten Hermann
Schmidt aus Predlitz bei Aussig.
Ich möchte mich nun mit ein paar Worten der Opposition zuwenden.
Interessant waren die Ausführungen des Vertreters der Sudetendeutschen
Partei, dort wo er darauf hinwies, daß die deutschen Unternehmer
Kriegsbeschädigte nicht gerne oder überhaupt nicht beschäftigen.
Die Sudetendeutsche Partei hätte hier Gelegenheit, eine große
Erziehungsarbeit zu leisten, wenn sie es zuwege brächte,
die deutschen Unternehmer dazu zu veranlassen, Kriegsbeschädigten
bei der Anstellung den Vorzug zu geben. Die Sudetendeutsche Partei
würde sich hiermit ein großes Verdienst erwerben und
dem Worte "Volksgemeinschaft" einen wirklichen Begriff
geben. Von Seite der Opposition wird häufig gegen die "Kann"-Bestimmung
Stellung genommen. Ich verweise darauf, daß bei der Beratung
im sozialpolitischen Ausschuß auch unsererseits der Vorschlag
gemacht wurde, diese "Kann"-Bestimmung fallen zu lassen,
und es ist auch ein entsprechender Antrag gestellt worden. Auch
uns wäre es selbstverständlich lieber gewesen, wenn
das Wörtchen "kann" gefallen und von Haus aus ein
Recht statuiert worden wäre für die Kriegsverletzten,
wenn es darum geht, neue Ansprüche zu stellen; aber mit aller
Deutlichkeit muß gesagt werden, daß, wenn ein sozialpolitisches
Gesetz Kompromißcharakter trägt, dies nicht an einem
Mangel an Verständnis unsererseits liegt, sondern eben an
den Machtverhältnissen. Jene Kriegsbeschädigten, die
voriges Jahr am 19. Mai die Sudetendeutsche Partei wählten,
mögen sich die Frage vorlegen, ob es gut war, so viele leere
Stimmzettel abzugeben, und mögen die Fehlerquelle nicht bei
uns, sondern bei sich selbst suchen.
Ich kann deshalb nur sagen: Wir haben um den Inhalt dieses Gesetzes
gekämpft, wir begrüßen es, daß das Ministerium
für soziale Fürsorge es überhaupt vorgelegt hat.
Es ist das Verdienst dieses Ministeriums, daß es mit der
Vorlage des Gesetzes nicht gewartet hat, bis andere Parteien gekommen
sind, sondern daß es aus eigener Initiative seine Tätigkeit
auch auf dem Gebiete der Kriegsbeschädigtenfürsorge
fortgesetzt hat. Wir stehen zu dem Gesetz trotz mancher Schönheitsfehler,
die es haben mag, weil es nach unserer Auffassung manche Not lindern
und manches Unrecht beseitigen wird und deshalb eine Tat für
die Kriegsbeschädigten darstellt. (Potlesk.)
Hohes Haus! Der Mieterschutz wurde während des Krieges eingeführt,
damit die Soldaten, wenn sie nachhause kommen, wenigstens ihr
altes Heim wiederfinden. Nach dem Krieg hatte der Mieterschutz
dort einen Sinn, wo Mangel an Wohnungen herrschte, er hatte Sinn
für jene Menschen, die in schlechten finanziellen Verhältnissen
lebten. Sinnlos wurde der Mieterschutz für alle Menschen,
die vermögend waren, und für jene Orte, wo keine Wohnungsnot
mehr herrschte. Nach dem Umsturz waren sich alle darüber
klar, daß der Mieterschutz abgebaut werden müsse. Nach
welchen Richtlinien dieser Abbau zu geschehen habe, sagte der
damalige Fürsorgeminister Habrman im Motivenbericht
zum Mieterschutzgesetzentwurf vom Jahre 1922 (ète):
"Ziel der staatlichen Wohnungspolitik muß es sein,
die Mieten in den alten Häusern an die Mieten in denjenigen
neuen Häusern anzunähern, die ohne jede finanzielle
Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erbaut wurden".
Weiters sagte dann Minister Habrman: "Auf diese Weise
werden die letzten Reste der Zwangswirtschaft aus der Kriegszeit
beseitigt werden". So sprach vor 14 Jahren ein sozialdemokratischer
Fürsorgeminister. Ich glaube, weder die Sozialdemokraten,
noch die ganze Wohnungsgesetzgebung hat sich an diese Richtlinien
gehalten.
Unsere Partei hat die ganzen Jahre hindurch immer gesagt: Was
den jungen Leuten am meisten weh tut, sind die außerordentlich
hohen Mieten in den neuen Häusern. Wir haben die ganzen Jahre
hindurch Maßnahmen verlangt, damit die Mieten in den neuen
Häusern herabgesetzt werden. Man hat vorgeschlagen, der Staat
möge Höchstpreise für diese Mieten festsetzen.
Wenn man das getan hätte, so wäre die Folge die gewesen,
daß kein Mensch mehr gebaut hätte. Dieser Vorschlag
ist unannehmbar. Wir haben erklärt: Es gibt nur einen einzigen
Weg, die Mieten in den neuen Häusern zu senken, und das ist,
möglichst viel zu bauen. Das Bauen ist bei uns vorbildlich
unterstützt worden, vor allem durch die Staatsgarantie, den
Baubeitrag und die Steuerbefreiung. Wir sind uns darüber
klar, daß diese Begünstigungen in jenen Staaten nichts
nützen, wo kein billiges Geld verwendet werden kann. Es wäre
bei uns noch viel mehr und vor allem billiger gebaut worden, wenn
man uns eren Anregungen gefolgt wäre. Wir haben wiederholt
verlangt, daß endlich etwas gegen den Wucher mit Bauplätzen
unternommen werden müsse. Ich erinnere da an Prag. Wir haben
Maßnahmen gegen den Wucher mit Baumaterialien verlangt.
Ich erinnere, daß noch vor ein paar Jahren der Zement außerordentlich
viel gekostet hat.
Durch diese Unterstützung der Baubewegung wurde nicht nur
viel Arbeit geschaffen, sondern es wurden auch die Mieten in den
neuen Häusern gesenkt. Dieses gewaltige, musterhafte Aufbauwerk
wird immer mit dem Namen des damaligen Sektionschefs Kubišta
verbunden sein.
Wir haben dann gesagt, daß die Mieten in den alten Häusern
entsprechend erhöht werden müssen. Als ich vor einigen
Jahren verlangte, daß der Staat dort, wo er Mieter ist,
verpflichtet werden soll, den siebenfachen Friedenszins zu zahlen,
erklärte eine èechische Zeitung, ich wolle damit die
Minderheitsschulen delogieren. Als ich im Auftrag meines Klubs
im Sozialpolitischen Ausschuß den Antrag stellte, daß
Akti engesellschaften, z. B. die Firma Meinl und die Radlická,
aus dem Mieterschutz herausgenommen werden sollen, sagte man,
dadurch würden Kaffee und Milch teurer werden. Als ich einmal
erklärte, es gebe nicht nur arme Mieter, sondern auch arme
Hauseigentümer, da wurde diese Äußerung in Mietervers
ammlungen in Nordböhmen dazu benützt, daß man
sagte: Der will die Mieter verhöhnen! Es ist noch nicht lange
her, da gab es Millionäre, oder zumindest sehr reiche Leute,
die in geschützten Wohnungen wohnten, während der Eigentümer
des Hauses nicht das Recht besaß, in sein eigenes Haus einziehen
zu können. Durch das Schützen solcher Mieter, die des
Schutzes nicht bedürfen, haben die Bauarbeiter und Bauhandwerker
großen Schaden erlitten, weil dadurch nicht nur die Neubauten
eingeschränkt, sondern auch wenig Hausreparaturen durchgeführt
wurden.
Gestatten Sie mir ein paar Worte zu der Frage Hausreparaturen.
Unsere Partei hat zu einer Zeit, wo es weder in Deutschland noch
in Österreich dieses Hausreparaturgesetz gab, beantragt,
man möge bei uns ein solches Gesetz schaffen. Man hat all
diese Anträge abgelehnt. Und als vor ein paar Jahren ein
Hausreparaturgesetz angenommen wurde, sagten wir in der Kritik,
daß durch dieses Gesetz wahrscheinlich kein einziges größeres
Haus repariert werden wird. Wir haben leider Gottes Recht behalten.
Das heutige Hausr paraturgesetz ist bestimmt gut, wenn es auch
nicht allen Wünschen entspricht.
Ein paar Worte zum jetzigen Gesetz, u. zw. hinsichtlich der Bauförderung.
Wir bedauern es sehr, daß die Bauförderung nach dem
jetzigen Gesetz fast gänzlich eingeschränkt wird für
die Kleinstwohnungen und da vor allem für die Wohnküchen.
Wir haben dagegen schwere Bedenken, vor allem aus folgendem Grunde:
In der Èechoslovakei, besonders in Prag, Brünn und
Bratislava, ist bekanntlich der Wohnungsstandard außerordentlich
niedrig, bedeutend niedriger als zum Beispiel in Paris oder in
London oder in Berlin. Wir haben in Prag 68% aller Wohnungen Kleinstwohnungen,
davon sind 27% Wohnküchen und 41% Wohnungen, die nur aus
Zimmer und Küche bestehen. Wir hoffen alle, daß in
einigen Jahrzehnten der Wohnungsstandard doch höher sein
wird, und da fragen wir uns: Was wird denn da mit den vielen Kleinstwohnungen
geschehen? Wir sind nicht gegen eine Unterstützung der Bauten
für Kleinstwohnungen, aber wir verlangen, daß nicht
nur Kleinstwohnungen unterstützt werden, sondern auch Kleinwohnungen,
u. zw. auch im Interesse der Mieter. Durch das Mieterschutzgesetz
werden die Mieter aus den Zweizimmerwohnungen gekündigt werden
können. Was wird die Folge sein? Daß ein großer
Bedarf, eine große Nachfrage nach Zweizimmerwohnungen entstehen
wird. Wenn man aber jetzt das Bauen von Zweizimmerwohnungen nicht
unterstützt, wird die Folge die sein, daß die Zweizimmerwohnungen
sehr stark im Preise steigen werden. Also etwas, was bestimmt
nicht gewollt wird.
Was wir weiter bekritteln, ist die Tatsache, daß der Baubeitrag
im Gegensatz zum früheren Gesetz nur an Gemeinden gewährt
wird. Meine Herren, wir sagen, es ist doch Nebensache, wer baut.
Die Hauptsache ist, daß gebaut wird. Und es wäre Pflicht
des Staates, jeden, der baut, zu unterstützen, vorausgesetzt
natürlich, daß er gewisse Vorschriften einhält.
Was den Mieterschutz nach dem heutigen Gesetz betrifft, so wird
dieser jetzt Schritt für Schritt abgebaut. Es ist ein Kompromiß,
das schließlich und endlich niemanden befriedigt. Meine
Herren, lassen Sie mich nur auf einen Gedanken hinweisen. Es gibt
nicht Hunderte und nicht Tausende, sondern ich behaupte, es gibt
Zehntausende von Handwerkern und Arbeitern, die in einem Einfamilienhaus
wohnen, das sie sich nicht selbst gebaut haben, sondern das sie
von ihrem Vater geerbt haben. Sie wohnen in diesem alten Haus
nicht allein, gewöhnlich haben sie noch eine Partei. Diese
Hauseigentümer sind angewiesen auf den Mietzins, den sie
erhalten. Wenn der Mieterschutz weiter bestehen bleibt, so bekommen
diese Hauseigentümer, die selbst Arbeiter sind, oder alte
Handwerker, nach wir vor so gut wie gar nichts, auf der anderen
Seite haaben sie aber auch kein Geld zur Reparatur ihrer alten
kleinen Häuser. Die jetzige Fassung des Gesetzes ist ein
Vorteil für Mieter in diesen alten kleinen Häusern,
sie ist aber ein Nachteil für die Hausbesitzer, die zum großen
Teil Arbeiter und Handwerker sind, aber auch ein großer
Nachteil für die Bauarbeiter und für die Bauhandwerker.
Ein paar Worte zur Frage des Regresses. Unsere Partei hat immer
folgenden Standpunkt vertreten: der Staat soll vom Bauregreßrecht
Gebrauch machen, Gebrauch machen dort, wo sich Leute bereichert
haben. Wir haben in Prag Fälle, wo mit Staatsunterstützung
Zinshäuser gebaut wurden, wo der Mietzins um keinen Heller
billiger ist als in Privathäusern. Wir haben in Prag Luxusvillen,
die mit Staatsunterstützung gebaut wurden, ohne daß
der Staat bisher den Mut gehabt hätte, zu sagen: "Lieber
Freund, du mußt etwas zurückzahlen". Dagegen soll
vom Regreßrecht nicht Gebrauch gemacht werden bei Einfamilienhäusern
und bei Genossenschaftshäusern. Man hat eine Zeit versucht,
hinsichtlich der Genossenschaftshäuser vom Regreßrecht
Gebrauch zu mamachen. Meine Frauen und Herren! Die weitaus meisten
Genossenschaften befinden sich in einer sehr schweren Lage. Wenn
man jetzt das Regreßrecht gegen diese Genossenschaften aktivieren
würde, so wäre die Folge die, daß die Genossenschaften
eine Sanierung durch den Staat verlangen würden. Eine zeitlang
hat man den Genossenschaften sogar den Befehl gegeben, sie müssen
zur Sania erung die Mieten erhöhen. Meine Herren, ich glaube,
durch solche Befehle kann man Genossenschaften nicht sanieren,
sondern höchstens ruinieren.
Ich fühle mich verpflichtet, von dieser Stelle auch etwas
über die sogenannten Bausparkassen zu sagen. Es sind das
Genossenschaften, die durch Zwecksparen ihren Mitgliedern die
für Neubauten oder zur Entschuldung nötigen Gelder billig
verschaffen wollen. In der Èechoslovakei und auch in England
und Deutschland hat man in den letzten Jahren mit diesen Baugenossenschaften
nicht die besten Erfahrungen gemacht, vor allem deswegen nicht,
weil diese Bausparkassen den Leuten zu viel versprochen haben.
Ich habe vor 5 oder 6 Jahren von dieser Stelle über einen
Prospekt einer èechoslovakischen Bausparkasse gesprochen,
wo man den Leuten zinsenloses Geld versprochen hat. Der zweite
Grund, warum die Leute bald unzufrieden wurden, ist die außerordentlich
lange Wartefrist. Um diese Wartefrist abzukürzen, sind einige
Bausparkassen auf die Idee gekommen, sich fremde Gelder auszuborgen.
Das war gut gedacht, aber in ein paar Jahren sind sie gerade durch
diese fremden Gelder in eine Katastrophe sondergleichen hineingeraten.
Die Genossenschaften haben versucht, neue Mitglieder zu werben,
um neues Geld zu bekommen. Die Propaganda hat riesige Summen verschlungen.
Dazu kam noch die Regie, und schließlich und endlich waren
sich die Genossenschaften klar darüber, daß sie nirgends
das Geld so teuer bekommen, wie in den Bauspargenossenschaften.
Die Heimat der Bausparkassen ist England, wo schon im Jahre 1931
170.000 Bausparer waren. Vor etwa 11 Jahren faßte diese
Bewegung Fuß im Deutschen Reich und es wurden dort in den
letzten 11 Jahren jährlich 50 bis 60 Millionen Mark zugeteilt.
Insgesamt wurden 71.000 Einfamilienhäuser durch die Bausparkassen
errichtet. Es gab vor einigen Jahren in Deutschland 300 Bausparkassen.
Als das bekannte Bausparkassengesetz in Deutschland geschaffen
wurde, war die erste Folge die, daß der Staat die Tätigkeit
von 250 Bausparkassen eingestellt hat. Die übrigen 50 Bausparkassen
vegetierten nur, obwohl sie im Jahre 1933 einen Kredit von 100
Millionen Mark erhalten hatten. Über die Bausparkassen der
Èechoslovakei kann ich Ihnen keinen amtlichen Bericht geben,
weil ein amtlicher Bericht nicht existiert. Vielleicht darf ich
auf Folgendes hinweisen: Als die Bausparkassen bei uns aufk amen,
richtete ich am 29. Jänner 1931 an den Fürsorgeminister
eine Interpellation, in der es heißt (ète): "In
der letzten Zeit wird auch in der Èechoslovakei für
Bausparkassen geworben, die sich erbötig machen, billiges,
ja sogar zinsenfreies Baugeld zu borgen. Wirklich gut fundierte
Bausparkassen sollen gefördert werden. Es besteht aber bei
dieser Bewegung die Gefahr, daß die eine oder andere Kasse
mehr verspricht, als sie halten kann." Ich habe an den Herrn
Minister folgende Fragen gestellt: "Sind Sie bereit, alle
in der Republik bestehenden Bausparkassen ständig überwachen
zu lassen? Sind Sie bereit, die solid arbeitenden Bausparkassen
in jeder Hinsicht zu fördern? Sind Sie bereit, im Einvernehmen
mit den in Betracht kommenden Ministerien überall dort einzuschreiten,
wo die Gefahr besteht, daß Bausparer geschädigt werden
könnten?"
Ich habe auf diese Interpellation eine nichtssagende Antwort bekommen.
Das Fürsorgeministerium und das Innenministerium haben sich
für diese wichtige Frage sehr wenig interessiert. In verschiedenen
Prozessen - ich selbst habe einen Prozeß gegen einen Funktionär
der Bausparkasse "Zinslos" angestrengt - ist sehr viel
Material aufgeflogen. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Taub.) Im Jahre 1933 habe ich
dem Sozialpolitischen Ausschusse eine Resolution unterbreitet,
die vom Hause am 28. März 1933 angenommen wurde. Die Resolution
lautet (ète): "Die Regierung wird aufgefordert,
wenn möglich bis Ende April 1933 einen Gesetzentwurf über
die Bausparkassen vorzulegen." Jetzt haben wir 1936 und bis
heute ist dieses Gesetz nicht vorgelegt worden. Es ist so, daß
wir jedes halbe Jahr erfahren, es habe im Innenministerium oder
im Fürsorgeministerium eine Enquete getagt, das Bausparkassengesetz
werde bald herauskommen. Jedes halbe Jahr aber geht eine Bausparkasse
zugrunde und die übrigen werben seelenruhig weiter. Wenn
ein armer Teufel Holz stiehlt, wird er eingesperrt. Wenn ehrsame
Menschen von vorbestraften Individuen für gewisse Bausparkassen
geworben werden, an deren Spitze zum Teile Menschen stehen, die
schon längst ins Kriminal gehören, schreitet kein Amtsorgan
ein, auch dann nicht, wenn die Bausparer nachweisen können,
daß sie von ihnen um die Ersparnisse gebracht worden sind.
Es hat keinen Sinn, hier im Hause eine neue Resolution einzubringen.
Ich kann nur eines feststellen, daß die Regierung durch
ihre Unterlassung am Elend mitschuldig ist, das durch einige Bausparkassen
angerichtet wurde.
Zum Schlusse einige Worte über das Siedlungsproblem. Es gibt
Leute, die wünschen, das Bodenamt möge seine Tätigkeit
durch eine neue Bodenreform fortsetzen. Wir können uns damit
nicht einverstanden erklärren. Wir verlangen Folgendes: Es
möge endlich eine großzügige Siedlungsaktion durchgeführt
werden. Erstens eine Stadtrandsiedlung, wo die Landwirtschaft
Nebenerwerb ist, zweitens eine Rekultivierung brachliegenden Bodens
und drittens eine Parzellierung von Staatsgütern und Restgütern.
Im zweiten und dritten Falle wäre die Landwirtschaft Haupterwerb.
Man wird erwiedern, das kostet viel Geld. Stimmt! Aber wenn die
Möglichkeit besteht, Zehntausende von Menschen, die heute
arbeitslos sind, wieder in den Arbeitsprozeß einzuschalten,
so müßte man gewiß Gelder riskieren. Man bedenke,
daß in dem Augenblick, wo der Betreffende Land hat, er keine
Arbeitslos enunterstützung mehr bekommt. Ein Beispiel: Ich
kenne ein Staatsgut, das hatte vor paar Jahren in einem Jahre
einen Fehlbetrag von einer halben Million Kè. Wer zahlt
ihn? Der Steuerträger! In derselben Gemeinde waren über
100 Arbeitslose, die bekamen die normale Arbeitslosenunterstützung.
Wer bezahlt die? Wieder der Steuerträger. Wenn das Gut verpachtet
werden würde, etwa an 20 oder 30 Arbeitslose, die von der
Landwirtschaft etwas verstehen, und wenn diese Leute ein vollkommenes
Mißjahr hätten, müßten sie doch Steuern
zahlen wie jeder andere Bauer. Außerdem würde man die
Arbeitslosenunterstützung ersparen. Das ist kein vereinzeltes
Beispiel - solche Beispiele ließen sich verhundertfachen.
Solche Staatsgüter gibt es besonders in der Slovakei und
in Karpathorußland.
Für diese Aktionen dürfen nur soziale und wirtschaftliche
Gründe maßgebend sein. Der Siedlungsgedanke darf nicht
zu nationalen Eroberungen mißbraucht werden. Die Unterstützung
der Siedlung darf nicht etwas Nebensächliches sein. Wer die
Siedlung unterstützt, der arbeitet für Familienglück
und Volksgesundheit. Die Forderung, die Leo XIII schon 1891 in
seiner Enzyklika Rerum novarum verlangt hat, jeder Arbeiter habe
Anspruch auf ein Stückchen Heimat und auf ein Eigenheim,
darf keine Utopie sein. Schreberhäuschen und Wochenendhäuschen
dürfen kein Ersatz sein für wirkliche Familienhäuser.
Vor einigen Wochen besuchte der Staatspräsident das Prager
Rathaus. Bei dieser Gelegenheit sprach er den Wunsch aus, Prag
möge nicht auf viel mehr als eine Million Einwohner anwachsen.
Wir sollten daraus Folgerungen ziehen und die Wohnungsfürsorge
für das Dorf und die Kleinstadt besonders ausgestalten.
Mit der heutigen Novelle zum Mieterschutzgesetz schließt
ein trauriges Kapitel im Gedenkbuch der Èechosovakischen
Republik. Möge das neue Kapitel, das von der Siedlung handelt,
von recht vielen Menschen berichten, die durch eine großzügige
Siedlung, Arbeit, Glück und Zufriedenheit finden. (Potlesk
poslancù nìm. køes. sociální
strany.)