Pátek 5. bøezna 1937

4. Øeè posl. Appelta (viz str. 29 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Unser Klub hat schon durch den Genossen Clementis erklären lassen, daß wir mit dem vorliegenden Antrag, der die Bezüge der Schulinspektoren neu regelt, einverstanden sind und auch für ihn stimmen werden. Bei dieser Gelegenheit erheben wir die Forderung, daß es nicht nur bei der Regelung der Bezüge der Schulinspektoren bleiben soll, sondern daß es jetzt auch endlich Zeit ist, ernstlich daran zu gehen, auch die berechtigten Forderungen der übrigen Kategorien und Schichten der Staatsangestellten zu erfüllen.

Die Frage des Schulwesens und der Staatsangestellten hängt sehr enge mit der Frage des nationalen Ausgleichs zusammen. Die kommunistische Partei hat mit großem Ernst das Ergebnis der Regierungsverhandlungen vom 20. Feber überprüft. Wir verkennen nicht den guten Willen, der sich bei diesen Verhandlungen gezeigt hat, müssen aber das zustandegekommene Ergebnis als sehr mager bezeichnen. Unsere Partei hat eine großzügige Regelung der berechtigten Forderungen der sudetendeutschen Bevölkerung im Rahmen der Verfassung vorgeschlagen, eine Regelung, die einen wirklichen demokratischen Ausgleich zwischen Èechen und Deutschen bedeutet hätte. Unsere Initiative wurde von den aktivistischen Pa rteien zwar aufgegriffen, aber verbogen, denn diese Parteien scheuten vor der Entfaltung einer breiten demokratischen Volksbewegung für nationalen Ausgleich zurück und bes chritten den Weg der geheimen Kabinettsverhandlungen.

Die nationalpolitischen Richtlinien, die am 20. Feber von der Regierung veröffentlicht wurden, bedeuten noch lange keinen nationalen Ausgleich, aber wir betrachten sie als einen ersten Schritt zu diesem erstrebenswerten Ziele, dem in naher Zeit weitere und kühnere Schritte folgen müssen. Vor allem aber müssen die von der Regierung gemachten Versprechungen unbedingt eingehalten und unverzüglich in praktische Taten umgesetzt werden. Die vorläufig nur auf dem Papier stehenden Versprechungen müssen einen lebendigen Inhalt bekommen und sich für die sudetendeutsche Bevölkerung in Brot, Arbeit und nationale Rechte verwandeln. Wenn wir das zustandegekommene Ergebnis nur als einen ersten Schritt, als einen Anfang betrachten, werden wir mit allen unseren Kräften den Kampf um einen wirklichen nationalen Ausgleich im Interesse des sudetendeutschen und des èechischen Volkes und damit im Interesse der Èechoslovakischen Republik weiterführen. Für das sudetendeutsche Volk ist ein demokratischer Ausgleich mit dem èechischen Volk eine unbedingte Lebensfrage, nicht nur eine Frage des gleichen Rechtes auf dem Gebiet der Sprache und Kultur, sondern auch eine Frage der wirtschaftlichen und sozialen Hilfe, eine Frage des Brotes, eine Frage des Arbeitsplatzes.

Herr Kundt und die Führer der Sudetendeutschen Partei dagegen betrachten diese Frage nur als kleine Dinge, wie Herr Kundt wörtlich in Karlsbad erklärt hat, über die es gar nicht lohnt, sich auch nur zu unterhalten. Für das sudetendeutsche Volk aber ist der nationale Ausgleich der Weg, auf dem es zu seinem Recht kommen kann. Die Regierung hat sich nur zu einem ersten Schritt in der Richtung einer Verständigung aufgerafft. Aber schon dieser erste Schritt versetzt die SDP in nervöse Aufregung. Hatten doch die Herren von der SDP bis zum letzten Moment auf die èechische Reaktion gebaut, daß diese jeden Schritt in der Richtung einer Versöhnung der Völker verhindern werde. Schon der erste Schritt hat gewirkt, daß Henlein gezwungen wurde, sein wahres Gesicht in Aussig zu zeigen und klarer als früher seine politischen Ziele zu enthüllen. (Posl. Kundt: Jetzt habt Ihr wieder wenigstens etwas zu reden!) Ich werde schon darüber reden. Hätten die Regierung und die aktivistischen Parteien unseren Vorschlag auf Verlegung der Verhandlungen ins Parlament angenommen, dann hätte die SDP schon hier im Parlament Rede und Antwort stehen müssen, dann hätte es gar kein Aussig gegeben, dann wäre sie schon hier entlarvt worden, hätte sie schon hier auf der Anklagebank gesessen. Konrad Henleins Aussiger Rede ist der beste Beweis dafür, daß der nationale Ausgleich der richtige Weg ist, um dem sudetendeutschen Volk zu seinem Recht zu verhelfen, um eine Versöhnung und ein brüderliches Zusammenleben zwischen dem èechischen und dem sudetendeutschen Volk herzustellen und um die sudetendeutsche Bevölkerung für die Verteidigung der Republik gegen den inneren und äußeren Faszismus zu gewinnen. Hätte die Regierung großzügiger, politisch weiterblickend und nach unseren Vorschlägen gehandelt, dann würde sich heute Henlein in Verzweiflung die Haare raufen, weil seine Partei aufgerissen und gespalten wäre (Souhlas poslaancù komunistické strany.), nämlich in die Gruppe der offenen Faszisten, die keine Versöhnung wollen, sondern nur die Lösung der nationalen Frage auf gewaltsamem und kriegerischem Wege anstreben, und in die große Masse der Werktätigen Henleins, die eine demokratische, friedliche Regelung einer Katastrophenpolitik vorziehen. (Souhlas poslancù komunistické strany.)

Große Massen der SDP-Werktätigen haben von Henlein in Aussig eine Stellungnahme zum Ergebnis der Regierungsverhandlungen erwartet. Viele Leute aus ihren Reihen haben geglaubt, daß Henlein in Aussig sagen wird: "Was erzielt wurde, ist wenig, aber wir werden darüber wachen, daß die gemachten Ver

sprechungen auch eingehalten werden, wir werden die große Kraft unserer Wählermassen dafür einsetzen, daß dem ersten Schritte weitere Schritte folgen und daß mehr erzielt werde." Aber aus dem, was Henlein in Aussig gesagt hat, können die SDP-Werktätigen erkennen, daß es Henlein nicht um die Volksrechte geht, sondern um etwas ganz anderes (Hluk. - Místopøedseda Košek zvoní.), um die Verwirklichung der politischen Ziele des deutschen Faszismus. Henleins Aussiger Rede hat den Sinn, das Volk von seinem Kampfe um die Lebensfragen, um Arbeit, Brot, Unterstützung und Gleichberechtigung abzulenken auf absolut unerfüllbare, unreale Ziele, auf das Gebiet einer ausgesprochenen Katastrophenpolitik. (Souhlas poslancù komunistické strany.)

Was hat Henlein in Aussig in der Hauptsache gefordert? 1. Die nationale Selbstverwaltung, auf Grund eines nationalen Katasters. 2. Die Schaffung eines eigenrechtlichen Organes der Selbstverwaltung. Er hat sich darüber nicht näher ausgedrückt, wer dieses Organ sein soll. Wahrscheinlich soll das der Führerrat der SDP sein. 3. hat Henlein gefordert die Ziehung einer Sprachgrenze und damit die Aufteilung der Èechoslovakischen Republik. (Posl. inž. Künzel: Sie haben noch vor Kurzem dasselbe verlangt!) Alles zu seiner Zeit! (Výkøiky poslancù sudetskonìmecké strany.)

Das Echo, welches die Henleinrede gefunden hat, zeigt, daß die Forderungen von Aussig auf einem friedlichen Verhandlungsweg nicht durchzusetzen sind. Denn diese Forderungen bedeuten nichts anderes, als: 1. die Zerstückelung der Republik, 2. die Auslieferung des deutschen Gebietes unter das Diktat von Berlin (Souhlas poslancù komunistické strany.), 3. die Vernichtung der Unabhängigkeit der Republik und ihre Verwandlung in einen Vasallenstaat des Dritten Reiches, 4. einen ständig erbitterten Kampf zwischen Èechen und Deutschen und schließlich die Versetzung der Republik in einen Zustand des latenten Bürgerkriegs.

Henlein ist sich und muß sich darüber im klaren sein, daß er diese Forderungen hier im èe choslovakischen Parlamente nicht durchsetzen kann. Er weiß genau, daß überhaupt nur eine Aussicht besteht, die Forderungen durchzusetzen, auf kriegerischem und gewaltsamem Weg. (Výkøiky. - Hluk.)

Místopøedseda Košek (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Appelt (pokraèuje): Darum hat auch Henlein in Aussig mit dem Appell an das Ausland gedroht und erklärt, daß er die ritterlichen Nationen anrufen werde. Aber unter den ritterlichen Nationen versteht er die reaktionären englischen Lords @a la Rothermere und die faszistischen Machthaber des Dritten Reiches. (Hluk.) Dem Volke draußen gaukeln die SDP-Führer vor, daß die englische Regierung, die ganze englische öffentliche Meinung hinter den Forderungen Henleins steht. Das ist ein wissentlicher Betrug, weil es nicht stimmt. (Posl. inž. Künzel: Das hat auch der Jaksch gesagt!) Vor allem geht es Henlein um den Appell an das Dritte Reich, dessen Einmischung in die innerstaatlichen èechoslovakischen Verhältnisse aufgerufen wird. Dasselbe Deutschland, welches alle Verträge zerreißt und in Fetzen von Papier verwandelt hat, das soll jetzt auf einmal als der Garant für die Minderheitenschutzverträge auftreten. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Wenn Henlein die Einmischung des Dritten Reiches anruft, ist er sich darüber klar, daß es sich nur um eine kriegerische Einmischung handeln kann, mit Waffen nach den bewährten spanischen Methoden. (Hluk.) Die kommunistische Partei hat schon im Oktober die Bürger dieses Staates vor den verbrecherischen Plänen der SDP-Führung gewarnt und aufgezeigt, daß die SDP-Führung planmäßig und bewußt den bewaffneten Aufstand und Bürgerkrieg in den sudetendeutschen Gebieten vorbereitet (Hluk.) und das zu dem Zwecke um ein Eingreifen Hitlers herbeizuführen. Was wir im Oktober gesagt haben, droht jetzt akute und schreckliche Wirklichkeit zu werden. Die Drohung Henleins in Aussig, man solle uns nicht zur Verzweiflung treiben und seine freche Behauptung von den verfassungslosen Zuständen in der Republik können nicht anders verstanden werden. Wir brandmarken diese Politik als eine volksfeindliche Abenteuererpolitik, wir enthüllen sie und warnen das sudetendeutsche Volk davor, sich mißbrauchen, betrügen und von diesen SDP-Führern in die Katastrophe führen zu lassen. Das sudetendeutsche Volk würde die Zeche aus dieser Politik sehr teuer bezahlen. Wenn diese Politik scheitern würde - und es besteht kein Zweifel: sie muß scheitern - dann würden Henlein, Kundt, Frank, Künzel, Sandner, Köllner und wie die Herren alle heißen, genau so ausreißen über die rettende Grenze, wie 1918 Lodgman und 1933 Krebs und Jung ausgerissen sind. Sie würden sich nicht die geringsten Skrupel machen über das weitere Schicksal des Volkes, sie würden das Volk im Stiche und in der Katastrophe sitzen lassen. (Výkøiky.) Das ist die eine Seite der Medaille ihrer Politik.

Und jetzt die andere Seite. Was würde eine solche Selbstverwaltung oder Autonomie, wie sie Henlein fordert, bedeuten, wie würde sie aussehen? Welche Rechte würde sie unserem Volke bringen? Wir sagen, keine. Anstatt Rechte zu bekommen, würde das Volk in eine faszistische Zwangsjacke gesteckt werden. Nicht das Volk würde über seine Rechte frei bestimmen können, sondern Henlein würde über Auftrag von Berlin diktieren, welche Rechte jeder Deutsche haben soll. Anstatt einer Selbstverwaltung würde man dem Volk die Selbstherrschaft des sogenannten Führers Konrad Henlein aufzwingen. Und wie diese Selbstherrschaft Henleins aussehen würde, davon legen die von uns veröffentlichten "Richtlinien" zu den Gemeindewahlen, die ihre Führung herausgegeben hat, beredtes Zeugnis ab und auch die Zustände, die in ihrer Partei herrschen. Daß jede demokratische Meinungsäußerung und Freiheit unterdrückt wird, zeigt den Volksmassen, was sie von einer Selbstherrschaft zu erwarten hätten. (Posl. Birke: Was sagen Sie zum Moskauer Prozeß? Was ist mit Trotzki?) Kommt alles. Die jetzigen Bürgerrechte der Deutschen würden mit Füssen getreten und aufgehoben werden. Die SDP-Führer würden in den Sudeten ähnlich herrschen, wie die Nazis in Danzig. (Sehr richtig!) Gegen die sozialistischen und demokratischen Schichten der Bevölkerung würde von der faszistischen Sturmgarde ein ungehemmter Terror entfaltet werden und die Verteidiger der Volksfreiheit in Karlsbad, Teplitz oder Reichenberg könnten dann nach Prag in die Emigration auswandern. Das, was Henlein will, seine Selbstherrschaft über das Volk, das wäre in Wirklichkeit die babylonische Gefangenschaft, von der Henlein in Aussig gesprochen hat.

Das sudetendeutsche Gebiet wäre nur noch rein formell ein Bestandteil der Èechoslovakischen Republik, faktisch aber eine Provinz des Dritten Reiches und ihr Statthalter hieße Konrad Henlein. Gegen das Dritte Reich gäbe es keine Grenze mehr, sondern die Landesgrenze würde die von Henlein geforderte Sprachgrenze sein und die würde schon bei Mìlník verlaufen. (Posl. Kundt: Sie sind also gegen den Schutz unserer Sprachgrenze?) Ich bin gegen den Schutz, wie ihn Henlein will, weil das kein Schutz, sondern nackte Diktatur ist. Jede individuelle Freiheit würde abgeschafft, jeder Deutsche würde in einem Kataster registriert, bespitzelt und unter Aufsicht gestellt werden. Ja, es würde wahrscheinlich auch so weit kommen, daß jeder Deutsche in der Republik nicht nur seinen Stammbaum, sondern auch seine arische Großmutter nachweisen müßte. Und was würde die Selbstverwaltung oder die Autonomie, wie sie Henlein fordert, in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht bringen? Würden die Löhne erhöht werden? Wir sagen nein; denn die SDP-Fabrikanten, die alle hinter Henlein stehen, die würden im Gegenteil glauben, daß erst jetzt für sie die goldenen Zeiten anbrechen. Würde es mehr Unterstützung für die Arbeitslosen geben? Gewiß nicht. Es würde nur fleißiger des Altpapier gesammelt werden, und dazu würden die faszistischen Schnorrer noch die Abfallkästen durchwühlen. Mehr aber würde es für die Arbeitslosen nicht geben. Würden die deutschen Kleinbauern Boden bekommen? Bestimmt nicht. Die adeligen deutschen Großgrundbesitzer, die Freunde Henleins und der Henlein-Partei, würden nach wie vor keinen Boden hergeben. Die Restgüter würden nicht parzelliert, sondern von deutschen Fabrikanten aufgekauft werden, wie das kürzlich der Millionär Lehrmann im Wildsteiner Gebiet getan hat. Als dagegen die dortigen Kleinbauern Krach schlugen, erklärte der Abg. Sandner diesen Betrug an den Bauern als eine nationale Tat. (Výkøiky: Pfui!) Das soll sich der Führer des Bauernstandes in der SDP Ing. Künzel hinter die Ohren schreiben. (Rùzné výkøiky.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Appelt (pokraèuje): Kurzum: herrschen würde nicht das Volk, sondern Henlein. Nicht die Forderungen und Wünsche des Volkes würden erfüllt werden, sondern die Forderungen der sudetendeutschen Bourgeoisie, der faszistischen Klique und die Forderungen Hitlers. Während Henlein die Rechte für sich will, wollen wir Kommunisten die Rechte für das Volk haben. Das ist der große Unterschied. Henlein fordert Neuwahlen ins Parlament, die den Charakter einer Volksabstimmung tragen sollen und für die er sich im voraus eine 90%ige Mehrheit verspricht.

Daneben arbeitet unter der deutschen Bevölkerung die bekannte Flüsterpropaganda mit dem Argument, daß nächstes Jahr eine Abstimmung über den Anschluß des sudetendeutschen Gebietes an das Dritte Reich durchgeführt werden soll. Bei den nächsten Gemeindewahlen soll darüber abgestimmt werden, sagen wir, wie die deutschen Wähler mit der bisherigen Politik der Sudetendeutschen Partei zufrieden sind. (Sehr richtig!) Und dieses Ergebnis wird für die faszistische Klique, die heute den Führerrat der SDP bildet, niederschmetternd sein. Die Arbeiter- Wähler der SDP, die den Schwindel der henleinischen Volksgemeinschaft zu durchschauen beginnen, werden über die Politik des Führerrates ein ebenso vernichtendes Urteil fällen, wie es eben die Arbeiteropposition in Brünn getan hat. (Potlesk komunistických poslancù.) Für die Regierung und für die Demokratie ist es noch nicht zu spät zum Handeln. Aber es muß rasch und wirklich gehandelt werden. Die sozialistischen und demokratischen Parteien dürfen trotz aller Drohungen Henleins nicht einen Schritt vom Wege des Ausgleiches zurückweichen. Der eingeschlagene Weg muß konsequent weitergegangen, die Versprechungen müssen in die Tat umgesetzt werden, dem sudetendeutsche Volk muß ein Recht zum Leben gegeben werden. Und wenn das geschieht, dann wird sich das deutsche Volk gegen die Herrschaft des Henleinfaszismus zu schützen müssen und gleichzeitig mit den anderen Völkern dieses Staates auch die Republik schützen gegen die zerstörenden Bürgerkriegspläne der SDP. (Potlesk poslancù komunistické strany.)


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