Ètvrtek 8. dubna 1937

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 90. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 8. dubna 1937.

1. Øeè posl. dr Peterse (viz str. 16 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Vorlage, die uns heute hier beschäftigt, betrachten wir als einen Fortschritt, und zwar absolut und relativ: Relativ als einen Fortschritt in Bezug auf das geltende Gesetz und auch auf den Entwurf, den uns die Regierung vorgelegt hat, absolut als einen Fortschritt deshalb, weil das Parlament sowohl in der Arbeit des verfassungsrechtlichen Ausschusses, als auch in der Aussprache, die hier abgeführt wurde, den klaren Willen zum Ausdruck gebracht hat, auf der Linie der Rechtsstaatlichkeit fortzuschreiten, und dabei bekannt hat, daß es die vornehmste Aufgabe hat, für die Rechtsstaatlichkeit auf allen Gebieten des politischen Lebens Sorge zu tragen.

Ich will gar nicht untersuchen, was die Regierung veranlaßt hat, einen Entwurf vorzulegen, den der Verfassungsausschuß in so wesentlichen Punkten abändern mußte. Ich will nicht untersuchen, ob es ihr Wille war, das Oberste Verwaltungsgericht zu entlasten oder bewußt eine große Machtverschiebung zugunsten der Verwaltung, zu Ungunsten des Bürgers durchzuführen. Ich betrachte es als Fortschritt, daß das Parlament den richtigen Weg gegangen ist, in diesem Falle sogar gegen die Regierung, und den Entwurf nunmehr in einer Fassung vorlegt, in der ihn anzunehmen auch wir in der Lage sind. Aber lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit eine ganze Reihe politischer Fragen behandeln, welche mit der Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhange stehen.

Zunächst müssen wir feststellen, daß wir auf Grund sehr schlimmer Erfahrungen, die das Sudetendeutschtum im Laufe der 18 Jahre in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit gesammelt hat, eigentlich sehr starke Bedenken gehabt haben, ob die Entwicklung in der Linie der Rechtsstaatlichkeit geht. Es wird in der Regel übersehen, daß die Entwicklung nach dem Nationalstaat viele Tatbestände in der Verwaltung und in der Ausübung der Hoheitsrechte der Regierung gesetzt hat, welche die Rechtsstaatlichkeit auf das tiefste verletzen. Es kann ja geschehen, daß, wenn der Grundsatz der nationalstaatlichen Expansion über die Rechtsstaatlichkeit gesetzt wird, die Voraussetzungen der demokratischen Staatsform und die Sicherungen in ihr auch für die nationalen Minderheiten via facti aufgehoben werden. Wenn die Verwaltung auf diesem Gebiete solche Tatbestände gesetzt hat, so ist fraglos mit daran das Parlament schuld, welches einerseits bei der Formulierung und Ausarbeitung der Gesetze eine viel zu große Lässigkeit gezeigt hat etwas, was übrigens auch hier während der Aussprache festgestellt wurde - und andererseits in den Gesetzen von Ermächtigungen an Regierung und Verwaltung in einem ungesunden Maße Gebrauch gemacht hat, so daß sich eigentlich die Verantwortung für die Rechtsordnung von dem Hüter der Verfassung und der verfassungsmäßigen Rechte, nämlich dem Parlamente, in die Verwaltung verschiebt. Und wenn nun bei der Durcharbeitung dieser Vorlage - sowohl in dem Berichte des Verfassungsausschusses an das Haus als auch durch die Rede des Herrn Referenten und die Reden der anderen Herren, vor allem aus der Koalition - der Wille des Parlaments, also des Gesetzgebers zur Rechtsstaatlichkeit ganz klar ausgesprochen worden ist, so hätten wir nur den dringenden Wunsch, daß sich dieser Wille jedermann, also auch der Regierung gegenüber durchsetze! Denn wir haben von solchen Berichten und Reden praktischrechtlich nichts, wenn sie eben nur aus der augenblicklichen Situation entsprungene Verschönerungen des an sich nicht schönen parlamentarischen Lebens sind und keine rechtspolitischen Realitäten bringen.

So sehr ich also das Vorgehen des Ausschusses und des Hauses bei dieser Vorlage anerkenne und auch dem Referate des Herrn Berichterstatters beipflichte, möchte ich doch mit einem von ihm geäußerten Gedanken polemisieren, der in gewissem Sinne die guten Absichten, welche bei dieser Novelle zum Ausdrucke kommen, aufheben oder zumindest in einem Maß schmälern kann, daß alle Vorteile dieser Vorlage aufgehoben werden. Dr. Meissner hat sich nämlich auch in seinem Referate mit dem Verhältnis von Koalition und Opposition, von Mehrheit und Minderheit beschäftigt. An sich ist es begreiflich, daß die Mehrheit die Verantwortung übernimmt, aber sie übernimmt sie nicht nur machtpolitisch, sondern auf allen Gebieten, daher auch auf dem Gebiete des Rechtes. Wenn aber die Minderheit oder Opposition die Stellung einer Gruppe minderen Rechtes, was praktisch und via facti speziell in der Verwaltung geschieht, innehat, wird nicht nur das demokratische Prinzip der Gleichheit verletzt, sondern es müssen sich im ganzen staatlichen Leben Kräfteverhältnisse zur Geltung bringen, welche letzten Endes die Rechtssicherheit untergraben müssen. (Souhlas poslancù sudetskonìmecké strany.) Und ich will speziell bei der Anwendung dieser These darauf hinweisen, daß eine Volksgruppe, also auch unsere sudetendeutsche, durch eine solche Teilung nicht nur der Macht, sondern auch des Rechtes zerrissen und zersetzt wird, so daß letzten Endes auch innerhalb dieser Volksgruppe Mehrheit und Minderheit geschaffen werden, wobei die Mehrheit sozusagen extra legem gesetzt wird, während die Minderheit gewissermaßen in eine weiche Hülle von Protektion gewickelt wird. (Souhlas a potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)

Wir müssen sagen, daß diese Auffassung von Koalition und Opposition, die Dr. Meissner hier vertreten hat, von uns abgelehnt werden muß, weil es in der Demokratie nicht ein doppeltes Recht geben kann, ein Recht der Mehrheit und ein Recht der Minderheit, der Koalition und der Opposition. Wenn die Regierung glaubt, daß sie diesen Grundsatz auch anwenden kann, um das nationale Problem dieses Staates zu lösen, müssen wir mit aller Deutlichkeit sagen, daß sie sich in einem katastrophalen Irrtum befindet, weil auf diesem Wege der Teilung von Macht und Recht niemals eine Lösung des nationalen Problems möglich ist. (Souhlas poslancù strany sudetskonìmecké.) Die Regierung wird sich auch überzeugen müssen, daß das heutige, oft unmoralische Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit, zwischen Koalition und Opposition, gerade das Gegenteil von dem erzielen wird, was die Regierung beabsichtigt, nämlich die volle innere Geschlossenheit der deutschen Volksgruppe in der Opposition, weil dieses doppelte Recht und diese doppelte Moral kein davon betroffener Bürger verstehen kann.

Ich muß auch im Zusammenhang mit der Vorlage sagen, daß die guten Absichten, die in der nun vorliegenden Formulierung der Novelle enthalten sind, nicht erreicht werden können, wenn sich diese Auffassung von Mehrheit und Minderheit, Koalition und Opposition nicht ändert. Nicht nur der Herr Referent, sondern auch andere Sprecher der Koalition haben das größte Gewicht darauf gelegt, daß diese Novelle den Zweck der Festigung der Rechtsstaatlichkeit verfolgt. Wir stimmen hier restlos zu; wir anerkennen, daß die Novelle, wie sie jetzt vorliegt, die Garantie dafür gibt, daß konkrete Verwaltungsakte vom Obersten Verwaltungsgericht überprüft und Ungesetzlichkeiten aus dem Wege geschafft werden können. Wir müssen aber feststellen, daß das Parlament leichtfertig handelt, wenn es glaubt, daß die Rechtsstaatlichkeit und die Verhinderung von Ungesetzlichkeiten allein dem Obersten Verwaltungsgericht überlassen werden können. Richtig ist vielmehr, daß die Überprüfung der konkreten Tatbestände doch nur in einem relativ begrenzten Umfang dem Obersten Verwaltungsgericht offensteht, während doch als erste Garantie für eine Rechtsstaatlichkeit und für eine Gesetzmäßigkeit in der Verwaltung die Gesetze entscheidend sind, und zwar die Gesetze und in ihnen auch die sittlichen und rechtlichen Normen, die vom Parlamente beschlossen werden. Und es wäre ein bösartiger circulus vitiosus, wenn das Parlament und die Koalition glauben würden, daß sie mit der Änderung und Besserung des geltenden Gesetzes über den Obersten Verwaltungsgerichtshof schon alles getan haben, um die Rechtsstaatlichkeit zu festigen. Das sprechen wir mit aller Deutlichkeit aus, Wenn wir die Reden, die hier gehalten wurden, ernstlich beachten und auch die Resolutionen, die der Verfassungsausschuß beschlossen hat, richtig einschätzen, so glauben wir, daß sich das Parlament bei einigem guten Willen dazu ermannen wird, über die Rechtsstaatlichkeit selbst zu wachen, und es nicht nur dem Verwaltungsgerichtshof überlassen wird, konkrete Verwaltungsakte zu kontrollieren.

Aufgabe und Sinn des Parlamentes gerade in der Demokratie muß es sein, auf dem Gebiete der Gesetzgebung nicht nur einzelne Übergriffe der Verwaltung und Ungesetzlichkeiten der Verwa tungsorgane zu verhindern, sondern solche gesetzliche Normen zu schaffen, daß Ungesetzlichkeiten an sich schon unmöglich gemacht werden. Ich bin mir darüber vollkommen im klaren, daß es bei der bisherigen Entwicklung, vor allem im Bereiche der nationalen Politik unmöglich ist, den Weg der Festigung der Rechtsstaatlichkeit zu gehen, wenn Sie auf èechischer Seite sich nicht entschließen, für diese Rechtsstaatlichkeit große Opfer materieller und ideeller Art darzubringen, weil man sich leider daran gewöhnt hat, politische, wirtschaftliche, ja auch soziale Expansion nationaler Art auf Kosten der nationalen Minderheiten zu betreiben. Hier handelt es sich also um klare Verzichte, um die Wiedereinsetzung der politischen Moral in das ganze politische Leben und in die Verwaltung im besonderen.

Ich stellte schon fest, daß sich bei dieser Novelle das Parlament stärker erwiesen hat als die Regierung. Es hat, glaube ich, die richtige Wahl getroffen zwischen Verwaltungsund Staatsnotwendigkeiten. Die Regierung manipulierte mit der Notwendigkeit einer bloß administrativen Regelung beim Obersten Verwaltungsgericht, wobei natürlich die Verwaltung im breitesten Rahmen der Gewinner dieser Etwicklung geworden wäre. Das Parlament, der Verfassungsausschuß und der Referent haben sich auf den richtigen politischen und moralischen Standpunkt gestellt, daß die Rechtsstaatlichkeit wertvoller ist als irgendwelche verwaltungstechnischen Maßnahmen, die letzten Endes, ob gewollt oder nicht gewollt, die Rechtsstaatlichkeit untergraben würden. Und wenn wir leider sehr oft feststellen müssen, daß diese Selbstkritik und das Selbstbewußtsein des Parlamentes, auch die Regierung zu korrigieren, zu den Ausnahmen unseres politischen Lebens gehört, so wollen wir doch die eine Aussnahme anerkennen, daß gerade an dieser kritischen Novelle sich die politische Selbstkritik und der politische Wille des Parlamentes entzündet haben. Es sind hier Worte der Selbstkritik über das Parlament und das parlamentarische Leben gefallen; wir sind leider gewöhnt, Reden nicht allzu sehr zu überschätzen, weil in der Regel den Reden keine Taten folgen; wir stellen also auch hier fest, daß die beste Absicht des verfassungsrechtlichen Ausschusses nicht verwirklicht werden kann, wenn nicht in konsequenter Weise der Weg der Rechtsstaatlichkeit vom Parlamente weitergegangen wird.

Wenn Herr Dr. Meissner von der Schwäche des Parlamentes gesprochen hat, so möchten wir feststellen, daß diese Schwäche nicht zu überwinden ist, wenn dieses Haus si ch nicht dazu entschließt, initiativer und kritischer zu sein, wenn sich dieses Haus nicht dazu entschließt, die ganze Praxis parlamentarischer Arbeit zu ändern. Denn es gibt nicht immer bei den wichtigen Vorlagen Referenten, die aus eigenem Wissen, aus eigener Erfahrung und eigener Verantwortlichkeit handeln, sondern sich eigentlich als Vollzugsorgane des betreffenden Ministeriums oder der betreffenden Verwaltungsgruppe ansehen, für welche sie hier zu referieren und das durchzusetzen haben, was die Verwaltung will; ein unhaltbarer Zustand bei jeder Vorlage, vielleicht am ungünstigten zum Ausdruck gebracht bei den poolitischen Vorlagen. Hier muß von Ihnen das System der Bequemlichkeit und Unverantwortlichkeit behoben werden, weil die Besserung der politischen Verhältnisse nicht durch Zusammenlegung der gesetzgeberischen und der vollziehenden Gewalt, sondern nur durch die rasante Trennung beider Gewalten erfolgen kann, wobei ganz eindeutig feststeht, daß die Verantwortung für den Staat und für den Geist des politischen Geschehens niemals bei der vollziehenden, sondern immer bei der gesetzgebenden Gewalt liegen muß. Unnd wenn Annäherungen und Bindungen zwischen diesen Gewalten nicht bei jeder Vorlage so unterbrochen und verhindert werden wie bei dieser Vorlage, dann zweifle ich, ob nicht derjenige recht behalten wird, der behauptet, daß hier über Nacht das autoritäre und, wenn sie wollen, das diktatorische Regime vom Staat Besitz ergreifen kann.

In den Resolutionen des verfassungsrechtlichen Ausschusses werden an die Regierung sehr ernste Forderungen in Bezug auf die legislatorische Initiative gestellt. Ich stelle fest, daß wir auch diesen Resolutionen zus timmen, wenn auch, wie ich noch ausführen werde, die Zahl und der Inhalt dieser Resolutionen noch ganz wesentlich hätte erweitert werden sollen, weil es sich ja gerade bei dieser Vorlage darum gehandelt hat, den Willen des Gesetzgebers in Bezug auf die Ordnung in der Verwaltung klarzustellen.

Wenn nun in den Resolutionen zwar nur angedeutet wird, daß auch die rechtliche Kontrolle genereller Verwaltungsakte, also der Verordnungen, in die Wege geleitet werden soll, so ist das von allergrößtem Werte, weil die rechtliche Kontrolle der konkreten Verwaltungsakte letzten Endes Ordnung in die Verwaltung nicht bringen kann, wenn nicht auch die rechtliche Kontrolle der generellen Verwaltungsakte in Ordnung gebracht wird. Und hier glaube ich, wäre es notwendig gewesen, auch auf die Reformbedürftigkeit unserer Verfassungsgerichtsbarkeit hinzuweisen, weil ja unser Gesetz über das Verfassungsgericht am Papier steht und am Papier stehen bleiben wird, solange nicht die Möglichkeit geschaffen wird, daß sich nicht nur drei Körperschaften an das Oberste Verfassungsgericht wenden können, sondern im Grunde genommen jeder.

Auf der anderen Seite wünscht eine der Resolutionen des Verfassungsausschusses die Haftung des Staates für seine Beamten eine alte Forderung, die schon in einem Antrag der vorigen Wahlperiode enthalten war. Dieser Antrag Kafka wurde im großen und ganzen als gut anerkannt, ohne daß jedoch das Parlament die Initiative aufgenommen und tatsächlich diese sehr wichtige Gesetzesvorlage, die übrigens im § 92 der Verfassungsurkunde dem Parlament als Pflicht auferlegt ist, verabschiedet hätte.

Es wird auch in den Resolutionen die sogenannte unechte Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Gerichtsbarkeit a priori, verlangt. Auch hier liegt in der Verfassung ein Auftrag und in zwei Gesetzen sogar schon diesen Verfassungspunkt ausführende Bestimmungen vor, aber wir sind nicht im Besitze dieser unechten Verwaltungsgerichtsbarkeit, obzwar sich jeder darüber im Klaren sein muß, daß der Ermessenswillkür ganz wesentlich entgegengewirkt werden würde, wenn nicht ein Einzelner, sondern ein Kollegium Entscheidungen treffen würde.

Wir hätten überdies gewünscht, daß in den Resolutionen sich auch Forderungen in Bezug auf die so dringliche Verwaltungsreform befinden; denn heute ist man sich darüber im Klaren, daß nicht mit einem Herumdoktoren einmal bei dem, einmal bei jenem Ressort die Verwaltungsreform an Haupt und Gliedern durchgeführt werden kann, sondern durch ein großes Werk, wenn wir zu einer klaglosen, einwandfreien und elastischen Verwaltung gelangen sollen. Auch die Absicht der strengen Kontrolle, die in der Novelle zum Ausdruck kommt, ist meines Erachtens nicht zu erreichen, wenn nicht der rechtlichen Kontrolle der Verwaltung ein organisatorischer Umbau der Verwaltung äquivalent ist, d. h. wenn die Rechtsstaatlichkeit nicht bloß in der Kontrolle, sondern auch in der Funktion der Verwaltung verfolgt wird, weil wir immer und immer wieder feststellen können, daß die Verwaltung die Rechtsstaatlichkeit verletzt, u. zw. sehr bösartig verletzt, während auf Grund der Beschwerde beim Obersten Verwaltungsgericht bestenfalls in zwei Jahren festgestellt wird, daß der Verwaltungsakt ungesetzlich war und daher aufzuheben ist.

Eine sehr gewichtige Unterlassung des verfassungsrechtlichen Ausschusses bei der Regelung dieser die Verwaltung betreffenden Fragen sehen wir darin, daß weder in den Reden noch in dem Bericht noch in den Verhandlungen des verfassungsrechtlichen Ausschusses auf die Notwendigkeit einer viel strengeren und zweckdienlicheren politischen Kontrolle der Verwaltung hingewiesen wurde. Ich glaube, daß die Mehrheit sich bereits des Rechtes auf diese politische Kontrolle der Verwaltung und der Regierung begeben hat und sich kaum noch bewußt ist, daß es eine solche politische Kontrolle gibt, die sowohl in der Verfassung als auch in der Geschäftsordnung dieses Hauses verankert ist. Diese politische Kontrolle besteht darin, daß jede Gruppe oder jeder einzelne Abgeordnete das Recht hat, Interpellationen und Anfragen an die Minister zu richten, daß der Ausschuß oder das Haus das Recht hat, zu beschließen, daß der Minister über diesen oder jenen Vorfall in seinem Ressort Aufklärung zu geben hat, daß die Resolutionen des Parlaments beachtet und den jedem freistehenden Petitionen jene Bedeutung gegeben wird, die das Ansehen der gesetzgebenden Körperschaften vor der Öffentlichkeit einfach verlangt.

Ich stelle zunächst fest, daß die Mehrheit scheinbar auf diese politische Kontrolle überhaupt verzichtet hat oder so tut, als ob sie keinen Grund zu Interpellationen an die Regierung oder an einzelne Minister hätte. Das ist ein sehr grober Fehler, einfach aus dem Grunde, weil das Recht auf politische Kontrolle sozusagen zwangsläufig der Opposition überantwortet wird, mit dem Effekt, daß sich um dieses große, uns allen zukommende Recht bloß die Opposition kümmert und nicht mehr die Mehrheit, das Parlament und sein Präsidium. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Langr.) Es ist ebenfalls ein sehr grober Fehler von Ihrer Seite, meine Herren auf den Regierungsbänken, daß Sie der Beantwortung der Interpellationen überhaupt kein Interesse mehr entgegenbringen, was den Effekt hat, daß dieses verfassungsmäßig und geschäftsordnungsmäßig festgelegte Recht des Parlaments allmählich zu einer Farce wird, die zwar die Opposition trifft, aber auch das Ansehen des Parlaments ganz wesentlich schwächt und der Öffentlichkeit gewissermaßen die Überzeugung beibringt, daß das Parlament gar kein Recht hat, an die Regierung zu appellieren oder die einzelnen Mitglieder der Regierung zu interpellieren, geschweige denn die Verwaltung zu kontrollieren.

Wenn Sie diese Dinge einmal durchdenken, werden Sie zu der Überzeugung kommen, daß Ihre oftmalige Freude über eine unsachliche oder höhnische Antwort dieses oder jenes Ministers an die Opposition sehr bösartig auf Sie selbst zurückfällt, indem nämlich die Verwaltung eigentlich mit vollem Recht die Überzeugung gewinnt, daß diese politische Kontrolle aufgehoben ist und die Bürokratie daher machen kann, was sie will. Sie haben somit selbst das größte Interesse daran, die Interpellation wieder zu dem zu machen, was sie ist. Wir könnten, obwohl wir sicher in der Einbringung von Interpellationen nicht bescheiden sind, diesen Vorrat noch verdoppeln und vielleicht verdreifachen, wenn wir jede Ungesetzlichkeit, jeden Übergriff der Regierung interpellieren würden. Wir finden uns weder als Interpellanten, noch auch als auf Rechtsstaatlichkeit pochende Bürger befriedigt, wenn die Regierung das Interpellationsrecht des Parlaments nicht ernst nimmt. Wir sind allerdings nicht gesonnen, uns dies auf die Dauer gefallen zu lassen.

Schließlich eine kleine Bemerkung über die finanzielle Kontrolle des Parlaments, zu der es ja auch durch Verfassung und Geschäftsordnung verpflichtet ist. Es wurde mit vollem Recht eine Spar- und Kontrollkommission eingesetzt. Aber das Parlament ist sich selbst in der Reinheit der Kontrolle und der demokratischen Grundsätze untreu geworden, als es die finanzielle Kontrolle dem Koalitionsausschuß dieser Spar- und Kontrollkommission übertrug, also gewissermaßen das Recht auf Kontrolle durch die Öffentlichkeit und das Parlament auf den übertrug, der kontrolliert werden soll. Soll die Kontrollkommission wirklich ihre Aufgabe erfüllen, dann wird es notwendig sein, daß die Opposition an der Kontrolle beteiligt ist und sich nicht die Koalition selbst überprüft.

Ich will also damit klargestellt haben, daß zwar diese Novelle ein sehr wertvoller, von uns anerkannter Schritt auf dem Wege zur Rechtsstaatlichkeit ist, daß sie aber ihren Zweck verfehlen muß, wenn nicht das Parlament noch sehr viele Schritte auf diesem Weg weiter geht. Mit Recht wurde hier hervorgehoben, daß der Kern der Beamtenschaft an sich gut ist. Ich habe keinen Grund, diese Behauptung zu bezweifeln, muß jedoch feststellen, daß dies nicht allgemein gilt und dieser gute Kern eigentlich konsequent durch die Art der Gesetzgebung, die Behandlung der dem Parlament vorbehaltenen Kontrollrechte und das ganze politische Gehaben der Koalitionsparteien verdorben werden muß. Denken Sie nur - und darauf wurde schon hingewiesen - an die katastrophale Auswirkung der Tatsache, daß der § 22 der Verfassung tagtäglich in unzähligen Interventionen ad absurdum geführt wird. Wenn also der gute Kern der Beamtenschaft erhalten werden soll, dann muß man meines Erachtens ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen - den sehnlichsten Wunsch selbstverständlich nur der guten und braven Beamtenschaft - daß die Verwaltung entpolitisiert und politischen Einflüssen entzogen werde. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)


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