Über die Übergriffe der Staatspolizei könnte man
wohl ein ganzes Buch schreiben. Ich will hier nur ein paar Fälle
herausgreifen, die ich aus eigener Praxis weiß. Wenn mich
z. B. der Herr Polizeikommissär von Wallern kürzlich
in einer Versammlung in Schneedorf verwarnt hat, weil ich die
Worte des Herrn Staatspräsidenten, die er in Reichenberg
gebrauchte, zitierte, dann geht das, meine Herren, über die
Hutschnur, daß sich so ein kleiner Staatsbeamter draußen
über den ersten Mann der Republik einfach hinwegsetzen kann.
Das ist eine Ungeheuerlichkeit. Oder wenn in Teplitz die Staatspolizei
den Befehl herausgibt, daß sich alle Einwohner persönlich
im Staatspolizeiamt einzufinden haben, zwecks Anmeldung und Registrierung
und ihr ganzes Nationale und das nationale Bekenntnis abzugeben
haben, dann hat das nichts mit dem Meldewesen zu tun, denn zu
melden haben sich bei der Staatspolizei nur Fremde und nicht ortsansässige
Personen. Was die Staatspolizei in Teplitz treibt, ist unserer
Meinung nach nichts anderes, als eine Volkszählung auf eigene
Faust, und dazu hat sie kein Recht.
Oder wenn z. B. der Herr Polizeirat Vyskoèil in Prachatitz
einfach an unsere Funktionäre den Befehl herausgibt, sie
haben ihre § 2-Versammlungen vorher zu melden, so ist das
eine Ungeheuerlichkeit und ein Übergriff von untergeordneten
Organen. Es steht in keinem Gesetz, daß § 2-Versammlungen
vorher anzumelden sind, denn das ist ja der Sinn dieser §
2-Versammlungen, daß sie eben nicht vorher angemeldet werden
müssen. Vor 14 Tagen ist von Beamten desselben Polizeirates
Vyskoèil in Oberhaid eine § 2-Versammlung unter folgenden
Umständen aufgelöst worden: Die Versammlung hatte überhaupt
noch nicht begonnen, als drei Herren in Zivil dort erschienen
und einfach wie kleine Napoleons komman ndierten: "Hier ist
eine Versammlung. Wer ist Vorsitzender usw.?" Erst auf meine
Frage, wer denn die Herren seien, sahen sie sich bemüßigt,
sich zu legitimieren. Als ich ihnen vorhielt, daß die Versammlung
überhaupt noch nicht begonnen habe und daß sie infolgedessen
kein Recht zu einer Kontrolle haben, sagten sie mir ins Gesicht:
"Das geht uns gar nichts an, das macht nichts." Dann
haben diese Polizeibeamten den Befehl zur Eröffnung einer
§ 2-Versammlung gegeben. Das sind einfach unerhörte
ungesetzliche Zustände. Als einer der Beamten die Stichprobe
machte und nichts einwenden konnte, verlegte er sich darauf zu
wissen, wann die Anwesenheitsliste unterzeichnet worden sei. Es
ist selbstverständlich, daß eine Anwesenheitsliste
im Lokal selbst unterzeichnet wird, daher stammt der Name Anwesenheitsliste.
Das war aber für ihn der gesetzliche Grund, daß die
Versammlung ungesetzlich sei, die Anwesenheitsliste wurde beschlagnahmt,
was auch ungesetzlich ist und er löste die Versammlung auf.
Oder wenn z. B. einem Mitglied von uns, das nach Deutschland zu
Besuch fahren wollte, in Wallern der Reisepaß, das Parteibuch
und das Parteiabzeichen weggenommen wurde, welch letzteres kein
Staatsdokument ist, sondern Privateigentum. Man sagte, es wolle
nicht zu Besuch fahren, sondern sei verdäch. tig, daß
es für die SdP. irgend etwas drüben zu erledigen hätte.
Das war unhaltbar, wie in tausend anderen Fällen. Man mußte
den Mann wieder freilassen, aber das Parteibuch und das Parteiabzeichen
wurden ihm tagelang zurückgehalten.
Wir haben, wie Kamerad Dr. Peters ganz richtig erwähnt
hat, von dem Recht der Interpellation tüchtig Gebrauch gemacht.
Aber Kamerad Dr. Peters hat wohl auch recht, wenn er einen
Teil der Beantwortungen dieser Interpellationen als Verhöhnung
bezeichnet. Was aber soll sich die Öffentlichkeit denken,
wenn Ministerantworten zu einer Groteske herabsinken. Ich will
Ihnen hier ein Beispiel sagen: Ich habe im vergangenen Jahr eine
Interpellation an den Herrn Innenminister gerichtet, des Inhaltes,
daß ein Gendarm in unserer Gegend einem Mitglied von uns
das Parteiabzeichen aus dem Rock herausriß und rückwärts
wieder befestigte mit dem Bemerken: "So lange Sie mit mir
sprechen, dürfen Sie dieses Abzeichen nicht tragen."
Was glauben Sie nun, was der Herr Minister darauf geantwortet
hat? Er schrieb wörtlich in der Beantwortung: "Er gab
den Tatbestand zu, der Gendarm konnte aber in der herrschenden
Dämmerung nicht erkennen, ob das ein erlaubtes oder verbotenes
Abzeichen sei." Wir sind der Meinung, daß eine solche
Antwort vielleicht in die Redaktion eines politischen Witzblattes
taugt, aber wir verwahren uns dagegen, daß solche Antworten
im Plenum der Nationalversammlung dieses Staates aufgelegt werden.
Aus diesen wenigen Beispielen, die nur einen kleinen Sektor des
Staates betreffen, nämlich den Wahlkreis Budweis, ersieht
man, wie das Vertrauen zur Staatsführung und zur Verwaltung
des Staates im Staatsbürger immer mehr verloren gehen muß.
Es ist wohl ganz richtig, daß man damit auch den besten
Be amten korrumpiert und ihn geradezu verleitet, nach eigenem
Gutdünken zu handeln, wenn man die geschilderten Übergriffe
interpelliert und daraufhin einfach nichts geschieht. Es geht
eben das Vertrauen zur Regierung damit selbst verloren. Wir sehen
das auch, wenn wir, die wir ja genug Interventionen machen müssen,
an einen braven älteren Beamten kommen, dort klappt die Staatsverwaltung
tadellos. Wir sehen aber auch so viele Fälle, wo die Beamten
sich von politischen Motiven leiten lassen und nicht von der Treue
zum Staat. Wenn man etwa glauben sollte, daß damit nun eine
Erleichterung geschaffen wird, daß die deutschen Regierungsparteien
nun so ab und zu ein Stückchen Zuckerbrot bekommen und damit
wieder das Vertrauen zur Verwaltung hergestellt wird oder werden
könne, dann irrt man sich sehr. Denn vergessen wir doch das
eine nicht, was ich den Herren von den deutschen Regierungsparteien
sagen möchte: Sie werden eben in der Koalition nur so lange
etwas zu reden haben, als die SdP. hier ist. Denn Sie haben vorher
auch nichts zu reden gehabt. (Posl. dr Mareš: Už
jste byli v r. 1927 tady?) Oh, ja, ich war hier. Es
ist müßig, von dieser Stelle aus allen diesen Patrioten
von Kramáø über Spina bis Zajièek
zu erklären, daß unsere Ansicht aus dem absoluten Staatsbürgergefühl
stammt. Denn an den Beispielen, die ich angeführt habe, ist
ja hauptsächlich immer der Kernpunkt bei den Entscheidungen
in der Beamtenschaft draußen folgender: ist der Mensch staatsfeindlich
oder ist er staatsfreundlich. Wir wollen einmal ganz offen das
Kind beim Namen nennen. Es ist wohl heute in unserem Staate so,
daß jeder Staatsbürger, der die Koalitionsparteien,
die Regierungsparteien und ihr System gutheißt und stützt,
als staatsfreundlich gilt, jeder, der dagegen ist, wird zum Staatsfeind
gestempelt. Vergessen wir aber nicht die moralische Seite, daß
durch alle diese Übergriffe ein Großteil der Staatsbürgerschaft
dadurch eine Schmälerung seiner verfassungsmäßig
verbürgten Rechte erfährt: und daß wir diese Menschen,
die ihre Hand zu diesen Schmälerungen bieten, nie und nimmer
als Stützen des Staates, als Staatsfreunde ansehen können.
Vergessen Sie nicht, wenn Sie auch manchmal bei so einer Interpellationsbeantwortung
lächeln, wenn Sie dies verschiedenen politischen Methoden,
die in der Verwaltung eingerissen sind, die sich gegen uns Deutsche
auswirken, gutheißen, daß Sie damit einen Bumerang
schleudern, der letzten Endes auf Ihren eigenen Köpfen landen
wird, weil eben politische Parteien kein ewiges Gebilde sind.
Es könnte sehr leicht vorkommen, daß morgen ein Teil
des èechischen Volkes von dem anderen in die Opposition
gedrängt wird und gegen diesen Oppositionsteil genau dieselben
Spitzfindigkeiten angewendet werden, wie sie heute gegen uns hier
gang und gäbe sind. Sie nennen das, was wir hier geißeln,
Demokratie, Sie sprechen viel von der besonderen Demokratie in
diesem Staat. Jawohl, ich unterstreiche das, es ist eine besondere
Demokratie, die wohl in ganz Europa ihres gleichen sucht. (Posl.
dr Mareš: Nepøehánìjte, pane kolego!)
Durch alle diese Verfolgungen, denen wir ausgesetzt sind,
durch diese Zurückdrängungen und Persekutionen meinen
Sie, daß Sie die Volksgemeinschaft sprengen werden. Geben
Sie sich diesem Gefühle nicht hin! Die Volksgemeinschaft
ist fester, als Sie es meinen. Man hat vielleicht auf èechischer
Seite mit einer gewissen, wollen wir sagen, Unmoral des Sudetendeutschtums
gerechnet, wenn man den Ausgleich mit den aktivistischen Parteien
eingegangen ist, daß nun doch so und so viele Sudetendeutsche
von der Volksgemeinschaft aus eigensüchtigen und eigennützigen
Gründen abspringen werden. Ich behaupte, daß die deutschen
Regierungsparteien nur dazu da sind, und daß der Ausgleich
nur dazu geschaffen wurde, um den geschlossenen Block der SdP.
zu sprengen. Aber wir werden die Nerven nicht verlieren, wir werden
weiter gehen, bis zu dem Ziele, das darin besteht, daß uns
unser Recht, unser verfassungsmäßig verbürgtes
Recht werde, für das wir kämpfen, und wir haben keine
Angst, denn Sie selbst haben den Spruch, der hier wie ein Menetekel
vor Ihnen steht, hier aufgehängt, und wir glauben daran,
daß die Wahrheit siegt! (Potlesk poslancù strany
sudetskonìmecké.)
Hohes Haus! Unser Parlament schickt sich an, durch die Beratung
dieser Vorlage den Rechtsschutz der Person zu erhöhen, dem
Rechte Geltung zu verschaffen, die Grundlage des Rechtsstaates,
der die Èechoslovakische Republik in diesen schwierigen
politischen und wirtschaftlichen Zeiten geblieben ist, zu verstärken,
Willkür der Verwaltungsorgane unmöglich zu machen. Wir
sind Zeugen der Arbeit, die aus den anderen Staaten entspringt,
in denen Gewaltideologien das Recht verändert, die Rechtsgrundlagen
gewaltsam zerstört haben. Der erste Präsident unseres
Obersten Verwaltungsgerichtes hat im Geleitwort zur Radlschen
Ausgabe des Gesetzes über den Verwaltungsgerichtshof geschrieben:
"Es war das Verdienst und es wird, solange der Gedanke des
Rechtsstaates nicht überlebt ist, der Stolz des liberalen
Regimes der österreichischen Deutschen bleiben, daß
es in Erfüllung des Versprechens der Dezemberverfassung sich
um die Errichtung eines unabhängigen Verwaltungstribunals
mit der Aufgabe, den einzelnen Bürger in seinen Rechten gegen
gesetzwidrige Akten der Verwaltungsbehörde zu schützen,
gekümmert hat."
Der Gedanke des Rechtsstaates der österreichischen Deutschen
und der Stolz des liberalen Regimes ist ein wertvoller Bestandteil
der èechoslovakischen Rechtskultur geworden und wird von
ihr auch weiter gepflegt. In weiten Kreisen der Deutschen in Europa
ist er Dank dem Triumphe der Gewaltstaatsidee, des offenen oder
verschleierten Faszismus allerdings zur Form ohne Inhalt, zum
Scheindasein verurteilt, zur Legende geworden. Es unterliegt gar
keinem Zweifel, daß das èechoslovakische Verwaltungsgericht
die Wahrung des alten Rechts- und Kulturgutes in der gewissenhaftesten
Weise erfüllt hat. Diese Tatsache wollen wir vom Standpunkt
einer nationalen Minderheit und dem der Arbeiterklasse, die an
ihren Freiheitsrechten Interesse hat, besonders hervorheben. Weil
wir ein Höchstmaß persönlicher bürgerlicher
Freiheit für die Arbeiter anstreben, haben wir ein besonderes
Interesse an einer geordneten, einwandfrei funktionierenden Verwaltungsgerichtsbarkeit.
In politischer Hinsichtwird in der deutschen Bevölkerung
die gute Tradition der liberalen Freiheit des Rechtsstaates nur
von der deutschen sozial-demokratischen Arbeiterbewegung und dem
bewußt und überzeugt aktivistischen Bürgertum,
einer Minderheit allerdings, bewahrt. Die Führerideologie
schließt den Begriff des Rechtsstaates aus; wo das politische
Kommando die Freiheit der Meinung und die persönliche Überzeugung
ersetzt, hat die demokratische Ideologie und das Recht jede Heimstätte
verloren. Dort herrscht Diktat, Macht, Willkür. Es ist grotesk,
daß jene vorübergehende nationale Zeitströmung,
die der Sozialdemokratie Respektlosigkeit vor der Individualität
der einzelnen Persönlichkeit vorwirft, die Ausstattung einer
Führerpersönlichkeit mit diktatorischen Vollmachten,
mit dem Verzicht Tausender auf individuelle Geltung kompensiert,
wobei die Unterführer nur als Individualitäten gelten
können, wie sie höchstens das Exerzierreglement im alten
Österreich vorgesehen hat.
Jeder Reformversuch des Verwaltungsgerichtes in einem demokratischen
Staat rührt an seine Grundpfeiler. Wir teilen die Auffassung,
die Masaryk ausgesprochen hat: "In der Demokratie
kommt es nicht mehr auf das Herrschen an, sondern auf Verwaltung
und Selbstverwaltung, auf die Abstimmung aller staatsschöpferischen
Kräfte im Staate aufeinander." Wenn die Verwaltung diese
hohe Aufgabe erfüllen soll, muß eine andere Voraussetzung
gegeben sein nach Masaryk: "Das Amtieren darf nicht
schleppend sein, die Angelegenheiten und Akten dürfen nicht
spät erledigt werden, die Beamten Verantwortung und Entscheidung
nicht fürchten; überflüssige Schreibereien haben
zu entfallen und sind durch mündliche Erledigung zu ersetzen."
Hier sowohl als auch bei den Fehlentscheidungen der Administrativbehörden
beginnt das Problem des Verwaltungsgerichtes. Die Arbeiter haben
nicht nur aus allgemein bürgerlichen Gründen, sondern
vor allem wegen ihrer sosozialen und arbeitsrechtlichen Institutionen,
größtenteils Schöpfungen der demokratischen Republik
aus der Nachkriegszeit, hervorragendes Interesse an der Sicherung
und Ausgestaltung des Verwaltungsgerichtswesens und an der Beibehaltuntung
seines bisherigen hohen Niveaus. Denken wir nur an die Betriebsausschüsse,
an den Achtstundentag, an die sozialpolitische und arbeitsrechtliche
Gesetzgebung! Vielfach danken die Arbeiter die Wahrung ihrer sozialen
und fortschrittlichen Tendenzen den Judikaten des Obersten Verwaltungsgerichtes
gegen einschränkende Entscheidungen der Administrativbehörden.
Nach einem anderen Worte Masaryks soll der politische Sinn
und Staatssinn nicht durch administrative Übung und Schulen
erworben werden. Der akademisch Gebildete und der tüchtige
Beamte hinkt sehr oft, was unerläßliche Menschenkenntnis
und praktische Fähigkeit betrifft, dem erfahrenen Organisator
nach. Die Verwaltung darf daher weder allzu sub specie des Büros,
noch allzu sub specie der Partei aufgefaßt werden. Die praktische
Frage lautet, wie beim parlamentarischen System der Regierung
und der Verwaltung die nötige Anzahl von gebildeten Fachleuten
zu sichern ist. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Taub.)
Wir sind der Meinung, daß die Einrichtung von Hilfsreferenten
beim Obersten Verwaltungsgericht diese Masaryksche Erkenntnis
zu erfüllen geeignet ist. Es wird der vorsichtigsten Auslese
bedürfen, um durch diese Maßnahme dem Geiste des Gesetzgebers
zu entsprechen und den notwendigen Erfolg, also die raschere Erledigung
der anhängigen strittigen Fälle beim Obersten Verwaltungsgericht
zu sichern. Der moderne Staat der Demokratie übernimmt immer
größere wirtschaftliche und soziale Aufgaben. Die Verwaltung
gewinnt deshalb immer größere Bedeutung. Die Anforderungen
an den Verwaltungsbeamten müssen immer höher werden,
sei es auf wirtschaftlichem oder sozialem Gebiete. Es ist uns
durchaus klar: Gesetze können nur allgemein, abstrakt und
rahmenförmig gefaßt sein. Ihre Gegenständlichkeit
muß durch Praxis und Erfahrung gewonnen werden. Daraus entsteht
die wichtigste Aufgabe der Verwaltung und der Gerichte, die Konkretisierung
der Gesetze auszuführen. Die Verwaltung allein kann es nicht,
sie muß über sich die gerichtliche Kontrolle haben,
da ja das Parlament gar nicht in der Lage ist, diese Kontrolle
auszuüben. Die Kontrolle muß. in den Händen unabhängiger,
fachlich gebildeter Richter liegen, deren demokratische Zuverlässigkeit
außer allem Zweifel stehen muß, da die Demokratie
das Fundament des Staates ist. Es gibt leider ein Beispiel aus
dem Auslande - die Feststellung ist schmerzlich für einen
Angehörigen der deutschen Nation - daß auch die demokratische
Zuverlässigkeit bei hohen Richtern ins Wanken geriet, deren
eine demon kratische Republik sicher zu sein vermeinte.
Die èechoslovakische Verfassungsurkunde bestimmt, daß
bei den Verwaltungsbehörden für einen ausgiebigen Schutz
der Rechte und Interessen der Bürgerschaft vorzusehen ist.
Der vorliegende En twurf wahrt durch Beibehaltung des freien Ermessens
- und der Bagatellsachen in der Entscheidungsbefugnis des Obersten
Verwaltungsgerichtes die Rechte der Staatsbürger gegenüber
den Administrativbehörden.
Das Parlament wird aber auch außerhalb dieses Gesetzentwurfes
seine Aufmerksamkeit den Spezialgerichten zuwenden müssen.
Bei den Administrativbehörden, die im Zuge des Verfahrens
in der Angestellten- und Arbeiterversicherung zu entscheiden haben,
erliegt eine Unzahl unerledigter, anhängiger strittiger Fälle.
Es geht größtenteils um die Rechte armer Rentner. Die
ersten Entscheidungen des Jahres 1935 sind jetzt ergangen, Viele
ältere sind noch anhängig. Wir haben die Überzeugung,
daß die Verwaltungsbehörden gerade hier dringend der
Ausgestaltung mit Fachkräften bedürfen, damit die Anspruch
erhebenden vielfach älteren Personen von der Erledigung überhaupt
noch einen Vorteil haben. Den Schiedsgerich ten der Alters- und
Pensionsversicherung fehlen die Richter. Es wäre auch angezeigt,
daß das Parlament legislative Vorkehrungen trifft, um durch
Hilfsreferenten aus Fachkreisen des sozialen Versicherungswesens
den Gang des Verfahrens zu beschleunigen.
Wir wissen als Deutsche und als Arbeiter in der Èechoslovakischen
Republik wohl zu würdigen, welch gewaltige Bedeutung der
Tatsache zukommt, daß unsere Verwaltungsgerichtsbarkeit
einwandfrei funktioniert. Im Süden Europas herrscht unter
faszistischer Ideologie Macht ohne Recht, auch in nationalen Fragen
einer deutschen Minderheit, und deutsche Arbeiter und Bauern werden
von dieser Macht ohne Recht zermürbt und zerdrückt.
Ihre Kultur ist in Gefahr, ihr Eigenleben in wirtschaftlicher
Hinsicht bedroht. Wie hebt sich von diesem traurigen Bild das
Rechtsleben in der Verwaltung bei uns fur die deutsche Bevölkerung
ab, für die durch die Vereinbarungen des 18. Feber 1937 ein
neuer wichtiger rechts- und staaatspolitischer Abschnitt von europäischer
Bedeutung begonnen hat.
Der Abg. Peters von der Sudetendeutschen Partei hat sich
dagegen gewendet, daß das nationale Problem niemals auf
dem Wege der Teilung von Macht und Recht gelöst werden könnte.
Er scheint von dem Schicksal deutscher Brüder im Süden,
die nur unter dem Druck der Macht ohne Recht stehen, nicht besonders
ergriffen zu sein. Der Hinweis des Kollegen Peters auf
die volle innere Geschlossenheit der deutschen Volksgruppe ist
in der Èechoslovakei nur denkbar auf dem Boden des ehrlichen,
überzeugten demokratischen Parlamentarismus, nicht mit Nachahmung
der Führerideologie, wie sie die Sudetendeutsche Partei vertritt.
Diese Einsicht bricht sich übrigens auch in der Sudetendeutschen
Partei Bahn, deren eigene innere Geschlossenheit eine Vorspiegelung
falscher Tatsachen ist, denn heute weiß man, daß mindestens
6 Richtungen in der Sudetendeutschen Partei bestehen: die Richtung
Kasper und Kreißl, die um Henlein, die Richtung um Sebekowski,
dann der Arbeiterflügel um Wollner, der Unternehmerflügel
um Peters und der Flügel der ausgeschlossenen Liebl
und Smagon. Es ist eigenartig, daß ausgerechnet in dieser
Situation von der inneren Geschlossenheit der sudetendeutschen
Volksgruppe gerade von den Sprechern der Sudetendeutschen Partei
gesprochen wird. (Výkøiky. - Místopøedseda
Taub zvoní.) Wenn sich Abg. Peters dahin ausgesprochen
hat, daß der vorliegende Gesetzentwurf eine Reihe von Wünschen
der sudetendeutschen Minderheit nicht erfüllt und in ihr
Verdacht erweckt hat, so hätte die Sudetendeutsche Partei
reichlich Gelegenheit gehabt, im Verfassungsausschuß diese
Bedenken gegen die Vorlage durch entsprechende Ergänzungsanträge
auszudrücken. Sie hat es nicht gemacht, nicht einmal den
Versuch dazu unternommen, und Beweise für das unmoralische
Verhältnis zwischen Koalition und Opposition sind von den
Herren der Sudetendeutschen Partei bis heute auch nicht vorgelegt
worden. Aber ich werde Ihnen einen Beweis für ein gewisses
unmoralisches Verhältnis der Sudetendeutschen Partei zu ihrem
großen Nachbar im Norden liefern. Am 1. April ist in Bodenbach
der Beamte einer Baugenossenschaft aus Deu tschland zurückgekehrt.
Er wurde in Deutschland 13 Monate und 14 Tage festgehalten, davon
fünf Monate im Polizeigefängnis zu Dresden. Man hat
gegen ihn wegen eines angeblichen Anschlags auf den deutschen
Staat ein Strafverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft hat
dieses Verfahren im August 1936 eingestellt, der Haftbefehl wurde
aufgehoben, aber statt daß der Mann seine Freiheit zurückbekam,
übernahm ihn eine Stelle, gegen die es in Deutschland im
Administrativverfahren keinen Rechtsweg gibt, nämlich die
SA, schaffte ihn in das Konzentrationslager nach Sachsenburg und
erst schweren Bemühungen der èechoslovakischen Auslandsbehörden
gelang es, den Mann am 1. April seiner Frau und seinem Kinde wiederzugeben.
(Posl. dr Peters: Sie haben dem Jobst nicht zugehört!
Der hat auch Fälle von hier erzählt!) Auf diesen
Umstand verweise ich nur deshalb, damit klar und eindeutig dargestellt
wird, welch gewaltiger Unterschied zwischen dem Rechtstaat der
Èechoslovakei, dieser parlamentarischen Demokratie, und
den rechtlosen Staaten des Fascismus und Nationalsozialismus besteht.
(Rùzné výkøiky. Místopøedseda
Taub zvoní.)
Der vorliegende Gesetzentwurf ist der Beweis für die Rechtsstaatlichkeit
der Èechoslovakischen Republik und die Beobachtung jener
rechtlichen und kulturellen Prinzipien, die ihren Platz an der
Seite der großen westeuropäischen Demokratien rechtfertigen.
(Potlesk.)