Ètvrtek 8. dubna 1937

Über die Übergriffe der Staatspolizei könnte man wohl ein ganzes Buch schreiben. Ich will hier nur ein paar Fälle herausgreifen, die ich aus eigener Praxis weiß. Wenn mich z. B. der Herr Polizeikommissär von Wallern kürzlich in einer Versammlung in Schneedorf verwarnt hat, weil ich die Worte des Herrn Staatspräsidenten, die er in Reichenberg gebrauchte, zitierte, dann geht das, meine Herren, über die Hutschnur, daß sich so ein kleiner Staatsbeamter draußen über den ersten Mann der Republik einfach hinwegsetzen kann. Das ist eine Ungeheuerlichkeit. Oder wenn in Teplitz die Staatspolizei den Befehl herausgibt, daß sich alle Einwohner persönlich im Staatspolizeiamt einzufinden haben, zwecks Anmeldung und Registrierung und ihr ganzes Nationale und das nationale Bekenntnis abzugeben haben, dann hat das nichts mit dem Meldewesen zu tun, denn zu melden haben sich bei der Staatspolizei nur Fremde und nicht ortsansässige Personen. Was die Staatspolizei in Teplitz treibt, ist unserer Meinung nach nichts anderes, als eine Volkszählung auf eigene Faust, und dazu hat sie kein Recht.

Oder wenn z. B. der Herr Polizeirat Vyskoèil in Prachatitz einfach an unsere Funktionäre den Befehl herausgibt, sie haben ihre § 2-Versammlungen vorher zu melden, so ist das eine Ungeheuerlichkeit und ein Übergriff von untergeordneten Organen. Es steht in keinem Gesetz, daß § 2-Versammlungen vorher anzumelden sind, denn das ist ja der Sinn dieser § 2-Versammlungen, daß sie eben nicht vorher angemeldet werden müssen. Vor 14 Tagen ist von Beamten desselben Polizeirates Vyskoèil in Oberhaid eine § 2-Versammlung unter folgenden Umständen aufgelöst worden: Die Versammlung hatte überhaupt noch nicht begonnen, als drei Herren in Zivil dort erschienen und einfach wie kleine Napoleons komman ndierten: "Hier ist eine Versammlung. Wer ist Vorsitzender usw.?" Erst auf meine Frage, wer denn die Herren seien, sahen sie sich bemüßigt, sich zu legitimieren. Als ich ihnen vorhielt, daß die Versammlung überhaupt noch nicht begonnen habe und daß sie infolgedessen kein Recht zu einer Kontrolle haben, sagten sie mir ins Gesicht: "Das geht uns gar nichts an, das macht nichts." Dann haben diese Polizeibeamten den Befehl zur Eröffnung einer § 2-Versammlung gegeben. Das sind einfach unerhörte ungesetzliche Zustände. Als einer der Beamten die Stichprobe machte und nichts einwenden konnte, verlegte er sich darauf zu wissen, wann die Anwesenheitsliste unterzeichnet worden sei. Es ist selbstverständlich, daß eine Anwesenheitsliste im Lokal selbst unterzeichnet wird, daher stammt der Name Anwesenheitsliste. Das war aber für ihn der gesetzliche Grund, daß die Versammlung ungesetzlich sei, die Anwesenheitsliste wurde beschlagnahmt, was auch ungesetzlich ist und er löste die Versammlung auf.

Oder wenn z. B. einem Mitglied von uns, das nach Deutschland zu Besuch fahren wollte, in Wallern der Reisepaß, das Parteibuch und das Parteiabzeichen weggenommen wurde, welch letzteres kein Staatsdokument ist, sondern Privateigentum. Man sagte, es wolle nicht zu Besuch fahren, sondern sei verdäch. tig, daß es für die SdP. irgend etwas drüben zu erledigen hätte. Das war unhaltbar, wie in tausend anderen Fällen. Man mußte den Mann wieder freilassen, aber das Parteibuch und das Parteiabzeichen wurden ihm tagelang zurückgehalten.

Wir haben, wie Kamerad Dr. Peters ganz richtig erwähnt hat, von dem Recht der Interpellation tüchtig Gebrauch gemacht. Aber Kamerad Dr. Peters hat wohl auch recht, wenn er einen Teil der Beantwortungen dieser Interpellationen als Verhöhnung bezeichnet. Was aber soll sich die Öffentlichkeit denken, wenn Ministerantworten zu einer Groteske herabsinken. Ich will Ihnen hier ein Beispiel sagen: Ich habe im vergangenen Jahr eine Interpellation an den Herrn Innenminister gerichtet, des Inhaltes, daß ein Gendarm in unserer Gegend einem Mitglied von uns das Parteiabzeichen aus dem Rock herausriß und rückwärts wieder befestigte mit dem Bemerken: "So lange Sie mit mir sprechen, dürfen Sie dieses Abzeichen nicht tragen." Was glauben Sie nun, was der Herr Minister darauf geantwortet hat? Er schrieb wörtlich in der Beantwortung: "Er gab den Tatbestand zu, der Gendarm konnte aber in der herrschenden Dämmerung nicht erkennen, ob das ein erlaubtes oder verbotenes Abzeichen sei." Wir sind der Meinung, daß eine solche Antwort vielleicht in die Redaktion eines politischen Witzblattes taugt, aber wir verwahren uns dagegen, daß solche Antworten im Plenum der Nationalversammlung dieses Staates aufgelegt werden.

Aus diesen wenigen Beispielen, die nur einen kleinen Sektor des Staates betreffen, nämlich den Wahlkreis Budweis, ersieht man, wie das Vertrauen zur Staatsführung und zur Verwaltung des Staates im Staatsbürger immer mehr verloren gehen muß. Es ist wohl ganz richtig, daß man damit auch den besten Be amten korrumpiert und ihn geradezu verleitet, nach eigenem Gutdünken zu handeln, wenn man die geschilderten Übergriffe interpelliert und daraufhin einfach nichts geschieht. Es geht eben das Vertrauen zur Regierung damit selbst verloren. Wir sehen das auch, wenn wir, die wir ja genug Interventionen machen müssen, an einen braven älteren Beamten kommen, dort klappt die Staatsverwaltung tadellos. Wir sehen aber auch so viele Fälle, wo die Beamten sich von politischen Motiven leiten lassen und nicht von der Treue zum Staat. Wenn man etwa glauben sollte, daß damit nun eine Erleichterung geschaffen wird, daß die deutschen Regierungsparteien nun so ab und zu ein Stückchen Zuckerbrot bekommen und damit wieder das Vertrauen zur Verwaltung hergestellt wird oder werden könne, dann irrt man sich sehr. Denn vergessen wir doch das eine nicht, was ich den Herren von den deutschen Regierungsparteien sagen möchte: Sie werden eben in der Koalition nur so lange etwas zu reden haben, als die SdP. hier ist. Denn Sie haben vorher auch nichts zu reden gehabt. (Posl. dr Mareš: Už jste byli v r. 1927 tady?) Oh, ja, ich war hier. Es ist müßig, von dieser Stelle aus allen diesen Patrioten von Kramáø über Spina bis Zajièek zu erklären, daß unsere Ansicht aus dem absoluten Staatsbürgergefühl stammt. Denn an den Beispielen, die ich angeführt habe, ist ja hauptsächlich immer der Kernpunkt bei den Entscheidungen in der Beamtenschaft draußen folgender: ist der Mensch staatsfeindlich oder ist er staatsfreundlich. Wir wollen einmal ganz offen das Kind beim Namen nennen. Es ist wohl heute in unserem Staate so, daß jeder Staatsbürger, der die Koalitionsparteien, die Regierungsparteien und ihr System gutheißt und stützt, als staatsfreundlich gilt, jeder, der dagegen ist, wird zum Staatsfeind gestempelt. Vergessen wir aber nicht die moralische Seite, daß durch alle diese Übergriffe ein Großteil der Staatsbürgerschaft dadurch eine Schmälerung seiner verfassungsmäßig verbürgten Rechte erfährt: und daß wir diese Menschen, die ihre Hand zu diesen Schmälerungen bieten, nie und nimmer als Stützen des Staates, als Staatsfreunde ansehen können. Vergessen Sie nicht, wenn Sie auch manchmal bei so einer Interpellationsbeantwortung lächeln, wenn Sie dies verschiedenen politischen Methoden, die in der Verwaltung eingerissen sind, die sich gegen uns Deutsche auswirken, gutheißen, daß Sie damit einen Bumerang schleudern, der letzten Endes auf Ihren eigenen Köpfen landen wird, weil eben politische Parteien kein ewiges Gebilde sind. Es könnte sehr leicht vorkommen, daß morgen ein Teil des èechischen Volkes von dem anderen in die Opposition gedrängt wird und gegen diesen Oppositionsteil genau dieselben Spitzfindigkeiten angewendet werden, wie sie heute gegen uns hier gang und gäbe sind. Sie nennen das, was wir hier geißeln, Demokratie, Sie sprechen viel von der besonderen Demokratie in diesem Staat. Jawohl, ich unterstreiche das, es ist eine besondere Demokratie, die wohl in ganz Europa ihres gleichen sucht. (Posl. dr Mareš: Nepøehánìjte, pane kolego!) Durch alle diese Verfolgungen, denen wir ausgesetzt sind, durch diese Zurückdrängungen und Persekutionen meinen Sie, daß Sie die Volksgemeinschaft sprengen werden. Geben Sie sich diesem Gefühle nicht hin! Die Volksgemeinschaft ist fester, als Sie es meinen. Man hat vielleicht auf èechischer Seite mit einer gewissen, wollen wir sagen, Unmoral des Sudetendeutschtums gerechnet, wenn man den Ausgleich mit den aktivistischen Parteien eingegangen ist, daß nun doch so und so viele Sudetendeutsche von der Volksgemeinschaft aus eigensüchtigen und eigennützigen Gründen abspringen werden. Ich behaupte, daß die deutschen Regierungsparteien nur dazu da sind, und daß der Ausgleich nur dazu geschaffen wurde, um den geschlossenen Block der SdP. zu sprengen. Aber wir werden die Nerven nicht verlieren, wir werden weiter gehen, bis zu dem Ziele, das darin besteht, daß uns unser Recht, unser verfassungsmäßig verbürgtes Recht werde, für das wir kämpfen, und wir haben keine Angst, denn Sie selbst haben den Spruch, der hier wie ein Menetekel vor Ihnen steht, hier aufgehängt, und wir glauben daran, daß die Wahrheit siegt! (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)

5. Øeè posl. Köglera (viz str. 42 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Unser Parlament schickt sich an, durch die Beratung dieser Vorlage den Rechtsschutz der Person zu erhöhen, dem Rechte Geltung zu verschaffen, die Grundlage des Rechtsstaates, der die Èechoslovakische Republik in diesen schwierigen politischen und wirtschaftlichen Zeiten geblieben ist, zu verstärken, Willkür der Verwaltungsorgane unmöglich zu machen. Wir sind Zeugen der Arbeit, die aus den anderen Staaten entspringt, in denen Gewaltideologien das Recht verändert, die Rechtsgrundlagen gewaltsam zerstört haben. Der erste Präsident unseres Obersten Verwaltungsgerichtes hat im Geleitwort zur Radlschen Ausgabe des Gesetzes über den Verwaltungsgerichtshof geschrieben: "Es war das Verdienst und es wird, solange der Gedanke des Rechtsstaates nicht überlebt ist, der Stolz des liberalen Regimes der österreichischen Deutschen bleiben, daß es in Erfüllung des Versprechens der Dezemberverfassung sich um die Errichtung eines unabhängigen Verwaltungstribunals mit der Aufgabe, den einzelnen Bürger in seinen Rechten gegen gesetzwidrige Akten der Verwaltungsbehörde zu schützen, gekümmert hat."

Der Gedanke des Rechtsstaates der österreichischen Deutschen und der Stolz des liberalen Regimes ist ein wertvoller Bestandteil der èechoslovakischen Rechtskultur geworden und wird von ihr auch weiter gepflegt. In weiten Kreisen der Deutschen in Europa ist er Dank dem Triumphe der Gewaltstaatsidee, des offenen oder verschleierten Faszismus allerdings zur Form ohne Inhalt, zum Scheindasein verurteilt, zur Legende geworden. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß das èechoslovakische Verwaltungsgericht die Wahrung des alten Rechts- und Kulturgutes in der gewissenhaftesten Weise erfüllt hat. Diese Tatsache wollen wir vom Standpunkt einer nationalen Minderheit und dem der Arbeiterklasse, die an ihren Freiheitsrechten Interesse hat, besonders hervorheben. Weil wir ein Höchstmaß persönlicher bürgerlicher Freiheit für die Arbeiter anstreben, haben wir ein besonderes Interesse an einer geordneten, einwandfrei funktionierenden Verwaltungsgerichtsbarkeit. In politischer Hinsichtwird in der deutschen Bevölkerung die gute Tradition der liberalen Freiheit des Rechtsstaates nur von der deutschen sozial-demokratischen Arbeiterbewegung und dem bewußt und überzeugt aktivistischen Bürgertum, einer Minderheit allerdings, bewahrt. Die Führerideologie schließt den Begriff des Rechtsstaates aus; wo das politische Kommando die Freiheit der Meinung und die persönliche Überzeugung ersetzt, hat die demokratische Ideologie und das Recht jede Heimstätte verloren. Dort herrscht Diktat, Macht, Willkür. Es ist grotesk, daß jene vorübergehende nationale Zeitströmung, die der Sozialdemokratie Respektlosigkeit vor der Individualität der einzelnen Persönlichkeit vorwirft, die Ausstattung einer Führerpersönlichkeit mit diktatorischen Vollmachten, mit dem Verzicht Tausender auf individuelle Geltung kompensiert, wobei die Unterführer nur als Individualitäten gelten können, wie sie höchstens das Exerzierreglement im alten Österreich vorgesehen hat.

Jeder Reformversuch des Verwaltungsgerichtes in einem demokratischen Staat rührt an seine Grundpfeiler. Wir teilen die Auffassung, die Masaryk ausgesprochen hat: "In der Demokratie kommt es nicht mehr auf das Herrschen an, sondern auf Verwaltung und Selbstverwaltung, auf die Abstimmung aller staatsschöpferischen Kräfte im Staate aufeinander." Wenn die Verwaltung diese hohe Aufgabe erfüllen soll, muß eine andere Voraussetzung gegeben sein nach Masaryk: "Das Amtieren darf nicht schleppend sein, die Angelegenheiten und Akten dürfen nicht spät erledigt werden, die Beamten Verantwortung und Entscheidung nicht fürchten; überflüssige Schreibereien haben zu entfallen und sind durch mündliche Erledigung zu ersetzen."

Hier sowohl als auch bei den Fehlentscheidungen der Administrativbehörden beginnt das Problem des Verwaltungsgerichtes. Die Arbeiter haben nicht nur aus allgemein bürgerlichen Gründen, sondern vor allem wegen ihrer sosozialen und arbeitsrechtlichen Institutionen, größtenteils Schöpfungen der demokratischen Republik aus der Nachkriegszeit, hervorragendes Interesse an der Sicherung und Ausgestaltung des Verwaltungsgerichtswesens und an der Beibehaltuntung seines bisherigen hohen Niveaus. Denken wir nur an die Betriebsausschüsse, an den Achtstundentag, an die sozialpolitische und arbeitsrechtliche Gesetzgebung! Vielfach danken die Arbeiter die Wahrung ihrer sozialen und fortschrittlichen Tendenzen den Judikaten des Obersten Verwaltungsgerichtes gegen einschränkende Entscheidungen der Administrativbehörden. Nach einem anderen Worte Masaryks soll der politische Sinn und Staatssinn nicht durch administrative Übung und Schulen erworben werden. Der akademisch Gebildete und der tüchtige Beamte hinkt sehr oft, was unerläßliche Menschenkenntnis und praktische Fähigkeit betrifft, dem erfahrenen Organisator nach. Die Verwaltung darf daher weder allzu sub specie des Büros, noch allzu sub specie der Partei aufgefaßt werden. Die praktische Frage lautet, wie beim parlamentarischen System der Regierung und der Verwaltung die nötige Anzahl von gebildeten Fachleuten zu sichern ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)

Wir sind der Meinung, daß die Einrichtung von Hilfsreferenten beim Obersten Verwaltungsgericht diese Masaryksche Erkenntnis zu erfüllen geeignet ist. Es wird der vorsichtigsten Auslese bedürfen, um durch diese Maßnahme dem Geiste des Gesetzgebers zu entsprechen und den notwendigen Erfolg, also die raschere Erledigung der anhängigen strittigen Fälle beim Obersten Verwaltungsgericht zu sichern. Der moderne Staat der Demokratie übernimmt immer größere wirtschaftliche und soziale Aufgaben. Die Verwaltung gewinnt deshalb immer größere Bedeutung. Die Anforderungen an den Verwaltungsbeamten müssen immer höher werden, sei es auf wirtschaftlichem oder sozialem Gebiete. Es ist uns durchaus klar: Gesetze können nur allgemein, abstrakt und rahmenförmig gefaßt sein. Ihre Gegenständlichkeit muß durch Praxis und Erfahrung gewonnen werden. Daraus entsteht die wichtigste Aufgabe der Verwaltung und der Gerichte, die Konkretisierung der Gesetze auszuführen. Die Verwaltung allein kann es nicht, sie muß über sich die gerichtliche Kontrolle haben, da ja das Parlament gar nicht in der Lage ist, diese Kontrolle auszuüben. Die Kontrolle muß. in den Händen unabhängiger, fachlich gebildeter Richter liegen, deren demokratische Zuverlässigkeit außer allem Zweifel stehen muß, da die Demokratie das Fundament des Staates ist. Es gibt leider ein Beispiel aus dem Auslande - die Feststellung ist schmerzlich für einen Angehörigen der deutschen Nation - daß auch die demokratische Zuverlässigkeit bei hohen Richtern ins Wanken geriet, deren eine demon kratische Republik sicher zu sein vermeinte.

Die èechoslovakische Verfassungsurkunde bestimmt, daß bei den Verwaltungsbehörden für einen ausgiebigen Schutz der Rechte und Interessen der Bürgerschaft vorzusehen ist. Der vorliegende En twurf wahrt durch Beibehaltung des freien Ermessens - und der Bagatellsachen in der Entscheidungsbefugnis des Obersten Verwaltungsgerichtes die Rechte der Staatsbürger gegenüber den Administrativbehörden.

Das Parlament wird aber auch außerhalb dieses Gesetzentwurfes seine Aufmerksamkeit den Spezialgerichten zuwenden müssen. Bei den Administrativbehörden, die im Zuge des Verfahrens in der Angestellten- und Arbeiterversicherung zu entscheiden haben, erliegt eine Unzahl unerledigter, anhängiger strittiger Fälle. Es geht größtenteils um die Rechte armer Rentner. Die ersten Entscheidungen des Jahres 1935 sind jetzt ergangen, Viele ältere sind noch anhängig. Wir haben die Überzeugung, daß die Verwaltungsbehörden gerade hier dringend der Ausgestaltung mit Fachkräften bedürfen, damit die Anspruch erhebenden vielfach älteren Personen von der Erledigung überhaupt noch einen Vorteil haben. Den Schiedsgerich ten der Alters- und Pensionsversicherung fehlen die Richter. Es wäre auch angezeigt, daß das Parlament legislative Vorkehrungen trifft, um durch Hilfsreferenten aus Fachkreisen des sozialen Versicherungswesens den Gang des Verfahrens zu beschleunigen.

Wir wissen als Deutsche und als Arbeiter in der Èechoslovakischen Republik wohl zu würdigen, welch gewaltige Bedeutung der Tatsache zukommt, daß unsere Verwaltungsgerichtsbarkeit einwandfrei funktioniert. Im Süden Europas herrscht unter faszistischer Ideologie Macht ohne Recht, auch in nationalen Fragen einer deutschen Minderheit, und deutsche Arbeiter und Bauern werden von dieser Macht ohne Recht zermürbt und zerdrückt. Ihre Kultur ist in Gefahr, ihr Eigenleben in wirtschaftlicher Hinsicht bedroht. Wie hebt sich von diesem traurigen Bild das Rechtsleben in der Verwaltung bei uns fur die deutsche Bevölkerung ab, für die durch die Vereinbarungen des 18. Feber 1937 ein neuer wichtiger rechts- und staaatspolitischer Abschnitt von europäischer Bedeutung begonnen hat.

Der Abg. Peters von der Sudetendeutschen Partei hat sich dagegen gewendet, daß das nationale Problem niemals auf dem Wege der Teilung von Macht und Recht gelöst werden könnte. Er scheint von dem Schicksal deutscher Brüder im Süden, die nur unter dem Druck der Macht ohne Recht stehen, nicht besonders ergriffen zu sein. Der Hinweis des Kollegen Peters auf die volle innere Geschlossenheit der deutschen Volksgruppe ist in der Èechoslovakei nur denkbar auf dem Boden des ehrlichen, überzeugten demokratischen Parlamentarismus, nicht mit Nachahmung der Führerideologie, wie sie die Sudetendeutsche Partei vertritt. Diese Einsicht bricht sich übrigens auch in der Sudetendeutschen Partei Bahn, deren eigene innere Geschlossenheit eine Vorspiegelung falscher Tatsachen ist, denn heute weiß man, daß mindestens 6 Richtungen in der Sudetendeutschen Partei bestehen: die Richtung Kasper und Kreißl, die um Henlein, die Richtung um Sebekowski, dann der Arbeiterflügel um Wollner, der Unternehmerflügel um Peters und der Flügel der ausgeschlossenen Liebl und Smagon. Es ist eigenartig, daß ausgerechnet in dieser Situation von der inneren Geschlossenheit der sudetendeutschen Volksgruppe gerade von den Sprechern der Sudetendeutschen Partei gesprochen wird. (Výkøiky. - Místopøedseda Taub zvoní.) Wenn sich Abg. Peters dahin ausgesprochen hat, daß der vorliegende Gesetzentwurf eine Reihe von Wünschen der sudetendeutschen Minderheit nicht erfüllt und in ihr Verdacht erweckt hat, so hätte die Sudetendeutsche Partei reichlich Gelegenheit gehabt, im Verfassungsausschuß diese Bedenken gegen die Vorlage durch entsprechende Ergänzungsanträge auszudrücken. Sie hat es nicht gemacht, nicht einmal den Versuch dazu unternommen, und Beweise für das unmoralische Verhältnis zwischen Koalition und Opposition sind von den Herren der Sudetendeutschen Partei bis heute auch nicht vorgelegt worden. Aber ich werde Ihnen einen Beweis für ein gewisses unmoralisches Verhältnis der Sudetendeutschen Partei zu ihrem großen Nachbar im Norden liefern. Am 1. April ist in Bodenbach der Beamte einer Baugenossenschaft aus Deu tschland zurückgekehrt. Er wurde in Deutschland 13 Monate und 14 Tage festgehalten, davon fünf Monate im Polizeigefängnis zu Dresden. Man hat gegen ihn wegen eines angeblichen Anschlags auf den deutschen Staat ein Strafverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft hat dieses Verfahren im August 1936 eingestellt, der Haftbefehl wurde aufgehoben, aber statt daß der Mann seine Freiheit zurückbekam, übernahm ihn eine Stelle, gegen die es in Deutschland im Administrativverfahren keinen Rechtsweg gibt, nämlich die SA, schaffte ihn in das Konzentrationslager nach Sachsenburg und erst schweren Bemühungen der èechoslovakischen Auslandsbehörden gelang es, den Mann am 1. April seiner Frau und seinem Kinde wiederzugeben. (Posl. dr Peters: Sie haben dem Jobst nicht zugehört! Der hat auch Fälle von hier erzählt!) Auf diesen Umstand verweise ich nur deshalb, damit klar und eindeutig dargestellt wird, welch gewaltiger Unterschied zwischen dem Rechtstaat der Èechoslovakei, dieser parlamentarischen Demokratie, und den rechtlosen Staaten des Fascismus und Nationalsozialismus besteht. (Rùzné výkøiky. Místopøedseda Taub zvoní.)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist der Beweis für die Rechtsstaatlichkeit der Èechoslovakischen Republik und die Beobachtung jener rechtlichen und kulturellen Prinzipien, die ihren Platz an der Seite der großen westeuropäischen Demokratien rechtfertigen. (Potlesk.)


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