Pátek 23. dubna 1937

Dazu kommt, daß auch nur in den seltensten Fällen es sich die nach § 6 des Schutzgesetzes Beschuldigten leisten können, einen Anwalt zu nehmen. Denn auch hier haben sich die Sonderbestimmungen des Gesetzes geradezu unmenschlich und katastrophal ausgewirkt, was Ihnen wah rscheinlich auch nicht bekannt ist. Denn die Einschränkung in der Zulassung der Rechtsanwälte hat eine Monopolstellung der zugelassenen Rechtsanwälte mit sich gebracht und diese Monopolstellung hat selbstverständlich zu Monopolpreisen geführt. Heute ist es den meist zu Unrecht Beschuldigten kaum mehr möglich, einen Rechtsanwalt nach freiem Willen zu nehmen, und überhaupt nicht möglich, diesen zu bezahlen. In der Liste der zugelassenen Anwälte befinden sich keine zwei deutschen Anwälte, die das Vertrauen von 70% der deutschen Bevölkerung haben. Es ist geradezu eine Ungeheuerlichkeit, daß das Justizministerium im Einvernehmen mit dem Generalstab durch die Zusammensetzung der Liste der zugelassenen Verteidiger es sich herausgenommen hat, damit zu dokumentieren, daß die gesamte Anwaltschaft des bodenständigen Deutschtums in diesem Staate staatlich unzuverlässig ist. []. Denn es kann niemals gut ausgehen, wenn die rechtsbeflissene Vertretung des Sudetendeutschtums in Bausch und Bogen als staatlich unverläßlich bezeichnet wird. (Souhlas poslancù sudetskonìmecké strany.)

Es ist für uns fast gleichgiltig, ob wir in einem neuen Zivilprozeßverfahren etwa einen Eigentumsanspruch oder Gewährleistungsanspruch dahingehend, ob eine Kuh die zugesagten 8 Liter Milch täglich gibt oder nicht, in drei oder sechs Monaten erfolgreich geltend machen können. (Výkøiky.) Wichtiger ist, daß man sich in wenigen Tagen und nicht etwa in 12, 14 und 16 Monaten erst darüber ins Klare kommt, ob schwer verdächtigte und in Haft genommene Menschen schuldig sind oder nicht. Aus meiner engeren Heimat und aus meinem Wahlkreise, der der größte deutsche Wahlkreis ist, sind mir unzählige Fälle bekannt, die geradezu unwahrscheinlich klingen würden, wenn ich sie Ihnen hier im einzelnen mitteilen würde. Mehr als 70 Personen wurden unter dem unbegründeten Verdachte der Spionage verhaftet. Heute sind noch 30 verhaftet, ein großer Teil ist überhaupt nie oder durch Monate hindurch nur ein einzigesmal verhört worden. []. (Souhlas poslancù sudetskonìmecké strany.) Die Polizeimethoden vom 18. März in Aussig, das Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Falle Niedergrund, das Versagen der Fahndung der Gendarmerie im Falle des Attentates auf den Abgeordneten May werfen grelle Schlaglichter auf das mittelalterliche Dunkel dieser Verwaltungsmethoden, deren Praktik Sie zu ändern versprachen. (Hluk.) Es ist der Gendarmerie nicht einmal möglich gewesen, den Täter, der den Abg. Rösler mitten unter der Gendarmerie mit einem Stuhlbein niederschlug, zu verhaften. Die Gendarmerie hat darauf vergessen, daß sie über Polizeihunde verfügt ... (Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. inž. Richter (pokraèuje): ... die in verhältnismäßig kurzer Zeit es hätten klar werden lassen, wer denn eigentlich der Attentäter auf den Abg. May war. Denn, meine Herren, trotz bester Witterungsverhältnisse, trotzdem die Spuren eindeutig klar waren, hat man Polizeihunde wohl aus ganz bestimmten Gründen nicht eingesetzt. Ich erinnere daran, daß seinerzeit als Herr Abg. Heeger erklärte ... (Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. inž. Richter (pokraèuje): Als Herr Abg. Heeger seinerzeit erklärte, er wäre um ein Haar menschengeraubt worden, da verhaftete man eine halbe Ortsgruppe der Sudetendeutschen Partei, die man dann selbstverständlich wieder freilassen mußte. Wenn man aber auf ein Mitglied der Sudetendeutschen Partei, das dem Abgeordnetenhaus angehört, einen Revolveranschlag macht, dann hält man es nicht für notwendig, Polizeihunde auf die Spur des Täters zu hetzen. (Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby mluvil k vìci.

Posl. inž. Richter (pokraèuje): Sie mögen, meine Damen und Herren, über meine Ausführungen überrascht sein. Ich habe mich dazu als Nichtjurist entschlossen, weil ich eben als Vertreter der Bevölkerung einmal über die Frage der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit von dieser Stelle aus sprechen wollte.

In einem Falle wurde die Strafanzeige gegen Gendarmen erstattet, die, wie Abg. Köllner von hier aus unter Anführung zahlreicher Fälle mitgeteilt hatte, sich gegen Verhaftete mit Gummiknüppeln vergingen. Die Untersuchung wurde eingeleitet. Ein Gendarmeriegeneral wurde mit der Untersuchung beauftragt. Aber - und das ist wichtig festgestellt zu werden - die Gendarmen sind zu den einzelnen Belastungszeugen hinausgegangen und haben sie unter Androhung von gewerbepolizeilicher Schädigung dazu veranlaßt, keine belastenden Aussagen zu Protokoll zu geben. Und als es so weit war, daß das Verfahren hätte eingeleitet werden können, stellte man das Verfahren gegen eine Anzahl von Gendarmen ein, die dann als Entlastungszeugen im Prozeß aufmarschierten. (Výkøiky. - Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. inž. Richter (pokraèuje): Die eigentlichen Belastungszeugen, nämlich jene Leute, die von der Gendarmerie verprügelt worden waren, waren überhaupt nicht zur Verhandlung vorgeladen worden. Sie können sich vorstellen, mit welchen Gefühlen wir angesichts dieser Erfahrungen den Artikel XVII des Einführungsgesetzes der Zivilprozeßordnung zur Kenntnis genommen haben.

Damit komme ich auf das einzige Detail zu sprechen, das ich hier von dieser Stelle aus heute behandeln möchte. In diesem Artikel XVII wird bestimmt, daß schon auf der Klage, der Klagebeantwortung oder auf einem sonstigen Schriftsatz äußerlich durch den Überreicher des Schriftsatzes zu verzeichnen ist, ob durch dieses Verfahren das Verteidigungsinteresse des Staates berührt wird. Können Sie sich vorstellen, was das in der Praxis bedeuten wird? Wer irgendwie glaubt, durch diese Sonderqualifikation besser fahren zu können, wird sich nicht scheuen, mit dem angeblichen Verteidigungsinteresse des Staates Schindluder zu treiben.

Die so durch den Interessenten selbst gegebene Qualifikation hat nämlich ungeheuer schwere Folgen. Vom Amtswegen ist die Meldung an das Verteidigungsministerium zu erstatten. Der Staat selbst kann sich als Nebenintervenient dem Verfahren anschließen, hat es aber nicht notwendig, sein Rechtsinteresse an dem Obsiegen der Partei, der er sich anschließt, zu erweisen. In einem derartigen Verfahren kann über Antrag der Militärprokuratur jederzeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, ja, das Verfahren kann sogar unterbrochen werden, ohne daß es dagegen ein Rechtsmittel gibt; das heißt, daß Stellen, die mit der Rechtspflege nicht das Geringste zu tun haben, Entscheidungen von größter Rechtswirksamkeit herbeiführen können, die letztlich auf den Rechtsverlust der Prozeßpartei hinausfallen. In derselben Richtung laufen die weiteren Bestimmungen, die besagen, daß die Vorlage von Urkunden und anderen Beweisstücken, durch welche das Verteidigungsinteresse des Staates berührt werden könnte, abgelehnt werden kann. In Betrieben, die der Aufsicht der Militärverwaltung unterstehen, kann ein Lokalaugenschein nur mit deren Einwilligung vorgenommen werden. Umstände, die im Interesse der Staatsverteidigung geheim gehalten werden sollen, dürfen im Urteil und in den schriftlichen Entscheidungen vom Gericht überhaupt nur soweit beschrieben werden, als dies zum Verständnis der Entscheidung unbedingt nötig ist. (Výkøiky posl. Heegera.) Ich glaube, Sie haben das Gesetz gar nicht gelesen, und sind sich über die Auswirkungen selbstverständlich nicht im Klaren, sonst könnten Sie als immerhin deutschsprechender Volksvertreter solche Behauptungen nicht aufstellen. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.) Die Einsicht in jene Teile der Akten, durch die die Interessen der Staatsverteidigung berührt werden könnten, ist sowohl Parteien wie dritten Personen untersagt.

Was soll man angesichts all dieser Bestimmungen noch sagen? Treten Sie in Kraft, dann bleibt nur die eine Feststellung übrig: [ ]. Wir sind gerne bereit, an einer Zivilprozeßordnung mitzuarbeiten, wir lehnen es aber ab, unsere Hand dazu zu bieten, um ein weiteres Steinchen in das ohnehin blendende Mosaik der demokratischen Fasade dieses Staates hinzuzufügen. Wir müssen feststellen, daß hier Entwicklungen im Gange sind, die rein rechtspolitisch gesehen dazu führen müssen, daß sich die Anarchie im öffentlichen Leben des Staates einschmuggelt, eine Anarchie, die auch dann bleiben wird, wenn sie im Namen des Staates in unser öffentliches Leben und in unsere Justiz Einlaß erhält. (Potlesk poslancù strany sudetskonémecké.)

2. Øeè posl. dr Kosseye (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):



3. Vìcná poznámka posl. Beuera (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Den Standpunkt unserer Partei zur Zivilprozeßordung hat bereits unser Genosse Dr. Clementis hier dargelegt. Ich benütze diesen Anlaß vor allem dazu, um darauf aufmerksam zu machen, daß gerade die Praxis der Gerichte zahlreiche Ungerechtigkeiten gegenüber der deutschen Bevölkerung und den deutschen Staatsbürgern in sich birgt. Ich erhebe hier die Forderung, daß sich die rasche Durchführung der Vereinbarungen der Regierung mit den deutschen aktivistischen Parteien vom 18. Feber vor allem auch auf die sofortige Beseitigung dieser Ungerechtigkeiten und die Herbeiführung der vollen Gleichberechtigung der deutschen Staatsbürger vor Gericht erstrecken muß.

Der Abg. Richter der SdP hat es für notwendig gehalten, hier als Vertreter der Rechtsstaatlichkeit und Legalität aufzutreten. Ich erkläre hier, daß die Führer der Sudetendeutschen Partei am allerwenigsten das Recht haben, sich auf Rechtsstaatlichkeit und Legalität zu berufen, denn sie sind es, die mit allen Mitteln versuchen, im sudetendeutschen Gebiet die Legalität zu unterwühlen und einen Zustand des Bürgerkrieges herbeizuführen. Der Herr Abg. Richter hat auch den Mut gehabt, über die Ereignisse in Niedergrund und anderswo zu sprechen. Er hat den Sachverhalt geradezu auf den Kopf gestellt, sodaß es notwendig ist, diese Frage hier klarzustellen. Vor einigen Wochen haben die Abgeordneten der SdP in diesem Saale wüste Krawalle aufgeführt und wir haben damals in Übereinstimmung mit der gesamten sozialistischen und demokratischen Öffentlichkeit nachgewiesen, daß diese Krawalle absichtlich arrangiert worden sind, um das Signal zu Unruhen und Zusammenstößen im deutschen Gebiet zu geben. Die Ereignisse der letzten Wochen haben diese Vorhersage 100%ig bestätigt. Die Führer der SdP haben bereits auf der ganzen Linie den Weg der Gewalt, des fascistischen Terrors, des politischen Gangstertums beschritten. Ich begnüge mich damit, dem Haus ein trockenes Kalendarium nur dér allerschlimmsten Terrorakte der SdP vorzulegen. Nach den mißglückten Versuchen, in den großen kommunistischen und sozialistischen Kundgebungen in Eger, Karlsbad, Aussig usw. Schlägereien zu inszenieren, wurde am 21. März eine Kulturveranstaltung des deutschen Júgendbundes in Karlsbad von der Schlägergarde des Henleinischen Turnverbandes überfallen. Es wurden blutige Krawalle entfesselt, wobei sieben Jugendliche schwer verletzt wurden. Nachher zogen die Krawallmacher vor das Gebäude des sozialdemokratischen "Volkswille", wo sie sämtliche Fensterscheiben einschlugen. Am gleichen Tag wurde eine Versammlung des Abg. Jaksch in Mies gesprengt, wobei ebenfalls wüste Tumultszenen und Schlägereien herbeigeführt wurden. Am selben Tag überfielen SdP Stoßtrupps eine Versammlung der SdP- Opposition in Zwittau, wobei es ebenfalls zahlreiche Verletzte gab. Am 15. April kam es zu dem bekannten Zusammenstoß in Niedergrund, der von dem Abgeordneten der SdP Rösler bewußt provoziert wurde. Das sind fascistische Bürgerkriegsmethoden. Hier zeigt sich die klare Absicht der Sudetendeutschen Partei, im sudetendeutschen Gebiet Unruhen und Zusammenstöße herbeizuführen. Der Sinn dieser Politik des fascistischen Terrors und Gangstertums liegt ganz klar zu Tage. Die Führer der SdP sind außerordentlich nervös geworden, weil sie fühlen, daß der Boden unter ihren Füßen in Erschütterung gerät, weil sie sehen, daß Hunderttausende von werktätigen Anhängern der SdP den nationalen Ausgleich wollen, daß in den Betrieben die SdP-Arbeiter Schulter an Schulter mit den kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern gegen ihre ausbeuterischen Unternehmer kämpfen. Sie wollen im deutschen Gebiet Unruhen hervorrufen, damit Hitler die Möglichkeit hat, hier einzugreifen, um auf dieselbe Weise "Ordnung zu machen", wie er das in Spanien bereits versucht. Der [] Charakter dieser Terrorpolitik der SdP wird aber am klarsten durch die neuesten Formen der Bürgerkriegspolitik der Sudetendeutschen Partei gekennzeichnet.

Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že má jenom vìcnou poznámku.

Posl. Beuer (pokraèuje): Jenom krátce. Bisher haben die Führer der SdP Attentate gegen Arbeiter und Arbeiterfunktionäre arrangiert, jetzt haben sie bereits nach berühmten Mustern damit begonnen, Scheinattentate gegen sich selbst zu organisieren. Wir wissen, daß die Führer der SdP, auch hier dem Vorbild Hitlers, folgend, in Karl May den Höhepunkt der deutschen Literatur erblicken. Sie wagen es um der politischen Öffentlichkeit einen Karl May-R oman über ein angebliches Attentat auf den Herrn Franz May in Niedergrund zu erzählen. (Hluk. - Rùzné køiky.)

Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Beuer (pokraèuje): Sie brauchen derartige Terrormethoden und Attentate, um Märtyrer zu schaffen und den verablassenden Glanz der "Volksgemeinschaft" wieder aufzufrischen. Sie brauchen derartige Attentate, um die Aufmerksamkeit von ihren eigenen Gewalttätigkeiten und Terrorakten gegen die werktätige Bevölkerung abzulenken. Aus diesen Ereignissen der letzten Wochen müssen sofort die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden. Diese Katastrophen- und Bürgerkriegspolitik der Sudetendeutschen Partei, setzt die Existenz von Volk und Staat aufs Spiel. Es ist notwendig, daß ihr sofort und energisch ein Ende gemacht werde. Die ersten Schlußfolgerungen aus diesen Ereignissen hat vor allem die Regierung zu ziehen, in der Hinsicht, daß sie sofort herangeht, die Vereinbarungen vom 18. Feber energisch und großzügig durchzuführen. Die Antifascisten erkennen aus diesen letzten Ereignissen die zwingende Notwendigkeit, sich endlich zusammenzuschließen und die Volksfront zu bilden, um die Volksrechte durchzusetzen und der Bürgerkriegspolitik der SdP ein Ende zu machen.

Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že jeho lhùta uplynula.

Posl. Beuer (pokraèuje): Wir warnen von dieser Stelle aus die deutsche Bevölkerung, der Bürgerkriegspolitik der SdP zu folgen. Wir fordern die werktätigen Anhänger der SdP auf, gemeinsam, mit Kommunisten, Sozialisten und Demokraten sich gegen diese [] Politik des fascistischen Banditismus zu wenden, gemeinsam mit uns für die Volksrechte, für den nationalen Ausgleich, ...

Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji znovu pana øeèníka, že jeho lhùta uplynula.

Posl. Beuer (pokraèuje): ... gegen die ausbeuterischen Unternehmer, für eine bessere und glücklichere Zukunft des deutschen Volkes zu kämpfen. (Potlesk poslancù komunistické strany.)


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