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Landwirte gab der Gastwirt die Zusicherung, daß
in dem Gasthause auch ein Bild des Ministers
Spina aufgehängt werde, wenn es von Seiten der
Mitglieder des Bundes der Landwirte gewünscht
werde.

Am 27. Oktober 1935 wurde der Vorsitzende der
Ortsgruppe Leipertitz der Sudetendeutschen
Partei in die Gemeindekanzlei gerufen, wo ihm von
der Gendarmerie der Auftrag erteilt wurde, das
Bild aus dem Extrazimmer des Gemeindegast-
hauses wieder zu entfernen, da es öffentliches
Ärgernis errege. Die Ortsgruppe der SdP kam
diesem Ersuchen selbstverständlich nach.

Unter Berufung auf den oben dargestellten Tat-
bestand frage ich den Herrn Minister:

1. Decken Sie das Vorgehen des Gendarmerie-
postens in Leipertitz und soll mit diesem einmali-
gen Verbot ausgesprochen sein, daß das Bild des
Vorsitzenden der Sudetendeutschen Partei, Konrad
Henleins, in einem öffentlichen Lokal nicht aufge-
hängt werden darf ?

2. Sind Sie bereit zu veranlassen, daß der Gen-
darmerieposten in Leipertitz sein Verbot der An-
bringung des Bildes Konrad Henleins zurück-
nimmt und gegen das Aufhängen des Bildes im
Extrazimmer des Gemeindegasthauses in Leiper-
titz nichts weiter einwendet?

Prag, den 11. Jänner 1936.

Sogl,

Dr. Hodina, Axmann, Birke, lobst, Budig, Gruber,

Ing. Lischka, Kundt, Nickerl, Ing. Künzel, Ing.

Schreiber, Ing. Richter, Stangl, Knöchel, Liebl,

Sandner, Hollube, Wollner, Dr. Kellner, Nemetz.

Pùvodní znìní ad 263/VII.

Interpellation

des Abgeordneten Richard Knorre
an den Minister für soziale Fürsorge

betreffend die ungerechte Zusammen-
setzung der Sozialkommission in Lands-
kron.

Am 12. Dezember 1935 wurde die Sozialkommis-
sion für die Durchführung der staatlichen Ernäh-
rungsaktion neu zusammengesetzt. Trotzdem die
Sudetendeutsche Partei bei der Bezirksbehörde in
Landskron rechtzeitig einige Mitglieder für die
Kommission namhaft gemacht hatte, wurden diese
nicht berücksichtigt. Bei einer Intervention beim
Bezirkshauptmann wurden die Mitglieder der
Sudetendeutschen Partei an den Referenten
Dr. Hlavaèek verwiesen. Dieser erklärte, die Kom-
mission aus "unpolitischen" Mitgliedern zusam-
mengesetzt zu haben. Dabei gehören jedoch der
Kommission an: Stadtrat Franz Treml, sozial-
demokratischer Sekretär in Landskron, der Ob-
mann der Ghristlichsozialen Volkspartei, ein

Stadtrat des Bundes der Landwirte, ein Stadtrat
des Ständebundes, ein èechischer Sozialdemokrat,
ein èechischer Nationalsozialist und ein èechischer
Gewerbetreibender.

Über diese ungerechte Zusammensetzung der
Sozialkommission herrscht in Landskron umso-
mehr berechtigte Erregung, als gerade in den
Reihen der Sudetendeutschen Partei eine sehr
große Anzahl von Arbeitslosen zu finden ist,
welche bei der Ernährungsaktion berücksichtigt
werden müssen, ohne daß sie in der Sozialkommis-
sion vertreten wären.

Wenn auch der Erlaß über die staatliche Er-
nährungsaktion der Behörde das uneingeschränkte
Ernennungsrecht vorbehält, kann doch voraus-
gesetzt werden, daß die Bezirksbehörde Landskron
sich so weit demokratisch einstellt, daß sie bei der
Zusammensetzung der Sozialkommission auch die
zahlenmäßig stärkste Partei des Staates entspre-
chend berücksichtigt.

Wir fragen den Herrn Minister für soziale Für-
sorge:

1. Sind Sie bereit, auf die Bezirksbehörde in
Landskron dahin einzuwirken, daß sie bei der Zu-
sammensetzung der Sozialkommission nach demo-
kratischen gerechten Grundsätzen vorgeht ?

2. Sind Sie bereit, zu verhindern, daß ähnliche
Ungerechtigkeiten in anderen Bezirken vorkom-
men, indem Sie einen entsprechenden Erlaß an die
Bezirksämter herausgeben ?

P r a g, am 11. Jänner 1936.

Knorre,

Birke, Axmann, Ing. Lischka, Kundt, Jobst,
Nickerl, Ing. Künzel, Knöchel, Ing. Richter,
Dr. Kellner, Liebl, Dr. Hodina, Stangl, Gruber,
Nemetz, Hollube, Sandner, Budig, Wollner,
Ing. Schreiber.

Pùvodní znìní ad 263/ VIII.

Interpellation

des Abgeordneten Gustav Obrlik

an den Postminister

betreffend das dienstwidrige Vorgehen
eines Postbeamten.

Die Wechselseitige Versicherungsanstalt "Sct.
Florian" in Eger richtete an eine bei ihr ver-
sicherte deutsche Partei, namens Theodora Luksch,
früher in Alt-Harzdorf Nr. 1, Bezirk Reichenberg,
einen Brief, der den Poststempel "Cheb I -
24. X. 35 - 19-3d Eger I" trägt. Dieser Brief
kam an den Absender zurück und trägt folgenden,
auf die Rückseite des Umschlages geschriebenen
Vermerk: "Theodora Luksch neznámá, snad Theo-
dora Lukscjiovä, odhlasena do Liberce. " Außerdem
trägt der Brief den Zettel "Neznám - Inconnu".
Der Poststempel auf der Rückseite lautet: "Starý


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Harcov 30. X. 35 - lob Alt-Harzdorf", sowie die
Unterschrift des Beamten (unleserlich).

Eine legalisierte Abschrift des Briefumschlag«
befindet sich in der Hand des Abgeordneten
Obrlík.

Die Bemerkung des Postboten zeigt, daß es sieh
um einen politisierenden Postboten handelt, der
amtlich feststellen will, daß es für die Postwr-
wattung deutsche Familiennamen nicht gibt. Wir
sind der Meinung, daß die Postboten dazu da sind,
im Einklange mit den für die Posiverwaltung be-
stehenden Sprachenvorschriften auch deutsch ge-
schriebene Zuschriften ordnungsgemäß an die
deutschen Adressaten weiterzuleben. Es ist zu-
mindest ein grober Mißbrauch der amtlichen Be-
fugnisse, wenn ein Postbote die Unzustellbarkeit
eines Briefes dazu benützt, um seine nationalen
Werturteile schwarz auf weiß dem Absender und
der Umwelt zu vermitteln.

Übrigens seht aus den Poststempeln hervor, daß
der Brief 5 Tage unbestellt in Alt-Harzdorf liegen-
geblieben war. Daß die Adressatin verheeren war,
mußte bereits beim ersten Postgange festgestellt
worden sein. Wir stellen an den Herrn Post-
minister folgende Anfragen:

1. Sind Sie bereit, den Vorfall untersuchen zu
lassen und wollen Sie uns über die Bestrafung des
politisierenden Postbeamten berichten?

2. Sind Sie bereit, dafür zu Borgen, daß sich
ähnliche Fälle nationaler Nadelstichpolitik durch
Organe des Postdienstes in Zukunft nicht mehr
ereignen ?

Prag, am 11. Jänner 1936.

Obrlik,

Liebl, Axmann, Birke, Jobst, Ing. Künzel, Ing.
Lischka, Nemetz, Nickerl, Štangl. Knöchel, Ing.
Schreiber, Knndt. Dr. Hodina. Gruber, Hollube,
Budig, Sandner, Wollner, Ing. Richter, Dr. Kellner.

Pùvodní znìní ad 283/IX.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Hans Neuwirth
an den Minister des Innern

betreffend Nichteinhaltung der Bestim-
mungen der Sprachenverordnung durch
die Bezirksämter in Deutsch Gabel, Karls-
bad, Luditz und Leitmeritz.

Die unterzeichneten Abgeordneten haben am
8. November v. J. in der gleichen Sache eine Inter-
pellation an den Minister des Innern, das Bezirks-
amt in Böhmisch Leina betreffend, gerichtet. Aus
den Reihen der Versicherunwsnefhiwr der Bezirks-
krankenversicherungsanstalten In Deutsch Gabel,
Karlsbad, Luditz und Lettmeritz laufen ständig
Klagen darüber ein, daß die Bezirkdbehörden in
den genannten Stätten mit den genannten Be-

zirkskrankenversicherungflanstaltem ständig nur
cechisch korrespondieren. Diese Sprachenrechts-
praxis ist rechtswidrig, da die Gesehäftssprache
der angeführten Versicherungsanstalten die
deutsche ist.

In Ergänzung der schon anegefübrten Inter-
pellation vom 8. November 1935 Druck 188/II
stellen wir an den Herrn Minister des Innern
folgende Anfrage:

Sind Sie bereit, dafür Sorge zu tragen, daß die
Bestimmungen der Sprachenverordnung auch von
den Bezirksämtern in Deutsch Gabel, Karlsbad,
Luditz und Leitmeritz den gleichnamigen Bezirks-
krankenversicherungsanstalten gegenüber einge-
halten werden?

P r a g, am 11. Jänner 1986.

Dr. Neuwirth,

Birke, Axmann, Dr. Hodina, Nickerl, Jobst,
Gruber. Nemetz, Badig, Hollube, Ing. Künzel,
Ing. Richter, Sandner, Knöchel. Ing. Schreiber,
Kundt, Ing. Lischka, Liebl, Stangl, Wollner,
Dr. Kellner.

Pùvodní znìní ad 263/X.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Böhm
an den Eisenbahnminister

betreffend Misstände auf der Bahnstrecke
Falkenau-Kliagenttial.

Die Motorwaagen, die georenwärtig den Verkehr
zwischen den Stationen Graslitz-Markhaiisen-
Klingenthal aufrecht erhalten, haben im Wagen-
innern nur rein èechische Aufschriften, trotzdem
die Bevölkerung dieser Gesrend zu weit über 90%
deutsch ist. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Auf-
schriften in den Zugsgarnituren, die den Verkehr
auf der Strecke Palkenau-Klinsrenthal und um-
srekehrt besorgen. Mit vollem Recht fürchtet daher
die Bevölkerung, daß in den Motorwagen, die ab
Mai dieses Jahres den Ansehluß von Graslitz nach
Falkenau zu den Schnell- und Personenzügen
besser regeln sollen, ebenfalls entgegen den
Sprachenverordnungen, rein Èechische Aufschrif-
ten enthalten «ein werden.

Es ist weiters auch nicht ersichtlich, warum der
Verkehr mit den Motorschnellwacren nicht schon
vor dem 1. Mai aufgenommen wird, da eine aus-
reichende Benützung dieser Wagen mit Sicherheit
angenommen werden kann.

In der Station Bleistadt, die wohl bei Tage die
Aufschrift Olovi-Blefstadt trägt, findet der am
Abend aussteifende Reisende nur mehr den in
Form eines Transnarentes angebrachten Stations-
namen Oloví. während die deutsche Stations-
bezeichnung Bleistadt überhaupt nicht sichtbar ist.
Ei ist nicht einzusehen, warum gerade hier Er-


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sparungsmaßnahmen auf Kosten der deutschen
Bevölkerung gehen sollen.

Wir fragen daher den Herrn Minister:

1. Sind Sie bereit zu veranlassen, daß die auf
den angeführten Strecken verkehrenden Zugs-
garnituren und Motorwagen zweisprachige Auf-
schriften führen ?

2. Sind Sie bereit zu veranlassen, daß die Motor-
schnellwagen von Graslitz nach Falkenau noch vor
dem 1. Mai zum Einsatz gelangen ?

3. Sind Sie bereit zu veranlassen, daß in der
Station Bleistadt auch am Abend der Stations-
name zweisprachig zu sehen ist ?

Prag, am 11. Jänner 1936.

Georg Böhm,

Axmann, Kundt, Birke, Jobst, Ing. Künzel,
Nickerl, Stangl, Budig, Knöchel, Ing. Schreiber,
Ing. Lischka, Liebl, Dr. Hodina, Gruber, Nemetz,
Hollube, Ing. Richter, Wollner, Sandner,
Dr. Kellner.

Pùvodní znìní ad 263/XI.

Interpellation

des Abgeordneten Josef Illing

an den Minister für Schulwesen und Volks-
kultur

betreffend Benützung von Turnsälen der

deutschen Turnvereine für das sehulplan-

mäßige Turnen.

Zufolge des Sitzungsbeschlusses des Bezirks-
schulausschusses in Podersam vom 21. August
1933 wurde dem Ortsschulrat in Podersam nahe-
gelegt, beim deutschen Turnverein in Podersam
um die Benützung der Turnhalle für das Schul-
turnen vorstellig zu werden. Nachdem anderer-
seits der Ortsschulrat in Podersam im seiner
Sitzung, vom 11. Juli 1934 beschlossen hatte, den
Schulturnsaal als Schulküche zu verwenden, ver-
warf der Bezirksschulausschuß in Podersam diesen
Beschluß und trug dem Ortsschulrate mit Schrei-
ben vom 6. September 1934 auf, den Schulturnsaal
herzurichten und ihn nach seiner Vergrößerung
seiner Bestimmung als Turnsaal zu übergeben.

Mit Schreiben vom 26. November 1935 ersuchte
der Ortsschulrat Podersam den Bezirksschulaus-
schuß um die Genehmigung, das Schülerturnen in
der Turnhalle des deutschen Turnvereines in
Podersam abzuhalten. Nachdem sich auch der
Elternrat in Podersam mit dieser Frage beschäf-
tigt hatte, ersuchte dieser unter Berufung darauf,
daß 95 Prozent der Eltern schriftlich ihre Zustim-
mung erteilt hätten, das Schulturnen im Turnsaale
des Turnvereines abzuhalten. Schon früher hatte
der Turnverein seine Zustimmung dazu gegeben,
den Turnsaal gegen Ersatz der Spesen von

Kè 5000. - jährlich, mietweise für das Schüler-
turnen zur Verfügung zu stellen.

Die Absicht, das Schülerturnen im Turnsaale
des deutschen Turnvereines abzuhalten, besteht
nun einvernehmlich in der ganzen Gemeinde seit
vier Jahren. Die Absicht kann aber nicht verwirk-
licht werden, weil es scheinbar den verantwort-
lichen Beamten der Bezirksbehörde in Podersam
nicht paßt, daß die Schulkinder in die Halle des
deutschen Turnvereines turnen gehen. Diese Ein-
stellung bewirkt, daß heuer bereits im fünften
Jahre während der Wintermonate in Podersam
kein gedeihlicher Turnunterricht erteilt werden
kann.

Daß die Einstellung der Behörden gegen die
Vereine des deutschen Turnverbandes verschie-
dentlich trotz der immer wieder betonten Notwen-
digkeit der körperlichen Erziehung und der Er-
ziehung der Jugend zur Wehrhaftigkeit eine ab-
lehnende ist, geht auch aus einem zweiten Beispiel
hervor. Der Bezirkssehnlaaaschuß Eger z. B. hat
mit Schreiben Zahl 5. 754 vom 4. November 1935
an den deutschen Turnverein in Liebenstein im
Bezirke Eger ein Schreiben gerichtet, in dem er
die Teilnahme der schulpflichtigen Jugend im
Schuljahre 1935/36 an den körperlichen Übungen
des deutschen Turnvereines in Liebenstein mit der
Begründung verbietet, daß angeblich nicht die ge-
nügend« Gewähr vorhanden sei, daß die körper-
lichen Übungen der Schüler nicht zu unerlaubten
Zwecken benützt werden. Bemerkt sei hier, daß
der Arbeiter - Turnverein im gleichen Orte die Be-
willigung zum Schülerturnen ohne weiteres er-
hielt. Ebenso erfolglos bemüht sich in Schönbach
der deutsche Turnverein um die Bewilligung zum
Schülerturnen.

Aus den oben angeführten und zahlreichen an-
deren Fällen geht die Einstellung mancher unterer
Schulbehörden gegen die deutschen Turnvereine
eindeutig hervor. Wir stellen daher an den Herrn
Minister nachstehende Anfragen:

1. Ist er bereit, die zuständigen Behörden in
Podersam anzuweisen, daß diese endlich die Be-
willgung zur Abhaltung des Kinderturnens in der
Turnhalle des deutsehen Turnvereines geben ?

2: Deckt der Herr Minister die Stellungsnahme
des Bezirksschulausschusses in Eger und ist er
bereit zu verlassen, daß dem deutschen Turnver-
ein in Liebenstein die Bewilligung gegeben wird,
daß an seinen Turnstunden auch die schulpflich-
tige Jugend teilnehmen kann?

3. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlassen,
daß die untergeordneten Schulbehörden ihre viel-
fach ablehnende Einstellung den deutschen Turn-
vereinen gegenüber aufgeben, da diese vollkom-
men unbegründet ist?

4. Ist der Herr Minister bereit, dafür Sorge zu
tragen, daß sich die unteren Schulbehörden in
diesen Fragen nicht von politischen Gesichts-
punkten, sondern nur vom Standpunkte der Nütz-
lichkeit für die Jugend und daher auch für den
Staat leiten lassen?

Prag, am 11. Jänner 1936.

Illing,

Birke, Axmann, Ing. Lischka, Dr. Hodina, Gruber,
Hollube, Ing. Künzel, Kundt, Jobst, Sandner,
Nemetz, Ing. Richter, Ing. Schreiber, Wollner,
Liebl, Nickerl, Knöchel, Budig, Stangl, Dr. Kellner.


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Pùvodní znení ad 263/XII.

Interpellation

des Abgeordneten Ludwig Wagner
an den Postminister

betreffend die Postverhältnisse in Neu-
stadtl, Bezirk Pfraumberg.

Im Postrayon Neustadtl im Bezirke Pfraumberg
ist seit 1932 der Postmeister Leo Schrödel tätig.
Trotz seiner langen Dienstzeit in einer deutschen
Gegend beherrscht er die Sprache der deutschen
Bevölkerung noch immer nicht soweit, daß er sei-
nen Dienstobliegenheiten eindeutig nachkommen
könnte, über Anzeige von mehreren Parteien
wurde im Oktober 1933 beim Postamte in Neu-
stadtl festgestellt, daß der damals als Briefträ-
ger beschäftigte Wilhelm Malý (derzeit in Neu-
stadtl Nr. 8 wohnhaft) Postanweisungsbeträge
nicht zustellte, sondern mittels gefälschter Unter-
schrift die Beträge in die eigene Tasche fließen
ließ. Wilhelm Malý wurde trotz dieses schweren
Vergehens nur krankheitshalber beurlaubt, doch
hat unseres Wissens bis heute ein Strafverfahren
gegen ihn noch nicht stattgefunden. Seit der
krankheitsweisen Beurlaubung des Postboten Malý
haben nun eine Reihe von Briefträgern in Neu-
stadtl gearbeitet, welche der deutschen Sprache
nicht im geringsten mächtig waren. Hatten es die
Briefträger durch 4-6monatigen Aufenthalt
immerhin soweit gebracht, daß sie sich mit der
Bevölkerung notdürftig verständigen konnten, so
wurden sie versetzt.

Der Landbriefträger Jakob Jahn im gleichen
Postrayon vom Feber bis Juni 1935 tätig, äußerte
sich zahlreichen Personen gegenüber, daß die ce-
chischen Postboten zwar nicht deutsch, wohl aber
die deutschen Parteien èechisch können maßten.
Da auch gegen diesen Postboten der Verdacht der
Unterschlagung vorlag, wurde in seiner Wohnung,
im Gasthaus Kuttenplaner Bierhalle, eine Haus-
durchsuchung vorgenommen, bei welcher eine Un-
masse von nichtzugestellten Briefen vorgefunden
wurde. Auch Jahn wurde keineswegs aus dem
Dienste entlassen, sondern ebenfalls nur, dem
unterzeichneten Abgeordneten allerdings unbe-
kannt wohin, versetzt. Der Verkehr zwischen den
Postboten Èernohorský im Locodienst und Horka
im Landdienst und der einheimischen Bevölkerung
spielt sich größtenteils durch Gebärden ab, da die-
selben die deutsche Sprache nicht beherrschen.

Während des sechswöchentlichen Urlaubes des
Postmeisters Leo Schrödel machte der Postassi-
stent Johann Krümel als Vorstand Dienst. Der
deutschen Sprache nicht mächtig, konnte er der
deutschen Bevölkerung nicht einmal Briefmarken
verkaufen.

Unter Hinweis auf diese unleidlichen Zustände
fragen wir den Herrn Postminister:

1. Sind Sie bereit, dafür Sorge zu tragen, daß
das unverantwortliche Verhalten des gewesenen
Postboten Malý und des Briefträgers Jahn nach

den gesetzlichen Vorschriften auf das strengste
geahndet wird?

2. Sind Sie bereit, dafür Sorge zu tragen, daß
das Postamt in Neustadtl mit Beamten und Ange-
stellten besetzt wird, die der deutschen Sprache
soweit mächtig sind, daß sich der Verkehr mit der
Bevölkerung reibungslos abwickelt?

Prag, den 11. Jänner 1936.

Wagner,

Dr. Hodina, Birke, Axmann, Kundt, Budig, Ing.
Kanzel, Ing. Schreiber, Nemetz, Sandner, Ing.
Richter, Knöchel, Ing. Lischka, Hollube, Gruber,
Liebl, Jobst, Nickerl, Stangl, Wollner, Dr. Kellner.

Pùvodní znìní ad 263/XIII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin

an den Minister für Schulwesen und Volks-
kultur

betreffend die gegen das Staatsinteresse

gerichtete Tendenz eines an èechischen

Schulen verbreiteten Übungsbuches für

die deutsche Sprache.

In der 4. Klasse èechischer Knaben- und Mäd-
chenbürgerschulen ist ein vom Ministerium für
Schulwesen und Volkskultur unter Zahl 107. 189
vom 7. September 1928 approbiertes, von den Lan-
desschulinspektoren O. Hanuš und E. Ouøedníèek
durchgesehenes und von A. Píša in Brünn verleg-
tes "Übungsbuch für die deutsche Sprache" in der
1. Auflage im Gebrauch, in welchem auf Seite 14
folgendes Übungsstück abgedruckt ist:

20. Die Freunde in der Not.

a)

In einer Schlacht fiel ein Franzose in ein tiefes
Loch, aus dem er nicht mehr heraus konnte. Bald
nachher fiel auch ein Deutscher hinein. Anfangs
suchten sie sich gegenseitig des näheren zu erkun-
digen, wen sie vor sich hätten und sie merkten
beide, daß sie sich ihrer Haut wehren müßten.
Bald jedoch überlegten sie sich das und wollten
lieber einander helfen als sich umbringen. Also
schrie bald der eine, bald der andere, jeder in
seiner Sprache um Hilfe und beide dachten, es
wäre des Teufels, wenn sie gerade da in dem
Loche Hungers sterben müßten.

b)

Endlich hörten Deutsche des Deutschen Ruf
und retteten ihn. Da sagte er: "Es steckt noch
einer drunten. " Der wurde also auch herausgezo-
gen. Wie die Deutschen den Franzosen erblickten,
wollten sie ihn niederhauen, aber der Deutsche
sagte: "Wir haben einander versprochen, einer


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den anderen zu retten, er hätte es auch getan -
dessen bin ich sicher -, wenn mich die Franzosen
in ihre Gewalt bekommen hätten. " Dieser Vertrag
wurde nicht geachtet. Die Feinde machten sich
eines gemeinen Mordes schuldig und hieben den
Franzosen nieder.

Die Unterzeichneten sehen in diesem Lesestück
eine Aufreizung zum Hasse gegen deutsche Volks-
zugehörige und eine Verächtlichmachung des deut-
schen Volkes. Der vorstehende Artikel steht in
offenem Widerspruch zum Geiste und zum Inhalte
unserer Verfassung.

Die Unterzeichneten fragen daher den Herrn
Minister für Schulwesen und Volkskultur:

1. Sind Sie bereit, das oben angeführte Übungs-
buch vom Gebrauch an allen Schulen auszuschlie-
Ben, seine Verwendung zu verbieten und durch

die zuständigen Stellen die Einziehung und Ver-
nichtung zu veranlassen ?

2. Sind Sie bereit, in Zukunft nur solche
Übungsbücher der deutschen Sprache zu gestatten,
in denen ähnliche Übungsstücke nicht enthalten
sind und in denen wohl zur Achtung fremden
Volkstums, nicht aber indirekt zum Haz gegen
andere Völker und im besonderen des deutschen
Volkes aufgefordert wird ?

Prag, den 11. Jänner 1936.

Ing. Karmasin,

Jobst, Axmann, Hollube, Birke, Dr. Hodina,
Nickerl, Sandner, Budig, Stangl, Dr. Kellner, Ing.
Schreiber, Ing. Lischka, Kundt, Gruber, Liebl, Ne-
metz, Ing. Künzel, Wollner, Ing. Richter, Knöchel.

Státní tiskárna v Praze - 301-36.


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