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Pùvodní znìní ad 694/XX.
Interpellation
des Abg. Gustav Obrlik
an den Finanzminister
wegen fiskalischer Schikanen anlässlich
der Bewerbung um Unterstützungen aus
dem Masarykfonde.
Die Interpellanten erhalten wiederholt aus
Kreisen der Wählerschaft Beschwerden, dass es
den Arbeitslosen unmöglich gemacht wird, sich
um Unterstützungen aus dem Masarykfonde zu
bewerben.
Wenn auch das Ansuchen um Unterstützungs-
bewerbung an sich stempelfrei ist, so muss je-
doch der arbeitslose Gesuchsteller eine Reihe von
Belegen beibringen, die stempelpflichtig sind. So
zum Beispiel:
ein Sittenzeugnis, das ist mit |
5 Kè, |
welcher mit 5 und 8 Kè, also |
13 Kè |
Mindestgebühr von |
10 Kè |
sodass an Auslagen dem |
28 Kè |
entstehen. Die Arbeitslosen, welche kaum ein
Stück Brot zum Essen und ein Dach über sich
haben, fragen sich mit Recht, wo sie diesen Be-
trag hernehmen sollen, umsomehr, als das Ansu-
chen an sich noch keinerlei Gewähr bietet, dass
es auch tatsächlich berücksichtigt wird.
Wir stellen an den Herrn Finanzminister die
Anfrage:
1. Ist der Herr Finanzminister bereit, den ge-
rügten Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Was gedenkt der Herr Finanzminister zu
tun, um für Arbeitslose anlässlich der Gesuche
um Unterstützungen aus dem Masarykfonde die
entsprechenden Gebuhrenerleichterungen und Be-
freiungen durchzusetzen, weil sonst der Zweck
des Fondes verteilt wird, da gerade die Aermsten
sich um Zuwendungen nicht bewerben können,
weil sie ausserstande sind, die Auslagen für die
Gebühren zu bestreiten?
Prag, am 27. November 1936.
Obrlik,
Illing, Birke, Fischer, Axmann, Kundt, G. Böhm,
Dr. Eichholz, Dr. Kellner, Knorre, Hollube, Gruber,
Jäkel, Dr. Zippelius, Dr. Hodina, Ing. Künzel, Ing.
Lischka, May, Sogl, Budig, Sandner.
Pùvodní znìní ad 694/XXI.
Interpellation
des Abgeordneten Dr Fritz Köllner
an den Minister des Innern
wegen eines verfassungswidrigen Be-
gehrens der tschechischen Grenzler an
das Ministerium des Innern.
Die Zeitung »Pondìlní list« vom 5. Oktober
1936, ZI. 278, Jahrgang X, veröffentlicht auf Seite
2, Spalte 3 und 4 folgende Meldung:
«Memorandum hranièáøù. Zákaz užívaní nì-
meckých názvù pro èeská mìsta.
Hranièáøské spolky usnesly se v tìchto dnech,
aby ministerstvu vnitra bylo podáno memoran-
dum, v nìmž bude žádáno o zákaz užívání nì-
meckých názvù pro èeská mìsta. V memorandu
mimo jiné se praví, že za 17 let Nìmci mìli dost
pøíležitosti, aby si osvojili správné èeské názvy.
Jestliže se tak nestalo, je v tom vidìti provoka-
tivní úmysl, který nelze déle trpìti. Pøíslušné
úøady nech zakáží pøekládání jmen èeských obcí
do nìmèiny, což koneènì se mìlo státi hned po
pøevratu. «
§ 128 der Verfassuhgsurkunde lautet: »Die
Staatsbürger der Tschechoslowakischen Republik
können innerhalb der Grenzen der allgemeinen
Gesetze im Privat- und Geschäftsverkehre, in Re-
ligionsangelegenheiten, in der Presse und in allen
Publikationen oder in öffentlichen Volksver-
sammlungen jede Sprache frei gebrauchen. «
Es steht also jedem Deutschen vollständig
frei, im freien Sprachgebrauch, z. B. »Jungbunz-
lau«, »Königgrätz«, »Kuttenberg« zu sagen oder
zu schreiben.
Diese Worte gehören zum deutschen Sprach-
schatz, sie sind ein deutscher Kulturwert und
können daher von wem immer im freien Sprach-
gebrauch angewendet werden.
Herr Minister des Innern! Sie haben gemäss
§ 73 der Verfassungsurkunde ebenso wie die an-
deren Mitglieder der Regierung in die Hand des
Herrn Präsidenten der Republik auf Ehre und
Gewissen gelobt, gewissenhaft und unparteiisch
Ihre Pflichten zu erfüllen und die Verfassungs-
und andere Gesetze zu beobachten!
Wir erwarten daher von Ihnen, dass Sie den
§ 128 der Verfassung getreu Ihrem Gelöbnis
schützen und den frechen Versuch der Grenzler,
das Ministerium des Innern zu einem Verfassungs-
bruch durch Einschränkung des freien Sprachge-
brauches zu verleiten, mit aller Entschiedenheit
und Entrüstung zurückzuweisen!
Wir richten an den Herrn Minister des Innern
die Anfrage:
1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?
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2. Ist der Herr Minister bereit, das an ihn
gerichtete Ansinnen der Grenzler, den verfas-
sungsmässigen freien Sprachgebrauch im Privat-
und Geschäftsverkehr zu beschränken, mit aller
Entschiedenheit zurückzustellen?
Prag, am 27. November 1936.
Dr. Köllner,
Fischer, Illing, Dr. Kellner, Ing. Künzel, Jäkel,
Knorre, Sogl, Axmann, Sandner, Ing. Lischka,
Dr. Zippelius, Birke, Budig, Gruber, Dr. Eichholz,
May, Dr. Hodina, Hollube, G. Böhm, Kundt.
Pùvodní znìní ad 694/ XXII.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Franz Künzel
an den Minister für Post- und
Telegraphenwesen
wegen der Verweigerung einer Telefon-
verbindung mit Göding durch eine Beam-
tin des Postamtes in Mährisch-Schön-
berg.
Am 22. September 1936 um 10 Uhr vormittags
hat Hugo Exner, Buchhalter in der Buchdruckerei
Max Schindler in Mährisch-Schönberg, von der
Nummer 268 der Firma Schindler in Mährisch-
Schönberg beim Postamte in Mährisch-Schön-
berg die Herstellung einer Telefonverbindung mit
einer Nummer in Göding verlangt. Die Telefo-
nistin verlangte, dass Exner die tschechische Be-
zeichnung von Göding sage und weigerte sich,
die Verbindung herzustellen.
Eine derartige Praxis bei den Telefonämtern
steht mit kaufmännischen und wirtschaftlichen
Grundsätzen zweifellos im Widerspruch; denn es
gibt eben viele Deutsche, die die tschechische Be-
zeichnung des Ortes Göding nicht kennen. In
solchen Fällen muss der Telefonbeamte guten
Willen beweisen und die Verbindung herstellen.
Wir stellen an den Herrn Minister für Post-
und Telegrafenwesen die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, gegen die be-
treffende Beamtin beim Postamt in Mährisch-
Schönberg wegen offenbar unbegründeter Ver-
weigerung einer Telefonverbindung das Diszipli-
narverfahren einleiten zu lassen?
3. Ist der Herr Minister bereit zu verfügen,
dass ein Deutscher auch dann eine Telefonver-
bindung erhält, wenn er beim Telefonarnte seines
Heimatsortes nur im Stande ist, die im deutschen
Sprachgebrauch geläufigen Ortsbezeichnungen an-
zugeben, zum Beispiel Prag, Königgrätz, Kutten-
berg, Wittingau usw. ?
Prag, am 27. November 1936.
Ing. Künzel,
Illing, Dr. Eichholz, Fischer, G. Böhm, Jäkel, Budlg,
Kundt, Axmann, Dr. Kellner, Knorre, Hollube, May,
Gruber, Sogl, Birke, Dr. Zippellus, Dr. Jilly,
Sandner, Dr. Hodina, Ing. Lischka.
Pùvodní znìní ad 694/XXIII.
Interpellation
des Abgeordneten Ludwig Wagner
an den Minister des Innern
wegen willkürlicher Auflösung einer
Versammlung in Hodowitz.
Am 4. Oktober 1936 fand in Hodowitz eine
Versammlung der SdP statt, in der der Kreisge-
schäftsleiter Hans Summerauer programmgemäss
über die politische Lage sprach. Als Summerauer
wirtschaftspolitische Fragen erörterte, wurde er
vom Regierungsvertreter Dr Jaroslav Stolba aus
Böhm. Budweis verwarnt und grundlos aufgefor-
dert, zum Programmpunkt zu sprechen. Selbst-
verständlich musste Summerauer wegen des
engen Zusammenhanges zwischen Politik und
Wirtschaft auch wirtschaftliche Fragen erörtern.
Dies duldete jedoch der Regierungsvertreter
nicht und löste die Versammlung auf. Als Summe-
rauer ersuchte, es möge den Teilnehmern doch
wenigstens soviel Zeit gelassen werden, um die
Zeche zu bezahlen, erklärte der Regierungsver-
treter, das Lokal müsse sofort geräumt werden.
Summerauer veranlasste hierauf die Einbe-
rufung einer geschlossenen § 2 Versammlung für
16. 30 Uhr in ein anderes Gasthaus. Kaum hatte
Summerauer dort zu sprechen begonnen, er-
schienen der Stabswachtmeister Stgpan Strunc
aus Dürrnfellern und der Gemeindevertreter Jan
Komürka aus Hodowitz 8, Post Böhm. Budweis
und nahmen eine Versammlungskontrolle vor. Bei
der Kontrolle wurde festgestellt, dass alle Bedin-
gungen für eine geschlossene § 2 Versammlung
peinlich eingehalten worden waren. Jeder Einge-
ladene hatte eine schriftliche Einladung erhalten,
die Anwesenheitsliste war in Ordnung, der Vor-
sitzende und Einberufer war in der Lage, alle
eingeladenen Personen mit vollem Namen und
Wohnort zu bezeichnen. Einen Augenblick dachte
der Wachtmeister angestrengt nach, sodass man
ihm ansah, dass er krampfhaft nach einem Auf-
lösungsgrund suchte. Auf einmal erklärte er die
Versammlung für aufgelöst und bemerkte, es sei
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möglich, dass man im Nebenraume hören könne,
was im Versammlungslokale gesprochen werde.
Aus diesem Sachverhalt ergibt sich, dass der
Regierungsvertreter Stolba die Versammlung
grundlos aufgelöst hat, dass er in schikanöser
Weise den Versammlungsteilnehmern nicht ein-
mal Zeit zur Bezahlung der Zeche gelassen hat
und dass der Gendarmeriewachtmeister Štrunc
unter Anführung eines Scheingrundes eine ord-
nungsgemäss einberufene geschlossene § 2 Ver-
sammlung aufgelöst hat.
Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, gegen den
Regierungskommissär Dr. Stolba und den Gendar-
meriewachtmeister Štrunc das Disziplinarverfah-
ren einleiten zu lassen?
3. Ist der Herr Minister bereit, dafür Garan-
tien zu bieten, dass in Zukunft niemals wieder
Versammlungen deshalb aufgelöst werden, weil
die Redner im Zuge der Erörterung der politi-
schen Lage auch wirtschaftspolitische Fragen be-
sprechen?
4. Ist der Herr Minister bereit, dafür Garan-
tien zu schaffen, dass in Zukunft ordnungsgemäss
einberufene geschlossene § 2 Versammlungen nie-
mals wieder aus dem Scheingrunde aufgelöst
werden, dass die immer vorhandene abstrakte
Möglichkeit besteht, dass irgendein Wort der
Versammlungsredner auch in einem Nebenraume
gehört wird, weil diese Möglichkeit niemals ganz
ausgeschlossen werden kann?
Prag, am 25. November 1936.
Wagner,
Kundt, Knöchel, Ing. Karmasin, Knorre, Fischer,
Jäkel, Budig, G. Böhm, Dr. Köllner, May, Illing,
Klieber, Dr. Eichholz, Gruber, Jobst, Axmann,
Birke, Röster, Sogl, Ing. Peschka, Dr. Kellner,
E. Köhler.
Pùvodní znìní ad 694/XXIV.
Interpellation
des Abgeordneten Franz Nìmec
an den Minister des Innern
wegen schikanösen Vorgehens eines
Beamten bei einer Versammlung.
Am 8. November 1936 fand in Stankowitz eine
öffentliche Versammlung der Sudetendeutschen
Partei im Gasthause Zettlitzer statt. Diese Ver-
sammlung war von der Bezirksbehörde Saaz mit
Bescheid Zahl 12/164 vom 4. November 1936 ge-
nehmigt worden.
Kurz vor Beginn der Versammlung erschien
der Regierungsvertreter Oberkommissär Charvat
von der politischen Bezirksbehörde in Saaz und
teilte dem Einberufer der Versammlung, Herrn
Emil Schwarz in Stankowitz mit, dass er das
Rauchen und Trinken während der Versammlung
verbiete. Auf die Frage des Abgeordneten Nìmec
nach der Begründung dieses Verbotes antwortete
der Regierungsvertreter, dass durch das Rauchen
und Trinken die öffentliche Ruhe und Ordnung
gefährdet werde.
Die Versammlungsteilnehmer fügten sich die-
sen Anordnungen des Herrn Oberkommissärs
Charvat und hörten zu rauchen auf.
Herr Oberkommissär Charvat gestattete erst
dann den Beginn der Versammlung, als das letzte
Glas aus dem Saal getragen war.
Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass in Hinkunft Versammlungen nie mehr
von den Regierungsvertretern deshalb behindert
werden, weil in ihnen geraucht und getrunken
wird?
3. Ist der Herr Minister bereit, gegen den
Regierungsvertreter Herrn Oberkommissär Char-
vat, das Disziplinarverfahren einleiten zu lassen?
Prag, am 24. November 1936.
Franz Nìmec,
Illing, Wagner, Jobst, Axmann, Jäkel, Fischer,
Ing. Karmasin, Budig, Sogl, Dr. Köllner, Kundt,
Dr. Kellner, Dr. Eichholz, Knorre, Röster, Klieber,
Birke, a Böhm, E. Köhler, Gruber, Ing. Peschka,
May, Knöchel.
Pùvodní znìní ad 694/XXV.
Interpellation
des Abgeordneten Gustav Knöchel
an den Eisenbahnminister
wegen Nichtberücksichtigung deutscher
Chauffeure auf den Autobuslinien der
Staatseisenbahnverwaltung.
Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben,
dass auf den Autobuslinien der Staatseisenbahn-
verwaltung auch dort, wo sie im deutschen
Sprach- und Siedlungsgebiete verkehren, nur
Chauffeure tschechischer Nationalität eingestellt
und beschäftigt werden. Diese beherrschen oft
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nicht einmal die Umganssprache der in diesen
Gebieten ansässigen Bevölkerung in jenem Masse,
das für einen reibungslosen Verkehr mit dem
reisenden Publikum erforderlich wäre.
Da die Ausschliesslichkeit, mit der auf den
Autobuslinien der Staatseisenbahnverwaltung
auch im ausgesprochen deutschen Sprach- und
Siedlungsgebiet nur Chauffeure tschechischer Na-
tionalität eingestellt werden, ausserordentlich
auffällig ist, muss angenommen werden, dass dies
bewusst und mit voller Absicht geschieht. Weil
ein solches Vorgehen den verfassungsmässigen
Grundrechten der Staatsbürger nichttschechischer
Nationalität widerspricht, stellen wir an den
Herrtl Minister folgende Anfragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, erheben zu
lassen, ob von irgendeiner staatlichen Stelle eine
Verordnung oder Verfügung erlassen wurde, nach
der bei der Neueinstellung von Bediensteten auf
den Autobuslinien der Staatseisenbahnverwaltung
ausschliesslich Angehörige der tschechischen Na-
tion berücksichtigt werden müssen?
2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass auch Staatsbürgern deutscher Nationa-
lität bei entsprechender Eignung die gerechte
Möglichkeit geboten wird, im Autobusdienst der
Staatseisenbahnverwaltung, soweit er sich im
deutschen Sprach- und Siedlungsgebiet abwickelt,
Anstellung zu finden?
3. Ist der Herr Minister bereit, im Sinne einer
gerechten und gleichen Anwendung der Verfas-
sung der Tschechoslowakischen Republik auch
auf die Staatsbürger deutscher Nationalität, zu
veranlassen, dass der heute herrschende Zustand
hinsichtlich einer vollkommenen Ausschaltung
deutscher Staatsbürger vom Autobusdienst be-
seitigt und in einer, den Bevölkerungsverhältnis-
sen entsprechenden Weise neu geregelt wird?
Prag, am 25. November 1936.
Knöchel,
Illing, Wagner, Jobst, Axmann, Ing. Karmasin,
Fischer, Jäkel, Budig, Dr. Eichholz, Dr. Köllner,
Ing. Peschka, May, Kundt, G. Böhm, Knorre,
Klieber, Birke, Rösier, E. Köhler, Sogl, Grnber,
Dr. Kellner.
Pùvodní znìní ad 694/XXVI.
Interpellation
des Abg. Ludwig Wagner
an den Minister für öffentliches Gesund-
heitswesen und körperliche Erziehung
wegen schwerer Benachteiligung der
Zahntechniker durch einen Erlass.
Der Bezirksschulausschuss in Gablonz a. N.
hat mit Zuschrift vom 5. September 1936, ZI.
4286, betreffend die Durchführung der Zahnbe-
handlung der Schuljugend durch Laienpersonen,
im Wege eines Runderlasses des B. S. A. Nr. 42
an alle Bürgerschuldirektionen und Schulleitungen
seines Sprengeis Folgendes mitgeteilt:
»Das Präsidium des Landesschulrates in Prag
hat unter Zahl 4671 Präs. ai 36 vom 31. August
1936 folgenden Runderlass bekannt gegeben.
Ueber Aufforderung des Ministeriums für
öffentliches Gesundheitswesen u. Körpererziehung
vom 17. Juli 1936, ZI. 20100/36, mache ich das
dortige Amt aufmerksam, dass Untersuchungen
und Schulzahnbehandlung der Schuljugend nie-
mandem anderen als Zahnärzten anvertraut wer-
den dürfen, weil es sich hier nicht nur um das
Gebiss und die Beseitigung seiner Fehler han-
delt, sondern um die Sicherstellung des gesamten
Entstehens der Zahnkrankheiten und der Mängel
des Gebisses; dazu sind jedoch nur Aerzte be-
rechtigt, und zwar sowohl Schulärzte als auch
Fachzahnärzte.
Ein Zahntechniker ist an die Konzession auf
einen bestimmten Ort gebunden und ist nicht be-
rechtigt, ausserhalb seiner Betriebsstätte zu ordi-
nieren und seine Praxis auszuüben. Weiters sind
den Zahntechnikern nur solche Zahn- und Gebiss-
behandlungen gestattet, welche notwendig sind, um
den künstlichen Ersatz der Zähne und des Ge-
bisses durchzuführen, was aber nicht in den Fäl-
len der Zähne und des Gebisses der Schuljugend
der Fall ist.
Davon werden die Bürgerschuldirektionen
und Schulleitungen in Kenntnis gesetzt mit der
Weisung, dass dort, wo Zahntechniker mit der
Untersuchung und der Behandlung der Zähne und
des Gebisses vom Ortsschulrate oder der Ge-
meinde betraut sind, im Sinne dieses Erlasses
verhandelt werde. «
Dieser Erlass diskriminiert alle geprüften
Zahntechniker, die ohnehin mit den schwersten
Existenzsorgen ringen, auf das Schwerste; er
bezeichnet diese tüchtigen Fachleute ausdrücklich
als Laien, obwohl alle Zahntechniker oder Den-
tisten eine staatliche Prüfung abgelegt haben. Es
ist völlig unzulässig, dass ein Ministerium, dessen
eigene Organe die Prüfung der Zahntechniker
durchgeführt haben, alle Angehörigen der Berufs-
gruppe der Zahntechniker als Laien bezeichnet.
Der Erlass führt ferner an, dass die Zahnunter-
suchung sich nicht nur auf das Gebiss und die
Beseitigung seiner Fehler, sondern auch auf die
Sicherstellung des gesamten Entstehens der Zahn-
krankheiten und der Mängel des Gebisses er-
strecke. Es ist allgemein bekannt, dass die Unter-
suchung des gesamten Gesundheitszustandes der
Schulkinder ohnedies den Schulärzten obliegt, die
auch eine Untersuchung der Zähne durchführen.
Den Zahntechnikern ist es niemals eingefallen, in
diese, dem Arzte zustehende Untersuchung einzu-
jrreifen. so dass die Heranziehung dieser Begrün-
dung durchaus ungehörig und unbegründet ist.
Hingegen sind die Zahntechniker zweifellos
auf Grund des Gesetzes 303/1920 zur Behandlung
der schadhaften Zähne, der Schulkinder berech-
45
tigt und geeignet. Der gerügte Erlass kann daher
den Zahntechnikern dieses Recht nicht abspre-
chen. Viele Jahre hindurch haben die Zahntechni-
ker tausende von Schulkindern sachgemäss und
gut behandelt, so dass ein Einschreiten gegen die
Zahntechniker gesetzwidrig und unbegründet ist.
Auch der Hinweis, dass der Zahntechniker durch
seine Konzession »auf einen bestimmten Ort ge-
bunden« ist, kann den gerügten Erlass nicht be-
gründen, denn die Behandlung der Schulkinder
wird ausnahmslos m den Praxisräumen der be-
treffenden Zahntechniker durchgeführt.
Wir stellen daher an den Herrn Minister fol-
gende Anfragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit bekanntzuge-
ben, ob tatsächlich das Gesundheitsministerium
den gerügten Erlass herausgegeben hat?
3. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Erlass, der mit dem Gesetze 303/1920 im Gegen-
satze und Widerspruche steht und alle Zahntech-
niker auf das schwerste gefährdet, ausser Kraft
zu setzen?
4. Ist der Herr Minister bereit, dem Bezirks-
schulausschuss in Gablonz mitzuteilen, dass die
am 17. Juli 1936 vom Präsidium des Landesschul-
rates Prag erteilten Weisungen nicht mehr zu-
recht bestehen und daher auf diese kein Bedacht
zu nehmen ist?
5. Ist der Herr Minister bereit, durch Rund-
erlass bekanntzugeben, dass die Behandlung
schadhafter Zähne der Schulkinder nicht nur
durch Zahnärzte, sondern auch durch Zahntech-
niker erfolgen kann?
Prag, am 26. November 1936.
Wagner,
Jobst, Axmann, Kundt, Illing, Jäkel, Budig, Rösler,
Ing. Karmasin, G. Böhm, Dr. Köllner, Dr. Kellner,
Knöchel, Knorre, Fischer, E. Köhler, Klieber,
Birke, Dr. Eichholz, Sogl, Gruber, Ing. Peschka,
May.
Pùvodní znìní ad 694/ XXVII.
Interpellation
des Abg. Richard Knorre
an den Minister des Innern
wegen unbegründeter Versamtnlungsauf-
lösung anlässlich der Erörterung des Ge-
burtenrückganges.
Am 17. Oktober 1936 fand in Braunsdorf, Be-
zirk Jägerndorf, im Gasthause Benedikt Fuchs
eine öffentliche Versammlung statt. Der Einbe-
rufer war Hans Kudlich. Bauer in Braunsdorf Nr.
13. Das Mitglied der Nationalversammlung, Abg.
Richard Knorre, war zur Versammlung als Red-
ner erschienen und führte u. a. aus: »Es ist
gewagt, politisches Kapital daraus zu schlagen,
dass man auf den Geburtenrückgang im Sudeten-
deutschtum hinweist. Gebt uns unsere Arbeits-
plätze und auch diese Erscheinung wird behoben
sein. « Wegen dieser Erklärung, die sich durch-
aus im Rahmen des Gesetzes bewegt, löste der
Regierungsvertreter Dr Tkadlec von der Bezirks-
behörde in Jägerndorf die Versammlung auf.
Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass in Hinkunft Versammlungen niemals
wieder wegen Erörterung des Problems des Be-
völkerungszuwachses aufgelöst werden?
3. Ist der Herr Minister bereit, gegen den
Regierungsvertreter Dr. Tkadlec das Disziplinar-
verfahren einleiten zu lassen?
Prag, am 25. November 1936.
Knorre,
Illing, Klieber, Wagner, Jobst, Axmann, Ing. Kar-
masin, Budig, Fischer, Jäkel, Kundt, Sogl, Birke,
Gruber, Rösler, Knöchel, E. Köhler, G. Böhm,
Dr. Eichholz, Dr. Kellner, May, Dr. Köllner, Ing.
Peschka.