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Freiwaldau bei der Staatspolizeibehörde in Frei-
waldau um Bewilligung einer am 25. Juni 1937
um 20. 30 Uhr abends im Hedwigssaale in Frei-
waldau abzuhaltenden öffentlichen Versammlung
an, deren Abhaltung jedoch von der Staatspolizei
in Freiwaldau mit Bescheid vom 21. Juni 1937,
Zahl: 2587/pres. 37 unter Hinweis auf § 6 des
Versammlungsgesetzes verboten wurde. Das Ver-
bot wird lediglich damit begründet, daß mit Rück-
sicht auf die Ereignisse bei der letzten öffent-
lichen Versammlung am 14. Juni 1937 in densel-
ben Räumlichkeiten die begründete Befürchtung
bestünde, daß es zur Verletzung der öffentlichen
Ruhe und Ordnung kommen könnte.
Wie den Interpellanten gemeldet wird, ist gegen
dieses gesetzwidrige Versammlungsverbot der
ordentliche Rechtsmittelweg bereits beschritten
worden. Nichtsdestoweniger erachten es die In-
terpellanten für unerläßlich, den Herrn
Minister
unmittelbar von einer derartig gesetzwidrigen
Amtsgebarung der Verwaltungsbehörden in
Kenntnis zu setzen. Die Ungesetzlichkeit des zi-
tierten Verbotes liegt nicht allein darin, daß es
versäumt wird, zur Begründung der das Verbot
erklärenden Befürchtung konkrete Tatsachenver-
hältnisse anzuführen, wie es die konstante Judi-
katur des O. V. G. verlangt, sondern auch darin,
daß der Hinweis auf angebliche Ereignisse am
14. Juni 1937 völlig haltlos und aus der Luft
gegriffen erscheint, da es zu derlei Ereignissen
in keiner Weise gekommen ist. Die damalige Auf-
lösung der Versammlung hat sich vielmehr unter
Wahrung völliger Ruhe und Disziplin vollzogen,
ohne daß es auch nur zu den geringsten Zwischen-
fällen gekommen wäre.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfragen:
1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?
2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, daß die Organe der Verwaltungsbehörden,
insbesondere die der staatlichen Polizeibehörde in
Freiwaldau zur genauen und gewissenhaften Be-
obachtung der Gesetze verhalten werden, sodaß
die Wiederholung derartiger Ungesetzlichkeiten
in Zukunft unmöglich wird?
3. Den Interpellanten bekanntzugeben, welche
konkrete Maßnahmen in dieser Hinsicht bereits
getroffen wurden?
Prag, am 30. Juli 1937.
Axmann,
Hollube, Birke, Jobst, Sandner, Gruber, Nickerl,
Wollner, Wagner, Sogl, Frank, Stangl, Fischer,
Jäkel Dr. Hodina, Illing, Kundt, Franz Nìmec,
Knorre, Rösler, Klieber.
Pùvodní znìní ad 1039/XXII.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Jäkel
an den Finanzminister
wegen ungehöriger Schreibweise des Vor-
standes des Finanzinspektorates in
Hermsdorf bei Friedland i. B.
In Angelegenheit einer gegen einen gewissen
Emil Fritsche, Webmeister in Hermsdorf Nr. 55
laufenden Strafangelegenheit gemäß des Gesetzes
zum Schütze der Ehre Nr. 108/1933 Slg. d. G.
u. V. hat der Vorstand des Finanzwachinspekto-
rates in Hermsdorf bei Friedland i. B. an die
Staatsanwaltschaft in Reichenberg am 8. März
1937 eine Eingabe gerichtet. In dieser Exingabe
wird die Tendenz der Sudetendeutschen Partei,
Vorsitzender Konrad Henlein, als antistaatliche
bezeichnet und die Partei selbst als aus dem
Deutschen Reiche unterstützt, hingestellt.
Als Parlamentarier der Sudetendeutschen Par-
tei, Vorsitzender Konrad Henlein, verwahren wir
uns auf das entschiedenste gegen eine derartige
beleidigende und die tatsächlichen Verhältnisse
verdrehende Ausdrucksweise. Wir sehen uns ver-
anlaßt, den vorstehend geschilderten Sachverhalt
dem Herrn Finanzminister zur Kenntnis zu brin-
gen und an ihn die folgenden Anfragen zu stellen:
1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?
2. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt auf das strengste erheben zu lassen?
3. Ist der Herr Minister bereit, den Vorstand
des Finanzinspektorates in Hermsdorf bei Fried-
land i. B. darüber zu belehren, in welchem Tone
Eingaben an staatliche Behörden zu halten sind
und ihm insbesondere zum Bewußtsein zu brin-
gen, welcher Ausdrücke er sich zu bedienen hat,
wenn er von der stärksten politische. Partei des
Staates spricht?
4. Ist der Herr Minister bereit, uns darüber zu
berichten, welche konkrete Maßnahmen der Herr
Minister in dieser Angelegenheit bereits ergriffen
hat?
Prag, am 30. Juli 1937.
Jäkel,
Hollube, Birke, Jobst, Sandner, Wollner, Axmann,
Nickerl, Rösler, Wagner, Sogl, Gruber, Knorre,
Franz Nìmec, Frank, Stangl, Fischer, Dr. Hodina,
Illing, Kundt, Klieber.
Pùvodní znìní ad 1039/XXIII.
Interpellation
des Abgeordneten Franz Nitsch
an den Innenminister
wegen dienstlicher Verfehlungen der die
Versammlungspolizei durchführenden Poli-
zeiorgane des Polizeikommissariates in
Freiwaldau, insbesondere des Rayon-
inspektors Anton Kala.
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Am Sonntag, den 4. Juli 1937, um 9 1/2 Uhr vor-
mittags, fand im Gasthofe Seidl in Dittershof
bei Freiwaldau eine vertrauliche Versammlung,
einberufen von Rudolf Brieger in Freiwaldau,
statt. Vor Beginn der Versammlung erschienen
zwei Organe der Staatspolizei und kontrollierten,
ob sich alle Anwesenden mit einer Einladung aus-
weisen konnten. Da sie keinen Anlaß zum Ein-
schreiten fanden, verließen sie nach durchgeführ-
ter Kontrolle das Lokal.
Eine Stunde später erschien abermals einer der
beiden schon dortgewesenen Polizeiorgane, dies-
mal in Begleitung des Rayoninspektors Anton
Kala. Dieser nahm abermals die Kontrolle der
Versammlung vor. Er stellte zunächst an den
Einberufer die Frage, um was für eine Versamm-
lung es sich handle. Nach der Antwort, daß es
sich um eine vertrauliche Versammlung handle,
kontrollierte er, ob der Einberufer jeweils Namen
und Anschrift der einzelnen Versammlungsteil-
nehmer angeben könne. Nachdem er sich über-
zeugt hatte, daß dies in allen Fällen zutraf, sah
er nach, ob alle Fenster verschlossen waren und
ob nicht noch ein zweiter Eingang in das Ver-
sammlungslokal vorhanden sei. Nachdem er auch
hier nichts beanständen konnte, nahm er eine
gründliche Untersuchung der Akten des Referen-
ten Dr. Erhard Eschler und des Geschäftsführers
Josef Hantschel, beide aus Mähr. Schönberg, vor.
Bei ersterem untersuchte er sämtliche Schrift-
stücke, bei letzterem ließ er sich die Aktentasche
öffnen und verlangte über jedes einzelne Schrift-
stück Aufklärungen.
Nicht genug damit, sah Rayoninspektor Kala
noch nach, ob sich etwas unter dem Podium, ja
sogar im Klavier befände. Während dieser gründ-
lichen Kontrolle verlangte er unbedingte Ruhe
der Teilnehmer und verwarnte sie jedesmal, so
oft sie miteinander sprachen. Diese Kontrolle
dauerte mindestens eine halbe Stunde.
Wir bringen diesen Vorfall zur Kenntnis des
Herrn Ministers und stellen fest, daß das Vor-
gehen des Rayoninspekt. Anton Kala eine krasse
Verletzung der bei vertraulichen Versammlungen
geltenden gesetzl. Vorschriften über die Versamm-
lungskontrolle darstellt, die sich lediglich darauf
zu beschränken hat. festzustellen, ob dem Ein-
berufer einer derartigen vertraulichen Versamm-
lung alle Teilnehmer namentlich oder von Ange-
sicht bekannt sind. Hat das Polizeiorgan diese
Kontrolle zur Befriedigung durchgeführt, so hat
es sich aus dem Versammlungslokal zu entfernen.
Eine Überschreitung dieser gesetzlich zulässigen
Kontrollmaßnahmen stellt nicht nur eine uner-
trägliche Belastungsprobe an die Diszipliniert-
heit aller Versammlungsteilnehmer dar, sondern
sie müßte sich geradezu als eine Unmöglich-
machung der Abhaltung von vertraulichen Ver-
sammlungen erweisen, was auf keinen Fall mit
dem demokratisch-republikanischen Geiste, der
die geltende Legislatur beherrscht, in Einklang
zu bringen ist.
Wir stellen daher an den Herrn Minister die
Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt auf das genaueste erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sorgen,
daß der Rayoninapektor Anton Kala in Freiwaldau
auf disziplinärem Wege an die Einhaltung seiner
Amtsbefugnisse gemahnt und an deren künftiger
Überschreitung verhindert werde?
3. Welche konkreten Maßnahmen hat der Herr
Minister im vorliegenden Falle bereits getroffen?
Prag, am 30. Juli 1937.
F. Nitsch,
Birke, Kundt, Hollube, Jobst, Fischer, Axmann,
Illing, Stangl, Rösler, Jäkel, Dr. Hodina, Frank,
Franz Nìmec, Knorre, Sogl, Wagner, Wollner,
Sandner, Klieber, Gruber, Nickerl.
Pùvodní znìní ad 1039/XXIV.
Interpellation
des Abgeordneten Benno Fischer
an den Innenminister
wegen gesetzwidrigen Verhaltens der
Organe der Polizeidirektion in Troppau.
Wir bringen dem Herrn Minister des Innern
folgenden Sachverhalt zur Kenntnis:
Die Bezirksleitung der Sudetendeutschen Par-
tei, Vorsitzender Konrad Henlein, vertreten durch
Herrn Rudolf Strecker ebendort, hat bei der Po-
lizeidirektion in Troppau um die Bewilligung zur
Veranstaltung der Ausstellung der Sudetendeut-
schen Partei an den Tagen vom 2. -6. Juli 1937
angesucht.
Die Polizeidirektion hat diesem Ansuchen mit
Bescheid vom 30. Juni 1937, Geschäftszahl Res.
1/72 nicht stattgegeben und als Begründung an-
geführt, daß die Abhaltung der genannten Aus-
stellung die Interessen der zur selben Zeit in
Troppau abgehaltenen Ausstellung "Trowa" ge-
fährden würde.
Wir stellen fest, daß die Begründung seitens
der Polizeidirektion in Troppau ohne die erfor-
derliche gesetzliche Grundlage erfolgt ist und da-
her als vollkommen willkürlich bezeichnet werden
muß. Tatsache ist, daß die Veranstaltung und
Durchführung der angesuchten Ausstellung an
zahlreichen Orten der Republik ohne irgend eine
Gefährdung anderer Unternehmungen durchge-
führt wurde und daß ferner, insbesondere in
Troppau, eine Reihe von anderen zur selben Zeit
wie die Trowa-Ausstellung anstandslos bewilligt
wurden.
Selbstverständlich wurde gegen den erwähnten
Bescheid der Polizeidirektion in Troppau der zu-
lässige Rechtsmittelweg beschritten. Nichtsdesto-
weniger erachten wir es aber für unbedingt er-
forderlich, den Herrn Minister des Innern auf die
ungesetzliche Amtsführung der Polizeidirektion
in Troppau aufmerksam zu machen und an ihn
die Anfragen zu stellen:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt auf das strengste erheben zu lassen
und die Organe der Polizeidirektion in Troppau
6
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an die Beobachtung der geltenden Gesetze und
Verordnungen zu mahnen?
2. Welche konkreten Maßnahmen hat der Herr
Minister in der gerügten Angelegenheit bereits
getroffen?
Prag, am 30. Juli 1937.
Fischer,
Gruber, Birke, Jobst, Sandner, Knorre, Axmann,
Stangl, Rösler, Hollube, Jäkel, Dr. Hodina, Illing,
Kundt, Wollner, Frank, Sogl, Franz Nìmec,
Nickerl, Klieber, Wagner.
Pùvodní znìní ad 1039/XXV.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Franz Künzel
an den Innenminister
wegen gesetzwidriger Auflösung eines
zwanglosen Abschiedsabends anläßlich der
sogenannten "Mütterfreizeit" im
Erholungsheim in Winkelsdorf am 17. Juli
1937 um 9 Uhr abends seitens dreier Ver-
treter der staatlichen Polizeiexpositur
in Wiesenberg.
Am 17. Juli 1937 kamen eine Reihe von Frauen,
denen im Erholungsheim von Winkelsdorf durch
die Aktion "Mütterfreizeit" ein kostenloser Er-
holungsaufenthalt ermöglicht wurde, am Vor-
abend des Abschlusses ihres Erholungsaufent-
haltes zu einer internen Abschiedsfeier zu-
sammen.
Als eine der Teilnehmerinnen in dankbaren
Worten jener Opferwilligen gedachte, die ihnen
den Aufenthalt in Winkelsdorf ermöglicht hatten,
erschienen im Lokal 3 Männer, die sich als Ver-
treter der staatlichen Polizeiexpositur ausgaben
und fragten, was hier vor sich gehe. Auf den Be-
scheid, daß es sich um eine zwanglose Abschieds-
feier der Teilnehmerinnen an der "Mütterfreizeit"
handelt, erklärte einer der Polizeibeamten, es han-
delt sich also um eine Versammlung und er löse
sie hiermit auf. Sämtliche Anwesenden wehrten
sich gegen diese willkürliche Auslegung, leisteten
aber anstandslos der an sie gerichteten Auffor-
derung zum Verlassen des Lokales Folge.
Der gleichfalls anwesende Kreisgeschäftsführer
der Sudetendeutschen Partei in Mähr. Schönberg,
Josef Hantschel, wurde von den Polizeiorganen
aufgefordert zu bleiben und den Inhalt seiner
Rock- und Aktentasche kontrollieren zu lassen.
Trotz Verwahrung seitens Josef Hantschel ge-
gen diesen Vorgang, wurde die Durchsuchung
vorgenommen, alle vorhandenen Schriftstücke ge-
nauest überprüft und ein Teil davon beschlag-
nahmt.
Die Interpellanten sind der Ansicht, daß das
Vorgehen der Polizeiorgane der staatlichen Po-
lizeiexpositur in Wiesenberg in keiner Weise mit
den gesetzlichen Vorschriften in Einklang zu
bringen ist. Sie stellen daher an den Herrn Mi-
nister des Innern die Anfrage:
1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?
2. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt auf das genaueste untersuchen zu
lassen?
3. Ist der Herr Minister bereit, die Organe der
staatlichen Polizeiexpositur in Wiesenberg über
Sinn und Auslegung des Versammlungsgesetzes
belehren zu lassen, sowie sie dazu zu verhalten,
zwanglose gesellige Abschiedsfeiern nicht in un-
gesetzlicher Weise als Versammlungen im Sinne
des Versammlungsgesetzes zu bezeichnen?
4. Ist der Herr Minister bereit, den Interpel-
lanten bekanntzugeben, welche konkreten Maß-
nahmen hinsichtlich des gerügten Sachverhaltes
getroffen wurden?
Prag, am 30. Juli 1937.
Ing. Künzel,
Jäkel, Gruber, Sandner, Wagner, Knorre, Jobst,
Frank, Birke, Rösler, Hollube, Illing, Fischer,
Stangl, Klieber, Sogl, Nickerl, Wollner, Franz Nì-
mec, Axmann, Kundt, Dr. Hodina.
Pùvodní znìní ad 1039/XXVI.
Interpellation
des Abgeordneten Gustav Knöchel
an den Eisenbahnminister
wegen Einführung der Gültigkeit von
Fahrkarten der èechoslovakischen Staats-
bahn auf den Autobussen der èechoslova-
kischen Staatsbahnen, für die von den
staatlichen Autobussen befahrenen
Ersatzstrecken.
Am 10. Juli 1937 fuhr Wilhelm Bartel aus
Oberrosenthal mit dem Frühzug von der Station
Oberrosenthal-Johannesthal mit seiner Frau und
einer anderen Staatsbürgerin nach Rumburg und
löste in Oberrosenthal die Fahrkarte D 00393 89
im Betrage von 78. 60 Kè für drei Personen. Ob-
wohl der Vordruck doppelsprachig ausgestattet
ist, wurde er vom ausstellenden Beamten der Sta-
tion Oberrosenthal nur einsprachig, èechisch aus-
gefüllt.
Dies nur als Nebenbemerkung und Hinweis,
daß die Beamten der Staatsbahnen keinesfalls die
Anordnungen des Herrn Eisenbahnministers, den
Parteienverkehr im Sinne des Sprachengesetzes
abzuwickeln, nachkommen.
Der Schaffner im gegenständlichen Zuge er-
klärte auf Frage der Reisenden ausdrücklich, daß
95
ab Deutsch-Gabel in der Richtung Röhrsdorf ein
sofortiger Eisenbahnanschluß besteht.
In der Station Deutsch-Gabel mußten die Rei-
senden jedoch feststellen, daß der Anschluß erst
um 11 Uhr möglich war und sie daher 3 Stunden
hätten warten müssen.
Am Bahnsteig- auf der Station in Deutsch-
Gabel verlautbarte ein Eisenbahner, daß der Auto-
bus der èechoslovakischen Staatsbahn nach
Röhrsdorf bereit stehe. Die Reisenden mußten
nun im Glauben sein, daß der Anschluß des Auto-
busses an den eben eingetroffenen Zug ein Ersatz
für den zugesagten, aber tasächlich nicht zutref-
fenden Eisenbahnanschluß sei. Damit mußte sich
auch die Annahme verbinden, daß die Eisenbahn-
karte (da der Autobus dieselbe Strecke wie die
Eisenbahn zurücklegt) Gültigkeit haben werde.
Diese Vermutung entsprach jedoch nicht den Tat-
sachen. Die Reisenden mußten, obwohl sie im Be-
sitze von gültigen Fahrkarten bis Röhrsdorf
waren, neuerlich für diesen Abschnitt Fahrkarten
lösen.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Eisenbahnminister die Anfrage:
Ist der Herr Minister bereit, eine Verfügung
zu treffen, daß überall dort, wo die staatlichen
Autobusse anstelle aufgelassener Eisenbahnver-
bindungen im gleichen Abschnitt wie diese ver-
kehren, auch die Eisenbahnfahrkarten Gültigkeit
haben, und die Reisenden nicht verpflichtet sind,
neuerlich Fahrkarten für diesen Abschnitt zu
lösen?
Prag, am 6. August 1937.
Knöchel,
Illing, Axmann, E. Köhler, G. Böhm, Sandner,
Dr. Hodina, Dr. Kellner, Fischer, Obrlik, Jäkel,
Hollube, Kundt, Gruber, Ing. Karmasin, Dr. Jilly,
Nickerl, Rösler, Stangl, F. Nitafch, Ing. Lischka,
Franz Nìmec, Ing. Schreiber, Hirte, Sogl.
Pùvodní znìní ad 1039/XXVII.
Interpellation
des Abgeordneten Rudolf Axmann
an den Innenminister
wegen vorschriftswidriger Teilnahme des
Stabswachtmeisters Alois Maca von der
Gendarmeriestation in Müglitz an einem
Vortragsabende des deutschen Kulturver-
bandes in Quittein, Bezirk Hohenstadt.
Aus Wählerkreisen wird den Interpellanten mit-
geteilt, daß am 1. Feber 1937 an einem Vortrags-
abende des deutschen Kulturverbandes in Quit-
tein, Bezirk Hohenstadt, der Stabswachtmeister
Alois Maca von der Gendarmeriestation in Müg-
litz in voller Uniform und Waffen teilgenommen
hat. Dieses Verhalten widerspricht dem Versamm-
lungs- bzw. Vereinsgesetz und hat unter den Teil-
nehmern des Vortrages Unruhe hervorgerufen.
Eine diesbezügliche Anfrage des Abgeordneten
der Sudetendeutschen Partei, Vorsitzender Kon-
rad Henlein, Rudolf Axmann, bei der der Gen-
darmeriestation vorgesetzten Dienstbehörde, näm-
lich der Bezirksbehörde in Hohenstadt, vom
23. Juni 1937, wurde vom Bezirkshauptmann
ignoriert und nicht beantwortet.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Innenminister die Anfrage:
Ob die Entsendung eines bewaffneten Organes
der Gendarmerie zum Vortragsabende des deut-
schen Kulturverbandes am 1. Feber 1937 in Quit-
tein, Bezirk Hohenstadt, auf Anordnung des Be-
zirkshauptmannes von Hohenstadt, als Vorstand
der der Gendarmeriestation in Müglitz vorgesetz-
ten Behörde geschehen ist und auf Grund welcher
gesetzlichen Bestimmungen diese erfolgte?
P r a g, am 6. August 1937.
Axmann,
Franz Nemìc, Jäkel, E. Köhler, Illing, Obrlik,
G. Böhm, Sandner, Kundt, Dr. Hodina, Fischer,
Dr. Kellner, Ing. Karmasin, Ing. Lischka, Gruber,
Dr. Jilly, Nickerl, Rösler, Stangl, F. Nitsch,
Hollube, Ing; Schreiber, Hirte, Sogl.
Pùvodní znení ad 1039/XXVIII.
Interpellation
des Abgeordneten Rudolf Axmann
an den Innenminister
wegen Einschränkung des verfassungs-
mäßig gewährleisteten Versammlungs-
rechtes durch Organe der staatlichen
Polizeibehörde in Mähr. Altstadt.
Die Ortsgruppe der Sudetendeutschen Partei,
Vorsitzender Konrad Henlein, in Glasdörfel, poli-
tischer Bezirk Mähr. Schönberg, hatte für den
6. Juni 1937, um 3 Uhr nachmittags, eine nach
§ 2 des Versammlungsgesetzes auf geladene Teil-
nehmer beschränkte Versammlung einberufen.
Obwohl der Einberufer der Versammlung am
5. Juni 1937 die staatliche Polizeibehörde in
Mähr. Altstadt telefonisch um Auskunft gefragt
hatte, ob er verpflichtet sei, die beabsichtigte
Versammlung anzumelden und ihm mitgeteilt
wurde, daß dies nicht notwendig sei, wurde die
Versammlung von dem Organ der staatlichen Po-
lizeibehörde in Mähr. Altstadt namens Vrána und
einem zweiten kontrollierenden Polizeiorgan auf-
gelöst. Nach Kontrolle der Einladungen, mit wel-
cher jeder einzelne Teilnehmer versehen war und
der Anwesenheitsliste, wurde die Auflösung der
Versammlung deshalb ausgesprochen, weil an-
86
geblich 66 Teilnehmer und nicht 54, wie aus der
Anwesenheitsliste ersichtlich, anwesend gewesen
wären. Obwohl sich dieser Irrtum in der Zählung
und der wahre Sachverhalt der völligen Überein-
stimmung zwischen Eingeladenen und Anwesen-
den herausstellte, wurde die Auflösung der Ver-
sammlung trotzdem aufrecht erhalten.
Auf die Frage des Abgeordneten der Sudeten-
deutschen Partei, Rudolf Axmann, aus welchen
Gründen das Verbot der Versammlung ausgespro-
chen wurde, gab das Organ der staatlichen Po-
lizeibehörde in Mähr. Altstadt Vrána keine Aus-
kunft, sondern entgegnete in salopper Weise:
"Das machen wir wie wir wollen!" Vorstellungen,
daß das Verhalten des Polizeiorganes gesetz- und
dienstwidrig sei, machte auf diesen keinerlei Ein-
druck.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, die wieder-
holten Vorstellungen von Seiten der Interpellan-
ten auf die völlig gesetzwidrige Auflösungspraxis
vertraulicher § 2 Versammlungen durch untere
Verwaltungsorgane endlich berücksichtigen zu
lassen und zu verfügen, daß die Urteile verschie-
dener Gerichte berücksichtigt werden, die die ge-
setzwidrige Verwaltungspraxis der Polizeibehör-
den wiederholt durch Freisprüche unnötig ver-
folgter und angeklagter Einberufer von auf-
gelösten § 2 Versammlungen bestätigt hatten?
2. Welche konkreten Maßnahmen hat der Herr
Minister aus Anlaß dieser Interpellation ge-
troffen?
Prag, am 6. August 1937.
Axmann,
Jäkel, Illing, Gruber, Sandner, E. Köhler, Dr. Jilly,
G. Böhm, Obrlik, Dr. Hodina, Dr. Kellner, Fischer,
Nickerl, Hollube, Ing. Karmasin, Kundt, Rösler,
F. Nitsch, Ing. Lischka, Franz Nìmec, Ing.
Schreiber, Stangl, Sogl, Hirte.
Pùvodní znìní ad 1039/XXIX.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Franz Hodina
an den Minister des Innern und den
Minister für nationale Verteidigung
wegen dienstwidrigen Verhaltens des
Inspektors Chramosta der staatlichen Po-
lizeiexpositur in Mährisch Altstadt und
Nichteinhaltens einer Vereinbarung seitens
der Militärverwaltung.
Am 10. Juni 1937 vormittags kam der Inspek-
tor der staatlichen Polizeiexpositur in Mähr. Alt-
stadt, namens Chramosta mit einer Anzahl Sol-
daten und dem Vorsteher Stellvertreter Linden-
thal nach Heinzendorf u. d. Dürren Koppe zu dem
Landwirt Oswald Frömmel, Heinzendorf u. d.
Dürren Koppe No. 22, Post Mähr. Altstadt und
verlangte von diesem, daß er seine Scheune der
Militärverwaltung zu einer Einquartierung zur
Verfügung stelle. Weiters erklärte Inspektor
Chramosta, daß die einzuquartierenden Soldaten
ein Marodenzimmer benötigen und daß zu diesem
Zwecke das Ausgedingestübchen der Eheleute
Emilie und Johann Olbrich (56 u. 63 Jahre) von
diesen geräumt werden müßte. Einwendungen
gegenüber daß vielleicht das Nebenstübchen oder
eine entsprechende Stube beim Nachbar zur Ver-
fügung gestellt werden könnte, erklärte Inspek-
tor Chramosta, wenn die Besitzer das angefor-
derte Stübchen nicht freiwillig hergäben, werde
es ihnen weggenommen werden, ohne daß sie hie-
für eine Entschädigung bekämen. Diese Erklä-
rung gab er im Beisein der Eheleute Olbrich, Frö-
mel und des Gemeindevorstehers ab.
Im Wege der Verhandlungen willigte Oswald
Frömel in die Einquartierung und Benützung des
Ausgedingestübchens für die Zeit von e i n e m
Monat ein.
Nach Ablauf des vereinbarten Monates, also am
11. Juli 1937, sprachen Johann und Emilie Olbrich
sowie der Vorsteher des Ortes bei der staatlichen
Polizeiexpositur in Mähr. Altstadt vor und er-
suchten um Berücksichtigung des mit Inspektor
Chramosta vereinbarten Räumungstermines. Hier
wurde den beiden alten Ausgedingeleuten jedoch
erklärt, daß einzig die Militärverwaltung für die-
se Angelegenheit zuständig sei und es die Polizei-
behörde als völlig unbeteiligte Behörde nichts an-
gehe.
Es mutet an und für sich eigenartig an, wenn
man alte Ausgedingeleute veranlaßt, aus ihrer
einzigen Stube deshalb auszuziehen, weil ein Po-
lizeiinspektor im ganzen Dorfe kein anderes Ma-
rodenzimmer zu finden im Stande sei. Abgesehen
davon wird trotz klarer Vereinbarung von der
zuständigen Polizeiexpositur dann glatt die Zu-
ständigkeit in Abrede gestellt, wenn es heißt, die
getroffenen Vereinbarungen einzuhalten, bezw.
Einfluß zu nehmen, daß sie eingehalten werden.
Es kann da nur gefolgert werden, daß es sich
um einen Übergriff eines allzu diensteifrigen und
dabei rücksichtslosen untergeordneten Polizei-
organes handelt, dessen Tätigkeit eine dringende
Überprüfung von Seiten der übergeordneten Be-
hörden bedarf.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Innenminister und den Herrn Verteidigungsmini-
ster die Anfrage:
Welche Maßnahmen sind die Herren Minister
bereit zu treffen, um den gerügten Sachverhalt
erheben und gemäß den vereinbarten Bedingun-
gen einer schleunigen Lösung zuzuführen?
P r a g, am 6. August 1937.
Dr. Hodina,
Obrlik, Jäkel, Illing, Axmann, E. Köhler, G. Böhm,
Dr. Jilly, Gruber, Fischer, Kundt, Sandner,
Nickerl, Dr. Kellner, Ing. Karmasin, Rösler, F.
Nitsch, Hirte, Franz Nìmec, Ing. Lischka, Hollu-
be, Ing. Schreiber, Stangl, Sogl.
37
Pùvodní znìní ad 1039/XXX.
Interpellation
des Abgeordneten Ernst Kundt
an den Innenminister
wegen Überschreitung der statuten-
mäßigen Tätigkeit durch "Národní
Jednota".
Sonntag, den 30. Mai 1937, tagte in Prag die Ná-
rodní Jednota Severoèeská. In dem vom Vorsitzen-
den verfaßten Bericht werden die Gezetzesanträge
der Sudetendeutschen Partei, Vorsitzender Konrad
Henlein, schärfstens abgelehnt, da sie sich angeb-
lich gegen die Einheit des Staates richten. Die
Forderung der Deutschen nach Gleichberechti-
gung sei nur ein neuer Begriff für die Germani-
sierung und eigentlich eine Provokation. Die
Staatspolitik müsse, je näher den Grenzen, umso
entschiedener sein. Vor allem fordert die Jednota
die wirtschaftliche Sicherung der èechischen
Grenzler und die Errichtung eines eigenen Kolo-
nisationsfondes, sowie die Errichtung von 200
neuen Schulgebäuden. Die èechischen Grenzler
beschweren sich auch darüber, daß sie zu den Ver-
handlungen mit den deutschen Splitterparteien
nicht zugezogen wurden und fordern die Auf-
nahme von èechischen Angestellten bei sämtlichen
Ämtern der Selbstverwaltung, bei den Kranken-
kassen, städtischen Unternehmungen und sozia-
len Instituten in den Städten mit deutscher Mehr-
heit. Die Jednota erklärt, in ihrer Arbeit nicht
nachzulassen, da sie in ihrer Tätigkeit, in der
wirtschaftlichen Sicherung der èechischen Grenz-
ler und in der Sicherung des Grenzgebietes die
Erfüllung der wichtigsten Staatsaufgabe auch in
der Zukunft erblicke. Mit Genugtuung stellte die
Jednota fest, daß der Innenminister Dr. Èerný
äußerst gewissenhaft alle Verordnungen, vor
allem auch die Einsätze von Staatspolizei im
Grenzgebiet durchführt.
Anläßlich dieser Tagung wurde auch eine Ent-
schließung gefaßt, in der es u. a. heißt:
"Mit äußerster Erbitterung lehnen wir die For-
derungen der sogenannten Sudetendeutschen Par-
tei ab, mit denen diese gegen die Einheit des èe-
chischen Landes zu hetzen wagt. Jede diese For-
derung erklären wir für einen weiteren Versuch
staatsfeindlicher Bestrebungen nach einer Schwä-
chung der èechoslovakischen Republik, nach einer
Erweckung von Unruhe und Unordnung als Mittel
zur Annäherung an die irredentistischen End-
ziele. Wir haben den Autoren dieser Vorschläge
tausendmal bewiesen, daß wir ihrer vorgeschütz-
ten Loyalität auf den Grund sehen und daß es
ihnen um eine bloße Provokation geht. Ihre
"Gleichberechtigung" ist nur ein neuzeitlicher
Begriff für die alte Germanisierung und den Ver-
nichtungskampf gegen alles Èechische. Davon
spricht die Geschichte, die Annalen der schweren
Grenzlerkämpfe und tausende entnationalisierter
èechischer Seelen im verdeutschten Gebiete (!).
- Wir verlassen uns fest darauf, daß die Nation
und alle ihre öffentlichen und verfassungsmäßi -
gen Faktoren sofort und kategorisch jedwede Er-
örterung über die Grundlagen unserer Selb-
ständigkeit und der Staatseinheit ablehnen wer-
den. Wir wollen glauben, daß die Anwendung der
Richtlinien vom 18. Feber, die nicht aufzugebende
Entwicklung der Republik gemäß den Ideen, die
zur Erneuerung unserer politischen Freiheit führ-
ten, nicht stören werden. Als selbstverständliches
Gegengewicht der zulässigen Zugeständnisse (na-
mentlich der deutschen nationalen Minderheiten)
erklären wir die Regelung der Verhältnisse in der
Selbstverwaltung und anderen öffentlich-rechtli-
chen Körperschaften, die von Angehörigen des
deutschen Volkes beherrscht werden. Wir haben
schon allzu viel Stoff gesammelt, wie die Anstel-
lungsverhältnisse in den von Deutschen verwalte-
ten Gemeinden aussehen. Wir haben besonders auf
den anstößigen Fall von Reichenberg hinge-
wiesen. Nicht anders ist dies bei den Kranken-
versicherungen. "
Die èechischen Blätter veröffentlichen auch
eine Kundgebung des Geschäftsführers der Jed-
nota Dr. Tašner, der eine Erweiterung des Tätig-
keitsbereiches der Jednota in Zusammenarbeit
mit dem èechischen Schulverein verlangt, um vor
allem der im Ausland wirksam auftretenden Pro-
paganda der nationalen Minderheiten entgegen-
zutreten. Dr. Tašner verweist darauf, daß beson-
ders im Zusammenhang mit Ungarn ausländische
Publizisten der Möglichkeit einer Revision der
Grenzen zugänglicher seien. So kämen, angeregt
von der feindlichen Propaganda aus dem Aus-
lande, in der letzten Zeit immer wieder neue und
gefährliche Vorschläge. Es sei auch jedem klar,
daß Henlein durch sein Auftreten in London viel
Staub aufgewirbelt und den èechoslovakischen
Staatsmännern viele bittere Stunden verursachte.
Die von den Großmächten aufgestellten Forde-
rungen nach Gutmachung begangener Fehler,
gingen vor allem auf Rechnung der Èechen im
Grenzgebiet.
Dr. Tašner erinnert auch daran, daß Oberst
Beck als politischer Außenminister erklärte, daß
es ohne Erfüllung der Ansprüche der polnischen
Minderheit keinen Frieden gäbe. Man dürfe auch
nicht vergessen, daß selbst der Vorsitzende eines
befreundeten Staates Blum ein Buch herausgab
("Les problemes de la paix"), in dem er sich für
eine Revision der Verträge ereifert. Gerade darum
müsse man auf der Forderung nach bedingungs-
loser Loyalität der Minderheiten beharren und
nicht auf die èechischen Grenzler vergessen.
Dem Wissen der Interpellanten nach ist die
"Národní Jednota" ein unpolitischer Verein, der
also keinesfalls berechtigt ist, eine politische
Tätigkeit auszuüben und das in einer Zeit, wo
man der Sudetendeutschen Partei und deren füh-
renden Mitgliedern des öfteren vorschreibt, bei
öffentlichen Kundgebungen sich jeder Kritik
innen- und außenpolitischer Verhältnisse zu ent-
halten. Als Beweis für das zweierlei Maß sei
Folgendes angeführt:
"Für den 18. Feber 1937 hatte die Sudeten-
deutsche Partei, Vorsitzender Konrad Henlein,
nach Spansdorf, Bezirk Aussig, ein Bezirkstreffen
einberufen, auf dem die Abgeordneten May, Ing.
Richter, Dr. Neuwirth und Senator Tschakert
sprechen sollten. Die Parlamentarier mußten sich
jedoch auf kurze Begrüßungsworte beschränken,