38

denn die staatliche Polizeibehörde in Aussig hatte
unter Androhung einer Geldstrafe von 5. 000 Kè
oder einer Arreststrafe von 14 Tagen bestimmt:
"Bei der ganzen Produktion sind die Redner ver-
pflichtet, sich jeder politischen Äußerung sowie
jeder Kritik und Vergleichens und Staatsverfas-
sungen zu enthalten. "«

Welches Schicksal hätte da erst einen deutschen
unpolitischen Verein oder Verband erreicht, der
sich auf ähnliche Weise wie die "Národní Jed-
nota" mit Politik beschäftigte? Seine Tätigkeit
würde alsbald eingestellt, wenn auch nur der ge-
ringste Anschein einer politischen Betätigung
gegeben wäre.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Innenminister die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, die Tätigkeit
der "Národní Jednota" nach ihrem statuten-
mäßigen Wirkungskreis überprüfen zu lassen?

2. Welche Maßnahmen hat der Herr Minister
aus Anlaß der in der Interpellation angeführten
und gerügten Überschreitung der statutenmäßi-
gen Tätigkeit durch die "Národní Jednota" gegen
ihre verantwortlichen Funktionäre getroffen?

Prag, am 6. August 1937.

Kundt,

Stangl, Hirte, Franz Nìmec, Ing. Schreiber,
Obrlik, Illing, Axmann, Sandner, Jäkel, Dr. Kell-
ner, Gruber, G. Böhm, Sogl, Nickerl, Ing. Lisch-
ka, Hollube, Rösler, F. Nitsch, Dr. Hodina,
Fischer.

Pùvodní znìní ad 1039/XXXI.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin

an die Regierung und den Minister für
Schulwesen und Volkskultur

wegen Ausübung ungesetzlichen Zwanges
auf die deutschen Angestellten der Èecho-

slovakischen Donau-Dampfschiffahrtge-

sellschaft in Theben, ihre Kinder in die

èechische Schule zu schicken.

Den deutschen Angestellten der Èech. Donau-
Dampfschiffahrt-Gesellschaft Klech, Brunner,
Mladoschowitz, Brenner und Banka, mit zu-
sammen 9 Kindern, wurde dieser Tage seitens
der Èechoslovakischen Donau-Dampfschiffahrt-
Gesellschaft ein Erlaß vorgelegt, in welchem
ihnen mitgeteilt wird, daß es als Zeichen der
Loyalität angesehen würde, wenn sie ihre Kinder
in die èechische Schule in Theben schicken
würden.

Weiterhin wurde ihnen angedeutet, wenn dieser
Aufforderung nicht Folge geleistet würde, die
Familienerhalter aus der Arbeit entlassen werden

würden. Die Kenntnisnahme dieses Erlasses
mußte durch Unterschrift bestätigt werden.

Mit Hinweis darauf, daß die Kinder ja bereits
in die deutsche Staatsschule eingeschrieben seien
und es nach dem Gesetze nicht möglich sei, ohne
besonderen Grund die Schule zu wechseln, wurde
erklärt, daß dies geregelt würde.

Eine ähnliche Aktion vor den Schuleinschrei-
bungen hatte zur Folge, daß die Kinder der deut-
schen Familien Bohatschek und Fuchs bereits zu
Schulschluß in die èechische Schule eingeschrie-
ben wurden.

Der oben erwähnte Erlaß erliegt bei der Sta-
tionsleiterin der Èechoslovakischen Donau-Dampf-
schiffahrt-Gesellschaft, Theben, Fiala, eine Ab-
schrift befindet sich in den Händen des èechischen
Lehrers Macha in Theben.

Da es sich bei dem geschilderten Tatbestände
um einen eklatanten Fall von Terror und gewalt-
samer Entnationalisierung handelt, fragen wir
die Regierung und den Herrn Schulminister:

1. Ist die Regierung und der Herr Schulminister
gewillt, den geschilderten Tatbestand untersuchen
zu lassen?

2. Ist die Regierung und der Herr Schulminister
bereit, dafür Sorge zu tragen, daß den deutschen
Angestellten kein Schaden erwächst, wenn sie von
ihrem verfassungsmäßigen Rechte Gebrauch
machen und ihre Kinder in die deutsche Schule
schicken?

3. Ist die Regierung und der Herr Schulminister
bereit, dafür Sorge zu tragen, daß bezüglich
Übertritte von Kindern einer Schule in die andere
außerhalb der gesetzlichen Frist die geltenden
Bestimmungen eingehalten werden?

4. Ist die Regierung und der Herr Schulminister
gewillt, dafür Sorge zu tragen, daß alle Schuldi-
gen exemplarisch bestraft werden, damit sich in
Hinkunft derartige Fälle nicht mehr ereignen
können?

Prag, am 12. August 1937.

Ing. Karmasin,

Stangl, Jäkel, Illing, Nickerl, Gruber, Axmann,

G. Böhm, Hirte, Dr. Jilly, F. Nitsch, Dr. Kellner,

Ing. Schreiber, Jobst, Hollube, Fischer, Sogl,

Rösler, Kundt, E. Köhler, Dr. Hodina.

Pùvodní znìní ad 1039/XXXII.

Interpellation

des Abgeordneten K. H. Frank

an die Regierung und an die Minister für

soziale Fürsorge und für Handel und

Gewerbe

wegen ungesetzlicher Zuweisung von
Zucker in Mengen von mehreren Hundert
Waggons an die Parteien der Regierungs-
koalition.


39

Die "Rundschau", Sudetendeutsche Wochen-
zeitung, Herausgeber Konrad Henlein, veröffent-
lichte in ihrer Folge 32, Samstag, den 7. August
1937, unter der Überschrift: "Zucker zu zwei
Kronen zu haben, ein süßes Geheimnis der Koali-
tion" einen Aufsehen erregenden Artikel, in dem
im Wesentlichen folgendes behauptet wird:

Den Parteien der gegenwärtigen Regierungs-
koalition sei es gelungen, sich ein größeres Quan-
tum billigen Zuckers zu sichern. Welchen Umfang
dieses Zuckerquantum hat, könne man daran ab-
schätzen, daß allein der Anteil der drei deutschen
Regierungsparteien, der deutschen Sozialdemo-
kraten, des Bundes der Landwirte und der deut-
schen Christlichsozialen, zusammen etwa die
Fracht eines Eisenbahnzuges ausmache. Dieser
Zucker, dessen Quelle die "Rundschau" nicht an-
zugeben vermag, soll zum Preise von zwei Kro-
nen pro Kilogramm an Arbeitslose durch die den
Koalitionsparteien nahestehenden Konsumvereine
abgegeben werden, jedoch nicht an alle Arbeits-
losen ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit,
sondern nur an jene, die Mitglieder einer Regie-
rungspartei sind und darüber hinaus noch an
solche Personen, die von einer der gemeinsamen
Bezirksstellen der aktivistischen deutschen Re-
gierungsparteien als "sozial bedürftig" anerkannt
und befürwortet werden.

Obwohl seit der Veröffentlichung dieses Arti-
kels fünf Tage verflossen sind, hat weder eine
amtliche Stelle noch die èechoslovakische Regie-
rung, noch eines der zentralen Parteiorgane, noch
der Vorstand des Zuckerkartells auf diese schwer-
wiegenden Vorwürfe auch nur mit einem Wort
erwidert, obwohl diesen Stellen die Angelegenheit
gut genug bekannt sein muß. Lediglich das in
Karlsbad erscheinende sozialdemokratische Tag-
blatt "Volkswille" hat in seiner Dienstagnummer
vom 10. August 1937 versucht, in einem Leit-
artikel die gegen die deutschen Koalitionsparteien
erhobenen schweren Anschuldigungen zu ent-
kräften, worauf nun auch das Zentralorgan der
deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in
der èechoslovakischen Republik, der "Sozial-
demokrat" in seiner Ausgabe vom 11. August
1937 sich gezwungen sah, zu den Behauptungen
der "Rundschau" Stellung zu nehmen.

Der "Volkswille" führt unter anderem wört-
lich aus:

"NeununddreiBig Waggon Zucker sollen zum
Preis von Kè 2'- für je ein Kilogramm den deut-
schen Arbeitslosen und sozial Bedürftigen zur
Verfügung gestellt werden, das Ministerium für
soziale Fürsorge soll die Aktion aus Eigenem
durchführen, die Bezirks- und Gemeindesozial-
kommissionen sollen sich mit der Erfassung der
in die Aktion einzubeziehenden Personen beschäf-
tigen, und die Vertreter der drei deutschen akti-
vistischen Parteien sollen dazu mit herangezogen
werden. Den Anspruch auf den verbilligten
Zucker sollen die Arbeitslosen haben, die in die
Ernährungsaktion einbezogen sind, aber auch
Arbeitslose, die nach dem Genter System unter-
stützt werden und schließlich, soweit dafür noch
etwas übrig bleibt, auch solche Personen, deren
soziale Bedürftigkeit die Parteivertreter fest-
gestellt haben, wenngleich diese Personen in die
sonstigen Listen der Hilfsaktion nicht aufge-
nommen sind. "

Weiter unten schreibt der "Volkswille":

.....und die ganze Korruptheit der deutschen

Aktivisten bestand eben nur darin, daß sie für
diese ärmsten deutschen Volksgenossen ein so
großes Quantum des verbilligten Zuckers heraus-
geschlagen haben, als dies unter den gegebenen
Verhältnissen überhaupt möglich war. Daß sie
dann auch alles Zweckmäßige veranlaßten, um
die Ausgabe des verbilligten Zuckers unter ihre
(der deutschen Regierungsparteien, Anmer. d.
Interpell. ) Kontrolle zu stellen... das mag die
Herren in Asch kränken... "

Der "Sozialdemokrat" schreibt am Mittwoch,
den 11. August 1937 unter der Überschrift:
"Großzügige Zuckerversorgung zum Preise von
Kè 2'- pro Kilogramm unter Mitwirkung des
Ministeriums für soziale Fürsorge und der Ge-
meinde- und Bezirks-Sozialkommissionen: Im Ein-
vernehmen aller Koalitionsparteien wird in der
nächsten Zeit eine großzügige Belieferung von
Zucker an Minderbemittelte und Arbeislose er-
folgen, wobei der Zucker zu dem niedrigen Preise
von Kè 2'- pro Kilogramm abgegeben wird.
Diese Aktion hat den Zweck, daß Personen, die
in schlechten sozialen Verhältnissen leben, wenig-
stens einmal die Möglichkeit erhalten, sich mit billi-
gen Zucker zu versorgen. Die Aktion wird unter
der Aufsicht des Ministeriums für soziale Für-
sorge durchgeführt, wobei für die Arbeiterschaft
die Verteilung durch die Konsumgenossenschaften
erfolgt... Bei der Zusammenstellung der Ver-
zeichnisse der Personen, die mit dem Zucker zu
beteilen sind, werden Mitglieder der Gemeinde-
und Bezirkssozialkommissionen mitwirken. "

Zu diesen beiden Pressestimmen der deutschen
Sozialdemokratie, welche die Beschuldigungen der
"Rundschau" im Wesentlichen zugeben, bringt das
sudetendeutsche Tagblatt "Die Zeit" am Dienstag,
den 10. August 1937 weitere Aufsehen erregende
Mitteilungen: Die Verteilung des verbilligten
Zuckers an die Arbeitslosen soll in der Weise vor
sich gehen, daß von den einzelnen Regierungs-
parteien Listen jener Arbeitslosen hergestellt
werden, die in diese Zuckeraktion einbezogen wer-
den sollen. Bezeichnenderweise werde von regie-
rungsparteilicher Seite betont, daß auch solche
Arbeitslose in die Verteilungsaktion einbezogen
werden sollen, die bis jetzt "noch nicht" Mitglie-
der einer der Regierungspartaien sind. Auf èe-
chischer Seite sei die Verteilungsaktion bereits im
Gange, während sich die drei deutschen Regie-
rungsparteien noch nicht über die Durchführungs-
modalitäten geeinigt haben. Die Sozialdemokra-
ten, angeblich auch die Christlichsozialen, wollen
den Zucker durch die Konsumvereine zur Vertei-
lung bringen, welchem Plane der Bund der Land-
wirte Widerstand entgegensetze. Eine weitere
Streitfrage sei die Frage des Verkaufspreises. Die
Spesen für Transport und Versteuerung des Koali-
tionszuckers belaufen sich angeblich auf Kè 1. 50
pro Kilogramm. Die Frage, ob der Koalitions-
zucker für Kè 2. - oder Kè 2. 50 abgegeben wer-
den solle, sei noch strittig, weil der Bund der
Landwirte sich mit einem Preisaufschlag von 50
Hellern pro Kilogramm für Parteizwecke zufrie-
den geben wolle, während die Sozialdemokraten
Kè 1. - pro Kilogramm aufschlagen wollen.

Soweit die Pressemeldungen der "Rundschau",
"Der Zeit" und der Koalitionspresse, sofern diese
überhaupt zu den gegen die Regierungsparteien


40

und indirekt gegen das Ministerium für soziale
Fürsorge erhobenen Beschuldigen Stellung ge-
nommen haben.

Die Zuckerproduktion und der Zuckerpreis sind
in der Èechoslovakischen Republik zu sehr An-
gelegenheit der Öffentlichkeit, der Volkswirt-
schaft und der Politik als daß die Interpellanten
die Veröffentlichungen der "Rundschau", "Der
Zeit" und der Koalitionspresse unerwidert hin-
nehmen könnten, zumal bei den gegebenen poli-
tischen und sozialen Verhältnissen die dringende
Gefahr besteht, daß unter dem Deckmantel einer
sogenannten sozialen Hilfsaktion für Arbeitslose
mit öffentlichen Mitteln für die Parteien der ge-
genwärtigen Regierungskoalition eine Wahlpro-
paganda gemacht werden soll, die umso verwerf-
licher ist als nicht nur Mittel des Staates und der
Allgemeinheit für die Zwecke der Parteipropa-
ganda der Regierungskoalition verwendet werden
könnten, sondern weil auch durch ein geschickt
getarntes Durchführungsmanöver alle jene Ar-
beitslosen von den Wohltaten der Zuckeraktion
ausgeschaltet werden sollen, welche nicht in den
Reihen der sogenannten deutschen aktivistischen
Parteien organisiert sind.

Zuckerproduktion und Zuckerpreis sind be-
kanntlich in der Èechoslovakischen Republik nicht
das Ergebnis eines freien wirtschaftlichen Wett-
bewerbes der an der Zuckerproduktion beteiligten
Kreise, vielmehr kommen sie unter Aufsicht und
Mitwirkung der Regierung durch Vereinbarungen
zwischen den Verbänden der Zuckerindustrie und
der sie finanzierenden Banken einerseits, und den
Rübenbauerorganisationen andererseits zustande.
Der gegenwärtige Kosumzuckerpreis von Kè 6'20
und die gesamte èechoslovakische Zuckerausfuhr,
wie überhaupt der gegenwärtige Umfang des
Zuckerrübenanbaues und der Zuckerproduktion
sind nur solange möglich, als der èechoslovakische
Zuckerkonsument ohne Rücksicht auf seine Ein-
kommensverhältnisse durch das Zuckerkartell mit
Zustimmung der Regierung gezwungen wird, die-
ses wichtige Volksnahrungsmittel zu einem
Preise zu kaufen, der sechsmal höher ist als der
Zuckerpreis, zu dem wir unseren Zucker ins Aus-
land verkaufen.

Die gesamte Zuckerverbraucherschaft, die Öf-
fentlichkeit des èechoslovakischen Staates und
nicht zuletzt die Sudetendeutschen, die weit mehr
Zuckerkonsumenten als Zuckerproduzenten sind,
haben ein Recht darauf, zu wissen, wie mit dem
Zucker bei uns gewirtschaftet wird. Denn sie
müssen durch den unerhört hohen inländischen
Zuckerpreis den Rübenanbau und die Zuckerpro-
duktion finanzieren und überhaupt erst rentabel
machen. Die Öffentlichkeit hat aber auch das
Recht zu wissen, auf welche Weise der Staat bzw.
das Fürsorgeministerium oder die Koalitionspar-
teien vom Zuckerkartell den "verbilligten" Zucker
an sich gebracht haben. Sie haben aber auch das
Recht zu erfahren, aus welchen Beweggründen
und gegen welche Gegenleistungen das èechoslo-
wakische Zuckerkartell den Koalitionsparteien
mehrere Hundert Waggons Zucker zur Vertei-
lung an Parteiangehörige bzw. der Regierung
zuhanden des Herrn Fürsorgeministers zur Ver-
fügung: stellt, denn der Zuckerkonsument hat auf
dem Umwege des übersteuerten Zuckerpreises
bei Heller und Pfennig an das Zuckerkartell wie-

der abzuführen, was den Koalitionsparteien zur
Verteilung an ihre Arbeitslosen zugewendet
wurde.

Da die Regierung bisher nicht für notwendig
erachtet hat, zu den Pressemeldungen Stellung
zu nehmen, die schwere Anschuldigungen gegen
die Koalitionsparteien und indirekt gegen das
Fürsorgeministerium, aber auch gegen die Re-
gierung selbst enthalten, sehen sich die Interpel-
lanten gezwungen, an die Regierung in ihrer Ge-
samtheit und an den Herrn Minister für soziale
Fürsorge und den Herrn Minister für Industrie,
Handel und Gewerbe im Besonderen nachstehende
Anfragen zu richten:

1. Ist die Regierung bereit, die Ministerrats-
beschlüsse zu veröffentlichen, welche zu der oben
gerügten Aktion geführt haben?

2. Ist die Regierung bereit zu veröffentlichen,
welche Vollmachten dem Herrn Fürsorgeminister
zur Verhandlung mit dem Zuckerkartell und zur
Übernahme des verbilligten Zuckers von der Re-
gierung gegeben wurden und welche Vereinba-
rungen zwischen Mitgliedern der Regierung bzw.
der Regierungsparteien und dem èechoslovaki-
schen Zuckerkartell hinsichtlich des verbilligten
Zuckers getroffen wurden?

3. Ist die Regierung bereit, bekanntzugeben,
wer den verbilligten Zucker zur Verfügung ge-
stellt hat?

4. Ist die Regierung bereit, bekanntzugeben, an
wen der verbilligte Zucker zur Verfügung ge-
stellt wurde; an die Regierung, an das Fürsorge-
ministerium oder an die Regierungsparteien?

5. Ist die Regierung bereit, mitzuteilen, unter
welchen Bedingungen und Auflagen und insbe-
sondere gegen welche Gegenleistungen und zu
welchem Preise der Zucker zur Verfügung ge-
stellt wurde?

6. Ist die Regierung bereit, mitzuteilen, ob die
bisher unwidersprochen gebliebenen Pressestim-
men zutreffen, wonach die Beibehaltung der bis-
herigen Höhe des Zuckerpreises im Inland eine
Gegenleistung der Regierung an das Zuckerkar-
tell darstellt?

7. Ist der Herr Fürsorgeminister bereit, die
internen Erlässe und Weisungen mitzuteilen,
nach welchen die Verteilung des Zuckers durch
die Konsumgenossenschaften und die Regierungs-
parteien unter Aufsicht des Fürsorgeministe-
riums und Mitwirkung der Orts- und Bezirks-
Sozialkommissionen vonstatten gehen soll?

8. Ist der Herr Fürsorgeminister bereit, mit-
zuteilen, auf welcher Rechtsgrundlage die Zusam-
menarbeit der wirtschaftlichen Interessenvertre-
tungsverbände der Zuckerindustrie der Regie-
rungsparteien der beteiligten Ministerien, der
Sozialkommissionen und der mit der Durchfüh-
rung beauftragten wirtschaftlichen Organisatio-
nen der politischen Parteien zulässig ist und vor
sich gehen soll?

9. Welche Maßnahmen gedenkt der Herr Für-
sorireminister zu treffen, daß die angebliche Für-
sorgeaktion nicht zu einem unmoralischen und
gesetzwidrigen politischen Druck auf die Arbeits-
losen ausgenützt werde?

10. Ist der Herr Handelsminister bereit, uns
mitzuteilen, was er zum Schütze der bedrohten


41

Interessen der Kleinkaufleute zu tun gedenkt,
welche im deutschen Gebiet zu Gunsten der Kon-
sumgenossenschaften aus der Beteiligungsaktion
zur Gänze ausgeschlossen erscheinen und welche
nicht nur wirtschaftlich durch die geplante
Aktion, sondern auch in ihrem weiteren Wett-
bewerbe dadurch geschädigt werden, daß bei vie-
len Arbeitslosen die Meinung aufkommen wird,
daß sie lediglich den Konsumvereinen den billigen
Zucker zu verdanken haben, während die selb-
ständigen Kaufleute zur Besserstellung der Ar-
beitslosen nicht beigetragen haben?

11. Ist der Herr Minister bereit, mitzuteilen,
welchen wirtschaftlichen und politischen Organi-
sationen der sogenannte Regiepreis von Kè 1. 50
bzw. der Verkaufspreis von Kè 2 -, bzw. Kè 2'50
zufließt, und mit welchem Anteil die Regierungs-
parteien und die ihnen nahestehenden Konsum-
genossenschaften an diesen Beträgen partizi-
pieren?

Die Dringlichkeit der Interpellation ist deshalb
gegeben, weil mit der Durchführung der Zucker-
aktion noch im Laufe dieser Woche im deutschen
Gebiet begonnen werden soll und die gesamte èe-
choslovakischen Öffentlichkeit ein Recht hat zu
verlangen, daß die geplante Fürsorgeaktion wirk-
lich nur den wirtschaftlich Schwachen, ohne
Rücksicht auf ihre parteipolitische Orientierung
zugute kommt.

Prag, am 12. August 1937.

Frank,

Fischer, Hollube, Illing, Ing. Karmasin, Sandner,
May E. Köhler, Ing. Peschka, Jobst, Sogl, Ing.
Lischka, Jäkel, Dr. Hodina, Axmann, Gruber,
Kundt, Franz Nìmec, F. Nitsch, Nickerl, Wollner,
Wagner, Stangl.

Pùvodní znìní ad 1039/XXXIII.

Interpellation

der Abgeordneten Franz Nitsch, Richard
Knorre und Rudolf Axmann

an den Ministerpräsidenten und den
Minister für soziale Fürsorge,

wegen der Herausgabe der Wahlordnung

in die Krankenversicherungsanstalten und

die Ausschreibung und Durchführung

dieser Wahlen.

Im März des heurigen Jahres erklärte der
Herr Vorsitzende der Regierung vor Pressever-
tretern des In- und Auslandes, daß die Wahlen in
die sozialen Versicherungsinstitute im Laufe des
Jahres 1937 durchgeführt werden und daß ins-
besondere die Wahlordnung für die Wahlen in die
Krankenversicherungsanstalten bereits das inter-
ministerielle Anmerkungsverfahren durchlaufen
hat. Diese bestimmte offizielle Erklärung des

Herrn Vorsitzenden der Regierung, welche er
noch im Monate Juni in einer Versammlung in
Mähren ausdrücklich wiederholt hat, hat eine Ver-
pflichtung der Regierung statuiert.

Die Interpellanten können mit Berechtigung
feststellen, daß diese offiziellen Erklärungen des
Herrn Vorsitzenden der Regierung von den kran-
kenversicherten Arbeitern ohne Unterschdied der
Partei und der Nationalität überall mit größter
Befriedigung zur Kenntnis genommen wurden.

Umso größer wird überall die Unruhe der
krankenversicherten Arbeiterschaft, je mehr Zeit
verstreicht, ohne daß irgendwelche Vorbereitun-
gen für die Einlösung des gegebenen Verspre-
chens erkennbar werden. Im Wahlkreise Olmütz
sind bereits die Vertreter von 50. 000 wahlberech-
tigten deutschen Krankenversicherten zusammen-
getreten und haben in eindeutiger Sprache die
Einhaltung des Versprechens der Regierung ge-
fordert. An dieser Forderung ist auch das Aus-
land nicht stillschweigend vorübergegangen, so-
daß die Nichteinhaltung des gegebenen Verspre-
chens eine Schädigung des Ansehens unseres
Staates im Auslande und eine Verminderung der
Glaubwürdigkeit von Erklärungen der Regierung
unseres Staates oder deren Mitglieder im Aus-
lande nach sich ziehen müßte.

Bereits mit Regierungsverordnung vom 27. Fe-
ber 1930 wurde unter Nn 24 der Slg. d. G. u. V.
eine ausführliche Wahlordnung für die auf Grund
des Gesetzes betreffend die Versicherung der Ar-
beitnehmer für den Fall der Krankheit, der Inva-
lidität und des Alters errichteten Krankenver-
sicherungsanstalten und Schiedsgerichte erlassen,
welche mit 14. März 1930 kundgemacht und mit
dem gleichen Tage in Kraft gesetzt worden ist.
Die krankenversicherte Arbeiterschaft konnte es
damals und kann es auch heute nicht verstehen,
daß auf Grund dieser Wahlordnung in der Zeit
ihrer Geltungsdauer vom 14. März 1930 bis min-
destens 30. Juni 1934 die Wahlen in die Kranken-
versicherungsanstalten und ihre Schiedsgerichte
nicht durchgeführt worden sind. Die krankenver-
sicherte Arbeiterschaft versteht es auch nicht,
daß seit dem 1. Juli 1934, also in mehr als drei
Jahren, die Abänderung der bereits vorliegenden
Wahlordnung nicht durchgeführt werden konnte.
Die unterfertigten Interpellanten sind gleichfalls
der Ansicht, daß diese Arbeit in drei Jahren wohl
hätte geleistet werden können.

Auf Grund dieser Sachlage fragen wir daher
den Herrn Vorsitzenden der Regierung und den
Herrn Minister für soziale Fürsorge:

1. Ist der Herr Vorsitzende der Regierung be-
reit, sein im März des heurigen Jahres gegebenes
Versprechen auf Ausschreibung und Durchfüh-
rung der Wahlen in die sozialen Versicherungs-
institute einzulösen?

2. Wenn nein, welche Gründe sind für die
Nichteinlösung des gegebenen Versprechens maß-
gebend und sind diese Gründe derart, daß hie-
durch das Ansehen unseres Staates und die
Glaubwürdigkeit von Erklärungen der Regierung
im In- und Auslande nicht geschädigt wird?

3. Ist der Herr Minister für soziale Fürsorge
bereit, den Interpellanten mitzuteilen, aus wel-
chen Gründen die Ausschreibung und Durchfüh-

6


42

rung der Wahlen in die Krankenversicherungs-
anstalten auf Grund der Wahlordnung vom 27.
Feber 1930, Slg. d. Ges. u., Ver. Nr. 24 während
der Geltungsdauer dieser Wahlordnung unterblie-
ben ist?

4. Ist der Herr Minister für soziale Fürsorge
bereit, mitzuteilen, aus welchen Gründen die
Wahlordnung vom 27. Feber 1934 bis heute nicht
entsprechend abgeändert worden ist und ist er

5. bereit, über den Stand der Abänderungs-
arbeiten sogleich erschöpfend zu berichten und
mitzuteilen, welche Ursachen für die weitere Ver-

zögerung dieser Arbeiten vorhanden sind und
welche Maßnahmen getroffen wurden, um diese
Ursachen zu beheben.

Prag, am 21. August 1937.

F. Nitsch, Knorre, Axmann,

Fischer, Nickerl, Illing, Ing. Lischka, Rösler, Dr.
Kellner, Dr. Eichholz, Dr. Jilly, Stangl, Ing.
Schreiber, Jäkel, Franz Nìmec, Kundt, Ing. Pesch-
ka, Dr. Hodina, Obrlik, Sogl, May, Dr. Zippelius,
Ing. Richter, Gruber.

Státní tiskárna v Praze. - 5000-37.


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