Wenn der Ministerpräsident seinerzeit behauptet hat, es ware die Notwendigkeit einer guten, gerechten und sachlich arbeitenden Administrative im Staat gegeben, so stimmen wir dem ohne weiters zu, aber wir müssen verlangen, daß dieses Bestreben einer gerechten, sachlichen Administrative von allen Funktionären, die ihm unterstehen, auch tatsächlich vollführt und zur Anwendung gebracht wird. Seinerzeit war, wie ich gesagt habe, der deutsche Beamte sehr gut, und hat sich für die Bedürfnisse der Bevölkerung sehr tätig und nützlich erwiesen, heute natürlich sind sie aus den besagten nationalen Gründen nahezu vollständig verschwunden. Es gibt kein Präsidialbureau, keine höhere Stelle, insbesondere im Ministerium der politischen Verwaltung, in welchen sich Deutsche befinden. Die Deutschen kennt man dort nur nach den Pensionsgesuchen, die sie überreichen müssen, oder nach den schwarzen Punkten, die ihnen jene machen, die auf ihrem Rücken hinaufturnen wollen.
Der Herr Ministerpräsident hat seinerzeit auch von Verstaatlichung des Polizeiwesens gesprochen. Die Ausgaben, die für die Gendarmerie eingesetzt sind, sind auch schon tatsächlich auf mehr als die Hälfte derganzen Ausgaben diesesRessorts, nämlich auf 215,613.674 K angeschwollen. Es ist damit zahlenmäßig nachgewiesen, was jeder Kenner der Verhältnisse weiß, daß die Polizei bereits das Um und Auf des Staates und der Staatsregierung geworden ist. Es ist soweit gekommen, daß die Relationen des Gendarmen für den Leumund, für das ruhige Dasein und den Erwerb, die wirtschaftliche Existenz jedes Staatsbürgers ausschlaggebend sind. In Schlesien hat sich unlängst ein Fall ereignet, daß ein Ansuchen um einen Gewerbebetrieb, um die Ausstellung eines Gewerbescheines zur Sodawassererzeugung abgewiesen wurde, weil nach der allerdings durch das Amtsgeheimnis gedeckten Relation des Gendarmen der Gatte der Bewerberin seinerzeit Obmann der Ortsgruppe des deutschen Schulvereines war. (Hört, hört!) Das ist der Gesichtskreis des hiefür unentbehrlichen Gendarmen, der die Staatsgefährlichkeit dieser Sodawassererzeugung dadurch für bewiesen hielt. Die weiteren Segnungen des Polizeisystems sind auch in einem Teile eines Landes, welches hier das Hultschiner Land genannt wird, sehr bekannt geworden. Diese Angehörigen des Hultschiner Landes sind sich schon voll bewußt der Segnungen dieses Systems und können überhaupt nicht mehr anders als fanatische Anhänger dieser besonderen Fürsorge und Zuneigung, die ihnen entgegengebracht wird, genannt werden. Die unerlösten Brüder wünschen ja nichts anderes, als auf eine solche Art wieder erlöst zu werden.
Noch eine weitere Angelegenheit, welche uns in der Beurteilung des Voranschlages des Ministeriums des Innern sehr mißtrauisch stimmt, ist die, daß, wie wohl bereits zwei Jahre seit Errichtung dieses Staates verstrichen sind und die Gaueinteilung von Haus aus als kommende Einrichtung allgemein versprochen wurde, über den Inhalt und Kompetenz dieser Gaue und der Gauvertretungen noch keine wie immer geartete Entscheidung gefallen ist, bezw. die freigewählten Vertreter der gesamten Bevölkerung noch immer nicht befragt worden sind. Statt dessen sehen wir überall ein Vakuum, welches mühselig ersetzt wird durch ganz einseitig zusammengesetzte Landesverwaltungskommissionen, welche zu gar nichts anderem geeignet sind, als in nationaler Beziehung die Kluft zwischen den Nationen durch Nichtbeachtung des Nationalitätenschlüssels nur noch mehr zu erweitern. Kann es überhaupt als Demokratie bezeichnet werden, wenn es in der Landesund Gemeindeautonomie eigentlich keinen anderen bestimmenden Faktor mehr gibt, als wie es bei uns einmal hieß, die eiserne Faust des Landespräsidenten?
Die Voraussetzung für ein Verständnis der Gesetze und Verordnungen ist unserer Meinung nach die Kenntnis der Gesetze und Verordnungen selbst. Wir haben nun in dem Voranschlag eine Post von 4,653.570 K als Ausgabe für die Sbírka der Gesetze und Verordnungen eingestellt, denen Einnahmen von nur 1,094.220 K gegenüber stehen. Wenn wir dieses Defizit sehen, so stehen wir in einer viel schlimmeren Situation dabei und zahlen noch viel mehr darauf, weil wir durch diese Sbírka der Gesetze und Verordnungen bis jetzt überhaupt nur zu einem ganz minimalen Teile in unserer Muttersprache zur Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen gelangt sind. Wir haben seinerzeit eine Interpellation eingebracht, und auf diesen Ubelstand aufmerksam gemacht, die Erledigung waren viele Worte, aber der tatsächliche Inhalt hat sich daraus nicht herauslesen lassen. Nach wie vor steht es so, daß noch nicht einmal für das Jahr 1919 alle Gesetze und Verordnungen, in deutscher Ausgabe erschienen sind und daß selbstredend auch wieder im Jahre 1920 bedeutende Rückstände in der deutschen Ausgabe zu verzeichnen sind. Wie will man, wenn man nicht in der Lage ist, die offizielle Amtssprache zu verstehen, sich über die Gesetze und Verordnungen, die auch die deutsche Bevölkerung verpflichten, in klarer und verständnisvoller Weise in Kenntnis setzen? Es ist notwendig, daß endlich mit diesem Brauche gebrochen wird; die gesetzliche Bestimmung, welche die Revolutionsversammlung getroffen hat, daß die Gesetze und Verordnungen in einer offiziellen Übersetzung in deutschem Text erscheinen, muß sofort und ganz eingehalten und beobachtet werden, und zwar womöglich - das ist ein Erfordernis von höchster Bedeutung für den Staat gleichzeitig mit der èechischen Ausgabe, damit bei den großen Lasten, welche durch die Gesetze auch der deutschen Bevölkerung aufgebürdet werden, die Kenntnis dieser Bestimmungen auch den Deutschen gegeben werde.
Wir haben seinerzeit, als die Friedensverträge geschlossen wurden, festgestellt, daß diese Friedensverträge sich als Diktat darstellen, welches sich nicht nach dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechtes, sondern nach den Grundsätzen des fremden Imperialismus und der Feindschaft gegen das deutsche Volk richtet. Wenn jemals Friedensverträge nach modernen Gesichtspunkten keine Verträge dargestellt haben, weil sie nicht gleichberechtigte freie vertragschließende Teile, sondern nur Sieger und Besiegte kennen, so ist es in den jetzigen Friedensschlüssen von Versailles, St.-Germain etc. der Fall gewesen. Es ist nicht unsere Aufgabe, bei der Kritik des Budgets im besonderen noch die einzelnen Beweise, die wir dafür zu stellen imstande sind, anzuführen. Aber wir fragen an, ob es tatsächlich richtig ist, daß der Minister des Äußern eine Politik des Friedens einrichtet, wenn er nach dem Abschlusse der Friedensverträge auf der anderen Seite militärische Bündnisse ins Leben ruft. Wir möchten wirklich bei Betrachtung des Budgets des Ministeriums des Äußeren erfahren, wie der Herr Minister des Äußeren sich in Genf gefühlt hat, als er die große Entente vor sich sah, die ihn geschaffen hat und er im Herzen, vielleicht auch in der Tasche, die kleine Entente trug.
Das ist unserer Meinung nach eine Rückversicherung gegen den Völkerbund, eine Versicherung gegen die Freiheit, Gleichheit und die Ehre aller Völker, indem sie die Beute behalten will, die der Friedensvertrag geschaffen hat. Es ist bei dem Mißerfolg, welchen die kleine Entente bei dem Versuch in Polen scheinbar erlitten hat, uns auch naheliegend, auf die ostschlesische Plebiszitangelegenheit zu verweisen und wir möchten da daran erinnern, daß die Denkschrift der Vereinigten wirtschaftlichen Körperschaften von Teschen in der Frage der Teilung Ost-Schlesiens ja genügend Aufschluß darüber gebracht hat, daß die bisherige äußere Politik verfehlt ist und daß es daher angezeigt wäre, statt nach Belgrad, sagen wir etwa nach Teschen zu reisen, um durch lokalen Augenschein sich von diesem Erfolg, beziehungsweise den weiteren Aussichten dieses Mißerfolges zu überzeugen. Das Budget des äußeren Dienstes hält sich ja gegenüber dem gesamten Budget bescheiden, aber trotzdem, wenn man diesen 191,329.254 K gegenüber die strenge Sperre der Grenzen in Betracht zieht, so behaupten viele, daß die übergroße Aufmachung eines diplomatischen Apparates und Konsulardienstes für die eigenen Staatsbürger, soweit sie nicht daran beteiligt sind, belanglos ist. Es gibt keine wirtschaftlichen Verbindungen mehr, keine Kreditbeziehungen von für den Staat wesentlicher Bedeutung, keinen Handel und Wandel, alles, was in den Grenzen dieses Staates ist und der Staat selbst, ist wie mit einer chinesischen Mauer gesperrt, wobei ich natürlich das assoziierte China keiner Kritik unterziehen will. Die Paßsperre erscheint bei kriegerischen Verwicklungen eines Landes als eine von jedem Staate zu seiner Sicherung gehandhabte Maßnahme, im Frieden aber, in dem wir doch angeblich leben, erscheint diese Paßsperre, die absolute Grenzsperre nur als eine unerträgliche Sekatur, vielleicht noch mit dem besonderen Zwecke, das Amtseinkommen zu erhöhen. Speziell die Visa haben das Novum einer direkten Besteuerung des Reiseverkehres angenommen - wobei man heutzutage von Reiselustigen überhaupt nicht mehr sprechen kann - und haben eine Besteuerung in so krassem Maße gezeitigt, daß die Konsulate und Missionen im Auslande nach unserer Meinung überhaupt keiner staatlichen Unterstützung mehr bedürfen, da sie ja doch durch die ewige Lizitation der Vidierungsgebühren zu sehr stattlichen Einnahmen gelangt sind. Wenn wir die Ziffern für das Gesandtschaftswesen mit 64,585.000 und die Au sgaben für die Konsulate mit 81,643.000 K finden, wenn wir dann ihren praktischen Nutzen nach dem Vorbesprochenen abschätzen, so meinen wir, daß es viel angebrachter wäre, einen großen Teil dieser Post zu streichen und die freiwerdenden Gelder für die Versorgung der Witwen und Waisen nach Kriegsgefallenen, für Fürsorgezwecke aller Art, nicht zuletzt für die Erhöhung der Invalidenrente und die Blindenfürsorge zu verwenden.
Was wir seinerzeit in unserer
Rechtsverwahrung erklärt haben, war der Notschrei unseres Volkes
nach Wahrheit. Recht und Gerechtigkeit. Im böhmischen Wappenspruche
heißt es: "Die Wahrheit siegt." Deshalb bleiben wir
der guten Hoffnung und der festen Überzeugung, daß die Sonnenstrahlen
der Wahrheit durch alle diplomatischen oder sonstigen Künste sich
auf die Dauer nicht verdunkeln lassen werden. Wir vertrauen darauf,
daß das deutsche Volk der Wahrheit entsprechend sein Recht und
seine Gerechtigkeit finden wird und dies uns zu geben, liegt an
den Herren, die den Staat gebaut haben, an den Herren auf der
rechten Seite dieses Hauses. Aber so lange wir nicht die Gleichberechtigung
wirklich haben, bevor wir nicht die Gerechtigkeit sehen für uns,
die wir doch 3 1/2 Millionen in diesem Staatswesen darstellen,
so lange wir nicht die Wahrheit hören, daß wir für diesen Staat
unentbehrlich sind und daß wir von diesem Staate alles bekommen,
was uns gebührt und so lange wir darüber höchstens schöne Worte
hören und nicht auch Taten sehen, die uns befriedigen können,
können wir weder für das Budget des Ministeriums des Äußeren noch
für das des Ministeriums des Innern noch für den Staatsvoranschlag
überhaupt stimmen. (Potlesk nìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Einstmals hat das Gebiet des heutigen èechoslovakischen Staates bedeutende Überschüsse an Agrarprodukten nach dem heute hungernden Österreich und Deutschland exportiert. Im nächsten Jahr soll die Getreideeinfuhr mehr als 40.000 Waggon betragen. Wie wir diese bezahlen sollen und ob sie rechtzeitig eintreffen werden, wie die Verteilung stattfinden soll, das ist alles noch unsicher. Die Ausgaben für diese 40.000 Waggon belasten schwer den Staatshaushalt und sie zwingen uns, wichtige sozialpolitische Ausgaben zu drosseln, sie zwingen den Staat zu einer die Wirtschaft lähmenden Besteuerung und zu schwer empfundenen Maßnahmen. Wenn wir nun nach dem Grund dieser Übelstände fragen, müssen wir als erste Antwort geben: Die Ursache für diese Unterproduktion liegt in vielen verfehlten agrarpolitischen Maßnahmen und es sei mir gestattet, von diesem Ausgangspunkt aus auf die Agrarreform einzugehen.
Die Agrarreform ist gerade in diesem Staate, wo die Kommassierung so rückständig ist und die Bodenbesitzverteilung verbesserungsbedürftig ist, eine wichtige Pflicht. Es liegt im Interesse der Landwirtschaft und damit im Interesse aller, daß die bisherige destruktive und törichte Art der Agrarreform einer aufbauenden, ganz anderen Methode weiche. Die Hauptkraft unserer Großbetriebe geht heute auf die Abwehr unsinniger Vorschriften von oben und unerhörter Forderungen von unten verloren. Gerade jetzt, wo das Privateigentum seinen ganzen Kredit anspannen muß, wo es vor ungeheueren Aufgaben steht, wo es Defizite ertragen muß und wo es gilt, die Prodnktion durch Investitionen auf das Höchste zu steigern, gerade jetzt nimmt man dem Eigentum seine Sicherheit und nimmt dem Wirtschaftenden die Aussicht auf den Erfolg seiner Bemühungen. Der Herr Ministerpräsident Èerný hat es selbst zugegeben, daß die landwirtschaftliche Produktion in diesem Staate durchschnittlich um 30-40 % gegenüber der Vorkriegszeit zurückgegangen ist; der Herr Ackerbauminister Brdlík hat in seiner wissenschaftlichen Offenheit festgestellt, daß die Entwicklung der Produktivität um 20-30 Jahre zurückgeschleudert worden ist. Daran sind gewiß bis zu einem gewissen Grade die Devastation unserer Viehstände, der Mangel an Kunstdünger schuld, aber ebenso schuld sind die törichten Maßnahmen, die Störungen der Betriebe durch Verordnungen und Gesetze. Der landwirtschaftliche Großbetrieb erzeugt pro Hektar um ein Drittel mehr Getreide, als der Kleinbetrieb und liefert dadurch, daß er weniger Selbstversorger zu beschäftigen hat, weil er mehr mit Maschinen arbeiten kann, 2- bis 3mal so viel Getreide pro Hektar ab, als der Kleinbetrieb. Daher wird gerade der Konsument, der Nichtversorger in Stadt und Fabrik durch die Störungen der Großbetriebe betroffen. Auch in Deutschland ist ja ein starker Produktionsrückgang zu vermerken. Aber dieser Rückgang ist doch kaum die Hälfte so groß wie hier; das kommt daher, weil in Deutschland keine Agrarrevolution begangen worden ist, weil dort nur vernünftige und ruhigere Reformen platzgegriffen haben. Die Bodengesetze, die in unserer Abwesenheit vom Rumpfparlament beschlossen worden sind, werden heute auch von èechischer Seite als verfehlt, viel zu weit gehend, sie werden als Verbrechen an der Produktion betrachtet.
Diese Gesetze sind die gehässigsten, die törichtesten und die stümperhaftesten Gesetze von allen den 400 Gesetzen, die seinerzeit in überhasteter Weise produziert worden sind. Diese Gesetze gehen in vielen Punkten noch weit hinaus über die Gesetze, die in Rumänien erlassen worden sind. In Rumänien hat man doch wenigstens den Wald von der Beschlagnahme und Enteignung ausgeschieden. Hier aber hat man den Wald mit einbezogen, obwohl es ganz unzweifelhaft feststeht, daß der Wald nur im großen gut bewirtschaftet werden kann und daß die Staats- und die Kommunalforste sowohl im Holzertrag pro Hektar sowie in der Rentabilität und Industrialisierung hinter den Privatbetrieben weit zurückstehen. Man ist in derlandwirtschaftlichen Beschlag nahme bis auf 150 Hektar heruntergegangen. Das ist also gerade auf eine Einheit, die die produktivste ist, die maschinell und industriell erst mit voller Kraft arbeiten kann.
Die Fassung des Gesetzes ist so schlecht, daß sie der Willkür Tür und Tor öffnet. Es sind z. B. nicht einmal die Besitze bis zu 150 Hektar gesichert und es sind mir Fälle bekannt, wo weit kleinere Betriebe bedeutende Flächenteile abgeben mußten, weil man sich eben dort darauf ausgeredet hat, daß in der Hand desselben Besitzers, wenn auch fern davon abliegend, Waldbesitz liegt und man hat auf diese Weise dadurch, daß man eine Gesamtfläche von 250 Hektar, die aber nicht denselben Komplex darstellt, konstruiert. Dadurch hat man die Möglichkeit gehabt, auch solche kleine Betriebe zu schädigen, zu vermindern und zu ruinieren. Es ist eben nichts so wahnsinnig, daß die Gesetze, die jetzt gelten, nicht eine Handhabe dazu bieten werden. Es ist diesen Gesetzen eine Nivellierungstendenz zu Grund gelegen und diese Tendenz hat zu gefährlichen Experimenten geführt. Durch die Bodengesetze unterscheidet sich der èechoslovakische Staat von den westlichen Staaten, den Staaten der ruhigen, schrittweisen Reformen und durch diese Gesetze schließt er sich an die Staaten Rumänien, Estland, Livland und Rußland an, die gegen die bestehende Ordnung und gegen die Sicherheit des Eigentums revoltieren. Man hat sich bedauerlicher Weise nicht hemmen lassen durch die Erfahrungen, die in diesen Ländern schon zu sehen sind. Es ist lhnen ja bekannt, daß in Rumänien mehrere 100.000 Hektar brach liegen und daß Rumänien, welches früher ein Exportland erster Ordnung gewesen ist, heute nichts mehr exportieren kann, sondern seinen eigenen Konsum sogar drosseln muß. Produktionspolitisch hat man durch diese Maßnahme keine Vorteile erreicht. Der Staat ist vergleichbar mit einem gierigen Menschen, der sich, wenn dieses Gleichnis erlaubt ist, von einem Schinken nicht einzelne Stücke abschneidet, soweit er sie kauen und verdauen kann, sondern der das ganze Stück auf einmal in den Mund steckt und daran würgt, daß ihm die Augen heraustreten, aber es gelangt gar nichts in seinen Magen. Geben wir diese törichten Gesetze auf und setzen wir uns jetzt, nachdem die Übergangszeit, die Zeit der Aufregungen vorübergegangen ist, setzen wir uns zusammen und machen wir ein neues ruhiges Agrarprogramm, ein Programm, das sich zuerst zu wenden hat gegen die unrentablen Staatsgüter. Diese sollen in erster Reihe herangezogen werden zur inneren Kolonisation. Man mache dort Erfahrungen, man mache Versuche und erst auf der Basis der Versuche soll man schrittweise vorgehen. Gehen wir dabei in die Lehre nach Skandinavien, das ein altes Land der Agrarreform ist, gehen wir ni die Lehre nach Deutschland, aber nehmen wir uns ein abschreckendes Beispiel an den früher genannten östlichen Ländern.
Man hat im Bodenamte ein Zwinguri der Landwirtschaft geschaffen. Man hat die brutale Gewalt proklamiert, ohne vorher friedliche Mittel zu suchen. Jeder gewalttätige Eingriff in einen Großbetrieb aber pflanzt sich unmittelbar auf den Konsumenten fort. Die Zahl der Nichtselbstversorger ist hier zu Lande eine sehr große, ist viel größer als in den östlichen Ländern. Sie beträgt in Böhmen über 60 %. Man hat bei den Gesetzen den Besitzer treffen wollen, was man aber getroffen hat, das waren die Betriebe selbst. Man hat es unterlassen, das Anbot, welches die Großbetriebe der Regierung gestellt haben und von dem ich gehört habe - gerade heute, - daß es viele Tausende von Hektar beträgt, zu berücksichtigen, man hat nicht den einzig natürlichen Weg betreten, nämlich den Weg des freien Einkaufes von Kolonialland. Die Herren Èechen haben immer geklagt, daß die Prager Statthalterei einen zu großen Sprengelhatte, im Bodenamte aber, dessen Aufgabe viel mehr ins Detail geht als die früheren Aufgaben der Statthalterei, im Bodenamte haben sie eine Zentralbehörde geschaffen, die auch beim besten Willen und bei bester Ausgestaltung mit Fachleuten einfach physisch nicht in der Lage wäre, die verschiedenen Verhältnisse, wie sie im Staate bestehen, zu überblicken und die nicht in der Lage ist, die hohen Aufgaben, die sie sich gestellt hat, zu erfüllen. Statt mit der Bevölkerung und auch mit den Landwirten und auch mit den Gutsbesitzern, die ja an der Herstellung des Gleichgewichtes in den Besitzverhältnissen mit interessiert sind, statt mit Hilfe der Bevölkerung demokratisch von unten nach aufwärts zu arbeiten, hat man absolutistisch von oben hinab durch Befehle, Strafandrohung zu wirtschaften gesucht. Man hat dadurch einen künstlichen Zustand geschaffen, und ein künstlicher Zustand ist im Wirtschaftsleben immer verhängnisvoll. Die landwirtschaftlichen Großbetriebe können ja ohnedies bei der Steigerung der Löhne und der gänzlichen Veränderung unserer landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise ihre bisherige Fläche nicht behaupten. Die Vermögensabgabe und die Erbsteuer zwingt die Großbetriebe selbst Boden anzubieten und ihre Fläche zu verringern. Auf diese Weise kann das Bodenamt, kann der Staat viele Tausende von Hektar ohne Zwangsmaßnahmen in seine Hand bekommen, es ist nicht notwendig gewesen, dazu die Beschlagnahme auszusprechen. Das Bodenamt könnte ruhig 3/4 seiner Beamten entlassen und sich ganz auf die Organisation von Siedelungsämtern werfen. Ich verweise auf Deutschland, daß mit seinem Siedelungsgesetz vorsieht, das sich örtliche Siedelungsgruppen bilden, kreisweise, und diese Siedelungsgesellschaften treten dann wieder in Verhandlung mit den Kreisverbänden von landwirtschaftlichen Großbetrieben. Diese beiden Körperschaften verhandeln dann je nach Maßgabe des Bodenbedarfes und führen praktisch in kleinen Kreisen, die sich übersehen lassen, eine innere Kolonisation aus. Auf diese Weise, von unten aufbauend, können wir viel bessere Resultate bekommen als in dieser imperialistischen Weise, wie man sie hier einschlug. Es muß dem Bodenamt, wenn es Ersprießliches leisten soll, der Polizeicharakter genommen werden, der ihm heute anhaftet. Das Bodenamt darf nicht weiter bloß von Eingriffen in die Privatwirtschaft leben. Ich habe unlängst erst in Deutschland Gelegenheit gehabt zu sehen, was man dort trotz der augenblicklichen Teuerung alles positiv auf dem Gebiete der Innenkolonisation leistet. Man hat dort vor allem unproduktives Land zu erschließen gesucht, man hat dort Arbeitsgenossenschaften geschaffen, welche Häuser bauen, Land urbar machen. Man baut dort eben methodisch mit Sachverständnis auf, während unsere sogenannte Bodenreform nichts anderes ist, als ein Zersplittern, ein Atomisieren, ein Zerschlagen und schließlich als Hauptzweck ein Wegnehmen. Das Bodenamt lebt nach dem Budget, das uns vorgelegt wurde, nicht von den Mehrerträgnissen, die vielleicht durch seine Maßnahmen erzielt werden, sondern vom Abbruch des Bodenbesitzes. Es treibt selbst, obwohl es eine oberste Behörde ist, eine mustergebende Behörde sein sollte, Raubbau. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, daß von dem Bodenbesitz, der in andere Hände übergehen soll, 10 % zur Deckung der Kosten des Amtes zurückbehalten werden sollen, eine Abgabe, die im nächsten Jahre 12 Millionen erreichen soll. Ein Teil der Einnahmepost von 128 Millionen besteht also in nichts anderem als darin, daß man das Enteignungsopfer so zu sagen um den wahren Wert seines Besitzes zu prellen sucht. Man will ihm um so viel, als das Bodenamt zu seiner Existenz braucht, weniger als den wahren Wert zahlen. Ist denn das Gefühl für Recht und Anstand so sehr verloren gegangen, daß man nicht allgemein empfindet, daß diese Post des Budgets ein Skandal ist? Ich habe unlängst erst einem Amerikaner erzählt, daß man hier zu Lande, wenn man auf einem Gut Investitionen machen und es dazu belasten will, das nicht tun darf. Mir sind Fälle bekannt, wo der betreffende Besitzer ein Darlehen von einem Kreditinstitut zugesagt erhielt, mit dem er Meliorationen vornehmen, Bauten aufführen, Maschinen kaufen u. s. w. wollte; aber es ward ihm verwehrt, weil die Belastung dieses beschlagnahmten Besitzes verboten ist. Ebenso verhängnisvoll ist ja auch das Verbot des Verkaufes. Dieses Verkaufsverbot hindert daran, daß ein untüchtiger, ein kapitalschwacher oder ein minderjähriger Besitzer sich desselben entäußert und ein Tüchtigerer an seine Stelle tritt. Die Sperrmaßregeln mögen ja in der Zeit des Überganges entschuldbar gewesen sein, aber heute wirken sie lähmend und es ist die höchste Zeit, daß wir mit dieser Starre in der Wirtschaft aufhören. In der reichsdeutschen Sozialisierungskommission hat man einstimmig, also auch mit den 10 sozialdemokratischen Stim men, erklärt, daß dort, wo es zu einer Enteignung kommt, das war in diesem Falle im Bergbau, der volle Wert, der Marktpreis des enteigneten Gutes gezahlt werden müßte. Dort besitzt man eben noch Rechtsgefühl genug, um eine einseitige Benachteiligung einer zufällig herausgegriffenen Besitzergruppe gar nicht erst in Erwägung zu ziehen. Es zeigt den ganzen Tiefstand in diesem Staate, daß man hier bewußt unter dem Wert enteignen will. Man macht sich nicht klar, was das für den Besitzer heißt, der heute bei aller Investition gelähmt ist, wenn er nicht weiß, ob sie ihm verbleiben. Es wäre ja gewissenlos von ihm, wenn er trotzdem große Investitionen machen würde, es wäre gewissenlos vor seinen Kindern.
Man ist in diesem Staate sogar so weit gegangen, eine Skala seiner Ungerechtigkeit aufzustellen, die bis zu 40-50 % geht, um welche Prozentziffer man dem unglücklichen Opfer der Enteignung, das aus der ganzen Schichte der Besitzenden willkürlich herausgegriffen wird, weniger zukommen lassen will, als den wahren Wert. Man macht auf diese Weise den Staat zum Dieb an seinen Bürgern.
Wenn ich nun auch gegen das Bodenamt, so wie es heute arbeitet, hier polemisiere, das mit einem Aufwand von 134 Millionen nichts positives für die Produktion geleistet hat, so will ich keineswegs deswegen die Agrarreform überhaupt verhindern. Im Gegenteile, ich bitte es mir nicht als Unbescheidenheit auszulegen, wenn ich sage, daß ich schon vor 20 Jahren auf der Universität die Agrarverfassung zum Hauptgegenstande meiner Studien gemacht habe und daß ich Jahre, bevor die Herren, die sich jetzt im Bodenamte die Bodenreform als Einnahmequelle gesichert haben (Potlesk a souhlas nìm. poslancù.), daß ich viel früher wissenschaftliche Studien darüber angestellt habe. Aber das, was hier unter dem Namen Bodenreform getrieben wird, ist gar keine richtige Bodenreform. Das Uberwachungsgesetz ist eines freien Staates und Bürgers unwürdig. Ein Amerikaner oder Engländer, dem man mit dieser Überwachung käme, würde dazu nur lachen. Eine richtige Bodenreform müßte die Produktion steigern, hier aber ist sie verringert worden. Man hat bei der Zwangsverpachtung das natürliche Maß weit überschritten. Man hat den Boden an Leute gegeben, die von der Landwirtschaft nichts verstehen, keine Geräte, kein Vieh dazu haben. Ich kann ihnen Felder zeigen, die heute noch trotz des günstigen Herbstwetters unbestellt geblieben sind, während die Güter, denen der Boden entrissen worden ist, heuer zweimal ackern konnten. Das Bodenamt hat im Juni d. J. eine Aufforderung an alle Bezirkshauptmannschaften hinausgegeben, sie mögen Berichte erstatten über die Verwendung und über den Kulturgrad der zwangsverpachteten Felder. Ich fordere den Herrn Ministerpräsidenten, der für das Bodenamt verantwortlich ist, auf, uns diesen Bericht vorzulegen. Der Bericht sollte nach dem Auftrage des Bodenamtes bis zum 15. Juli respektive 15. November erstattet sein.
So töricht die Bodengesetze auch sind, man hat sie nicht einmal befolgt. Zum Beispiel ist eine Bestimmung in den Bodengesetzen, daß die Selbstversorgung der eigenen Angestellten und die Produktion nicht durch Abtrennungen leiden dürfe. Trotzdem sind mir Fälle bekannt, wo von Gütern Teile weggerissen worden sind, wo bedeutende Mengen zur Selbstversorgung der eigenen Angestellten fehlen. Die Proteste der Arbeiter und eigenen Angestellten der Güter sind für nichts geachtet worden und ebenso auch die Proteste der Spitäler u. s. w., welche seit Jahren von diesen Gütern verpflegt worden sind, namentlich mit Milch, eine Verpflegung, die bei Verringerung der Fläche ja nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
In solchen Fehlurteilen zeigt sich das Verhängnis, daß dem Bodenamte keine höhere Instanz übergeordnet worden ist, daß es diktatorisch entscheiden kann. Auf diese Weise ist es dahin gekommen, daß von ganz großen Besitzen, die man doch zuerst und am stärksten hätte heranziehen sollen, ganz geringfügige Mengen, unter 10 %, zwangsverpachtet worden sind, während von kleinen Besitzen, die das viel schwerer empfinden, 20, 30 und mehr Perzent. Wir verlangen von dem für das Bodenamt verantwortlichen Herrn Ministerpräsidenten einen statistischen Bericht über die bisherigen Leistungen des Bodenamtes, denn wir sind bis jetzt auf ganz fragwürdige Zeitungsnachrichten angewiesen. Wir verlangen auch einen Bericht über die Ergebnisse der Zwangsverwaltungen. Daß man durch diese die Autorität des Staates zum Gespött gemacht hat, darüber lassen Sie mich kein weiteres Wort verlieren. Wir verlangen die Aufhebung der noch bestehenden Zwangsverwaltungen, weil sie eine absolutistische und keine demokratische Maßregel darstellen. Kurz die ganze Richtung der bisherigen Reformen muß geändert werden.
Wie es auch schon der Sprecher des Bundes der Landwirte heute verlangt hat, muß die Reform in deutschen Gebieten deutschen Beamten übertragen werden, in den èechischen Gebieten èechischen Beamten, und für gemischte Gebiete oder für Fälle, wo der Gutsbesitzer anderer Nationalität ist als seine Umgebung, dort müßte eine eigens konstruierte gemischte Kommission aufgestellt werden, damit jeder nationale Mißbrauch des hohen Gedankens der Bodenreform nach der einen wie nach der anderen Seite ausgeschlossen wird. (Výkøiky.) Man konnte dem Gedanken der Bodenreform keinen schlimmeren Dienst erweisen, als ihn zu nationalpolitischen Zwecken mißbrauchen zu wollen. Die Deutschen haben in Deutschland Mustergültiges auf diesem Gebiete geleistet. Aber hier, wo Sie berufen wären, geistig in dieser Richtung mitzuarbeiten, hier hat man sie durch diese nationalpolitische Wendung, die man der guten Sache gegeben hat, zu Gegnern der ganzen Reform gemacht.