Støeda 1. prosince 1920

Auch muß eine vollkommene Änderung im Verhältnis des Bodenamtes zum Ackerbauministerium eintreten. Jetzt arbeiten diese zwei höchsten agrarischen Stellen offenkundig gegeneinander. Es herrscht eine vollkommene Anarchie auf diesem so wichtigen Gebiete. Entweder soll man das Bodenamt als eine Sektion dem Ackerbauministerium unterstellen, oder, wenn man das vielleicht auf einen Hieb nicht machen kann, dann soll man es wenigstens so ausgestalten, daß man es durch eine Personalunion mit dem Ackerbauministerium verbindet, in welchem Fachleute sitzen. Aber der jetzige Zustand wird von uns allen, welcher Nationalität wird auch angehören, sofern wir Fachleute sind, als unerträglich empfunden.

Als Klage haben wir auch vorzubringen, daß das Bodenamt selbst keine Fachmänner in seiner Leitung besitzt. Wir finden dort Doktoren, Leute der verschiedensten Berufe, die ich gar nicht aufzählen möchte. Aber obwohl das Boden amt ein Personalbudget von 8 Millionen Kronen hat, finden wir dort keine Männer der Wissenschaft, keine Praktiker. Wir fordern das Bodenamt auf, es solle doch erst einmal seine wissenschaftlichen Studien zeigen, die es doch pflichtgemäß hätte anstellen müssen, bevor es sich auf so ungeheuere Aktionen einläßt. Es hätte doch reichlich Gelegenh eit gehabt, seine wissenschaftlichen Studien im Auslande, in Rumänien u. s. w. zu machen. Das Bodenamt von heute besitzt kaum einen einzigen Mann, der eine Hochschule für Bodenkultur hat, es besitzt kaum Leute mit landwirtschaftlichen Mittelschulen und solchen Herren müssen sich erfahrene Landwirte, die alle hohen Schulen der Landwirtschaft mit Erfolg hinter sich haben, müssen sich erfahrene Praktiker und Beamte unterordnen wie Schulbuben und sind in ihrer Wirtschaft vollkommen abhängig. Und schließlich ist es ein Hohn auf die Würde dieses neuen Hauses, daß man den Verwaltungsausschuß des Bodenamtes noch immer aus dem alten Rumpfparlament zusammengesetzt beläßt. Der Verwaltungsausschuß amtiert ruhig weiter, er faßt große, weittragende prinzipielle Beschlüsse, er will, wie das Budget mitteilt, im nächsten Jahre um 150 Millionen Kronen Boden enteignen. Wie er das machen will, was er zuerst in Angriff nimmt, das ist unbekannt. Wie lange wird sich das neue Haus noch einen so ungesetzlichen Zustand gefallen lassen? Es muß aus dem neuen Hause sofort eine Neuwahl dieses Bodenausschusses vorgenommen werden. Es ist doch beschämend für die Herren Èechen, daß wir Deutsche, die wir in Opposition stehen, ihre eigenen Gesetze, die die Neuwahl dieses Ausschusses nach Einberufung des Parlamentes anordnen, daß wir diese Gesetze, daß wir ihren eigenen Parlamentarismus, ihre eigene Volkswirtschaft vor ihnen in Schutz nehmen müssen. Was den Verwaltungsausschuß anbelangt, der vorerst aus diesem Parlament gewählt werden muß, so bitte ich es mir nicht zu verübeln, daß ich überhaupt einer parlamentarischen Körperschaft, die sich in die Exekutive so einmengt, wie es hier notwendig ist, einiges Mißtrauen entgegenbringe. Der Parlamentarier ist durch die Art seiner Arbeit oberflächlich, er ist zerrieben durch seine politische Tätigkeit und es wäre viel wichtiger und sicherer, wenn dort nach unten hin unabhängige Leute und Leute von Fachkenntnissen und wissenschaftlicher Methodik sitzen würden. Aber solange wir keine gesetzliche Änderung haben, solange muß eben dieser Verwaltungsausschuß bestehen, aber er soll aus legalen Vertretern des neuen Hauses zusammengesetzt sein.

Unter allen Bodenreformen die wichtigste ist die Pflicht zur Kommassierung und gerade auf diesem Gebiet ist bisher fast nichts geleistet worden. Bei dieser Kommassierung sollen vor allem leistungsfähige, mustergültige Mittelbesitze, wie sie andere Staaten haben, geschaffen werden. Bisher hat man hier nur Zwergbesitze, die nicht mit Maschinen arbeiten können, man hat eine Zersplitterung des Bodens gefördert. Mustergültige Arbeit, die ein Höch stmaß an Intensität darstellt, leistet der Mittelbesitz, auf den wir also vor allem hinarbeiten müssen. Der fehlt in Böhmen und, wenn so viel vom Jahre 1620 gesprochen worden ist, möchte ich hervorheben, daß es nicht der Kleinbesitz war, der damals getroffen worden ist und nun wieder hergestellt werden müßte, es ist der Mittelbesitz gewesen, der damals in den großen Konglomeratbesitz aufgesogen worden ist. Und dieser Mittelbesitz kann dadurch gefördert werden, daß man nicht mehr zu übersehenden Konglomeratbesitz zerspaltet.

Bisher hat man keine klare Richtung, keine wirklich agrarreformatorischen Ziele verfolgt, sondern man hat dem Augenblicke gedient, hat den Bodenhunger, dort wo er sich am lautesten geäußert hat, zu stillen gesucht. Man hat sich nicht die Höchstleistung zum Ziele genommen und bei einer solchen Gleichgültigkeit für die Leistung und Rentabilität muß die gesamte Volkswirtschaft früher oder später Schiffbruch leiden. Es handelt sich nicht um einige feudale Latifundienbesitzer, sondern es handelt sich um lebenswichtige Betriebe mit Taus enden von Angestellten und Arbeitern, die bei schlechter Rentabilität eben nur ein schlechtes Einkommen erhalten können, es handelt sich um Investitionen, es handelt sich um den gesamten technischen Fortschritt der Landwirtschaft. Dieser ist bei den jetzt geltenden Gesetzen unmöglich. Viele Herren von der èechischen Seite haben mir im Privatgespräch gesagt: "Wir sind jetzt die Gefangenen der Gesetze, die wir selbst erlassen haben. Ihr Deutschen seid von diesen Gesetzen unbelastet, also helfet uns aus der Sackgasse heraus."

Ich richte einen Appell an das Rechtsgefühl, an die wirtschaftliche Vernunft des hohen Hauses, indem ich Sie warne, die Bahn weiter zu verfolgen, die das Rumpfparlament in so verhängnisvoller Weise eingeschlagen hat. Der Staat hat gerade durch diese Gesetze seinen Ruf als verständig wirtschaftender Rechtsstaat untergraben. Stellen wir diesen Ruf wieder her, es ist noch Zeit dazu! Verlassen wir den Weg der Gewalttätigkeit. Wie sollen wir vom Einzelnen Achtung für Besitz und Ordnung verlangen, wenn der Staat selbst diese Achtung nicht zeigt? Unlängst erst haben alle Großbetriebe eine Aufforderung des Bodenamtes bekommen, innerhalb 14 Tagen zu erklären, wie sie selbst die Aufteilung vorschlügen. Ein Sultan, der seinerzeit die grüne seidene Schnur, oder ein römischer Despot, der einem Großen seines Reiches, nach dessen Besitz er gierig war, einen Giftbecher geschickt hat, der konnte nicht zynischer und brutaler vorgehen. Wie soll man von einem Landwirt, der eine solche Aufforderung erhalten hat, noch weiter verlangen, daß er sich mit Lust und Liebe und ganzer Hingabe, mit höchster Anspannung seiner persönlichen Kräfte und finanziellen Mittel in den Dienst der Produktion stellt!? Kehren wir auf diesem Wege um, sonst scheiden wir aus dem Kreis der wirtschaftlich denkenden, zivilisierten Rechtsstaaten aus und verlieren weiter an Ansehen in der Welt und - woran wir das am besten merken können - wir verlieren auch den Kredit in der weiten Welt. Wir Deutsche - und da möchte ich die volle Einmütigkeit innerhalb des parlamentarischen Verbandes feststellen - wir Deutsche sind bereit, positiv gerade an dieser Aufgabe mitzuarbeiten, die wir für eine der allerwichtigsten halten. Wir appellieren dabei an die Mithilfe der èechischen Agrarier und auch der Nationaldemokraten, die sich in dieser Sache, wo es die Wirtschaft gilt, doch nur von wirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten lassen sollten.

Aber denselben und vielleicht einen noch wärmeren und dringenderen Appell möchte ich an die Vertreter der Arbeiterschaft richten, denn durch verfehlte Maßnahmen gerade gegen die großen Betriebe sind am meisten die Nichtselbstversorger, die Bürger in den Städten, die Arbeiter in den Fabriken getroffen. Der Agrarier, der an erster Stelle bei der Verteilung steht, wird auch bei unvernünftigen Maßnahmen das, was er für sich und seine Familie an Nahrung braucht, noch zu retten wissen. Betroffen von diesen Maßnahmen sind in viel höherem Maße die arbeitenden Klassen. Sie sollten sich also gegen solche unvernünftige Maßnahmen stellen. Mein ganzes Streben ist es, gerade in den Arbeiter- und Konsumentenkreisen die Einsicht zu erwecken, daß es sich hier um ihr Leben handelt. Mein Ziel ist, daraus eine geistige Arbeitsgemeinschaft in diesen großen Fragen zwischen uns und den Vertretern der Arbeiterschaft herzustellen. Ich lasse mich durchaus nicht entmutigen durch unfreundliche Worte von der anderen Seite, die vielleicht in der Aufregung fallen mögen, ich blicke festen Auges durch derartige Kundgebungen des Augenblicks hindurch, weil ich dahinter die unzweifelhafte Identität der Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sehe. Nicht im Klassenkampfe, sondern in einer Arbeitsgemeinschaft liegt unser Ziel. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)

9. Øeè posl. Tauba (viz str. 778. protokolu):

Hohes Haus! Die Aufgabe, die mir geworden ist, ist an der Hand der starren aber unwiderlegbaren Sprache der Ziffern den Charakter und die Steuerpolitik des Staates aufzuzeigen. (Místopøedseda dr. Hruban pøevzal pøedsednictví.) Bevor ich in die Behandlung des Gegenstandes eingehe, lassen sie mich Einspruch erheben gegen die Art, wie das Budget in diesem Hause verhandelt wird. Ich halte dafür, daß es kein Mitglied dieses Hauses gibt, das wirklich behaupten könnte, daß es mit aller Gründlichkeit und mit aller Gewissenhaftigkeit in der Lage war, alle Posten dieses Budgets zu studieren und der Kritik zu unterziehen, wie es im Interesse dieses Staates erforderlich wäre. Es ist eine Scheinverhandlung, die hier abgeführt wird. Wenn man für die Behandlung eines Budgets, das 14 Milliarden beträgt, im Ausschuß etwas über 60 Stunden und im Plenum für die Spezialdebatte 50 Stunden festsetzt, so kann wohl niemand behaupten, daß diese Zeit genügen würde, um wirklich mit aller Gründlichkeit und Sachlichkeit an die Kritik dieses Voranschlages schreiten zu können.

Und nun lassen Sie mich zum Gegenstand selbst übergehen. Der Herr Finanzminister hat mit Stolz der Welt verkündet, daß er schon nach zweijährigem Bestande dieses Staates vor die Offentlichkeit treten könne mit einem Budget, in welchem das Gleichgewicht im Staatshaushalte hergestellt erscheint. Diese Botschaft hat bei Ihnen Jubel und Begeisterung ausgelöst. Ich, der ich schon ein wenig in die Bilanzwerkstätte Einblick bekommen habe, weiß, daß nicht immer eine schöne Bilanz auch eine gute Bilanz ist. Ich habe also diese Botschaft mit der gebotenen Reserve aufgenommen.

Die Erfahrungen, die wir während der Verhandlungen im Budgetausschusse und während der Beratungen hier im Hause machen konnten, lassen uns erkennen, daß das Gleichgewicht im Staatshaushalte, wohl ein frommer Wunsch ist, der erreicht werden möchte, der aber bisher nach der Lage der Dinge nicht erreicht ist. Glauben Sie ja nicht, daß wir achtlos an diesen Escheinungen vorübergehen und es nicht gerne sehen würden, wenn die Volkswirtschaft dieses Staates gesunden würde. Wir wissen, daß wenn die Volkswirtschaft irgend eines Staates sich in absteigender Kurve bewegt, darunter in erster Linie und ich möchte sagen, fast ausschließlich die arbeitenden Stände des Staates zu leiden haben. Was uns von Ihnen bei Betrachtung der Finanzlage dieses Staates unterscheidet, ist der Umstand, daß wir nüchtern an die Betrachtung und Erörterung der Dinge gehen, wohingegen Sie von der Wahnvorstellung ausgehen, daß auch nur ein scheinbares Gleichgewicht das Ansehen des Staates im Auslande heben wird. Wir würden also das Gleichgewicht im Staaatshaushalt gern sehen. Wir sind aber zur Überzeugung gekommen, daß das, was man uns hier vormacht, keineswegs zutrifft. Lassen Sie mich das Ihnen an der Hand der Ziffern des Voranschlags nüchtern vor Augen führen. Eine ganz kleine Umstellung ist vorgenommen worden. Im Vorjahre war das Investitionsprogramm noch ein Bestandteil des Voranschlags; das Investitionsprogramm ist jetzt losgelöst vom Voranschlag und figuriert als selbständiges Kapitel. Das Investitionsprogramm beträgt gegenwärtig die kleine Summe von etwas mehr als 3 Milliarden. Wieviel das Investitionsprogramm im vorigen Jahre betragen hat, konnte ich nicht genau ermitteln. Nach den Mitteilungen, die mir geworden sind, betrug dasselbe rund 800.000 Kronen und es war ein integrierender Bestandteil der außerordentlichen und ordentlichen Gebarung. Wir haben im vorigen Jahre im außerordentlichen Haushalte einen Abgang von 3.062,295.685 Kronen gehabt. Im ordentlichen Haushalte haben wir einen Überschuß von 396,890.538 Kronen ausgewiesen, demnach einen Abgang beim Gesamtbudget einschließlich das Investitionsprogramm von 2.665,405.147 Kronen. Wie ist es heuer? Heuer haben wir im ordentlichen Haushalte einen Überschuß von 3.076,801.854 Kronen und einen Abgang im außerordentlichen Haushalte von 2.791,620.431 Kronen, so daß wir einen Überschuß aufweisen von 285,181.423 Kronen. Wenn wir denselben Vorgang beobachten wie im Vorjahre, so kommen wir auf folgende Gegenüberstellung: Wenn wir den für Investitionen ausgewiesenen Betrag - so wie es im Vorjahre geschehen ist - per 3.052,606.000 Kè als Bestandteil des ordentlichen und außerordentlichen Haushaltes annehmen und hievon den ausgewiesenen Überschuß im Betrage von 285,181.423 Kè in Abzug bringen, erhalten wir einen tatsächlichen Abgang von 2.767,424.577 Kè. Das ist der Tatbestand, der nicht abzuleugnen ist. Ich werde mich mit dem Investitionsprogramm noch separat zu beschäftigen haben. Aber wir müssen uns die Frage vorlegen - und das darf nicht außer Acht gelassen werden - durch welche Einnahmen die Erhöhung der ordentlichen Gebarung herbeigeführt wurde. Ist sie etwa herbeigeführt worden dadurch, daß man die vermögenden Schichten dieses Staates zur Steuerleistung herangezogen hat oder aber dadurch, daß man die unbemittelten, besitzlosen Klassen dieses Staates neuerlich zur Steuerleistung herangezogen hat? Wieder sei das an der Hand der Ziffern festgestellt: Die direkten Steuern weisen einen Zuwachs von 169,086.600 Kronen aus. Der Zuwachs an indirekten Abgaben und Steuern beträgt 2.487,085.987 Kronen. Nach diesen Methoden wird die Steuerpolitik in diesem Staate getrieben. Lassen Sie mich das gleich wieder an der Hand der Ziffern nachweisen. Wir haben im Jahre 1920 an direkten Steuern 819,555.640 K und im Jahre 1921 987,212.240 K ausgewiesen, also eine Steigerung um jenen Betrag, den ich bereits angeführt habe. Die indirekten Steuern im Jahre 1920 betrugen 1.926,193.960 K und im Jahre 1921 4.246,459.790 K. Glauben Sie ja nicht, daß durch diese Gegenüberstellung von Ziffern wirklich schon zum Ausdruck gebracht wird, inwieweit die unbemittelten, die arbeitenden Stände seitens dieses Staates zur Steuerleistung herangezogen werden! Unter den direkten Steuern figuriert noch eine große Anzahl von Steuern - ich verweise z. B. auf die Hauszins, auf die Erwerbsteuer, welche auf die unbemittelten Klassen umgelegt werden. In Wirklichkeit betragen die indirekten Steuern 5 Milliarden, welche die unbemittelten Stände dieses Staates aufbringen müssen.

Und nun lassen Sie mich den Charakter einiger Steuern herausgreifen, die man nicht übergehen kann und darf. Da ist in erster Linie die Kohlensteuer. Sehr einfach ist die Kohlensteuer nach meiner Kenntnis der Dinge beschlossen worden.

Wenige Sitzungen waren notwendig, um eine Kohlensteuer zu beschließen, die wohl dem Finanzminister sehr erwünscht war, denn ihr Ertrag ist sehr hoch, die aber meiner festen Uberzeugung nach nicht nur die Volkswirtschaft drosselt, sondern mit ein Grund und ein bestimmender Grund dafür ist, daß die Preise aller Lebensmittel und aller Bedarfsartikel in die Höhe schnellten. Denn mit der Kohle ist natürlich alles, was wir in diesem Staate produzieren, eng verbunden. Diese Steuer ist die antisozialiste Steuer, die man sich denken kann, und sie ist vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet ein Unglück für diesen Staat. All unser Streben wird dahin gehen, diese unsoziale Steuer abzuschaffen.

Und nun zur Warenumsatzsteuer. Man hat alle Waren bloß mit einer 1 % Steuer belegt. Sicher ein sehr bequemes und leichtes Auskunftsmittel. Aber was das zur Folge hat, ist, daß es nicht bei diesem 1 % für den Konsumenten bleibt, sondern daß dieses 1 % umgelegt wird in potenzierter Form auf den Konsum und daß daraus drei, vier und fünf Prozent werden. Das haben die Herren nicht bedacht. Und nun mutet man uns allen Ernstes zu, daß wir zustimmen sollen, daß diese Warenumsatzsteuer von 1 % auf 2 % erhöht wird.

Ich meine, das ist Wahnsinn, der da getrieben wird, Wahnsinn ohne Methode. Unsere Volkswirtschaft verlangt gebieterisch die Abschaffung aller indirekten Steuern, insbesondere aber dieser Kategorien von Steuern. Den indirekten Steuern gilt auch in der èechosl. Republik unser unerbittlicher Kampf. Wollen Sie uns auf diesem Wege nicht folgen - gut - Sie haben die Macht, die Majorität. Dann haben Sie aber auch - das ist meine feste Überzeugung - volkswirtschaftlich diesem Staate das Grab geschaufelt.

Jede Frage, die in dieser Nationalversammlung zur Verhandlung gestellt wird, ob hier oder im Budgetausschuß, wird durch die nationale Brille betrachtet. Und als wir die Kriegsanleihefrage, glauben Sie es mir, losgelöst vom nationalen, ausschließlich vom volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt in den Bereich der Erörterungen gestellt haben, da hat es im Budgetausschuß und in allen anderen möglichen Ausschüssen nicht wenige gegeben, welche gemeint haben, daß wir Kapitalisteninteressen vertreten, wenn wir uns der Kriegsanleihebesitzer annehmen. Ich glaube, es wird keinen Menschen, kein Mitglied dieses Hauses geben, der ernstlich daran glauben könnte, daß sich unsere Partei jemals dazu hergeben würde und könnte, Kapitalisteninteressen zu vertreten. Wir betrachten jede Frage, zu der wir Stellung nehmen, nur vom rein sozialistischen Gesichtspunkt. Ist denn die Sache wirklich so gewesen, daß während des Krieges nur die Deutschen Kriegsanleihe gezeichnet haben oder ist es nicht vielmehr so gewesen, daß die abhängigen Elemente, ich spreche nicht von den Industriellen, nicht von der Kapitalistenklasse, ohne Rücksicht auf die Nationalität von dem èechischen oder deutschen Amtsvorstande gezwungen wurden, Kriegsanleihe zu zeichnen? Haben Sie denn vollständig schon vergessen, wie sich die Sache abgespielt hat? Und ist es Ihnen nicht bekannt, daß die Kriegsanleihebesitzer keineswegs vorwiegend der Kapitalistenklasse angehören? Die Besitzer der Kriegsanleihe sind der Majorität nach blutarme Teufel, die ihren letzten Zehrpfennig hergegeben haben, Industriearbeiter, denen Lohnabzüge gemacht wurden, Frauen, denen Unterhaltsbeiträge vorenthalten wurden, eine große Reihe von Staatsbeamten, die gezwungen wurden, Kriegsanleihe zu zeichnen. So wie Sie es sich vorstellen, meine Herren, löst man ein schweres volkswirtschaftliches Problem nicht. Wir haben Ihnen vorgeschlagen: vollständige Einlösung der Kriegsanleihe, aber Heranziehung aller jener Schichten, die Kriegsanleihe erworben haben zu Spekulationszwecken oder die sie erworben haben, um einen Freibrief für Heereslieferungen zu haben. Diese Kreise ziehen Sie heran, so fest, wie Sie wollen, wir werden Ihnen behilflich sein. Aber man muß bei den Kriegsanleihebesitzern unterscheiden zwischen Besitzenden und Besitzlosen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch sprechen über das Verhalten des Finanzministers, dessen Abwesenheit mir sehr leid tut gerade bei Besprechung dieses Kapitels. Der Finanzminister hat wiederholt bei der Verhandlung dieses Gegenstandes gemeint: "Ich kann unmöglich mehr geben, als ich Ihnen biete, ich kann darüber unmöglich hinausgehen und die Staatsbeamten mögen sich dessen freuen, daß es mir gelungen ist, das Gleichgewicht im Staatshaushalt herzustellen und sie mögen zur Kenntnis nehmen, daß ich die Überschüsse vorwiegend zur Aufbesserung der Lage der Staatsbeamten verwenden werde."

Ich habe dem Herrn Finanzminister im Budgetausschuß klar zu machen versucht, daß es ganz unmöglich ist, einer hungernden und darbenden Klasse, deren Not und Elend seitens des Finanzministers voll anerkannt wurde, zu sagen: "Wartet nur auf die nächste Zukunft, sie wird Euch die Erlösung bringen". Wenn man der Überzeugung ist, daß man Staatsbeamte hat, die wirklich in Not und Elend leben, so hat man meiner Ansicht nach die Verpflichtung, diesen armen Teufeln zu helfen um jeden Preis. Man muß nicht jene Klugheit besitzen, die dem Herrn Finanzminister gewiß nicht abgesprochen werden kann, man muß nur über jene Erfahrungen verfügen, über die er gerade in Staatsbeamtenkreisen verfügt, um zu wissen, daß ein unzufriedener Beamter nicht mit jener Lust und Liebe an die Arbeit gehen kann, mit der ein Mensch daran gehen kann, der eben nicht Not und Elend zu hause hat. Und Sie mögen mir sagen, was Sie wollen, die Staatsbeamten sind Menschen wie alle anderen arbeitenden Menschen, und Sie mögen ihnen Zufriedenheit einreden; ich bin überzeugt, daß die Beamten, ob Sie wollen oder nicht, bei der Ausführung aller Agenden immer das Elend in ihrem Haushalte vor Augen haben müssen und daß sie eben die Sorge um den Hausstand niemals dazukommen läßt, wirklich voll und ganz ihr Amt auszuüben. Von diesem Gesichtspunkte aus hätte ich gewünscht, daß der Herr Finanzminister zu dieser Frage Stellung nimmt und ich sage ganz offen: selbst auf die Gefahr, daß dieses scheinbare Gleichgewicht im Staatshaushalt nicht weiter bestanden hätte, hätte man den Staatsangestellten entgegenkommen müssen. Und wenn nun seitens einiger Parteien gerade in dieser Frage unserer Partei, die vom ersten Anbeginn an konsequent auf dem Standpunkt gestanden ist, daß den Staatsbeamten ausreichend geholfen werden müsse, und die von diesem Standpunkte nicht abzubringen war, der Vorwurf der Demagogie gemacht wurde, so möchte ich diesen Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Wir glauben aber mit Fug und Recht das Treiben jener Parteien als Demagogie bezeichnen zu kommen, die vorerst in die Versammlungen der Staatsbeamten gegangen sind, dort gehetzt und aufgereizt und gemeint haben, die Staatsbeamten können nicht leben, es müsse für sie etwas ganz Außergewöhnliches geschehen und die dann angesichts des Herrn Finanzministers zusammengeknickt sind wie ein Taschenfeitel, und den sogenannten Staatsnotwendigkeiten Rechnung tragend, von ihren Forderungen abgewichen sind.

Meine Redezeit ist leider zu knapp bemessen, als daß ich noch ausführlich mich mit diesen Dingen beschäftigen könnte. Bevor ich meine Ausführungen zum Kapitel "Finanzministerium" schließe, halte ich mich doch verpflichtet Ihnen zu sagen, wie unser Gesamtbudget jeden einzelnen Bewohner dieses Staates, ohne Rücksicht auf das Alter, vom zartesten Alter bis zum höchsten Greisenalter belastet: 1227 K betragen die Lasten auf den Kopf der Bevölkerung. (Pøedseda Tomášek ujal se pøedsednictví.) Bedenken Sie, was das bedeutet! Und die Aufteilung auf die einzelnen Ressorts? Auch das soll noch kurz gesagt werden. Das Ministerium für nationale Verteidigung partizipiert mit 17 % aller Einnahmen, das Ministerium für soziale Fürsorge - ohne die Kriegsbeschädigten, die bisher dem Ministerium für nationale Verteidigung überantwortet waren und jetzt plötzlich um das Ministerium für nationale Verteidigung zu entlasten, dem Ministerium für soziale Fürsorge angegliedert wurden - mit 0.8 %, das Gesundheitswesen mit 0.75 % und unser kostbarstes Gut, die Schule und die Volksbildung mit 4.3 %.

Und nun lassen Sie mich ganz kurz mit dem Investitionsprogramm beschäftigen. Nicht ich war es, der den Begriff "Investition" präzisiert und klargelegt hat, sondern es war der anwesende Herr Präsident des Obersten Kontrollamtes, der gemeint hat, daß als "Investition" keineswegs jedes Gebäude anzusehen ist, sondern daß als Investition jene Anlagen anzusehen sind, die wirklich zinsbringend sind und sich von selbst im Laufe der Jahre bezahlt machen. Was sehen wir aber in unserem Programme aufgestellt? Es figurieren hier Posten für den Militarismus, und zwar vorwiegend zum Bau von Kasernen im Betrag von 120 Millionen Kronen, also wahrlich ein nettes Sümmchen, das jene Herren der Unwahrheit zeiht, die sich da in die Brust geworfen und gemeint haben, "wir sind die alten Antimilitaristen geblieben, die wir waren und streben die Volksmiliz an". Jeder, der es mit der Volksmiliz ernstlich meint, der den Abbau des Militarismus ernstlich anstrebt, der darf sich nicht dazu hergeben, daß die spätere Generation noch zu tragen hat an den Lasten für den Militarismus, der darf nicht in das Investitionsprogramm einen Betrag von 120 Millionen Kronen einstellen. Sie sind theoretische Antimilitaristen, praktisch bringen Sie dem Militarismus jedes Opfer. Bezeichnend ist es, daß in das Investitionsprogramm auch Beträge für Teilbauten eingestellt wurden. Es war z. B. ein Bau schon fertiggestellt, diese Auslagen wurden durch das ordentliche oder außerordentliche Budget getragen und nunmehr figuriert noch eine Post von 25.000 oder 35.000 K und das wird nun vom Investitionsprogramm getragen. Meine Herren! Wie das technisch durchführbar ist, wie das gemacht werden soll, daß ein Teil des Hauses, und zwar der Großteil aus den ordentlichen und außerordentlichen Einnahmen gedeckt, der andere auf das Investitionsprogramm gebucht wird, entzieht sich meiner Beurteilung.

Noch etwas lassen Sie mich bemerken: Für Telephon und Telegraphen wurde eine Post von 117,420.000 K ausgewiesen, eine Ausgabenpost, die wir sicher begrüßen, die zu rechtfertigen ist, aber ich vermisse dabei die Aufteilung nach Ländern, die sehr erwünscht wäre, weil es nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen Parteien dieses Hauses den Anschein erweckt, als ob der Horizont vieler Beamten der èsl. Republik über Prag und die nächsten Vororte nicht hinausreichen würde. Es ist also notwendig, daß uns eine derartige Aufklärung wirklich gegeben wird. Es wird für neue Bahnen ausgewiesen eine Post von 222,000.000 K, vornehmlich für die Slovakei nicht nur aus verkehrstechnischen, sondern, wie ich fest überzeugt bin, auch aus strategischen Gründen. Man weiß nichts davon, daß wir hier an einer Verkehrsnot leiden, daß die Verkehrsverhältnisse in Nordböhmen jeder Beschreibung spotten. An allen diesen Dingen geht man achtlos vorbei. Die Investition für die Landwirtschaft in der Slovakei ist gutzuheißen, wir vermissen aber eine gleiche Fürsorge für Arbeitende. Wir wissen, daß auch bei uns noch viel Acker brach liegt, und daß noch sehr viel Ackerboden nicht so zweckmäßig bearbeitet wird, wie es im Interesse der Gesamtheit der Bevölkerung notwendig wäre.

Nun will ich ganz kurz auch vom nationalen Gesichtspunkte zu dieser Frage Stellung nehmen. Im Investitionsprogramm ist für die èechische Universität in Prag ein Betrag von 7,800.000 Kronen, für die deutsche 500.000 Kronen, für die èechische Technik 8,200.000 Kronen, für die deutsche Technik 2,200.000 Kè, in Mähren für èechische Hochschulen 17,180.000 Kè, für deutsche 1,900.000 Kronen ausgewiesen. Von dem Investitionsprogramm bei dem Kapitel "Schulen" im Betrage von 89,550.000 Kronen entfallen annähernd 7,000.000 auf deutsche Schulen.

Ich gehe nun zum Finanzgesetz über. Im Finanzgesetz wird dem Herrn Finanzminister die Möglichkeit gegeben, Virements in eigener Machtvollkommenheit, das heißt Abänderungen zwischen den einzelnen Posten der Kapitel, selbst vorzunehmen. Wir sind entschieden dagegen, daß der Finanzminister mit einer derartigen Machtfülle ausgestattet wird und haben den Antrag gestellt, daß jedes Virement, jede Überschreitung des Voranschlags wie überhaupt jede Abänderung des Voranschlags an die Genehmigung der Nationalversammlung gebunden sein muß und daß auch der ständige Ausschuß nicht berufen sein darf, über derartige Abänderungen zu beschließen.

Einige Worte zum Obersten Kontrollamt. Wir begrüßen es, daß ein derartiges Amt geschaffen wird, dessen Aufgabe es ist, unsere Finanzgebarung zu überwachen. Wir hätten nur einen Wunsch, daß uns die Möglichkeit gegeben werde, wirklich den Voranschlag auf einer reellen Grundlage zu verhandeln. Gegenwärtig geschieht das nicht. Ich wage zu behaupten, daß viele Ziffern keineswegs den realen Verhältnissen entsprechen. Sie können überhaupt nicht entsprechen, weil wir überhaupt einen Rechnungsabschluß, der eigentlich erst die Unterlage für die Verarbeitung des Voranschlags bieten würde, gegenwärtig nicht haben. Ich weiß, daß nach dem bestehenden Gesetz das Oberste Kontrollamt zur Verarbeitung des Rechnungsabschlusses 18 Monate Zeit hat. Wir erachten die Frist für zu lang und wir halten es für ganz unmöglich, daß eine derartige Frist eingeräumt wird. Sonst könnten wir niemals den Voranschlag für das kommende Jahr in Verhandlung ziehen. Im alten Österreich bestand für den Voranschlag eine Frist von 9 Monaten. Glauben Sie wirklich, daß man in diesem kleineren Staate mehr Zeit zur Fertigstellung des Rechnungsabschlusses brauchen wird? Ich glaube nicht, wir beantragen daher, daß die Frist mit 9 Monaten festgesetzt wird, wobei wir da noch glauben, daß die Frist zu lang gesteckt ist. Zum Schlusse lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Wir verlangen die Abschaffung aller direkten. Steuern, Zölle und sonstigen wirtschafts-politischen Maßnahmen, welche die Interessen der Allgemeinheit den Interessen einer bevorzugten Minderheit opfern. Die Methoden, die Sie angewendet haben, führen nicht die Gesundung der Volkswirtschaft, sie führen aber auch nicht die Gesundung dieses Staates herbei. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)


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