Støeda 1. prosince 1920

Ich gehe nicht fehl, wenn ich sage, daß wir hier den Versuch haben, einen 91 Millionen-Reptilienfond herauszuschinden, und dagegen müssen wir Protest erheben, das werden Sie wohl verstehen müssen. (Místopøedseda Buøíval zvoní.)

Da ich vom Herrn Präsidenten ermahnt werde, werde ich mich rasch fassen, um zu Ende zu kommen. Ich habe erklärt, der èechoslovakische Staat habe zu viel Ministerien und da muß man wohl mit wenigen Sätzen auf ein Ministerium verweisen, das sich selbst als überflüssig bezeichnete, das Ministerium für den Außenhandel. Seinerzeit wurde uns erklärt, es solle für eine vorübergehende Zeit errichtet werden, für die allerärgste Zeit der Nachkriegswirkungen und dann werde es wi eder verschwinden. Nachdem es errichtet war, wird ein Gebäude errichtet, als wolle sich dieses Amt für alle Ewigkeit einrichten. Das ist dasselbe Ministerium, das die feine Zuckergeschichte gemacht hat, die den Staat ungezählte Millionen kostet, das die famose Baumwolle ei ngekauft hat, aus der die Geschäftslosigkeit in unserer Textilindustrie resultiert, dasselbe Handelsamt, das zwar den Abschluß des Handelsvertrages mit dem Deutschen Reiche verzögert hat, aber den famosen Handelsvertrag mit Frankreich abgeschlossen hat, nach dem wir Seidenblousen, Champagner, Automobile und dgl. kaufen sollen. Diese Art von Handelspolitik ist eine Lächerlichkeit. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie Handelsbeziehungen machen können, so wie Sie Flugzeuge befördern können, wie man den Herrn Pellé im Fluge nach Paris geholt hat, wohin man ihn berief, damit er Bericht erstatten solle über die innere Festigkeit und Haltbarkeit der èechoslovakischen Armee, nachdem in Teplitz und Eger so merkwürdige Erscheinungen zu Tage getreten sind.

Da will ich noch eine Episode, da von diesem Amt die Rede ist, erwähneu, über die in die Öffentlichkeit nicht viel dringt. Wir haben die Entösterreicherung in der Wirtschaft damit angefangen, daß sich der èechoslovakische Staat die Skodagruppe angeeignet hat, er hat eine Aktiengesellschaft mit Hilfe der Živnostenská banka und des Herrn Schneider-Creuzot gebildet und den größten Teil der deutschen Angestellten herausgeworfen. Was ist das Ergebnis? Schneider-Creuzot führt die größten Maschinen weg, die angeblich der èechoslovakische Staat nicht braucht, weil er keine so großen Kanonen baut. Da soll es irgendwo in Deutschland in Essen eine Firma Krupp geben, die hat auch so große Maschinen, aber die hat sie mit Hilfe deutscher Ingenieure einfach für Friedenszwecke herrichten lassen. Schneider-Creuzot wird das nicht machen, er wird die großen Maschinen für den Frieden nicht für Sie umbauen lassen, das wird er wohl selber machen und verkauft höchstens dem Trödel, den er aus Deutschland bekommen hat, und bezahlt damit die Aktien. Und so hat Schneider heute längst seinen Anteil an Skoda bezahlt und jetzt wissen Sie einfach nicht, wo Sie hinaus sollen. Die Lieferungen von Lokomotiven und Waggons können nicht mehr von Skoda eingehalten werden, so daß man jetzt schon dem Baron, nein, pardon, dem Bürger Skoda Anbote gemacht hat, was er aber mit Rücksicht auf die Verhältnisse dankend abgelehnt hat.

Wenn es wahr ist, daß einmal in einer wichtigen Zeit die Unterschrift deutscher Industrieller notwendig war, um die Unterschrift des Herrn Finanzministers in der Öffentlichkeit d. h. im Auslande mit dem gebührenden Gewicht und Kredit auszustatten, so werden auch alle Axthiebe gegen die deutsche Wirtschaft nur die Wirtschaft des èechoslovakischen Staates treffen. Sie werden mit dem Staate nicht aushalten, bis Sie die deutsche Wirtschaft abgekragelt haben, um auf ihren Trümmern eine rein èechische nationale Wirtschaft aufrichten zu können, sondern Sie werden mit ihrer völlig ruinierten Wirtschaft zu Ihren großen Ententebrüdern fechten gehen können, die schon jetzt lieber mit Deutschland Geschäfte abschließen als mit der èechoslovakischen Republik. Fahren Sie mit dieser Vernichtung und Aushungerung der deutschen Wirtschaft fort, es wird dabei zwar das Sudetendeutschtum verarmen, aber es wird schließlich nicht ins Bodenlose fallen.

Als Ungarn nach 1848, in den 50 Jahren, am allerbösesten daran war, da beschloß es einen finanziellen Abwehrkampf, der damals Franz Josef zum Nachgeben und zum Besuche bei Deák bewog. Es ist möglich, wenn man sich hier nicht verständigt, daß es auch bei uns zu solchem Versuche kommt. Ich glaube, mit ziemlicher Berechtigung annehmen zu können, daß die Deutschen nicht mehr die Lust haben werden, den verfahrenen Karren aus dem Sumpfe herauszuziehen, auf den guten trockenen Boden der deutschen Arbeit zu bringen. Wir müssen es ablehnen, uns immer wieder daran mahnen zu lassen, daß wir uns auf den Boden dieses Staates stellen sollen. Wir stellen uns auf den Boden der Wirklichkeit. Und wenn alles das, was uns bisher gemacht wurde, nur darauf beruhen soll und nur auf dem Gedanken beruht, den der ehemalige Finanzminister Dr. Rašín heute ausgesprochen hat: "Wir sind die Staatstreuen und erhalten den Staat," wenn das wirklich die Gedanken sind, von denen auch in der nächsten Zeit sich Ihre Politik wird leiten lassen, dann werden Sie bald das Nachtwächterlied hören: "Hört ihr Herren und laßt Euch sagen: die Staatsnation hat ihren eigenen Staat erschlagen!" (Potlesk nìmeckých poslancù.)

13. Øeè posl. dr. Hahna (viz str. 815. protokolu):

Bevor ich auf die finanzpolitischen Fragen eingehe, muß ich zuerst einige Vorfälle besprechen, die zwar in der Debatte schon gestreift worden sind, auf die ich aber deshalb zurückkommen muß, weil sie nicht bloß unsere Arbeiterschaft im allgemeinen, sondern speziell die Reichenberger Arbeiterschaft auf das schwerste treffen. Es handelt sich um jenen systematischen Feldzug und die systematische Verfolgung, welche die Regierung eingeleitet hat gegen alle diejenigen, die es sich zur Aufgabe gesetzt haben, unter der Arbeiterschaft den Betriebsrätegedanken zu verbreiten. Im September dieses Jahres wurde dem Professor Dr. Otto Neurath, Präsidenten des Forschungsinstitutes für Gemeinwirtschaft in Wien, welcher als Leiter der Betriebsräte-Lehrschule nach Reichenberg kommen soll, von der èechoslovakischen Gesandtschaft in Wien die Einreisebewilligung verweigert. Im November wurde der Frau Dr. Käthe Pick, tätig bei der Sozialisierungskommission in Wien, Lehrerin derselben Schule, die Einreisebewilligung nach Reichenberg gleichfalls verweigert. Dem Dr. Luitpold Stern, Leiter der Bildungszentrale der deutschösterreichischen Sozialdemokratie, der als Lehrer bereits an dieser Schule tätig war, wurde eine Vorladung zur Polizei zugestellt und ihm dort mitgeteilt, daß er innerhalb 24 Stunden die Republik zu verlassen habe. Über unsere Intervention wurde ihm vom exponierten Polizeirat erklärt, daß diese Ausweisung über höhere Anordnung erfolgt sei. Gleichzeitig wurde auch der Lehrer an der Betriebsräteschule Dr. Ludwig Neumann vorgeladen, bei dem aber die Ausweisung nicht durchgeführt werden konnte, weil er èechoslovakischer Staatsbürger ist. (Hört, Hört!) Auf die Nachricht, die gestern abends im Hause verbreitet war, als ob es sich nur um einen Irrtum handle oder als ob bereits einer oder mehrere dieser Fälle bereits gutgemacht seien, muß ich mitteilen, daß es sich um keinen Irrtum handelt, daß nichts gutgemacht ist, sondern daß im Gegenteil gerade in den letzten Tagen ein neuer Fall hinzugekommen ist, daß nämlich unserem Genossen Dr. O. Leichter, der aus Wien nach Reichenberg kommen sollte, um Vorträge über die Erfahrungen der österreichischen Rätebewegung zu halten, in den letzten Tagen gleichfalls die Einreisebewilligung verweigert worden ist.

Aus diesen Tatsachen können wir mehrere Schlußfolgerungen ziehen: wir können nämlich daraus ersehen, daß in dem System der allgemeinen Verfolgungen, mit welchem die Regierung die Arbeiterbewegung bedenkt, ein ganz besonderes Augenmerk denjenigen zugewendet wird, welche den Betriebsrätegedanken in der Arbeiterschaft verbreiten wollen und das gerade diejenigen, welche über das Wesen der Betriebsräte in der Arbeiterschaft Aufklärung verbreiten wollen, systematisch verfolgt werden, ja daß die Regierung als das Herrschaftsorgan der Bourgeoisie in diesem Staate überhaupt nicht einmal dulden will, daß über die Betriebsräte überhaupt gesprochen werde. Daraus folgt, daß wir den Arbeitern sagen müssen, daß sie den Kampf um die Betriebsräte mit verschärfter Wucht aufnehmen müssen und gerade deshalb, weil die Regierung die Betriebsräte für so gefährlich hält, daß sie nicht einmal über sie sprechen läßt, gerade aus diesem Grunde werden die Arbeiter in diesem Kampf um die Betriebsräte ihre ganze Energie in die Wagschale werfen. Aber das, was wir zu diesen Fällen zu sagen haben, richtet sich nicht bloß an die Adresse der Regierung und nicht nur an die Adresse der Arbeiter, sondern auch an eine andere Adresse. Dieser Tage wurde in Prag der Parteitag der èechischen Rechtssozialisten abgehalten. Auf diesem Parteitag hat ein Belgier erklärt, daß es zwei Demokratien gebe: Belgien und die Èechoslovakei. Ich bedauere die Belgier, wenn sie keine bessere Demokratie aufzuweisen haben als die èechoslovakische Demokratie. Auf diesem Parteitag ist aber auch sehr viel geredet worden von der proletarischen Einheitsfront in diesem Staate, von der Notwendigkeit der Internationale der deutschen und èechischen Arbeiterschaft, in demselben Augenblicke, wo Ihre Regierung, die Regierung, der die èechischen Rechtssozialisten ihre Stimmen geben, indem sie für das Budget stimmen, in demselben Augenblicke, wo diese Regierung unsere sozialdemokratischen Referenten und Lehrer ausweist - und wohl gemerkt, es sind keine Kommunisten, die hier ausgewiesen worden sind, sondern lauter parteigeaichte Sozialdemokraten und man kann sich nicht wie bei dem Fall Franke darauf ausreden, daß sie kommunistische Agitation betrieben hätten in diesem selben Augenblicke, wo die èechischen Rechtssozialisten das alles dulden, obwohl si genau wissen, wo die Quelle aller dieser Verfolgungen liegt, obwohl sie wissen, daß es der Herr Ministerialrat Novák ist, der Chef der Spitzelzentrale im Ministerium des Innern, den sie genau so gut kennen wie wir, von dem alle diese Verfolgungen ausgehen, in dem Augenblicke, wo sie das alles wissen und dulden, in dem Augenblicke, wo sie wissen, daß an allen Ecken und Enden der Republik die Arbeiterbewegung verfolgt wird, unsere Vertrauensmänner verhaftet, unsere Bewegung schikaniert wird, in demselben Augenblicke sprechen diese Herren auf ihrem Parteitag von der proletarischen Einheitsfront! Wir können nur sagen, daß von unseren Reichenberger Arbeitern wohl niemand auf diesen Schwindel hineinfallen wird. Wir müssen sagen, daß wir die proletarische Internationale in der Èechoslovakei wollen, aber nicht die Internationale mit den Simulanten des Sozialismus, sondern die Internationale auf der kommunistischen Grundlage des revolutionären kompromisslosen Klassenkampfes.

Ich werde mich nun mit der Finanzpolitik des Staates beschäftigen und ihre Bedeutung für das arbeitende Volk dartun, die vor allem darin liegt, daß man an den finanzpolitischen Fragen erkennen kann, welchen Wert die sogenannte bürgerliche Demokratie der herrschenden Klassen dieses Staates für das Proletariat hat. Die herrschenden Klassen dieses Staates tun sich sehr viel darauf zu Gute, daß das Prinzip der bürgerlichen Demokratie bei uns restlos durchgeführt ist, das heißt, daß nicht bloß für die nationale Verwaltung, sondern auch für die Selbstverwaltungskörper, für die Gemeinden das allgemeine gleiche Wahlrecht mit Anwendung des Proporzes eingeführt wurde, daß also tatsächlich jedem ohne Unterschied der Klasse und des Geschlechtes die gleichen politischen Rechte zu Teil wurden. Sie schweigen aber darüber, daß diese ganze sogenannte Demokratie, daß die Gemeindeautonomie in allen ihren Formen trotz des schönsten Wahlrechtes wertlos bleibt für das arbeitende Volk, weil alle diese Körperschaften kein Geld haben und nicht im Stande sind, etwas zu leisten, weil sie außer Stande sind, die Finanzfragen zu lösen und daher mit den schönsten und bestgemeinten Projekten scheitern an dem, woran die ganze kapitalistische Gesellschaft zu scheitern verurteilt ist.

Nicht anders ergeht es dem Staat. Der Finanzminis ter hat im Budgetausschuß die Summe der Staatsschulden mit 40 Milliarden angegeben, eine viertel Stunde später hat er den Stand der Staatsschuld mit 37 Milliarden beziffert. Auf 3 oder 4 Milliarden mehr oder weniger kommt es ihm natürlich nicht an. Das würde einer Belastung von fast 3000 K pro Kopf der Bevölkerung entsprechen. Nimmt man die Bevölkerungsziffer mit 13.8 Millionen an, so entfallen auf den Einwohner fast 3000 K. Diese Ziffern scheinen entsetzlich hoch. Aber man würde fehlgehen, zu glauben, daß die Èechoslowakei mit solchen Ziffern allein dastünde. In Wirklichkeit teilt sie hier nur das Schicksal aller kapitalistischen Staaten und es kann daher die gesamte Staatschuldenfrage nur im internationalen Zusammenhang behandelt werden. Hier ist anzuführen, was Lenin auf dem zweiten Kongreß der dritten Internationale gesagt hat: "Wir wissen, daß die Schulden der europäischen Großstaaten von 1914 bis 1920 um nicht weniger als das Siebenfache gestiegen sind." Ich will noch eine ökonomische Quelle anführen, die von besonderer Bedeutung ist: "Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages" von Keynes, der im Auftrage der englischen Regierung an den Versailler Friedensverhandlungen teilgenommen hat. Er hat diese Frage Schritt für Schritt genau studiert. Er hat als Volkswirtschaftler an den Konferenzen teilgenommen und er kommt zu Schlußfolgerungen, die stärker, anschaulicher und überzeugender wirken als irgendeine Schlußfolgerung der Kommunisten und Revolutionäre, weil sie von einem überzeugten Bourgeois stammen, von einem rücksichtslosen Gegner des Bolschewismus. Keynes ist zu der Schlußfolgerung gekommen, daß Europa und die ganze Welt durch den Versailler Frieden dem Bankerotte entgegengehen. Keynes ist zurückgetreten, er hat seiner Regierung das Buch an den Kopf geworfen und gesagt: "Was ihr tut, ist Wahnsinn." Wir erhalten folgendes Bild: In finanzieller Beziehung selbständig ist nur Amerika. Vor dem Kriege war es Schuldner und jetzt ist es nur Gläubiger. Alle anderen Mächte der Welt tragen nur Schulden. Es gibt keine Regierung, die diese Schulden bezahlen könnte. Denn in dieser Schuld ist wucherischerweise all das zusammengerechnet, was schon zwanzigmal bezahlt ist."

Nach einer bürgerlichen amerikanischen Quelle, die der Kommunist Braun in seinem Buche "Wer soll die Kriegsrechnung bezahlen" anführt, wird die Schuld der einzelnen Länder in Prozenten des Nationalvermögens angegeben: In den Siegerländer England und Frankreich mehr als 50 %, in Italien 60 bis 70 %. Daraus ist ersichtlich, daß der imperialistische Krieg auch für die Siegerländer eine un mögliche Lage geschaffen hat. Davon zeugt auch der Umstand, wie wenig der Verdienst dem Steigen der Preise entspricht. Der Oberste Wirtschaftsrat, der eine Institution darstellt, die die bürgerliche Ordnung der ganzen Welt vor der anwachsenden Revolution zu schützen sucht, hat am 8. März eine Resolution verfaßt, die mit einem Aufruf zu Ordnung, Arbeit und Sorgfalt schließt, natürlich unter der Bedingung, daß die Arbeiter die Sklaven des Kapitals bleiben. Dieser Oberste Wirtschaftsrat, das Organ der Ententekapitalisten der ganzen Welt, zieht folgendes Fazit: Die Lebensmittelpreise sind in den Vereinigten Staaten durchschnittlich um 120 % gestiegen, der Arbeitslohn nur um 100 %: in England erstere um 170, lezterer um 130 %; in Frankreich um 300 %, letzterer um 200 %, Japan 130 % gegen 60 %.

Es ist klar, daß bei einer solchen Lage das Anwachsen der Empörung der Arbeiter, der revolutionären Stimmungen und Ideen, der elementaren Massenstreiks unvermeidlich ist, denn die Lage der Arbeiter wird unerträglich. Die Arbeiter überzeigen sich in der Praxis, daß die Kapitalisten im Kriege sich bereichert haben, die Schulden aber auf die Schulter der Arbeiter abwälzen. Vor kurzem ist uns mitgeteilt worden, daß Amerika noch 500 Kommunisten nach Rußland ausweisen will, um die schädlichen Agitatoren loszuwerden. Wenn Amerika nicht 500, sondern 500.000 russischer, amerikanischer, japanischer, französischer Agitatoren ausweisen wollte, so würde das an der Sache nichts ändern, denn das Mißverhältnis zwischen Lebensmittelpreisen und Arbeitslohn würde fortbestehen und sie könnten nichts daran ändern, weil das Privateigentum ihnen heilig ist. Das darf nicht vergessen werden, denn der Privatbesi tz der Ausbeuter ist bisher nur in Rußland beseitigt. An diesem Mißverhältnis zwischen Preisen und Lohn können die Kapitalisten nichts ändern, die Arbeiter aber können unter solchen Verhältnissen nicht leben. Dieses Übel kann mit den alten Mitteln nicht bekämpft werden; weder durch einzelne Streiks noch durch parlamentarischen Kampf, oder durch Abstimmungen kann irgend etwas erzielt werden, denn das Privateigentum ist "heilig" und die Kapitalisten haben solche Schulden aufgehäuft, daß die ganze Welt von einer Handvoll Menschen versklavt ist, die Lebensverhältnisse der Arbeiter aber werden immer unertäglicher. Es gibt nur einen Ausweg - die Beseitigung des Privateigentums der Ausbeuter".

Der letzte Versuch, diese Weltkrise des Kapitalismus zu lösen, ist durch die sogenannte Finanzkonferenz von Brüssel gemacht worden, die vom Völkerbunde einberufen und nach manchen Verschiebungen im September des heurigen Jahres abgehalten wurde. Der Versuch ist, wie nicht anders zu erwarten war, vollkommen gescheitert. Das Sanierungsprojekt, welches von fünf Professoren ausgearbeitet wurde, lautete kurz folgendermaßen:

a) Inflation. Die Inflation soll überall und sofort eingeschränkt werden. Die Staatsausgaben sind zu reduzieren und die Verbilligung von Waren durch Staatsbeiträge zu beseitigen. Rüstungsausgaben sollen auf ein Minimum beschränkt werden. Das Gleichgewicht der Staatsfinanzen muß wieder hergestellt werden, wobei Anleihen zur Bestreitung laufender Ausgaben nicht verwendet werden dürfen. Die niedrigen Diskontosätze, die bei der herrschenden Kapitalsknappheit nur durch die Schaffung weiterer Umlaufsmittel möglich sind, sollen erhöht werden. Und schwebende Schulden sollen in fundierte umgewandelt werden;

b) Wechselkurse. Der Stand der Wechselkurse sollte mit der internen Kaufkraft des Geldes übereinstimmen. Um das herbeizuführen, sind die im Ausland zirkulierenden Noten in einer fundierten Schuld zu konsolidieren und die Beschränkungen im internationalen Güteraustausch zu beseitigen;

c) Internationale Kreditgewährung. Die Gewährung von Krediten an notleidende Länder (staatliche oder private Kredite) sollte dadurch ermöglicht werden, daß diese Kredite von allen anderen Forderungen gegenüber dem schuldernischen Staate Priorität zugesichert erhalten. Die Gewährung von Krediten soll zur Voraussetzung haben, daß aa) diese Kredite nur benutzt werden für Zwecke, die den unmittelbarsten Erfolg entsprechen, wobei die Versorgung der arbeitenden Bevölkerung mit einzubeziehen ist; bb) die borgenden Länder ihrerseits alles tun, um das wirtschafliche Leben wieder in Ordnung zu bringen."

Dieses "soll", "sollte" und "muß" bedeutet nichts anderes als den Wunsch dieser kapitalistischen Finanzgelehrten den Schein zu erwecken als ob es wirklich an dem Willen der einzelnen kapitalistischen Staaten gelegen sei, diese notwendigen Maßregeln durchzuführen und damit die Wiedergeburt des Kapitalismus zu ermöglichen. Daß dies nicht der Fall ist, ergibt sich, wenn man die Verhandlungen der Konferenz näher verfolgt.

Inbezug auf die "Wiederherstellung des Gleichgewichtes des Staatshaushaltes" hat der Vizepräsident der Konferenz Brand, die Erhöhung der Einkommensteuer als wesentlich unmöglich bezeichnet, da die weitere Erhöhung der Steuern die Produktivität der privaten Wirtschaft unterdrückt. Und der belgische Minister Delacroix hat dies damit ergänzt, daß Kapitalsteuern sowohl praktisch undurchführbar und schädlich seien, was auch dadurch bewiesen ist, daß die Idee der Kapitalsabgabe in allen Ländern aufgetaucht sei, aber bisher noch in keinem Lande zu einer praktischen Lösung geführt habe. Die schwedischen Delegierten betonen zu diesem Punkte, daß man dem Vorurteil entgegentreten müsse, daß gegenüber den indirekten Steuern noch immer bestehe. Es sei falsch anzunehmen, daß die direkten Steuern die Lebenshaltung weniger verteuerten als die indirekten. Durch indirekte Steuern lasse sich vielmehr ein nützlicher Einfluß auf den Verbrauch ausüben.

Die Konferenz war sich also wie man sieht darin einig, daß Kapitals- oder Einkommensteuer, Steuern, durch welche die besitzenden Klassen betroffen werden sollen, nicht anzuempfehlen, überdies aber auf alle Fälle jede Art von Steuer auf die Kommunisten abzuwälzen und dadurch die Lebenshaltung der arbeitenden Massen zu verteuern, was sie mit dem schönen Wort ausdrückte "einen nützlichen Einfluß auf den Verbrauch ausüben". Übrigens ist ja klar, daß während der kapitalistischen Klassenherrschaft die herrschende Klasse sich selbst niemals mit Steuern tatsächlich belasten wird, sondern die verrücktesten und kompliziertesten Steuersysteme ausdenkt, um dadurch die Belastung der Ausgebeuteten demokratisch zu verschleiern. Aber wenn schon die Einnahmen nicht zu heben sind, so könnte man vielleicht die Ausgaben einschränken? Auch hier wurden sehr interessante Beschlüsse gefaßt. Sie lauten:

"Ersparnisse könnten in allen Ländern hauptsächlich auf 3 Gebieten durchgeführt werden:

1. In Bezug auf die militärischen Ausgaben;

2. müssen alle unproduktiven Ausgaben abgebaut werden, so z. B. die Arbeitslosenunterstützung und die Zuschüsse für die Verbilligung von Brot und Kohlen;

3. müssen die Tarife der Eisenbahnen, der Post und anderer öffentlichen Einrichtungen so erhöht werden, daß sie die Kosten decken."

In der Tat, diese Vorschläge sind verblüffend einfach. Wer könnte bestreiten, daß durch die allgemeine Entwaffnung, durch den Wegfall der militärischen Ausgaben große Ersparnisse überall durchgeführt werden könnten? Aber wie lächerlich von dem Europa des Kapitalismus, des Imperialismus und der Gegenrevolution die allgemeine Entwaffnung zu verlangen, von diesem Europa, das doch die kapitalistische Herrschaft nicht aufrecht erhalten kann, ohne sich auf die Bajonette zu stüzzen. Freilich könnte Frankreich seine Besatzungsarmee auf Deutschland zurückziehen, wenn es auf seine imperialistischen Pläne gegenüber Deutschland verzichten wollte. Freilich könnte Polen sich entwaffnen, wenn es seine imperialistischen Pläne gegen Sowjetrußland aufgeben wollte und eben alle anderen gegen Sowjetrußland bewaffneten Staate. Freilich könnte Ungarn viel Geld ersparen, wenn es die weiße Armee entließe, die die Stütze des Horthyregimes bildet, freilich könnten Japan und die Vereinigten Staaten sich entwaffnen, wenn sie auf ihrem Imperialismus Verzicht leisten wollten oder unsere Èechoslovakei wenn sie nicht den Militarismus brauchen würde, um auf der einen Seite die unterdrückten Nationen, auf der andern das hungernde Proletariat mit Gewalt niederzuhalten. Aber keiner von all diesen Staaten kann auf den Militarismus verzichten, ohne damit die Grundlage seines Daseins den Imperialismus und die Klassenherrschaft der Besitzenden zu opfern.

Da werden die kapitalistischen Staaten schon eher die anderen Ratschläge der Konferenz befolgen, die wieder auf Kosten des Proletariates gehen, nämlich die Arbeitslosenunterstützungen einzustellen oder einzuschränken und ebenso die Zuschüsse für die Verbilligung von Brot und Kohle und die Tarife der Eisenbahn, der Post und anderer öffentlichen Einrichtungen zu erhöhen, wodurch die Massenartikel wieder verteuert werden und die Not des arbeitenden Volkes vorgrößert wird.

Die Verhandlungen der Konferenz gipfelten schließlich in den Beratungen über einen großen internationalen Kredit. Die finanzielle Misere der Nachkriegsepoche kann aber nicht auf dem Wege der Beibehaltung der kapitalistischen Gesellschaft aufgehoben werden, denn sie ist nur auf Kosten der breitesten Schichten der produzierenden Elemente der Gesellschaft möglich und muß naturnotwendig zu einer noch tiefergehenden Erschöpfung und Ermüdung und endlich zur Vernichtung der produzierenden Klassen führen. Man kann nicht durch Belastung der Arbeiterschaft der Kleinbauern und Angestellten aus der Misere herauskommen. Man kann also nicht mit indirekter Besteuerung die Zinsen aufbringen, die für die Staatsschulden erforderlich sind; man kann aber auch anderseits nicht durch Vernichtung des Betriebskapitals die Produktionstätten außer Stand setzen, ökonomisch zu produzieren. Durch die direkte Besteuerung des Besitzes kann nur entweder das Betriebskapital gehemmt werden oder aber wenn die besitzenden Klassen im Stande sein werden, die Abzüge aus dem Betriebskapital auf die Arbeiterschaft abzuwälzen, so wird diese Maßnahme, die Abwälzung der Steuerlast auf die Arbeiter, Kleinbauern und Angestellten zur Herabsenkung des kulturellen Niveaus dieser wertvollsten Schichten der Gesellschaft führen und also zur Verminderung der Produktivität der Gesellschaft.

Auch der Staatsbankerott als Einzelmaßnahme wäre in der jetzigen Situation der Staatsschuldenverpflichtungen und der Zerstörung der Volkswirtschaft eine ungenügende Maßnahme. 1. trifft der Staatsbankerott nicht vollständig nur die besitzenden Klassen des Grundbesitzes, des Handels und der Industrie.

Insofern er aber den einzelnen Kapitalisten, sei es den Industriellen oder landwirtschaftlichen Produzenten, trifft, so wirkt er wie eine Vernichtung des Betriebskapitals und, da der Betrieb nicht in Hände des Staates übergeht, beengt er die Produktionsfähigkeit und wirkt lähmend auf die produktiven Kräfte der Gesellschaft. Dabei darf man nicht vergessen, daß die Finanzmagnaten es immer in der Hand haben, die Anleihepapiere auf die weniger bemittelten Klassen der Gesellschaft abzustoßen und sich dadurch eventuell auch beim Staatbankerott schadlos zu halten.

Die Kosten für eine solche Gesundungsmaßnahme würden also nicht die eigentlichen besitzenden Klassen, sondern die Minderbesitzenden tragen, die Rentner, die Kleinkapitalisten und diejenigen Organisationen und Industrien, die Versicherungsgesellschaften, Sparkassen und so weiter, die Institute des Kleinbürgertumes sind.

Die einzige Maßnahme, die erfolgreich die Gesellschaft aus der Finanzmisere retten kann, ist nicht der Staatsbankerott allein, sondern die Expropriierung der besitzenden Klasse als solcher, die Expropriierung der gesamten Produktionsmittel einschließlich des Grundbesitzes zugunsten des Staates, wobei selbstverständlich die Expropriirung eine Sozialisie rung der Produktionsmittel ohne Entschädigung sein muß. Eine Sozialisierung der Produktionsmittel mit Entschädigung heißt nichts anderes, als den Produktionskräften wieder die toten Lasten der Zinsverpflichtungen aufzubürden. Von diesem Standpunkte aus ist also die einzige Maßnahme, die die Gesellschaft aus der Finanzmisere herausbringen kann, die Übernahme der Produktionsmittel in den Besitz des Staates.

Daß diese Maßnahmen nicht auf dem gesetzgeberischen Wege der bürgerlichen Demokratie durchgeführt werden können, ist nach den Erfahrungen der Geschichte klar. Diese Maßnahmen bedeuten eine politische Revolution, die der Sturz der herrschenden Bourgeoisie nachsichzieht, und die Aufrichtung der proletarischen Diktatur zur Voraussetzung hat. (Potlesk nìmeckých poslancù.)

14. Øeè posl. Palme (viz str. 822. protokolu):

Meine Damen und Herren! Die Not des Tages zwingt mich auch, hier zu diesen Kapiteln der Übergangswirtschaft und des Finanzwesens zu reden. Der Übergang von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft hat wie in jedem Lande auch bei uns zur Folge, daß auf Jahrzehnte hinaus eine ungeheuere Anzahl von Millionen notwendig sein werden, um die Opfer des Weltkrieges damit vor den allergrößten Entbehrungen zu schützen. Die bedauernswerten Opfer des Weltkrieges sind im Budget des Staates mit einer viel zu geringen Summe bedacht. Es ist sehr notwendig, diesbezüglich in ganz anderer Weise vorzusorgen, als wie Sie es hier sehen. Aber nicht nur das allein, die Übergangswirtschaft vom Krieg zum Frieden hat in Folge der Umstellung der Industrie von der Kriegs- zur Friedensproduktion einerseits und der nachfolgenden bis heute bestehenden großen Weltwirtschaftskrise andererseits, eine ungeheuere Arbeitslosigkeit hinterlassen, durch die viele hunderttausende Arbeiter und ihre Familien in größte Not und Elend gestürzt worden sind. Für diesen Zweck der Arbeitslosenunterstützung finden wir leider nur 100 Millionen Kronen vorgesehen, ein Betrag, der viel zu gering ist, um nur einigermaßen die dringendsten Ausgaben der Arbeitslosen zu decken. Vergessen wir nicht, daß dieser Betrag gegenüber dem Vorjahre, wo 346 Millionen Kronen ausgeworfen waren, für das kommende Jahr vollständig unzureichend ist. Wenn auch die Arbeitslosigkeit vom Jahre 1919 bis heute bedeutend nachgelassen hat, müssen wir trotz all dem feststellen, daß unser gesamtes Wirtschaftsleben bis zur heutigen Stunde und wahrscheinlich noch ziemlich lange von einer schweren Wirtschaftskrise heimgesucht ist, deren Größe und Dauer zu fassen wir heute doch noch nicht klar genug sehen. Wir wissen nur, daß eine große Zahl von Industriezweigen eine stark verminderte Beschäftigung aufweisen. Viele Betriebe haben ihre normale Arbeitszeit ganz gewaltig reduzieren müssen und arbeiten mit einer geringen Belegschaft. Eine große Anzahl der Betriebe ist so vollständig lahmgelegt. Alle Anzeichen sprechen leider dafür, daß eine Verminderung der Arbeitslosigkeit nicht so bald zu erwarten ist.


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