Meine Damen und Herren! Zunächst ist hier
ein Wort des entschiedenen Protestes vorzubringen gegen die unerhörte
Tatsache, daß die Regierung Èerný
und in diesem Falle auf das trefflichste unterstützt
nicht nur von der Zollmehrheit, sondern auch von den beiden socialistischen
èechischen Parteien seit Wochen jeder Möglichkeit
einer ernsten politischen Aussprache aus dem Wege geht. Gegen
diese Tatsache, deren Zweck ganz offenkundig ist, erheben wir
Protest. Der Zweck der Übung ist ganz klar, die vereinigten
deutsch-èechischen Agrarier sollen nicht wesentlich gestört
werden in der Vorbereitung eines unerhörten Plünderungsfeldzuges,
der sich gegen die arbeitenden Klassen der èechoslovakischen
Bevölkerung richtet. Aus diesem Grunde
erklären wir ausdrücklich, daß wir gegen die Methoden
der Èerný-Regierung,
wochenlang jede ernste politische Aussprache zu verhindern, den
schärfsten Protest einlegen. In dem Augenblicke, in welchem
sich die arbeitende Bevölkerung der Èechoslovakei
von den größten wirtschaftlichen und politischen Gefahren
bedroht sieht, sind wir Zeugen eines grandiosen Aufmarsches, einer
grandiosen Massenbewegung des Proletariates und der Entwicklung
des Massenwillens, gegen diese Gefahren einen
einheitlichen entschlossenen Kampf zu führen. Diese Massenbewegung
und dieser Massenwille stehen einigermaßen im Widerspruch
zu der Art der Opposition, wie sie von den èechischen sozialistischen
Parteien auf parlamentarischem Boden geübt wird. Die kommunistische
Partei begrüßt selbstverständlich jede Möglichkeit
der Zusammenarbeit und des Zusammenwirkens mit allen denjenigen
Arbeiterparteien, die entschlossen und gewillt sind, eine ernste
Opposition zu führen gegen die reaktionäre Wirtschaftspolitik
der èechoslovakischen Regierung. (Souhlas komunistických
poslancù.) Aber wir wollen in diesem
Zusammenhange darauf aufmerksam machen, daß die arbeitenden
Massen weit über die Kreise der kommunistischen Bewegung
hinaus den Willen zum Ausdruck bringen, daß die Aktion
der kommunistischen Partei außerhalb dieses Hauses ihre
Fortsetzung findet in einheitlichen Aktionen des gesamten èechoslovakischen
Proletariates. Und nur in dem Maße, in welchem sich die
sozialistischen èechischen Parteien bereit finden, nicht
nur auf diesem Boden, sondern außerhalb
dieses Hauses ernsthafte Aktionen gegen die Politik der èechoslovakischen
Regierung zu führen, nur in diesem Maße ist die ganze
Opposition der èechischen sozialistischen Parteien ernst
zu nehmen. Wir sagen also ganz ausdrücklich,
daß unseres Erachtens der Sinn und die Bedeutung der gegenwärtigen
Massenbewegung gerade darin ihren Ausdruck finden, daß diese
Massen nicht nur protestieren gegen die Wirtschaftspolitik der
Èerný-Regierung
und auch nicht nur protestieren gegen die Koalitionsregierung
schlechthin oder gegen die Form einer Koalitionsregierung, sondern
daß die Massen protestieren gegen eine kapitalistische Koalitionsregierung,
die früher oder später wieder kommen könnte und
die unterstützt wird durch Vertreter aus irgendwelchen Arbeiterparteien.
Daher also sind wir der Ansicht, daß eine ernste Opposition
nicht nur darin besteht, in diesem Hause einigermaßen zu
protestieren gegen die Regierung, sondern daß die ernste
Opposition eben zum Ausdruck kommt in dem Versuche, außerhalb
dieses Hauses einheitliche, geschlossene Aktionen des Proletariates
zustande zu bringen. Was z. B. soll es heißen, wenn das
"Èeské Slovo" in seiner heutigen Nummer
Folgendes schreibt: "Wenn diese apostolische èechisehdeutsche
Mehrheit damit verbunden ist, was den
äußersten Widerstand bei den èechisch gesinnten
Menschen hervorruft, nämlich mit dem Paktieren mit den Deutschen,
mit Konzessionen und Verplichtungen, dann muß die Tatsache
hervorgehoben werden, daß die èechoslovakischen Sozialisten
ihr Vorgehen gegen das Zolldiktat nicht mit
ein em einzigen Falle befleckt hat, der auch nur von weitem als
Schein unserer Verbindung mit den Feinden des Staates, seien es
die Deutschen oder die Kommunisten, bezeichnet werden könnte."
Dieser Satz, der so zu deuten ist, als ob die gemeinsame
Opposition der èechischen sozialistischen Parteien mit
der kommunistischen Partei so zu sagen eine Schade wäre,
ist nichts anderes als eine einzige Beleidigung aller derjenigen
Arbeiter, die außerhalb dieses Hauses eine gemeinsame
proletarische Aktion gegen die èechoslovakische Regierung
wollen. (Sehr richtig!) Und
wir sagen: wenn es wahr ist, daß das Zusammengehen und Zusammenwirken
irgendwelcher deutscher Arbeiterparteien mit den bürgerlichen
Parteien der deutschen Bourgeoisie eine Schande wäre
- und das ist eine Schande - dann wäre und ist es keine geringere
Schande, wenn die èechischen sozialistischen Arbeiterparteien
jetzt oder in Zukunft gemeinsame Sache machen mit den bürgerlichen
Parteien der èechoslovakischen Bourgeoisie.
Wir sagen ganz ausdrücklich:
Wir halten die Frage des Kampfes gegen die
Zollpolitik der Regierung für eine der wesentlichsten Fragen,
ja für die wichtigste Frage. Aber dennoch wollen wir sagen
und es nicht vergessen machen, daß die zollpolotische Aktion
der Regierung gegen das Proletariat nur einen Teil ausmacht der
Gesamtaktion, die die èechoslovakische Bourgeoisie durchzuführen
bestrebt ist und die gerichtet ist gegen die gesamte Arbeiterschaft
und deren Sinn darin besteht, die Konsolidierung des èechoslovakischen
Kapitalismus durchzuführen ausschließlich auf Kosten
der Arbeiterschaft. Und deswegen halten wir es für notwendig,
in diesem Zusammenhange aufmerksam zu machen auf neue große
wirtschaftliche und politische Gefahren. Ein Blick auf die sozialen
Kämpfe in England und eine Betrachtung der Methoden der èechoslovalischen
Außenpolitik belehrt uns gleicher Weise über die neuen
ungeheuer großen wirtschaftlichen und politischen Gefahren,
von denen das èechoslovakische Proletariat in Zukunft bedroht
ist. Wir sind der Ansicht, daß
gerade im Zusanimenhang mit der zollpolitischen Diskussion, die
hier abgeführt wird, die Frage von groß er Wichtigkeit
ist, ob die èechoslovakische Außenpolitik den Profitinteressen
des èechoslovakischen Großgrundbesitzes oder
den wirtschaftlichen Interessen der breiten Massen der Arbeitenden
entspricht. Daher ist die Frage von großer Bedeutung, warum
die Èerný-Regierung
genau so wie ihre Vorgängerin in der Frage der wirtschaftlichen
Annäherung an Sovjet-Rußland nicht einen Finger rührt,
wiewohl heute nicht nur die kommunistischen Kreise, sondern bedeutende
Kreise außerhalb der kommunistischen Partei die Überzeugung
haben, daß durch eine solche wirtschaftliche Verständigung
mit Sovjet-Rußland solche Ausplünderungsaktionen, wie
sie augenblicklich von den vereinigten deutschen und èechischen
Agrariern durchgeführt wer den, unmöglich wären.
Gerade in dem Augenblick, in dem eine Verständigung mit Sovjet-Rußland
zu betonen wäre, gerade in diesem Augenblick hielt es der
national-demokratische Parteitag, der kürzlich tagte, für
erforderlich, ganz deutlich zum Ausdruck zu
bringen, daß jetzt nicht eine Verständigung mit Sovjetrußland
zu suchen sei, sondern, daß gerade jetzt ein Vertrag zu
betonen sei, den seinerzeit Herr Dr Beneš unterschrieben
hat, und der, wie Abg. Hajn sagte, zu deuten ist, als ein
Vertrag der èechoslovakischen Regierung mit der
sovjetrussischen Kontrarevolution. Über diese Sache erzählte
Herr Dr Hajn
auf dem nationaldemokratischen Parteitag, der vor einiger Zeit
stattfand, daß vor einigen Jahren, also ungefähr zu
der Zeit, zu welcher Dr Beneš den Neutralitätsvertrag
mit Sovjetrußland unterfertigte, daß zu jener Zeit
die Frage aktuell wurde, wie sich die èechoslovakische
Regierung zur weißgardistischen Emigration, d. h. zur russischen
Kontrerevolution verhalten soll. Aktuell war die Frage der Unterstützung
der weißgardistischen Emigration. Herr Abg. Dr Hajn
erzählt darüber folgendes: "Wir sind damals mit
parlamentarischen Klubs in Verhandlungen getreten, um in einer
Interpellation an den Außenminister das Verlangen zu stellen,
die derzeitig private Fürsorge für die russische Emigration
in eine staatliche Fürsorge umzuwandeln. Mit dem Außenminister
wurde vereinbart, keine Interpellation einzubringen, sondern nur
eine Anfrage, auf welche die Antwort im Voraus vereinbart wurde,
und Dr Beneš hat damals geantwortet, die èechoslovakische
Regierung teile vollkommen die in der Anfrage ausgesprochene Ansicht
- und das ist unsere Ansicht - daß man die russische Emigration
nur dann tatkräftig unterstützen könne, wenn der
Staat in der Sache die Initiative ergreifen,
die Kosten vollkommen übernehmen würde und ihr einerseits
die nötigen finanziellen Mittel, andererseits volle Aufmerksamkeit
und volle Tatkraft widmen würde. Das Außenministerium
übernimmt im Namen des Staates in vollem Maße die Initiative
und die Arbeit dieser humanitären Aktion und will sie mit
größter Energie durchführen, sich nach dem Grundsatze
richtend, daß es sich ausschließlich um ein Verhältnis
des ganzen èechosovakischen Staates zur ganzen russischen
Nation handle ohne Rücksicht auf eine Parteizugehörigkeit.
Diese Antwort interpretierte Herr Abg. Dr Hajn
auf dem nationaldemokratischen Parteitag folgendermaßen:
"Ihr seht", ruft er aus, "daß dies eigentlich
ein ganzer Vertrag zwischen der russischen Emigration einerseits
und unserem Staat andererseits ist. Der Außenminister ist
verpflichtet, hievon nicht zurückzutreten und soweit wir
in Betracht kommen, werden wir von diesem Vertrag nicht zurücktreten".
Das heißt also: In dem Momente, in welchem, wie gesagt,
weite wirtschaftliche Kreise und keineswegs nur kommunistische,
eine wirtschaftliche Verständigung mit Sovjetrußland
im Interesse der Entwicklung der èechoslovakischen
Volkswirtschaft für erforderlich halten, in diesem Augenblicke,
in welchem große industrielle Körperschaften sozusagen
nach einer Verständigung mit Sovjetrußland schreien,
in diesem Augenblicke hält es der nationaldemokratische
Parteitag für erforderlich, ganz ausdrücklich zu betonen,
daß man gerade jetzt nicht die Notwendigkeit einer Verständigung
mit Sovjetrußland, sondern eine solche mit der russischen
Kontrerevolution betonen müsse.
Wir wollen nicht vergessen, daß uns gerade
vor einigen Wochen der Genfer Bankerott des Völkerbundes
deutlich zeigte und die Arbeiterschaft darüber belehrte,
daß die Politik Frankreichs und Englands, und die Politik
des Völkerbundes, der ja nur ein Werkzeug der europäischen
Kontrerevolution ist, daß die Politik dieser beiden Staaten
jene Politik ist, die der Möglichkeit eines neuen imperialistischen
Krieges dient, während umgekehrt der Vertrag zwischen Deutschland
und Sovjetrußland den Beweis enthält, daß die
Orientierung nach dem Osten, die Verständigung mit Sovjetrußland
der Politik des europäischen Friedens dient. Wenn wir diese
Seiten der èechoslovakischen Außenpolitik
betrachten, dann dürfen wir wohl sagen, daß die Einmengung
des Herrn Dr Beneš
anläßlich der Unterfertigung des Vertrages zwischen
Sovjetrußland und Deutschland in die ureigensten Angelegenheiten
Deutschlands und Sovjetrußlands nichts anderes als einen
Akt politischer Unverschämtheit darstellt. Wir wollen hier
überhaupt einmal die Frage aufwerfen, in wessen Namen die
Herren Dr Kramáø
und Kompagnie sprechen, wenn sie die Hetze gegen Sovjetrußland,
gegen die russische Arbeiterschaft und Bauernschaft betreiben.
Die Herren, die diese Hetze betreiben, haben im besten Fall das
Recht das Wort zu nehmen im Namen einer handvoll kapitalistischer
Parasiten, während jedes Mitglied der kommunistischen Fraktion
dieses Hauses, das das Wort ergreift, um von dieser Stelle aus
die Sympathien zu betonen, die das èechoslovakische
Proletariat mit dem Proletariat Sovjetrußlands verbindet,
das Recht hat, im Namen von Millionen èechoslovakischer
Arbeiter zu sprechen. (Potlesk na levici.)
Wie steht es mit den Ergebnissen der èechoslovakischen
Außenpolitik? Das Ergebnis der
èechoslovakischen Außenpolitik
besteht erstens in der Verschlechterung der Beziehungen zu den
politisch und wirtschaftlich bedeutenden Nachbarstaaten, vor allem
zu Deutschland und Sovjetrußland, zweitens in der Erschütterung
alter wirtschaftlicher Positionen der èechoslovakischen
Volkswirtschaft, in einer Vernichtung der Hoffnung weiter wirtschaftlicher
Kreise auf eine Ausnützung des aufnahmsfähigen sovjetrussischen
Marktes und schließlich infolge der vollständigen Abhängigkeit
der èechoslovakischen Außenpolitik
von der europäischen Kontrerevolution in der Erhaltung
eines gewaltigen militärischen Apparates, dessen Kosten vermittels
einer reaktionären Steuergesetzgebung auf die Schultern der
arbeitenden Bevölkerung der Èechoslovakei überwälzt
werden. Welchen Ausweg weiß die èechoslovakische
Regierung aus dieser Situation? Man kann das in einem einzigen
Satz zusammenfassen: Der Ausweg, den die èechoslovakische
Regierung in Verbindung mit den kapitalistischen Parteien sucht,
besteht in dem Bemühen, die Konsolidierung
des èechoslovakischen Kapitalismus durchaus auf Kosten
der breiten Massen der Arbeitenden durchzuführen und zwar
nicht nur die Konsolidierung im engeren Sinne des Wortes, sondern
die Konkurrenzfähigkeit der èechoslovakischen Industrie
womöglich zu erhalten und auf Kosten der
Arbeiterklasse zu steigern.
Vergegenwärtigen wir uns einen
Augenblick die wirtschaftliche Lage des èechoslovakischen
Proletariats. Als Folge der agrarischen Plünderungsaktion
haben wir zunächst mit einer Verteuerung aller Lebensmittel
und aller Massenbedarfsgegenstände zu rechnen, zweitens mit
einer Erhöhung der Eisenbahntarife, mit der Wirkung einer
durchaus reaktionären Steuergesetzgebung und schließlich
mit der Gefahr einer Offensive der èechoslovakischen Bourgeoisie
gegen die Lohn- und Arbeitsbedingungen
des èechoslovakischen Proletariats als mögliche Folge
des gegenwärtigen Kampfes der Arbeiterschaft in England.
In diesem Zusammenhang gewinnt der Kampf des englischen Proletariats
eine ganz außerordentliche Bedeutung. Wir
erinnern uns der Erfahrungen aus dem Jahre 1921 und wir wissen,
daß eine Niederlage des englischen Proletariats gleichsam
automatisch eine umfangreiche Offensive der Bourgeoisie in den
übrigen kapitalistischen Staaten und selbstverständlich
nicht zuletzt auch in der Èechoslovakei nach sich
zieht. Der Kampf des englischen Proletariats konnte erfolgreich
sein und wird erfolgreich sein auch der Kampf der englischen Bergarbeiter
- wenn sich die Solidarität des Proletariats der übrigen
kapitalistischen Staaten geltend macht.
Was ist in dieser Hinsicht geschehen? Wir sollen nicht übersehen,
daß die Gefahr außerordentlich groß ist. Ich
wiederhole: Eine Niederlage des englischen Proletariats bedingt
den Generalangriff auch der èechoslovakischen Bourgeoisie
auf die Löhne der Arbeiterschaft, und
der Angriff der englischen Bourgeoisie war vollkommen abzuwehren
auf Grund einer einheitlichen Aktion des englischen Proletariats,
die zu unterstützen ist durch einheitliche Solidaritätsaktionen
der Arbeiterschaft der übrigen kapitalistischen Staaten.
Es würde auch eine Offensive der èechoslovakischen
Bourgeoisie nicht mit Erfolg abzuwehren sein, wenn nicht dafür
gesorgt würde, daß der Widerstand des Proletariats
der Èechoslovakei sich einheitlich gestalte.
Wenn wir nun die einfachen Tatsachen nehmen,
so wissen wir, daß nach Ausbruch des englischen Generalstreiks
von den entscheidenden Instanzen der internationalen Arbeiterorganisationen
nicht mehr zu haben war als eine Reihe von Sympathieerklärungen
und eine ganze Menge von Versprechungen. Wir können uns da
nicht auf die mehr oder minder tatsächliche Schwäche
der einen oder anderen internationalen Arbeitervereinigungen ausreden
Das, was in dem entscheidenden Augenblick zu tun war und noch
zu tun wäre, dafür ist uns ein Beispiel das, was das
Proletariat der Sovjetunion im Interesse der englischen Arbeiterschaften
unternommen hat. Darüber gibt folgender Bericht entscheidenden
Aufschluß: "Das Zentralkomitee der Seeleute und Transportorganisationen
der Sovjetunion richtete ein Telegramm an sämtliche Ortsgruppen
in Sovjethäfen, worin sie den Teilstreik aller Seeleute und
Hafenarbeiter, die für den Export nach England arbeiten,
erklären, ferner Anweisung geben, keinen Brennstoff auf solche
Dampfer zu verladen, denen gegenüber der Verdacht bestehen
kann, daß ihre Ladung nach Groß-Britannien weiter
verladen werden könnte. Alle Dampfer die beliebiger Art Ladungen
für Groß-Britannien aufnehmen, müssen sofort die
Arbeit einstellen. Alle unterwegs nach England befindlichen Sovjetdampfer
müssen nach Erhalt der Radiomeldung nach Einlaufen in den
nächstliegenden britischen Hafen sich sofort dem britischen
Streik anschließen, die Ausladung der Dampfer verhindern
und die Ausladung einzelner Waren nur über Genehmigung des
Zentralrates des britischen Gewerkschaftskongresses zulassen."
Es ist ganz klar: Wenn in einer ähnlichen
Form eine einheitliche Aktion des Proletariats in den übrigen
kapitalistischen Staaten außerhalb Englands zustandegekommen
wäre, dann wäre auch der Generalstreik des englischen
Proletariats wirkungsvoller gewesen. Was war nun und was ist noch
zu tun? Wir müssen ausdrücklich darauf aufmerksam machen,
daß wir es für notwendig halten trotz der Bedeutung
der Zollaktion, die durchaus gegen die Interessen der Arbeiterschaft
gerichtet ist, darauf besonders hinzuweisen, daß sich jetzt
schon die Möglichkeit einer Offensive der èechoslovakischen
Bourgeoisie gegen die Arbeiterschaft ankündigt. Wenn wir
die èsl. Arbeiterschaft in ihrer Abwehr stärken wollen,
dann gilt es jetzt alles zu tun, was von uns
aus getan werden kann, um den gegenwärtigen Kampf der
englischen Bergarbeiter siegreich zu gestalten. Wenn wir die konkrete
Frage stellen, was z. B. in der Èechoslovakei geschehen
soll, dann ist zu sagen, daß es notwendig war und ist, dafür
zu sorgen, daß auf Grund einheitlicher Aktionen aller ernst
zu nehmenden Arbeiterparteien jede Kohlenausfuhr
verhindern wird. Solche Aktionen sind nicht unternommen worden,
obwohl die kommunistische Partei und die Gewerkschaften des MVS,
den Versuch gemacht haben, solche Aktionen auf Grund von Besprechungen
mit den übrigen Arbeiterorganisationen zustande zu bringen.
Wenn wir die Frage nach der Bedeutung solcher Aktionen erheben,
dann werden wir sofort verstehen, warum diese Einheitlichkeit
nicht zustande gekommen ist. Eine ernste Aktion zur Verhinderung
der Kohlenausfuhr bedeutet eben unmittelbar die Aufnahme
des Kampfes gegen die èsl. Bourgeoisie und gegen die èsl.
Regierung. Das sind die Gründe, aus denen sich unsere Bemühungen
um das Zustandekommen der proletarischen Einheitsfront in der
Èechoslovakei erklären. Das sind
aber auch die wesentlichen Gründe, auf die es zurückzuführen
ist, daß die übrigen Arbeiterorganisationen eine ernste
Verständigung zur Aufrichtung proletarischer einheitlicher
Aktionen abgelehnt haben.
Wir halten es für notwendig, in diesem
Zusammenhange zu sagen: die èechischen sozialistischen
Parteien machen es sich ein bischen sehr leicht, wenn sie außerhalb
dieses Hauses begründen wollen, warum sie jeden ernsten gemeinsamen
Kampf mit kommunistisch orientierten Arbeitern ablehnen. Neben
vielen anderen Redensarten ist es die
Phrase, die übrigens auch heute im "Èeské
Slovo" wieder breitgetreten wird, daß man mit der kommunistischen
Partei und der kommunistischen Bewegung außerhalb
des Parlamentes deswegen keine gemeinsame Aktion machen könne,
weil eben die kommunistische Bewegung vor allem eine antistaatliche
Bewegung sei und weil jede Aktion der kommunistischen Partei an
den Grundlagen des èsl. Staates rüttle (Posl.
Schmerda: Das ist Demagogie!). Gewiß
ist das Demagogie, aber wir müssen auf sie eine entsprechende
Antwort geben, wir sagen daher: Es ist nicht nur eine kommunistische,
es ist eine marxistische Erkenntnis, daß der kapitalistische
Staat nichts anderes ist und sein kann, solange die kapitalistische
Gesellschaftsordnung besteht, als das wesentlichste, entscheidenste
Instrument in den Händen der ausbeutenden Minderheit zum
Zwecke der Unterdrückung der ungeheueren Mehrheit der arbeitenden
Bevölkerung des Staates. Es ist ganz klar, indem die ausbeutende
Minderheit den Staatsapparat und alle seine Organe benützt
zur wirtschaftlichen Ausbeutung und zur politischen Knechtung
der arbeitenden Bevölkerung, schützt sie nur ihre, d.
h. die Interessen eben der ausbeutenden Minderheit. Und indem
sie die Interessen dieser Minderheit verteidigt, muß sie
notwendigerweise die Interessen der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung
verletzen. Umgekehrt: Wer den Versuch unternimmt, die Interessen
der arbeitenden Bevölkerung zu schützen gegen diese
parasitäre Minderheit, der muß den Kampf führen
gegen die politischen Interessen dieser Minderheit und gegen den
kapitalistischen Klassenstaat. Wer als Arbeiterführer die
Behauptung wagt, daß man die materiellen, die wirtschaftlichen
und politischen Interessen des Proletariats verteidigen könne
und zugleich auch die politischen Interessen der ausbeutenden
Minderheit schützen könne, d. h. also die Interessen
des kapitalistischen Staates, der ist entweder ein Ignorant oder
er will ganz absichtlich die Arbeiterklasse täuschen. Wer
die Interessen der Arbeiterschaft schützen will, der muß
den Kampf aufnehmen gegen diejenige ausbeutende Minderheit der
kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die den Staat benützt,
um den Kampf gegen die Arbeiterklasse zu führen und daher
sagen wir für die, die es noch nicht wissen sollten, daß
die Kommunisten bleiben das was sie waren: Todfeinde der kapitalistischen
Gesellschaftsordnung und Todfeinde des kapitalistischen Klassenstaates.
(Potlesk na levici.)
Ich muß mir noch einige Worte gestatten
über die Art und Weise, wie einzelne sogenannte Arbeiterparteien
den Versuch gemacht haben, die ungeheuer wichtige Aktion des internationalen
Proletariats zu Gunsten der englischen Arbeiterschaft zu unterstützen.
Ich spreche schon nicht vom Bund der Landwirte. Daß der
Bund der Landwirte nichts zu tun hat mit einer Aktion, die den
Interessen der Arbeiterschaft entspricht, darüber ist kein
Wort zu verlieren. Aber wie man weiß, spielen die deutschen
Nationalsozialisten hier ein bischen Opposition. Sie spielen sich
auf als eine Partei, die mit dem deutschen Verband nichts zu tun
hat, die die Schweinereien nicht mitmacht, die den Zweck haben,
den Angriff der vereinigten deutschen und èechischen
Agrarier zu ermöglichen. Wir müssen hier die Frage aufwerfen,
ob ein solches Ereignis wie der englische Generalstreik oder der
gegenwärtige Kampf der englischen Arbeiterschaft
eine Frage ist, welche die Arbeiterschaft der ganzen Welt interessiert.
Wir wissen, daß der Generalstreik am 1. Mai proklamiert
worden ist und erst am 4. Mai konnten die meisten Zeitungen zu
diesem Ereignis Stellung nehmen. Am 4. Mai ignorierte das Zentralorgan
der deutschen Nationalsozialiten den Generalstreik überhaupt.
Am 5. und 6. Mai hat das Zentralorgan dieser sogenannten Arbeiterpartei
nur zwei offizielle gehässige Berichte über den englischen
Arbeiterstreik veröffentlicht (Hört! Hört!).
Vom 6. bis 12. Mai - abgesehen von 2 kleinen nichtssagenden
Notizen - hat das Zentralorgan der deutschen Nationalsozialisten
den Generalstreik in England überhaupt ignoriert. Am 12.
Mai ist bekanntlich der Generalstreik abgebrochen worden. Drei
Tage später, am 15. Mai überrascht das Zentralorgan
der Nationalsozialisten die Öffentlichkeit mit folgender
Neuigkeit: In England tobt der Generalstreik. Die Zeitungen, die
zum größten Teil arbeiterfeindlich eingestellt sind,
bringen die widersprechensten Meldungen." Dann aber heißt
es in dem Zentralorgan der nationalsozialistischen Arbeiterpartei:
"Es ist daher heller Wahnsinn oder eitle Demagogie, wenn
kommunistische Blätter hierzulande sich darüber aufregen,
daß jetzt in Mitteleuropa die Kohlenausfuhr steigt. Gewiß,
in Kladno, aber auch im Rhein- und Ruhrgebiet, mancherorts, werden
jetzt Arbeiter wieder 5-6 Schichten in der Woche einfahren, statt
bisher 4. Sie werden wieder mehr verdienen. Sollen wir darüber
jammern?" Und dann: "Wir Deutsche haben bei solchen
wirtschaftlichen Kämpfen in erster Linie stets an unsere
Arbeiter, an unsere Nächsten zu denken, an die deutsche Volkswirtschaft
und deren Wiederaufbau, dann werden wir auch am besten die Macht
des internationalen Finanzkapitals auf der einen und die des Phrasennebels
auf der anderen Seite brechen." (Výkøiky.)
So denkt das Zentralorgan der nationalsozialistischen
Arbeiterpartei über die Notwendigkeit ernster und aufrichtiger
Solidaritätsaktionen des internationalen Proletariates zugunsten
der englischen Arbeiter. Diese verlotterte politische Moral, die
aus jeder Zeile dieser Notizen spricht, entspricht auch vollkommen
der Theorie und Praxis des gelben Streikbruchs.