Pátek 19. listopadu 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 49. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 19. listopadu 1926.

1. Øeè posl. dr Wollschacka (viz str. 361 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir sind hier versammelt, um die unverjährbaren Rechte aller Bürger, aller Nationen gesetzlich fest zulegen. Wenn die gesetzgebende Versammlung diese Pflicht erfüllt, so handelt sie gerecht, wenn sie aber diese Pflicht nicht erfüllt und eine Nation auf Kosten der anderen Nationen bevorzugt, so begeht sie einen Frevel an den Nationen, die sie zurücksetzt. Was geschah und geschieht noch immer in dieser Republik? Schon bei der Schaffung der Verfassung hat man die Deutschen, die doch 3 1/2 Millionen in diesem Staate betragen, von der Mitwirkung fern gehalten. In die Verfassung kam nur all das, was dem Herrenstandpunkte des èechischen Volkes entsprach. Was nur einigermaßen diesen Herrenstandpunkt beeinträchtigen konnte, wurde nicht aufgenommen, wenn auch diese Unterlassung ein großes Unrecht gegen die übrigen Nationen war, man hat nur das aufgenommen, was im Interesse des Herrenvolkes war, alles übrige hat man vernachlässigt. Auf diese Weise wurde ein Absolutismus eingeführt, zwar nicht der Absolutismus eines Einzelnen, eines Monarchen, aber der Absolutismus eines Volkes über alle anderen Völker, welche zusammengenommen tatsächlich die Mehrheit haben. Im alten Österreich ist man über das Adels- und Kirchenregiment nicht hinausgekommen, hier kommt man nicht über das Èechenregiment hinaus.

Und warum wurden die anderen Völker so behandelt? "Ja", sagt das Herrenvolk, "das ist unser Staat." Ist das vernünftig, diesem Staate eine Grundlage zu geben, die ungerecht und unbillig ist? Auf der Erniedrigung aller anderen Völker sucht man diesen Staat aufzubauen und zu erhalten. Sie scheuen sogar vor der Lächerlichkeit nicht zurück, diesen Staat einen Nationalstaat zu nennen, Sie scheuen auch nicht vor der Heuchelei zurück, diesen Staat einen demokratischen zu nennen. Was ist denn die wahre Demokratie? Die wahre Demokratie gibt jedem Einzelnen und im Nationalitätenstaat jeder einzelnen Nation beim geringsten Maße von Einschränkung das höchstmögliche Maß von bürgerlichen Rechten. Demokratie ist Volksregierung, Demokratie setzt das Recht der Selbstbestimmung an erste Stelle. Wir wissen ja, wie wir mit diesem Selbstbestimmungsrecht zurecht gekommen sind. Was aber ist die èechische Demokratie? Die èechische Demokratie ist die Herrschaft des èechischen Volkes über alle anderen Völker, ist seit der Gründung dieser Republik nichts anderes, als schrankenlose Willkür, die natürliche Tochter der Gewalt, denn nur in dem Bewußtsein, in Besitz der Gewalt zu sein, haben Sie den Absolutismus eingeführt. Und so ist denn auch dieser Staat, wie alle Staaten zu allen Zeiten auf der Gewalt aufgebaut. Nur wenn es sich um Angehörige des èechischen Volkes handelt, beobachtet man noch die demokratischen Grundsätze, ja, da hat man sogar die Grenze der demokratischen Freiheit überschritten, wenn es sich um persönliche Bereicherung einzelner Demokraten und Patrioten handelt. Ist das Demokratie, wenn die Mehrheit der Völker an der Verfassung mitzuarbeiten verhindert wird? Ist das vielleicht Demokratie, wenn der eine Teil, weil er einer anderen Nation angehört, von bestimmten Ämtern ausgeschlossen ist? Nirgends wird der Wahnsinn der Vorurteile gefährlicher als auf religiösem und nationalem Gebiete. Für jeden Staat wird die schwerste Gefahr heraufbeschworen, wenn er die politische Beurteilung und Verwendung der Bürger von bestimmten religiösen und nationalen Anforderungen abhängig macht. Der Staat soll im Dienste einer umfassenden sittlichen Idee stehen, die Staatsgewalt hat nicht nur die Pflicht, die Person und das Eigentum zu schützen, sondern sie hat auch für das körperliche und geistige Gedeihen der Bürger zu sorgen, sie hat die Pflicht, die Bürger zu sittlicher Lebensanschauung zu erziehen, und letzten Endes die Pflicht, dahin zu streben, daß die selbstsüchtigen Beweggründe unterdrückt werden. (Posl. Patzel: Wenn aber die Unmoral und Korruption schon obenan ist? - Posl. Krebs: Die sittliche Idee dieses Staates ist die Eisleraffäre!) Jawohl.

Nun vergleiche man einmal die Aufgaben der wahren Demokratie mit der èechischen Demokratie. Da macht man die erschreckende Wahrnehmung, daß nicht einmal das Eigentum der Bürger geschützt ist, wenn sie einer anderen Nation als der Herrennation angehören. Da macht man die erschreckende Wahrnehmung, daß man die Kinder geistig verkrüppelt, indem man sie entweder lockt oder zwingt, in Schulen zu gehen, deren Unterrichtssprache sie nicht verstehen. Da macht man die erschreckende Wahrnehmung, daß sich Habsucht und Korruption schamlos breit machen und endlich, daß die nationale Unduldsamkeit in diesem Staate geradezu Orgien gefeiert hat. Einer der bedeutendsten Staatsrechtslehrer hat den Grundsatzgeprägt: "Kein Unrecht, das der Mensch zu erdulden hat, reicht von weitem an das heran, welches die Obrigkeit verübt, indem sie selbst das Recht bricht. Denn der Hüter des Gesetzes verwandelt sich zu dessen Mörder. Er ist der Vormund, der das Mündel erdolcht, der Arzt, der den Kranken vergiftet". Dieser Satz stammt von unserem bedeutenden Rechtslehrer Ihering. Wenn die staatlichen Einrichtungen und das nationale Rechtsgefühl nicht im Einklang stehen, so ist das schlimm für den Staat, auch schlimm für den Staat insoferne, als die Masse des Volkes in der Staatsgewalt den natürlichen Gegner erblicken muß. Wie kann ein Nationalitätenstaat bestehen, wenn ganze Völker Gegenstand der Demütigung und Entrechtung sind? Wie kann ein Nationalitätenstaat den Gemeingeist hervorbringen, an den doch der Bestand des Staates geknüpft ist? In einem Nationalitätenstaate ist die Achtung vor dem nationalen Rechtsgefühl jedes Volkes das kostbarste Gut, denn gerade die Pflege der Achtung vor dem Rechtsgefühl der Nationen sollte Gegenstand der politischen Pädagogik sein. Davon merkt man aber nichts in diesem Staate. Chauvinisten und politische Dilettanten, die allerdings merken den furchtbar schädlichen Einfluß auf die moralische Kraft des Staates, den ungerechte Gesetze ausüben, nicht. Sie sehen nur den üppigen Wuchs des Baumes, sie sehen nur die üppige Krone, sie merken aber nicht, daß die Wurzel angefault ist. Ein Sturm und der Baum stürzt über Nacht. An Österreich haben wir das gesehen. Warum ist dieser Staat zusammengebrochen? Weil er die nationale Frage nicht gelöst hat, weil er es nicht verstanden hat, die Völker rechtzeitig zu befriedigen. Und wir sehen aus dem ganzen Vorgehen der Èechen, daß sie aus der Geschichte nichts lernen, daß immer noch der alte Satz gilt: "Aus der Geschichte lernt man nur, daß man aus der Geschichte nichts lernt".

Gerade die Besten im deutschen Volke fühlen sich durch die Mißhandlung ihres Volkes im innersten Mark getroffen. Das Recht ihres Volkes empfinden sie als ihr persönliches Recht, das Unrecht, das man ihrem Volke zufügt, als ein ihnen persönlich zugefügtes Unrecht, jede Mißhandlung ihres Volkes als persönliche Mißhandlung. Man täusche sich nicht, wenn die Deutschen bisher verhältnismäßig so ruhig die Mißhandlungen entgegengenommen und ertragen haben. Es ist keine Eingentümlichkeit jedes Volkes, sich wild und leidenschaftlich zu geben, das ist Sache des Temperamentes, des Charakters, der Bildung. Wir werden den Kampf nicht so heftig und leidenschaftlich führen, wie es die Iren gemacht haben. Aber fest entschlossen und unbeugsam halten wir an dem Grundsatz fest: Wir dulden kein Unrecht.

Die Gerechtigkeit wird dargestellt mit Wage und Schwert. Wage ohne Schwert, das ist ohnmächtiges Recht, das ist das Recht, das heute die Deutschen genießen, weil sie sich haben verführen lassen durch Verräter und Schwächlinge, das Schwert wegzuwerfen. Schwert ohne Wage, das ist nackte Gewalt, das ist das Recht, das man überall dort, wo Deutsche sind, gegen sie anwendet, und das haben die èechischen Gründer der Republik auch gegen uns angewendet. Für den Augenblick mögen wohl die Interessen siegen, für die Dauer aber siegt die Idee. Das, was die Èechen anstreben, widerspricht dem modernen Geiste unseres Jahrhunderts. Sie werden nicht das erreichen, was Sie anstreben. Wir Deutschen werden nie zugeben, daß an die Stelle der einzelnen Nationen der Götzendienst eines einzigen Volkes gesetzt wird. Der Staat wird entweder ein Staat sein, in dem alle Völker gleichberechtigt sind, staatliche Rechtsfaktoren, Staaten im Staate, oder der Staat wird nicht sein. (Souhlas na levici.)

Jede Nation hat ihre eigenen Interessen, jede Nation ist ein Verband gleichredender, gleichfühlender, gleichdenkender Menschen, die Nation ist eine Kulturgemeinschaft, eine Lebens- und eine Schicksalsgemeinschaft, der Staat ist nur eine Arbeitsgemeinschaft. Der Staat ist nur Mittel zum Zweck. Er hat die Pflicht, die Völker und Menschen auf eine höhere Kulturstufe zu bringen, über dem Staat steht das Volk. (Souhlas na levici.) In folgedessen gebührt auch jeder Nation die Selbstverwaltung als Grundlage der Selbstbehauptung. Die Selbstverwaltung ist notwendiger, als die nationale Gesetzgebung, als Schutz gegen parteiische Ämterbesetzung. Jede Nation fordert einen nationalen Gesamtwillen. Was sagen uns da aber die Èechen? Ihr wohnt in unserem Staate, Ihr habt euch unseren Gesetzen, unserer Sprache zu unterwerfen. Das ist die Sprache des Siegers über den Besiegten, des Herrn über den Knecht. Ich will heute nicht erörtern, wie die Èechen in die Reihe der Sieger geraten sind. Solange sich die rechtlichen Verhältnisse hier den Tatsachen nicht anpassen, gibt es im Staate keine Ruhe.

Die nationalen Kämpfe können nur beendet werden, wie die konfessionellen Kämpfe. Solange auf kirchlichem Gebiete der Grundsatz herrschte, der Monarch bestimme die Religion, haben sich die Menschen die Schädel und Fenster eingeschlagen. Als man endlich die Freiheit in der Ausübung der Religion anerkannte, als man den einzelnen Religionsgenossenschaften gestattete, ihre Angelegenheiten selbst zu verwalten, da kam der Friede. (Posl. dr Luschka: Bei der Kongruaabstimmung wahrscheinlich! - Hluk. Výkøiky posl. Patzela.) Aber, meine Herren. Sie werden sich doch heute nicht die Schädel einschlagen wollen aus religiösen oder kirchlichen Gründen? Wenn auch der Inhalt des nationalen und religiösen Lebens verschieden ist, so weist die formelle Abgrenzung viele Ähnlichkeiten auf und jede Regierung wird klug handeln, in das außenstaatliche Gebiet erweist.

So scheinen die außen- und innenpolitischen Verhältnisse das Herrenvolk etwas ernüchtert zu haben. Der Verstand, nicht das Herz hat Sie dazu getrieben, andere Wege einzuschlagen. Aber gerade deshalb ist die größte Vorsicht, ja Mißtrauen am Platze. Wahre Liebe ist das nicht, die Sie heute bewegt, den Deutschen die Hand zaghaft entgegenzustrecken. Das deutsche Reich erholt sich, die Außenpolitik weist immer mehr ein verändertes Bild auf. Noch ist das Unrecht nicht gesühnt, das man uns angetan hat, zunächst muß alles beseitigt werden, woran das gesunde Rechtsgefühl Anstoß nehmen muß. (Posl. Krebs: Auch wir haben eine Mentalität!) Ja wohl, aber auf unsere Mentalität braucht keine Rücksicht genommen zu werden, wir sind ja nur die Knechte. Die Grundsätze der Gerechtigkeit müssen in allen Lebensverhältnissen durchgeführt werden, die Èechen müssen erst beweisen, daß sie heute guten Willens sind, das Unrecht gutzumachen und kein weiteres zu begehen. Uns Nationalsozialisten fehlt der Glaube, daß sich an ihrer Gesinnung gegenüber dem deutschen Volke irgend etwas geändert hat. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß wir für das Budget nicht stimmen können. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 363 tìsnopisecké zprávy):

Geehrte Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat vor einem Monat den Staatsvoranschlag für das Jahr 1927 mit einem Exposé eingeleitet, das wir deutschen Christlichsozialen in der kommenden Abstimmung zur Kenntnis nehmen werden. Wir bekunden damit unsere Erwartung, daß es das Bestreben der staatlichen Finanzverwaltung sein wird, durch Anpassung der Staatsausgaben an die Steuerleistungsfähigkeit der Bevölkerung und durch Vermeidung der Überspannung fiskalischer Sondererfolge die notwendige Gesundung unserer heimischen Volkswirtschaft zu fördern. Einen Fortschritt auf diesem Wege glauben wir in der gestern aufgelegten verbesserten Steuerreformvorlage erkennen zu können, als ersten sichtbaren Ausdruck dieser Absicht, wenn der Steuerreformentwurf der Anfang und nicht das Ende der Steuerreform ist. Unsere Zustimmung zu dem Staatsvoranschlag und den Ausführungen des Herrn Ministers stellen demnach einen Eskomptekredit auf die geforderte künftige Entwicklung der staatlichen Finanzwirtschaft dar und keineswegs eine Identifizierung mit allen Einzelheiten desselben, welcher ja auch als Staatsvoranschlag von einer Regierung verfaßt wurde, an der wir noch keinen Anteil hatten, von dieser in Bausch und Bogen übernommen wurde und daher auch noch zahlreiche Posten aufweist, welche durch uns fremde Auffassungen und Ungerechtigkeiten einer hoffentlich überwundenen Vergangenheit hervorgerufen worden sind.

Die Grundlage einer geordneten Staatswirtschaft klingt vor allem in die Forderung nach Sparsamkeit in den staatlichen Ausgaben aus. Diese Forderung ist eine berechtigte, soweit nicht diese Auslagen außerhalb der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnisse stehen. Ausgaben letzterer Art sind produktiv und setzen sich entsprechend den Bedürfnissen der Bevölkerung, welche dadurch befriedigt werden, in eine Zufriedenheit um, welche für einen Staat das wertvollste Kapital bedeutet. Dagegen wird es Aufgabe der Staatsverwaltung sein müssen, in Hinkunft alle jene Ausgaben zu vermeiden, welche mindestens überflüssig und bedenklich erscheinen können. Für eine Illusions- und Reklamepolitik sind wir nicht zu haben. Dem widersprechen die schweren Wirtschaftskrisen mit allen ihren Begleiterscheinungen wie insbesondere die Arbeitslosigkeit, zu deren Behebung es unentbehrlich ist, daß die Führung der Regierungsgeschäfte umsichtig und sich der sittlichen Verantwortung bewußt ist, um dadurch eine Besserung der wirtschaftlichen Zustände zu erzielen. Eine der wesentlichsten Voraussetzungen zur Behebung der schweren Wirtschaftskrisen erblicken wir darin, daß nicht nur von Seiten der Staatsverwaltung selbst Sparsamkeit geübt wird, sondern daß auch der Sparsinn in der Bevölkerung wieder neubelebt, ja, neubegründet wird und daß zu diesem Zwecke alle jene Eingriffe in das rechtmäßige Privateigentum in Hinkunft unterbleiben, welche in der vergangenen Zeit durch die Bodenreform, Kriegsanleihengesetzgebung usw. schon bedenklich Formen angenommen haben und sicher wenn schon vielleicht zum Vorteil einzelner, zum Schaden der Gesamtheit enden müssen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavièek.)

Es ist üblich, bei der Generaldebatte über den Staatsvoranschlag der Auffassung über die allgemeine politische Lage Ausdruck zu geben und an der Hand des Voranschlages die verfassungsmäßige Kritik an der Verwaltung zu üben. Als Vorsitzender einer Partei, welche in der Regierungsmehrheit und Regierung vertreten ist, werde ich es mir versagen, die Kritik in einem anderen als im aufbauenden Sinne zu üben. Von diesem Standpunkt aus will ich die Stellungnahme meines Klubs, des Klubs der deutschen christlich-sozialen Volkspartei, zu einigen aktuellen Fragen erörtern, wobei ich es dann den Rednern des Klubs in der Spezialdebatte überlasse, zu den einzelnen Kapiteln des Staatsvoranschlages selbst des näheren Stellung zu nehmen.

Auf dem Gebiete der Staatsverwaltung erscheint es uns z. B. dringend notwendig, die angekündigte Verwaltungsreform auch zu verwirklichen und zwar mit dem Ziele, hierdurch zu einer Vereinfachung und Entbürokratisierung der Verwaltung eines demokratischen Staates zu gelangen. Wir müssen es sehr begrüßen, wenn die Vorbereitungen zur Verwaltungsreform möglichst beschleunigt würden und dadurch möglichst bald eine streng gesetzmäßige Verwaltung in demokratischem Sinne verwirklicht würde. Ein Mittel hierzu ist nach unserer Ansicht vor allem das raschere Funktionieren des Verwaltungsapparates, insbesonders im Instanzenzug, und eine gesetzliche Fixierung der Fristen für die Erledigung von Rekursen, (Sehr richtig!) was sehr wesentlich dazu beitragen könnte, daß das selbstherrliche Regiment in den Verwaltungsämtern abgebaut und in Zukunft hoffentlich sogar ausgeschaltet würde und das Vertrauen der Bevölkerung zu den Behörden und die Autorität derselben wieder gestärkt werden. Vor allem aber müssen wir von einer Verwaltungsreform verlangen, daß Ausnahmeverordnungen, wie sie derzeit z. B. für den Bezirk Hultschin bestehen, ein für allemal unmöglich gemacht werden. Ich will mir vorbehalten, wenn es gewünscht wird, auf die Einzelheiten dieser parlamentarisch nicht genehmigten Regierungsverordnung vom 4. Mai 1920, auf welche ich Bezug nahm, noch zurückzukommen. Heute stelle ich namens meines Klubs die allgemeine Forderung, daß für normale Verhältnisse - und in solchen wollen wir leben - abnormale Verwaltungszustände ausgeschaltet werden müssen. (Souhlas.) Diese Ausnahmebestimmungen sind auch vielfach der Ausgangspunkt für die Politisierung der Ämter, welche vielfach eingerissen ist und welche uns unheilbringend erscheint, ebenso für den Staat wie für die Bevölkerung, geeignet, die Gerechtigkeit auszuschalten und jede Entwicklung, insbesondere auch in wirtschaftlicher Beziehung schon im Keime zu ersticken. (Posl. Krumpe: Nebenregierung der Výbory!) Auch das muß endlich einmal offen besprochen und vor allem beseitigt werden. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Notwendigkeiten erwarten wir von der Verwaltungsreform, daß die Staatsämter so eingerichtet werden, daß sie der Volkswirtschaft Berater und Helfer, nicht aber Besserwisser und Hemmung sind. Wir beziehen uns da als auf ein Vorbild, auf die äußerst wertvolle Arbeit, welche die Handelskammern für die Belebung und Schutz der Volkswirtschaft leisten und wir würden eine Erweiterung der Aufgaben der Handelskammern zu behördlichen Funktionen nur lebhaft begrüßen, da ja den überlasteten zuständigen Behörden dadurch auch ein großer Teil der Agenda abgenommen würde und volkswirtschaftlich erprobten Einrichtungen zur Besorgung übertragen werden könnten. (Posl. de Witte: Was ist mit den Arbeiterkammern?) Auch die sind eingeschlossen, die Volkswirtschaft erstreckt sich auch auf die Interessen der Arbeiter. Wir verhehlen dabei nicht, daß wir in der Förderung der Erwerbtätigkeit die wichtigste Grundlage zur wirtschaftlichen Konsolidierung und zur Behebung der sozialen Not erblicken. Es erscheint mir weiters wichtig, daß dem Verkehrswesen ein besonderes Augenmerk zugewendet werde, da dieses für die Blüte von Handel und Gewerbe und Industrie und damit auch für die Pflege der Interessen der Arbeiterschaft von entscheidender Bedeutung ist. In diesem Belange wäre es sehr zu wünschen, daß insbesondere die Tarifpolitik auf unseren Bahnen und öffentlichen Verkehrsmitteln eine Revision, aber nicht mit dem Ziele nach oben, sondern mit der Absicht einer Herabsetzung der Tarife unterzogen würde. Es ist sicher von wirtschaftlichem Standpunkt aus eine vernichtende Kritik, wenn in dieser Hinsicht z. B. bekannt wird, daß der Schuhwarenfabrikant Baa seine Exportwaren nach Deutschland von Zlin nach Oderberg im Automobil schickt, da er damit nur den Weg von 5-6 Stunden zurückzulegen hat und seine Regie um 25% billiger ist als wenn er die Ware per Eilgut von Zlin nach Oderberg versendet, wofür er drei Tage braucht. (Hört! Hört!) In gleicher Weise ist sicher auch der Abbau der Personentarife sogar mehr ein fiskalisches Interesse als ihre Erhöhung, da durch eine Erhöhung der Tarife, von welcher zumindestens gesprochen und leider auch sehr oft Gebrauch gemacht wird, die Reisenden von Fahrten abgeschreckt werden. Alle diejenigen, die nicht unbedingt reisen müssen unterlassen das Reisen und dadurch tritt eine Verminderung der Einnahmen ein. Ebenso kann man übrigens auch bei den Steuern behaupten, daß der Ertrag wieder infolge verbesserter Steuermoral wahrscheinlich höher ist, wenn die Sätze geringer sind. Ebenso behindernd für den Verkehr wie diese tarifarischen Maßnahmen erscheinen uns auch die Empfindungen des Reisenden bei den sprachlichen Vorschriften, welche sich bei den staatlichen Verkehrsunternehmungen einzubürgern belieben und auf das nichtèechische Reisepublikum den unliebsamsten Eindruck machen. Ist es z. B. notwendig, daß in einer Grenzstation wie Lundenburg die deutsche Sprache in den Aufschriften verpönt ist, daß da die Bahnaufschriften an zweiter Stelle nur französisch sind. Etwa für die polnischen Juden, die dort durchreisen? Es ist das ebenso beklagenswert wie in Prag, wo in unserer gemeinsamen Hauptstadt auf den Bahnhöfen Aufschriften in deutscher Sprache nach wie vor verpönt zu sein scheinen, obwohl es die gemeinsame Hauptstadt für alle Völker dieses Staates ist und im besonderen einen sehr ansehnlichen Prozentsatz deutscher Staatsbürger zählt, die hier ihren Wohnsitz haben und endlich das wirtschaftliche, das Geschäftsleben in Prag durch das Vorhandensein Deutscher in diesem Staate und in der Stadt sehr wesentlich und günstig beeinflußt wird. (Posl. de Witte: Warum stellen Sie da nicht diesbezügliche Anträge? Sie haben doch da bereits die Mehrheit!) Erst dann, bis wir die Mehrheit in der Stadtvertretung von Prag haben werden, da Sie genau wissen, daß der Primator von Prag in dieser Beziehung allmächtig ist und mehr oder weniger sogar die staatlichen Ämter unter seinem Einflusse stehen. (Posl. de Witte: Man geht doch in die Regierung nur hinein, wenn wenigstens diese ersten Voraussetzungen erfüllt worden sind. Sie sehen ja, wie Hlinka das macht, er macht es etwas fester! - Výkøiky.) Wir sehen die Förderung der Volkswirtschaft und die Verbesserung der Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten für die Bevölkerung als eine der wichtigsten Sorgen an, welche der Regierung obliegen. In der Betätigung der freien Wirtschaft wollen wir nur dort einen Zwang, wo diesen Zwang die soziale Fürsorge und die strenge Handhabung der Wuchergesetze gegen Exzesse des freien Wettbewerbes erfordern. (Rùzné výkøiky.) Zur notwendigen Erweiterung der sozialen Fürsorge erwarten wir, daß alle Erfahrungen, welche auf dem Gebiete der Sozialversicherung, für welche wir programmatisch zu jeder Zeit eintreten, gesammelt werden, um daraus jene Verbesserungen zu erzielen, welche die Vorteile der Sozialversicherung für die Versicherten erhöhen und unnötige Belastungen beseitigen. (Posl. de Witte: Anträge stellen!) Wird schon geschehen. Es scheint wichtig, daß Kapitalansammlungen bei der Sozialversicherung nicht brach liegen, sondern unbeschadet der Versicherungszwecke für die allgemeine Wohlfahrtspflege nutzbringend angelegt werden. Im Rahmen staatlich garantierter Anleihen, Darlehen, ließe sich daraus mancher Beitrag zum Beispiel für Wasserbauten, Straßenbauten, für Heilanstalten, Siechenhäuser und sonstige Belange der sozialen Fürsorge und Gesundheitspflege erzielen, (Výkøiky.) ebenso wie auch Beiträge in der brennenden Frage der Wohnungsfürsorge. Vor allem soll in diesen Belangen, hoffentlich wird es geschehen, die Staatsverwaltung mit gutem Beispiel vorangehen und endlich das Pensionistenelend lindern. Wir warnen da jetzt schon vor allfälligen Absichten, die Regelung der endlichen Gleichstellung der staatlichen Alt- und Neupensionisten noch weiter in die Länge zu ziehen. Gleiche Berufsarbeit und gleiche Not sind das Band, welches alle Kategorien von Staatspensionisten umschließt. Gleiches Recht und gleiche Versorgungsgenüsse sind die erste Erfüllung der unleugbaren sozialen Verpflichtung des Staates für seine Pensionisten. Fiskalische Bedenken erscheinen uns kleinlich und unangebracht. Ich gestatte mir da die Anfrage, ob dem Herrn Finanzminister von der Not der sogenannten Auslandspensionisten schon berichtet worden ist, jener Pensionisten, welche wenig Aussicht haben, daß die durch den Römischen Vertrag gegebene Sicherstellung ihrer Pensionen von ihnen noch erlebt wird, und welche trotz ihrer durch die parlamentarische Ratifizierung der Verträge anerkannten Ansprüche noch immer auf ganz unzulängliche Vorschüsse angewiesen sind, von denen sie nicht leben können. Es wäre eine äußerst verdienstvolle Tat des Finanzministers, wenn er die diesbezüglichen im Finanzministerium oft seit langen Jahren ruh enden Anliegen endlich erledigt und die Vorschüsse an diese Auslandspensionisten auf die Höhe der ihnen zukommenden Pensionen im Sinne und im Willen der getätigten Parlamentsbeschlüsse gebracht werden würden.

Auf dem Gebiete des Schulwesens hat der Herr Schulminister mit anerkennenswertem Mute eine Besserung der berechtigten Selbstverwaltungsansprüche und für das Schulwesen in Aussicht gestellt. (Posl. de Witte: Vorläufig sperrt er weiter deutsche Schulen!) Dem deutschen Kinde die deutsche Schule und Schulbehörde! Das ist der Ruf, auch der Ihre, der niemals eine Provokation gewesen ist, sondern nur der Ruf nach Gerechtigkeit für unser Volk. Wir stimmen vollkommen mit dem Schulminister überein, daß jeder Zwang, deutsche Kinder, anderseits auch èechische Kinder in anderssprachige Schulen zu pressen, vom Rechtsstandpunkt strafbar und vom moralischen Standpunkt verwerflich ist. Und wir werden ihn auf diesem Wege umsomehr unterstützen, als das der einzige Weg ist, die Schule gesetzwidrigen Umtrieben zu entziehen und wieder zum freien Kulturgut freier Völker zu machen. Die hiebei zum Ausdruck kommende, Anerkennung des Elternrechtes, auf die Erziehung der Kinder nach ihrer Nationalität muß sich nach unserer Auffassung auch auf das Recht der Eltern auf sittlich religiöse Erziehung ihrer Kinder erstrecken, (Sehr gut!) welche wir als unentbehrlich zur allgemein gewünschten Bekämpfung der Demoralisation unserer Zeit ansehen. Hiezu kommt unser Wunsch, daß in gleicher Weise die Pflege der körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend gefördert, und Schmutz und Schund in Literatur, Kino, Theater und sonstwo immer bekämpft wird. Die Pflege des kulturellen Lebens aller Völker ist unserer Ansicht nach eine hervorragende Aufgabe des Staates.


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