Ètvrtek 9. prosince 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 56. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 9. prosince 1926.

1. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 1232 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf steht in unverkennbarem Zusammenhang mit der Steuerreform. Die Steuererleichterungen für neueingeführte Prooduktionszweige - darum handelt es sich in dieser Vorlage - werden deshalb separat und beschleunigt von der Mehrheit beschlossen, um einem bestimmten Unternehmen, der Mährisch-Ostrauer Stickstoffabrik, große Vorteile schon früher zuschanzen zukönnen. Die Vorlage hat also ausgesprochen protektionistischen Charakter. Überhaupt ist es ein Gesetz, das der Protektionswirtschaft weitesten Spielraum gewährt. Denn im § 1 des Gesetzes wird die Gewährung von Steuererleichterungen ausschließlich dem Ermessen und Wohlwollen der Bürokratie überlassen. Was das verhängnisvolle Wort "kann" unter dem Einfluß der Parteienwirtschaft z. B. im Bodenamt zum Hohne der Gerechtigkeit zu bedeuten hat, das weiß ja längst die ganze Welt. Man komme uns nicht mit der im Motivenbericht zu dieser sonderbaren Vorlage aufgestellten Behauptung, es handle sich im vorliegenden Falle um eine volkswirtschaftlich sehr bedeutende Angelegenheit. In Wirklichkeit dreht es sich ganz klar um eine rein kapitalistische Gründung, an der neben dem Unternehmen selbst in erster Reihe der Moloch Militarismus interessiert ist. Auch die im Motivenbericht enthaltene Bemerkung, daß man deshalb Mährisch-Ostrau zum Standort der Fabrik gewählt hat, weil dort große Arbeitslosigkeit herrscht, imponiert uns nicht. Abgesehen davon, daß in vielen anderen Städten der Republik gleichfalls große Arbeitslosigkeit vorhanden ist, verdankt die Èechoslovakei die schlechte Konjunktur gerade in Mährisch-Ostrau zunächst dem miserablen Handelsvertrag mit Polen. Waren wir im Handelsverkehr mit Polen im Vorjahr mit 118 Millionen Kronen passiv, so sind wir heuer schon mit über 600 Millionen Kronen passiv. Mit Rücksicht auf den höchst einseitigen, unverhüllt protektionistischen Charakter der Vorlage haben wir den Antrag auf Zurückweisung an den Budgetausschuß gestellt, wo er im Verein mit der großen Steuervorlage verhandelt werden soll.

Vom prinzipiellen Standpunkt aus möchte ich dem Herrn Finanzminister Dr Engliš gegenüber bemerken, daß ein bekannter Steuerfachmann mit vollem Recht erklärt hat, die Steuerbefreiung sei die roheste und primitivste Form der staatlichen Produktionsförderung. Dieses Mittel möge wohl für halbkultivierte Agrarstaaten anwendbar sein, passe jedoch absolut nicht für ein industriell so hoch entwickeltes Land wie die Èechoslovakei. In einem bestimmten Brünner Fall hat der Finanzminister erklärt, man möge nicht das Aktienkapital durch Steuerabschreibungen auffüllen. Dieser richtige Grundsatz wird in Mähr.-Ostrau aber nicht zur Anwendung gebracht. Es handelt sich bei diesem Gesetz um die Fortsetzung jener für die gesamte Volkswirtschaft des Staates verhängnisvollen Politik, auf Kosten der Allgemeinheit bestimmten kapitalistischen Gruppen große finanzielle Vorteile zu sichern. Schon beim Zollkampf haben wir gesehen, daß sich in dieser Beziehung die Agrarier und Industriellen einträchtig zusammenfanden. Sie verstanden es, sich gegenseitig große wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Dasselbe Schauspiel beobachteten wir übrigens bereits im alten Österreich und in vielen anderen Ländern ergibt sich das gleiche Bild. Der frühere Gegensatz zwischen Agrarismus und lndustrialismus ist schon längst überwunden. Beide haben sich vereinigt, um gemeinsam das Volk auszubeuten und den Staat zum gehorsamen Werkzeug zu machen. Unter diesen Umständen klingt es durchaus nicht sonderbar, wenn in agrarischen Blättern vom Schlage der "Deutschen Landpost" triumphierend berichtet wird, daß sich die èechische Schwerindustrie der Agrarpartei anschließen will. Der Anschauung, als ob zwischen Industrie und Landwirtschaft unlösbare Gegensätze bestünden, wird hier dadurch ein Schnippchen geschlagen. Uns sind die Zusammenhänge dieser nur scheinbar unnatürlichen Liebe ja wohl bekannt, ist es doch das gemeinsame kapitalistische Interesse an der Ausbeutung der großen breiten Massen, das nicht nur die Agrarier deutscher und èechischer Zunge zusammenführte, sondern auch das Bündnis zwischen Industriellen und Agrariern im Zollkampfe schuf.

Nun kommt die Lösung der Steuerfrage. Die Industriellen wollen hiebei möglichst viel profitieren und darum ihre Anbiederung an die Agrarier die heute mit Hilfe der Christlichsozialen und Gewerbeparteiler die Macht der Agrarkapitals repräsentieren. Teilung der Beute auch bei diesem politischen Geschäft: Das ist der Sinn und der Zweck der Annäherung der Industriellen an die heute den Staat beherrschenden Agrarier. Die èechische Industrie ist es nicht allein, welche hier dem Drange ihres Geldsacks folgt, auch die deutsche Industrie wird den Weg zu den Fleischtöpfen der Agrarier zu finden wissen, um wenigstens einige Brosamen vom reichgedeckten Tische der gnadenspendenden agrarischen Machthaber zu erhaschen. Man denke nur, was bei Staatslieferungen herausschauen kann, wenn man es mit den maßgebenden Herrschaften nicht verdirbt!

Dieser Tage betonten die führenden Männer der èechischen Industrie auf einer Prager Tagung des "Svaz", wenn die Handelspolitik eines Exportstaates betrieben werden solle, müßten die Steuerverhältnisse dementsprechend geregelt werden. Es paßt ihnen in dieser Richtung nicht, daß die Regierung im Entwurf über die Regelung der Finanzen der Selbstverwaltungskörper nachträglich die Erhöhung der autonomen Zuschläge von 410 auf 610% vorgesehen hat, und zwar für den sicher oft vorkommenden Fall, daß die normalen Zuschläge in den betreffenden Gemeinden zur Verzinsung und Amortisierung der Schulden nicht hinreichen, die bis 1. Jänner 1928 kontrahiert werden. Neben der Regelung der Steuersätze sei eine Herabsetzung der Steuerlasten für die produktiven Schichten, besser gesagt Kapitalisten, nur durch die Beschränkung der hohen Gemeindeumlagen zu erreichen. Das werden sich die Agrarier nicht zweimal sagen lassen. Auch sie sind geschworene Feinde erhöhter Gemeindeumlagen, die zu Gunsten der Gesundheit und sozialen Fürsorge der arbeitenden Bevölkerung, für das Schulwesen, für die Straßenbauten, Beleuchtung usw. verwendet werden sollen.

Daß die deutschen Unternehmer um kein Haar besser sind als die èechischen und ebenfalls gegen die Gemeinden und Bezirke losgehen und gleichfalls die Autonomie der Selbstverwaltungskörper untergraben, obgleich sie der oppositionellen deutschen Nationalpartei angehören, sehen wir im Bezirk Tetschen. Dort haben die Vertreter der Deutschen Nationalpartei im Interesse der großen Fabrikanten alle Jahre, auch jetzt wieder, gegen den Voranschlag des Bezirkes Einwendungen erhoben. Diesmal beanständen sie die angeblich zu hohen Gehälter der Beamten, die Ausgaben für das im Bau befindliche Kinderheim und die geplante Anlage einer Dampfheizung im Verwaltungsgebäude. Die Autonomie der Gemeinden ist der deutlichste Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes, das aber die deutschen Kapitalisten um des schnöden Mammons willen leicht preisgeben. Statt aus verkehrten Ersparungsgründen zu bürokratisieren, ist eine Erweiterung der Autonomie im Interesse der Gesamtheit dringend notwendig. Abbauen und sparen auf Kosten des ärmsten Bruders der Nation, das ist das gemeinsame Leitmotiv der Schlotbarone und derer von Ar und Halm. Beiden gemeinsam ist der Drang, in der ärgsten Ausbeutung und sozialen Unterdrückung das Heil der Produktion zu sehen. Sie haben nichts gelernt aus den Erfahrungen Amerikas und neuerdings Deutschlands, wo die Erkenntnis reift, daß eine gutbezahlte Arbeiterschaft die beste Gewähr für einen starken inneren Markt ist, der gleicherweise der Landwirtschaft wie der Industrie zugute kommt. Wir sehen gerade jetzt an den beweglichen Klagen der Geschäftswelt über den heurigen überaus schlechten Geschäftsgang zu Weihnachten, welch immense Bedeutung der Arbeiterschaft als Verbraucher zukommt. Das agrarische Sprüchlein, daß alle Welt Geld hat, wenn der Bauer Geld hat, wie es uns in der Zolldebatte seinerzeit auch gesagt wurde, ist bei uns nicht zugetroffen.

Das Bündnis der Industriellen und Agrarier in der Steuerfrage ist allen sichtbar in dieser Vorlage, die wir eben verhandeln, wie in dem von der Regierung vorgelegten großen Steuerentwurf, wo das Streben vorwaltet, bei gleichzeitiger Entlastung der besitzenden Klassen die besitzlosen Klassen und Minderbemittelten noch weiter zu belasten. Solange kein Abbau der indirekten Steuern erfolgt, die das Dreifache der direkten ausmachen und von den wirtschaftlich Schwächsten viel stärker empfunden werden als von den Reichen, kann von einer wirklichen Steuerreform nicht die Rede sein. Und solange der Staat pro Kopf und Jahr über 700 Kè Steuern einhebt, während die autonomen Lasten in den historischen Ländern nur 177 Kè betragen, hat die Regierung nicht das geringste moralische Recht, anderen das Sparen anzuempfehlen. Sie mag nur bei sich selbst mit dem Sparen anfangen, etwa beim Militarismus, bei der Kongrua, bei der Propaganda im In- und Auslande und bei hundert anderen Anlässen, dann brauchten sich die Herren vom Zentralindustriellenverband, dem "Svaz" und die deutschen Fabrikanten nicht auf die angeblich zu hohen und unerschwinglichen Umlagen der Gemeinden und Bezirke zu berufen. Wenn die Industrie durch fortschreitende Rationalisierung die Erzeugungskosten so herabdrücken will, daß sie ihren Stand in der Weltwirtschaft zumindest sichert, dann mögen die diversen Wortführer der lndustriellen, Dr. Hodáè, Ing. Novák, lng. Dvoøáèek oder wie sie sonst heißen mögen, ihren Kampf vor allem gegen die hohen unproduktiven Ausgaben des Staates richten, die Gemeinden jedoch ungeschoren lassen. Die Tatsache, daß sie in der Hauptsache die sozialen Lasten gleich den Agrariern herabdrücken wollen, alles übrige jedoch unangetastet lassen, kennzeichnet so recht ihre antisoziale, erzreaktionäre Einstellung zum Steuerproblem. Daß wir eine derartige volksfeindliche Politik aufs schärfste bekämpfen, ist selbstverständlich.

Wir sind selbstverständlich gerne bereit, günstige Vorbedingugngen für die Entwicklung der heimischen Volkswirtschaft schaffen zu helfen, es darf aber nicht auf Kosten des arbeitenden Volkes gehen. So sehr die Klagen der Steuerzahler in der Richtung berechtigt sind, daß die Finanzverwaltung für die in der lnflationszeit vorgeschriebenen Steuern nachträglich mit gutem Geld bezahlt haben will, können wir doch nicht zugeben, wenn behauptet wird, daß die Industriellen oder Agrarier in der Steuerfrage allzuhart behandelt werden. Beide Teile verstehen es nämlich ausgezeichnet, sich vom Steuerzahlen möglichst zu drücken. Sie haben mit Hilfe ihrer Rechtsvertreter ein ausgeklügeltes System eingerichtet, wobei sie sich Millionen ersparen. Ich kenne Advokaten, die als Steuerberater der Fabrikanten zu großem Vermögen gelangt sind.

Das Verstecken der Reingewinne muß besonders gut ein Brünner Tuchfabrikant verstanden haben, der nach Presseberichten seit Bestand des Staates angeblich noch keine Steuern bezahlt hat, obgleich er in der Nachkriegszeit Millionen verdient hat. Die Brünner Maschinenfabriks A.-G. rechnet auch mit großem Entgegenkommen, denn sie will 30 Millionen Kè schuldige Steuern abgeschrieben haben. Wenn der Staat mehr als 3122 Milliarden rückständige Steuern zu bekommen hat, so sind nicht die kleinen Steuerträger die Hauptschuldigen, sondern meist die großen Unternehmungen. Im Steuerbezirk Tetschen sind 100% Steuern rückständig, davon sollen 60% verloren sein. Der Löwenanteil entfällt auch hier auf die großen Unternehmungen, die zwar Millionen verdienen, aber dem Staat die Steuern schuldig blieben. Beim Arbeiter, Kleinlandwirt und Gewerbetreibenden treibt man jedoch die Steuerrückstände ohne viel Federlesen ein. Auf jeden Fall steht unumstößlich fest, daß die breiten Massen, welche die indirekten Steuern von vornherein im Preise der Waren bezahlen müssen und denen vom Lohn die Steuern abgezogen werden, bis her die Wurzen gewesen sind. Den Kapitalisten dagegen wird auch in Zukunft die Steuer gestundet werden. Die Agrarier betreiben das Geschäft des Steuerabschreibens nicht minder eifrig. Sie haben die Einbringung von Rekursen und dergleichen im Großbetrieb organisiert. Ob der Rekurs Aussicht hat auf Erfolg oder nicht, wird kaum untersucht, die Hauptsache ist, daß für die Parteimitglieder etwas getan wird, damit die Parteimitglieder getröstet sind. Die Steuerbehörden sind schon längst auf diese Demagogie gekommen. In der letzten Zeit hat sogar Herr Finanzminister Dr Engliš diesen Unfug entsprechend gekennzeichnet. In der Antwort des Finanzministers auf die Interpellation der Abg. Weisser und Genossen betreffend die mißlichen Steuerverhältnisse in den Gemeinden des Adlergebirges, Rokitnitz und Deschnei, Druck III/182 heißt es: "Es ist zwar wahr, daß in letzter Zeit in manchen Gemeinden der erwähnten Orte zahlreiche Ansuchen um Mitteilung der Bemessungsgrundlage und zahlreiche Berufungen eingebracht worden sind, jedoch kann dieser Umstand mehr auf Rechnung der betriebenen Agitation gegen die Steuervorschreibungen überhaupt als auf eine tatsächliche Übersteuerung gesetzt werden, wofür auch die zahlreichen vollständig gleichlautenden und aus einer Quelle stammenden allgemeinen Beschwerden vieler Gemeinden aus den betreffenden Bezirken zeugen." Wie sehr die Landbündler ihre Steuerkommissionsmitglieder zum Mißbrauch ihres Amtes erziehen und aus deren Tätigkeit parteipolitischen Nutzen ziehen, zeigt die nachstehende Bemerkung des Rundschreibens der Bezirksparteileitung in Böhmisch-Leipa G. Z. 7, Seite 2 vom 8. Jänner 1926: "Wir ersuchen die Vertrauensmänner, die Einkommensteuernachlässe nicht in Sitzungen öffentlich, sondern persönlich bekanntzugeben, damit dadurch nicht Unstimmigkeiten hervorgerufen werden, weil der eine mehr, der andere weniger Nachlaß erhalten hat." Die landbündlerischen Kommissionsmitglieder treiben also mit den erzielten Steuernachlässen eine ausgesprochene Agitation im Dorfe. Da sich die öffentliche Bekanntgabe der Resultate wirklich nicht als praktisch erwies, wählte man auftragsgemäß die weniger kontrollierbare Form der mündlichen Bekanntgabe von Mann zu Mann.

Daß es sich auch hier um ein wohl vorbedachtes System handelt, zeigt uns ferner das Rundschreiben des landwirtschaftlichen Bezirksverbandes und des Bundes der Landwirte in Podersam vom 5. November 1926, wo auf das günstige Ergebnis der Steuerverhandlungen vom 29. Oktober dieses Jahres hingewiesen wird, die in Anwesenheit des Regierungsrates Gregora aus Prag stattfanden. In diesem Zirkular heißt es: "Das Ergebnis wird gewiß alle unsere Mitglieder zufrieden stellen. Wir bemerken nur noch dazu, daß die Notstandsgemeinden, das sind jene, die im Vorjahr von der Dürre betroffen wurden, überhaupt für das Wirtschaftsjahr 1925, Steuerjahr 1926, aus der Einkommensteuer herausfallen werden." Später kommt der parteipolitische Pferdefuß dieser Steueraktion zum Vorschein: Es heißt im Punkt 5 des Zirkulars bezüglich der Einsendung der Mitgliederbeiträge für den Bund der Landwirte pro 1926: "Wir erwarten unter Hinweis auf den Punkt 1 des heutigen Berichtes ehestens die Einzahlung der rückständigen Beiträge." Das ist doch deutlich genug! Unter solchen Umständen, wo klar ersichtlich ist, daß die unverkennbare Absicht besteht, die Hauptlasten der Steuern auf die Besitzlosen und minderbemittelten Kreise auch fernerhin abzuwälzen, können wir nicht einer Vorlage zustimmen, die im Wesen eine Konzession an die kapitalistische Klasse ist.

Wie nehmen umsoweniger die Steuerweisheiten der Regierung und der kapitalistischen Parteien als ein unabänderliches Evangelium hin, weil auch von ernsten bürgerlichen Volkswirtschaftlern das System Engliš entschieden bekämpft wird. Herr Professor Dr Drachovský hat erst diese Woche in der Böhmischen Volkswirtschaftlichen Gesellschaft, daran wenig gute Haare gelassen. Er kritisierte das Budget pro 1927 als ungünstig und hält die neue Form desselben nicht für gut. Er sprach auch von der Notwendigkeit einer vernünftigen Finanzgebarung und der Hebung der Steuermoral - bei den besitzenden - Klassen natürlich, fügen wir bei.

Ebensowenig wie wir den Agrariern Liebesgaben in Form von Zöllen bewilligen, ebensowenig stimmen wir offenkundigen Liebesgaben für die Industriellen zu. Wir lehnen deshalb diese Vorlage ab.

Noch eins: einer Regierung, deren Chef sich im Budgetausschuß des Senates ganz offen für den antisozialen Kurs ausgesprochen hat, müssen wir entschiedenst entgegentreten. Herr Ministerpräsident Švehla erklärte nämlich, bei dem bisherigen Vorgehen wurden hauptsächlich drei Gesichtspunkte beachtet: Fiskus, Lohn und Konsum, aber oft wurde - angeblich - der Gesichtspunkt der Handelsrentabilität und der Produktion übersehen. "So dürfen wir in Hinkunft nicht vorgehen", meinte er offen. Er verkündete zum Schluß wörtlich, es sei eine unantastbare Wahrheit, daß jedes Unternehmertum, das lebensfähig sein soll, rentabel sein muß.

Wenn auch Herr Ministerpräsident Švehla es nicht zugibt, daß dies eine antisoziale Einstellung ist, steht doch fest, daß dieses sein wirtschaftliches Glaubensbekenntnis den ungeteilten Beifall aller Kapitalisten findet. Freilich hat schon ein Größerer lange vor ihm das innere Wesen des Kapitalismus viel treffender gekennzeichnet. Unser Karl Marx war es, der sagte: "Das Kapital hat einen Horror (Grauen) vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird das Kapital kühn, 10% sicher, und man kann es überall anwenden, 20%, es wird lebhaft, 50% positiv waghalsig, für 100% stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß, 300% - und es gibt kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens."

Der Herr Ministerpräsident wird selbstverständlich niemals so drastisch sprechen, wie Karl Marx, aber dafür ist sein Wort den Kapitalisten aller Grade in diesem Staate ein Signal in dem Sinne, daß der Ausbeutung der Arbeiterklasse und der breiten Massen der Verbraucher in erhöhtem Maße freie Bahn geschaffen werden soll. Diesem antisozialen Kurse, wie er auch gewissen Äußerungen des deutschen Ministers Herrn Dr Spina entspricht, sagen wir hiemit den schärfsten Kampf an. Die deutschen Regierungsparteien machen wir in erster Linie für die Folgen des antisozialen Kurses mit verantwortlich. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

2. Øeè posl. Kreibicha (viz str. 1245 tìsnopisecké zprávy):

Die Bestimmung des § 51 der Geschäftsordnung, welche die Erteilung einer Rüge im Falle einer Beleidigung vorsieht, kann sich sinngemäß nur auf bloße Beleidigungen, Beschimpfungen und Injurien beziehen. Ganz unsinnig muß daher ein Ersuchen wirken, auf diesem Wege Angriffe und Beschuldigungen politischer Natur auszutragen, und um solche handelt es sich bei den Mitteilungen, die ich in der Plenarsitzung des Hauses am 19. November über die Affäre Koburg - Hodža gemacht habe. Es handelt sich hier um eine hochpolitische Korruptionsaffäre, in der nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Parteien und die Regierung selbst verwickelt sind, und deren Schatten soweit die Annahme der lex Cyrill in Frage kommt, auch auf dieses Haus fallen. Infolgedessen können nicht einmal gerichtliche Ehrenbeleidigungen und Betrugsprozesse, geschweige denn irgendwelche Erklärungen, irgend welche der zahlreichen Erklärungen möchte ich sagen, von wo immer sie kommen mögen, die endgültige Erledigung dieser Angelegenheit bringen. (Sehr richtig! - Hluk.)

Die heutige Erklärung des Herrn Ministers Dr Hodža ist ein klassisches Beispiel der Rede eines Angeklagen, der sehr viel herumredet, um zu verhüllen, daß er recht wenig zu sagen hat. (Potlesk komunistických poslancù. - Hluk.) Herr Dr Hodža hat aber nicht den Versuch gemacht, uns zu erzählen - und das ist die große Lücke in seiner Erklärung - was sich ereignet hat an Interventionen und ähnlichen Eingriffen in der Zeit zwischen der Annahme der lex Cyrill durch die Nationalversammlung und zwischen dem Zeitpunkt, wo sich herausstellte, daß die ganze lex Cyrill eine verfehlte Sache gewesen ist und daß sie die Angelegenheit des Prinzen Cyrill absolut nicht retten kann. Über diesen Zeitpunkt fehlt uns jedwede Angabe in der Erklärung des Herrn Ministers Hodža und dieser Zeitpunkt ist mit entscheidend in der ganzen Affäre.

Der Herr Minister Hodža hat sich hier darauf berufen, daß er es nicht notwendig gehabt hätte, einen Vermittler zu verwenden zwischen sich und den slovakischen Volksparteilern, weil er die Herren selbst seit 25 Jahren kennt und mit den Herren selbst sehr gut bekannt ist. Nun es gibt Dinge, über die man auch mit den besten Bekannten lieber nicht persönlich spricht, bei denen man sich sehr gerne eines Vermittlers bedient. Ich habe nicht behauptet, daß ein Vermittler notwendig war, um Beziehungen zwischen Herrn Dr Hodža und den Volksparteilern herzustellen, sondern ich habe nur behauptet, daß ein Mittelsmann tätig war, um der Geldbriefträger zwischen ihnen zu sein. Darum hat es sich mir gehandelt.

Herr Minister Hodža hat erklärt und die Bemerkung hier fallen lassen - wahrscheinlich um doch irgend einen Punkt hier anzuführen, weshalb der Untersuchungsausschuß nicht notwendig sei - daß er selbst veranlaßt habe, daß diese Angelegenheit dem Staatsanwalte übergeben werde. Das ist nichts anderes als eine Verhöhnung des Verlangens nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Wer weiß, was bei uns die richterliche Unabhängigkeit bedeutet, wer eine Ahnung hat von den Zuständen beim Obersten Gerichtshof (Hluk.) in Brünn, wer die klerikal-ministerielle Korruption kennt, die sich an den Namen Prouza knüpft, wird wissen, daß infolgedessen der Staatsanwalt, (Hluk.) der vollständig abhängig ist von der Regierung, der ein Organ der Regierung ist, die an dieser Affäre mitbeteiligt ist, daß dieser Staatsanwalt nicht das Organ ist, das imstande wäre, diese Affäre zu untersuchen. (Potlesk komunistických poslancù. - Hluk.) Machen Sie keinen Versuch, mich zu überschreien. Das gelingt Ihnen nicht. (Rùzné výkøiky komunistických poslancù.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Kreibich (pokraèuje): Am lächerlichsten ist die Bemerkung des Herrn Ministers Hodža, daß er, wenn er hätte jemandem, den Volksparteilen bezw. der Bewegung in der Slovakei 2 Millionen spenden wollen, daß er dazu gewiß andere Quellen gefunden hätte, als gerade Koburg und Eisler. Das ist die lächerliche Ausrede eines Spitzbuben, den man beschuldigt, irgendwo gestohlen zu haben, und der sagt: Ich hätte das Geld anderswo auch nehmen können, ich war auf das nicht angewiesen. (Potlesk a souhlas komunistických poslancù. - Hluk.) Diese lächerliche Antwort ist bezeichnend für die Art und den Charakter der Erklärung des Herrn Ministers Hodža. Das vorliegende Disziplinarverfahren gegen mich ist, und das zeigt auch die Erklärung des Herrn Ministers, am allerwenigstens geeignet, hier irgend etwas in Ordnung zu bringen, umsomehr, als die Mehrheit des Immunitätsausschusses jede Möglichkeit eines Eingehens auf den Inhalt meiner Beschuldigungen abgelehnt hat. (Slyšte! Slyšte!) Wenn man diese gegen mich gerichtete Aktion ernst nehmen soll, so müssen Sie den Beschluß fassen, dieses Disziplinarverfahren zumindest bis zur Erledigung der mit dieser Affäre zusammenhängenden gerichtlichen Verfahren, wenn nicht bis zur Beendigung der parlamentarischen Untersuchung zu vertagen. Sobald Sie sich weder dazu aufschwingen, noch sich zur Durchführung der parlamentarischen Untersuchung der ganzen Affäre entschließen, beweisen Sie, daß dieses Disziplinarverfahren gegen mich nur den Zweck verfolgt, der parlamentarischen Untersuchung auszuweichen, weshalb ich es auch ablehne, in diesem Verfahren irgendwelche Angaben zu machen. Mit dieser Taktik des Ausweichens machen Sie dieses Verfahren nur lächerlich und Ihre Rüge wird nicht mich, sondern Sie blosstellen.

Welche Komödie hier gespielt wird, um auszuweichen, zu verschleiern und zu vertuschen, zeigt deutlich der Umstand, daß der lnitiativausschuß bis heute noch nicht einberufen wurde, um die Anträge auf parlamentarische Untersuchung der Affäre Koburg-Hodža zu verhandeln. Dabei hat der Vorsitzende dieses Ausschusses, der Herr Abg. Dubický in der Sitzung des Ausschusses am 24. November erklärt, er werde die nächste Sitzung im Laufe des nächsten Tages, also am 25. November einberufen. Daraus geht klar hervor, wie unsicher sich die agrarischen Korruptionshelden fühlen. (Výbornì!) Nicht nur, daß sie alle Hebel in Bewegung setzen, um eine parlamentarische Untersuchung zu verhindern, diese Ablehnung jeder gründlichen Untersuchung von Korruptionsaffären war ja auch eine Eigenschaft der allnationalen Korruptionskoalition. Die neue Koalition bringt nicht einmal den Mut auf diese Untersuchung glatt abzulehnen, das feige Ausweichen sogar vor der Entscheidung des lnitiativausschusses ist ein Beweis für die Angst der Korruptionisten, die ihre einzige Zuflucht in einem Disziplinarverfahren wegen formaler Beleidigung suchen.

Das aber ist nichts als ein feiges Auskneifen, denn es handelt sich hier nicht um bloße Beleidigungen. Ich habe z. B. niemanden beschuldigt, für sich Geld genommen zu haben. Ich habe auch mit keinem Worte gesagt, daß die slovakischen Volksparteiler wußten, daß die 2 Millionen von Cyrill Koburg stammten. Sie konnten ja auch vermuten, daß das Geld aus einem der bekannten, im Budget enthaltenen Fonds der Regierung stammt und es würde mich wundern, wenn eine Partei, die eben zeigt, daß sie für diese geheimen Fonds ist, die Beschuldigung, solche geheime Gelder auch genommen zu haben, als eine Beleidigung auffaßte. (Souhlas na levici.)


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP