Wenn ich von den persönlichen Beziehungen
des Herrn Hodža zu Frau
Einem sprach, so handelt es sich dabei um keinerlei Angelegenheite
des intimen Privatlebens, da ich eine solche niemals politisch
ausnützen würde, Herr Hodža mußte
bekannt sein, daß Frau von Einem als internationale Kurtisane,
Abenteurerin und Spionin seit Jahren von der Prager politischen
Polizei auf höheren Auftrag überwacht wird, daß
sie ihre ganze Persönlichkeit in dem Dienst ihrer dunklen
politischen Zwecke zu stellen pflegt und daß auch ihr Aufenthalt
in der Èechoslovakei sowie ihre Annäherung an politische
Persönlichkeiten solchen Zwecken dienten. Ja, er wußte
sogar, welche bestimmten Zwecke sie hier verfolgte.
Wenn ein Politiker in der Stellung Hodžas trotzdem
mit einer solchen Frauensperson in Beziehungen trat, worüber
Gerichtsakten vorliegen - auch über die Frage Bratislava
- so ist es keine private, sondern eine politische Angelegenheit,
die mit der ganzen Affäre in einem unzertrennlichen Zusammenhang
steht und die auch durch eine mir erteilte Rüge keineswegs
aus der Welt geschafft wird.
Der Herr Minister Hodža hat
ja auch verschiedene Ausreden gebraucht, um seine Beziehungen
mit Frau von Einem als harmlos hinzustellen. Er hat behauptet,
er hätte nichts gewußt. Es ist sonderbar für die
politischen Verhältnisse in dieser Regierung, wenn ein Minister,
von dem man weiß, daß diese Dame bei ihm interveniert,
nicht davon verständigt wird, daß diese Dame unter
polizeilicher Bewachung steht. Es ist aber auch bezeichnend für
den Herrn Minister, daß er es nicht der Mühe wert findet,
sich zu erkundigen, wer die Dame ist, wie sie dazu kommt für
Koburg hier bei ihm zu intervenieren, noch dazu ausdauernd zu
intervenieren, vytrvale, wie der Herr Minister gesagt hat. (Souhlas
a potlesk komunistických poslancù.) Es dürfte
sich kein gewöhnlicher èechoslovakischer Staatsbürger
oder Staatsbürgerin herausnehmen, bei Herrn Hodža
ausdauernd zu intervenieren, er würde
sehr bald nicht mehr vorgelassen werden. Der Herr Minister Hodža
bestreitet, daß Frau von Einem irgendwelche
diplomatische Verbindungen für ihn vermittelt hat, aber früher
zugegeben und auch in anderen Erklärungen ist zugegeben worden,
daß Frau von Einem auf diplomatische Empfehlungen hin
empfangen wurde. Ich möchte an den Herrn Minister die
Frage stellen, ob er es nicht der Frau von Einem zu verdanken
hat, daß er z. B. in Marienbad in Beziehungen gekommen ist
zu dem deutschen Staatssekretär Schubert. (Výkøiky.)
Durch diese Rüge wird keine Antwort auf
die Frage gegeben, wieso Herr Hodža dazukam,
Frau von Einem überhaupt zu empfangen, wieso er dazukommt,
Kurtisanen, Abenteurerinnen als rechtmäßige Vertreterinnen
von Parteien bei Verhandlungen über amtliche Angelegenheiten
zu betrachten. Wenn er so etwas als legale Vertretung ansieht,
so spricht er jedem Staatsbürger das Recht zu, zur Verhandlung
mit Ministern und Ämtern Straßendirnen als Vertreterinnen
zu entsenden. Das ist freilich übertrieben. (Souhlas komunistických
poslancù.) Denn solche
hohe regierende Herrschaften pflegen das Dirnentum und Lumpentum
nur dann zu protegieren, wenn es im Seidenkleid der Hochstapelei
einherschreitet.
Sie werden durch dieses Disziplinarverfahren
wohl hier im Hause, aber nicht draußen in der Öffentlichkeit
den ihnen so unangenehmen Fragen ausweichen. Sie werden nicht
die unumstößliche Wahrheit aus der Welt schaffen, daß
es nur ein Mittel gibt um hier volle Klarheit zu schaffen: Eine
gründliche parlamentarische Untersuchung. Nur wer eine solche
verlangt und für die Durchführung derselben eintritt,
zeigt, daß es ihm nicht nur mit dem Kampfe gegen die Korruption,
sondern auch mit der Abwehr von Verleumdungen und Verdächtigungen
ernst ist. Wer aber, ob Partei oder Person, gegen eine gründliche
parlamentarische Untersuchung ist, beweist damit, daß er
nicht nur ein schlechtes Gewissen und das Licht einer solchen
Untersuchung zu scheuen hat, sondern daß er auch die moralische
Berechtigung zu einem Einschreiten gegen angebliche Verleumdungen
verwirkt hat.
Das Verhalten der Beschuldigten und
der Regierung ruft übrigens auch in èechischbürgerlichen
Kreisen schon Unbehagen hervor. Das zeigt der offene Brief des
"Demokratický støed" an den Ministerpräsidenten,
in welchem offenen Briefe gefragt wird, wieso es erst der heftigen
Angriffe der Kommunisten bedurfte, damit sich
das Parlament mit der Affäre beschäftige, und wieso
nur die oppositionellen Parteien Anträge auf parlamentarische
Untersuchung eingebracht haben. Freilich ist es eine arge Naivität,
wenn das genannte Blatt ausgerechnet vom Begründer und Chef
dieses ganzen Systems der politischen Korruption verlangt, daß
er Klarheit schaffe und die Atmosphäre das Mißtrauens
reinige. Das hieße ja, diesem Regierungssystem die Lebensluft
nehmen. Umso mehr hat das Blatt recht, wenn es schreibt, daß
heute das Vertrauen von Millionen in dieses ganze Regierungssystem
erschüttert ist. Allerdings, Millionen auch außerhalb
unserer Partei haben zu diesem System, ob es nun im Gewande dieser
oder jener Regierungskoalition auftritt, kein Vertrauen mehr und
hegen den leidenschaftlichen Wunsch, diese Korruption auszurotten.
Was sie noch zurückhält, ist nur die Scheu vor der Konsequenz
eines solchen Schrittes, die Massen fühlen deutlich, daß
das nur möglich wäre, wenn man diese ganze bürgerlich
kapitalistische Staats- und Gesellschaftsordnung zum Teufel jagte.
Geradezu lächerlich ist der gegen mich
erhobene Vorwurf, daß ich unter dem Schutze der Immunität
Beschuldigungen erhoben habe, der Beschuldigte daher wehrlos sei.
Meine Rede war nur ein Teil der Aktion unserer Partei in dieser
Affäre. Unsere Presse hat ohne den Schutz der Immunität
fast täglich Enthüllungen gebracht und Herr Hodža
hatte und hat genügend Gelegenheit,
sich auch mit Hilfe des Gerichtes zu wehren, ganz abgesehen davon,
daß Herr Hodža, wenn
er ein reines Gewissen hat, überzeugt sein müßte,
daß sich die Waffe der parlamentarischen Untersuchung schließlich
gegen alle seine Anschuldiger und damit gegen mich richten wird,
weshalb er sich durch diese Untersuchung auch gegen meine Beschuldigungen
sehr gut wehren könnte. Man hat gegen unsere Presse den besseren
Teil der Tapferkeit gewählt und ist mit Konfiskationen gegen
sie vorgegangen. Deshalb bin ich mit diesen Dingen vor das parlamentarische
Forum getreten.
Wenn sich die Herren übrigens auf ihr
fein entwickeltes Ehrgefühl berufen, so müßten
sie, um glaubhaft dabei zu wirken, in diesem Punkte konsequenter
sein. Unsere Presse hat schon oft sehr schwere Vorwürfe gegen
hervorragende Politiker von Ihrer Seite erhoben, ohne daß
jemand geklagt hätte. Soviel ich weiß, hat z. B. Herr
Švehla das "Rudé Právo" wegen
des Vorwurfes, einem steckbrieflich verfolgten Dieb zur Flucht
verholfen zu haben, bis heute noch nicht geklagt. Täuschen
Sie also nicht Ehre und Ehrgefühl vor, wo es sich Ihnen nur
um eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit handelt.
Um mit einiger moralischer Berechtigung von Ehre und Ehrgefühl
sprechen zu dürfen, müßten Sie noch manche Voraussetzungen
erfüllen. Sie müßten, um nur etwas herauszugreifen,
über die Verwendung des von Herrn Donát gestifteten
Spirituskorruptionsfonds Rechnung legen, sie müßten
aber auch der zum Unterschied von Ihnen nicht korrumpierten Öffentlichkeit
den schon längst und oft geforderten Bericht über die
Vergebung der Restgüter vorlegen. Sie werden aber auch gegen
Ihren Willen sagen müssen, wie weit das große Interesse
der Führer der Agrarpartei an den Koburgschen Gütern
mit der verbücherten 25-Millionenforderung der Agrarbank
zusammenhängt und ob die hastige Verhängung der Zwangsverwaltung
im Oktober, die jetzt zu der Blamage des Urteils der Sedrie von
Banská Bistrica geführt hat, nicht mit dem Einschreiten
der Agrarbank beim Bezirksgericht in Hust zusammenhängt,
durch welches die Zahlung von Vierteljahrsraten zu je 1,25 Millionen
ab 15. Dezember 1926 bis 31. Dezember 1931 durch den Zwangsverwalter
Nükel an die Agrarbank erreicht werden sollte. Auch die Millionenaffäre
Fabry, auch eines hervorragenden Machers der Agarpartei, harrt
der Untersuchung. Der Sumpf dieser Korruption ist so groß
und so tief, daß, ihm täglich neue Giftblasen entsteigen.
Und weil wir dafür sorgen, daß das Volk diesen wahren
Charakter des ganzes Systems, daß es die Herrschenden in
diesem Staate in ihrer wahren Gestalt kennen lerne, ist auch Ihr
grenzenloser Haß gegen den Kommunismus und gegen die Kommunisten
begreiflich. Sie wissen, welch kurzes und gründliches Verfahren
in Sovjetrußland gegenüber Korruptionisten üblich
ist und wissen daher, daß Sie vom Siege des Kommunismus
für Ihr erbärmliches Schmarotzerdasein das Schlimmste
zu befürchten haben.
Die sonderbarste Figur machen bei der Verhandlung
dieser Korruptionsgeschichten jetzt die deutschen Regierungsparteien.
Da haben sie jahrelang die Korruption des èechischen
Regierungssystems, wie sie das nannten, mit einem starken Aufwand
sittlicher Entrüstung bekämpft, da haben sie sich so
oft darüber entrüstet, daß hier keine einzige
der Korruptionsaffären gründlich untersucht und
bereinigt worden ist. Und jetzt hätten sie Gelegenheit, zu
zeigen, ob diese Entrüstung ehrlich war, oder ob sie nur
dem Neid entsprang, nicht zu den Nutznießern dieser Korruption
zu gehören. Was tun sie daher? Sie stimmten im Initiativ-
und Immunitätsausschuß mit den Korruptionisten für
das Ausweichen und Vertuschen. Das ist die Glanzleistung einer
geradezu übermenschlichen Selbstüberwindung und mehr
als rührenden Solidarität. Die deutschen Aktivisten
helfen da eine Korruptionsaffäre vertuschen, von der sie
nicht einmal mehr etwas haben können. Aber hinter dieser
anscheinend so uneigennützigen Handlung verbirgt sich nur
ein ganz einnütziges Geschäft: die deutschen Aktivisten
erwerben sich Anteilscheine am Ertrag künftiger solcher Transaktionen
des schmutzigen politischen Geschäftes, dessen Teilhaber
sie durch ihren Regierungseintritt geworden sind.
Alles in allem: die Rüge, für die
sich die schmutzigen Hände der gleich schuldigen Stehler
und Hehler dieses Regierungssystems erheben, wird für mich
und unsere Partei eine Auszeichnung sein, sie wird zeigen, daß
wir unsere Pflicht erfüllen im Kampfe gegen dieses System
der Etablierung und der Verschärfung der infamsten, brutalsten
und ehrlosesten kapitalistischen Profitmacherei. (Souhlas a
potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Ich möchte zunächst
eine formale Einwendung gegen die Behandlung dieser Angelegenheit
vorbringen. Es wird auf Grund des Ansuchens des Herrn Finanzministers
von Ihnen verlangt, daß Sie mir und meinem Klubkollegen
Hackenberg eine Rüge erteilen. Bei der Verhandlung
im Immunitätsausschuß wurde nun die Geschäftsordnung
verletzt. Namens unseres Klubs lege ich gegen diese Verletzung
der Geschäftsordnung durch den Immunitätsausschuß
Protest ein, und wir werden aus diesem Grunde die Rückverweisung
der Angelegenheit an den Ausschuß beantragen. Der Herr Berichterstatter
hat im Ausschuß erklärt, die im § 51 festgesetzte
Frist von 48 Stunden, die dem Ausschuß eingeräumt ist,
beginne in dem Momente zu laufen, wo der Vorsitzende des Ausschusses
von dem Begehren durch den Präsidenten des Hauses in Kenntnis
gesetzt werde.
Ich teile hier mit, daß am 30. November
der Vorsitzende des Ausschusses Votruba an die Mitglieder
des Immunitätsausschusses Telegramme verschickt hat, die
in Prag um 12,30 aufgegeben wurden, womit die Sitzung des Immunitätsausschusses
für den 2. Dezember 3 Uhr Nachmittag einberufen wurde. Der
Herr Vorsitzende des Ausschusses mußte daher schon längst
vor 1/2 1 Uhr, vor dem Aufgeben des Telegramms, von
dem Ersuchen und Verlangen des Herrn Präsidenten des Hauses
in Kenntnis gesetzt worden sein, sonst hätte er nicht im
Telegramm als Tagesordnung angeben können: "Imunitní
záležitost dr Engliš kontra
Hackenberg, Pohl atd." Ich konstatiere, daß
in dem Zeitpunkte, als der Immunitätsausschuß über
das Verlangen des Herrn Finanzministers entschied, die 48stündige
Frist abgelaufen war, daß Sie den von unseren Vertretern
in diesem Ausschuß vorgebrachten Bedenken nicht Rechnung
getragen und daher die Absicht haben, die Rüge zu erteilen,
auch wenn Sie dabei die Geschäftsordnung verletzen und brechen
müssen. Verwunderlich, meine Herren, ist das nicht, Sie haben
schon in schwerer wiegenden Fällen die Geschäftsordnung
verletzt, und warum sollten Sie sie nicht verletzen auf Wunsch
und Verlangen des Herrn Finanzministers Engliš?
Für den Fall, daß Sie den Antrag
auf Rückverweisung an den Ausschuß ablehnen sollten,
damit er überprüfe, ob die geschäftsordnungsmäßige
Frist überschritten wurde oder nicht - auch das ist denkbar
bei Ihrer Einstellung - möchte ich mich zur Sache, nur ganz
kurz, äußern.
Ich stehe in der Rolle als Angeklagter hier.
Ich will mich damit nicht rühmen und prahlen, daß sich
der Immunitätsausschuß die ganzen 6 Jahre mit
meiner Person überhaupt nicht zu beschäftigen hatte,
ich playdiere auch nicht für Freispruch oder mildernde Umstände,
ich will dies nur zum Beweis anführen, daß ich immer,
selbst im schroffsten politischen Kampfe, persönliche Ehre
und Sache auseinanderzuhalten vermochte. Ich wundere mich, daß
aus dem Zwischenrufe, den ich hier gemacht habe, der rein politischer
Natur war und aus dem politischen Zusammenhang geschehen ist,
wie ich noch weiter ausführen werde, der § 51 der Geschäftsordnung
in Anwendung gebracht wird. Richtig ist, daß ich diesen
Zwischenruf gemacht habe gelegentlich jenes Teiles der Rede meines
Klubkollegen Hackenberg, wo er das reaktionäre Verhalten
des Finanzpolitikers und Finanzministers Engliš einer
scharfen Kritik unterzog.
Ich werde den Zwischenruf nicht zurücknehmen.
Doch muß ich feststellen, daß ich mit dem Worte "gekauft"
nicht zum Ausdruck bringen wollte und konnte - das ergab schon
der ganze Zusammenhang - Finanzminister Engliš sei
als Wissenschaftler direkt gekauft, was gleichbedeutend wäre
mit persönlicher Bestechung oder Bereicherung. (Výkøiky
posl. Kreibicha.)
Pøedseda (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Pohl (pokraèuje):
Eine solche Absicht habe ich nicht
bekundet und das stelle ich fest. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich wollte mit meinem Zwischenruf meiner scharfen Kritik Ausdruck
geben über die Entwicklung, die der ehemals fortschrittlich
und sozial gesinnte Finanzwissenschaftlicher und Nationalökonom
Professor Dr Engliš in den letzten Jahren genommen
hat. Ich kann mich erinnern, als im Jahre 1921 von Sozialisierung
die Rede war und als Universitätsprofessoren über die
Sozialisierung gehört wurden, da war Herr Professor Engliš
uner den deutschen und èechischen Wissenschaftlern
in der Èechoslovakischen Republik der einzige, der sich
für eine gewisse Sozialisierung der Gruben im Staate ausgesprochen
hat und in seiner von ihm gezeichneten Artikelserie am 4. und
11. September 1921 in den "Lidové
Noviny" gibt er das unumwunden zu und erklärt z. B.,
daß das unbeschränkte Privatunternehmertum, das Privateigentum,
daß freie Verträge und freie Konkurrenz, seine Forderungen,
die er aufstellt, nicht sichere, darum müsse es beseitigt
werden. Er erklärte damals in dieser Artikelserie weiter,
die Reingewinne der Grubenbesitzer müßten auf zweifache
Art verwendet werden. Ein Teil muß den Bergarbeitern und
den Angestellten für soziale Zwecke zufließen, der
andere Teil muß durch Enteignung in der Form der progressiven
Besteuerung der Bergrente, eben bis zur Enteignung, verstaatlicht
werden. Das war der Herr Finanzminister aus dem Jahre 1921, und
der seither verstorbene Ministerialrat Ing. Heinrich Fleischner
im Ministerium für öffentliche Arbeiten hat
in seiner Broschüre "Zpráva o èinnosti
socialisaèního výboru uhelné rady
èeskoslovenské" den Standpunkt des Herrn Prof.
Engliš lobend
als den alleinigen eines Vertreters der Wissenschaft hervorgehoben.
Umsomehr mußte es überraschen, daß in nicht allzulanger
Zeit nach diesem öffentlich erklärten Standpunkt Herr
Prof. Engliš in den Verwaltungsrat der Berg-
und Hüttenwerksgesellschaft, also der größten
Kohlengesellschaft der Èechoslovakischen Republik, gewählt
wurde und zur allgemeinen Überraschung diese Wahl auch angenommen
hat.
Ich habe in meiner Rede zum Voranschlag,
im Jahre 1923, zu einer Zeit, wo Herr Prof. Engliš
noch Abgeordneter war, dieses Verhalten, dieses Umfallen des
Herrn Prof. Engliš auf das schäfste kritisiert,
ohne daß Herr Prof. Engliš damals besonders
empfindlich gewesen wäre und in seiner Eigenschaft als Abgeordneter
hieher gegangen wäre und sich mit mir auseinandergesetzt
hätte. Er wählt heute den bequemeren Weg, eine Rüge
zu verlangen, nachdem er weiß, daß ihm die Majorität
sicher ist. Wenn von mir das Wort "gekauft" in irgendeinen
Zusammenhang gebracht werden kann, so nur damit, daß Herr
Prof. Engliš durch die Berufung auf die Stelle
eines Verwaltungsrates bei der größten und reichsten
Kohlengesellschaft der Èechoslovakischen Republik und auch
noch bei anderen Industrieunternehmungen der
Republik seinen von ihm vertretenen Grundsätzen und Ideen
untreu geworden ist.
Wenn man den damaligen Standpunkt des Herrn
Prof. Engliš zu privatkapitalistischen Unternehmungen
vergleicht mit dem jetzt den gesetzgebenden Körperschaften
vorgelegten Steuerentwurfe und dem Motivenbericht, die den Herrn
Finanzminister Dr Engliš zum Verfasser und Initiator
haben und durch die sich wie ein roter Faden die Tendenz zieht,
das privatkapitalistische Unternehmertum auf Kosten der breiten
Schichten des Volkes zu entlasten, wenn man sich den Umsturz in
den Ideen eines gelehrten Menschen innerhalb einer Zeit von 3 1/2
Jahren vor Augen hält und dabei in Betracht zieht, daß
dieser Umschwung eigentlich mit der Berufung zum Verwaltungsrat
einer privatkapitalistischen Kohlenunternehmung zeitlich zusammenfällt,
ist wohl genügend Anlaß zur schärfsten Kritik,
die ich mit meinem Zwischenruf zum Ausdruck bringen wollte.
Zum Schlusse noch eines. Wenn ich das Wort
"gekauft" gebraucht habe, so auch noch aus einem
anderen Grunde: der Herr Finanzminister wirkt auch noch in
einer anderen Eigenschaft in der Regierung, weswegen wir
ihm aufs schwärfste anzugreifen berechtigt sind, weil er
seine früheren Überzeugungen fallen ließ. Der
Herr finanzminister Professor Dr Engliš hat die Rolle
und Aufgabe in dieser reaktionären, arbeiterfeindlichen Pläne
des Steuer-Fiskus wissenschaftlich zu begründen. An diesen
Tatsachen werden Sie durch eine Rüge nichts ändern.
Ich werde Sie mit jenem Respekt entgegennehmen, der diesen politischen
Verhältnissen und dieser Majorität zukommt. (Souhlas
a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen
des Herrn Berichterstatters des Immunitätsausschusses bin
ich in dieser Angelegenheit eigentlich nur der entfernten Mitschuld
an dem Delikt geziehen, welches Kollege Pohl durch seinen
Zwischenruf begangen hat. Koll. Pohl hat die Sache allerdings
etwas anders dargestellt und nach seinen Ausführungen wäre
ich auch mit Urheber dieses Zwischenfalles, der sich im Parlamente
vor über acht Tagen ereignet hat, weil ich für die reaktionäre
Haltung der Mehrheit dieses Hauses in erster Linie den Sprecher
dieser Mehrheit, nämlich den Herrn Finanzminister verantwortlich
gemacht habe.
Wenn ich nun von dem Rechte der Wortmeldung
Gebrauch machte, so nicht in der Absicht, eine Verteidigungsrede
zu halten und auch nicht in der Hoffnung, daß es mir gelingen
wird, durch meine Ausführungen einen andern Entschluß
der Mehrheit dieses Hauses herbeizuführen. Damit wurde schon
bei der Antragstellung gerechnet.
Also bitte: Montag habe ich bei Beginn der
Generaldebatte über den Staatsvoranschlag für 1927 die
Äußerung gebraucht, die dem Herrn Finanzminister Dr
Engliš Veranlassung bot, das Begehren nach §
51 der Geschäftsordnung gegen uns anhängig zu machen.
Und am Samstag, also eine ganz Woche später, nachdem die
Mehrheit für den Staatsvoranschlag gesichert war, ist das
Begehren nach Einleitung des Verfahrens gestellt bzw. im Hause
eingebracht worden. Es ist also die Mehrheit gesichert und ich
könnte sagen, was ich wollte, so ist es ganz ausgeschlossen,
daß an Ihrem Entschluß etwas geändert würde.
Es fällt mir also nicht ein, eine Verteidigungsrede zu halten,
der Grund, warum ich mich zum Worte gemeldet habe, ist einzig
und allein der, aufzuklären und zu begründen, wieso
es zu dem Ausfall gegen den Herrn Finanzminister gekommen ist.
Ich habe mich veranlaßt gesehen, damals
eine Ausnahme von der Regel zu machen: es fällt mir in der
Regel nicht ein, mich bei meinen Ausführungen mit Personen
zu beschäftigen, sondern ich bin gewöhnt, mich mit dem
System zu beschäftigen und hätte das auch getan bei
der kritischen Beleuchtung des Staatsvoranschlages für 1927.
Wenn ich von dieser Regel abgewichen bin und einen großen
Teil der Ausführungen über den Staatsvoranschlag für
1927 dem Herrn Finanzminister Engliš persönlich
widmete, so hatte das seine bestimmte Ursache. Ich gab meiner
Überraschung und meiner Enttäuschung über den Finanzminister
Dr Engliš als Person Ausdruck. Ich habe hervorgehoben,
was Dr Engliš früher war und was Dr Engliš
heute ist. Und Koll. Kreibich hat diesen Teil meiner
Ausführungen im Budgetausschuß zur Veranlassung genommen,
in der Generaldebatte vor mir davon zu sprechen, daß es
ihn wundere, daß es Leute gebe, die bei dem Finanzminister
Dr Engliš eine soziale Ader entdeckt haben. Und in
der Polemik gegenüber dem Koll. Kreibich habe ich
Dr Engliš an diese seine bessere Vergangenheit erinnert
und der Überraschung Ausdruck gegeben, daß ein Man
mit solcher Vergangenheit sich zu einem Werkzeug der reaktionären
Majorität hergeben könne. So war der Sinn der Rede aufgebaut.
Und nun kam der Zwischenruf des Koll. Pohl, vom "gekauften
Wissenschaftler". Es ist mir nicht eingefallen, wenn ich
dem Zwischenruf des Kollegen Pohl zustimmte, zu sagen,
daß Dr. Engliš gekauft, bezahlt worden wäre.
Eine solche Behauptung wollte ich nicht aufstellen, weil ich sie
selbstverständlich auch nicht beweisen könnte. Ich wollte
damit nichts anderes sagen, als daß der Wissenschaftler
Engliš, den wir früher auch als sozialdenkenden
Menschen werten konnten, sich von der Mehrheit mißbrauchen
ließ. Wenn Sie meine Ausführungen durchlesen, so werden
Sie darauf kommen, daß ich hervorgehoben habe, daß
Dr Engliš kein parlamentarischer Minister ist, keiner
Partei angehört, nicht Vertreter einer Partei im Ministerium
ist, sondern als Beamtenminister zu werten sei, und daß
es um so mehr überraschen muß, daß er die Tendenzen
der Mehrheitsparteien dieses Hauses hier zum Ausdruck bringt und
wissenschaftlich zu decken sucht. Denn wenn Sie sich das Exposé
des Herrn Finanzministers zum Staatsvoranschlag 1927 durchlesen,
werden Sie finden, mit welcher Leidenschaftlichkeit und volkswirtschaftlichen
Begründung Herr Dr Engliš es versucht festzustellen,
daß es notwendig sei, die Ausgaben für die Invaliden
zu drosseln, daß es notwendig sei, den Mieterschutz abzubauen
- hinweg mit der Bewirtschaftung des Wohnungswesens - daß
Herr Dr Engliš wissenschaftlich zu beweisen sucht,
daß die Einführung der Zölle eine Steigerung der
Kaufkraft der Bevölkerung herbeigeführt habe, (Výkøiky
na levici.) daß es notwendig sei,
das Unrecht zu beseitigen, welches darin besteht, daß die
Unternehmungen für die Angestellten die Einkommensteuer bezahlen.
Und wenn man solche Begründungen von einem Manne mit dem
früheren Ruf des Herrn Dr Engliš hört, dann
muß man überrascht sein, und eine solche Kritik ist
nichts anderes, als der Ausdruck des Empfindens, daß der
Mann, seine Vergangenheit vergessend, sich von den Mehrheitsparteien
dieses Hauses mißbrauchen läßt. (Výkøiky
posl. Kreibicha.) Wenn Dr Engliš
nun sagt, es sei nicht der Fall, er sei nicht der Wortführer
der Mehrheit, wenn Dr Engliš weiter sagt, es falle
ihm nicht ein, gegen seine Überzeugung zu handeln, sondern
das, was er hier gesagt und was er zur Begründung der reaktionären
Taten der Mehrheit geschrieben habe, sei seine innerste Überzeugung,
so bedauern wir den Wandel, der sich hier vollzogen hat in den
Gesinnungen dieses selben Mannes, bei dem wir die soziale Ader
bisher immer wenigstens vermutet haben.
Es ist also nicht in meiner Absicht gelegen
gewesen, durch die Entwicklung dieses, meines Ideenganges Dr Engliš
persönlich herabzusetzen, der Bestechlichkeit zu zeihen,
sondern ich wollte einzig und allein anführen, daß
Dr Engliš ein Produkt der Verhältnisse dieses
Staates geworden ist. Wenn Sie das als eine Überschreitung
der berechtigten Kritik, wie sie im politichen Leben gebraucht
werden kann, betrachten und glauben, daß es notwendig ist,
dafür die Rüge zu erteilen, bitte, tun Sie das. (Potlesk
nìm. soc. demokratických poslancù.)
Meine Herren! Obwohl ich im Budgetausschuß
einen Antrag auf Änderung des in Verhandlung stehenden Gesetzentwurfes
eingebracht habe und ein Teil dieses meines Abänderungsantrages
einstimmig vom Ausschuß angenommen worden ist und nun die
so geänderte Gesetzesvorlage zur Verhandlung steht, bin ich
trotzdem gezwungen, gegen diese Vorlage zu sprechen und zwar mit
eben derselben Begründung, mit welcher wir die Vorlage im
Budgetausschuß des Hauses bekämpft haben.
Wir müssen uns, wenn wir diese Vorlage
der Kritik unterziehen, das Verfassungsgesetz vor Augen halten,
denn § 111 des Verfassungsgesetzes sagt ausdrücklich,
daß Steuern und öffentliche Abgaben überhaupt
nur auf Grund eines Gesetzes eingehoben werden dürfen. Wir
haben noch eine andere Bestimmung der Verfassungsurkunde, welche
bei dieser Gelegenheit in Betracht zu ziehen ist, d. i. §
55, welcher besagt, daß die Regierung Verordnungen nur zur
Durchführung von Gesetzen zu erlassen berechtigt ist, also
Durchführungsverordnungen zu einem Gesetz. Es wird wohl niemand
in diesem Hohen Hause geben, der der Regierung das Recht zusprechen
würde, die einzelnen Steuersätze im Verordnungswege
festzusetzen, sondern jeder wird aus der Bestimmung des §
111 der Verfassungsurkunde herauslesen, daß wenn eine Abgabe
nur im Wege eines Gesetzes eingehoben werden darf, im Gesetze
nicht nur die Summe der einzuhebenden Gebühren entlalten
sein muß, sondern auch die einzelnen Sätze angegeben
sein müssen, die der Bevölkerung auferlegt werden sollen.