Ètvrtek 9. prosince 1926

Wenn ich von den persönlichen Beziehungen des Herrn Hodža zu Frau Einem sprach, so handelt es sich dabei um keinerlei Angelegenheite des intimen Privatlebens, da ich eine solche niemals politisch ausnützen würde, Herr Hodža mußte bekannt sein, daß Frau von Einem als internationale Kurtisane, Abenteurerin und Spionin seit Jahren von der Prager politischen Polizei auf höheren Auftrag überwacht wird, daß sie ihre ganze Persönlichkeit in dem Dienst ihrer dunklen politischen Zwecke zu stellen pflegt und daß auch ihr Aufenthalt in der Èechoslovakei sowie ihre Annäherung an politische Persönlichkeiten solchen Zwecken dienten. Ja, er wußte sogar, welche bestimmten Zwecke sie hier verfolgte. Wenn ein Politiker in der Stellung Hodžas trotzdem mit einer solchen Frauensperson in Beziehungen trat, worüber Gerichtsakten vorliegen - auch über die Frage Bratislava - so ist es keine private, sondern eine politische Angelegenheit, die mit der ganzen Affäre in einem unzertrennlichen Zusammenhang steht und die auch durch eine mir erteilte Rüge keineswegs aus der Welt geschafft wird.

Der Herr Minister Hodža hat ja auch verschiedene Ausreden gebraucht, um seine Beziehungen mit Frau von Einem als harmlos hinzustellen. Er hat behauptet, er hätte nichts gewußt. Es ist sonderbar für die politischen Verhältnisse in dieser Regierung, wenn ein Minister, von dem man weiß, daß diese Dame bei ihm interveniert, nicht davon verständigt wird, daß diese Dame unter polizeilicher Bewachung steht. Es ist aber auch bezeichnend für den Herrn Minister, daß er es nicht der Mühe wert findet, sich zu erkundigen, wer die Dame ist, wie sie dazu kommt für Koburg hier bei ihm zu intervenieren, noch dazu ausdauernd zu intervenieren, vytrvale, wie der Herr Minister gesagt hat. (Souhlas a potlesk komunistických poslancù.) Es dürfte sich kein gewöhnlicher èechoslovakischer Staatsbürger oder Staatsbürgerin herausnehmen, bei Herrn Hodža ausdauernd zu intervenieren, er würde sehr bald nicht mehr vorgelassen werden. Der Herr Minister Hodža bestreitet, daß Frau von Einem irgendwelche diplomatische Verbindungen für ihn vermittelt hat, aber früher zugegeben und auch in anderen Erklärungen ist zugegeben worden, daß Frau von Einem auf diplomatische Empfehlungen hin empfangen wurde. Ich möchte an den Herrn Minister die Frage stellen, ob er es nicht der Frau von Einem zu verdanken hat, daß er z. B. in Marienbad in Beziehungen gekommen ist zu dem deutschen Staatssekretär Schubert. (Výkøiky.)

Durch diese Rüge wird keine Antwort auf die Frage gegeben, wieso Herr Hodža dazukam, Frau von Einem überhaupt zu empfangen, wieso er dazukommt, Kurtisanen, Abenteurerinnen als rechtmäßige Vertreterinnen von Parteien bei Verhandlungen über amtliche Angelegenheiten zu betrachten. Wenn er so etwas als legale Vertretung ansieht, so spricht er jedem Staatsbürger das Recht zu, zur Verhandlung mit Ministern und Ämtern Straßendirnen als Vertreterinnen zu entsenden. Das ist freilich übertrieben. (Souhlas komunistických poslancù.) Denn solche hohe regierende Herrschaften pflegen das Dirnentum und Lumpentum nur dann zu protegieren, wenn es im Seidenkleid der Hochstapelei einherschreitet.

Sie werden durch dieses Disziplinarverfahren wohl hier im Hause, aber nicht draußen in der Öffentlichkeit den ihnen so unangenehmen Fragen ausweichen. Sie werden nicht die unumstößliche Wahrheit aus der Welt schaffen, daß es nur ein Mittel gibt um hier volle Klarheit zu schaffen: Eine gründliche parlamentarische Untersuchung. Nur wer eine solche verlangt und für die Durchführung derselben eintritt, zeigt, daß es ihm nicht nur mit dem Kampfe gegen die Korruption, sondern auch mit der Abwehr von Verleumdungen und Verdächtigungen ernst ist. Wer aber, ob Partei oder Person, gegen eine gründliche parlamentarische Untersuchung ist, beweist damit, daß er nicht nur ein schlechtes Gewissen und das Licht einer solchen Untersuchung zu scheuen hat, sondern daß er auch die moralische Berechtigung zu einem Einschreiten gegen angebliche Verleumdungen verwirkt hat.

Das Verhalten der Beschuldigten und der Regierung ruft übrigens auch in èechischbürgerlichen Kreisen schon Unbehagen hervor. Das zeigt der offene Brief des "Demokratický støed" an den Ministerpräsidenten, in welchem offenen Briefe gefragt wird, wieso es erst der heftigen Angriffe der Kommunisten bedurfte, damit sich das Parlament mit der Affäre beschäftige, und wieso nur die oppositionellen Parteien Anträge auf parlamentarische Untersuchung eingebracht haben. Freilich ist es eine arge Naivität, wenn das genannte Blatt ausgerechnet vom Begründer und Chef dieses ganzen Systems der politischen Korruption verlangt, daß er Klarheit schaffe und die Atmosphäre das Mißtrauens reinige. Das hieße ja, diesem Regierungssystem die Lebensluft nehmen. Umso mehr hat das Blatt recht, wenn es schreibt, daß heute das Vertrauen von Millionen in dieses ganze Regierungssystem erschüttert ist. Allerdings, Millionen auch außerhalb unserer Partei haben zu diesem System, ob es nun im Gewande dieser oder jener Regierungskoalition auftritt, kein Vertrauen mehr und hegen den leidenschaftlichen Wunsch, diese Korruption auszurotten. Was sie noch zurückhält, ist nur die Scheu vor der Konsequenz eines solchen Schrittes, die Massen fühlen deutlich, daß das nur möglich wäre, wenn man diese ganze bürgerlich kapitalistische Staats- und Gesellschaftsordnung zum Teufel jagte.

Geradezu lächerlich ist der gegen mich erhobene Vorwurf, daß ich unter dem Schutze der Immunität Beschuldigungen erhoben habe, der Beschuldigte daher wehrlos sei. Meine Rede war nur ein Teil der Aktion unserer Partei in dieser Affäre. Unsere Presse hat ohne den Schutz der Immunität fast täglich Enthüllungen gebracht und Herr Hodža hatte und hat genügend Gelegenheit, sich auch mit Hilfe des Gerichtes zu wehren, ganz abgesehen davon, daß Herr Hodža, wenn er ein reines Gewissen hat, überzeugt sein müßte, daß sich die Waffe der parlamentarischen Untersuchung schließlich gegen alle seine Anschuldiger und damit gegen mich richten wird, weshalb er sich durch diese Untersuchung auch gegen meine Beschuldigungen sehr gut wehren könnte. Man hat gegen unsere Presse den besseren Teil der Tapferkeit gewählt und ist mit Konfiskationen gegen sie vorgegangen. Deshalb bin ich mit diesen Dingen vor das parlamentarische Forum getreten.

Wenn sich die Herren übrigens auf ihr fein entwickeltes Ehrgefühl berufen, so müßten sie, um glaubhaft dabei zu wirken, in diesem Punkte konsequenter sein. Unsere Presse hat schon oft sehr schwere Vorwürfe gegen hervorragende Politiker von Ihrer Seite erhoben, ohne daß jemand geklagt hätte. Soviel ich weiß, hat z. B. Herr Švehla das "Rudé Právo" wegen des Vorwurfes, einem steckbrieflich verfolgten Dieb zur Flucht verholfen zu haben, bis heute noch nicht geklagt. Täuschen Sie also nicht Ehre und Ehrgefühl vor, wo es sich Ihnen nur um eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit handelt. Um mit einiger moralischer Berechtigung von Ehre und Ehrgefühl sprechen zu dürfen, müßten Sie noch manche Voraussetzungen erfüllen. Sie müßten, um nur etwas herauszugreifen, über die Verwendung des von Herrn Donát gestifteten Spirituskorruptionsfonds Rechnung legen, sie müßten aber auch der zum Unterschied von Ihnen nicht korrumpierten Öffentlichkeit den schon längst und oft geforderten Bericht über die Vergebung der Restgüter vorlegen. Sie werden aber auch gegen Ihren Willen sagen müssen, wie weit das große Interesse der Führer der Agrarpartei an den Koburgschen Gütern mit der verbücherten 25-Millionenforderung der Agrarbank zusammenhängt und ob die hastige Verhängung der Zwangsverwaltung im Oktober, die jetzt zu der Blamage des Urteils der Sedrie von Banská Bistrica geführt hat, nicht mit dem Einschreiten der Agrarbank beim Bezirksgericht in Hust zusammenhängt, durch welches die Zahlung von Vierteljahrsraten zu je 1,25 Millionen ab 15. Dezember 1926 bis 31. Dezember 1931 durch den Zwangsverwalter Nükel an die Agrarbank erreicht werden sollte. Auch die Millionenaffäre Fabry, auch eines hervorragenden Machers der Agarpartei, harrt der Untersuchung. Der Sumpf dieser Korruption ist so groß und so tief, daß, ihm täglich neue Giftblasen entsteigen. Und weil wir dafür sorgen, daß das Volk diesen wahren Charakter des ganzes Systems, daß es die Herrschenden in diesem Staate in ihrer wahren Gestalt kennen lerne, ist auch Ihr grenzenloser Haß gegen den Kommunismus und gegen die Kommunisten begreiflich. Sie wissen, welch kurzes und gründliches Verfahren in Sovjetrußland gegenüber Korruptionisten üblich ist und wissen daher, daß Sie vom Siege des Kommunismus für Ihr erbärmliches Schmarotzerdasein das Schlimmste zu befürchten haben.

Die sonderbarste Figur machen bei der Verhandlung dieser Korruptionsgeschichten jetzt die deutschen Regierungsparteien. Da haben sie jahrelang die Korruption des èechischen Regierungssystems, wie sie das nannten, mit einem starken Aufwand sittlicher Entrüstung bekämpft, da haben sie sich so oft darüber entrüstet, daß hier keine einzige der Korruptionsaffären gründlich untersucht und bereinigt worden ist. Und jetzt hätten sie Gelegenheit, zu zeigen, ob diese Entrüstung ehrlich war, oder ob sie nur dem Neid entsprang, nicht zu den Nutznießern dieser Korruption zu gehören. Was tun sie daher? Sie stimmten im Initiativ- und Immunitätsausschuß mit den Korruptionisten für das Ausweichen und Vertuschen. Das ist die Glanzleistung einer geradezu übermenschlichen Selbstüberwindung und mehr als rührenden Solidarität. Die deutschen Aktivisten helfen da eine Korruptionsaffäre vertuschen, von der sie nicht einmal mehr etwas haben können. Aber hinter dieser anscheinend so uneigennützigen Handlung verbirgt sich nur ein ganz einnütziges Geschäft: die deutschen Aktivisten erwerben sich Anteilscheine am Ertrag künftiger solcher Transaktionen des schmutzigen politischen Geschäftes, dessen Teilhaber sie durch ihren Regierungseintritt geworden sind.

Alles in allem: die Rüge, für die sich die schmutzigen Hände der gleich schuldigen Stehler und Hehler dieses Regierungssystems erheben, wird für mich und unsere Partei eine Auszeichnung sein, sie wird zeigen, daß wir unsere Pflicht erfüllen im Kampfe gegen dieses System der Etablierung und der Verschärfung der infamsten, brutalsten und ehrlosesten kapitalistischen Profitmacherei. (Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)

3. Øeè posl. Pohla (viz str. 1249 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich möchte zunächst eine formale Einwendung gegen die Behandlung dieser Angelegenheit vorbringen. Es wird auf Grund des Ansuchens des Herrn Finanzministers von Ihnen verlangt, daß Sie mir und meinem Klubkollegen Hackenberg eine Rüge erteilen. Bei der Verhandlung im Immunitätsausschuß wurde nun die Geschäftsordnung verletzt. Namens unseres Klubs lege ich gegen diese Verletzung der Geschäftsordnung durch den Immunitätsausschuß Protest ein, und wir werden aus diesem Grunde die Rückverweisung der Angelegenheit an den Ausschuß beantragen. Der Herr Berichterstatter hat im Ausschuß erklärt, die im § 51 festgesetzte Frist von 48 Stunden, die dem Ausschuß eingeräumt ist, beginne in dem Momente zu laufen, wo der Vorsitzende des Ausschusses von dem Begehren durch den Präsidenten des Hauses in Kenntnis gesetzt werde.

Ich teile hier mit, daß am 30. November der Vorsitzende des Ausschusses Votruba an die Mitglieder des Immunitätsausschusses Telegramme verschickt hat, die in Prag um 12,30 aufgegeben wurden, womit die Sitzung des Immunitätsausschusses für den 2. Dezember 3 Uhr Nachmittag einberufen wurde. Der Herr Vorsitzende des Ausschusses mußte daher schon längst vor 1/2 1 Uhr, vor dem Aufgeben des Telegramms, von dem Ersuchen und Verlangen des Herrn Präsidenten des Hauses in Kenntnis gesetzt worden sein, sonst hätte er nicht im Telegramm als Tagesordnung angeben können: "Imunitní záležitost dr Engliš kontra Hackenberg, Pohl atd." Ich konstatiere, daß in dem Zeitpunkte, als der Immunitätsausschuß über das Verlangen des Herrn Finanzministers entschied, die 48stündige Frist abgelaufen war, daß Sie den von unseren Vertretern in diesem Ausschuß vorgebrachten Bedenken nicht Rechnung getragen und daher die Absicht haben, die Rüge zu erteilen, auch wenn Sie dabei die Geschäftsordnung verletzen und brechen müssen. Verwunderlich, meine Herren, ist das nicht, Sie haben schon in schwerer wiegenden Fällen die Geschäftsordnung verletzt, und warum sollten Sie sie nicht verletzen auf Wunsch und Verlangen des Herrn Finanzministers Engliš?

Für den Fall, daß Sie den Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß ablehnen sollten, damit er überprüfe, ob die geschäftsordnungsmäßige Frist überschritten wurde oder nicht - auch das ist denkbar bei Ihrer Einstellung - möchte ich mich zur Sache, nur ganz kurz, äußern.

Ich stehe in der Rolle als Angeklagter hier. Ich will mich damit nicht rühmen und prahlen, daß sich der Immunitätsausschuß die ganzen 6 Jahre mit meiner Person überhaupt nicht zu beschäftigen hatte, ich playdiere auch nicht für Freispruch oder mildernde Umstände, ich will dies nur zum Beweis anführen, daß ich immer, selbst im schroffsten politischen Kampfe, persönliche Ehre und Sache auseinanderzuhalten vermochte. Ich wundere mich, daß aus dem Zwischenrufe, den ich hier gemacht habe, der rein politischer Natur war und aus dem politischen Zusammenhang geschehen ist, wie ich noch weiter ausführen werde, der § 51 der Geschäftsordnung in Anwendung gebracht wird. Richtig ist, daß ich diesen Zwischenruf gemacht habe gelegentlich jenes Teiles der Rede meines Klubkollegen Hackenberg, wo er das reaktionäre Verhalten des Finanzpolitikers und Finanzministers Engliš einer scharfen Kritik unterzog.

Ich werde den Zwischenruf nicht zurücknehmen. Doch muß ich feststellen, daß ich mit dem Worte "gekauft" nicht zum Ausdruck bringen wollte und konnte - das ergab schon der ganze Zusammenhang - Finanzminister Engliš sei als Wissenschaftler direkt gekauft, was gleichbedeutend wäre mit persönlicher Bestechung oder Bereicherung. (Výkøiky posl. Kreibicha.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Pohl (pokraèuje): Eine solche Absicht habe ich nicht bekundet und das stelle ich fest. Nicht mehr und nicht weniger. Ich wollte mit meinem Zwischenruf meiner scharfen Kritik Ausdruck geben über die Entwicklung, die der ehemals fortschrittlich und sozial gesinnte Finanzwissenschaftlicher und Nationalökonom Professor Dr Engliš in den letzten Jahren genommen hat. Ich kann mich erinnern, als im Jahre 1921 von Sozialisierung die Rede war und als Universitätsprofessoren über die Sozialisierung gehört wurden, da war Herr Professor Engliš uner den deutschen und èechischen Wissenschaftlern in der Èechoslovakischen Republik der einzige, der sich für eine gewisse Sozialisierung der Gruben im Staate ausgesprochen hat und in seiner von ihm gezeichneten Artikelserie am 4. und 11. September 1921 in den "Lidové Noviny" gibt er das unumwunden zu und erklärt z. B., daß das unbeschränkte Privatunternehmertum, das Privateigentum, daß freie Verträge und freie Konkurrenz, seine Forderungen, die er aufstellt, nicht sichere, darum müsse es beseitigt werden. Er erklärte damals in dieser Artikelserie weiter, die Reingewinne der Grubenbesitzer müßten auf zweifache Art verwendet werden. Ein Teil muß den Bergarbeitern und den Angestellten für soziale Zwecke zufließen, der andere Teil muß durch Enteignung in der Form der progressiven Besteuerung der Bergrente, eben bis zur Enteignung, verstaatlicht werden. Das war der Herr Finanzminister aus dem Jahre 1921, und der seither verstorbene Ministerialrat Ing. Heinrich Fleischner im Ministerium für öffentliche Arbeiten hat in seiner Broschüre "Zpráva o èinnosti socialisaèního výboru uhelné rady èeskoslovenské" den Standpunkt des Herrn Prof. Engliš lobend als den alleinigen eines Vertreters der Wissenschaft hervorgehoben. Umsomehr mußte es überraschen, daß in nicht allzulanger Zeit nach diesem öffentlich erklärten Standpunkt Herr Prof. Engliš in den Verwaltungsrat der Berg- und Hüttenwerksgesellschaft, also der größten Kohlengesellschaft der Èechoslovakischen Republik, gewählt wurde und zur allgemeinen Überraschung diese Wahl auch angenommen hat.

Ich habe in meiner Rede zum Voranschlag, im Jahre 1923, zu einer Zeit, wo Herr Prof. Engliš noch Abgeordneter war, dieses Verhalten, dieses Umfallen des Herrn Prof. Engliš auf das schäfste kritisiert, ohne daß Herr Prof. Engliš damals besonders empfindlich gewesen wäre und in seiner Eigenschaft als Abgeordneter hieher gegangen wäre und sich mit mir auseinandergesetzt hätte. Er wählt heute den bequemeren Weg, eine Rüge zu verlangen, nachdem er weiß, daß ihm die Majorität sicher ist. Wenn von mir das Wort "gekauft" in irgendeinen Zusammenhang gebracht werden kann, so nur damit, daß Herr Prof. Engliš durch die Berufung auf die Stelle eines Verwaltungsrates bei der größten und reichsten Kohlengesellschaft der Èechoslovakischen Republik und auch noch bei anderen Industrieunternehmungen der Republik seinen von ihm vertretenen Grundsätzen und Ideen untreu geworden ist.

Wenn man den damaligen Standpunkt des Herrn Prof. Engliš zu privatkapitalistischen Unternehmungen vergleicht mit dem jetzt den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegten Steuerentwurfe und dem Motivenbericht, die den Herrn Finanzminister Dr Engliš zum Verfasser und Initiator haben und durch die sich wie ein roter Faden die Tendenz zieht, das privatkapitalistische Unternehmertum auf Kosten der breiten Schichten des Volkes zu entlasten, wenn man sich den Umsturz in den Ideen eines gelehrten Menschen innerhalb einer Zeit von 3 1/2 Jahren vor Augen hält und dabei in Betracht zieht, daß dieser Umschwung eigentlich mit der Berufung zum Verwaltungsrat einer privatkapitalistischen Kohlenunternehmung zeitlich zusammenfällt, ist wohl genügend Anlaß zur schärfsten Kritik, die ich mit meinem Zwischenruf zum Ausdruck bringen wollte.

Zum Schlusse noch eines. Wenn ich das Wort "gekauft" gebraucht habe, so auch noch aus einem anderen Grunde: der Herr Finanzminister wirkt auch noch in einer anderen Eigenschaft in der Regierung, weswegen wir ihm aufs schwärfste anzugreifen berechtigt sind, weil er seine früheren Überzeugungen fallen ließ. Der Herr finanzminister Professor Dr Engliš hat die Rolle und Aufgabe in dieser reaktionären, arbeiterfeindlichen Pläne des Steuer-Fiskus wissenschaftlich zu begründen. An diesen Tatsachen werden Sie durch eine Rüge nichts ändern. Ich werde Sie mit jenem Respekt entgegennehmen, der diesen politischen Verhältnissen und dieser Majorität zukommt. (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

4. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 1251 tìsnopisecké zprávy).

Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Berichterstatters des Immunitätsausschusses bin ich in dieser Angelegenheit eigentlich nur der entfernten Mitschuld an dem Delikt geziehen, welches Kollege Pohl durch seinen Zwischenruf begangen hat. Koll. Pohl hat die Sache allerdings etwas anders dargestellt und nach seinen Ausführungen wäre ich auch mit Urheber dieses Zwischenfalles, der sich im Parlamente vor über acht Tagen ereignet hat, weil ich für die reaktionäre Haltung der Mehrheit dieses Hauses in erster Linie den Sprecher dieser Mehrheit, nämlich den Herrn Finanzminister verantwortlich gemacht habe.

Wenn ich nun von dem Rechte der Wortmeldung Gebrauch machte, so nicht in der Absicht, eine Verteidigungsrede zu halten und auch nicht in der Hoffnung, daß es mir gelingen wird, durch meine Ausführungen einen andern Entschluß der Mehrheit dieses Hauses herbeizuführen. Damit wurde schon bei der Antragstellung gerechnet.

Also bitte: Montag habe ich bei Beginn der Generaldebatte über den Staatsvoranschlag für 1927 die Äußerung gebraucht, die dem Herrn Finanzminister Dr Engliš Veranlassung bot, das Begehren nach § 51 der Geschäftsordnung gegen uns anhängig zu machen. Und am Samstag, also eine ganz Woche später, nachdem die Mehrheit für den Staatsvoranschlag gesichert war, ist das Begehren nach Einleitung des Verfahrens gestellt bzw. im Hause eingebracht worden. Es ist also die Mehrheit gesichert und ich könnte sagen, was ich wollte, so ist es ganz ausgeschlossen, daß an Ihrem Entschluß etwas geändert würde. Es fällt mir also nicht ein, eine Verteidigungsrede zu halten, der Grund, warum ich mich zum Worte gemeldet habe, ist einzig und allein der, aufzuklären und zu begründen, wieso es zu dem Ausfall gegen den Herrn Finanzminister gekommen ist.

Ich habe mich veranlaßt gesehen, damals eine Ausnahme von der Regel zu machen: es fällt mir in der Regel nicht ein, mich bei meinen Ausführungen mit Personen zu beschäftigen, sondern ich bin gewöhnt, mich mit dem System zu beschäftigen und hätte das auch getan bei der kritischen Beleuchtung des Staatsvoranschlages für 1927. Wenn ich von dieser Regel abgewichen bin und einen großen Teil der Ausführungen über den Staatsvoranschlag für 1927 dem Herrn Finanzminister Engliš persönlich widmete, so hatte das seine bestimmte Ursache. Ich gab meiner Überraschung und meiner Enttäuschung über den Finanzminister Dr Engliš als Person Ausdruck. Ich habe hervorgehoben, was Dr Engliš früher war und was Dr Engliš heute ist. Und Koll. Kreibich hat diesen Teil meiner Ausführungen im Budgetausschuß zur Veranlassung genommen, in der Generaldebatte vor mir davon zu sprechen, daß es ihn wundere, daß es Leute gebe, die bei dem Finanzminister Dr Engliš eine soziale Ader entdeckt haben. Und in der Polemik gegenüber dem Koll. Kreibich habe ich Dr Engliš an diese seine bessere Vergangenheit erinnert und der Überraschung Ausdruck gegeben, daß ein Man mit solcher Vergangenheit sich zu einem Werkzeug der reaktionären Majorität hergeben könne. So war der Sinn der Rede aufgebaut. Und nun kam der Zwischenruf des Koll. Pohl, vom "gekauften Wissenschaftler". Es ist mir nicht eingefallen, wenn ich dem Zwischenruf des Kollegen Pohl zustimmte, zu sagen, daß Dr. Engliš gekauft, bezahlt worden wäre. Eine solche Behauptung wollte ich nicht aufstellen, weil ich sie selbstverständlich auch nicht beweisen könnte. Ich wollte damit nichts anderes sagen, als daß der Wissenschaftler Engliš, den wir früher auch als sozialdenkenden Menschen werten konnten, sich von der Mehrheit mißbrauchen ließ. Wenn Sie meine Ausführungen durchlesen, so werden Sie darauf kommen, daß ich hervorgehoben habe, daß Dr Engliš kein parlamentarischer Minister ist, keiner Partei angehört, nicht Vertreter einer Partei im Ministerium ist, sondern als Beamtenminister zu werten sei, und daß es um so mehr überraschen muß, daß er die Tendenzen der Mehrheitsparteien dieses Hauses hier zum Ausdruck bringt und wissenschaftlich zu decken sucht. Denn wenn Sie sich das Exposé des Herrn Finanzministers zum Staatsvoranschlag 1927 durchlesen, werden Sie finden, mit welcher Leidenschaftlichkeit und volkswirtschaftlichen Begründung Herr Dr Engliš es versucht festzustellen, daß es notwendig sei, die Ausgaben für die Invaliden zu drosseln, daß es notwendig sei, den Mieterschutz abzubauen - hinweg mit der Bewirtschaftung des Wohnungswesens - daß Herr Dr Engliš wissenschaftlich zu beweisen sucht, daß die Einführung der Zölle eine Steigerung der Kaufkraft der Bevölkerung herbeigeführt habe, (Výkøiky na levici.) daß es notwendig sei, das Unrecht zu beseitigen, welches darin besteht, daß die Unternehmungen für die Angestellten die Einkommensteuer bezahlen. Und wenn man solche Begründungen von einem Manne mit dem früheren Ruf des Herrn Dr Engliš hört, dann muß man überrascht sein, und eine solche Kritik ist nichts anderes, als der Ausdruck des Empfindens, daß der Mann, seine Vergangenheit vergessend, sich von den Mehrheitsparteien dieses Hauses mißbrauchen läßt. (Výkøiky posl. Kreibicha.) Wenn Dr Engliš nun sagt, es sei nicht der Fall, er sei nicht der Wortführer der Mehrheit, wenn Dr Engliš weiter sagt, es falle ihm nicht ein, gegen seine Überzeugung zu handeln, sondern das, was er hier gesagt und was er zur Begründung der reaktionären Taten der Mehrheit geschrieben habe, sei seine innerste Überzeugung, so bedauern wir den Wandel, der sich hier vollzogen hat in den Gesinnungen dieses selben Mannes, bei dem wir die soziale Ader bisher immer wenigstens vermutet haben.

Es ist also nicht in meiner Absicht gelegen gewesen, durch die Entwicklung dieses, meines Ideenganges Dr Engliš persönlich herabzusetzen, der Bestechlichkeit zu zeihen, sondern ich wollte einzig und allein anführen, daß Dr Engliš ein Produkt der Verhältnisse dieses Staates geworden ist. Wenn Sie das als eine Überschreitung der berechtigten Kritik, wie sie im politichen Leben gebraucht werden kann, betrachten und glauben, daß es notwendig ist, dafür die Rüge zu erteilen, bitte, tun Sie das. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

4. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 1254 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Obwohl ich im Budgetausschuß einen Antrag auf Änderung des in Verhandlung stehenden Gesetzentwurfes eingebracht habe und ein Teil dieses meines Abänderungsantrages einstimmig vom Ausschuß angenommen worden ist und nun die so geänderte Gesetzesvorlage zur Verhandlung steht, bin ich trotzdem gezwungen, gegen diese Vorlage zu sprechen und zwar mit eben derselben Begründung, mit welcher wir die Vorlage im Budgetausschuß des Hauses bekämpft haben.

Wir müssen uns, wenn wir diese Vorlage der Kritik unterziehen, das Verfassungsgesetz vor Augen halten, denn § 111 des Verfassungsgesetzes sagt ausdrücklich, daß Steuern und öffentliche Abgaben überhaupt nur auf Grund eines Gesetzes eingehoben werden dürfen. Wir haben noch eine andere Bestimmung der Verfassungsurkunde, welche bei dieser Gelegenheit in Betracht zu ziehen ist, d. i. § 55, welcher besagt, daß die Regierung Verordnungen nur zur Durchführung von Gesetzen zu erlassen berechtigt ist, also Durchführungsverordnungen zu einem Gesetz. Es wird wohl niemand in diesem Hohen Hause geben, der der Regierung das Recht zusprechen würde, die einzelnen Steuersätze im Verordnungswege festzusetzen, sondern jeder wird aus der Bestimmung des § 111 der Verfassungsurkunde herauslesen, daß wenn eine Abgabe nur im Wege eines Gesetzes eingehoben werden darf, im Gesetze nicht nur die Summe der einzuhebenden Gebühren entlalten sein muß, sondern auch die einzelnen Sätze angegeben sein müssen, die der Bevölkerung auferlegt werden sollen.

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