Eine zweite Sache: Die Weingärten sind
fast ausschließlich auf schlechtem Boden angelegt, und wenn
man dort die Weinrebe hinauswirft, kann man auf diesem Boden nicht
viel anderes anbauen, man kann höchstens eine ganz und gar
extensive Wirtschaft betreiben. Man hat gesagt, daß die
Verminderung des Weingartengebietes eine Verminderung des Weinkonsums
nach sich ziehen werde, was vom Standpunkt der Volksgesundheit
zu begrüßen sei. Das ist nicht richtig. Wenn hier in
der Èechoslowakei zu wenig Wein gebaut
würde, würde die Differenz eben aus dem Ausland eingeführt
werden, was im Interesse einer gesunden Handelspolitik unbedingt
zu vermeiden ist. Es liegt also im Interesse des Staates und des
Gemeinwohles, daß der Weinbau entsprechend gefördert
wird. (Posl. Schweichhart: Durch Herabsetzung der allgemeinen
Getränkesteuer?) Herr Kollege, ich werde auf die allgemeine
Getränkesteuer noch heute zu sprechen kommen.
Das vorliegende Gesetz, das den Weinbau fördert,
ist aber auch aus anderen Gründen zu begrüßen.
Durch die Abschaffung der Banderolesteuer für Flaschenwein
werden viele Weingärtenbesitzer dazu gedrängt werden,
dem Bau von Qualitätsweinen ihr Augenmerk in höherem
Maße zuzuwenden als bisher, denn Qualitätswein ist
entschieden rentabler als gewöhnlicher Faßwein. Es
ist zu begrüßen, daß durch die bloße Ankündigung
des heutigen Gesetzes in den letzten Monaten die Preise in Südmähren
etwas angezogen haben und daß die Leute besonders für
Altwein etwas mehr bekommen als noch vor drei bis vier Monaten.
An der Abschaffung der Banderolensteuer auf
Flaschenweine haben auch die Wirte ein Interesse, denn die Vorräte
an unverkäuflichem Flaschenwein sind beängstigend gestiegen.
Von der Abschaffung dieser Banderolensteuer
versprechen wir uns auch eine bessere Beschäftigung jener
Glasfabriken, die Weinflaschen erzeugen.
Und daß die Abschaffung dieser Steuer
dazu führen wird, daß die bürokratische Gefällskontrolle
abgebaut wird, müssen wir ebenfalls begrüßen.
Die Abschaffung der Banderolensteuer ist kein
Geschenk von 5 Millionen an die Weintrinker, wie im Budgetausschuß
gesagt wurde und wie mit anderen Worten auch ein Vorredner hier
meinte, die Beschränkung dieser Steuer auf Champagner liegt
vielmehr im allgemeinen Interesse. Ich habe den Eindruck, daß
der Herr Koll. Kaufmann den vorliegenden Gesetzentwurf
wirklich nur sehr oberflächlich gelesen hat. Durch dieses
Gesetz wird nur die Banderolesteuer auf Wein abgeschafft, nicht
die auf Champagner, den die reichen Leute trinken. Diese Steuer
bleibt weiter bestehen.
Im Frühjahr, als es hieß, daß
das Gesetz über die allgemeine Getränkesteuer novelliert
und die Banderolensteuer auf Flaschenweine abgeschafft werden
solle, hatte der Finanzminister zuerst die Absicht, die allgemeine
Getränkesteuer um 20 Heller zu erhöhen. Wir begrüßen
es, daß die Regierung von diesem Plane Abstand genommen
hat. Wir hoffen, daß mit dem jetzigen Gesetz der Anfang
gemacht worden ist zu einer systematischen Weinbauförderung.
Wir müssen sagen, in anderen Staaten wird der Weinbau entschieden
mehr gefördert als bei uns. Ich erinnere Sie an Deutschland,
wo seit 1. Juli d. J. nur eine Banderolensteuer auf Champagner
existiert, und zwar eine Goldmark pro Flasche, ich erinnere Sie
daran, daß seit dem Sommer Deutschland die Umsatzsteuer
auf 0.6% herabgesetzt hat und daß es in Deutschland eine
Luxussteuer nicht mehr gibt. (Posl. Schweichhart: Setzt sie
doch auch herab!) Der Herr Finanzminister hat auch
angekündigt, daß er bestrebt sei, die Umsatzsteuer
zu ermäßigen. Ich erinnere Sie daran, daß der
deutsche Reichstag heuer einstimmig den Beschluß gefaßt
hat, die Weinsteuer ganz abzuschaffen, was für das Deutsche
Reich einen Verlust von 400 Mill. èsl.
Kronen im Jahr ausmacht. Es ist interessant, daß
der deutsche Reichstag den Winzern 120 Mill. Goldmark, also fast
eine Milliarde èsl. Kronen für Notstandskredite und
Subventionen bewilligt hat. Ich unterstreiche
nochmals, daß im deutschen Reichstag diese Beschlüsse
einstimmig gefaßt worden sind. Auch Österreich unterstützt
den Weinbau in hervorragender Weise, u. zw. in erster Linie dadurch,
daß ärmere Weinbautreibende Schnitt- und Wurzelreben,
Kupfervitriol, Schwefelkohlenstoff, Schwefel u. s. w. bedeuten
billiger bekommen als nach dem Marktpreis. Ich erinnere Sie daran,
daß die österreichische Nationalversammlung ebenfalls
einstimmig den Beschluß gefaßt hat, die Weinsteuer
von 22 Schilling pro Hektoliter auf 12 Schilling pro Hektoliter
zu ermäßigen und daß man in Österreich in
punkto Haustrunk bedeutend liberaler vorgeht als bei uns. Das
darf ich wohl als bekannt voraussetzen. Ich füge hier noch
einmal hinzu, daß diese Bestimmung zum Schutze des Weinbaues
in Österreich auch mit den Stimmen der sozialdemokratischen
Abgeordneten angenommen worden ist.
Wir hoffen, daß bei uns in der Zukunft
dem Weinbau mehr Augenmerk zugewendet werden wird, als bisher
und daß dies in erster Linie bei der Novellierung des Gesetzes
über die allgemeine Getränkesteuer der Fall sein wird.
Meine sehr verehrten Herren. Die Weinbauern haben eine Menge von
Wünschen, die sicherlich voll und ganz gerechtfertigt sind.
In erster Linie verlangen wir die Ermäßigung der Getränkesteuer.
Man hat hier gesagt, am besten wäre es, die Steuer ganz abzuschaffen
wie in Deutschland. Aber ich glaube, in unserem Staate, wo wir
ja soviel Wein aus dem Ausland einführen, wäre das eine
Maßregel, die jetzt in erster Linie dem ausländischen
Handel zugute käme, was man ja heute schon in Deutschland
sieht. Das erste und wichtigste ist aber entschieden eine bedeutende
Ermäßigung der Getränkesteuer, besonders was die
Umsatzsteuer betrifft. Zu jenen Zeiten, wo der Liter Wein 15 Kronen
gekostet hat, haben unsere Weinbauern summa summarum etwa 150
Kronen an Steuern zahlen müssen. Heute, wo der Wein ungefähr
4 Kronen kostet, müssen unsere Weinbauern die alten Steuern
zahlen, die fast 50% ausmachen, und außerdem die Umsatzsteuer.
(Posl. Krebs: Sie haben ja gegen die Herabsetzung der Umsatzsteuer
gestimmt!) Herr Kollege, Sie wissen ja selbst nicht recht,
über diese Angelegenheit zu sprechen. Die Umsatzsteuer für
einen Liter Wein beträgt 40 Heller, das sind ungefähr
10% des Gesamtpreises. Ich glaube, da ist die Forderung voll und
ganz berechtigt, daß die Umsatzsteuer wesentlich herabgesetzt
werde.
Weiters müssen wir verlangen, daß
die Kriegszuschläge, die noch auf den Weingärten lasten,
wesentlich herabzusetzen sind. Notwendig ist es, daß die
Gefällskontrolle, die fürchterlich kompliziert ist,
die die Leute wegen der vielen Strafen verbittert, unbedingt abgebaut
wird. Auch muß den Weinbauern selbst das Recht der Mitkontrolle
eingeräumt werden. Ich habe schon eingangs auf den Haustrunk
verwiesen. Meine sehr Verehrten, bei uns sagt das Gesetz, daß
ein Weinbauer nur dann 200 Liter jährlich vollkommen steuerfrei
hat, wenn er im Jahre nicht mehr gebaut hat. Wenn Sie nach Österreich,
Jugoslavien und in andere Weinbauländer sehen, werden Sie
finden, daß man dort in punkto Haustrunk weitaus liberaler
ist als bei uns. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß
bei der Novelle zum Gesetze über die allgemeine Getränkesteuer
diese Wünsche nach Möglichkeit berücksichtigt werden
müssen. Es muß unbedingt verhindert werden, daß
noch mehr Wein eingeführt wird als bisher, entweder durch
Erhöhung des Zolles oder zumindest durch Nichtherabsetzung
des Zolles. Wir verlangen, daß z. B. derjenige, der 1000
hl einführen will, nachweisen muß, daß er 2000
hl im Inland gekauft hat. Ferner wünschen die Weinbauern
mit vollem Recht, daß sie in jenen Fällen, wo sie Weingärten
auf schlechtem Boden errichten, Steuererleichterungen und Subventionen
bekommen. Ich glaube, das ist kein hinausgeworfenes Geld. Was
der Staat für die Bodenverwertung aufwendet, kommt auch dem
Staate wieder zugute. Ferner sollte der Weinbau mehr als bisher
gefördert werden durch Fachschulen, durch fachmännische
Vorträge, durch Kurse, genügend viele Rebanlagen, durch
Kredite und durch Bekämpfung der in den letzten Jahren überhandnehmenden
vielen Schädlinge. Ein berechtigter Wunsch ist auch der,
daß beim Großhandel die 40-Liter-Grenze auf 20 Liter
herabgesetzt werde. Soviel ich weiß, ist ja in der geplanten
Novelle diesem Wunsche bereits voll und ganz Rechnung getragen.
Sie wissen ja, daß sehr viele Weinproduzenten den Wein,
den sie selbst bauen, auch selbst verkaufen, die sog. Buschenschenken.
Es wäre nur zu wünschen, daß an diesem Privileg
der Weinbauern auch in Zukunft nicht gerüttelt werden möge.
Sehr viele Differenzen ergeben sich in der Praxis bei der Festsetzung
des Schwundes. Da wäre es erwünscht, wenn der betreffende
Prozentsatz erhöht würde. Notwendig ist, daß der
Großhandel wirklich kontrolliert wird, und zwar nicht nur
von den Ämtern, sondern auch von den landwirtschaftlichen
Organisationen. Sie erinnern sich daran, daß heuer im Frühjahr
am Rhein die großen Winzerunruhen waren. Wenn man die Verhältnisse
des Frühjahrs in Deutschland mit denen bei uns in Südmähren
vergleicht, so muß man sagen, daß unsere südmährischen
Weinbauern eigentlich mehr Ursache gehabt hätten, sich zu
beschweren, als die Reichsdeutschen, und wenn in den letzten Wochen
und Monaten der Weinpreis etwas angezogen hat, so müssen
wir uns sagen, daß das doch nur eine vorübergehende
Erleichterung ist und es notwendig sein wird, wirklich mit grundlegenden
Reformen hier vorzugehen.
Des Nikolsburger Gerichtsbezirk allein hat nicht weniger als 1434
ha Weingärten. Er wird in diesem Punkte nur von 2 Bezirken
der Èechoslovakei übertroffen. Auch in anderen südmährischen
Bezirken haben wir sehr viel Weinbau. Auspitz 644 ha,
Znaim 707 ha, Joslowitz 276 ha, Kromau 188 ha. Die südmährische
Landwirtschaft ist durch die neue Staatsgrenze in eine sehr schwere
wirtschaftliche Gefahr gekommen. Denken Sie daran, daß der
Export von Milch stark gedrosselt ist durch den Milchzoll, den
Österreich eingeführt hat, vergessen Sie nicht, daß
sich Österreich immer mehr selbständig macht in punkto
Gemüsebau, und es daher eine selbstverständliche Pflicht
des Staates ist, besonders dem südmährischen Weinbau
entgegenzukommen.
Bei Behandlung des Gesetzes wurde sowohl im
Budgetausschuß als auch hier im Hause das Verhältnis
zwischen Weinbau und Abstinenz berührt. Wenn mein Herr Vorredner
gesagt hat, es wäre wünschenswert, daß die Zahl
der Gasthauskonzessionen vermindert wird oder daß diese
Konzessionen erschwert werden, so kann ich Ihnen sagen, daß
dies eine Forderung ist, die sicherlich voll und ganz zu unterschreiben
ist. Aber, meine Herren, zwischen Branntweinhandel und Abstinenz,
zwischen Brauindustrien und Abstinenz besteht sicherlich ein großer,
ich möchte sagen, ein unüberbrückbarer Gegensatz.
Aber ganz entschieden leugne ich, daß ein Gegensatz besteht
zwischen Weinbau und Abstinenz. Es gibt in der Schweiz einen Verein
abstinenter Weinbauern. Das Wort "Weinbauer" ist hier
nicht ganz richtig angewendet. Ich möchte den Herren nur
raten, daß Sie sich z. B. erkundigen, wie es den kalifornischen
Weinbauern im "trockenen" Amerika geht, die in den letzten
Jahren nachgewiesen haben, daß der Weinbau in Kalifornien
nicht zurückgegangen ist. Ich sage das deswegen, um zu beweisen,
daß es ganz und gar falsch ist, wenn man zwischen Weinbau
und Abstinenz einen Gegensatz, eine Feindschaft herauslesen will.
Wenn der Weinbauer z. B. den Most, den unvergorenen Traubensaft,
bedeutend besser absetzen könnte als den Wein, so bin ich
überzeugt, er würde sich mit seiner Wirtschaft, wenigstens
zum Teile umstellen. Dann wäre es allerdings erforderlich,
daß der unvergorene Saft von der Getränkesteuer ganz
befreit würde oder nur mit wenigen Hellern pro Liter besteuert
wäre. Ferner wäre es sicherlich erwünscht, wenn
unsere Weinbauern mehr als bisher die Trauben selbst verkaufen
würden. Im November 1925 haben wir nicht weniger als über
2000 Meterzentner Weintrauben eingeführt, im Werte von 1,160.000
Kronen. Auf etwas möchte ich noch aufmerksam machen, es ist
eine Kleinigkeit, welche doch ziemlich viel ausmacht. Wenn man
den Most sterilisieren will, kann man das mit teuren Maschinen
machen, die für den Kleinbetrieb unerschwinglich sind, oder
aber durch ein unschädliches Mittel, durch Natro-Benzoa,
das in der Schweiz erlaubt, aber bei uns auf Grund eines alten
österreichischen Gesetzes noch immer verboten ist. Gerade
die Weinfachleute sagen, daß sie es gar nicht verstehen,
warum man dieses unschädliche Mittel heute noch verbietet.
Es wird einfach dem Most zugesetzt, der Most behält den alten
süßen guten Geschmack und der Vorteil ist, daß
diese Art der Sterilisierung mit gar keinen Kosten verbunden ist.
Man hat im Budgetausschuß gesagt, daß es wünschenswert
wäre, daß ein Teil der Getränkesteuer für
die Bekämpfung des Alkoholmißbrauches verwendet wird.
Dagegen kann kein vernünftiger Mensch etwas einzuwenden haben,
aber mit der Einschränkung, daß mehr als bisher dem
Lehrer in der Schule die Mittel zur Verfügung gestellt werden,
die Kinder wirklich alkoholfrei zu beeinflussen. Da sind wir alle
einig daß die Schuljugend unbedingt alkoholfrei erzogen
werden muß. Man hat heute auch angekündigt, daß
die deutsche Sozialdemokratie einen Antrag einbringen wird, es
möge Limonade, dann Mineralwasser und Sodawasser von der
allgemeinen Getränkesteuer befreit werden. Wir würden
dem ruhig zustimmen könne, wenn wirklich die allgemeine Getränkesteuer
auf diese alkoholfreien Getränke so groß wäre.
Aber in Wirklichkeit ist ein Liter Limonade mit 12 Hellern und
Sodawasser mit 8 Hellern pro Liter besteuert und selbst wenn man
die 8 Heller ganz streichen würde, würden Sie sicherlich
Mineralwasser in keinem Gasthaus billiger bekommen als bisher.
(Posl. Dietl: Glauben Sie, daß der Flaschenwein durch
diese Aufhebung billiger sein wird?) Der Flaschenwein muß
billiger sein, weil die Banderolensteuer fällt, das ist ganz
klar. Wenn Sie auf eine Flasche bis 10 Kronen zahlen müssen
für den Zettel darauf, muß der Wein doch dann billiger
werden. Das ist eine einfache Rechnung, die ein Bub aus der ersten
Volksschulklasse machen kann.
Ein Fachmann, dessen Autorität unbestritten
ist, der Oberregierungsrat Andor Teleki aus Budapest, hat im Sommer
diese Jahres in einer Wiener Zeitung einen sehr interessanten
Aufsatz über die allgemeine Lage des Weinbaues in Mitteleuropa
veröffentlicht. (Místopøedseda Slavíèek
zvoní.) Er
sagt in diesem Artikel: "Der èechoslovakische
Staat behandelt den Weinbau als ein Stiefkind.
Die Verwüstungen der Kriegs- und Nachkriegszeit haben starke
Spuren in den Weingartenbeständen der Èechoslovakei
hinterlassen, ungünstige Weinjahre haben
das ihrige dazu beigetragen, um die Weinbautreibenden zu entmutigen
und es würde einer kräftigen staatlichen Unterstützungsaktion
bedürfen, um den Weinbautreibenden in diesem Lande
wieder Mut einzulössen." Teleki sagt dann weiter, daß
in der Èechoslovakei weit mehr Wein konsumiert wird, als
tatsächlich produziert wird und fährt fort:
"Die Möglichkeiten des Weinbaues in der Èechoslovakei
sind daher unbegrenzt da viele Tausende
von Hektar für den Weinbau außerordentlich geeigneten
Geländes zur Verfügung stehen. Der Weinbau in der Èechoslovakei
hat die denkbar günstigsten Aussichten und es muß sich
nur die Regierung finden, die den ruhenden Stein ins Rollen bringt."
Durch die vorliegende Gesetzesvorlage ist dieser Stein ins Rollen
gekommen und wir erwarten, daß auch die Novelle zum Gesetz
über die allgemeine Getränkesteuer den berechtigten
Wünschen der Weinbauern entgegenkommen wird. Aus diesem Grunde
werden wir für den vorliegenden Gesetzesantrag stimmen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend
die Abgabe von Schaumwein veranlaßt mich, die Weinsteuergesetze
unter die Lupe zu nehmen und die Wünsche und Beschwerden
der Weinbautreibenden näher zu erörtern. Die Wünsche
bewegen sich in folgender Richtung: Mit vollem Recht fordern die
Weinbautreibenden die Herabsetzung der Weinsteuer und ihrer Zuschläge.
Die Weinsteuer stammt noch aus dem Jahre 1920, also aus ein er
Zeit, wo der Weinpreis doppelt so hoch war als er heute ist. Dabei
gab es damals keinerlei Absatzschwierigkeiten, weil die Grenze
gesperrt war und ausländische Weine unseren Markt nicht beherrschten,
wie es leider heute der Fall ist. Die Beibehaltung der Steuer
jedoch muß eine automatische Steigerung hervorrufen, da
ja der Weinpreis ständig im Sinken ist. Es ist eine unserer
dringendsten Forderungen, daß die Weinsteuer einer Revision
unterzogen wird und dies insbesondere in Anbetracht der trostlosen
Überlastung des Weinbaues. So stellen sich als Bearbeitungskosten
für ein Hektar Weinland folgende Summen dar: Wir zahlen für
die Bearbeitung eines Hektars jährlich mindestens 10.000
Kronen, wir zahlen aber außerdem an Weinsteuer und Abgaben
mindestens 3000 Kronen. Wir zahlen außerdem an Einkommensteuer
für den Hektar Weinland 6 bis 7 Hundert Kronen und an Grundsteuer
und Zuschlägen 200 bis 300 Kronen, je nach der Bonität
des Bodens. Wenn man noch die Verzinsung und Amortisation hinzurechnet,
so kommen wir tatsächlich auf einen Betrag von 15.000 Kronen,
den die Weinbauern von einem Hektar Weinland herausarbeiten sollen.
Dabei dürfen wir aber nie vergessen, daß bekanntermaßen
in einem Jahrzehnt kaum zwei wirkliche Weinjahre zu verzeichnen
sind. Es müssen also diese zwei Jahre alle übrigen acht
Jahre zahlen helfen. Dies wird hier allzuwenig berücksichtigt
und verstanden, weil gerade der Weinbau eine Spezialkultur für
gewisse wärmere Gegenden ist, so für Süd-Mähren,
für Leitmeritz, Èernosek, Melnik und für die
Süd-Slovakei. Die Weinjahre sind also
spärlich verteilt und gerade im laufenden Jahrhundert können
wir bloß auf 4 vollwertige Weinjahre zurückschauen,
also tatsächlich bloß auf 2 Jahre in der Dekade. Diese
Weinjahre müssen mit ihren Erträgnissen alle Verluste
der übrigen Jahre decken und wir fordern daher mit Recht,
daß im Bezug auf den Weinbau unseren Wünschen endlich
durch die Novellierung des gesamten Getränkesteuergesetzes
Rechnung getragen wird aber auch durch die Novellierung dieser
ungeheuerlichen Abgaben, die auf dem Wein lasten.
Einen gewissen Ansporn im Weinbau zeigten die
ersten Nachkriegsjahre. Der Wein hatte angemessene Preise, weil
die Einfuhr gesperrt war, es gab daher keine Klagen über
die Preise. Aber diese guten Jahre dauerten nicht lange, schon
das Jahr 1922 brachte einen unglaublichen Preisrückgang,
wie er bei keinem andern Produkt vorhanden war. Wir mußten
aber dulden, daß nicht eine einzige Belastung, nicht eine
einzige Abgabe gekürzt wurde, und daß auch die Beschwerden,
die die weinbautreibende Bevölkerung so laut in die Welt
hinausrief, nirgends auch nur einigermaßen Berücksichtigung
gefunden hätten. Noch immer fordert der Staat seine 80 Heller
Abgabe als allgemeine Getränkesteuer, noch immer fordert
das Land seine 20 Heller, die geschlossenen Gemeinden, also fast
alle Städte der Republik, ebenfalls 20 Heller, noch immer
zahlen wir 40 Heller Umsatzsteuer auf einen Liter Wein. Dabei
ist vielfach eine falsche Ansicht verbreitet, die da meint, der
Weinbauer hätte die Möglichkeit, einfach aus seinem
Keller unversteuerten Wein zu trinken, soviel ihm beliebt. Meine
Herren, da sind Sie wohl in einem großen Irrtum. Denn Sie
müssen wissen, daß dem Weinbauer tatsächlich nur
dann ein Tropfen Wein steuerfrei zusteht, wenn er nicht mehr erzeugt
als 200 Liter. Schon bei einer Mehrerzeugung auch nur von einem
einzigen Liter ist der Weinbauer verpflichtet, alle 201 Liter
zu versteuern. Es ist dies ein ganz unglaublicher Zustand, und
ich wundere mich, daß eine solche Widersinnigkeit in das
Gesetz vom Jahre 1919 Aufnahme finden konnte. Meine Herren, Sie
brauchen bloß den Bleistift in die Hand zu nehmen und nachzurechnen.
Wenn man die Belastung des Weines mit 140 Hellern
pro Liter annimmt - ich meine in jenen Ortschaften, die nicht
auch eine Gemeindeabgabe auf Wein eingeführt haben, denn
in solchen Gemeinden muß man mit 160 Hellern rechnen - wenn
man also die Besteuerung von 201 Liter Wein zu 140 rechnet, so
hat der betreffende Weinbauer um einige Heller mehr als 280 Kronen
zu zahlen. Wäre es da nicht vernünftiger, der Landwirt
würde einfach die Presse bei dem 200. Liter zusperren, wenn
er sehen sollte, daß kaum ein Quantum von 70 Litern Most
mehr erreicht werden könnte, da erst 70 Liter Most ungefähr
im Preise der zu zahlenden Weinsteuer entsprechen. Ja, in den
letzten Jahren konnte man für 280 Kronen, mit denen dieser
Wein besteuert ist, in Süd-Mähren den besten Wein kaufen,
und zwar 70 Liter. Ich kenne die denkbar besten Marken
des ganzen Staates, die in den letzten Jahren in unserem Lande
nicht höher als mit 4 Kè gehandelt wurden. Bei dieser
Gelegenheit will ich einen Zwischenruf, der
gegen meinen Vorredner gemacht wurde, etwas krasser zurückweisen.
Es ist wohl nicht der Fall, daß etwa unsere südmährischen
Weine minderwertige Weine wären. Nein, meine Herren, wenn
Sie wissen, wie eigentlich die Weinrebe, bezw. die Traube eingeschätzt
wird, dann müssen Sie mir zugeben, daß in Bezug auf
Qualität gerade die Traube der nördlichen, gemäßigten
Zone die wertvollste ist, daß also die Traube Südmährens,
bezw. Mittel-Deutschlands, die Rheinlandtraube weit höher
steht, als die außerordentlich süße südländische
Traube Italiens, Serbiens, Griechenlands u. s. w. Diese Trauben
stehen wohl weit zurück hinter den unseren, Sie alle wissen,
daß die besten Tropfen im Rheinland erzeugt werden, im Neckartal,
in Niederösterreich, in Südmähren und an den Hängen
der Slovakei. Meine Herren, ich habe hingewiesen auf die Güte
unseres Weines. Wenn unser Wein also hochwertig ist und Qualität
hat, dann wäre es nur recht und billig, daß auch dieser
hochwertige Wein einen entsprechenden Preis erzielen würde.
Ich will hier auch auf eine nicht ganz geklärte Redewendung
meines Herrn Vorredners zurückkommen, der da meinte, daß
in unserem Gebiet wir ja doch angewiesen wären auf die Einfuhr
von Weinen. Ich, der ich selbst Weinbauer bin, der ich selbst
8000 Stock Wein besitze, ich muß diese Bemerkung ganz und
gar zurückweisen. Denn in allen Zeiten war in unserem Gebiete
in Böhmen, Mähren und der Slovakei zuviel Wein vorhanden,
wir haben uns in allen Jahren gegen die Einfuhr fremdländischen
Weines zu wehren gehabt. Wenn also heute noch über eine Million
Hektoliter Wein in unser Land eingeführt wird, muß
denn doch festgestellt werden, daß wir in unseren Kellern
weit über 2 Millionen Hektoliter alten Weines liegen und
keinen Absatz dafür haben. Es ist also absolut nicht am Platz,
wenn man hier noch etwa der Einfuhr von Wein das Wort reden wollte.
Ich glaube, diese Bemerkung ist meinem Herrn Vorredner nur unterlaufen.
(Posl. Zajicek: Ich habe nur gemeint, daß so und soviel
Wein eingeführt wird. Sie haben mich falsch verstanden, der
Zoll soll erhöht, zumindest nicht ermäßigt werden!)
Ich könnte ja nicht annehmen, daß Sie, der Sie
mitten im Weingebiet wohnen, nicht wissen sollten, welche ungeheueren
Mengen alten Weines bei uns lagern. Ich gehe also über diesen
Punkt hinweg.
In Bezug auf den Weinbau ist in den Jahren,
seitdem die Republik besteht, außerordentlich viel gesündigt
worden. Der Weinbau hat in unserem Gebiete fast keinerlei Förderung
erhalten, der Weinbau ist daher wirklich in allen Gebieten der
Republik im Rückgang begriffen. Noch immer wird einem Erwerbszweig
keine oder zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet, einem Gebiet, das
noch vor 30, 40 Jahren Zehntausenden von Menschen Arbeit gab,
Arbeit in einer gewiß anständigen Form und zu anständigen
Löhnen. Es wurden nirgends in den landwirtschaftlichen Gebieten
an Arbeiter höhere Löhne bezahlt als gerade in den Weinbaugebieten,
und bekanntlich ist der Weinbauer immer der freigebigste, nicht
etwa nur freigebig, wenn es heißen sollte, Getränke
auf den Tisch zu stellen, wenn es heißt, den Tisch zu decken,
er ist bisher der freigebigste gewesen, wenn es hieß, Löhne
zahlen. Ich will damit nicht etwa sagen, daß der betreffende
Weinbauer etwa verschwenden könnte. Heute ist ihm eine Grenze
gesetzt, und zwar insoweit, als wir leider mit den heute bestehenden
Preisen das Auslangen nicht finden könne. Es wird mancher
etwa einwenden wolle, daß ja dann die einzig richtige Lösung
der Frage wäre, daß man einfach die Weingärten
aushackt und das Land, sagen wir, mit Getreide bebaut. Da, meine
Herren, muß ich unbedingt auf die Güterklasse jenes
Bodens hinweisen, der dem Weinbau dient. Bekannt ist, daß
der Weinbau in jenen Gebietsteilen betrieben wird, die tatsächlich
für andere Kulturgattungen nicht verwendbar sind, d. h. im
Hügelland, in welchem höchstens die Akazie gedeiht.
Der Wein ist im Bezug auf Boden nicht außerordentlich anspruchsvoll,
er verlangt aber unbedingt ausgiebige Düngung, er verlangt
unbedingt Beigabe von Kunstdüngemitteln und außerordentlich
viel Arbeit und Bearbeitungskosten. Wenn also der Weinbau in unseren
Gebieten allzu hoch überlastet ist mit Steuern, dabei aber
die Bearbeitungskosten übergroß sind, dann ist selbstverständlich
auch die Frage der Bezahlung der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft
nicht mehr in einer angenehmen Form zu lösen. Mit dem Preis
des Weines steht und fällt schließlich auch der Taglohn,
der eben erschwinglich ist und bezahlt werden kann.