Ètvrtek 16. prosince 1926

Ich will in diesem Zusammenhang auf eine Frage zu sprechen kommen, die ich schon einmal behandelt habe, auf die Frage der 200 Liter, die dem Weinbauer unter allen Umständen freibleiben. Es ist auch da meist ein großer Irrtum unter der Bevölkerung verbreitet, nämlich der, daß der Weinbautreibende tatsächlich die 200 Liter unbedingt frei hat. Er hat sie ja nur dann frei, wenn er davon auch nicht einen einzigen Liter verkauft. Verkauft er von den 200 Litern auch nur 10 Liter, so unterliegen alle 200 Liter der Weinsteuer und allen Abgaben des Weines. Es ist dies auch eine Widersinnigkeit im alten Gesetze des Jahres 1919. Ich meine, es geht denn doch nicht an, daß der Weinbauer, der sparsam mit seinen Vorräten umgeht, der also noch von jenem Quantum, das ihm unter allen Umständen verbleibt, noch etwas abspart, es veräußern muß, um eben seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen zu können, für seine Sparsamkeit bestraft wird. Wir werden nicht unterlassen, bei einer Novellierung des Getränkesteuergesetzes unbedingt darauf hinzuwirken, daß dieser Passus aus dem Gesetze gestrichen wird, daß unserem Weinbauernstande unter allen Umständen und unbeschadet der Erzeugungsmenge ein Quantum von 1 Liter Wein täglich frei bleiben möge. Es ist dies wohl nicht viel. Denn wir müssen bedenken, daß in einem Haushalt, in dem Wein produziert wird, ja eine große Menge von Taglöhnern, bezw. Dienstleuten beschäftigt sein muß. Wir werden also kaum mit 350 oder 360 Liter das Auslangen finden können, sofern in den Weinbaugebieten das dort einge führte Frühstück und die Jause beibehalten wird. Denn viel käme da auf eine Person nicht. Dabei will ich nur bemerken, daß im Weinbaubetrieb dieser Usus weiterbesteht und daß einfach in die Weinbauarbeiten kein einziger Arbeiter geht, wenn er nicht seinen Wein so bekommt, wie ihn die Urväter und Väter gegeben haben. Wenn der Arbeiter im Weinberg schindet und rackert, will er auch von jenem Tropfen etwas haben, der erzeugt wird auf seinem Arbeitsfelde. Es müßte also unbedingt dieser Frage Rechnung getragen werden und ich kann sie davon überzeugen, daß in keinem Wein produzierenden Gebiete auch nur ein Arbeiter zu haben wäre, wenn er nicht tatsächlich zum Frühstück und zur Jause seinen Wein bekäme. Wir Weinbauern sind gewiß nicht diejenigen, die etwa den Arbeitern einen Pantsch geben wollten. Im Gegenteil, es ist der Stolz der Landwirte und Weinbauern überhaupt, den besten Wein zu geben. Er legt Wert darauf, nicht gepantschte Ware zu geben, es ist sein traditioneller Bauernstolz und wir können mit Recht darauf hinweisen, daß es geradezu ein Wettstreit bei der Versorgung ihrer Arbeiterschaft und ihrer Dienstleute ist, den besten Wein auf die Tafel zu bringen. Sie müssen sich, meine, Herren, in unsere Lage versetzen, wenn Sie die Weinbaufrage wirklich verstehen wollen.

Eine Bestimmung des Gesetzentwurfes besagt z. B., daß die vom Produzenten verkaufbare Mindestmenge 40 Liter betragen muß. Wir widerstreben diesem Gesetzesparagraphen ebenfalls, weil er nicht etwa dem Produzenten dienlich wird, nicht dem, der sich auf dem Boden schindet und rackert, der die Produktion schafft, sondern weil er eigentlich nur geschaffen ist, um den Produzenten beim Weinhandel völlig auszuschalten. Denn mancher kleine Haushalt z. B. will gerade jetzt in den Weihnachtstagen sich ein kleines Quantum Wein für die Festtage beschaffen. Er ist nicht in der Lage, den Wein beim Produzenten um 4 und 5 Kè zu kaufen, er ist nicht in der Lage, eine Auswahl aus den fünf- oder sechserlei Weinen des Weinbauers selbst zu treffen, sonder er muß zum Gastwirt gehen, muß höhere Preise bezahlen. Warum? Weil eben der Weinbauer ein Faß nicht anstechen darf, ohne ihm mindestens 40 Liter zu entnehmen. Denn würde er ein geringeres Quantum abheben, würde er schon der Strafe verfallen. Denn Sie müssen wissen, daß gerade die Gefällsstrafen bei Weinen sehr hoch sind. Unter 100 Kè wird überhaupt keine einzige Strafe dekretiert. Dieser Fall also wäre ebenfalls zu ändern. Es wäre wenigstens die mindest abhebbare Menge auf 20 Liter herabzusetzen. Dadurch wäre den Wünschen der kleinen Bevölkerung Rechnung getragen und es würde vielleicht auch der Konsum von Wein etwas belebt werden. Denn bekanntermaßen sind gerade die Weinbauern unserer Gegenden immer und immer wieder auf den Verkauf an Großhändler angewiesen, die diejenigen sind, die eigentlich den Wein dann so zubereiten, wie wir ihn z. B. auch hier in Prag zu trinken bekommen. Es ist eine bittere Wahrheit, und ich bedauere außerordentlich, daß sich die Gastwirtschaften auch unserer Großstädte nicht selber bemühen, in unsere Weinbaugebiete zu kommen, unsere vorzüglichen, großartigen Marken zu versuchen, wie z. B. die Gerstenfelder-Marke, die einfach mit jeder Marke Mitteleuropas, auch mit dem Neckar.-, Rhein- und Moselwein konkurrieren kann, die auch auf den Ausstellungen im Auslande immer unter den ersten Preisen gefunden wurde. Diese Marke wird aber niemals von den Gastwirten aufgekauft. Sie wird aufgekauft von den Großhändlern, die eben wissen, daß sie mit diesem Wein bestimmt noch ein gleichgroßes Quantum erzeugen können, durch neuerliches Aufgärenlassen. (Posl. dr Blaho: Sie adjustieren!) Sie wissen eben, wie man den Wein adjustiert, mit Chemikalien und allen erdenklichen Mitteln. Sie werfen dann den Wein auf den Markt der Großstadt und leider finden wir in der Großstadt nicht die richtigen Weinbeißer, wie man sie bei uns nennt. Wenn ein Weinbauer unseres Gebietes den Wein trinken sollte, meinethalben auch aus den sogenannten vorzüglichen Weinhallen Prags, oder, wie es mir passiert ist, auch oben in Aussig, der würde Krämpfe bekommen. Sie werden nie sehen, daß ein südmährischer Weinbeißer hier im Norden oder mittleren Gebiet unseres Staates Wein trinkt. Er beschränkt sich auf das Biertrinken, weil die Marken, die hier zum Ausschank kommen, einfach nicht mehr zu erkennen sind. Es ist nicht wahr, daß der Weinbauer ein Weinpantscher ist. Weinpantscher ist eventuell jener Bauer, der bereits an der Weingrenze lebt, der eben nicht mehr soviel Wein erzeugt, als er selbst tatsächlich verbrauchen würde. Dort, wo der Weinbau im Aussterben ist, wird wohl noch die Weinpantscherei betrieben. Aber ich kann offen gestehen, daß unsere richtigen Weinbautreibenden nicht einmal soviel Faßgeschirr haben, um ihre Ware tatsächlich unterbringen zu können, so wie es z. B. im vergangenen Jahre war. Im letzten Wirtschaftsjahr war es, leider Gottes, anders, wir haben ein außerordentliches Mißjahr erlebt und kaum Fechsungen gehabt und nur jene Gebiete, die ein ausgesprochenes heißes Klima haben, haben den Wein im heurigen Jahre auch erhalten. Nichtsdestoweniger aber kann ich auch für das heurige Jahr bestätigen, daß wir trotzdem im Gebiete der Èechoslovakischen Republik voll und ganz genügend Wein haben, denn die Slovakei drüben und namentlich das Gebiet um Preß burg haben wertvollen, guten Wein. Wir sind also absolut nicht darauf angewiesen, auch nur einen einzigen Tropfen einzuführen. (Místopøedseda Slavíèek zvoní.) Siehe da, wir führen trotzdem noch immer Wein aus Spanien, Frankreich und Italien ein, wir bringen die griechischen Weine ins Land, die unserem Geschmack einfach nicht mehr entsprechen. Denn das Bukett des mitteleuropäischen Weins kann der Südländerwein nie und nimmer haben.

Ich will noch schließlich einige Fragen streifen, die auch für die kommende Novellierung des Gesetzes von ausschlaggebender Bedeutung sind. So will ich eine Frage, die unter dem Namen Hausweinfrage bekannt ist, insoweit erörtern, als unbedingt in einem neuen Weinbaugesetz gefordert werden muß, daß der Tresterwein erzeugungssteuerfrei bleibt, weiter aber, daß die Mengung von Tresterwein mit Vollwein nicht als neue Erzeugung betrachtet werden soll. Bisher ist es so gewesen, daß wenn auch der Landwirt seinen Vollwein versteuert hat, er mit dem Vollwein einfach nicht machen konnte, was er wollte, er durfte also den erzeugten Tresterwein, den sog. Schnitt, den die Bauern eben für den Schnitt erzeugen, weil der Vollwein für Schnitt nicht möglich ist, weil sie ansonsten nicht arbeitsfähig blieben, nicht verbessern durch Zuguß und Beimengung von Vollwein, auch nicht mit dem geringsten Quantum. Denn schon das geringste Quantum Beimengung nennt man in der Gefällskontrolle eine Neuerzeugnug von Wein und diese Neuerzeugung wird so versteuert, wie der gute alte Vollwein. Dagegen müssen wir Stellung nehmen und den Standpunkt vertreten, daß wenigstens die Vermengung von Tresterwein mit einem Drittel seiner Menge an Vollwein zugelassen werden möge, wenn dieser Vollwein schon versteuert wurde. Dabei wollen wir nicht etwa der Steuer entgehen, nein, es soll dem Gefällskontrollamte unbedingt Meldung von der bevorstehenden Beimengung erstattet werden, es soll die Kontrolle aufrecht erhalten bleiben und es soll dadurch auch unterbunden werden, daß dieser Wein auf den Markt geworfen und verkauft wird. (Místopøedseda Slavíèek zvoní.) Ich wurde diese Frage noch weiter erörtern, aber die Redezeit ist um, ich will also nur auf die vorliegende Gesetzesvorlage zu sprechen kommen, auf die Aufhebung der Banderolensteuer. Wenn also auf Grund des Gesetzesantrages die Banderolensteuer für Naturweine zu Falle kommen soll, so begrüßen wir das als Anfang des Verständnisses für den Weinbau. Wir können uns mit dieser Frage einstweilen nicht begnügen. Mit dem Fall der Banderolensteuer ist nur der notwendigste Anfang gemacht und wir müssen auch noch den Standpunkt vertreten, daß alle jene, die Flaschenwein, also gebänderten Flaschenwein in den Kellereien liegen haben, unter den Begriff Weinhändler kommen, damit sie nicht zu Schaden kommen. Ich will also zum Schluß nur noch bemerken, daß die Abschaffung der Flaschenweinsteuer weit mehr das Interesse der Weinhändler im Auge hat, als der Weinerzeuger, jedoch versprechen wir uns denn doch von dieser Aufhebung der Flaschenweinsteuer eine, wenn auch geringfügige Hebung des Konsums und vielleicht auch eine geringfügige Besserung im Preise für unsere Qualitätsware und in diesem Sinne begrüßen wir diese Vorlage. (Potlesk.)

8. Øeè posl. Patzela (viz str. 1520 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir verhandeln den Bericht über einen Antrag der Herren Abg. Bradáè, Dr. Dolanský, Hlinka, Dr. Lukavský, Pekárek, Windirsch, Dr. Luschka und Genossen über die Änderung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses und über deren Reformbedürftigkeit. Die jetzt geltende Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses ist in allen Kreisen dieses Hauses seit Jahren anerkannt worden. Wir haben an und für sich vor uns das Monstrum, daß ein selbsternannter Konvent nicht nur das Rüstzeug des Staates, die Verfassung geschaffen hat, sondern auch dem gewählten Parlamente seine Geschäftsordnung vorgeschrieben hat, obwohl es in allen wirklich parlamentarischen Staaten üblich ist, daß jedes Haus innerhalb eines gewissen gesetzlichen Rahmens sich seine eigene Geschäftsordnung gibt.

Wie nun die Nachricht von einem Antrag auf Abänderung der Geschäftsordnung kam, da mußte man glauben, daß nunmehr, nachdem eine andere parlamentarische Koalition da ist, der Gedanke der Reformbedürftigkeit der Geschäftsordnung, der auch von den heutigen Mehrheitsparteien anerkannt wurde, sich durchgesetzt habe und nun der Verwirklichung zugeführt werden soll. In Wahrheit handelt es sich aber nur um etwas, was unter dem neuen Regime noch mehr praktisch wird als unter dem früheren, um einen sog, parlamentarischen Kuhhandel, um die Vermehrung der Stellen der Vizepräsidenten, Schriftführer und Ordner, vor allem aber der Vizepräsidenten. (So ist es!)

Es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, wie stark das Präsidium eines Hauses ist, es wird aber zur politischen Unmoral, wenn die Zusammensetzung des Präsidiums nach solchen Erwägungen durchgeführt wird, wie sie hier jetzt gelten. (Souhlas na levici.) Wenn man bloß danach zappelt, daß die und die Partei im Präsidium vertreten ist, aber nicht dafür sorgt, daß der Geist der Leitung des Hauses so ist, daß er dem Gedanken entspricht, den Herr Dr. Švehla in seiner Programmrede dargestellt hat, nämlich eine Zusammenfassung der wertvollen Kräfte nicht nur der Mehrheitsparteien, sondern auch der Opposition, so ist es klar, daß das Parlament, das eine konstitutionelle Opposition braucht, versauern, einrosten, versumpfen muß, aber den Gedanken scheint man bei der heutigen Mehrheit praktisch nicht würdigen und auch nicht verstehen zu wollen.

Ich will nicht der Meinung Ausdruck geben, daß vielleicht die Vermehrung der Stellen der Vizepräsidenten zum Teil für einige Herren aus materiellen Rücksichten erfolgt, aber ich stelle fest, daß wirkliche parlamentarische Opposition nach den Absichten, die heute verwirklicht werden sollen, im Präsidium über -haupt nicht vertreten sein wird, daß auch hier der Gedanke der Kooperation von Mehrheit und Minderheit praktisch nicht durchgeführt wird. Es handelt sich bei der Vermehrung der Vizepräsidentenstellen nicht darum, auf die heutige Zusammensetzung des Hauses Rücksicht zu nehmen, sondern darum, daß man bloß auf zwei Angehörige von heutigen Mehrheitsparteien Rücksicht nimmt, die man mit dem Glorienschein umgeben will, daß auch sie im Präsidium des Hauses vertreten sind. Auch durch diese Dinge, wie durch den Kuhhandel um die Vizepräsidentenstellen, setzt man das Parlament in den Augen der Bevölkerung, der Wählerschaft, außerordentlich herab, und man darf sich nicht wundern, wenn alle diese größeren oder kleineren Tathandlungen nicht geeignet sind, in den Augen der Bevölkerung den Wert des Parlaments zu heben und zu erhöhen. Dagegen ist die Opposition, die heute noch im Präsidium vertreten ist, eine Halbopposition. Wir haben es ja gestern bei der Abstimmung über das ungeheuerliche Vertrauensvotum für die Militärverwaltung gesehen, wir haben es gesehen bei der Abstimmung über den Staatsvoranschlag. Das mögen sich indessen diese Parteien mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen, darüber haben wir nicht zu urteilen. Aber die notwendige Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Minderheit wird durch die Art der Zusammensetzung des Präsidiums keineswegs geregelt und gewährleistet.

Meine sehr Verehrten! Es wäre nun Zeit, einmal an die Geschäftsordnung doch auch von einem anderen Gesichtspunkte heranzugehen. Ich erinnere daran - und man muß nun offen reden - man spricht so oft davon, daß schon Dinge geschehen werden, um die Zusammenarbeit im Parlamente auf eine andere Grundlage zu stellen. (Sehr richtig!) Ich sage mit der Offenheit, die mir eigen ist: Hic Rhodus, hic salta! Hier ist eine Geschäftsordnungsdebatte, nun kommt die Gelegenheit dergleichen Versprechungen zu erfüllen. (Souhlas na levici.) Ich erinnere daran, daß wir seit Monaten im Parlamente Anträge haben, welche die Unausgeglichenheiten in der Geschäftsordnung beseitigen sollen. Ich erinnere daran, daß außer einem Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Czech und Genossen, der eine bestimmte Seite der parlamentarischen Technik betrifft, es auch einen Antrag der Abg. Patzel, Dr. Spina, Dr. Luschka, Dr. Keibl und Genossen gibt, einen Antrag, der eine Abänderung der Geschäftsordnung nach der parlamentstechnischen Seite hin verlangt, einen Antrag der die Abschaffung der Parlamentswache, einen Antrag, der das Recht unserer Sprache und gerade jetzt, in der neuen Koalition, auch von der Stelle des Berichterstatters und vom Ministertisch aus, verlangt, einen Antrag, der die Zulässigkeit von Minderheitsberichterstattern verlangt, um auch diese Form der parlamentarischen Zusammenarbeit zu regeln, einen Antrag, der verlangt, daß die bisherige Taubstummenmethode im Interpellationsrecht zwischen Abgeordneten und Parlament ersetzt wird nach dem Muster anderer Parlamente durch eine wirkliche Stellung von Anfragen und Debatte von dieser Stelle und Pflicht der Regierung, von dieser Stelle auch zu antworten, mit der Möglichkeit, im Parlament darüber zu debattieren, wie es in Deutschland, Frankreich und in Österreich und wohl auch in Sowjetrußland der Fall ist, nur in der demokratischen Èechoslovakischen Republik, wo angeblich die Demokratie Diskussion ist, ist die Ausübung des Interpellationsrechtes und die Ausübung der Interpellationspflicht der Regierung im großen ganzen, wenn nicht besonders günstige Umstände wirken, auf den Taubstummenverkehr eingerichtet. (Výkøiky na levici.) Außerdem haben wir vor uns berechtigte Klagen, daß nicht einmal die gesetzliche Frist zur Beantwortung von Anfragen und Interpellationen eingehalten wird. Wir haben im alten Parlament erlebt, daß sogar Angehörige der damaligen sozialistischen Regierungsparteien über denselben Usus zu klagen Ursache hatten, allerdings nur, wenn der Minister der betreffenden Partei nicht angehörte. Aber die Tatsache war da und unser Antrag wollte eine Diskussionsbasis bieten für eine Beseitigung dieser Unzukömmlichkeiten auf Grund der bitteren Erfahrungen. Die Anträge sind bis zum heutigen Tag nicht zur meritorischen Verhandlung gelangt. Aber wir hatten heuer schon einmal die Gelegenheit darüber zu sprechen im Budgetausschuß, wo es über das Recht zum Gebrauch unserer deutschen Sprache zu sehr ernsten Auseinandersetzungen kam, und wo Aktionen angekündigt wurden, um auch dieses Recht so zu sichern, wie es dem heutigen Bilde des Parlaments entspricht. Wir fragen: Was ist bis zum heutigen Tage geschehen, um diese Versprechungen in Wirklichkeit umzusetzen! Darauf haben wir das Recht, klipp und klar Antwort vor unserem Sudetendeutschtum zu verlangen. (Souhlas a výkøiky na levici.)

Aber noch über eines haben wir zu klagen. Wir haben uns nicht die Köpfe jener zu zerbrechen, welche die Verantwortung mitübernommen haben, aber eine Erwartung hatten wir oder konnten wir doch haben und es wurde auch davon gesprochen, daß der Geist der Zusammenarbeit zwischen Mehrheits- und Minderheitsparteien ein anderer sein werde, daß man sich bemühen werde, gewisse Dinge die im alten Parlament vorkamen und Mißhandlungen des Parlamentarismus darstellten, sich nicht wiederholen, sondern verschwinden würden. Ich stelle fest, daß dieser Geist nicht besser geworden ist und darüber müssen wir einmal offen und ohne Rückhalt sprechen, darüber haben wir Ursache viel zu klagen. Ich hebe nur zwei Dinge aus der letzten Vergangenheit heraus. Erstens einmal konnten wir annehmen, daß nunmehr ich werde auch ohne weiteren Kommentar verstanden - das System der Verfolgung von Abgeordneten um Nichtigkeiten willen geändert wird, daß ein Koerber redivivus erstehen sollte, daß in Anlehnung an den Koerberschen Erlaß an die Staatsanwaltschaften mit der Verfolgung von Parlamentariern ein Ende gemacht wird. Wir wollen warten, ob endlich einmal diesen berechtigten Erwartungen der freiheitlichen deutschen Öffentlichkeit entsprochen wird. Wir haben lange gezögert, aber einmal müssen diese Dinge auch von dieser Tribüne offen, ehrlich und unzweideutig ausgesprochen werden.

Aber es gibt auch andere Dinge, an denen nach meiner Meinung deutsche Parlamentarier nicht mitwirken sollten. Es wirft ein eigentümliches Licht, wenn der deutsche Aktivist, der angeklagt wird, in einer Versammlung des Heimatbundes gesprochen zu haben, nicht ausgeliefert wird, während der deutsche national-sozialistische Abg. Jung wegen desselben Grundes von derselben Parlamentsmehrheit dem Staatsanwalt ausgeliefert wird. Vor solchen Dingen müßten deutsche Vertreter zurückschrecken, solche Methoden sollte man den Èechen und den Slaven untereinander überlassen, Deutsche aber dürfen dazu die Hand nicht bieten. (So ist es!) Und noch ein Ding ist vorgekommen. Wir haben vor uns den Bericht des Immunitätsausschusses von gestern, nach welchem ein Abgeordneter der slovakischen Volkspartei, die heute Regierungspartei ist, wegen schwerer Vernachlässigung seiner Advokatenberufspflicht zur Auslieferung verlangt wird. Der Advokatenberuf ist ein freier Beruf, aber erst doch in gewissen Dingen eine Vertrauensstellung, denn wenn ich mich einem Anwalt überliefere, so will ich gewiß sein, daß er nicht aus Leichtfertigkeit oder Bosheit Fristen versäumt. Wegen schwerer Amtsvernachlässigung wird dieses Mitglied der Regierungspartei von der Advokatenkammer zur Ahndung verlangt, der Immunitätsausschuß lehnt schriftlich die Verfolgung ab. Gestern aber ist im Immunitätsausschuß gegen einen Abgeordneten einer unabhängigen Richtung, den Abg. Dr. Korláth, der als Rechtsanwalt wegen desselben Vergehens belangt wurde, die Auslieferung mit Mehrheit beschlossen worden. Welch ein Sumpf tut sich da auf, ich sage es von dieser Stelle aus, das sollten die deutschen Regierungsvertreter verstehen: Überlassen Sie solche Methoden denen drüben, aber deutsche Hände sollen sich nicht mit der Abstimmung darüber beschmutzen und beflecken. Hier wird bewußt mit ungleichem Maß gemessen. Auch wir verstehen, daß die Zugehörigkeit zur Regierungsmehrheit Verpflichtungen auferlegen kann zu manchen Dingen, die einem nicht angenehm sind, das verstehen auch wir. Aber es gibt Dinge, die nicht mitgemacht werden dürfen. Es muß Dinge geben, vor denen man warnen muß, die Achtung vor dem in der ganzen Welt angesehenen und geachteten deutschen Gerechtigkeitsgefühl gebietet das. Vor der ganzen öffentlichen Meinung legen wir Verwahrung dagegen ein, daß der gute Ruf der deutschen Gerechtigkeit durch ein solches Verhalten deutscher Parteien geschädigt wird. (Potlesk nìmeckých nár.-soc. poslancù.)

9. Øeè posl. dr Keibla (viz str. 1524 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der in Verhandlung stehende Antrag benützt die Ermächtigung des Art. I des Gesetzes vom 15. April 1920, Z. 325, sowie den § 37 der Verfassungsurkunde, um durch einen autonomen Beschluß der Kammer die Zahl der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses auf 6, die der Schriftführer auf 10 und die der Ordner auf 8 zu erhöhen. Im Motivenbericht berufen sich die Antragsteller darauf, daß der Senat bereits dreimal, am 17. November 1920, am 25. April 1924 und erst wieder vor kurzem seine Geschäftsordnung geändert und die Anzahl seiner Vizepräsidenten schließlich bis auf 6 erhöht hat. Mit Rücksicht auf die gemeinsamen Sitzungen der beiden Kammerpräsidien soll nun die Anzahl der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses dieselbe werden wie im Senat, damit keine Kammer die andere gegebenenfalls majorisieren könne.

Diese Begründung des Gesetzesantrages ist zwar nicht stichhaltig, wohl aber unaufrichtig. Handelt es sich in Wahrheit doch darum, jeder Regierungspartei eine Vizepräsidentenstelle zuzuschanzen, die Opposition aber dabei auszuschließen. Während bisher die Oppositionsparteien dieses Parlamentes durch einen Vizepräsidenten im Hauspräsidium vertreten waren, wird dies in Hinkunft vielleicht nicht mehr der Fall sein. Nun werden die 7 Stellen des Präsidiums nur unter die Regierungsparteien aufgeteilt werden, die Oppositionsparteien werden ohne Vertretung sein. Soweit führt der blinde Machthunger der Regierenden in diesem Parlament. Vollkommen ungestört wollen sie ganz unter sich sein und ihr Tun und Lassen jeglicher Kontrolle entziehen. Wahrscheinlich glauben sie selbst, daß ihre Tätigkeit das Licht der Kritik zu scheuen hat. Auf alle Fälle aber beabsichtigen sie, durch Hinausdrängen der Opposition aus dem Präsidium ihr jeden Einfluß auf die Tagesordnung und die Arbeiten des Parlaments zu nehmen, so daß nur der Wille der Regierungsmehrheit sich ungestört austoben kann. Deshalb vermeiden sie es auch, die Obmännerkonferenz tatsächlich einzuführen. Was schert sich schon die Regierungsmehrheit darum, daß in Hinkunft das Präsidium nicht mehr ein verkleinertes Bild der Zusammensetzung des Plenums sein wird. Gar kein Bedenken wird laut, daß nunmehr die Geschäftsordnung etwas Labiles wird, weil jede Änderung der Regierungsmehrheit wiederum eine Änderung des Abs. 3 des § 5 des Gesetzes Nr. 325 vom Jahre 1920 notwendig machen wird. Nach unserer Überzeugung ist die ganze Geschäftsordnung unseres Parlamentes unvollkommen und einseitig zu Gunsten der Regierungsmehrheit gemacht, ihre Reformbedürftigkeit wird von weiten Kreisen anerkannt. Hat doch sowohl ihre rechtsmäßige Handhabung wie auch der schon öfters vorgekommene Mißbrauch zu den schärfsten Auftritten dieses Hauses geführt. Bisher stellte sich die Mehrheit auf den Standpunkt, daß auch nur die kleinste Änderung der Geschäftsordnung nachteilige Folgen haben müßte, weil sie zu immer sich wiederholenden Änderungen Veranlassung geben könnte. Es mußten daher alle Abänderungsanträge niedergestimmt werden. Und plötzlich wird nun von derselben Seite eine Änderung beantragt, die nur formaler Natur ist und ihre Ursache ganz allein in der geänderten Zusammensetzung der Regierungsmehrheit hat. Der in Verhandlung stehende Antrag, der die Opposition in diesem Hause weiter entrechtet, steht mit den ungeschriebenen Gesetzen des parlamentarischen Anstandes und der parlamentarischen Sitte in unlösbarem Widerspruch.

Für uns Deutschnationale ist dies umso bedauerlicher, weil sich dies gerade jetzt ereignet, da drei deutsche Parteien der Regierungsmehrheit selbst angebören. Wir bezweifeln, daß die deutschen Regierungsparteien auf einen solchen Erfolg ihrer aktivistischen Politik stolz sein können.

Aus diesen Gründen wird meine Partei gegen den Antrag stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

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