Ich will in diesem Zusammenhang auf eine Frage
zu sprechen kommen, die ich schon einmal behandelt habe, auf die
Frage der 200 Liter, die dem Weinbauer unter allen Umständen
freibleiben. Es ist auch da meist ein großer Irrtum unter
der Bevölkerung verbreitet, nämlich der, daß der
Weinbautreibende tatsächlich die 200 Liter unbedingt frei
hat. Er hat sie ja nur dann frei, wenn er davon auch nicht einen
einzigen Liter verkauft. Verkauft er von den 200 Litern auch nur
10 Liter, so unterliegen alle 200 Liter der Weinsteuer und allen
Abgaben des Weines. Es ist dies auch eine Widersinnigkeit im alten
Gesetze des Jahres 1919. Ich meine, es geht denn doch nicht an,
daß der Weinbauer, der sparsam mit seinen Vorräten
umgeht, der also noch von jenem Quantum, das ihm unter allen Umständen
verbleibt, noch etwas abspart, es veräußern muß,
um eben seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen zu
können, für seine Sparsamkeit bestraft wird. Wir werden
nicht unterlassen, bei einer Novellierung des Getränkesteuergesetzes
unbedingt darauf hinzuwirken, daß dieser Passus aus dem
Gesetze gestrichen wird, daß unserem Weinbauernstande unter
allen Umständen und unbeschadet der Erzeugungsmenge ein Quantum
von 1 Liter Wein täglich frei bleiben möge. Es ist dies
wohl nicht viel. Denn wir müssen bedenken, daß in einem
Haushalt, in dem Wein produziert wird, ja eine große Menge
von Taglöhnern, bezw. Dienstleuten beschäftigt sein
muß. Wir werden also kaum mit 350 oder 360 Liter das Auslangen
finden können, sofern in den Weinbaugebieten das dort einge
führte Frühstück und die Jause beibehalten wird.
Denn viel käme da auf eine Person nicht. Dabei will ich nur
bemerken, daß im Weinbaubetrieb dieser Usus weiterbesteht
und daß einfach in die Weinbauarbeiten kein einziger Arbeiter
geht, wenn er nicht seinen Wein so bekommt, wie ihn die Urväter
und Väter gegeben haben. Wenn der Arbeiter im Weinberg schindet
und rackert, will er auch von jenem Tropfen etwas haben, der erzeugt
wird auf seinem Arbeitsfelde. Es müßte also unbedingt
dieser Frage Rechnung getragen werden und ich kann sie davon überzeugen,
daß in keinem Wein produzierenden Gebiete auch nur ein Arbeiter
zu haben wäre, wenn er nicht tatsächlich zum Frühstück
und zur Jause seinen Wein bekäme. Wir Weinbauern sind gewiß
nicht diejenigen, die etwa den Arbeitern einen Pantsch geben wollten.
Im Gegenteil, es ist der Stolz der Landwirte und Weinbauern überhaupt,
den besten Wein zu geben. Er legt Wert darauf, nicht gepantschte
Ware zu geben, es ist sein traditioneller Bauernstolz und wir
können mit Recht darauf hinweisen, daß es geradezu
ein Wettstreit bei der Versorgung ihrer Arbeiterschaft und ihrer
Dienstleute ist, den besten Wein auf die Tafel zu bringen. Sie
müssen sich, meine, Herren, in unsere Lage versetzen, wenn
Sie die Weinbaufrage wirklich verstehen wollen.
Eine Bestimmung des Gesetzentwurfes besagt
z. B., daß die vom Produzenten verkaufbare Mindestmenge
40 Liter betragen muß. Wir widerstreben diesem Gesetzesparagraphen
ebenfalls, weil er nicht etwa dem Produzenten dienlich wird, nicht
dem, der sich auf dem Boden schindet und rackert, der die Produktion
schafft, sondern weil er eigentlich nur geschaffen ist, um den
Produzenten beim Weinhandel völlig auszuschalten. Denn mancher
kleine Haushalt z. B. will gerade jetzt in den Weihnachtstagen
sich ein kleines Quantum Wein für die Festtage beschaffen.
Er ist nicht in der Lage, den Wein beim Produzenten um 4 und 5
Kè zu kaufen, er ist nicht in der Lage,
eine Auswahl aus den fünf- oder sechserlei Weinen des Weinbauers
selbst zu treffen, sonder er muß zum Gastwirt gehen, muß
höhere Preise bezahlen. Warum? Weil eben der Weinbauer ein
Faß nicht anstechen darf, ohne ihm mindestens 40 Liter zu
entnehmen. Denn würde er ein geringeres Quantum abheben,
würde er schon der Strafe verfallen. Denn Sie müssen
wissen, daß gerade die Gefällsstrafen bei Weinen
sehr hoch sind. Unter 100 Kè wird überhaupt keine
einzige Strafe dekretiert. Dieser Fall also wäre ebenfalls
zu ändern. Es wäre wenigstens die mindest abhebbare
Menge auf 20 Liter herabzusetzen. Dadurch wäre den Wünschen
der kleinen Bevölkerung Rechnung getragen und es würde
vielleicht auch der Konsum von Wein etwas belebt werden. Denn
bekanntermaßen sind gerade die Weinbauern unserer Gegenden
immer und immer wieder auf den Verkauf an Großhändler
angewiesen, die diejenigen sind, die eigentlich den Wein dann
so zubereiten, wie wir ihn z. B. auch hier in Prag zu trinken
bekommen. Es ist eine bittere Wahrheit, und ich bedauere außerordentlich,
daß sich die Gastwirtschaften auch unserer Großstädte
nicht selber bemühen, in unsere Weinbaugebiete zu kommen,
unsere vorzüglichen, großartigen Marken zu versuchen,
wie z. B. die Gerstenfelder-Marke, die einfach mit jeder Marke
Mitteleuropas, auch mit dem Neckar.-, Rhein- und Moselwein konkurrieren
kann, die auch auf den Ausstellungen im Auslande immer unter den
ersten Preisen gefunden wurde. Diese Marke wird aber niemals von
den Gastwirten aufgekauft. Sie wird aufgekauft von den Großhändlern,
die eben wissen, daß sie mit diesem Wein bestimmt noch ein
gleichgroßes Quantum erzeugen können, durch neuerliches
Aufgärenlassen. (Posl. dr Blaho: Sie adjustieren!) Sie
wissen eben, wie man den Wein adjustiert, mit Chemikalien und
allen erdenklichen Mitteln. Sie werfen dann den Wein auf den Markt
der Großstadt und leider finden wir in der Großstadt
nicht die richtigen Weinbeißer, wie man sie bei uns nennt.
Wenn ein Weinbauer unseres Gebietes den Wein trinken sollte, meinethalben
auch aus den sogenannten vorzüglichen Weinhallen Prags, oder,
wie es mir passiert ist, auch oben in Aussig, der würde Krämpfe
bekommen. Sie werden nie sehen, daß ein südmährischer
Weinbeißer hier im Norden oder mittleren Gebiet unseres
Staates Wein trinkt. Er beschränkt sich auf das Biertrinken,
weil die Marken, die hier zum Ausschank kommen, einfach nicht
mehr zu erkennen sind. Es ist nicht wahr, daß der Weinbauer
ein Weinpantscher ist. Weinpantscher ist eventuell jener Bauer,
der bereits an der Weingrenze lebt, der eben nicht mehr soviel
Wein erzeugt, als er selbst tatsächlich verbrauchen würde.
Dort, wo der Weinbau im Aussterben ist, wird wohl noch die Weinpantscherei
betrieben. Aber ich kann offen gestehen, daß unsere richtigen
Weinbautreibenden nicht einmal soviel Faßgeschirr haben,
um ihre Ware tatsächlich unterbringen zu können, so
wie es z. B. im vergangenen Jahre war. Im letzten Wirtschaftsjahr
war es, leider Gottes, anders, wir haben ein außerordentliches
Mißjahr erlebt und kaum Fechsungen gehabt und nur jene Gebiete,
die ein ausgesprochenes heißes Klima haben, haben den Wein
im heurigen Jahre auch erhalten. Nichtsdestoweniger aber kann
ich auch für das heurige Jahr bestätigen, daß
wir trotzdem im Gebiete der Èechoslovakischen Republik
voll und ganz genügend Wein haben, denn
die Slovakei drüben und namentlich das Gebiet um Preß
burg haben wertvollen, guten Wein. Wir sind also absolut nicht
darauf angewiesen, auch nur einen einzigen Tropfen einzuführen.
(Místopøedseda Slavíèek
zvoní.) Siehe
da, wir führen trotzdem noch immer Wein aus Spanien, Frankreich
und Italien ein, wir bringen die griechischen Weine ins Land,
die unserem Geschmack einfach nicht mehr entsprechen. Denn das
Bukett des mitteleuropäischen Weins kann der Südländerwein
nie und nimmer haben.
Ich will noch schließlich einige Fragen
streifen, die auch für die kommende Novellierung des Gesetzes
von ausschlaggebender Bedeutung sind. So will ich eine Frage,
die unter dem Namen Hausweinfrage bekannt ist, insoweit erörtern,
als unbedingt in einem neuen Weinbaugesetz gefordert werden muß,
daß der Tresterwein erzeugungssteuerfrei bleibt, weiter
aber, daß die Mengung von Tresterwein mit Vollwein nicht
als neue Erzeugung betrachtet werden soll. Bisher ist es so gewesen,
daß wenn auch der Landwirt seinen Vollwein versteuert hat,
er mit dem Vollwein einfach nicht machen konnte, was er wollte,
er durfte also den erzeugten Tresterwein, den sog. Schnitt, den
die Bauern eben für den Schnitt erzeugen, weil der Vollwein
für Schnitt nicht möglich ist, weil sie ansonsten nicht
arbeitsfähig blieben, nicht verbessern durch Zuguß
und Beimengung von Vollwein, auch nicht mit dem geringsten Quantum.
Denn schon das geringste Quantum Beimengung nennt man in der Gefällskontrolle
eine Neuerzeugnug von Wein und diese Neuerzeugung wird so versteuert,
wie der gute alte Vollwein. Dagegen müssen wir Stellung nehmen
und den Standpunkt vertreten, daß wenigstens die Vermengung
von Tresterwein mit einem Drittel seiner Menge an Vollwein zugelassen
werden möge, wenn dieser Vollwein schon versteuert wurde.
Dabei wollen wir nicht etwa der Steuer entgehen, nein, es soll
dem Gefällskontrollamte unbedingt Meldung von der bevorstehenden
Beimengung erstattet werden, es soll die Kontrolle aufrecht erhalten
bleiben und es soll dadurch auch unterbunden werden, daß
dieser Wein auf den Markt geworfen und verkauft wird. (Místopøedseda
Slavíèek zvoní.) Ich
wurde diese Frage noch weiter erörtern, aber die Redezeit
ist um, ich will also nur auf die vorliegende Gesetzesvorlage
zu sprechen kommen, auf die Aufhebung der Banderolensteuer. Wenn
also auf Grund des Gesetzesantrages die Banderolensteuer für
Naturweine zu Falle kommen soll, so begrüßen wir das
als Anfang des Verständnisses für den Weinbau. Wir können
uns mit dieser Frage einstweilen nicht begnügen. Mit dem
Fall der Banderolensteuer ist nur der notwendigste Anfang gemacht
und wir müssen auch noch den Standpunkt vertreten, daß
alle jene, die Flaschenwein, also gebänderten Flaschenwein
in den Kellereien liegen haben, unter den Begriff Weinhändler
kommen, damit sie nicht zu Schaden kommen. Ich will also zum Schluß
nur noch bemerken, daß die Abschaffung der Flaschenweinsteuer
weit mehr das Interesse der Weinhändler im Auge hat, als
der Weinerzeuger, jedoch versprechen wir uns denn doch von dieser
Aufhebung der Flaschenweinsteuer eine, wenn auch geringfügige
Hebung des Konsums und vielleicht auch eine geringfügige
Besserung im Preise für unsere Qualitätsware und in
diesem Sinne begrüßen wir diese Vorlage. (Potlesk.)
Hohes Haus! Wir verhandeln den Bericht über
einen Antrag der Herren Abg. Bradáè,
Dr. Dolanský, Hlinka, Dr. Lukavský,
Pekárek, Windirsch, Dr. Luschka und
Genossen über die Änderung der Geschäftsordnung
des Abgeordnetenhauses und über deren Reformbedürftigkeit.
Die jetzt geltende Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses
ist in allen Kreisen dieses Hauses seit Jahren anerkannt worden.
Wir haben an und für sich vor uns das Monstrum, daß
ein selbsternannter Konvent nicht nur das Rüstzeug des Staates,
die Verfassung geschaffen hat, sondern auch dem gewählten
Parlamente seine Geschäftsordnung vorgeschrieben hat, obwohl
es in allen wirklich parlamentarischen Staaten üblich ist,
daß jedes Haus innerhalb eines gewissen gesetzlichen Rahmens
sich seine eigene Geschäftsordnung gibt.
Wie nun die Nachricht von einem Antrag auf
Abänderung der Geschäftsordnung kam, da mußte
man glauben, daß nunmehr, nachdem eine andere parlamentarische
Koalition da ist, der Gedanke der Reformbedürftigkeit der
Geschäftsordnung, der auch von den heutigen Mehrheitsparteien
anerkannt wurde, sich durchgesetzt habe und nun der Verwirklichung
zugeführt werden soll. In Wahrheit handelt es sich aber nur
um etwas, was unter dem neuen Regime noch mehr praktisch wird
als unter dem früheren, um einen sog, parlamentarischen Kuhhandel,
um die Vermehrung der Stellen der Vizepräsidenten, Schriftführer
und Ordner, vor allem aber der Vizepräsidenten. (So ist
es!)
Es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit,
wie stark das Präsidium eines Hauses ist, es wird aber zur
politischen Unmoral, wenn die Zusammensetzung des Präsidiums
nach solchen Erwägungen durchgeführt wird, wie sie hier
jetzt gelten. (Souhlas na levici.)
Wenn man bloß danach zappelt,
daß die und die Partei im Präsidium vertreten ist,
aber nicht dafür sorgt, daß der Geist der Leitung des
Hauses so ist, daß er dem Gedanken entspricht, den Herr
Dr. Švehla in seiner Programmrede dargestellt hat,
nämlich eine Zusammenfassung der wertvollen Kräfte nicht
nur der Mehrheitsparteien, sondern auch der Opposition, so ist
es klar, daß das Parlament, das eine konstitutionelle Opposition
braucht, versauern, einrosten, versumpfen muß, aber den
Gedanken scheint man bei der heutigen Mehrheit praktisch nicht
würdigen und auch nicht verstehen zu wollen.
Ich will nicht der Meinung Ausdruck geben,
daß vielleicht die Vermehrung der Stellen der Vizepräsidenten
zum Teil für einige Herren aus materiellen Rücksichten
erfolgt, aber ich stelle fest, daß wirkliche parlamentarische
Opposition nach den Absichten, die heute verwirklicht werden sollen,
im Präsidium über -haupt nicht vertreten sein wird,
daß auch hier der Gedanke der Kooperation von Mehrheit und
Minderheit praktisch nicht durchgeführt wird. Es handelt
sich bei der Vermehrung der Vizepräsidentenstellen nicht
darum, auf die heutige Zusammensetzung des Hauses Rücksicht
zu nehmen, sondern darum, daß man bloß auf zwei Angehörige
von heutigen Mehrheitsparteien Rücksicht nimmt, die man mit
dem Glorienschein umgeben will, daß auch sie im Präsidium
des Hauses vertreten sind. Auch durch diese Dinge, wie durch den
Kuhhandel um die Vizepräsidentenstellen, setzt man das Parlament
in den Augen der Bevölkerung, der Wählerschaft, außerordentlich
herab, und man darf sich nicht wundern, wenn alle diese größeren
oder kleineren Tathandlungen nicht geeignet sind, in den Augen
der Bevölkerung den Wert des Parlaments zu heben und zu erhöhen.
Dagegen ist die Opposition, die heute noch im Präsidium vertreten
ist, eine Halbopposition. Wir haben es ja gestern bei der Abstimmung
über das ungeheuerliche Vertrauensvotum für die Militärverwaltung
gesehen, wir haben es gesehen bei der Abstimmung über den
Staatsvoranschlag. Das mögen sich indessen diese Parteien
mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen, darüber haben wir nicht
zu urteilen. Aber die notwendige Zusammenarbeit zwischen Mehrheit
und Minderheit wird durch die Art der Zusammensetzung des Präsidiums
keineswegs geregelt und gewährleistet.
Meine sehr Verehrten! Es wäre nun Zeit,
einmal an die Geschäftsordnung doch auch von einem anderen
Gesichtspunkte heranzugehen. Ich erinnere daran - und man muß
nun offen reden - man spricht so oft davon, daß schon Dinge
geschehen werden, um die Zusammenarbeit im Parlamente auf eine
andere Grundlage zu stellen. (Sehr richtig!) Ich sage mit
der Offenheit, die mir eigen ist: Hic Rhodus, hic salta! Hier
ist eine Geschäftsordnungsdebatte, nun kommt die Gelegenheit
dergleichen Versprechungen zu erfüllen. (Souhlas
na levici.) Ich
erinnere daran, daß wir seit Monaten im Parlamente Anträge
haben, welche die Unausgeglichenheiten in der Geschäftsordnung
beseitigen sollen. Ich erinnere daran, daß außer einem
Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Czech und Genossen,
der eine bestimmte Seite der parlamentarischen Technik betrifft,
es auch einen Antrag der Abg. Patzel, Dr. Spina,
Dr. Luschka, Dr. Keibl und Genossen gibt, einen
Antrag, der eine Abänderung der Geschäftsordnung nach
der parlamentstechnischen Seite hin verlangt, einen Antrag der
die Abschaffung der Parlamentswache, einen Antrag, der das Recht
unserer Sprache und gerade jetzt, in der neuen Koalition, auch
von der Stelle des Berichterstatters und vom Ministertisch aus,
verlangt, einen Antrag, der die Zulässigkeit von Minderheitsberichterstattern
verlangt, um auch diese Form der parlamentarischen Zusammenarbeit
zu regeln, einen Antrag, der verlangt, daß die bisherige
Taubstummenmethode im Interpellationsrecht zwischen Abgeordneten
und Parlament ersetzt wird nach dem Muster anderer Parlamente
durch eine wirkliche Stellung von Anfragen und Debatte von dieser
Stelle und Pflicht der Regierung, von dieser Stelle auch zu antworten,
mit der Möglichkeit, im Parlament darüber zu debattieren,
wie es in Deutschland, Frankreich und in Österreich und wohl
auch in Sowjetrußland der Fall ist, nur in der demokratischen
Èechoslovakischen Republik, wo angeblich
die Demokratie Diskussion ist, ist die Ausübung des Interpellationsrechtes
und die Ausübung der Interpellationspflicht der Regierung
im großen ganzen, wenn nicht besonders günstige Umstände
wirken, auf den Taubstummenverkehr eingerichtet. (Výkøiky
na levici.) Außerdem
haben wir vor uns berechtigte Klagen, daß nicht einmal die
gesetzliche Frist zur Beantwortung von Anfragen und Interpellationen
eingehalten wird. Wir haben im alten Parlament erlebt, daß
sogar Angehörige der damaligen sozialistischen Regierungsparteien
über denselben Usus zu klagen Ursache hatten, allerdings
nur, wenn der Minister der betreffenden Partei nicht angehörte.
Aber die Tatsache war da und unser Antrag wollte eine Diskussionsbasis
bieten für eine Beseitigung dieser Unzukömmlichkeiten
auf Grund der bitteren Erfahrungen. Die Anträge sind bis
zum heutigen Tag nicht zur meritorischen Verhandlung gelangt.
Aber wir hatten heuer schon einmal die Gelegenheit darüber
zu sprechen im Budgetausschuß, wo es über das Recht
zum Gebrauch unserer deutschen Sprache zu sehr ernsten Auseinandersetzungen
kam, und wo Aktionen angekündigt wurden, um auch dieses Recht
so zu sichern, wie es dem heutigen Bilde des Parlaments entspricht.
Wir fragen: Was ist bis zum heutigen Tage geschehen, um diese
Versprechungen in Wirklichkeit umzusetzen! Darauf haben wir das
Recht, klipp und klar Antwort vor unserem Sudetendeutschtum zu
verlangen. (Souhlas a výkøiky na levici.)
Aber noch über eines haben wir zu klagen.
Wir haben uns nicht die Köpfe jener zu zerbrechen, welche
die Verantwortung mitübernommen haben, aber eine Erwartung
hatten wir oder konnten wir doch haben und es wurde auch davon
gesprochen, daß der Geist der Zusammenarbeit zwischen Mehrheits-
und Minderheitsparteien ein anderer sein werde, daß man
sich bemühen werde, gewisse Dinge die im alten Parlament
vorkamen und Mißhandlungen des Parlamentarismus darstellten,
sich nicht wiederholen, sondern verschwinden würden. Ich
stelle fest, daß dieser Geist nicht besser geworden ist
und darüber müssen wir einmal offen und ohne Rückhalt
sprechen, darüber haben wir Ursache viel zu klagen. Ich hebe
nur zwei Dinge aus der letzten Vergangenheit heraus. Erstens einmal
konnten wir annehmen, daß nunmehr ich werde auch ohne weiteren
Kommentar verstanden - das System der Verfolgung von Abgeordneten
um Nichtigkeiten willen geändert wird, daß ein Koerber
redivivus erstehen sollte, daß in Anlehnung an den Koerberschen
Erlaß an die Staatsanwaltschaften mit der Verfolgung von
Parlamentariern ein Ende gemacht wird. Wir wollen warten, ob endlich
einmal diesen berechtigten Erwartungen der freiheitlichen deutschen
Öffentlichkeit entsprochen wird. Wir haben lange gezögert,
aber einmal müssen diese Dinge auch von dieser Tribüne
offen, ehrlich und unzweideutig ausgesprochen werden.
Aber es gibt auch andere Dinge, an denen nach
meiner Meinung deutsche Parlamentarier nicht mitwirken sollten.
Es wirft ein eigentümliches Licht, wenn der deutsche Aktivist,
der angeklagt wird, in einer Versammlung des Heimatbundes gesprochen
zu haben, nicht ausgeliefert wird, während der deutsche national-sozialistische
Abg. Jung wegen desselben Grundes von derselben Parlamentsmehrheit
dem Staatsanwalt ausgeliefert wird. Vor solchen Dingen
müßten deutsche Vertreter zurückschrecken, solche
Methoden sollte man den Èechen und den Slaven untereinander
überlassen, Deutsche aber dürfen dazu die Hand nicht
bieten. (So ist es!) Und noch ein Ding
ist vorgekommen. Wir haben vor uns den Bericht des Immunitätsausschusses
von gestern, nach welchem ein Abgeordneter der slovakischen Volkspartei,
die heute Regierungspartei ist, wegen schwerer Vernachlässigung
seiner Advokatenberufspflicht zur Auslieferung verlangt wird.
Der Advokatenberuf ist ein freier Beruf, aber erst doch in gewissen
Dingen eine Vertrauensstellung, denn wenn ich mich einem Anwalt
überliefere, so will ich gewiß sein, daß er nicht
aus Leichtfertigkeit oder Bosheit Fristen versäumt. Wegen
schwerer Amtsvernachlässigung wird dieses Mitglied der Regierungspartei
von der Advokatenkammer zur Ahndung verlangt, der Immunitätsausschuß
lehnt schriftlich die Verfolgung ab. Gestern aber ist im Immunitätsausschuß
gegen einen Abgeordneten einer unabhängigen Richtung, den
Abg. Dr. Korláth, der als Rechtsanwalt wegen desselben
Vergehens belangt wurde, die Auslieferung mit Mehrheit beschlossen
worden. Welch ein Sumpf tut sich da auf, ich sage es von dieser
Stelle aus, das sollten die deutschen Regierungsvertreter verstehen:
Überlassen Sie solche Methoden denen drüben, aber deutsche
Hände sollen sich nicht mit der Abstimmung darüber beschmutzen
und beflecken. Hier wird bewußt mit ungleichem Maß
gemessen. Auch wir verstehen, daß die Zugehörigkeit
zur Regierungsmehrheit Verpflichtungen auferlegen kann zu manchen
Dingen, die einem nicht angenehm sind, das verstehen auch wir.
Aber es gibt Dinge, die nicht mitgemacht werden dürfen. Es
muß Dinge geben, vor denen man warnen muß, die Achtung
vor dem in der ganzen Welt angesehenen und geachteten deutschen
Gerechtigkeitsgefühl gebietet das. Vor der ganzen öffentlichen
Meinung legen wir Verwahrung dagegen ein, daß der gute Ruf
der deutschen Gerechtigkeit durch ein solches Verhalten deutscher
Parteien geschädigt wird. (Potlesk nìmeckých
nár.-soc. poslancù.)
Meine Damen und Herren! Der in Verhandlung
stehende Antrag benützt die Ermächtigung des Art. I
des Gesetzes vom 15. April 1920, Z. 325, sowie den § 37 der
Verfassungsurkunde, um durch einen autonomen Beschluß der
Kammer die Zahl der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses
auf 6, die der Schriftführer auf 10 und die der Ordner auf
8 zu erhöhen. Im Motivenbericht berufen sich die Antragsteller
darauf, daß der Senat bereits dreimal, am 17. November 1920,
am 25. April 1924 und erst wieder vor kurzem seine Geschäftsordnung
geändert und die Anzahl seiner Vizepräsidenten schließlich
bis auf 6 erhöht hat. Mit Rücksicht auf die gemeinsamen
Sitzungen der beiden Kammerpräsidien soll nun die Anzahl
der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses dieselbe werden
wie im Senat, damit keine Kammer die andere gegebenenfalls majorisieren
könne.
Diese Begründung des Gesetzesantrages
ist zwar nicht stichhaltig, wohl aber unaufrichtig. Handelt es
sich in Wahrheit doch darum, jeder Regierungspartei eine Vizepräsidentenstelle
zuzuschanzen, die Opposition aber dabei auszuschließen.
Während bisher die Oppositionsparteien dieses Parlamentes
durch einen Vizepräsidenten im Hauspräsidium vertreten
waren, wird dies in Hinkunft vielleicht nicht mehr der Fall sein.
Nun werden die 7 Stellen des Präsidiums nur unter die Regierungsparteien
aufgeteilt werden, die Oppositionsparteien werden ohne Vertretung
sein. Soweit führt der blinde Machthunger der Regierenden
in diesem Parlament. Vollkommen ungestört wollen sie ganz
unter sich sein und ihr Tun und Lassen jeglicher Kontrolle entziehen.
Wahrscheinlich glauben sie selbst, daß ihre Tätigkeit
das Licht der Kritik zu scheuen hat. Auf alle Fälle aber
beabsichtigen sie, durch Hinausdrängen der Opposition aus
dem Präsidium ihr jeden Einfluß auf die Tagesordnung
und die Arbeiten des Parlaments zu nehmen, so daß nur der
Wille der Regierungsmehrheit sich ungestört austoben kann.
Deshalb vermeiden sie es auch, die Obmännerkonferenz tatsächlich
einzuführen. Was schert sich schon die Regierungsmehrheit
darum, daß in Hinkunft das Präsidium nicht mehr ein
verkleinertes Bild der Zusammensetzung des Plenums sein wird.
Gar kein Bedenken wird laut, daß nunmehr die Geschäftsordnung
etwas Labiles wird, weil jede Änderung der Regierungsmehrheit
wiederum eine Änderung des Abs. 3 des § 5 des Gesetzes
Nr. 325 vom Jahre 1920 notwendig machen wird. Nach unserer Überzeugung
ist die ganze Geschäftsordnung unseres Parlamentes unvollkommen
und einseitig zu Gunsten der Regierungsmehrheit gemacht, ihre
Reformbedürftigkeit wird von weiten Kreisen anerkannt. Hat
doch sowohl ihre rechtsmäßige Handhabung wie auch der
schon öfters vorgekommene Mißbrauch zu den schärfsten
Auftritten dieses Hauses geführt. Bisher stellte sich die
Mehrheit auf den Standpunkt, daß auch nur die kleinste Änderung
der Geschäftsordnung nachteilige Folgen haben müßte,
weil sie zu immer sich wiederholenden Änderungen Veranlassung
geben könnte. Es mußten daher alle Abänderungsanträge
niedergestimmt werden. Und plötzlich wird nun von derselben
Seite eine Änderung beantragt, die nur formaler Natur ist
und ihre Ursache ganz allein in der geänderten Zusammensetzung
der Regierungsmehrheit hat. Der in Verhandlung stehende Antrag,
der die Opposition in diesem Hause weiter entrechtet, steht mit
den ungeschriebenen Gesetzen des parlamentarischen Anstandes und
der parlamentarischen Sitte in unlösbarem Widerspruch.
Für uns Deutschnationale ist dies umso
bedauerlicher, weil sich dies gerade jetzt ereignet, da drei deutsche
Parteien der Regierungsmehrheit selbst angebören. Wir bezweifeln,
daß die deutschen Regierungsparteien auf einen solchen Erfolg
ihrer aktivistischen Politik stolz sein können.
Aus diesen Gründen wird meine Partei gegen
den Antrag stimmen. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)