Die neue Regierung Švehla hielt
es gar nicht für notwendig zu erklären, ob sie den von
der vorhergehenden Beamtenregierung ausgearbeiteten Gesetzentwurf
aufnehme oder fallen lasse, die gemischtnationale Regierungsmehrheit
erkannte mit Unwillen, daß sich gegen die Regierungsvorlage
Druck Nr. 460 eine einheitliche Abwehrfront gebildet habe, und
zeigte wenig Lust, die positive Arbeit auf das Zustandekommen
eines Ausgleiches zwischen den entgegengesetzten Forderungen zu
beginnen. Denn das Herausarbeiten dieses Ausgleiches muß
natürlich nach allen Seiten hin unpopulär wirken. Und
da im heurigen Jahre ganz bestimmt die Gemeindewahlen und bei
der drohenden Verwaltungsreform vielleicht auch noch die Wahlen
in die Bezirks- und Landesvertretungen durchgeführt werden
sollen, so fürchten die Regierungsparteien das Votum der
Wähler und wählten daher den bequemeren Weg, jeder unpopulären
Arbeit ganz einfach auszuweichen. So wurde aus parteitaktischen
Gründen der Gesetzesantrag Druck Nr. 460 scheinbar formell,
in Wirklichkeit aber faktisch fallen gelassen und durch einen
neuen Regierungsantrag Druck Nr. 851, das sogenannte Provisorium
ersetzt. Jetzt hat man plötzlich in der Regierungsmehrheit
entdeckt, daß Bauförderung und Mieterschutz mit einander
gar nichts zu tun haben, daß jedes dieser Probleme für
sich selbst gelöst werden müsse; mit anderen Worten,
was von derselben Regierungsmehrheit im Juni 1926 als in den Grundzügen
richtig anerkannt wurde, das wurde im Feber 1927 als falsch und
untauglich verworfen. Die politischen Parteien der Regierungsmehrheit,
die sich bei jeder Gelegenheit gerne als Wirtschaftsparteien ausgeben,
weichen jetzt der Lösung eines wirtschaftlichen Problems
absichtlich aus und glauben, damit auf ihren Parteistandpunkt
Rücksicht zu nehmen, der doch von ihnen das gerade Gegenteil
ihres augenblicklichen Verhaltens verlangen müßte.
Es ist ein seltenes Schauspiel des Widerspruches in sich, das
die Regierungsparteien der Öffentlichkeit hier liefern.
Diesen ungesunden Verhältnissen in der
Regierungsmehrheit entspricht auch die Art und Weise, wie das
vorliegende Provisorium im sozialpolitischen und im Budgetausschuß
behandelt wurde. Da die Regierung in die neue Gesetzesvorlage
Druck Nr. 851 nur jene Teile des Regierungsentwurfes Druck Nr.
460 aufgenommen hatte, die bei der öffentlichen Diskussion
über den letzteren Gesetzesantrag gar keine oder die geringste
Ablehnung erfahren haben, so leiten die Regierungsparteien daraus
das Recht ab, dieses Provisorium unter Ausnützung der Mehrheitsziffer
bei den Abstimmungen unverändert anzunehmen und alle noch
gestellten Verbesserungsanträge aus den Reihen der Opposition
rundweg abzulehnen. Schließlich erschien es den Regierungsparteien
auch nicht sehr lohnenswert, an einem für die Dauer eines
Jahres bestimmten Provisorium allzuviel zu ändern und zu
feilen, es mußte ja genügen, im Motivenbericht die
Erklärung abzugeben, daß die Regierung noch im Laufe
des Jahres 1927 abermals auf ihre früheren Vorschläge
zur Regelung der Wohnungsfrage in einem ausführlichen Gesetzesantrag
zurückkommen werde. Die Kunde hören wir wohl, doch fehlt
uns der Glaube. Schließlich haben wir ja schon oft in diesem
Staate die Erfahrung gemacht, daß hier Versprechungen nur
gegeben werden, um nicht gehalten zu werden. (Souhlas na levici.)
So konnte sich die Regierungsmehrheit mit einer gewissen Beruhigung
auf den Standpunkt stellen, daß man die Behandlung des Gesetzesantrages
Druck Nr. 851 ebenso bagatellisieren könne, wie der Inhalt
dieses Regierungsentwurfes die Frage der Baubewegung in ihrer
Gänze durch seine Form und seinen Inhalt bagatellisiert.
Der Herr Minister Šrámek fand es nicht für
notwendig, sich an den Beratungen der Ausschüsse zu beteiligen,
trotzdem seine Anwesenheit dort gefordert wurde. Er war nur bereit,
jene nichtssagenden Änderungen an seinem Gesetzentwurfe vornehmen
zu lassen, welche von den Regierungsparteien selbst ausparteidemagogischen
Gründen beantragt wurden, was vom Herrn Berichterstatter
als ein dankenswertes Entgegenkommen der Regierung gegen den sozialpolitischen
Ausschuß in seinem Berichte quittiert wurde. Die Verbesserungsanträge
der Opposition wurden in nichtachtender und verletzender Weise
niedergestimmt (Výkøiky na levici.) und
heute soll das Gesetz in erster Lesung so angenommen werden, wie
es über allmächtigen Wunsch der Osmièka der sozialpolitische
und Budgetausschuß schlucken mußte.
Es ist wohl jedem Kenner der hiesigen parlamentarischen
Verhältnisse hinlänglich bekannt, daß die Ausführungen
oppositioneller Parlamentarier oder das Stellen von Abänderungsanträgen
seitens der Oppositionsparteien eigentlich ganz zwecklos ist,
weil ja das Ergebnis der Abstimmung jetzt schon feststeht. Dennoch
dürfen wir auf das Recht der Stellungnahme und der Kritik
auch in diesem Zeitpunkte nicht verzichten, um für die Folgen
eines solchen Gesetzesantrages nicht in Zukunft vor der ganzen
Öffentlichkeit die Verantwortung tragen zu müssen. Gerade
durch die Vorgänge in diesem Parlamente kann jeder die Überzeugung
gewinnen, daß sozialpolitische und wirtschaftspolitische
Gesetzgebung nie durch das Diktat einseitig eingestellter Standesparteien
und Berücksichtigung enger Parteidogmen mit Erfolg gemacht
werden kann, sondern daß nur sachliche und vorurteilsfreie
Arbeit auf diesen Gebieten ein Ergebnis im Sinne wahrer Volkspolitik
gewährleistet und verbürgt. Von diesem Gesichtspunkte
aus will ich zu den einzelnen Bestimmungen der Regierungsvorlage
auch Stellung nehmen.
Das Schwergewicht des Gesetzesantrages liegt
wohl in seinen finanziellen Bestimmungen. Daß der Verfasser
des Regierungsentwurfes in erster Linie auf das finanzielle Moment
bedacht war, das beweist nicht nur der Motivenbericht, sondern
auch der Bericht des sozialpolitischen Ausschusses. Weil angeblich
unsere Währung nunmehr stabilisiert sei, so entfällt
für den Staat die Notwendigkeit, aus den ihm zur Verfügung
stehenden Mitteln irgend etwas zur Belebung der Bautätigkeit
beizutragen. Die Idee der Schaffung eines Baufondes aus staatlichen
Mitteln ist deshalb mit der billigen Ausrede fallen gelassen worden,
daß der Staat nicht mehr in der Lage sei, diesen Baufond
zu dotieren, ohne das Gleichgewicht in seinem Haushalte zu gefährden.
Der Staat betrachtet seine Pflicht als erfüllt, wenn er erklärt,
daß er bisher ungefähr 21/2 Milliarden
für Zwecke der Bauförderung aufgewendet habe und glaubt
damit mehr geleistet zu haben, als man von ihm mit Fug und Recht
verlangen kann. Er verschweigt allerdings, daß er in der
gleichen Zeit für den Militarismus mindestens den Betrag
von 20 Milliarden verausgabt hat, und versucht gar nicht das Mißverhältnis
zwischen diesen beiden Ausgabsposten irgendwie aufzuklären.
Auch hat es der Staat bisher nicht für notwendig befunden,
über die zur Bauförderung ihm bewiligten und von ihm
angeblich aufgewendeten Beträge jemals eine Abrechnung den
gesetzgebenden Körperschaften vorzulegen, trotzdem ein solcher
Nachweis wiederholt verlangt wurde. Die deutschen Regierungsparteien
haben zu einer Zeit, als sie noch in Opposition gegen die Regierung
standen, eine solche Abrechnung immer sehr dringend gefordert.
Jetzt, da sie selbst Teilhaber der Macht sind, denken sie nicht
daran, ihren Einfluß in der Richtung auszuüben, daß
die von ihnen selbst gewünschte Abrechnung endlich durchgeführt
werde, damit man beurteilen und feststellen kann, wohin eigentlich
die gesamten verausgabten Gelder geflossen sind und ob auf gerechte
Verteilung nach dem Nationalitätenschlüssel auch entsprechend
Rücksicht genommen wurde. Von Seiten der Regierungsparteien
wird es absichtlich übersehen und geleugnet, daß in
Zukunft bei definitiver Regelung der Bauförderung gerade
eine Übersicht über die schon geleisteten Geldunterstützungen
und Kredite von allergrößter Bedeutung ist.
Nachdem also der Staat kein Geld für die
Bauförderung mehr übrig hat, die Schaffung eines Baufondes
aus den Beträgen der Mietzinserhöhungen in den alten,
noch unter Mieterschutz stehenden Häusern augenblicklich
aber fallen gelassen wurde, so ist in dem vorliegenden Gesetzesantrag
wenigstens die sogen, staatliche Garantie für Baukredite
als wichtigste Form der Bauunterstützung aufgenommen worden.
Damit wird eigentlich nichts anderes bezweckt, als den Bauherren
die Beschaffung eines auf zweite Hypothek sichergestellten Kredites
zu erleichtern, ein Bemühen, das bei der augenblicklichen
Geldflüssigkeit in den Kreditinstituten nur von nebensächlicher
Bedeutung ist. Durch die Gewährung der Pupillarsicherheit
an die vom Staate garantierten Kredite hofft man auch für
die Bautätigkeit jene Gelder zu gewinnen, welche mündelsicher
angelegt sein müssen. Da der Staat in der Regel als Bürge
und nur in jenen Ausnahmsfällen als Zahler auftritt, wenn
der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, so
ist unter Berücksichtigung der übrigen gesetzlichen
Bestimmungen das Risiko des Staates fast gleich Null. Denn das
Gesetz verlangt, daß ein privater Bauherr 25%, eine gemeinnützige
Baugenossenschaft oder die Gemeinde 20% des Bauaufwandes aus eigenen
Mitteln aufbringen muß, während der Staat die 2. Hypothek
nur im Höchstausmaß von 40% des Bauaufwandes garantieren
will. Schon durch diese Bestimmung allein ist eine große
Sicherheit für den garantierenden Staat gegeben. Denn der
Bauherr, der einen so beträchtlichen Teil des Bauaufwandes
aus eigenen Mitteln bestreiten muß, wird sicherlich auch
zu seinem eigenen Vorteil dem Zinsen- und Amortisationsdienste
viel leichter nachkommen können und so niemals den Staat
in die unangenehme Lage versetzen, für ihn als Zahler eintreten
zu müssen. Überdies hat der Staat sich aber auch noch
durch ein vorbehaltenes Vorkaufsreht für den Fall vorgesehen,
als er wirklich die Verbindlichkeiten des Schuldners zu übernehmen
gezwungen wäre.
Es ist daher unverständlich, warum bei
so großer Sicherung des garantierenden Staates die Gesamtsumme
der vom Staat garantierten Darlehen nur mit 120 Millionen Kronen
für das Jahr 1927 bemessen wird. Da diese 120 Millionen Kronen
die vom Staat sichergestellten 40% des Gesamtbauaufwandes sind,
so heißt das nichts anderes, als daß im laufenden
Kalenderjahr höchstens um den Betrag von 300 Millionen Kronen
Wohnhäuser und Kleinwohnungen im Sinne dieses Gesetzes, ferner
Betriebsstätten für Kleingewerbetreibende und Kleinlandwirte
mit Hilfe dieser Staatsgarantie werden gebaut werden können.
Würde der ganze Betrag nur für Neubauten von Kleinwohnungen
zur Verfügung stehen und nimmt man unter Voraussetzung der
günstigsten Preisverhältnisse die Herstellungskosten
einer Kleinwohnung von 80 m2 Wohnfläche
durchschnittlich mit 40.000 Kè an, so könnte uns das
neue Gesetz in einem Jahr höchstens 7500 solcher Kleinwohnungen
bescheren. Da aber die Staatsgarantie rückwirkend auch auf
früher beginnende Bauten ausgedehnt wird und ferner für
die Herstellung von kleinen Betriebsstätten
auch noch in Betracht kommt, so wird kaum der Bau von 5000 Kleinwohnungen
durch dieses Gesetz ermöglicht werden Durch so eine Bautätigkeit
wird die jetzt herrschende Wohnungsnot aber nicht im geringsten
gemildert. Die Folge davon wird sein, daß das von der Regierung
versprochene neue Wohnungsgesetz zur definitiven Regelung der
Wohnungsfrage abermals von jedem Abbau des Mieterschutzes wird
vorläufig Abstand nehmen müssen, jenes Mieterschutzes,
den die Besitzer alter Häuser so drückend empfinden,
und den weite Kreis als das Hindernis für die Entwicklung
einer privaten Bautätigkeit bezeichnen. Ich glaube, daß
man unter solchen Verhältnissen wohl nicht davon reden kann,
daß das Abgeordnetenhaus heute ein Gesetz zur Belebung der
Bautätigkeit beschließen will.
Ist es schon bei dem geringen Risiko der staatlichen
Finanzverwaltung unverständlich, warum sich der Herr Finanzminister
gar so energisch gegen eine Erhöhung des durch den Staat
zu garantierenden Betrages von 120 Millionen wehrt, so muß
es umso mehr auffallen, daß einige Bestimmungen dieses Gesetzes
den Wert der an und für sich unzureichenden Staatshilfe noch
weiter heruntersetzen. Die im Gesetz ausdrücklich festgehaltene
Tatsache, daß niemand ein Recht auf die Unterstützung
durch die staatliche Garantie habe, ist wohl wenig ermutigend
für jeden Baulustigen, weil sie ja letzten Endes keinen anderen
Zweck hat, als der Protektion und Günstlingswirtschaft Tür
und Tor zu öffnen. Auch die Einführung des Vorkaufsrechtes
und des Pfändungsrechtes zu Gunsten des Staates, sowie die
Bestimmung über Geldstrafen für den Fall, als der Schuldner
nicht allen ihm auferlegten Bedingungen klaglos nachkommt, ist
odios und vollkommen überflüssig, weil es durch die
in Aussichtgestellten Schikanen jeden Bauunternehmer von der Inanspruchnahme
der staatlichen Garantie abschreckt. Von abschreckender Wirkung
wird auch die Bestimmung sein, daß die Rechtsverhältnisse
zwischen dem Staat und dem von ihm unterstützten Bauherrn
nicht mehr privatrechtlicher Natur sein sollen, sodaß für
die Austragung von Streitigkeiten die ordentlichen Gerichte nicht
mehr in Betracht kommen.
Der Bericht des sozialpolitischen Ausschusses
hebt besonders hervor, daß die staatliche gedacht ist, die
ein Einfamilienhaus mit einer Kleinwohnung bauen wollen. Da die
Voraussetzung hierzu der Besitz eines Privatkapitals in der Mindesthöhe
von einem Viertel des Bauaufwandes ist, so werden für die
Wohnungsbedürfnisse der ganz Armen auch weiterhin die Gemeinden
und die gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften zu sorgen
haben. Aber auch diese Hilfe wird nur unzureichend gewährt
werden können. Da solche öffentliche Bauherren ebenfalls
wenigstens 20% des Bauaufwandes aus eigenen Mitteln beistellen
müssen, so werden die besitzlosen Klassen nicht in der Lage
sein, sich durch einen erhöhten Baubeitrag in eine solche
Genossenschaft einzukaufen und später der Genossenschaft
oder der Gemeinde einen höheren Zins zu zahlen, der ja immer
im umgekehrten Verhältnis zur Höhe der gewährten
Unterstützung steht.
Die Einführung der staatlichen Garantie
in der Form, wie sie das vorliegende Gesetz bietet, berechtigt
also keineswegs zu der optimistischen Erwartung, als ob dadurch
allein schon eine ganz gewaltige Baubewegung ausbrechen könnte.
Und so hat der Gesetzgeber noch einige Steuer- und Gebührenerleichterungen
zu Hilfe genommen. Aus den Reihen des konzessionierten Baugewerbes
wurde schon früher immer die Meinung geäußert,
daß eine ausgiebige Steuer- und Gebührenbefreiung ein
vollkommen ausreichendes Mittel für sich allein abgeben würde,
um das Privatkapital in größerem Ausmaße der
Bautätigkeit zuzuführen. Diese Ansicht dürfte sich,
wenn schon überhaupt, so doch nur dann bewahrheiten, wenn
die Steuern- und Umlagenbefreiung wirklich eine ausreichende wäre;
aus diesem Grunde wohl wurde allseitig eine solche Befreiung für
einen Zeitraum von 50 Jahren gefordert, was keineswegs als unbillig
oder übertreiben bezeichnet werden kann, wenn man bedenkt,
daß bei einem Zinsfuß von 4% und einer Amortisationsquote
von 1% eine Schuld erst in 41 Jahren getilgt werden kann. Wenn
also die Steuerbefreiung einem Bauherrn den Zinsen- und Amortisationsdienst
erleichtern soll, dann wird man es kaum begreifen können,
warum das vorliegende Gesetz diese Art der Erleichterung nur auf
einen Zeitraum von 35 Jahren oder gar nur 25 Jahren zuerkennen
will. Es ist vollkommen überflüssig, bei dieser Angelegenheit
auf die Bestimmungen über die Steuerfreiheit von Neubauten
Rücksicht nehmen zu wollen, welche die kommende Steuerreform
festsetzen wird. Hier handelt es sich doch um Ausnahmsbestimmungen
zu einem ganz bestimmten Zweck und die sollen und müssen
sich doch von der durch das Gesetz bestimmten Regel gründlich
unterscheiden, wenn sie überhaupt wirkungsvoll sein sollen.
Bei der durch das vorliegende Gesetz bewirkten äußerst
geringen Bautätigkeit wäre die Schmälerung der
Staatseinnahmen auch bei einer weitestgehenden Steuerbefreiung
keineswegs irgendwie zu spüren gewesen. Die schönen
Worte im Berichte des sozialpolitischen Ausschusses zum VI. Hauptstück
des Gesetzes erscheinen daher wenig glaubwürdig und die Bauförderung
durch derartige Steuer- und Gebührenerleichterungen nicht
in dem wünschenswerten Ausmaß erzielt.
Was sonst noch in dem vorliegenden Gesetzesantrag
enthalten ist, wäre kaum der Rede wert, wenn es wenigstens
in halbwegs brauchbarer Form vorhanden wäre. Aber die Mängel
und Fehler der übrigen Hauptstücke zwingen doch zu einer
kurzen Betrachtung.
Man kann es vielleicht noch begreiflich finden,
daß außerordentliche Maßnahmen zur Belebung
der dringend notwendigen Bautätigkeit ohne gewaltsamen Eingriff
in den Privatbesitz in der Gestalt eines Enteignungsverfahrens
nicht auskommen können, zumal ja solche Einrichtungen wirklich
nur vorübergehende Gültigkeit besitzen sollen. Dennoch
muß man auch dabei mit Recht erwarten, daß alle notwendigen
Vorkehrungen bestimmt werden, um jede überflüssige Härte
bei einem solchen Enteignungsverfahren von vornherein auszuschalten.
Es ist daher erstaunlich, daß die Regierungsmehrheit über
Antrag nicht wenigstens jene Grundstücke von der Enteignung
ausnehmen wollte, auf welche der Grundeigentümer für
den Enteigner das Baurecht nach dem Gesetze vom 26. April 1912,
Zahl 86 R. G. Bl., unter jenen Bedingungen einrichtet, welche
von dem enteignenden Amte festgesetzt oder gebilligt wurden. Desgleichen
hat es auch keinen praktischen Wert, wenn man einem Grundeigentümer
nur dann die Möglichkeit gibt, sich vor der Enteignung zu
bewahren, wenn er lieber selbst mit der Aufführung eines
Neubaues innerhalb der nächsten 3 Monate nach der Zustellung
des Enteignungsbefundes beginnt. Diese Frist ist wohl so kurz
bemessen, daß sie niemand wird einhalten können, wenn
man bedenkt, daß von dem Entschluß zu bauen bis zum
wirklichen Baubeginn ein sehr langer Weg über die Beschaffung
der Baupläne, deren Einreichung und Bewilligung, Vergebung
des Baues u. ä. zurückzulegen ist. Schließlich
darf man nicht vergessen, daß die Kosten des Enteignungsverfahrens,
welche der Enteigner selbst zu tragen hat, auch nichts anderes
als eine Verteuerung des Baugrundes bedeuten.
Viel mehr Bedenken muß man zu den Bestimmungen
des II. Hauptstückes über die Lohnschiedsgerichte äußern.
Es macht direkt den Eindruck, als ob diese 15 Paragraphen nur
aufgenommen wurden, um das Gesetz etwas umfangreicher zu machen
und damit vorzutäuschen, daß man es wirklich mit der
Bauförderung auch in einem gesetzlichen Provisorium ernst
meine. Da durch die Unvollkommenheit dieses Abschnittes statt
der Rechtssicherheit nur Rechtsunsicherheit geschaffen wird, so
ist die Ablehnung der hier vorgesehenen Schiedsgerichte von Seiten
der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sehr wohl zu verstehen. Wenn
schon die Regierungsmehrheit sich allen Abänderungs- und
Ergänzungsanträgen gegenüber grundsätzlich
ablehnend verhalten wollte, dann hätte sie wenigstens das
ganze Hauptstück aus dem Gesetze weglassen sollen. Solche
Bestimmungen sind auch ein Fremdkörper in dem Gesetze und
auf die Dauer wird die Regierung sich nicht der Aufgabe entziehen
können, eine definitive Regelung der Frage der Lohnschiedsgerichte
durch Herausgabe eines allgemein giltigen, besonderen Gesetzes
vorzunehmen. Aber der Inhalt der §§ 12 bis 27 des vorliegenden
Gesetzesantrages ist direkt eine Unmöglichkeit. Schon die
zentrale Einrichtung der Lohnsehiedsgerichte in Prag, Brünn,
Preßburg und Užhorod ist entschieden abzulehnen.
Denn wie sollen diese Lohnschiedsgerichte bei ihren Entscheidungen
auf die besonderen lokalen Verhältnisse Rücksicht nehmen,
wenn sie dieselben aus eigener Anschauung gar nicht kennen? Auch
die Streikklausel im Absatz 3 des § 13
macht die Wirksamkeit der Lohnschiedsgerichte gerade in den wichtigsten
Fällen vollkommen illusorisch. Direkt gefährlich wird
aber das II. Hauptstück durch jene Bestimmungen, die es nicht
enthät. Der Gesetzgeber hat es nicht für notwendig erachtet,
die Begriffe "Kollektivvertrag" und "Kollektivstreitigkeit"
genau zu umschreiben, Sanktionen für den Bruch von Kollektivverträgen,
für sogenannte "wilde" Streiks und für die
Mißachtung der Entscheidungen des Lohnschiedsgerichtes festzusetzen,
die aktive und passive Klagelegitimation sowie die Prozeßfähigkeit
der einzelnen Organisationen eindeutig zu bestimmen, Verfügungen
über das Verfahren mit nichtorganisierten Teilen und über
das Ausschalten des Mißbrauches zu treffen u. v. a. m. Bei
so ungeheuren Mängeln der ganzen Einrichtung der Lohnschiedsgerichte
wird auch noch die Berufung an irgend eine höhere Instanz,
wie z. B. an das Ministerium für soziale Fürsorge ausgeschlossen.
Wenn man jetzt auch noch im Berichte des sozialpolitischen Ausschusses
liest, daß sich trotz aller Bedenken gegen dieses Hauptstück
des Gesetzes der Ausschuß doch entschlossen hat, diese Bestimmungen
ohne Änderung anzunehmen, weil sich die Lohnschiedsgerichte
bisher im allgemeinen bewährt haben, so lernt man das Sprichwort
verstehen "difficile est, satyram non scribere".
Auch der Zweck des VII. Hauptstückes,
die unmöglich gewordenen Bauordnungen derartig abzuändern,
daß vernünftig und ohne überflüssige Kosten
gebaut und die Verschleppung des Verfahrens durch die Baubehörden
verhindert werden kann, ist nur teilweise erreicht worden. Es
ist vollkommen wertlos, der Abteilung für Bauförderung
in einem Satze den Befehl zu erteilen, durch Organisierung der
Arbeit und der Produktion von Baumaterialien die Bautätigkeit
zu fördern, wenn man nicht zumindest gesetzmäßig
die Richtlinien festlegt, die dann auch für die verschiedenen
Unternehmungen bindend sind. Desgleichen ist es zwecklos, von
einer amtlichen Sicherstellung der Baumaterialien zu sprechen,
wenn man den begründeten Verdacht hat, daß diese zum
Zwecke des Hinauftreibens der Preise künstlich zurückgehalten
werden. Hier wäre es wohl nur gerecht gewesen, wenn man dem
Hauptstück über die Lohnschiedsgerichte auch ein analoges
Hauptstück über Preisschiedsgerichte entgegengestellt
hätte, weil eines ohne das andere nur zweifelhaften praktischen
Wert hat. Aus diesem Grunde wird auch im VIII. Hauptstück
das Verbot der Preiskartelle sowie die Kontrolle der Kartellpreise
sich kaum in Verbindung mit der Wohnungsfrage durchführen
las sen. Bedenkt man aber, daß im Zusammenhang mit allen
diesen Fragen die Hinweise auf langfristige Tarifverträge,
auf die Aufhebung oder Ermässigung der Zollsätze von
Baumaterialien, auf Begünstigungen bei Bahn- und Wassertransporten
und auf Befreiung der Ziegel- und Zementfabriken von der Kohlensteuer
und der Umsatzsteuer fehlen, so wird man auch diesen Teil des
werdenden Gesetzes als höchst unvollkommen und untauglich
bezeichnen und ihn daher ablehnen müssen.
Ich will auch nicht verschweigen, daß
wir vom nationalen Standpunkt schon gar keine Ursache haben, über
dieses Gesetz entzückt zu sein. Deutsche Volksgenossen, deutsche
Baugenossenschaften oder deutsche Gemeinden werden wie immer auch
diesmal bei der Gewährung der staatlichen Garantie zumindest
sehr stiefmütterlich, sicherlich aber nicht entsprechend
dem nationalen Schlüssel oder gar der Steuerleistung behandelt
werden. Bei dem zu erwartenden kläglichen Effekt dieses Bauförderungsgesetzes
wird man von einer Bautätigkeit im deutschen Sprachgebiet
wohl nichts zu spüren bekommen, außer es findet
das eine oder andere Mitglied der drei deutschen Regierungsparteien
Gnade vor den Augen der èechischen Regierung. Nur die Bestimmungen
über die Verwendung des Ertrages der Baulosanleihe zum Baue
von Staatsbeamtenwohnungen dürften
zur Folge haben, daß die ins deutsche Sprachgebiet zu Èechisierungszwecken
entsendeten èechischen Staatsangestellten dort durch eine
ausreichend subventionierte Bautätigkeit seßhaft gemacht
werden. Solche Dinge sind wir schon gewöhnt, nur werden sie
jetzt von einem Teile unserer deutschen
Volksgenossen nicht mehr als ein uns gegenüber gerichteter
Akt der Gewalt und Ungerechtigkeit empfunden, sondern als der
sichtbare Ausdruck einer seit Jahrhunderten herrschenden Simbiose
zwischen dem deutschen und èechischen
Volke in diesem Staate gewertet.
Mit diesem Gesetzentwurf hat sich die jetzige
gemischtnationale Regie rungsmehrheit wohl kein Ruhmesblatt in
der Geschichte des Parlamentarismus eingelegt. Schon die beschämende
Art und Weise des Zustandekommens dieser Regierungsvorlage, ihre
Unvollkommenheit und Unzweckmäßigkeit, das zu befürchtende
Ausbleiben jedes Erfolges, die unsoziale und unwirtschaftliche
Struktur des Gesetzes bestimmen meine Partei, gegen diesen Gesetzesantrag
als Ganzes zu stimmen und nur jene wenigen Paragraphe anzunehmen,
welche man mit gutem Gewissen vom rein sachlichen Standpunkte
aus wenigstens als ein Minimum dessen bezeichnen kann, was man
unter einem tauglichen Mittel zur Bauförderung sonst versteht.
(Potlesk na levici.)