Úterý 3. kvìtna 1927

Also genau so wie bei den indirekten Steuern, trägt auch bei den direkten Steuern die werktätige Bevölkerung die Hauptlasten, während für die Besitzklasse alle möglichen Erleichterungen und Begünstigungen geschaffen werden. Mit welcher Sorgfalt werden die Fatierungen der Bank- und Industrieunternehmungen sowie der Geldmagnaten ausgearbeitet, wie vielfach werden Juristen und Steuerfachleute zur Begutachtung als Ratgeber herangezogen, wie werden die kühnsten Experimente angewendet, um dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen! Man sucht in diesen Kreisen vergebens nach der sogenannten Steuermoral. Sind an diesen trostlosen Zuständen nicht auch die Finanzbehörden schuld? Der Steuerbeamte sollte zugleich der Ratgeber und Vertrauensmann des Steuerträgers sein, er soll die Wahrheit erforschen und dem Recht, gleichgültig, ob es zugunsten des Fiskus oder des Steuerträgers geschieht, zum Siege verhelfen. Wie strenge sind nach dieser Richtung die Instruktionen in Deutschland! Wie sucht man dort die Steuermoral mit rechtlichen und sittlichen Mitteln zu heben. Und bei uns? Wenn so ein armer Steuerträger in bescheidener Weise an den Schalter tritt und sich demütig eine Frage erlaubt, in wievielen Fällen wird er da nicht angefahren und eingeschüchtert, so daß er ratlos und verzagt aus dem Zimmer flüchtet! Wie setzen nicht so viele Beamte ihren Stolz darein, die Steuerleistung von Jahr zu Jahr zu erhöhen, um die Aufmerksamkeit von oben auf ihre Tüchtigkeit zu lenken. Und wie machtlos und unbeholfen steht die Mehrzahl der Steuerträger dieser Willkür gegenüber! Ja, es steht ihm wohl das Recht zu, im Rekursweg gegen solche Willkürakte anzukämpfen, aber es fehlt ihm die Rechtskundigkeit und die Fähigkeit, um diesen Weg mit Erfolg zu beschreiten. Und ist einer wirklich kundig, so wird es ein Leidensweg von jahrelanger Dauer, bis er eine günstige Erledigung in den oberen Instanzen findet. Inzwischen wird der Rechtfindende mit allen Schikanen gequält, der Steuerexekutor wendet ihm seine besondere Aufmerksamkeit zu, denn bekanntlich muß die vorgeschriebene Steuer erlegt werden, gleichgültig ob sie zu Recht besteht oder nicht. Er wird zur Steuerbehörde vorgeladen und dort wird mit allen Mitteln auf ihn eingewirkt, seinen Rekurs zurückzuziehen. All diesen Schikanen steht er wehrlos und ohnmächtig gegenüber. Meist handelt es sich um solche Summen, die eine Zuhilfenahme eines juristischen Beirates nicht vertragen, weil die Kosten hiefür in vielen Fällen die Höhe des angefochtenen Betrages erreichen oder übersteigen. Steuermoral kann daher nicht einseitig verlangt werden und es muß die Finanzverwaltung darauf achten, daß Ungerechtigkeit, Willkür und schikanöse Behandlung auf alle Fälle vermieden werden. Aber noch eines! Der administrative Apparat muß so funktionieren, daß die Vorschreibungen unmittelbar erfolgen, daß die gesamte Agenda ordnungsgemäß und rechtzeitig erledigt werde.

Wenn wir einen kleinen Blick in die Vorlage selbst machen, um die Unterschiede, die sich da zwischen den besitzlosen Klassen und den besitzenden Klassen ergeben, einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, so finden wir z. B. bei der Personaleinkommensteuer neben der Lohnsteuer das Recht des Selbständigen auf eigene Fatierung. Die Lohnsteuer wird unbekümmert abgezogen, wenn das Lohneinkommen eine bestimmte Höhe wöchentlich oder monatlich erreicht, während die Besitzenden, die Selbständigen warten, bis das Jahr verflossen ist, bis es wirklich klar wird, wie hoch sich ihr Einkommen beläuft, wie weit sie ihrer Fatierungspflicht Genüge zu leisten haben. Genau so ist es mit dem Existenzminimum. Das Existenzminimum ist nicht valorisiert, es bleibt weit hinter dem zurück, was die Steuerträger zu fordern berechtigt sind. Auf der anderen Seite aber sehen wir, daß die Besitzklasse für das Jahr 1927 überhaupt keine Steuergrundlage hat und daß sie sich in diesem Jahre austoben kann, um ihre stillen Reserven und alle hinterzogenen Beträge zu realisieren, indem ihr hier eine Atempause gewährt wird, um für die weitere Anhäufung von stillen Reserven für die Zukunft Raum zu schaffen.

Wenn wir uns die Erwerbsteuer ansehen, die Schmälerung der Besteuerungsgrundlage, wenn wir die ungleiche Behandlung betrachten, die zum Ausdruck kommt bei dem kleinen Manne und bei den großen Industrieunternehmungen, bei den kleinen Konsumgenossenschaften und bei den großen Industriebanken, dann kommt uns wieder die Ungerechtigkeit so recht zum Bewußtsein, die sich in der Steuerreform austobt. Wenn wir erwägen, daß die Ersparungen der Banken durch die Steuerreform mindestens 40 % nach dem heutigen Betrag erreichen werden, wenn wir sehen, daß 8 Banken in die Lage kommen, mindestens 50 Millionen Kronen an Steuerlasten im Jahre nach dem neuen Steuersystem zu ersparen, dann zeigt sich die Ungerechtigkeit gegenüber den Steuerträgern in der Personaleinkommensteuer im vollen Lichte. Und nicht nur hier, sondern auch bei der Hauszinssteuer, bei der Hausklassensteuer sehen wir dasselbe Bild. Beobachten Sie, wie der Schloßbesitzer und wie der Mieter behandelt wird, welche Lasten dieser durch die Hauszinssteuer zu tragen hat, und Sie finden wieder die Ungleichmäßigkeit der Behandlung in einer ganz außerordentlichen Weise. Die Rentensteuer bildet überhaupt keine Grundlage für die Besteuerung. Der Staat, die Finanzbehörden glauben, sie müssen den Weg für neue Staatsanleihen freimachen und suchen auf diese Weise die Kapitalistenklasse zu gewinnen, um recht viel Staatsanleihen in ihren Besitz zu übernehmen, und um so die Aufnahmsfähigkeit des Marktes für Staatsrenten zu sichern.

In den Strafbestimmungen und in den Allgemeinen Bestimmungen legen Sie das Recht des Steuerträgers in einseitiger Weise fest. Mit einem Wust von Paragraphen, die förmlich einem Drahtverhau mit Stacheldraht gleichen, umgibt sich die Finanzverwaltung, schließt sie ihr Recht in völlig hermetischer Weise ab und sagt den Zensiten: Ich gebe Euch zwar das Rekursrecht und Ihr könnt im Berufungsverfahren Euer Recht suchen, aber vergesset nicht, daß Euch auch die Kosten des Verfahrens auferlegt werden können, während von mir die größten Fehler gemacht, ja sogar parteiische Entscheidungen ungestraft hinausgegeben werden können. Die Finanzverwaltung kennt zwar die Haftung, die im bürgerlichen Gesetzbuch und im Handelsgesetz festgelegt ist, sie weiß, daß auch der Richter in bestimmten Fällen für seine Verfügungen haftet, hütet sich aber sehr, hieraus die Konsequenzen zu ziehen und auch in ihrem Wirkungskreis die Haftung, bezw. subsidiäre Haftung der unterstellten Organe für deren Verfügungen anzuerkennen. Zu der ungeheuren Macht des Obrigkeitsstaates kommen also einseitig noch die allgemeinen und Strafbestimmungen in weit stärkerem Maße, als dies jemals bestanden hat. Nicht einmal so viel Recht geben Sie dem Steuerträger, daß er die Komissionsmitglieder in die Steuer- und in die Berufungskommission selbst wählen kann, Sie behalten es der Finanzverwaltung vor, die Mitglieder zu ernennen und wollen von vornherein die Dienstnehmer, also den weitaus größten Teil der Steuerträger von diesem Amte ausschalten. Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter werden aus den Reihen der Finanzbeamten ernannt, also Personen, von denen man nicht behaupten kann, daß sie frei und unbeeinflußt entscheiden, und dies alles im Namen der Demokratie, im Namen der Gerechtigkeit. Ja, die Herren von der Koalition bringen nicht einmal den Mut auf, das Spitzel- und Angebertum, das sich heute allerorts breitmacht und von den Fiskalisten in zärtlicher Weise gehegt und gepflegt wird, zu beseitigen. Sind dies die Mittel zur Hebung der Steuermoral? Man fühlt sich förmlich ins Mittelalter versetzt und es fehlt nur noch das Recht, durch brutale Folterungen die gewünschten Geständnisse von den Steuerträgern zu erpressen.

Unter diesem Drucke leben alle Staatsbürger, ob sie nun Anhänger der Majoritätsparteien oder der Opposition sind, und Tausende von Flüchen werden von all denen geschleudert werden, die unter den Härten dieser Bestimmungen schuldlos werden leiden müssen.

Und nun ein Wort über die Strafbestimmungen. Mit geradezu satanischer Härte greift man zu den schwersten Strafen, mit Arrest und Geld sollen alle die bestraft werden, die sich gegen dieses Gesetz vergehen. Uns fällt es nicht ein, den zu einem System ausgearteten Steuerbetrug der Besitzklasse auch nur im mindesten zu schützen, aber gerade die Besitzenden werden Mittel und Wege finden, sich ihrer Pflicht zu entziehen, hängen bleiben werden in den Maschen nur die Kleinen, die Unwissenden. Für uns ist aber der Gedanke furchtbar, daß eine Administrativbehörde Strafurteile fällen kann, wo jedem Angeklagten die Verteidigung beengt ist, wo Kläger und Richter in einer Person vereinigt ist. Haben wir nicht zur Genüge das geheime Verfahren bei Gefällsübertretungen kennen gelernt? Wissen wir nicht, daß hiebei die grausamsten Ungerechtigkeiten verübt wurden? Alles im Namen des Gesetzes, im Namen der Gerechtigkeit, im Namen der nimmersatten Finanzbehörden. Als Kulturstaat sollen und müssen wir Rücksicht nehmen auf die Öffentlichkeit, auf die Gesetzgebung und das herrschende Recht in den Nachbarstaaten und sollen mit sittlichen Mitteln die allgemeine Steuermoral erwecken. Straffolgen haben noch keinen Mörder von der Ausführung vorsätzlichen Mordes abgehalten, sie haben aber auch die Zahl der Schwerverbrechen nicht zu vermindern vermocht und wir halten auch im Steuerrecht die unerhörten Strafen nicht für das richtige Mittel, abschreckend zu wirken.

Ziehen Sie die Öffentlichkeit im Steuerwesen mehr heran, lassen Sie der gerechten Kritik freien Raum, unterdrücken Sie nicht mit roher Gewalt die Kontrolle, so werden Sie damit einen wirksameren Schutz gegen Lumperei und Steuerschwindel schaffen, als durch die Strafbestimmungen dieses Gesetzes. Die Ungerechtigkeiten der Strafbestimmungen und der Allgemeinen Bestimmungen, durch welche den Finanzbehörden eine Machtfülle von Gewalt und einseitiger Bevorzugung übergeben wird, reihen sich würdig in dieses Reformgesetz ein und seinem ganzen Aufbau nach muß es sich auswirken als ein Ausnahmegesetz, in welchem die besitzende Klasse bevorzugt und gehätschelt wird, während der andere Teil, die werktätige Bevölkerung, die große Masse, trotz der schweren Belastung durch die indirekten Abgaben keinerlei nennenswerte Erleichterung erfährt. Die Steuerreform ist zu einem Klassengesetz im Klassenstaate geworden und wir sehen die deutschen Landbündler, die Christlichsozialen, die Gewerbepartei, wie sie jauchzend um ein paar Brosamen wegen die Interessen des kleinen Mannes preisgeben und mit Haut und Haar dem großen Kapital verkaufen. Wer Wind sät, wird Sturm ernten.

Und so fällt uns, der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die Aufgabe zu, die Aufklärung hinauszutragen in die Reihen unserer Brüder und Schwestern, sie aufzurütteln aus der Dumpfheit und Verzweiflung, in welche sie eine ungerechte Verteilung der Lasten gestürzt hat, und dann wehe, wehe Ihnen! Die Geschichte kennt keine Ausnahme. Alle die, die sich heute frohlockend auf ihre Macht stützen, sie werden Rede und Antwort stehen müssen, und unsere Sorge wird es sein, daß ein Strafgericht über sie herniedergehe, wie dieser unerhörte Verrat es verdient. Eine Lehre können wir auch aus diesem Reformwerk ziehen: Die heutige Gesellschaft ist unfähig, die großen Probleme der Zeit zu lösen, dem Sozialismus bleibt es vorbehalten, den heutigen Obrigkeitsstaat neu zu formen und die Lasten gleichmäßig und gerecht aufzuteilen. Die menschliche Arbeit ist die Quelle aller Werte, wie die Natur, insbesondere die Erde, die Quelle aller Stoffe ist, in welchen sich die Werte verkörpern. Die menschliche Arbeit wird aber auch die Quelle der neuen Gesellschaftsreform, die im Sozialismus verkörpert, Gleichheit und Recht zu schaffen berufen ist.

Im Namen meines Klubs, des Klubs der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, habe ich nachstehende Erklärung abzugeben:

"Das erste Wort bei der Beratung der Steuerreform im Plenum des Abgeordnetenhauses ist der entschiedenste Protest gegen die Methoden, welche auch bei der Verhandlung dieses umfangreichen Elaborates, das eine außerordentlich komplizierte und schwierige Materie zum Gegenstande hat, von der Mehrheit des Hauses angewendet worden sind. Vier Monate lang haben sich die Verhandlungen im Budgetausschuß hingeschleppt, aber nicht etwa, weil eine gründliche, gewissenhafte Beratung stattgefunden hat, nicht, weil die Anregungen und Vorschläge der Opposition in ernste Erwägung gezogen wurden, sondern weil die Beratungen durch den Schacher im Schoße der Mehrheitsparteien immer wieder unterbrochen wurden und oft auf Wochen hinaus ins Stocken gerieten. In geheimen Koalitionsberatungen in der Osmièka, welche offenbar die von deutsch-aktivistischer Seite angekündigte Überwindung der Pìtka darstellen soll, ist der Regierungsentwurf gründlich umgearbeitet worden, in der Geheimküche der Koalition wurde die Reform gebraut. Die verfassungsmäßige Körperschaft, der Ausschuß, durfte dann über die Anträge der Mehrheitsparteien reden, aber zu sagen hatte er nichts. Immer im letzten Momente, immer erst bei der Beratung des bestimmten Kapitels wurden die Anträge der Regierungsmehrheit vorgelegt, so daß die Opposition gar nicht in der Lage war, sie gründlich zu studieren und die ganze gewissenhafte Vorbereitungsarbeit, der wir uns unterzogen haben, fast völlig entwertet wurde. So wurden die Beratungen eines Gesetzes von geradezu fundamentaler Bedeutung für die Lebensverhältnisse der Bevölkerung und die Entwicklungsmöglichkeiten der Volkswirtschaft zur bloßen Formalität herabgedrückt. Aber die Krönung dieser Methoden ist die Beratung im Plenum. Zur Verhandlung eines Gesetzes von solchem Umfange und von solcher Bedeutung gibt man uns gerade eine Woche Zeit. Nachdem die Steuerreform jahrelang vorbereitet wurde, nachdem sie ein halbes Jahr im Hause gelegen ist, soll nach dem Diktat der Mehrheit, dem sich das Präsidium als willfähriges Werkzeug unterordnete, bis zum 12. Mai, bis zu einem bestimmten knapp bemessenen Termin der Entwurf in beiden Lesungen verabschiedet sein, damit auch die bloße Kritik des Gesetzes in die der Koalition genehmen Grenzen gebannt wird, damit auch die Möglichkeit, die Bevölkerung über Inhalt und Auswirkungen der Neuregelung aufzuklären, auf das von der Mehrheit gnädigst gestattete Maß reduziert werden kann. In diesem Vorgehen erblicken wir eine Vergewaltigung der Minorität, wie sie selbst in der an ähnlichen Vergewaltigungen reichen parlamentarischen Geschichte der Èechoslovakei vereinzelt dasteht. Aber dieser plumpe parlamentarische Trick wird seine Wirkung verfehlen. Zu kraß ist das Unrecht, das an den Massen der arbeitenden Bevölkerung auch durch diese Steuerreform wieder begangen wird, zu deutlich ist die Begünstigung der Besitzenden, die in ihr enthalten ist, als daß man die Erkenntnis dieser Tatsache durch irgendwelche Mittelchen verhindern könnte. Dieser Steuerreform ist das Urteil schon durch die Feststellung gesprochen, daß sie eine Herabsetzung der direkten Steuern just in einer Zeit vornimmt, da die breiten Massen die Lasten der Verbrauchssteuern kaum mehr zu ertragen vermögen. Die Zölle auf Getreide und Vieh, auf Fett und Fleisch, ja selbst auf Kartoffeln und Heringe wurden erhöht, die Zuckersteuer, das Spiritussteuer wurde hinaufgeschraubt, die Umsatzsteuer wird mit wachsender Strenge eingetrieben, so daß sie trotz sinkenden Konsums immer höhere Erträge liefert, aber die Steuern für die Besitzenden, für die Industriellen und Landwirte setzt man herab. Nach dem Voranschlag für 1927 betragen die direkten Steuern 2.167 Millionen, die indirekten 6.494, ja wenn man die Reinerträgnisse der Monopole und der Tabakregie, die den Charakter indirekter Steuern haben, dazu rechnet, sogar 7.844 Millionen. Volle vier Fünftel der Steuerlasten bedrücken den Massenverbrauch, gar nicht zu reden von den hunderten Millionen, welche die Arbeiterklasse als Einkommensteuer entrichtet und die, während gleichzeitig den Großkapitalisten alle möglichen Begünstigungen und Nachlässe gewährt werden, von den armseligen Löhnen mit aller Strenge und selbst für die zurückliegenden Jahre eingetrieben worden sind. Aber die Steuerreform setzt die Steuern für die Besitzenden herab. Der Finanzminister Dr Engliš hat selbst zugeben müssen - es geschah dies auf der Manifestationsversammlung der Industriellen - daß die wirtschaftlichen Verhältnisse vor allem einen Abbau der von ihm als Geschäftssteuern bezeichneten indirekten Steuern erfordern würden, die steigende Teuerung, die wachsende Arbeitslosigkeit, das klägliche Lohnniveau machen die Abbürdung aller Lasten, welche die Lebensbedürfnisse verteuern, zur dringendsten Notwendigkeit, aber die Steuerreform setzt die Steuern für die Kapitalisten und Agrarier herab.

Die Industriellen vor allem haben nach dieser Reform geschrien und ihre Beschleunigung immer und immer wieder verlangt. Das allein beweist uns schon, was das Wesen dieser Reform ist. Wenn sich die Industriellen heute unzufrieden stellen, wenn ihnen die Ermäßigung der Steuersätze, die einschneidende Verkürzung der Bemessungsgrundlage, die Drosselung der autonomen Umlagen noch zuwenig ist, so können solche Beschwerden niemanden täuschen, der aus der Lektüre der Dividendenschätzungen und Bilanzen ersehen kann, daß die kapitalistischen Unternehmungen im Krisenjahr 1926, das so viel Not und Elend über die Arbeiterklassen gebracht hat, fast durchwegs dieselben, ja zum Teil sogar höhere Gewinne erzielt haben, als im Konjukturjahre 1925 und dies unter der Geltung der jetzigen angeblich so unerträglich hohen Steuersätze. Diese Tatsache beweist unwiderleglich, daß die Steuerreform nicht den Zweck hat, der notleidenden Industrie bessere Konkurrenzbedingungen zu schaffen, sondern daß sie ausschließlich von der Tendenz erfüllt ist, die kapitalistischen Profite noch zu vergrößern.

Aber geradezu aufreizend muß es wirken, daß selbst die Agrarier die Gelegenheit benützen, auch ihre wahrhaft ganz und gar unzureichende Steuerleistung noch herabzudrücken. Seit der Einführung des geltenden Systems der direkten Steuern hat sich die allgemeine Erwerbsteuer in den historischen Ländern auf das Fünfzehnfache, die besondere Erwerbsteuer auf das Einundzwanzigfache, die Personaleinkommensteuer auf das Hundertzwanzigfache, die Grundsteuer aber nur auf das Vierfache vermehrt. Und trotzdem wird auch diese Steuer noch herabgesetzt, das Steuerprivilegium der Agrarier noch ausgebaut. Betrachten wir demgegenüber die Behandlung der wirtschaftlich Schwachen. Heller für Heller, Krone für Krone wird die Einkommensteuer von Lohn der Arbeiter allwöchentlich eingetrieben, ohne Rücksicht darauf, ob das Gesamteinkommen im Jahresdurchschnitt den Abzug rechtfertigen würde, ohne Rücksicht darauf, ob Krankheit oder andere drückende Lasten, die sonst Steuerermäßigungen zur Folge haben, den Arbeiter treffen oder nicht. Beim Proletarier erinnert sich der Staat der Erfüllung der Steuerpflicht bis zum letzten Rest, beim Kapitalisten verläßt man sich unter nicht ganz ernst gemeinten Strafandrohungen auf die Steuermoral.

Ja die Mehrheitsparteien haben die Stirn aufgebracht, den Arbeitern für das zweite Halbjahr 1927 den doppelten Steuerabzug aufzuerlegen. Während Sie den Kapitalisten im Übergangsjahre die Möglichkeit geben, ihre Bilanzen mit steuerfreien Reserven vollzustopfen und so den Eintritt in das neue Steuersystem mit einem Extraprofit zu feiern, sollen die Arbeiter in 6 Monaten die Steuern eines Jahres bezahlen und die verspätete Erledigung der Koalitionspakeleien mit Hunger und Elend büßen. Nicht minder empört uns die Lösung des Problems des steuerfreien Minimums. Dieselbe Steuerreform, die Spekulationsgewinne schonend genug behandelt, setzt das Existenzminimum mit 7.000 Kronen fest, was nicht nur hinter der Steigerung der Lebenshaltungskosten, sondern selbst hinter der Geldentwertung weit zurückbleibt. Wenn diese Vorlage Gesetz wird, wird der Millionär Hunderttausende an Einkommensteuer ersparen, aber der arme Teufel wird nach wie vor sich den Bissen vom Mund absparen müssen, um seiner Steuerpflicht zu genügen. Genau so wie mit der Einkommensteuer verhält es sích mit allen Ertragssteuern.

Sowohl dem kleinen Gewerbetreibenden wie dem kleinen Landwirt wird ein steuerfreies Existenzminimum verweigert. Die Steuerreform schont die Kapitalseinkommen, fördert die Besitzanhäufung, läßt steuerfreie Abschreibungen in weitestem Umfange zu, aber die harte Arbeit des kleinen Landwirtes, die unsichere Existenz des Kleingewerbetreibenden wird neben der Einkommensteuer noch mit Ertragssteuern belastet.

Wie die Arbeiter, so werden auch ihre Organisationen behandelt. Während die agrarischen Genossenschaften fast durchwegs steuerfrei bleiben, sollen die Steuersätze für die Konsumgenossenschaften gegenüber der Regierungsvorlage verdoppelt werden. Der Bespitzelung und der Denuntiation aber wird durch neue Strafbestimmungen Tür und Tor geöffnet. Der stolze Bau unserer genossenschaftlichen Organisation wird auch durch diesen Angriff nicht erschüttert werden, aber in offen zur Schau getragener Gehässigkeit gegen die Institutionen der Arbeiterschaft tritt der arbeiterfeindliche Geist der Vorlage geradezu handgreiflich zutage.

Vielleicht das größte Verbrechen aber begeht die Reform an der Selbstverwaltung. Sie verstopft die wichtigste Einkommensquelle der Gemeinden, sie unterwirft ihr Budgetrecht nicht nur der formalen, sondern auch der materiellen Kontrolle der Aufsichtsbehörden, die insbesondere nach Durchführung der famosen Verwaltungsreform vom bürokratischen und fiskalistischen Geist durchdrungen sein werden. Sie bedroht die Bürgermeister mit Strafen, und selbst mit der Absetzung, falls sie mehr Sorge für die sozialen und kulturellen Bedürfnisse ihrer Gemeinde als Respekt vor den Steuerprivilegien der Besitzenden zeigen sollten, sie macht die Finanzwirtschaft der Gemeinden von Zuschüssen aus Fonds abhängig, in deren Verwaltung gleichfalls die Bürokraten und die reaktionären Parteien das entscheidende Wort sprechen werden. Das Gesetz über die Finanzwirtschaft der Selbstverwaltungskörper wird so zum Totengräber der Selbstverwaltung und es wird in dem Buch der Schande, das die Geschichte den deutschen Regierungsparteien schreiben wird, auf einem besonderen Blatt mit unauslöschlichen Lettern stehen, daß sie den deutschen Gemeinden, daß sie dem letzten Rest deutscher Selbstverwaltung in diesem Staate kapitalistischen Profitinteressen zuliebe einen geradezu tödlichen Stoß versetzt haben.

Ganz im Geiste der materiellen Bestimmungen sind auch die Vorschriften über das neue und vereinheitlichte Steuerverfahren gehalten. Sie setzen ernannte Kommissionen an Stelle gewählter, sie verdrängen die Arbeiterschaft vollständig aus ihnen, sie schließen der Gleichberechtigung der Geschlechter zum Hohn die Frauen von ihnen aus, kurz sie machen auch die Steuerveranlagung zum Privileg der herrschenden Klassen.

Drakonische Straf- und Eintreibungsbestimmungen, die für die kleinen Steuerträger unerträgliche Härten mit sich bringen, werden für die besitzenden durch Stundung, Abschreibung und Strafablaß ungefährlich und unwirksam gemacht. Wenn das neue Steuerstrafverfahren gut wäre, wozu bedürfte es dann neben den schon bestehenden Gesetzen gegen die Presse noch eines besonderen Schutzgesetzes für die Steuerbehörden und die Steuerkorruptionisten, das der ohnehin überlasteten Klassenjustiz neue Opfer zutreiben wird?

So ist die Steuerreform in ihrer Gesamtheit und fast in allen ihren Einzelheiten ein würdiges Produkt der bürgerlichen Klassenpolitik. Haß gegen die Arbeiter, Haß gegen die Selbstverwaltung, Rücksichtslosigkeit gegen die wirtschaftlich Schwachen, aber Botmäßigkeit gegenüber den Besitzenden spricht aus allen Paragraphen. Wir lehnen dieses Werk zur Gänze ab, und wenn wir uns bemüht haben und auch im Plenum bemühen werden, es durch Abänderungsanträge zu verbessern, so bedeutet dies keineswegs eine Zustimmung zu seinen Grundzügen. Wir sagen vielmehr dem Entwurf und dem ganzen System, dessen Ausdruck er ist, unseren schärfsten Kampf an, den wir auch nach Gesetzwerdung der Vorlage fortführen werden. Wir werden gegenüber dem Votum des Hauses das Urteil der Bevölkerung über die Steuerpolitik der Mehrheit anrufen und wir sind fest überzeugt, daß gerade diese Steuerreform zur Aufklärung der Massen über den wahren Inhalt bürgerlicher Politik wesentlich beitragen und die bevorstehende Abrechnung der breiten Massen mit ihren offenen und versteckten Feinden beschleunigen wird. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. soc.-demokratické strany dìlnické.)

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