Støeda 4. kvìtna 1927

Wenn ich nun die Steuerreform hier überblicke, so muß ich Ihnen gestehen, daß dem Regierungsentwurf ein ganz wunderbarer Motivenbericht beiliegt. Dieser Motivenbericht ist in seiner Ausarbeitung, wie ich vermute, zum großen Teil die persönliche Arbeit des Herrn Finanzministers und ist in seinem Aufbau wirklich ganz hervorragend. Aber eines muß ich doch konstatieren. Ich habe gefunden, daß diese Theorien, die für das Wirtschaftsleben ungemein passen würden, in der Praxis sich nicht in dem Maße anwenden lassen und angewendet werden, wie es der Motivenbericht verlangt und wie es die Wirtschaft ebenso dringend brauchen würde. Ich muß diese Konstatierung machen, weil ich sie für die nächsten Gedankengänge brauche. Ich habe Ihnen erklärt, daß das Exposée zum Budget den Standpunkt des Herrn Finanzministers dahin manifestiert, daß es erklärt, trotz der Herabsetzung der Sätze hoffe man die Einnahmen auf der Höhe zu erhalten, und zwar durch die rigoroseste Einhebung. Das heißt mit anderen Worten: "Die Steuerpflichtigen sind in einem Maße unmoralisch, daß ich sie durch strenge Maßnahmen zur Moral zwingen muß." Nun über das Kapitel der Steuermoral, das ja eigentlich für die ganze Steuerreform von ausschlaggebender Natur ist, sowohl bezüglich der Strafbestimmungen wie des Verfahrens, kann man sich natürlich verschiedene Gedanken machen. Der erste Gedanke wäre z. B. der: Du, Staat, wirst sofort moralische Steuerträger in dem Moment haben, wenn Du selbst als Staat moralisch bist, wenn Du als Ausgeber meiner Steuern sie auch wirklich zweckmäßig und notwendig ausgibt, alles wegläßt, was unnötig ist, was nicht gebraucht wird. Dann muß aber auch auf der anderen Seite das gegenseitige Vertrauen des Steuerpflichtigen zur Verwaltung ausgebaut werden. Heute sieht die Finanzverwaltung im Steuerpflichtigen in der Regel den Defraudanten und Betrüger, dem man mit vollem Mißtrauen gegenüberzutreten hat, und umgekehrt kann auch der Steuerpflichtige in seiner Behandlung den Administrationen nicht jenes notwendige Vertrauen entgegenbringen, das für den gegenseitigen Verkehr zwischen den beiden Parteien notwendig wäre. Wenn das der Fall wäre, hätten wir über die Steuermoral kein Wort zu sprechen, denn wie die Finanzwissenschaft erklärt, ist es ein bekannter Satz, daß die Einkommensteuerlüge einen schweren Begleiter hat, der in der Steuerunmoral und in den durch den Steuerdruck notwendigen Erscheinungen besteht, die diese Unmoral wieder zum großen Teile erzeugen. Nun bin ich, so absurd es erscheinen mag, mit der Finanzverwaltung in vollständigem Widerspruch, indem ich nämlich behaupte, daß die Steuermoral generell kolossal gestiegen ist. Ob speziell, ist eine andere Frage. Aber ich stelle die Behauptung auf, daß die generelle Steuermoral immens gestiegen ist, denn wenn sie nicht so gestiegen wäre, so wäre es gar nicht möglich gewesen, daß der Staat so große Einkünfte hätte haben können. Er wird sie zum großen Teil auf die Institution der Revisionskommissionen zurückführen. Darüber werden wir in der Debatte noch sprechen. Warum erkläre ich das? Ich bringe die Hebung der generellen Steuermoral mit dem Steuerdruck und der Steuerungleichmäßigkeit in Verbindung und da behaupte ich, daß ein großer Unterschied besteht zwischen persönlichem, sachlichem, örtlichem, nationalem und internationalem Steuerdruck und der entsprechenden Ungleichmässigkeit. Nun hören Sie zu! Unter der persönlichen Beziehung verstehe ich Fälle der Bevorzugung besonderer Klassen. So war die Landwirtschaft nach den gegebenen Gesetzen besser daran als Handel, Gewerbe und Industrie. In sachlicher Beziehung meine ich die Fälle der Doppelbesteuerung, die wir vielfach haben, daß wir z. B. neben der Einkommensteuer und einer Ertragssteuer auch noch eine zweite Ertragssteuer haben. Nehmen Sie den Beruf der Agenten, die nicht nur die Einkommen- und Erwerbsteuer zahlen, sondern noch die für sie nicht überwälzbare Umsatzsteuer zahlen müssen. In örtlicher Beziehung ist der Steuerdruck verschieden verteilt; wenn hier Vertreter der Slovakei sind, so können Sie mir glauben daß dies kein Angriff sein soll, was ich hier vorbringe, sondern die Konstatierung der reinen nackten Wahrheit. Wir haben folgende Populationsquote: Böhmen hat eine Populationsquote von 48.6%, Mähren hat eine Populationsquote von 19.5%, Schlesien eine solche von 5%, Böhmen, Mähren und Schlesien zusammen also 73.1%; die Slovakei hat 22.3% und Karpathorußland 4.6%, beide zusammen also 26.9 %. Nun trägt zu den direkten Steuern Böhmen 63%, Mähren 20% und Schlesien 4.7% bei; Böhmen, Mähren und Schlesien tragen also 87.7% zu den direkten Steuern bei, die Slovakei trägt 11.3 und Karpathorußland 1% bei. Das ist die Summe aller Staatssteuern, die direkten Steuern, die Verbrauchssteuern, mit inbegriffen. Die direkten Steuern betragen perzentuell: in Böhmen 63%, in Mähren 23.8 %, in Schlesien 4.3%, zusammen also 91.1%, während die Slovakei mit Karpathorußland 8.9 % beiträgt. Man wird mir sagen, daß die Steuertragfähigkeit von Karpathorußland und der Slovakei nicht so groß ist, wie von Böhmen, Mähren und Schlesien. Das weiß ich auch, aber ich behaupte, daß bei einer Populationsquote von 26.9% der Prozentsatz von 8.9 nicht der reinen Wirklichkeit entspricht. Man beruft sich auf das Versagen der Administrative. Zugegeben; aber, das ist natürlich kein Argument gegen meine Behauptung. Wenn man die 91.1% von Böhmen, Mähren und Schlesien als 100 annimmt, so stelle ich die Behauptung auf, daß der Steuerdruck in nationaler Beziehung zu 50 % von der sudetendeutschen Wirtschaft getragen wird, wiewohl die Populationsquote ungefähr nur 23.5 bis 23.6% ausmacht. Hier haben Sie die Ungleichmäßigkeit der Verteilung in nationaler Hinsicht. In internationaler Hinsicht verweise ich darauf, daß unser Steuersystem insbesondere bei der besonderen und allgemeinen Erwerbssteuer uns gegenüber dem Auslande konkurrenzunfähig macht, weil unsere Nachbarn im System der allgemeinen und besonderen Erwerbssteuer bedeutend billiger sind. Nun sagen Sie mir, warum kommt denn die Finanzverwaltung eigentlich dazu anzunehmen, daß wir so schrecklich steuerunmoralisch sind. Da gibt eine Berechnung des Herrn Finanzministers den Anlaß dazu. Der Herr Finanzminister behauptet nämlich, daß das jährliche Nationaleinkommen - bitte nicht mit Vermögen zu verwechseln - 60 Milliarden beträgt und von diesem Nationaleinkommen nur ein Sechstel, das sind 10 Milliarden, einbekannt werden. Infolgedessen bleiben 50 Milliarden übrig. Davon kommt natürlich ein großer Teil auf jene Leute, die wegen des Existenzminimums keine Steuer zu zahlen haben; und um den Rest wird der Staat betrogen, bemogelt, es wird Defraudation betrieben? Ich weiß ganz genau, daß es keinen Staat auf der ganzen Welt gibt, der bei den ausgefixeltesten Steuergesetzen nicht mit Defraudation zu rechnen hätte. Das existiert auf der ganzen Welt nicht und infolgedessen muß die Finanzverwaltung von vorneherein mit einer Fehlergrenze rechnen. Wie groß diese Fehlergrenze ist, ist natürlich eine andere Frage. Nun bin ich der Sache nachgegangen und habe sie nach bestem Wissen und Gewissen zu untersuchen getrachtet. Da habe ich gefunden, nachdem mir doch statistisches Material nicht derart zu Verfügung gestanden ist, daß man im Vergleiche mit dem statistischen Material Deutschlands ungefähr zu dem Schlusse kommt, daß das wirkliche Nationaleinkommen bei uns unter normalen Verhältnissen 54 Milliarden ausmacht. Ich habe dem Herrn Finanzminister auf die Brust gekniet und habe ihm gesagt: "Herr, wie groß ist unser Nationaleinkommen?" Und da hat er mir zugeben müssen, daß nach der Schätzung des èechoslovakischen Staatsamtes oder nach einer provisorischen Schätzung, das weiß ich jetzt nicht, das Nationaleinkommen 52 Milliarden beträgt, daß aber eine kleine Fehlergrenze nach oben von 8 Milliarden angenommen wird, so daß man zu 60 Milliarden gekommen ist. Die 8 Milliarden kommen mir zu hoch vor, der Sprung von 52 auf 60 Milliarden ist zu hoch. Infolgedessen wird natürlich die Berechnung eine andere sein. Nun dürfte die Finanzverwaltung eine Berechnung gemacht haben, indem sie gesagt hat, die Èechoslovakei hat 131/2 Millionen Einwohner, 31/2 Millionen sind steuerfrei und die anderen haben ein Minimum von 6000 Kronen. So ist die Schätzung mit 60 Milliarden fertig. Nun habe ich eine Analyse versucht, um der Sache beizukommen, ob sie stimmt. Es wird mir erst widersprochen werden müssen, ob das stimmt oder nicht. Ich habe bis jetzt gegen meine diesbezüglichen Ausführungen im Budgetausschuß noch keinen Widerspruch erfahren. Ich habe festgestellt, daß das Volkseinkommen rund 54 Milliarden beträgt. Dort muß ich die Rechnung beginnen. Der Betrag ist Bruttoeinkommen, während die 10 Milliarden, die die Finanzverwaltung annimmt, als Nettoeinkommen einbekannt sind, also ist hier reichlich zwischen Brutto und Netto ein Unterschied von 5.4 Milliarden, also 10%. Ich rechne, daß ein Drittel aus dem Grunde des Existenzminimums befreit wird, das sind 16.2 Milliarden, und rechne, daß das einbekannte Einkommen nicht 10 Milliarden, sondern 25 Milliarden ausmacht. Da hat sich die ganz köstliche Geschichte ergeben, daß der Herr Finanzminister auf dem Standpunkt steht, das einbekannte Reineinkommen betrage 10 Milliarden. Er geht davon aus, daß im Motivenbericht für das Jahr 1920 9.939,085.000 angegeben worden ist. Nun habe ich aber im Motivenbericht gefunden, daß das einbekannte und versteuerte Reineinkommen für 1920 mit 19.653,000.000 angegeben worden ist. Man hat mir gesagt, das sei ein Fehler und entspricht nicht der Wahrheit, aber ich habe den Beweis der Unrichtigkeit noch nicht erhalten, infolgedessen gehe ich nicht zuweit, wenn ich sage, daß das einbekannte Einkommen 25 Milliarden ausmacht. Wenn ich jetzt die Fehlergrenze rechne, nämlich, was unterschlagen werden kann, so ergibt da auch 10%, also 5.4 Milliarden, so ergibt sich für mich ein Manko von 2 Milliarden. Ich kann mich um eine Milliarde mehr oder weniger geirrt haben, das spielt keine Rolle. Aber ich will den Nachweis dafür erbringen, daß der Standpunkt der Finanzverwaltung nicht richtig ist, daß mit einer derartigen Maßnahme der Steuerunmoral begegnet werden kann. Man kann mir auch das widerlegen, indem man sich auf den Standpunkt stellt, daß ich Bruttomit Nettoeinkommen verwechsle. Nun habe ich eine zweite Rechnung gemacht. Ich gehe wieder von 54 Milliarden aus. Das einbekannte Einkommen beträgt 25 Milliarden: nicht versteuerte Einkommen, weil unter das Existenzminimum fallen: zu diesen zähle ich die besteuerten Haushalte in den historischen Ländern mit ungefähr 1,300.000, in der Slovakei und in Karpathorußland dürfte der Prozentsatz niedriger sein; ich nehme sie mit 300.000 an. Laut Statistik beträgt die Summe der Haushalte 1,600.000, und wir haben gegenüber etwa 3,400.000 unbesteuerten Haushalten etwa 1,800.000 besteuerte. Rechne ich sie zu vier Personen, so erhalte ich 7,200.000. Rechne ich die Lebenshaltungskosten per Person mit 3000 - weniger geht wohl nicht so gibt das zusammen 21.6 Milliarden. Wenn ich jetzt 10% als Regie, Steuern und Versicherung abrechne, so kommen wir auf den Betrag von 48.6 Milliarden inkl. nicht besteuerte Haushalte; abzügl. 5.4 Milliarden, bleibt wieder der Betrag von 2 Milliarden übrig als Fehlergrenze. Ich hoffe damit auch den Nachweis erbracht zu haben, daß die Finanzverwaltung keine Ursache hat, die Steuerpflichtigen so anzusehen und auch zu behandeln; und gerade auf dieses Argument baue ich meine Folgerung auf, daß die strengen Strafbestimmungen und das Verfahren nicht am Platze sind. Nun gehe ich weiter. Wenn ich ein Bild darüber haben will, wie sich eigentlich das Steuersystem in den direkten Steuern für mich darstellt, so muß ich verschiedene Untersuchungen machen. Ich habe mir zu diesem Zwecke das nicht besonders schöne Vergnügen geleistet, die Budgets seit -919 zusammenzustellen und die direkten Steuern seit 1898 zusammenzurechnen. Das hat für mich Resultate gebracht, die natürlich wieder andere Schlüsse zulassen. als zu welchen die Finanzverwaltung kommt. Ich habe mir erlaubt, meinen Kollegen, den Journalisten, Tabellen vorzulegen, laut welchen ich diese Schlüsse ziehe. Ich möchte Sie um die Liebenswürdigkeit bitten, diese Tabellen einen Moment zur Hand zu nehmen, die ich hiemit vorlege, Tabelle I, Il und III:

Tabelle I.
Jahr
Budget
Ausgaben
Einnahmen
1919
8.615,345.792
3.709,754.500
1920
15.287,427.032
10.426,500.794
1921
18.026,480.144
17.298,916.630
1922
19.812,960.479
18.884,209.544
1923
19.371,030.639
18.812,390.860
1924
16.993,976.905
16.391,494.591
1925
15.974,168.808
15.701,917.429
1926
17.098,566.595
17.114,047.728
1927
15.503,505.151
15.523,914.485
Zusammen
146.683,441.545
133.863,146.561
Abgang 12.811,495.977
Durchschnitt 16.298,160.172 Einwohnerzahl 13.5
pro Kopf 10.865.44
pro Jahr 1.207.27
Die Ziffern verstehen sich ohne Nachtragsbudget, Investitionen, und ohne Staatsschulden, von welch letzteren in den Budgets bloß der Zinsen- und Amortisationsdienst enthalten ist.

Tabelle II.
Jahr
Steurerträgnisse (Böhmen, Mähren u. Schlesien) ohne Umlagen
Grundsteuer Gebäudesteuer Allgemeine Erwerbsteuer Besondere Erwerbsteuer Rentensteuer EinkommensteuerTantiemensteuer Zusammen
191423,842.35632,699.810 12,991.64231,487.777 4,953.14133,560.146444.529 139,979.401
191526,272.35034,477.657 13,090.55634,269.376 5,285.03937,978.322563.431 151,936.731
191641,872.78435,940.525 15,741.36530,628.108 6,084.19659,579.532980.529 190,827.039
191752,041.48941,113.267 28,083.73652,156.535 10,383.245126,728.9051,710.463 312,217.639
191867,904.28850,967.803 52,970.19363,420.669 13,067.348168,412.8672,497.686 419,241.854
191969,500.41856,773.325 64,950.92171,806.603 14,527.530220,630.3852,745.019 500,934.201
1920111,021.08454,380.333 136,136.72391,368.339 21,011.058358,523.7086,295.801 778.737.046
1921161,158.12043,380.147 190,934.860193,776.544 39,650.339622,112.39713,047.145 1.244,059.552
1922107,088.50042,197.965 180,851.360217,923.266 51,208.955663,341.29018,635.250 1.281,246.586
1923107,777.11351,075.877 210,708.711235,943.774 68,844.050995,180.05416,100.147 1.683,413.908
192576,069.49160,467.975 197,793.386280,525.712 68,201.4621.247,462.844 17,255.7081.947,776.578

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