Ètvrtek 23. èervna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 88. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 23. èervna 1927.

1. Øeè posl. Dietla (viz str. 1728 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das Oberste Kontrollamt hat mit einer anerkenneswerten Raschheit den Rechnugsabschluß für die Periode 1925 vorgelegt. Aber trotzdem der Abschluß bereits im Dezember ins Haus gekommen ist, hat man nicht das Bedürfnis gefühlt, mit derselben Raschheit auch hier im Hause die Verabschiedung vorzunehmen, sondern man hat so wie es üblich ist, diese unagenehme Sache liegen lassen und sich damit zufrieden gegeben, nur soweit zu kommen, um die Vorlage selbst ins Haus zu bringen.

Bevor ich mich mit dem Abschluß selbstbeschäftige, muß ich eine Angelegenheit vorbringen, die von besonderer Wichtigkeit ist, die zeigt, daß wir uns immer mehr zum Polizeistaat entösterreichern, daß Zustände bei uns einreissen, die in keinem Rechtsstaat möglich sind. (Rùznì výkøiky nìmeckých soc. dem. poslancù.) Wir haben die Nachricht erhalten, daß unsere Protestversammlung gegen die Verwaltungsreform in Karlsbad polizeilich verboten wurde. (Rùznì výkøiky nìmeckých soc. demokratických poslancù.) Wie man uns mitteilt, soll von Prag aus eine Weisung an alle Stellen hinausgegangen und der Auftrag erteilt worden sein, alle diese Kundgebungen zu verbieten. (Výkøiky.) Den Regierungsparteien scheint die Kundgebung in Schlesien in alle Glieder gefahren zu sein. Sie sehen diese Volksbewegung von ungeheuerer Wucht, die sich gegen die Art wendet, wie hier Vorlagen mit einem geradezu unerhörten Inhalt gemacht werden, (Výkøiky posl. Hackenberga.) wie deutsche Parteien ihre Sprache verraten und mitwirken, das deutsche Volk zu knebeln und zu unterdrücken (Výkøiky.), wie ein Stück Autonomie nach dem anderen genommen wird. (Výkøiky posl. Heegera.) Zuerst wird die Finanzautonomie den Gemeinden genommen, darnach kommt die Verwaltungsreform, die den Gemeinden alle Rechte nimmt, die sie eigentlich zu nichts herabdrückt, so daß sie überhaupt keinen Einfluß auf die ganze Verwaltung mehr besitzen; in all den Körperschaften versucht man nun die Autonomie einzudämmen, soweit es geht. Die Gauerverfassung hat man ganz einfach beseitigt, weil man gesehen hat, daß bei deren Durchführung ein Teil von Rechten den Deutschen erhalten bleiben würde. Durch die Verwaltungsvorlage ist diese Gefahr beseitigt, wir aber sehen uns veranlaßt, im Namen des Klubs folgende Erklärung abzugeben:

"Wir erheben Protest gegen die unerhörte Vergewaltigung der Meinungsfreiheit, die sich die èechisch-deutsche Bürgerregierung zuschulden kommen ließ, indem sie unsere Karlsbader Kundgebung gegen die Verwaltungsreformvorlage verbot. Dieser Versuch, das berüchtigte Pendrekpatent anzuwenden, noch ehe es gesetzliche Wirksamkeit erlangt hat, wird den Widerstand gegen die Verwaltungsreform nicht brechen, sondern im Gegenteil verstärken, indem er der Bevölkerung die Augen darüber öffnet, was sie zu erwarten hat, wenn die brutalen und dabei kurzsichtigen Polizeimethoden, die hier in Blüte stehen, noch gesetzlich festgelegt, ja ungeheuer erweitert werden. Wir klagen vor allem die deutschen Regierungsparteien an, die nicht müde werden, sich der Überwindung des alten reaktionären Systems zu rühmen, während in Wirklichkeit unter ihrer Mitregierung und unter ihrer vollen Verantwortung die Unterdrückung jeder oppositionellen Regung noch härter geworden ist, als es je unter dem alten Regime der Fall war. Es ist noch nicht allzu lange her, seit die deutschen Parteien, die heute der Regierungsmehrheit angehören, selbst öffentliche Protestkungebungen veranstaltet haben und selbst über die Unterdrückung solcher Kundgebungen, über die Unterdrückung der Pressefreiheit, die Einschränkung des Versammlungsrechtes laute Klage geführt haben. Wenn sie heute selbst zu diesen Methoden greifen, die sie vor kaum mehr als Jahresfrist mit Recht aufs härteste verurteilt haben, so zeigen sie damit nur die ganze Größe des Verrates auf, den sie an der deutschen Bevölkerung verübt haben. Wir sind überzeugt, daß die deutsche Bevölkerung, ihre arbeitenden Schichten vor allem, diesen Verrat erkennen und einsehen werden, (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.), daß der Kampf gegen die Verwaltungsreform, gegen die Reaktion in diesem Staate überhaupt, nur dann siegreich geführt werden kann, wenn diese Parteien, die so schwere Schuld auf sich geladen haben, überwunden werden. Unsere Partei wird daher den Kampf gegen diese Parteien mit aller Leidenschaft fortsetzen, der Sieg der Sozialdemokratie und der Sturz der bürgerlichen Volksfeinde wird die Reaktion in diesem Staate zu Falle bringen." (Potlesk nìmeckých soc. demokratických poslancù.)

Wenn die Regierungsparteien eine öffentliche Auseinandersetzung über die Verwaltungsreform wollen, dann sollen sie zu diesen Kundgebungen gehen, sollen die Verwaltungsreform verteidigen, wenn sie den Mut dazu haben. Aber sie sind zu feige, sie wissen, welche Niedertracht hier verübt wird, und darum versuchen sie, sich durch die Polizeimacht, durch die Staatsmacht dem Volksgerichte zu entziehen. Sie versuchen ganz einfach auf diese Weise die Mißstimmung, die sich überall kundgibt, nicht öffentlich werden zu lassen und zu unterdrücken.

Ich wende mich nun dem Gegenstand der Tagesordnung selbst zu. Vor wenigen Wochen hat in Genf eine Konferenz stattgefunden, zu der die Regierungen aller Staaten Fachleute entsendet haben. Sie sollen dort prüfen, welche Mittel angewendet werden können, um den furchtbaren Zustand, in dem sich die ganze Weltwirtschaft befindet, zu erleichtern und zu verbessern. Die Vertreter der Regierungen, die Fachleute sind einige Wochen beisammen gesessen und haben sich auf Vorschläge geeinigt, welche die Möglichkeit geben sollen, das Ankurbeln der Wirtschaft zu erleichtern. Unser Außenminister Herr Dr Beneš hat erklärt, er werde die Resolutionen und Vorschläge unterstützen und sich dafür einsetzen, daß auch hier in der Èechoslovakei diese Grundsätze angenommen und durchgeführt werden. Der Herr Ministerpräsident, der Chef der Regierung hat sich ebenfalls zu dieser Sache geäußert, aber nicht mehr so positiv, sondern unter Verklausulierungen, geschehen jedoch ist bisher nichts. Die Regierung hat bisher keine Zeit gefunden, sich mit dieser ungeheuer wichtigen Frage zu beschäftigen; während in Deutschland und Belgien die Regierungen bereits ihre Zustimmung zur Durchführung gegeben haben, und erklärten, bereit zu sein mit allen Mitteln mitzuarbeiten, um diese Grundsätze zu verwirklichen, wird bei uns nur zu dekorativen Zwecken darüber geredet. Aber man läßt den Worten nicht die Taten folgen, sondern man läßt Gras darüber wachsen und führt die Wirtschaft oder, wenn wir so sagen wollen, die Mißwirtschaft in der bisherigen Weise weiter.

Wir haben anläßlich der Beratung der Steuerreform bei einer Gelegenheit aus dem Munde des Finanzministers gehört, daß sich das Finanzministerium auch damit beschäftige, die indirekten Steuern einer Reform zu unterziehen. Wir waren alle der Meinung, daß dadurch eine Erleichterung der Konsumsteuern herbeigeführt und die Konsumkraft der Bevölkerung gehoben werden sollte. Es scheint aber nicht die Absicht zu sein, die indirekten Steuern abzubauen, um der Bevölkerung Erleichterung zu schaffen, die Tatsachen, die bisher bekannt geworden sind, zielen vielmehr darauf hin, diese Ersparungen zu anderen Zwecken verwenden zu wollen.

Wir haben gehört - und es wird darüber schon öffentlich diskutiert - daß die Zuckersteuer eine Herabsetzung erfahren soll. (Výkøiky na levici.) Damals, als das Gesetz über die Zuckersteuer im Haus beschlossen wurde, haben wir unsere warnende Stimme erhoben, haben auf die Folgen verwiesen, die entstehen müssen, haben erklärt, daß es nicht möglich sei, den Inlandskonsum in der Höhe aufrechtzuerhalten, und daß ein Minderkonsum an Zucker eintreten müsse. Die Herren haben aber nicht gehört, sie haben das Gesetz über die Zuckersteuererhöhung beschlossen, und es zeigt sich nun, daß der Inlanskonsum um 200.000 q zurückgegangen ist. Trotzdem der Zuckerkonsum zurückgegangen ist, ist der Steuereingang für die Zuckersteuer um 99 Millionen höher als in derselben Periode der vorjährigen Zuckerkampagne. (Hört! Hört!) Also nahezu 100 Millionen mehr an Steuern als in derselben Periode des Vorjahres trotz Rückgang des Zuckerkonsumes von 200.000 q!

Man sagt, die Herabsetzung der Zuckersteuer sei notwendig geworden, weil unsere Zuckerindustrie notleidend ist. Man will die Ersparnisse, die man bei der Herabsetzung der Zuckersteuer macht, nicht den Konsumenten zugute kommen lassen, sondern die Zuckerindustriellen sollen die Nutznießer hievon sein. Man will ihnen auf diese Art und Weise ein Geschenk von unerhörter Höhe machen. Die Herren haben sich verspekuliert, und weil sie sich verspekulierten, sollen die Inlandskonsumenten die Kosten dafür tragen, sie sollen herangezogen werden und dafür büssen, weil die anderen ein schlechtes Geschäft gemacht haben. Der Zuckerexport, der in der Kampagne 1926 bis 30. April 7 Millionen q betragen hat, ist heuer in derselben Zeitperiode auf 5.4 Millionen zurückgegangen, also um 1.6 Millionen q weniger als im Vorjahre, das sind genau 24.2%. Wieso kommt das nun? Ja, damals, als die Kampagne begonnen hat, war der Weltmarktpreis im Steigen. Die staatliche Bewirtschaftung ist abgebaut worden und man hat den Zuckerindustriellen frei Hand gelassen. Sie haben mit dem Export zurückgehalten, sie haben gedacht, die Preise werden weiter steigen, je weiter die Kampagne fort schreitet, und sie werden erst dann ihr großes Geschäft, ihren großen Fischzug machen. Es ist aber anders gekommen. Der Weltmarktpreis ist gesunken, er hat einen Rückgang um ein Viertel des Wertes erlitten und nun stehen die Zuckerindustriellen mit ihrer Rohware und mit ihren Verlusten da und versuchen jetzt, den Inlandskonsum zur Deckung der Verluste, die ihnen erwachsen sind, heranzuziehen. Das ist die Wirtschaftspolitik dieses Staates.

Genau so ist es mit dem Straßenfond. Das Ministerium für öffentliche Arbeiten hat dem Hause einen Entwurf zur Schaffung eines Straßenfondes und zur Verbesserung der Straßen, ausgenommen die Gemeindestraßen, vorgelegt. Die Geldaufbringung stellt sich das Ministerium sehr leicht vor. Es soll ganz einfach durch Gesetz beschloßen werden, daß die Sozialversicherungsanstalt den Betrag von 1 Milliarde Kronen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes als Darlehen hergebe und auf diese Art und Weise soll der Betrag aufgebracht werden, mit dem man die Straßenreparierungen vornehmen kann. (Výkøiky na levici.) In 10 Jahren wird die Sozialversicherung nach fachmännischer Berechnung ungefähr eine Kapitalsreserve von 7 Milliarden zurücklegen können. Davon müssen 30% in Staatspapieren angelegt werden, das sind über 2 Milliarden, 1 Milliarde wird sie für den Straßenbaufond hergeben müssen, das ist nahezu die Hälfte des Reservebestandes, und sie wird nicht den Aufgaben nachkommen können, die ihr ja gerade als sozialem Institut gestellt sind. Auch hier zeigt sich die verkehrte Finanzpolitik, die noch immer ihre Fortsetzung findet.

Wenn ich mich nun dem Rechnungsabschlusse zuwende, möchte ich ausdrücklich hervorheben, daß damit eine Periode der Finanzwirtschaft beendet wird, die wohl die unglückseligste seit Bestand der Republik ist. Daß wir endlich diese Periode liquidieren können - es ist bezeichnend, daß es so lange gedauert hat - ist eine unbedingte Notwendigkeit für unsere Finanzwirtschaft. Wir hatten am 1. Jänner 1924 noch Kassenbestände in der Höhe von 2.979,000.000 Kronen. Im Jahre 1925 sind sie auf 1.852 Millionen gesunken und im Jahre 1926 waren nur mehr 468 Millionen Kè Kassenbestände vorhanden. Die Kassenbestände sind aufgezehrt, verbraucht worden, infolge ungünstigen Steuereinganges, die angehäuften Reserven sind verpulvert, die Staatschuld hat sich erhöht. Das Bild der Gebahrung selbst zeigt, daß die Einnahmen um 17.6% überschritten worden sind, die Ausgaben um 16.6%, wieder ein Beweis, daß die Voranschläge, die hier im Hause beschlossen werden, keine Beachtung finden, daß sie ständig überschritten werden, daß man im vorhinein bei der Verfassung der Voranschläge weiß, mit den Beträgen nicht auskommen zu können, und absichtlich Beträge in den Voranschlag nicht einstellt, obwohl man weiß, daß sie ausgegeben werden müßten. Man legt so eigentlich nur Voranschläge vor, die dekorativ nach außen wirken sollen, aber mit der Finanzwahrheit im Widerspruche stehen.

Im Jahre 1925 ist die sogenannte Kommerzialisierung der Staatsbetriebe vorgenommen worden und auch dieser Umstand trägt dazu bei, daß der Überblick im Rechnungsabschluß nicht so vollständig ist, als er sein sollte und sein könnte. Es besteht noch immer eine Verquickung zwischen diesen Instituten und der Staatswirtschaft weshalb diese Ziffern mit aller Vorsicht geprüft werden müssen.

Betrachten wir das Konto der geleisteten Vorschüsse! 1925 wurden solche Vorschüsse in der Höhe von 2519 Millionen gegeben. Wo sind die hingekommen? Die Einlagen bei den Geldinstituten zur Ermöglichung der Zeichnung auf die IV. Staatsanleihe machen 194 Millionen Kè aus. Meine Herren, es wäre wohl klüger gewesen, wenn die Finanzverwaltung bei der Lösung der Kriegsanleihefrage Rücksicht drauf genommen hätte, daß die autonomen Körperschaften nicht imstande sind, die Mittel aufzubringen, um die Einlösung der Kriegsanleihe durchzuführen; es wäre viel klüger gewesen, wenn sie beim Umtausch Erleichterungen tel quel geschaffen hätte. Die Finanzverwaltung hätte diese Millionen, die sie als Vorschüsse an die autonomen Körperschaften herausgeben mußte, ersparen können, ein finanzieller Effekt ist mit dem Umtauschgesetz mit der Einlösung der IV. Staatsanleihe nicht erzielt worden, und es wäre viel klüger und praktischer gewesen, wenn die Finanzverwaltung eine Lösung gesucht hätte, ohne dabei selbst eine Belastung zu erfahren.

Ee sind weiters Kontokorrentvorschüsse erteilt worden an die Staatsbetriebe, an die Materialfonds, an die èechoslovakischen Staatsbahnen und zur Deckung der Investitionsausgaben. Das sind zum Teil begreifliche Dinge. Bei der Post "Vorschüsse" sehen wir auch jetzt langsam in Erscheinung treten die Folgen der seinerzeitigen Staatswirtschaft bei den einzelnen Zentralen. Es zeigt sich, daß die Vorschüsse bei der Getreideanstalt, bei der Staatsanstalt für Fette, Öle und Milch und bei anderen Zentralen ganz gewaltige Summen erreicht haben, die zwar noch immer als Vorschüsse figurieren, obwohl kein Mensch weiß, woher die Deckung erfolgen soll. Es wäre viel klüger, wenn man versuchen würde, diese Lasten vollständig zu liquidieren. Unter den Vorschüssen sind auch geleistete Rückzahlungsraten zur Erhöhung der Lehrergehalte von 67 Millionen Kronen an die Länder eingestellt, weiters neben den erwähnten 194.6 Millionen, an die autonomen Körperschaften zur Zeichnung der Staatsanleihe eine Reihe von anderen Vorschüssen, die an Länder gegeben worden sind. Niemand wird sagen können, wie die Länder in die Lage versetzt werden sollen, die Vorschüsse zurückzuzahlen, niemand wird sagen können, wie die autonomen Körperschaften in die Lage versetzt werden sollen, diese Vorschüsse zurückzuzahlen. Die Länder schulden heute Vorschüsse von 1691 Millionen Kronen, die Zahlung der Rückerstattungsraten ist selbstverständlich nicht möglich, diese Forderung des Staates ist als uneinbringlich zu betrachten, diese Posten sind fiktive Aktiven ebenso wie die Forderung der russischen Legionäre von 256 Millionen Kronen. Es ist zwar erklärt worden, die Vorschüsse an die Kaschau-Oderberger Bahn von 920 Millionen seien eindringlich, ich möchte das aber mit einem Fragezeichen versehen, denn schließlich und endlich wird auch da die Möglichkeit der Einbringung eine sehr beschränkte sein.

Die direkten Steuern haben ein Mehr gegenüber dem Vorjahre von 814 Millionen ergeben, darunter figuriert die Einkommensteuer allen mit 678 Millionen Kè, die Kriegssteuern mit 92 Millionen und die Verzugszinsen mit einem Mehr von 33 Millionen. Obwohl im Voranschlag die Verzugszinsen schon mit mehr als 70 Millionen Kronen vorgesehen waren, sind sie um 33 Millionen überschritten worden. Man ersieht daraus, wie die Steuerträger von den Exekutivorganen bedrängt worden sind, daß die Steuerträger nicht in der Lage waren, die vorgeschriebenen Steuern abzustatten, man ersieht daraus, wie mit dem Steuer Exekutor und mit Verzugszinsen der Steuerträger zur Zahlung gebracht werden soll. Bezeichnend ist, daß die Realsteuern um 53 Millionen die allgemeine Erwerbssteuer um 129 Millionen weniger eingebracht haben, zwei Posten, die ziemlich hoch sind und die anzeigen, mit welcher Vorsicht bei der Eintreibung der Realsteuern und der allgemeinen Erwerbsteuer vorgegangen wird. Die indirekten Steuern hingegen haben mehr gebracht, so die Umsatzsteuer um 10 Millionen, die Zölle um 47 Millionen die Brantweinsteuer, die Zuckersteuer, all diese Steuern haben mehr gebracht, weniger gebracht hat nur die Kohlensteuer und die Fleischsteuer. Mehr haben gebracht die Rechtsgebühren, die neu beschlossen worden sind, um 232 Millionen, die Verkehrssteuer um 231 Millionen, der Personenverkehr um 79 Millionen, die Telephongebühren um 21 Millionen, die Gebühren von Amtshandlungen um 15 Millionen Kè; die öffentlichen Abgaben brachten also ein Mehr von 1395 Millionen Kè, beinahe dasselbe, was sie im Jahre 1924 trugen.

Wie schaut es mit dem kommerziellen Betrieben aus? In keinem einzigen Falle wurde die im Voranschlage vorgesehene Ziffer erreicht und man kann es ruhig aussprechen, daß unsere Staatsbetriebe nicht auf der Höhe stehen. Es fehlt ihnen der kaufmännische Schwung, die administrative Elastizität, die in solchen Unternehmen notwendig wäre. Der Bürokratismus erschlägt alles. Die Post sollte nach dem Voranschlage ein Mehr von 241 Millionen bringen, tatsächlich hat sie nur 145 Millionen mehr gebracht, trotzdem wir die höchsten Postgebühren von allen europäischen Staaten einheben. Die Eisenbahn sollte um 191 Millionen Kè mehr bringen, tatsächlich hat sie nur ein Mehr von 77 Millionen gebracht. Die Güter und Forste sollten um 134 Millionen mehr bringen, tatsächlich haben sie nur ein Mehr von 93 Millionen gebracht. Die Gruben und Hütten sollten 42 Millionen mehr bringen, sie haben aber einen Verlust von 5 Millionen gebracht. Das sind Beweise für die Mißwirtschaft in den Staatsbetrieben, das ist ein Beweis, daß vieles faul ist und daß vieles einer Änderung bedürfte. Wenn wir uns die Überschreitungen anschauen, so sehen wir, daß das Ministerium des Äußern, das Ministerium für nationale Verteidigung und das Ministerium für soziale Fürsorge große Überschreitungen zu verzeichnen haben.

Ganz merkwürdig und ein Beweis der Art der Budgetierung ist die Überschreitung beim Ministerium für soziale Fürsorge. Für die Kriegsbeschädigtenfürsorge ist unter den ordentlichen Ausgaben um 34 Millionen mehr ausgegeben worden, bei den außerordentlichen um 81 Millionen Kè. Die Finanzverwaltung, resp, das Ministerium für soziale Fürsorge mußte im Vorhinein wissen, daß diese Beträge notwendig sind. Es war ja nicht möglich, die Feststellung der Renten der Kriegsbeschädigten so rasch durchzuführen, um sie alle erfassen zu können, und aus diesem Grunde sind in den früheren Rechnungsabschlüssen bei dieser Post Ersparnisse ausgewiesen worden, obwohl der Anspruch der Kriegsbeschädigten und die Pflicht des Staates, diese Summen auszubezahlen nicht bestritten werden konnte, hat man diese Post immerwährend gedrosselt, das Finanzministerium hat die Voranschläge fortwährend zur Korrektur zurückgeschickt und verlangt, die Post müßte herabgesetzt werden und als die Überschreitung gekommen ist, wollte man die Schuld dafür einem Beamten in die Schuhe schieben, obwohl das System die Zwangslage herbeigeführt hat.

Der Abgang bei den Lokalbahnen beträgt 169 Millionen Kè, beim Außenministerium 72 Millionen Kè, die Bezüge der Mlitärgagisten sind um 56 Millionen, die Naturalversorgung der Mannschaft um 36 Millionen Kè überschritten worden. Es zeigt sich hier auch die Tatsache, die wir bei der Beratung des Budgets ausgestellt haben, daß die Militärverwaltung Rücksicht zu nehmen hatte auf die allgemeine eingetretene Teuerung. Für Sprengstoffe hat man 10 Millionen mehr ausgegeben als vorgesehen waren. Sie werden doch zugeben, das sind wichtige Ausgaben, die gemacht werden sollen, denn wir lesen alle Augenblicke von den furchtbaren Katastrophen, die durch diese Sprengstoffe herbeigeführt worden sind. Wir erinnern uns noch sehr gut an den Leichtsinn, mit dem die Sprengstoffe in der Hauptstadt Prag expediert worden sind, wie man die ganze Bevölkerung der Tischlergasse der Gefahr ausgesetzt hat, in die Luft gesprengt zu werden. Das Unglück ist auf den Leichtsinn zurückzuführen, mit dem die Militärverwaltung solche Dinge behandelt. Die Unifizierung der Ausgaben der russischen Legionäre ist mit 20 Millionen überschritten worden. Es ist eine neue Post eingestellt worden, man hat sie nicht vorgesehen gehabt, trotzdem man wußte, daß sie fällig ist. Das Budget wäre eben sonst schlechter ausgefallen, der Verlust wäre höher gewesen. Der Etat der Gendarmerie wurde um 28 Millionen überschritten, die Argumentation und Ausrüstung der Mannschaft hat um 13 Millionen mehr erfordert, als vorgesehen war. Sie werden mir alle zugeben, daß das ungeheuer wichtige Ausgaben sind, die gemacht wurden und die sich als notwendig erwiesen haben. Die Militärverwaltung - und das ist bezeichnend dafür - hat sich noch in keinem Jahre um die Einhaltung des Voranschlages gekümmert, sie hat niemals darauf Rücksicht genommen sondern sie hat ganz einfach nach ihren Willen und nach ihren Notwendigkeiten verfügt und Überschreitungen vorgenommen. Sie weiß ja, daß in diesem Hause alles pardoniert wird. Das Ministerium für nationale Verteidigung weiß, daß es niemand von den Regierungsparteien wagt, gegen dieses System ein Wort der Kritik zu sagen, und darum werden diese Überschreitungen zur Gewohnheit. Die Liquidation der Garantieverpflichtungen des Staates für Remboursforderungen der Anglo-èechoslovakischen Bank hat 130 Millionen Kè erfordert, auch eine ganz merkwürdige Post, die da im Rechnungsabschluß erscheint. Die vierte Rate für den Ankauf des Hauses, in dem wir tagen, für das Rudolphinum ist um 6 Millionen überschritten worden. Man mußte doch gewußt haben, daß das Haus gekauft die Raten bezahlt werden mußten, daß man den Betrag abuzustatten hat. Aber bei der Aufstellung des Voranschlages hat man an die 6 Millionen ganz einfach vergessen. Beim Neubau des Gesundheitsministeriums, der auch beschlossen worden ist, ist ebenfalls eine Überschreitung von 3.5 Millionen, beim Ministerium für soziale Fürsorge von 6.8 Millionen zu verzeichnen. Der Bau von Minderheitsschulen hat 18.4 Millionen mehr erfordert, als vorgesehen war. Wir würden des Geheimnis gerne gelöst sehen, wo und für wen diese Minderheitsschulen errichtet wurden; ob das eine einseitige Ausgabe ist oder ob auf alle Minderheiten Rücksicht genommen worden ist. Wir sind nicht dagegen, daß Minderheitsschulen errichtet werden; dort wo sie notwendig und unentbehrlich und wo sie wirklich ein Kulturbedürfnis sind wollen wir der Errichtung der Minderheitsschulen gerne zustimmen. Aber das beruht auf Gegenseitigkeit, das gilt für alle Minderheitsschulen ohne Ausnahme. Leider sehen wir, daß oft in ungerechter Weise vorgegangen wurde, daß beispielsweise Schulen errichtet worden sind, èechische Minderheitsschulen, für die man überhaupt keine Schüler hatte, wo man die Schüler aus deutschen Kreisen zusammentrommeln und zusammenfechten mußte, nur damit diese Schulen eröffnet werden konnten. Solche Schulen sind errichtet worden, während die deutschen Schulklassen gesperrt wurden und die Sperrung unentwegt fortschreitet.

Der Rechnungsabschluß gibt uns also keinen Beweis dafür, daß in der Staatsverwaltung, resp. in der Finanzverwaltung die seinerzeit versprochene Konsolidierung eingetreten ist. Wir ersehen aus dem Abschluß vielmehr, daß in derselben Art und nach demselben System weiter gewirtschaftet wird, wie man angefangen hat. Zu einer solchen Wirtschaft können wir kein Vertrauen haben und darum sind wir nicht in der Lage, die Genehmigung des Rechnungsabschlusses auszusprechen. Wir ersehen daraus, daß das System, das wir bisher immer bekämpften, nicht gebrochen ist, sondern weiterhin in voller Blüte steht. (Souhlas poslancù nìmecké soc. dem. strany dìlnické.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP