Ètvrtek 21. èervna 1928

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid. Prosím pana øeèníka, aby pokraèoval. (Posl. inž. Jung: Oder man wollte ihn notzüchtigen, indem man seine Kinder in die èechische Schule schickte!)

Posl. Simm (pokraèuje): Aber es ist glaubwürdig, was Koll. Jung hier sagt.

Für ein solches Vorgehen gegenüber den Kriegsverletzten wird sich auf den staatsfinanziellen kategorischen Imperativ des Herrn Finanzministers als Argument bezogen.

Meine Herren, das Ministerium für nationale Verteidigung empfing seit dem Jahre 1919 weit über 20 Milliarden Kè an öffentlichen Mitteln für seinen Zweck. Die Kriegsbeschädigtenfürsorge beanspruchte im gleichen Zeitraume einen Betrag von 5 Milliarden Kè. Die in den Jahren in den Staatsvoranschlägen für die Kriegsbeschädigtenfürsorge eingestellt gewesenen Beträge waren dazu nur ungenau, waren vielfach ein Blendwerk. Sie gelangten nicht zur Auszahlung. Ein Teil dieser Beträge floß als Ersparung in die Staatskassen zurück. So war im Jahre 1920 ein Betrag von 945 Millionen Kè für die Kriegsbeschädigtenfürsorge präliminiert, in Wirklichkeit aber wurde in diesem Jahre erst das Versorgungsgesetz beschlossen und viel später erst durchgeführt. Die Renten für die Kriegsbeschädigten wurden erst in den Jahren 1921, 1922, 1923 laufend angewiesen. Die Nachzahlungen gelangten erst vom 1. Mai 1920 in den Besitz der Rentner. Solcher Art ersparte man im Jahre 1920 und die späteren Jahre darüber hinaus einen gewaltigen Teil der budgetierten Beträge. Daß das eine Tatsache ist, erhellt auch daraus, daß die ganzen Beträge für Kriegsbeschädigtenfürsorgezwecke in dieser Zeit aufgebraucht worden wären und man seitens der Regierung bei richtiger Durchführung bedeutende Nachtragskredite hätte anfordern müssen. In Wirklichkeit aber wurde nur ein einziges Mal ein Nachtragskredit von wenigen Millionen gefordert, weswegen man dem Ministerium für soziale Fürsorge noch jetzt Vorwürfe macht.

Der Herr Finanzminister hat bei der Besprechung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1928 darauf verwiesen, daß allenthalben Ersparungen gemacht werden müssen. Die Ersparung aus dem Kapitel Kriegsbeschädigtenfürsorge sollte allerdings anderen Fürsorgezwecken durchgeführt werden. Wie weit es geschehen ist, vermag ich hier nicht zu überprüfen, unsere Ansicht ist nur die Heraushebung der Tatsache, daß das Budget für das Jahr 1928 auf Kosten der Kriegsbeschädigten ausbalanziert wurde. Wir erklären hiezu, daß es grausam ist, gerade an den Kriegsverletzten die Abgänge zum Staatsvoranschlage zu ersparen. Das Schiksal der beabsichtigten Reform auf dem Gebiete der Kriegsbeschädigtengesetzgebung, wie sie für das Jahr 1928 geplant war, ist uns aber schon damals klar gewesen, als wir den Herrn Finanzminister seinerzeit zum Kriegsbeschädigtenproblem reden hörten.

Es ist nur verwunderlich, daß der Herr Finanzminister einer Regierung, die sich mit ihren Parteien - und es ist hier ausgeführt worden, mit ihren sämtlichen Parteien - den Kriegsverletzten in Worten festlegte, daß dieser Finanzminister allein imstande ist, eine solche Regierung zu kompromittieren, die Pläne derselben über den Haufen zu werfen. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Die Pläne waren die folgenden: Es sollte der Gesamtkomplex der Invalidenfrage einer grundsätzlichen Novellierung zugeführt werden. Schon im Jahre 1926 war das sozusagen verbürgt. Als damals der Gesetzesantrag auf Verlängerung der Bestimmungen, betreffend die Höhe der Einkommensgrenze eine reiche parlamentarische Wechselrede auslöste, erfolgten als Abschluß derselben im sozialpolitischen Ausschuß die Initiativanträge Zajièek, Schubert und Èuøík, von denen heute in der Debatte schon einige Male die Rede war. Der sozialpolitische Ausschuß beantragte wohl im Jahre 1926 in der über das Gesetz bezüglich einer Einkommensgrenze für die Kriegsbeschädigten entscheidenden Sitzung, daß der Regierungsantrag Nr. 632 zu genehmigen sei, doch wurde anschließend folgende Resolution angenommen: "Die Regierung wird aufgefordert, ehestens das Gesetz über die Kriegsbeschädigten zu novellieren und hiebei weitestgehend vor allem die in den Initiativanträgen Nr. 549, 557 und 698 ausgesprochenen Forderungen zu berücksichtigen." Was ist aus diesem "Ehestens" geworden? (Posl. inž. Jung: Das Zertifikatistengesetz!) Sehr richtig, das Zeritifikatistengesetz und manche Million an Ausgaben für militärische Zwecke anstatt Ausgaben für Kriegsbeschädigtenfürsorgezwecke. Zwei Jahre sind nahezu seit der erwähnten Stellungnahme des sozialpolitischen Ausschusses in der Form der Anträge Zajièek, Schubert und Èuøík vergangen und wieder wird der Gesamtkomplex der Kriegsbeschädigtenfrage ignoriert und aus ihm lediglich als Wiederholung der in den letzten Jahren regelmäßig geleisteten Arbeit das Gesetz über die Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte zur Verhandlung gestellt.

Ein solches Verhalten der Regierung darf wohl als kompletter Wortbruch bezeichnet werden und es ist wohl mehr als verständlich zu bezeichnen, wenn die Leidenschaften der hiedurch Betroffenen rege werden. Darauf habe ich den Koll. Schubert insbesondere im sozialpolitischen Ausschuß aufmerksam gemacht, als er als einziger Redner der deutschen Regierungsparteien wohl sprach, aber anstatt in irgend einer Form seine Gedankengänge zu dem in Frage stehenden Problem auszudrücken, sich mit nichts anderem beschäftigte als mit einer Polemik mit dem Organ des Bundes der Deutschen Kriegsverletzten "Der Kriegsverletzte". Das war dann auch der Grund meiner Frage an den Koll. Schubert im sozialpolitischen Ausschuß, einer Frage, die lautete, ob er zum Problem der in Verhandlung stehenden Vorlage selbst nichts zu sagen hätte. Ich muß schon hier feststellen, daß ich klüger getan hätte, wenn ich diese Frage an ihn nicht gestellt hätte. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Denn der Effekt dieser Frage war folgende Antwort: "Das überlassen Sie nur uns, das ist eine Sache der ganzen Koalition". So Herr Koll. Schubert, der die ganzen Jahre über sich als begeisteter Anwalt der Kriegsbeschädigten aufführte, bis zu dem Zeitpunkte, da er die Möglichkeit in die Hände bekam, seiner Theorie zur Frage der Kriegsbeschädigten die praktische Durchführung zuteil werden zu lassen.

Und Koll. Zajièek? Du lieber Gott, er, der nicht minder dem Kriegsbeschädigtenproblem gegenüber in vielen Reden warmer Fürsprecher war, ignoriert heute das Problem soweit, daß er sich seitens seiner Partei nicht einmal mehr zu den Sitzungen delegieren läßt, in denen über das Problem zumindest diskutiert wird. Und er diskutierte doch die ganzen Jahre mit. Es ist unbegreiflich, daß er hiebei nicht verspürt, wie sehr er sich selbst disqualifiziert, wenn er sich in einer solchen Art und Weise aufführt.

Heute sind die Koll. Schubert und Zajièek in dieselbe Spekulation eingesponnen, der der Finanzminister immer schon huldigt. Sie spekulieren gemeinsam mit dem Finanzminister auf die automatische Lösung des Kriegsbeschädigtenproblems durch das Absterben der Kriegsverletzten. Ich muß schon sagen, es tut mir leid, aber ich muß es sagen, so unrecht haben Sie sicher nicht, wenn Sie meinen, daß im nächsten Jahre, wenn es zu einer grundsätzlichen Lösung der Frage kommt, dieses billiger käme als im heurigen Jahre und in zwei Jahren noch weniger kosten würde und in fünf Jahren vielleicht ihr Kostenpunkt sich mit ihrem nunmehr auch von Ihnen so streng befolgten staatsfinanziellen kategorischen Imperativ vertragen würde. Ja, so unrecht haben die Herren nicht. Mir liegt hier eine Statistik des Bundes der deutschen Kriegsverletzten über die Todesfälle eines ganz kurzen Zeitraumes der letzten Zeit aus den Reihen der im Bunde der Deutschen Kriegsverletzten organisierten vor. Ich lese nur den Schluß des Berichtes über die Zeit vom 1. Juli 1924 bis 31. August 1927 vor. In diesem Zeitraum sind aus dem Kreise der Organisierten dieses Verbandes gestorben: 917 Invalide, 338 Witwen, 424 Vorfahren, 13 Waisen, insgesamt also 1.494 Mitglieder. Wenn man bedenkt, wie Tuberkulose, Herzleiden, Krebs und innere Erkrankungen sowie die Selbstmorde bei den Kriegsbeschädigten aus Verzweiflung über die Behandlung des Problems sich in der letzten Zeit gesteigert haben, dann darf man annehmen, daß in nicht allzulanger Zeit das Kriegsbeschädigtenproblem gelöst sein wird. Wenn man aber darauf spekuliert, daß sich dieses Problem so automatisch lösen wird, so stelle ich hier mit aller Deutlichkeit fest, daß es ein Spiel mit dem Feuer ist, das man hier treibt. Das Exempel traurigster Ignoranz, das man statuiert, bleibt - und gerade das müßte die Staatsverantwortung bedenken - in den Kreisen der Kriegsverletzten und darüber hinaus in aller Zukunft unvergessen und die Erinnerung an dieses Exempel kann in jedem Augenblick der Zukunft so stark aufleben, daß dadurch Konzepte gestört werden können, für deren klaglose Durchführung man seinerzeit in der Zukunft Interesse fordert. Ich glaube nicht mehr sagen zu müssen, ich glaube, mit diesen Worten verstanden zu werden.

In anderen Staaten ist man gerechter und klüger, man geht dem Problem etwas ernster an den Leib. Ich sage: Gerechter und klüger. Polen und Jugoslavien haben in der letzten Zeit ihre Kriegsbeschädigtengesetzgebung ganz bedeutend verbessert. Österreich hat im Frühjahr 1927 die 9. Novelle und Deutschland im gleichen Jahre die 5. Novelle zum geltenden Kriegsbeschädigtengesetz durchgeführt. Bei uns läßt man das alte ungenügende Gesetz bestehen, trotzdem sich zu aller Erhöhung des Skandals schon zweimal internationale Konferenzen der Kriegsbeschädigten- und Kriegsteilnehmerverbände und zwar die Konferenzen in Genf und Wien ausdrücklich mit dem èechoslovakischen Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetz befaßten und nach eingehendster Orientierung Entschließungen zu Gunsten der èechoslovakischen Kriegsbeschädigten faßten. Die Entschließung der zweiten internationalen Zusammenkunft in Genf wurde mit Schreiben vom 3. November 1926 der èechoslovakischen Regierung zur Kenntnis gebracht. Die Regierung hat dieses Schreiben bisher nicht beantwortet. Die dritte internationale Konferenz in Wien im Vorjahre aber nahm eine Entschließung an, die ich des Interesses wegen doch vielleicht dem stenographischen Protokoll meiner Rede einverleiben will. Diese Entschließung lautete: "Die internationalen Zusammenkünfte der Kriegsbeschädigten- und Kriegsteilnehmerverbände, welche am 18. und 19. September 1925 und am 30. September, 1. und 2. Oktober 1926 in Genf tagten, hatten sich durch Entschließungen an die Regierung der Èechoslovakischen Republik wie auch an die èechoslovakische Öffentlichkeit gewandt, um auf die schwierige Lage aufmerksam zu machen, in der sich diejenigen Staatsangehörigen befinden, die durch den Krieg ihrer Erwerbsfähigkeit und ihres Unterhaltes beraubt worden sind, und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Regierung der Èechoslovakischen Republik bereit sein werde, so schnell als möglich die Entschädigung der Kriegsopfer mit den von der internationalen Zusammenkunft angenommenen allgemeinen Grundsätzen in Einklang zu bringen. Die internationale Zusammenkunft in Wien am 29. und 30. September und 1. Oktober 1927 stellt fest, daß die èechoslovakische Regierung bisher leider dem Ersuchen nicht nachgekommen ist, und sich nicht bemüssigt fühlte, die Versorgungsgesetze ihrer Kriegsbeschädigten einer durchgreifenden Novellierung zu unterziehen und sie den internationalen Grundsätzen der Kriegsbeschädigtenfürsorge anzupassen. Sie stellt weiters fest, daß die Versorgung der èechoslovakischen Kriegsbeschädigten eine gänzlich ungenügende ist und nicht als menschenwürdig bezeichnet werden kann. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.) Sie warnt die Regierung der Èechoslovakischen Republik vor der Absicht, eine Kürzung der augenblicklichen äußerst ungenügenden Versorgung vorzunehmen, weil dies zu einer furchtbaren Katastrophe in den Reihen der Kriegsbeschädigten führen müßte. Sie erwartet von der Regierung und dem Parlamente der Èsl. Republik, daß die Versorgung der Kriegsbeschädigten ehestens so geregelt wird, wie es sich für einen Kulturstaat, der die Èechoslovakische Republik doch ist, gebührt."

Meine Herren! Die Antwort auf diesen internationalen Appell? Wir nahmen vielleicht an, daß der internationale Appell einigermaßen Fluß und Bewegung in unsere Arbeit bringen würde. Diese Antwort auf diesen internationalen Appell von Genf: Man hat sie in der heutigen Haltung der Regierung. (Posl. inž. Jung: Man bestätigt damit offiziell, daß der Staat kein Kulturstaat ist!) Und Herr Šrámek? Wir betonten, daß auf diese Enunziationen der internationalen Kriegsbeschädigtenzusammenkünfte unsere Regierung bisher nicht reagierte. Besonders tat sie das nicht seit der Zeit, da Herr Minister Šrámek das Ministerium für soziale Fürsorge verwaltet. Es ist im sozialpolitischen und Budgetausschuß ja, wie ich eingangs meiner Rede anführte, darüber Beschwerde geführt worden, und es wurde damals verlangt, so wie heute, daß der Herr Minister Šrámek sich doch zumindestens über die Grundzüge der von den Berichterstattern der Ausschüsse angedeuteten Reform der Kriegsbeschädigtengesetzgebung äußere. Aber es ist jeder diesbezügliche Wunsch auch prompt unerfüllt geblieben, wie auch der eingangs meiner Rede an den Herrn Präsidenten vorgebrachte. Ich hatte allerdings nicht sehr viel Hoffnung auf die Erfüllung dieses Wunsches gehabt.

Demgegenüber geben wir dem Abgeordnetenhause heute nochmals unsere Anträge kund. Wir verlangen durch sie die grundsätzliche Lösung des Kriegsbeschädigtenproblems. Dabei liegt uns gar nichts daran, ob diese Anträge als Simm und Genossen oder als Anträge Zajièek, Schubert, Èuøík und Genossen angenommen werden, wenn nur überhaupt ihr Sinn erfüllt wird. Dafür aber treten wir heute dringlicher ein als zu allen anderen Tagen, in denen das Kriegsbeschädigtenproblem hier im Hause zur Debatte stand. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

8. Øeè posl. Sehäfera (viz str. 69 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Reichsverband der Kriegsbeschädigten und der Witwen und Waisen nach Gefallenen hat in einer seiner Mitteilungen aufgezeigt, daß es an 250.000 auf die Kriegsbeschädigtenfürsorge angewiesene Menschen in der Èechoslovakei gibt, die diesem Reichsverband angehören. Außerdem gibt es noch Hunderttausende, die entweder die Mittel nicht haben, sieh dieser Organisation anzuschließen, oder ihr aus anderen Gründen ferngeblieben sind. Es handelt sich somit um viele hunderttausend Menschen, die durch die Regierungsvorlage, die wir verhandeln, wieder zum Narren gehalten werden, die man verhöhnt und die durch diesen Gesetzentwurf deutlich gesagt bekommen, daß der Staatsverwaltung und den jetzigen Regierungsparteien das Los und das Schicksal dieser unglücklichen Menschen vollständig gleichgültig ist. Wäre es anders, so hätte uns im Juni ein Gesetzentwurf vorgelegt werden müssen, der die Kriegsbeschädigtenfürsorge anpaßt den veränderten Verhältnissen, den Teuerungszuständen, die seit 1921 eingetreten sind. So war es ja auch gedacht. Immer, wenn man mit den Kriegsbeschädigten oder ihren Vertretern gesprochen hat, erklärte man ihnen, daß man zwar Zeit brauche, aber es werde gewiß in den nächsten Monaten ein solches Gesetz dem Parlament vorgelegt werden. Einer Abordnung von Kriegsbeschädigten, die mit den deutschen Regierungsparteien in Verhandlung getreten ist, wurde von dem Abgeordneten Zajièek auseinandergesetzt, daß das kleine Gesetz über die Einkommensgrenze nur Gültigkeit bis 30. Juni 1928 habe, was ein Erfolg, u. zw. ein Erfolg der deutschen Regierungsparteien sei, denn ursprünglich hätte die Regierung beabsichtigt die Verlängerung bis 31. Dezember in das Gesetz aufzunehmen. Es sei beabsichtigt gewesen, einen längeren Termin für die Gültigkeit dieses Gesetzes aufzustellen, wodurch die Reform der Kriegsbeschädigtenfürsorge hinausgeschoben gewesen wäre. Die Vertreter der Kriegsbeschädigtenorganisationen sind bisher sehr gläubige Menschen gewesen. Das konnten wir insbesondere damals sehen, als im Dezember 1927 im sozialpolitischen Ausschuß die Kriegsbeschädigtenfürsorge verhandelt wurde. Wir stellten damals den Antrag, die Initiativanträge vom Juni 1926 zu beraten, und als man das ablehnte, verlangten wir, daß die Regierung aufgefordert werde, einen Gesetzentwurf über die Kriegsbeschädigtenfürsorge innerhalb von acht Tagen vorzubereiten. Während wir im sozialpolitischen Ausschuß darüber verhandelten, wurden die Vertreter der deutschen Regierungsparteien vor dem Sitzungssaale von Vertretern der Kriegsbeschädigten gefragt, wie es denn mit der Erledigung der Gesetzesvorschläge sei, die im Einvernehmen und über Ersuchen der Kriegsbeschädigtenorganisationen gestellt worden waren. Und damals wurde den Vertretern der Kriegsbeschädigtenorganisation gesagt: "Wir werden uns dafür einsetzen, daß recht bald eine Novellierung der Kriegsbeschädigtenfürsorge vorgenommen werde, aber das geht natürlich nicht, daß die Regierung innerhalb 8 Tagen eine so große Aufgabe erfülle und einen Gesetzentwurf dem Hause vorlege, das gehe nicht, das sei Demagogie von den Sozialdemokraten, wenn sie so etwas verlangen." Und es hat damals wirklich Vertreter der Kriegsbeschädigten gegeben, die gemeint haben, daß das wirklich eine zu starke Aufgabe für den Minister Šrámek sei, daß man der Regierung schon Zeit lassen müsse. Natürlich sind unsere Anträge nieder gestimmt worden. Im Mai ist neuerlich eine Abordnung der Kriegsbeschädigtenorganisation bei den Regierungsparteien gewesen und hat becheiden daran erinnert, was man ihnen versprochen hat, aber sie erhielten wieder nur eine Antwort, die nicht anders lautete als die früheren. Denn mit dem Erfolg, der darin liegen soll, daß das Gesetz über die Einkommensgrenze nur auf 6 Monate beschlossen wurde, mit diesem Erfolg hat schon Monate vorher von dieser Stelle aus der christlich-soziale Abg. Zajièek Parade gemacht. Er hat damals in einer Rede - es ist notwendig, daß man diese Stelle zitiert folgendes gesagt: "Gestatten Sie mir ein offenes Wort." Wenn ein Christlichsozialer auftritt, um ein offenes Wort zu sprechen, und wenn man weiß, welche Rolle die deutschen Christlichsozialen in der Koalition zu erfüllen haben, dann muß man darauf gespannt sein, was herauskommt. Nun hören wir das offene Wort: "Daß unser Resolutionsantrag, der verlangte, daß die Regierung recht bald eine ordentliche Novelle zur Kriegsbeschädigtenfürsorge vorlege, daß dieser unser Resolutionsantrag nicht respektiert worden ist, billigen wir ganz und gar nicht, und wir haben keine Lust, die Novellierung noch mehr hinausschieben zu lassen." Das sagte er im Dezember 1927. "Darum haben wir das Gesetz nicht, wie es in der Regierungsvorlage hieß, auf ein Jahr, sondern nur um ein halbes Jahr verlängern lassen." Das hat Zajièek im Dezember 1927 schon als Erfolg hingestellt. Und zu einer Zeit, wo feststand, daß eine Novellierung des Kriegsbeschädigtengesetzes vor dem 30. Juni in diesem Hause nicht durchgeführt wird, von der jetzigen Regierung auch gar nicht in Aussicht genommen worden ist, kommt er abermals den Kriegsbeschädigten mit der Erklärung, es sei Erfolg der Politik der deutschen Regierungsparteien gewesen, daß man nur für 6 Monate die Verlängerung beschließe. Diesmal machen es die Regierungsparteien anders. Sie setzen überhaupt keine Frist mehr fest. Die Kriegsbeschädigten werden nun nicht mehr nur 6 Monate weiter zu Narren gehalten werden, es kann noch länger dauern. Jetzt weicht man durch eine andere Stilisierung dieses Gesetzes der Unannehmlichkeit aus, daß man im Dezember 1928 neuerliche Verlängerung beantragen müßte, daß man neuerlich im Parlament an die Schande erinnert wird, die darin besteht, daß man die Kriegsbeschädigten immer und immer wieder täuscht, irreführt, sie belügt. Es ist nichts anderes als ein Belügen der Kriegsbeschädigten, ein Belügen dieser Gruppe von unglücklichen Menschen, was an ihnen bisher verbrochen worden ist. Die deutschen Regierungsparteien machen sich aber die Sache höchst einfach. Sie sagen den Kriegsbeschädigten: "Ja, was wollt ihr von uns, wir sind ja in der Koalition nicht die Mehrheit, sondern eine Minderheit, die eben nichts durchsetzen kann." Als die Christlichsozialen, die Landbündler und die Gewerbepartei im Jahre 1926 die bekannten Gesetzesanträge eingebracht haben, da wußten sie bereits, daß sie in die Regierung gehen werden, da befanden sie sich schon in der parlamentarischen Mehrheit, da haben sie bereits mitgeholfen, die Lebenshaltung der arbeitenden Bevölkerung in der Èechoslovakei zu verteuern, da haben sie durch ihre Zollpolitik dazu beigetragen, daß auch das Los der Kriegsbeschädigten verschlimmert werde, daß das Elend dieser Gruppe von Menschen noch vergrößert werde. Sie haben also zu einer Zeit Gesetzesvorschläge im Parlamente eingebracht, in der sie bereits wußten, daß sie dann, wenn sie in die Regierung gehen, dem folgen werden müssen, was ihnen von der anderen Seite diktiert wird. Denn einen anderen Sinn kann die Entschuldigung der Herren Zajièek, Schubert und Tichý gar nicht haben als den: Wir möchten ja gerne, aber die mit uns verbündeten èechischen bürgerlichen Parteien haben kein Herz dafür. Die èechischen Bürgerparteien, mit denen wir in der Regierung sitzen, sind so brutal, so engherzig, so rückständig in ihrer sozialen Auffassung, daß sie nicht einmal einer Verbesserung der Kriegsbeschädigtenfürsorge zustimmen wollen. Da sagen sie noch den deutschen Kriegsbeschädigten: "Ihr müßt dafür sorgen, daß die èechischen Kriegsbeschädigten auf die èechisch bürgerlichen Parteien Einfluß nehmen." Aber bitte, meine Herren, die Herren Abg. Stenzl und Windirsch, ich weiß nicht wer sonst noch, von deutschen Abgeordneten in der "Osmièka" sitzt, haben es doch näher zu den entscheidenden Politikern der jetzigen Regierungsmehrheit und sie sollten dort ihre Aufgabe erfüllen, die sie sich selbst gestellt haben, als sie die Kriegsbeschädigten versicherten: "Wir werden alles unternehmen, damit euch endlich Hilfe wird, damit euer Los endlich ein besseres wird." (Posl. Hackenberg: Was sagen die èechischen bürgerlichen Parteien dazu, daß sie die Schuldtragenden sind?) Abg. Tichý und Abg. Zajièek und auch der Abg. Schubert versichern, sie hätten ein Herz für das Elend der Kriegsinvaliden, sie seien bereit, alles zu dessen Linderung zu tun, aber die bösen Koalitionsgenossen, die èechischen Agrarier, die èechischen Klerikalen, die Slovaken, die èechischen Nationaldemokraten hindern sie daran; diese verschulden es, daß das Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetz nicht die Verbesserung erhält, die wiederholt feierlich zugesichert und versprochen worden sind.

Erinnern wir uns nur an die Versammlungen der Kriegsbeschädigten, in denen wiederholt Vertreter der deutschen und èechischen Regierungsparteien aufmarschiert sind, erinnern wir uns doch an die Kundgebungen der deutschen christlichsozialen Abgeordneten, an die Kundgebungen von Landbündlern in Kriegsbeschädigtenversammlungen, wie sie da beteuert haben, daß sie nichts sehnlicher wünschen und daß ihnen nichts so sehr am Herzen liegt, als den Kriegsbeschädigten endlich ein besseres Los zu verschaffen. Das ist in vielen Versammlungen aufs feierlichste den Kriegsbeschädigten versprochen worden. Ja, wenn man solche Versprechungen macht und außerdem noch seine Unterschrift unter Gesetzesvorschläge gibt, die Hilfe für die Kriegsbeschädigten bringen sollen, dann hat man die Aufgabe, auch in der Koalition, der man angehört, das durchzusetzen. (Posl. Hakkenberg: Dann müßte man aber auch für alle Verbesserungen stimmen!) Die Christlichsozialen und die Landbündler wollen mit ihren Erklärungen die Kriegsbeschädigten beruhigen und deren Aufmerksamkeit von ihrer Schuld ablenken. Was in der Regierungskoalition geschieht und was über Kommando des Achterausschusses verübt wird, das haben nicht nur die èechischen bürgerlichen Parteien zu verantworten, dafür tragen die Verantwortung auch die deutschen Landbündler, die Christlichsozialen und Gewerbetreibenden. Das wäre noch schöner, daß die drei deutschen Parteien in der Koalition eine Schandtat nach der anderen an der arbeitenden Klasse, eine Schandtat nach der anderen an der Demokratie verüben und sich dann in den Mantel der Unschuld hüllen und erklären könnten: "Wir sind nicht die Schuldigen, die Anderen sind es, die haben das alles angestellt. Wenn es auf uns ankäme, euch würde geholfen." Im Achterausschuß hingegen muß gar nicht immer das geschehen, was die Mehrheit will. Der Einspruch einer Partei gegen eine Gesetzesvorlage genügt angeblich, um sie zu verhindern. Warum hat man von diesem Rechte nicht Gebrauch gemacht? Viele Gesetze wurden mit Hilfe der deutsch-bürgerlichen Parteien, die in der Regierung sitzen, beschlossen, die einen schweren Rückschritt bedeuten, Gesetze, die das Los der Kriegsbeschädigten mitverschlechtert haben. Ich verweise auf das Gesetz über die längerdienenden Unteroffiziere. Auch da sind wichtige Interessen dieser Gruppe preisgegeben worden. Ich erinnere daran, daß eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen vorgenommen wurde unter Mitwirkung der drei deutschen Parteien, die die arbeitenden Klassen wirtschaftlich schwer getroffen haben und natürlich die Kriegsbeschädigten umso ärger trafen. Warum haben sich da die deutschen Regierungsparteien nicht dagegen gewehrt, daß das geschieht? Immer sind sie vorangegangen, sie waren die Eifrigsten bei einer jeden Verschlechterung demokratischer Einrichtungen, gingen förmlich auf in der rückschrittlichen Politik der jetzigen Koalition. Damit sollen sie uns also nicht kommen, daß die Anderen schuld sind, und auch die Kriegsbeschädigten werden sich auf die Weise nicht beruhigen lassen, sondern darauf bestehen, daß die ihnen gegebenen feierlichen Versprechungen eingehalten werden.

Bei dieser Vorsprache hat es noch einige sehr bemerkenswerte Einzelheiten gegeben. Unter anderen haben die Kriegsbeschädigtenvertreter darauf verwiesen, daß in der Èechoslovakei Geld genug da ist, wenn es sich um andere Angelegenheiten handelt, weshalb man dann nicht die paar Millionen, die notwendig sind, das Los der Kriegsbeschädigten zu verbessern, aufbringen kann? Einer der Vertreter der Kriegsbeschädigten hat sich erlaubt auf die Rüstungskredite hinzuweisen, die, wie Sie ja wissen, mit geradezu auffallender Begeisterung auch von den Landbündlern, den Christlichsozialen und der Gewerbepartei mitbeschlossen worden sind. Darüber ist der Vertreter der Gewerbepartei, der Abg. Tichý, etwas in Erregung geraten. Das habe mit der Kriegsbeschädigtenfrage nichts zu tun, und es mußte ihm erst von einem Vertreter der Kriegsinvaliden gesagt werden, daß das sehr stark damit zusammenhängt. Wenn man Milliarden dem Minister für Nationalverteidigung für Kriegszwecke bewilligt, dann sollten die Mittel zur Verbesserung des Loses der Kriegsbeschädigten nicht verweigert werden. Was verlangen denn die Kriegsbeschädigten? Verlangen sie Ungebührliches? Ist das, was sie auf ihren Tagungen beschließen, etwa für den Staat unerträglich, kann das der Staat nicht leisten? Sind ihre Forderungen unbescheiden? Im Vergleich zu den Verhältnissen in anderen Staaten ist das, was man hier fordert, nicht nur berechtigt, sondern sehr bescheiden. Kein Staat, der Kriegsbeschädigte zu versorgen hat, zahlt eine solche niedrige Unterstützung, wie sie die Èechoslovakei für die Kriegsbeschädigten festgesetzt hat. 45% des täglichen Verdienstes eines gelernten Arbeiters macht die Rente aus, die ein Vollinvalider bekommt. Davon sollen die Menschen leben, oft noch Angehörige erhalten. Jeder Abgeordnete erhält Zuschriften aus den Kreisen der Kriegsbeschädigten, in denen das bittere Los dargestellt wird, unter welchem sie leben. So habe ich vor mir die Zuschrift eines Vollinvaliden, der über seine Lage folgendes berichtet: Er ist zu 100% arbeitsunfähig erklärt worden, infolge der Verwundung, die er im Kriege erhalten hat. Dann ist diese Arbeitsunfähigkeit nach einer Untersuchung mit 75%, später mit 65% abgeschätzt worden. Heute erhält der Mann 210 Kè monatlich, davon muß er für die Wohnung 65 Kronen bezahlen, es bleiben ihm also 145 Kronen übrig, die für ihn und seine Frau zum Leben ausreichen sollen. Der Mann gibt sich Mühe um Arbeit zu finden. Er hat es zustande gebracht, in einem Saisonbetrieb, zeitweilig arbeiten zu können. Aber er muß jedesmal, bevor er eingestellt wird, Bittgesuche überreichen, zu dem betreffenden Unternehmern betteln gehen und da wird ihm jedesmal gesagt: "Ja, unser Unternehmen ist doch kein Asyl für Kriegsinvalide". Nur wenn er immer und immer wieder bettelt, nehmen sie ihn auf einige Wochen auf, hat er wieder eine zeitlang Beschäftigung, aber nachher muß er wieder mit 145 Kronen sein Auskommen finden. Solche Fälle gibt es Tausende.

Den Vertretern der Kriegsbeschädigten, die bei den deutschen Regierungsparteien waren, ist gesagt worden: "Was habt Ihr gegen die deutschen Regierungsparteien? Warum verbreitet Ihr gegen sie Flugblätter und agitiert in Versammlungen gegen uns? Ihr müßt warten, bis wir dazu kommen, unser Versprechen einzulösen. Wir haben doch schon für euch etwas getan. Daß die Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Èechoslovakei nicht noch verschlechtert wurde, das ist unser Werk!" Stellen Sie sich einmal vor, was geschehen könnte, wenn man die bei uns bestehende Kriegsbeschädigtenfürsorge noch verschlechtern wollte. Was läßt sich denn noch verschlechtern? Im übrigen stimmt das nicht. Die Kriegsbeschädigtenfürsorge und die Behandlung der Kriegsinvaliden ist heute schlechter, als sie vor Jahren war, die sozialärztlichen Untersuchungen dienen nur dazu, Kriegsinvalide um einen Teil der Rente zu bringen, die sie bisher bezogen haben. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák.) Es ist also eine Unwahrheit, mit der man den Kriegsbeschädigten gegenübergeprotzt hat. Die Behandlung ist schlechter geworden und wird von Monat zu Monat schlechter. Das, was die Christlichsozialen, Landbündler und Gewerbeparteiler in der Kriegsbeschädigtenfürsorge verschulden, werden hoffentlich die davon Betroffenen nicht vergessen. Auch die Art, wie diese Frage vom Fürsorgeminister behandelt wird, ist geradezu empörend. Wir werden aber nicht viele Worte da rüber verlieren. Es ist eine Gewohnheit, sich vor solchen ernsten Auseinandersetzungen zu drücken. Und dann schließlich fragen Sie einmal die deutschen Regierungsparteien, wie sie von ihren Koalitionsministern behandelt werden. Es ist nicht unsere Sache, wir werden ja nicht allein verletzt durch das Vorgehen des Minister Šrámek, der bei Beratung einer solchen Vorlage es nicht der Mühe wert findet, ein Wort darüber zu sagen und Auskunft zu geben, wann die Regierung eine Novelle zum Kriegsbeschädigtengesetz einzubringen gedenkt. Es ist das nicht nur eine Zurücksetzung der Opposition. Nicht nur die Parteien, die zu dieser Regierung in Opposition stehen, müssen sich davon betroffen fühlen. Vor allem sollten die Regierungsparteien, und da vor allem wieder die deutschen Regierungspartei en, darauf dringen, daß das, was sie früher, als sie in Opposition gestanden sind, unzähligemale verlangt haben, auch von den Ministern der Koalitionsregierung eingehalten werde. Was die Regierung heute in der Kriegsbeschädigtenfürsorge tut, ist nichts anderes als eine Fortsetzung der Verhöhnungen und des Betruges, der seit Jahren an den Kriegsbeschädigten verübt worden ist. Wir wollen hoffen, daß die davon so furchtbar Betroffenen verstehen werden, auf ein solches Verhalten die richtige Antwort zu geben. (Potlesk poslancù nìm. strany soc. demokratické.)



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