Meine Damen und Herren! Am 1. Juli 1926 wurde
unter Patronanz der jetzigen gemischtnationalen Regierungsmehrheit
das Gesetz Nr. 139 über die finanzielle Unterstützung
der Elektrifizierung der Landgemeinden sanktioniert und genau
2 Jahre später beeilt sich dieselbe Regierungsmehrheit, dieses
Gesetz zu novellieren. Der Senat hat am 24. Mai d. J. der vorliegenden
Gesetzesnovelle zugestimmt und heute wird ein Gleiches auch das
Abgeordnetenhaus tun.
Wenn man aber erwartet, daß die vorliegende
Novelle wirklich in durchgreifender Weise auf Grund der Erfahrungen
das zwei Jahre alte Gesetz irgendwie abändert, so gibt man
sich einer großen Täuschung hin. Heute wissen wir,
daß trotz der finanziellen Unterstützung die Elektrifizierung
der Landgemeinden noch lange nicht in der Weise durchgeführt
wird, wie es wünschenswert wäre. Die Kollektiverzeugung
des elektrischen Stromes bedingt noch heute Strompreise, die ein
Privaterzeuger überhaupt nicht zu verlangen wagt. In den
Landgemeinden trauen sich die Leute nicht einmal den Lichtstrom
zu verwenden, weil er zu teuer ist, von der Ausnützung des
Arbeitsstromes in den Landgemeinden sind wir noch sehr weit entfernt.
Man kann also vollkommen berechtigt den Schluß ziehen, daß
die breite Masse des Landvolkes von dieser finanziellen
Unterstützung der Elektrifizierung so gut wie nichts hat.
Das Parlament begnügt sich mit der Konstatierung, daß
heute auf dem flachen Lande stellenweise die Kilowattstunde des
Lichtstromes 3 Kè 80 h, des Industriestromes 2 Kè
80 h kostet und daß dieser billige Preistarif
nur durch die staatliche Unterstützung der Elektrifizierung
möglich ist. Wo aber der Kern des Übels zu suchen ist
und wie man alle Mißstände beseitigen könnte,
darüber darf im Parlamente nicht gesprochen werden. Dafür
hat die Regierungsmehrheit ein sehr bequemes Auskunftsmittel.
Sie fordert nämlich die Regierung in einer Resolution auf,
die Wirtschaft in den Elektrizitätsverbänden und Unternehmungen
einer strengen Kontrolle zu unterziehen und einen einheitlichen
Tarif bei Abnahme elektrischer Energie für Beleuchtungs-
und Arbeitszwecke festzustellen. Die Regierungsmehrheit weiß,
daß die Regierung mit keinem ihrer zahlreichen Ohrwascheln
zucken wird, um diese Resolution zur Kenntnis zu nehmen oder gar
zu versuchen, ihr in irgend einer Form zu entsprechen. Resolutionen
sind in diesem Parlamente nur die Särge, in denen man berechtigte
Forderungen und Wünsche der einzelnen politischen Parteien
zur ewigen Vergessenheit beisetzt.
Worum handelt es sich nun bei der vorliegenden
Gesetzesnovelle? Mit wenigen Worten ausgedrückt, muß
die Antwort lauten: Um die Sicherung des Einflusses der politischen
Partei der Agrarier auf die Verteilung von 10 Millionen Kronen
jährlich durch 5 Jahre für Unterstützungszwecke
der Elektrifizierung der Landgemeinden. Nach dem Gesetze 139/1926
sollte über die Verteilung der staatlichen Unterstützungsbeträge
nur das Landwirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium
für öffentliche Arbeiten entscheiden. Mit Rücksicht
auf das Gesetz 125/1927 ging aber die ganze Elektrifizierungsagenda
zwecks Vereinfachung auf das Ministerium für öffentliche
Arbeiten über und daher wird auch diesem Ministerium in Hinkunft
die Entscheidung über die Aufteilung der Unterstützungsbeträge
zukommen. Wenn auch augenblicklich an der Spitze des Ressorts
für öffentliche Arbeiten ein Parlamentarier des Bundes
der Landwirte als Minister steht, so erscheint es den agrarischen
Parteien doch ratsam, sich auf weitere Sicht hinaus einen entscheidenden
Einfluß auf die Unterstützungsangelegenheit gesetzlich
zu wahren. Daher wurde die vorliegende Gesetzesnovelle eingebracht,
damit in Zukunft das Arbeitsministerium bei seinen Entscheidungen
nicht nur an die Zustimmung des Landwirtschaftsministeriums, sondern
auch an das Gutachten und die Vorschläge der Landeskulturräte
gebunden ist.
Speziell die Tatsache, daß in den ganzen
Vorgang der Entscheidung über die Unterstützung der
Elektrifizierung der Landgemeinden plötzlich die Landeskulturräte
hineingeschmugelt werden, beweist deutlich die Absicht, in dieser
Frage den politischen Standesparteien der Agrarier den ausschlaggeben
Einfluß zu verschaffen. Im Landeskulturrat ist nur ein kleiner
Bruchteil jener Bevölkerung vertreten, die den Boden wirklich
bebaut. Dagegen ist der Landeskulturrat eine ausgesprochene Domäne
der politischen Standesparteien der Agrarier. Dadurch, daß
man die Herausgabe einer den jetzigen Verhältnissen entsprechenden
Wahlordnung in die Landeskulturräte immer wieder verzögert
und hinausschiebt, verstehen es die beiden agrarischen Parteien,
sich diese Domäne uneingeschränkt zu erhalten.
Und diesen einseitig zusammengesetzten Organisationen soll jetzt
auch die Unterstützung der Elektrifizierung ausgeliefert
werden. Doch siehe da! Auch das ist möglich. Der Bund der
Landwirte und die èechische agrarische
Partei hören sich im Parlamente ruhig die Einwendungen der
Opposition an, müssen sie als richtig anerkennen, weil sie
kein Gegenargument vorzubringen in der Lage sind, und ziehen sich
wieder durch eine Resolution geschickt aus der Schlinge, in welcher
sie das Landwirtschaftsministerium auffordern, unverweilt einen
Gesetzesantrag über eine zeitgemäße Wahlordnung
in die Landeskulturräte dem Parlamente vorzulegen. Und damit
es nicht heißt, daß die Agrarier überhaupt keine
Rücksicht auf die Bedürfnisse des Gewerbes und des Handels
bei der Elektrifizierung nehmen wollen, damit sie ferner die Gewerbeparteien
nicht abstoßen, weil sie deren Stimmen für die vorliegende
Gesetzesnovelle brauchen, so weigern sie sich zwar, in das Gesetz
selbst die Handels- und Gewerbekammern als koordinierte Entscheidungsfaktoren
neben den Landeskulturräten aufzunehmen, beschließen
aber wiederum eine Resolution, nach welcher die Landeskulturräte
sich über die Unterstützung der Elektrifizierung erst
nach gepflogenem Einvernehmen mit den Handels- und Gewerbekammern
äußern sollen. Ja, da muß sich doch jeder Mensch
fragen, wozu erst eine Resolution angenommen werden muß,
wenn die Regierungsmehrheit doch Gelegenheit hat, den in der Resolution
ausgedrückten Wunsch sofort in das zu novellierende Gesetz
aufzunehmen? Und die beiden Gewerbeparteien - sie sehen zwar,
welch klägliche Rolle sie mit ihren Forderungen und Interessen
in der bürgerlich-konservativen Regierungsmehrheit spielen,
deren Kern angeblich auch in Zukunft immer die politischen Standesparteien
der Agrarier bilden werden, die jederzeit bereit sind, sich rücksichtslos
über die Gewerbeparteien hinwegzusetzen. Das wird aber die
Gewerbeparteien nicht hindern, gerade die letzgenannte Resolution
als einen kolossalen Erfolg ihrer Regierungstätigkeit zu
buchen.
Gerade bei der heute vorliegenden Gesetzesnovelle
zeigt es sich so deutlich, wie mit Resolutionsanträgen in
diesem Parlamente eine niedrige und ekelhafte Parteidemagogie
getrieben wird. Das gleiche Schicksal der bisher angeführten
3 Resolutionen wird auch die vierte Resolution teilen, in welcher
die Regierung aufgefordert wird, vom Jahre 1929 angefangen, jährlich
den Betrag von 30,000.000 Kè für die Unterstützung
der Elektrifizierung in den Staatsvoranschlag einzusetzen. Wir
werden schon im Herbste dieses Jahres Gelegenheit
haben, zu sehen, ob der Finanzminister dieser Resolution zu entsprechen
gedenkt oder nicht. (Posl. Krebs: Was für ein Finanzminister?)
Jetzt ist er noch im Amte, vielleicht werden wir im Herbst
es wissen, wer sein Nachfolger ist.
Das Ergebnis solcher Betrachtungen ist wohl
recht beschämend für die Regierungsmehrheit. Vor 2 Jahren
setzten sich sogenannte Wirtschafts- und Standesparteien dreier
Nationen zum Regierungstisch zusammen, entwickelten ein großes
antisozialistisches Kampf- und Arbeitsprogramm, und heute sind
sie bereits da gelandet, daß sie das Parlament mit kleinen
Gesetzchen belästigen, welche einseitige Parteivorteile den
einzelnen Parteien sichern sollen. Und so etwas nennt man hierzulande
die national und wirtschaftlich konsolidierten Verhältnisse
in der Èechoslovakei.
Bei Beratung dieser Vorlage hat sich aber auch
eine heitere und dabei sehr instruktive Szene abgespielt. Als
nämlich im Budgetausschusse am 20. Juni über den ersten
Abänderungsantrag der Opposition zum Art dieser Novelle abgestimmt
wurde, ergab die Auszählung das Stimmenverhältnis von
13:13, wodurch nach der Geschäftsordnung der Abänderungsantrag
abgelehnt erschien. Da aber der Antrag des Berichterstatters,
den Art in dem Wortlaute des Regierungsantrages anzunehmen, ebenfalls
nur die Stimmengleichheit erzielen konnte, so war damit auch der
Regierungsantrag abgelehnt. Das war eine nette Überraschung
für die Regierungsmehrheit. Dank dem Entgegenkommen der Opposition
konnte der Vorsitzende des Budgetausschusses die Sitzung für
ungültig erklären, weil die Post nicht allen Mitgliedern
des Ausschusses die Einladung zugestellt hatte, sodaß dann
am nächsten Tag die notwendige Mehrheit für das Gesetz
vorhanden war. Dieser Vorfall zeigt aber deutlich, wie erbärmlich
die Gesetzesmacherei in diesem Parlamente aussieht. Wenn in einem
Ausschusse ein oder zwei Vertreter der Regierungsparteien zufällig
fehlen, und die Oppositionsparteien ebenso zufällig anwesend
sind, dann darf man überhaupt keine Abstimmung vornehmen,
sonst erscheint alles über den Haufen geworfen und auf den
Kopf gestellt. Ziffernmäßig ist die Regierungsmehrheit
schon so schwach, daß mit jeder Stimme gerechnet werden
muß. Und dabei behaupten die Herrschaften immer noch, daß
hinter ihnen die Mehrheit der Bevölkerung steht, daß
sie den Willen der Mehrheit der Bevölkerung in diesem Staate
repräsentieren. Es hat den Anschein, als ob alles in dieser
Republik im Jubiläumsjahr rein auf Schwindel und Trug aufgebaut
wäre. (Posl. dr Lehnert: Ordnungsruf!) Das wird dann
konfisziert!
Diesen kläglichen Verhältnissen im
Staate entspricht auch die Zensurpraxis, welche die Verbreitung
der Wahrheit mit den brutalsten Mitteln bekämpfen muß.
Besonders wir Deutschen haben darunter namenlos zu leiden,
weil sich in den Dienst dieser èechischen Zensur bereitwilligst
auch der deutsche Minister Mayr-Harting
stelt. Wir Deutschen dürfen nicht einmal mehr das sprechen
und schreiben, was die Ansicht der Èechen selbst ist. Ich
habe in einem Zeitungsartikel über das
Verbot des Ministeriums für Nationalverteidigung geschrieben,
auf Grund dessen sich militärische Formationen nicht an den
Feierlichkeiten beteiligen dürfen, die anläßlich
des zehnjährigen Gedenkens an den sogenannten Rumburger Militäraufstand
veranstaltet werden.
Ich schrieb in diesem Artikel, der in der "Rumburger Zeitung"
am 22. d. M. erschienen ist, daß das Ministerium für
Nationalverteidigung es offenbar nicht für angemessen erachte,
den im èechischen Heere dienenden deutschen, magyarischen
und ruthenischen Soldaten einen Anschauungsunterricht zuteil werden
zu lassen, der sie förmlich auffordert, es dem èechischen
Vorbild vom Jahre 1918 gleich zu machen. Ich bin felsenfest überzeugt,
daß dies einer der Beweggründe des Ministeriums für
Nationalverteidigung für sein Verbot
gewesen ist. Der Zensor hat aber diese Stelle konfisziert, weil
wahrscheinlich ein Deutscher nicht wissen und sagen darf, welche
Ansicht ein èechoslovakisches Ministerium hat. Da kann
es natürlich nicht weiter Wunder nehmen, wenn
der Zensor in demselben Artikel auch noch eine Stelle beschlagnahmte,
in der ich die Deutschen, Magyaren und Ruthenen als Volksstämme
bezeichne, die sich durch die Entwicklung der Ereignisse in diesem
Staate als unterdrückte, unter Fremdherrschaft lebende
Volksstämme betrachten. So sieht die Freiheit des Wortes
in einem Staate aus, der angeblich auf der Demokratie gleich Diskussion
aufgebaut ist. Unter solchen Verhältnissen müssen wir
nur froh sein, daß das Buch "Kampf der Èechen
mit den Deutschen", das jetzt im Buchhandel
erschienen ist, den èechischen Universitätsprofessor
Dr. Rádl zum Verfasser hat. Wäre der Verfasser ein
Deutscher, das Buch wäre schon längst beschlagnahmt
und seine Verbreitung untersagt worden. Die Lorbeeren
des Zensors lassen das Präsidium dieses Hauses nicht ruhig
schlafen, und daher mehren sich auch die Fälle, daß
immer mehr und mehr Stellen aus den politischen Reden der Abgeordneten
aus dem stenographischen Protokoll über Weisung des Hauspräsidiums
gestrichen werden. In diesem Staate wurden bisher nur abgebaut:
die deutschen Beamten, die Sprachenrechte der deutschen Minderheit,
die deutschen Schulklassen und Schulen, der deutsche Besitz an
Grund und Boden, der deutsche Besitz an Kriegsanleihe usw. Jetzt,
im Jubiläumsjahr bauen wir ganz energisch die Freiheit des
deutschen Wortes ab. Und das geschieht unter Mitwirkung zweier
deutscher Minister. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die in
Verhandlung stehende Vorlage betreffend die Novellierung des Gesetzes
über die Elektrifizierung des sogenannten flachen Landes
wird nicht nur eine schwere Enttäuschung für die direkten
Interessenten sein, sondern auch für jene, die seit Jahren
auf eine großzügige Reform in der Elektrizitätsgesetzgebung
warten, von der sie sich eine segensreiche Wirkung des neuen Wirtschaftszweiges
für die gesamte Volkswirtschaft erwarten. Die Vorlage ist
aber in Wirklichkeit nichts anderes als der Abschluß eines
Handels zwischen zwei Ministerien und die Neuaufteilung ihrer
Agenden, besonders der Agenden für die Elektrizitätswirtschaft
und die Überfübrung eines Teiles der Agenden aus der
Kompetenz des Landwirtschaftsministeriums in die des Arbeitenministeriums.
Nach dem § 1 der Vorlage wird künftig über die
Beiträge und Unterstützungen für Elektrifizierungszwecke
vor allem andern auf dem sogenannten flachen Lande im Sinne des
Gesetzes vom 1. Juli 1926 das Ministerium für öffentliche
Arbeiten zu entscheiden haben. Das ist ziemlich alles, was die
Vorlage sagt, alles übrige sind formale Bestimmungen, Änderungen
am Wortlaut, Einschaltung der Worte "Landwirtschafts-"
oder "Ministerium für öffentliche Arbeiten".
Es hat sich der Senat aber auch mit der Frage
der Beistellung der Mittel für Elektrifizierungszwecke auf
dem flachen Lande beschäftigt und es wurde in einem Resolutionsantrag
des Senates verlangt, einen Betrag von 10 Millionen für diesen
Zweck zur Verfügung zu stellen. Nun wollen wir nicht verkennen,
daß die Frage der Elektrifizierung und daß die Elektrizitätswirtschaft
auch für die Landbevölkerung, für die Landwirtschaft,
von ganz außergewöhnlicher Bedeutung ist und daß
die Frage der Elektrifizierung nicht nur technisch, sondern auch
wirtschaftlich noch ungeahnte Möglichkeiten für die
Landwirtschaft beinhaltet. Besonders der kleine Landwirt und in
der Stadt der kleine Handwerker, die außerstande und wirtschaftlich
zu schwach sind, sich größere technische Anlagen zu
errichten und die oft mangelnde physische menschliche Arbeitskraft
durch die technische zu ersetzen, werden bei der Elektrifizierung
ganz außerordentliche Vorteile gewinnen, weil gerade in
der kleinen Landwirtschaft der Kleinmotor, die elektrische Energie
dazu beitragen werden, viele physische Arbeit dem kleinen Landwirt
abzunehmen.
Die Elektrifizierung bedeutet auch für
die kleine Landwirtschaft, wenn auch nicht in dem Umfange wie
beim Großgrundbesitz, eine Modernisierung, eine Motorisierung
und eine Rationalisierung der Arbeit, der Produktion und schließlich
und endlich des Ertrages. Wir sind deshalb erstaunt, weil gerade
für den kleinen Landwirt die Frage von so eminenter Bedeutung
ist, daß das Landwirtschaftsministerium einen Teil der Agenda,
und wie man meint, einen Teil seines Einflusses auf die Elektrifizierung
des flachen Landes, an das Ministerium für öffentliche
Arbeiten abtritt.
Wer dies wirklich glaubt, irrt aber, denn die
Agrarier haben gar nicht die Absicht, ihren Einfluß, der
im Landwirtschaftsministerium ganz bedeutend groß und stark
ist, irgendwie schwächen zu lassen oder ihn selbst zu schwächen;
denn wenn wir genauer nachsehen, finden wir, daß diese Übertragung
eines Teiles der Agenda der Elektrizitätswirtschaft an das
Ministerium für öffentliche Arbeiten mehr oder weniger
eine Entschädigung an den Herrn Minister Spina dafür
ist, daß man seinem Ministerium andere, wichtigere Agenden
genommen hat, wie Flußregulierungen usw. Die Agrarier haben
aber vorgesorgt, denn gemäß der Vorlage kann das Ministerium
für öffentliche Arbeiten nichts machen, was den Landwirten
Schaden bereiten oder nachteilig sein könnte, denn Minister
Spina muß selbst bei den primitiven Rechten, die
ihm die Vorlage gibt, selbst bei Gewährung von Darlehen oder
Unterstützungen, das Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium
und auch mit dem Landeskulturrat herstellen. Die ganze Vorlage
enthält also nichts anderes, als eine Änderung der Kompetenzen.
Nichts steht in der Vorlage über die wichtige und notwendige
Regelung der mit der Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft
entstandenen Rechtsfragen, nichts enthält diese Vorlage über
die wichtige Entschädigungsfrage für die Benützung
oder Enteignung von Grund und Boden, nichts enthält die Vorlage
darüber, daß der Kurs, den das Ministerium für
öffentliche Arbeiten bisher in der Frage der Elektrifizierung
eingehalten hat, geändert würde, nichts enthält
die Vorlage darüber, daß die die Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft
hemmenden Maßnahmen, Erlässe und Verfügungen des
Ministeriums für öffentliche Arbeiten aufgehoben werden,
vor allem aber ist in der Vorlage nichts darüber enthalten,
ob eine Änderung in der Frage der sogenannten gemeinnützigen
Gesellschaften eintreten soll. Während in anderen Staaten
die Gesetzgebung auch in der Frage der Elektrizitätswirtschaft
sich vor allem den Bedürfnissen der Privatwirtschaft, den
Bedürfnissen der Kommunalwirtschaft, den Bedürfnissen
der Konsumentenschaft anpaßt und möglichst viel dazu
beiträgt, daß die Interessen der Allgemeinheit gewahrt
werden und wirklich gemeinnützige Arbeit geleistet werde,
sehen wir, daß bei uns mit dem Wort und mit dem Titel "Gemeinnützigkeit"
Schindluder getrieben wird. Was in unserem Staat, vor allem in
den mährischen Gebieten unter dem Titel der "Gemeinnützigen
Gesellschaften", die unter der Patronanz des Staates, vor
allem des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, gebildet
wurden, getrieben wird, das zeigt, daß diese Gesellschaften
nichts sind als auf Gewinn auf gebaute und Gewinn machende Handelsgesellschaften,
Gesellschaften, die den Titel der Gemeinnützigkeit vom Ministerium
für öffentliche Arbeiten erhalten haben, ohne daß
ihre Tätigkeit mit Gemeinnützigkeit irgendetwas zu tun
hat, denn diese Zwischenhandelsgesellschaften, die sich zwischen
Produzenten und Konsumenten schieben, um aus dieser Stellung zu
profitieren, schädigen beide Faktoren, weil das Produkt verteuert
wird, bevor es zum Konsumenten kommt. In den letzten Jahren konnten
wiederholt jene Körperschaften, welche die Interessen des
Verbandes der deutschen Selbstverwaltungskörper in der Elektrizitätswirtschaft
vertreten, feststellen, daß bei den sogenannten Gemeinnützigen
Gesellschaften nicht nur das Ministerium direkt im Interesse dieser
Gesellschaften eingreift, sondern daß leitende Funktionäre
des Ministeriums in den Verwaltungsausschüssen dieser Gemeinnützigen
Gesellschaften sitzen, also eine Kumulierung zwischen Staatsfunktion
und einer Privatfunktion in einem Privatunternehmen. Diese Kumulierung
zweier so verschiedener gegensätzlicher Funktionen hat dazu
geführt, daß Staatsfunktionäre auch Mißbrauch
in diesen privaten Gesellschaften geübt haben, der Korruption
wurde Tür und Tor geöffnet, und selbst Vergewaltigungen
jener Unternehmungen, welche Konkurrenten dieser nicht produzierenden
Gemeinnützigen Gesellschaften sind, verübt wurden. Im
Jahre 1924 konnte die damals noch in Opposition stehende Partei
des Herrn Ministers Spina feststellen, daß Personen,
die die Elektrizitätswirtschaft des Landes Böhmen leiteten,
Korruption getrieben haben. Die Interpellation des Abg. Zierhut,
die in der Sitzung vom 29. Oktober 1924 in Angelegenheit der systematischen
Elektrifizierung des Landes eingebracht wurde, konnte unter Hinweis
auf die Ergebnisse der gerichtlichen Untersuchungen anführen,
daß der Vorstand der elektrotechnischen Abteilung des Landes
Böhmen in Verbindung mit anderen korrupten Elementen Bestechungsgelder
angenommen hat, die in die Millionen gingen. In dieser Interpellation,
die vom gegenwärtigen Minister Dr Spina mitgefertigt
ist, heißt es wörtlich: "Es gibt aber noch öffentliche
Funktionäre in diesen Unternehmungen, die in sonstiger Art
die Verwaltung dieser Unternehmungen unheilvoll und terrorisierend
beeinflussen". Das sagt die Interpellation des Herrn Vizepräsidenten
Zierhut, die er noch als Angehöriger der Opposition
eingebracht hat. Die Interpellation bestätigt, daß
die Kumulierung von öffentlichen und privaten Funktionen
tatsächlich zur Korrumpierung in der Elektrizitätswirtschaft
geführt hat, Wir können weiters feststellen, daß
diese Gesellschaften gemeinnütziger Natur, wie sie genannt
werden, obwohl sie nicht Stromproduzenten sind, sondern sich zwischen
Konsum und Produktion stellen, ihren unheilvollen Einfluß
auch auf die kommunalen Werke und auf jene privaten Werke ausüben,
welche im Vertragsverhältnis mit großen kommunalen
Körperschaften stehen. Wir können feststellen, daß
wiederum nur die sogenannten Gemeinnützigen Gesellschaften,
die von der Abteilung 18 des Ministeriums für öffentliche
Arbeiten ganz besonders protegiert werden, durch ihre Einflußnahme
jene produktiven Betriebe, die vorausschauend von ihren Gründern
mit einer weit größeren Kapazität ausgestattet
wurden, als der momentane Bedarf an elektrischer Energie es erfordert
hätte, daran hindern, ihre volle Kapazität auszunützen
und ihr Netz zu erweitern, weil die umliegenden Gebiete vom Ministerium
für öffentliche Arbeiten dieser Gemeinnützigen
Gesellschaft zwecks Erbauung eines Netzes überantwortet wurden.
Wir haben andere Fälle zu verzeichnen, wo andere Werke wiederum
durch den Einfluß dieser Gemeinnützigen Gesellschaften
gehindert wurden, neue, größere Aggregate in ihre Betriebe
einzustellen, um höhere Anforderungen und Ausbreitungsmöglichkeiten
Rechnung zu tragen. So sehen wir, daß diese Gemeinnützigen
Gesellschaften eigentlich gegen die Gemeinnützigkeit und
gegen das Interesse der Konsumenten und der Werke arbeiten, weil
sie zu einer ganz besonderen Verteuerung beigetragen haben. Andere
Gesellschaften, die sich ebenfalls unter der Patronanz des Ministeriums
für öffentliche Arbeiten bildeten, haben zwar Stromerzeugungsstätten
errichtet, aber wir konnten feststellen, daß sie nicht nur
zur ungünstigen Zeit - das könnte man ja der Verwaltung
dieser Werke nicht übel vermerken daß sie zu einer
ungünstigen Zeit baute, zur Zeit der Inflation, zur Zeit
der Verteuerung der Baumaterialien. Aber, daß sie mit Zustimmung
des Ministeriums für öffentliche Arbeiten und unter
Patronanz der Abteilung 18 für die Durchführung der
Aktionen von den Banken große Kredite aufnahm, bei denen
sie nur 55% des buchmäßig kreditierten Betrages bekommen
hat und die andern 40 und 45% schon als Vorgewinne in den Händen
der Banken blieben, daß diese Werke - ich verweise auf Kaaden
- von vornherein eine Konkurswirtschaft trieben, das kann man
wohl nicht allein den Verbänden, sondern auch zum Teil dem
Ministerium für öffentliche Arbeiten als schweres Vergehen
anrechnen. Diese Betriebe, die nach diesen unkaufmännischen
Grundsätzen geleitet wurden, haben wieder die Öffentlichkeit,
u. zw. die Bezirke und Gemeinden ihrer Netzgebiete, wieder unter
Vermittlung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten,
um Sanierung angegangen - ich verweise auf das Kaadner Werk, das
allein aus neun verhältnismäßig kleinen Gemeinden
und Bezirken rund 30 Millionen für die erste Sanierungsaktion
gebraucht hat. Der Kampf der Gemeinnützigen Gesellschaften,
der Zwischenhandelsgesellschaften gegen die kommunalen und privaten
Werke unter Führung der Abteilung 18 des Ministeriums für
öffentliche Arbeiten kann wohl den Beleg dafür bringen,
daß diese Abteilung, daß die öffentlichen Funktionäre
des Ministeriums befangen erscheinen und auf der andern Seite
dann Verfügungen und Erlässe des Ministeriums gegenüber
der privaten und kommunalen Elektrizitätswirtschaft zu vertreten
nicht in der Lage sind. Es ließe sich eine ganze Reibe von
Beispielen anführen, die das, was ich hier ausgeführt
habe, erhärten und bestätigen würden.
Nun kommt noch eines dazu, das Gemeindefinanzgesetz;
dieses Gesetz, das uns in der letzten Zeit wiederum in den Bezirken
und Gemeinden beschäftigt und besonders in den letzten Tagen,
wo die Voranschläge der Bezirke von der politischen Landesverwaltung
herabgelangt sind und wo wir feststellen konnten, daß eine
ganze Reihe wichtiger wirtschaftlicher Posten aus den Voranschlägen
gestrichen worden sind, macht es auch den Gemeinden unmöglich,
die Elektrizitätswirtschaft kommunal entsprechend zu forzieren
und aus der Elektrizitätswirtschaft die entsprechenden Vorteile
für die Gemeinden und ihre Angehörigen zu ziehen. Es
macht fast den Eindruck, als ob die Regierung nun mit Hilfe des
Gemeindefinanzgesetzes, das die Gemeinden außer Stand setzt,
die nötigen Mittel für die Erweiterung der Werke und
Anlagen aufzubringen, als ob die Regierung die Absicht hätte,
eine möglichst volle Konzentration der Elektrizitätswirtschaft
in ihrer Hand durchzuführen. Wenn wir uns an die erste Sitzung
des im Jahre 1920 errichteten Elektrizitätsbeirates im Ministerium
für öffentliche Arbeiten und an die Diskussion, die
dort abgeführt wurde, erinnern, können wir wohl feststellen,
daß die Absicht der Regierung dahin geht, auch die Elektrizitätswirtschaft
zu einem Machtmittel in den Händen der Staatsgewalt gegenüber
den Staatsbürgern zu machen. Ich erinnere mich sehr gut,
daß damals nach der Behandlung vieler wichtiger und auch
technischer Fragen und vor allem der Frage der Forzierung
der Elektrizitätswirtschaft in der Èechoslovakei der
Vertreter der Stadt Prag aufstand und erklärte: "Alles
das interessiert uns nicht, wichtig für uns wäre, daß
alle Elektrizitätswerke in ein em Netz vereinigt sind
und daß das Zentralschaltbrett dieser großen Elektrizitätsanlage
in Prag ist. Dann könnte man einfach jenen Bezirk, der sich
der Staatsautorität, den Wünschen, Weisungen und Beschlüssen
der Regierung und der herrschenden Parteien der Regierung nicht
fügt, abschalten und ihn so wirtschaftlich zwingen, Order
zu parieren, die Befehle, Weisungen und Beschlüsse der Regierung
und der herrschenden Parteien zu erfüllen." Das wäre
so das Richtige. Ganz einfach ein Gebiet des Staates, dessen Bewohner
in irgend einem Falle den Wünschen der herrschenden Gewalt
nicht nachkommen, einfach abzuschalten, die ganze Wirtschaft dort
stillzulegen und so den Teil der Staatsbürger ganz einfach
wirtschaftlich durch die Not zwingen, sich der Staatsautorität
zu unterordnen.