Der Herr Staatspräsident hat neulich in
Mähren erklärt, er hätte nichts dagegen, wenn das
neue Mähren-Schlesien ein zweites SHS. würde. Bald darauf
krachten die Schüsse in der Belgrader Skupschtina. Soll also
das künftige naturwidrige Zusammenschweißen Mährens
und Schlesies vielleicht zu ähnlichen Ergebnissen führen?
Gibt es noch nicht genug Reibungsflächen bei uns? Müssen
denn gerade die freundnachbarlichen Verhältnisse und der
Friede in Mähren und Schlesien, zwischen der mährischen
und schlesischen Bevölkerung, unbedingt gestört werden?
Jene mährischen Autonomisten, vor allem die Klerikalen beider
Nationen, die sich davon die Erhöhung ihrer Stoßkraft
gegen den Prager Zentralismus versprechen - damit gehen ja auch
unsere deutschen Christlichsozialen hausieren - mögen bedenken,
daß infolge unvermeidlicher Zwistigkeiten im eigenen Hause,
die ein Verschmelzen dieser beiden grundverschiedenen Verwaltungsgebiete
nach sich ziehen müßte, leicht das Gegenteil ihrer
Hoffnungen eintreten könnte. Für lange Zeit würden
jedenfalls unsere Kräfte durch den Streit im eigenen Hause
gebunden sein, so daß wir ein solches planmäßiges
und kräftiges Vorgehen gegen die Prager Zentralisten nicht
zu unternehmen imstande wären, ja, daß man uns noch
leichter als einen Spielball der Prager Regierung behandeln könnte,
wie dies ohnehin schon der Fall ist. Für ein solches Danaergeschenk
müßten sich also auch die mährischen Landesautonomisten
bedanken. Ebenso wird natürlich auch die Erwartung dieser
Parteien, in dem neuen Mähren - Schlesien ihre dauernde Vorherrschaft
aufrichten zu können, sich als irrig erweisen, denn wenn
sie auch schon sehr viel zur politischen Verdummung der Bevölkerung
getan haben, für gar so urteilslos dürfen sie die Wähler
doch nicht halten, daß sie immer jenen nachlaufen werden,
die an der Zerrüttung der Gemeindewirtschaft einerseits und
an der Vernichtung der höheren Selbstverwaltung die Hauptschuld
tragen; denn nur die allergrößten Kälber wählen
ihren Metzger selber. Monsignore Šrámek sollte
wissen, daß rohe Gewalt nicht geeignet ist, Herzen zu gewinnen;
denn nichts anderes als rohe Gewalt ist es, daß man die
Schlesier gegen ihren feierlich erklärten Willen einfach
Mähren angliedern und sie Brünn unterstellen will. Darin
liegt der allergrößte Konstruktionsfehler der ganzen
Verwaltungsreform. Hätte sie wenigstens die Landeskommission
für Schlesien mit der Kompetenz, wie sie die jetzige Landesverwaltungskommission
besitzt, belassen oder vorgesehen, hätte sie einen deutschen
Stellvertreter des Landespräsidenten mit dem Sitze in Troppau
als "episcopus in partibus infidelium pro Silesia" bestellt,
so wäre es möglich gewesen, einen Teil der Leute damit
bei uns zufriedenzustellen, und vielleicht wäre es: elungen,
mit diesem Speck einige Mäuse zu fangen. Da sie aber selbst
davon nichts wissen wollen und alle schlesischen Wünsche
einfach brüskiert haben und weiter brüskieren, wird
nun einmal der schlesische Adler, den sie uns Gott sei Dank doch
gelassen haben, seine Krallen zeigen. Druck erzeugt immer Gegendruck
und wird ihn auch immer erzeugen. Selbst die sprichwörtliche
schlesische Langmut hat einmal ein Ende. Eine Hochschule für
Troppau, wie sie hier verlangt wurde. möchte ich nicht fordern
als einen Ersatz für unsere schlesische Selbstverwaltung.
Ich stehe auf dem Standpunkte, daß wir ein Recht darauf
haben, daß Troppau unsere Landeshauptstadt bleibt, daß
die Landester dort tatsächlich bleiben, daß sie uns
belassen werden und daß wir uns auf einen Schacher in dieser
Beziehung überhaupt nicht einzulassen brauchen. (Sehr
richtig!)
Meine Herren von der Mehrheit! Sie wollen morgen
beschließen, daß der Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes
über die Verwaltungsreform für Böhmen, Mähren
und Schlesien hinausgeschoben werden soll. Sie gewinnen dadurch
jedenfalls Zeit, wenigstens Zeit dafür, sich auch unsere
Warnungen einmal durch den Kopf gehen zu lassen und einmal ruhig
zu überlegen, ob sie nicht von Ihrem unseligen Plan Abstand
nehmen - sollten. Ich glaube, es geschähe das nicht uns zuliebe
sondern im Interesse der gesamten Bevölkerung, wenn Sie sich
noch einmal wirklich ausgiebig mit dieser Frage beschäftigen
würden. Aufgeschoben ist allerdings noch nicht aufgehoben.
Aber Zeit gewonnen ist in diesem Falle meiner Meinung nach schon
viel gewonnen. Ich bin jedenfalls Optimist und will hoffen, daß
Ihnen der Herbst vielleicht die Erleuchtung bringt und daß
Sie dann dieses Gesetz ebenso wie die frühere Gauverfassung
selig im Papierkorb entschlafen lassen. Eine wirkliche Verwaltungsreform
muß auf ganz anderen Grundlagen aufgebaut werden. Ich verweise
darauf, wie man sich jetzt im Deutschen Reiche müht und plagt,
seit Jahr und Tag, um erst die Grundlagen für eine echte
Verwaltungsreform herauszukristallisieren und dann in einer wieder
jahrelangen mühevollen Arbeit unter Zuziehung aller möglicher
Theoretiker und Praktiker diese Verwaltungsreform ins Leben zu
rufen. Auch bei uns hier müßte, wenn sie wirklich eine
dauernde, gründliche Verwaltungsreform machen wollen, in
ähnlicher Weise vorgegangen werden, wie ich ja schon oft
gesagt habe. Die Grundlagen einer richtigen Verwaltungsreform
können nur sein: Dezentralisation und Selbstverwaltung u.
zw. örtliche und völkische Selbstverwaltung. Das allein
sind die Pfeiler für eine gründliche Neuordnung, die
überhaupt Aussicht auf Dauer haben kann. Nicht überstürzt,
nicht auf einmal, sondern nur schrittweise, nur nach und nach
läßt sich eine Änderung der alten eingelebten
Verwaltung vollziehen, wenn die Stetigkeit aufrecht erhalten werden
soll und wenn sie Bestand haben soll. So wie es hier geschieht,
muß man eine schwere Schädigung der gesamten Bevölkerung
durch eine derartige Verwaltungsreform befürchten und mit
Recht voraussehen. Vorläufig erscheint mir also eine Rückkehr
zum Alten fast noch immer besser als ein derartig schroffer, plötzlicher
Eingriff in das Räderwerk in der Verwaltung, das doch ein
sehr subtiles, feines, zartes Gebilde darstellt, ein Eingriff
gleichzeitig in die heiligsten Güter der Staatsbürger,
nämlich Selbstverwaltung und Freiheit.
Es hat in der letzten Zeit, ich glaube gestern,
der Herr Staatspräsident Masaryk auf der Brünner
Ausstellung nach Zeitungsmitteilungen auch einige Worte über
die Selbstverwaltung gesagt u. zw. Folgendes: "Jede Verwaltung
erfordert qualifizierte Arbeiter. Die Auswahl der qualifizierten
Verwalter ist eine dringende Aufgabe der Demokratie. Überhaupt
muß die Demokratie darauf achten, daß die Verwaltung
praktisch und zweckmäßig sei". Theorie und Praxis,
wie einmal ein Leitartikel in der "Deutschen Presse"
überschrieben war. Welcher Unterschied ist da zwischen dem,
was wirklich ist und zwischen dem, was der Herr Staatspräsident
Masaryk so schön über die Selbstverwaltung hier
sagt? Durch diese Verwaltungsreform, die jetzt nur wieder hinausgeschoben
werden soll, wird ja bekanntlich die Auswahl der qualifizierten
Verwalter der Bevölkerung entzogen und einfach der Regierung
oder der hohen Bürokratie überlassen. Also gerade das
Gegenteil von dem, was der Herr Staatspräsident haben will.
Wie soll danach die dringendste Aufgabe der Demokratie erfüllt
werden? Wie kann unter der Herrschaft eines solchen Gesetzes die
Demokratie darauf achten, daß die Verwaltung praktisch und
zweckmäßig sei? Nur wenn die Bevölkerung selbst
die Arbeiter auswählen und bestellen kann, läßt
sich die Verantwortung für die Verwaltung übernehmen,
nicht aber wenn man ihr einfach die Beamten und Mitarbeiter in
der Verwaltung aufzwingt, wenn man eine polizeistaatliche Verfassung
hier aufoktroiiert. (Posl. inž. Kallina: Was
sollen diese schönen Worte, wenn er auf der anderen Seite
das Gesetz unterschrieben hat!) Ganz
richtig. Hier aber sagt er weiter: "Wir haben unsere demokratische
Verfassung!" Rufzeichen bitte. "Aber wie Amerika seine
Verfassung von Zeit zu Zeit durch Nachträge ergänzt,
so wird auch unsere Verfassung Nachträge und Änderungen
- Nachträge und Änderungen nach den gewonnenen Erfahrungen
- erfordern. (Výkøiky na levici.)
Hier handelt es sich darum, eine
Harmonie zwischen der notwendigen Dezentralisation und der unerläßlichen
Autonomie und Selbstverwaltung zu finden." Also auf diese
erforderlichen Nachträge und Änderungen der Verfassung
kann man jedenfalls wirklich gespannt und neugierig sein. (Výkøiky
posl. dr Lehnerta.) Bitte, wir sind ja
seit dem 29. Feber 1920 der Auffassung, daß diese Verfassung
nichts wert ist, also derselben Auffassung, zu der sich jetzt
der Herr Staatspräsident Masaryk wenigstens teilweise
bekennt, daß nämlich eine gründliche Änderung
der Verfassung notwendig ist. Deshalb haben wir seinerzeit diese
Verfassung, die gegen unseren Willen und in unserer Abwesenheit
geschaffen wurde, nicht anerkannt und werden sie auch niemals
anerkennen. (Výkøiky posl. inž. Kalliny.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. dr Koberg (pokraèuje):
Aber andererseits würden wir
ja auch diese Worte des Herrn Staatspräsidenten von der unerläßlichen
autonomen Selbstverwaltung gewiß freudig begrüßen,
als eine zwar späte aber frohe Botschaft, wenn uns nicht
auf Grund unserer traurigen Erfahrungen in der Vergangenheit der
Glaube dazu fehlen würde. Wer so oft schon durch schöne
Worte aus allerhöchstem Munde betrogen worden ist wie wir,
der muß mißtrauisch sein. Wir müssen anstatt
schöner Worte endlich einmal Taten verlangen. (Posl.
inž. Kallina: Siehe seine Ansicht über Selbstbestimmungsrecht!)
Auch das. Oder wir erinnern uns an Hodžas
Schulversprechungen und an das, was wir alles an Versprechungen
gehört haben, von der Gleichberechtigung, von der der Ministerpräsident
sprach u. s. w. Jedenfalls machen sich solche Worte auf der Ausstellung
in Brünn aus dem Munde des Staatspräsidenten sehr gut,
besonders dem aufhorchenden Ausland gegenüber. Aber diese
Worte werden doch lügengestraft durch die rauhe Wirklichkeit,
durch das, was sich inzwischen hier im Parlamente abspielt. Wenn
der Kuhhandel, der sich heute bis zur Stunde und schon den ganzen
Tag über hier abspielt, wenn dieser Kuhhandel um die Verwaltungsreform
und um die slovakische Landespräsidentenstele hinter den
Kulissen unter Ausschluß der Öffentlichkeit, bei verschlossenen
Türen geführt wird, so ist dies gewiß alles andere
als demokratisch. Ich stelle nur fest, daß bisher zu dieser
ganzen Vorlage, die für das öffentliche Leben doch ohne
Zweifel von einer außerordentlich großen Bedeutung
ist, aus schließlich nur oppositionelle Redner gesprochen
haben und nicht ein einziger Vertreter der Regierungsparteien.
Es hat sich in der Regel auch nicht einmal ein Vertreter der Regierungsparteien
im Hause gezeigt. Erst jetzt haben wir das Vergnügen, Herrn
Dr. Luschka in unserer Mitte zu sehen, was ich freudig
begrüße. Sonst haben wir die Herren von der Regierungskoalition
auf das schmerzlichste vermißt. Endlich einmal, am späten
Abend, findet sich jemand ein, der ein gewisses Interesse dafür
hat. Es ist sehr erfreulich, vielleicht ein Zeichen der künftigen
Besserung. Aber so schaut im allgemeinen die Auffassung der Demokratie
auf dieser Seite aus. Genau so würde die Demokratie auch
in den künftigen Parlamenten der Bezirke und Länder
aussehen; eine Mehrheit, die einfach mit Zuhilfenahme von Regierungsbeamten
und von ernannten Vertretern zusammengekleistert wird, eine solche
Mehrheit knobelt insgeheim hinter verschlossenen Türen irgend
etwas aus und diktiert es dann, die anderen dürfen die Staffage
dazu abgeben und hie und da etwas reden, aber beschlossen ist
die Sache schon von vornherein. Wir brauchen kein Parlament, wir
haben den Achterausschuß, das genügt vollkommen; alle
andern könnten wir schön zu Hause bleiben, es ist schade
um die Zeit, die wir im Parlament verbringen, jene haben den Verstand
mit Löffeln gefressen, wissen alles viel besser als wir und
brauchen sich nicht einmal anzuhören, was wir dazu zu sagen
haben. In den Ausschüssen gehen sie weg, im Hause sind sie
nicht, sie hören weder auf uns noch hören sie auf ihre
eigenen Leute, wie ich das an dem Fall Peterle gezeigt habe, sie
machen einfach was sie wollen. (Rùzné
výkøiky.) Die
Ministerbank ist "gedrängt voll", man müßte
einmal darunter schauen, ob nicht einer darunter steckt. Das ist
eine derartige Verhöhnung der gesamten Demokratie, daß
man sich doch nicht dasselbe Schauspiel in den Bezirks- und Landesvertretungen
leisten sollte. Das ist eine Verhöhnung der gesamten Bevölkerung,
die man in solche Körperschaften hineinbeordert. Für
eine solche Selbstverwaltung bedanken wir uns höflichst und
deshalb ist mir die Galgenfrist, die sich die Koalition als Deliberationsfrist
selbst bewilligen will, für die Durchführung der Verwaltungsreform
unter der Voraussetzung nicht unsympathisch, daß dadurch
nur ein Übergang geschaffen wird zu einem Begräbnis
erster Klasse für diese Mißgeburt einer Verwaltungsreform,
zu einer Einsargung dieser geplanten Fremdverwaltung, die der
Bevölkerung aufgehalst werden soll, um dann den Weg freizumachen
für eine wahre, auch unseren gerechten Wünschen und
Forderungen Rechnung tragende Volksverwaltung. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)