Ètvrtek 25. øíjna 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 170. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 25. øíjna 1928.

1. Øeè posl. Geyera (viz str. 7 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr verehrten Herren! Wenige Stunden trennen uns noch von der Abstimmung über den Staatsvoranschlag und das Finanzgesetz. Die Lehren, die wir in den zehn Jahren des Bestandes der Republik aus den verschiedenen Abstimmungen gezogen haben, werden sich auch heuer wieder bestätigen. Die automatische Abstimmungsmaschine wird einsetzen und dadurch erkennen lassen, daß auch im zehnten, im Jubeljahre der Republik, die Vernunft, die angeblich durch die deutschen Regierungsparteien der Koalition zugesellt wurde, gegenüber dem glorifizierten Machtrausch kein Plätzchen gefunden hat. Während der Herr Finanzminister vom dritten konsolidierten Budget gesprochen hat, zeigt gerade das Kapitel, das wir heute besprechen, daß diese Konsolidierung auch zu jenen nebelhaften und durch nichts gerechtfertigten Äußerungen gehört. Sie sind ebenso aufzufassen, wie die Äußerung unseres Herrn Außenministers, der von einer Konsolidierung spricht, während im Innern der Kampf auf das heftigste tobt. Im ganzen Staatsgebiete tobt der Wirtschaftskrieg und die unheilvolle Deflation bringt der Hochfinanz und den Industriekypitänen Gelegenheit, die gesenkte Rente und Dividende durch Rationalisierung der Betriebe wieder zu heben, womöglich auf das Inflationsniveau. Hausse und Baisse der Börsen machen die Arbeit des kleinen Betriebes, des kleinen Landwirtes, des kleinen Gewerbetreibenden zum Spielball toller Spekulation. Sie greifen ein in das Rad der Produktion, liefern Tausende von Existenzen dem Abbau, dem Lohndruck und der Aussperrung aus. Während die großen Banken und die von ihnen kontrollierten großen Industrien fette Dividenden und im Jubiläumsjahre noch fettere Superdividenden einstreichen, die eine durchschnittliche Höhe von 12 bis 25% erreichen, ja daneben sind brutal aufreizende Gewinne von 100 und noch mehr Prozent in den Zeitungen ausgewiesen - darben die Arbeiter und Angestellten bei Hungerlöhnen. Bei dem zur Verhandlung gestandenen Gesetz über die Sozialversicherung hat die ganze Öffentlichkeit amtlich erfahren müssen, daß über 80% der gesamten Arbeiterschaft in die niedrigsten Lohnkategorien, die durchschnittlich 100 bis 120 Kè in der Woche nicht übersteigen, eingereiht sind. Während die von Amerika ausgelöste Zinssteigerungspolitik, die auch hierzulande den naiven Gemütern als Geldversteifung mundgerecht gemacht wird, die schaffende Arbeit in neue Fron schlägt und eine täglich steigende Teuerungswelle erzeugt, begegnet der durch den Selbsterhaltungstrieb diktierte Wille der Arbeiterschaft und Beamtenschaft auf Ausgleich ihres dadurch gesunkenen Reallohnes unter meisterhafter Vortäuschung des Rationalisierungszwanges der heftigsten Abwehr der Zinsklipper, die sich nicht scheuen, zur Wahrung der Ruhe und öffentlichen Ordnung, womit im kapitalistischen Staat immer nur Sicherung von Rente und Zins gemeint ist (Souhlas na levici.), den staatlichen Machtapparat, Polizei, Gendarmerie und Militär bereit zu halten und eingreifen zu lassen. Wie man unter solchen Gesichtspunkten, wo die ganze Wirtschaft in krankhaftem Auf und Nieder begriffen ist, von einer Konsolidierung sprechen kann, ist mir nicht klar. Jene, die sich nicht mehr wehren können, die Alten, die Invaliden, die Witwen, Waisen und die Altpensionisten läßt man ruhig warten im Jubiläumsjahr, da man hofft, daß sie womöglich das zweite Staatsjubiläum nicht erleben werden, weil sie inzwischen ihre Kräfte aufgezehrt haben. Man war auch so rigoros, das, was Gemeinden und Bezirke in den letzten Jahren an charitativer Hilfe aufgebaut haben, verdorren und verstocken zu lassen, man war auch hart genug, große soziale Werke, die die Selbstverwaltungen begonnen haben, durch das Finanzgesetz und durch die Erdrosselung der Gemeindefinanzen ad absurdum zu führen. Ich weiß nicht, ob man damit die Zahl der Lohndrücker durch ältere Leute, die sich immerhin noch einige Kreuzer verdienen wollen, vermehren wollte, um dadurch die Zinsen- und Dividendenpolitik noch besser fortsetzen zu können. Krise, Streik, Hunger und Verzweiflung einerseits, auf der anderen Seite der berauschende Tanz um das goldene Kalb. Durch die Stabilisierungsbilanzen hat man die Inflationsgewinne gerettet, durch Abschreibungen Milliardenbeträge der großen Steuerträger dem Zugriff des Fiskus entzogen. Dafür hat man den Steuerdruck auf die kleine konsumierende Bevölkerung im gleichen Maße bestehen gelassen, ja sogar in einzelnen Gebieten noch verschärft. Die 70 Mill. Kè Steuerexekutionsbeträge, die im Staatsvoranschlag ausgewiesen sind, sind charakteristische Zeichen für die Konsolidierung, für die Moral nicht des Bürgers, sondern des Staates, der zu solchen Mitteln greifen muß.

Wir haben bereits im Ausschuß Klagen über die verschiedenen Kapitel geführt. Der Staat, d. h. diese Oberschichte zur Wahrung der Dividenden und Renten mag ein Jubiläum feiern, mag sich als konsolidiert erklären. Die breiten schaffenden Schichten der Bevölkerung, die Arbeiter und Beamten, die Bauern und Kleingewerbetreibenden, sie wissen von dieser Konsolidierung nichts.

Die Tendenz der dritten Gruppe, die in der Hauptsache die Staatsbetriebe umfaßt, zeigt noch aufreizender als die Privatbetriebe auf die kapitalistische ausbeuterische Seite und den ungeheuren Druck hin, den die Staatsverwaltung auf die ihr unterstellten Arbeitnehmer auszuüben vermag. Sie zeigt sich nicht nur sozial reaktionär, sondern, was uns Deutsche hauptsächlich angeht, chauvinistisch im èechisch zentralistischen Sinne. Infolge der Kürze der Redezeit ist es mir nur möglich, die wichtigsten Kapitel in kurzen Strichen zu skizzieren. Wir haben das, was uns am Herzen liegt, in den Ausschüssen in ausgiebiger Weise besprochen und ich stelle an die Spitze meiner Betrachtungen die sogenannten kommerzialisierten Betriebe, Eisenbahn und Post. Unter Kommerzialisierung wollte man den Leuten und denen, die sich mit schönen Hoffnungen trugen, einen Vorwand geben, die Machtgelüste des Staates auf der einen Seite, aber auch die privaten Gelüste andererseits durchzuführen. Wieweit diese Kommerzialisierung erfolgt ist oder sich auswirkt, davon kann jeder Reisende Zeugnis geben, der zu irgendeiner x-beliebigen Stunde eine èechoslovakische Bahnstation betritt oder auf irgendeiner Station stundenlang auf einen Zug warten muß. (Rùzné výkøiky na levici.) Die Sicherheit, Schnelligkeit, Genauigkeit und Billigkeit eines Betriebes sind der Gradmesser für den Betrieb und in dieser Beziehung möchte ich den Betrieb unserer Staatsbahnen ein wenig beleuchten. Die Sicherheit der Staatsbahnen hat gerade in den Jahren der Kommerzialisierung in dem gleichen Tempo nachgelassen, wie die Tarife gestiegen sind und andere Maßnahmen eingeführt wurden. Die fast täglich vorkommenden größeren oder kleineren Eisenbahnunfälle sind ein Gradmesser für die Sicherheit. Die ungeheueren Katastrophen, die abgewendet hätten werden können, vor allem die in Mitteleuropa einzigdastehende Eisenbahnkatastrophe von Saitz zeigen, was man mit scharfen Maßnahmen, wie mit dem Abbau von verdienten Beamten, Bediensteten und Arbeitern, aber auch mit der Besteuerung des Automobilismus und Ausschaltung der Konkurrenz, die gerade vom Eisenbahnministerium aus kapitalistischen egoistischen Machtgelüsten betrieben wird, ausrichtet. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß das Eisenbahnministerium nicht durch solche Mittel der Machtanwendung und den Konzessionszwang den Vorsprung, den es heute noch gegenüber den Automobilen hat, wird behaupten können. Wir stehen vielmehr auf dem Standpunkt, daß nur ein wirklich gut geführter Betrieb, der im Interesse der Passagiere und der Beförderung von Frachtgut liegt, diese Konkurrenz auf das kleinste Maß zurückführen kann. Wir fordern heute ebenso, wie wir es schon immer getan haben, daß im Konzessionszwang eine Milderung eintritt. Es ist bezeichnend, daß ein anderes Ministerium, die Post, den schwersten Kampf mit dem kongenialen Ministerium führt. Wir fordern, daß die Konzession für Güter und Transport, soweit sie Automobile betrifft, in erster Reihe den Selbstverwaltungskörpern, den Gemeinden und Bezirken zugewiesen wird (Sehr richtig!), denn nur dort wird es möglich sein, daß man das von den Städten und Bezirken ausgehende Hinterland erschließt. Man darf nicht vergessen, daß Verkehr Verkehr schafft und muß die Ausgestaltung des Automobilverkehrs fördern. Dieser so ausgestaltete Automobilverkehr soll dann den Selbstverwaltungskörpern zugutekommen. Wir verlangen, daß die Privatspekulation, die auf diesem Gebiete wahre Orgien feiert, ausgeschaltet wird. Wir kennen in Westböhmen den Automobilbetrieb, der ganz klein angefangen hat und heute schon ganz Westböhmen und deren Stadtvertretungen beherrscht. Wir verlangen, daß dieser Zustand des Schachers und Wuchers beendet wird und daß einzig und allein die Gemeinden und Bezirke es sind, denen die Konzessionen vergeben werden sollen. Besonders wenn man in die Grenzgebiete kommt, weiß man nicht, ob man am Anfang der Eisenbahnära steht, also in der Zeit von ungefähr 1830 bis 1850 oder ob wir nach dem Weltkriege im Zeichen des Aufschwunges des Weltverkehres stehen und dabei noch solche Zustände antreffen müssen.

Ich will hier nur auf das Verhalten des Herrn Ministers des Äußern verweisen, der sich im Ausland nicht damit genug tun kann, die Konsolidierung dieses Staates und die Großartigkeit seiner Einrichtungen zu rühmen. Der erste beste Fremde, der über die èechoslovakische Grenze kommt, kann diese Behauptungen Lügen strafen, weil er erstaunen muß, in welch verwahrlostem Zustande sich z. B. unsere Grenzbahnhöfe befinden. Außer den französischen Aufschriften, die ja der meist deutschen Bevölkerung gar nichts sagen, und der ungeheuer großen èechischen Reklame fällt nur der Schmutz auf und die Enge der Bahnhöfe, die bei dem ungeheueren herrschenden Gedränge eine schwere Beeinträchtigung der Gesundheit und des Lebens der Reisenden bedeutet. (Rùzné výkøiky na levici.) Bitte, sehen Sie sich einmal bei starkem Andrang den Bahnhof von Karlsbad an! Ein kleines Fleckchen von wenigen Geviertmetern Ausmaß muß in einigen Augenblicken oft 1100 bis 1200 Personen fassen, die heraus und herein drängen. Wie oft dabei die Gesundheit des Publikums zu Schaden kommt, das zeigen die zahlreichen Ersatzansprüche, die die Reisenden in Verkennung der Sachlage nicht an die Staatsbahnverwaltung, sondern an die Stadtgemeinde richten. (Sehr richtig!) Die im deutschen Gebiete gelegenen Weltverkehrszentren - möchte ich sagen - zu denen ich auch Gablonz, Aussig und Bodenbach zählen muß, zeigen in dieser Beziehung Zustände, die mit der vielgerühmten Konsolidierung des Staates in krassem Widerspruch stehen. Dazu rechne ich nicht nur den Zustand der Bahnhofsgebäude, sondern vor allem auch die enge Anlage des Bahnhofsgebietes, die Geleise, die Weichen usw. Fast in keinem oder nur in wenigen Bahnhöfen im deutschen Grenzgebiete gibt es richtige Übergänge oder Überführungen. Das allereigentümlichste aber ist bei einem kommerzialisierten Betriebe, daß, wenn Gemeinden, Bezirke und andere Körperschaften auf diese unhaltbaren Zustände hinweisen, die höchste Weisheit der Eisenbahnverwaltung dahin lautet: Ändert es Euch ab! Baut Euch das selber. Man hat diese Zumutung auch an ganz kleine Dorfgemeinden mit 300 Einwohnern gestellt, die ihr Schutzdach wieder herrichten lassen wollten, weil davon nur eine Planke mit der Aufschrift der Station übrig geblieben war. Man hat z. B. bei den Gemeinden Karlsbad, Turn, Zauchtel nach hunderten Eingaben ihnen den Bescheid gegeben: Wir bewilligen Euch den Wartesaal, wenn Ihr die Kosten des Baues, der Instandhaltung, der Reinigung, der Beleuchtung selbst aufbringet. Also nicht nur die einmaligen, sondern auch die fortlaufenden Ausgaben sollen die Gemeinden selbst übernehmen. Wo bleibt da, ganz abgesehen vom Kostenpunkt, der Prestige-Standpunkt des kommerzialisierten Unternehmens? (Posl. Krebs: Die Gemeinden sollen dann auch noch für Unfall haften!) Ja, das Risiko wird ihnen als den Erbauern dann auch noch zugeschanzt. Man redet sich darauf aus, daß die Gemeinden das größte Interesse daran haben. So bemüht sich z. B. die kleine Gemeinde Selau-Kaschitz seit zwei Jahren, einen von ihr unter der alten österreichischen Regierung erbauten Wartesaal, der inzwischen von einem Bahndiener als Aufenthaltsraum, angeblich als Telephonzelle, beschlagnahmt wurde, wieder hergerichtet zu bekommen. Die Antwort des Ministeriums ist bezeichnend, indem man der Gemeinde sagt, daß sie die Kosten der Instandsetzung und alles übrige selbst tragen müsse.

Wie groß die Unglücksgefahr ist, die aus den mangelhaften Anlagen entstehen kann, das zeigt sich auf einer ganzen Reihe von Strecken. Auf offener Strecke kreuzen nicht nur Straßenkörper, sondern selbst Bahnen schneiden sieh. Auf der Prager Strecke der Buštìhrader Bahn kann man staunend beobachten, wie auf gleichem Niveau sich einzelne Schienenstrecken kreuzen. Dem gegenüber kann man feststellen, daß im èechischen Gebiete auch in verhältnismäßig kleinen Gemeinden die Bahnhöfe stetig modernisiert und nicht nur zu Zweck-, sondern auch oft zu Prunkgebäuden ausgestaltet werden. Die Fürsorge der Eisenbahnverwaltung erstreckt sich also auch hier wieder nur auf èechisches Gebiet. (Rùzné výkøiky na levici.)

Die sogenannte Sicherheit des Verkehrs läßt also sehr viel zu wünschen übrig. Eine zweite Frage aber ist die der Schnelligkeit des Verkehrs. Man traut seinen Augen nicht, wenn man z. B. zufällig einen Fahrplan der Vorkriegszeit hervorzieht und die Verkehrszeiten von damals mit den heutigen Verkehrszeiten vergleicht. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Schnellzüge beträgt heute höchstens 55 bis 60 km. Verspätungen von mehreren Stunden bei den Schnellzügen sind an der Tagesordnung, von den Lokalbahnen gar nicht zu reden, bei denen die Zugsgeschwindigkeit 8 km, im besten Falle 13 km erreicht. Besonders schlimm sieht der Verkehr auf der Strecke Petschau-Rakonitz und Kaaden aus. Ich mußte da z. B. um 3 Uhr früh aufstehen, um nach fünfstündiger Fahrt auf den Kaadener Bahnhof zu gelangen, aber als ich hinkam, waren alle Anschlußzüge weggefahren. Der Personen-Automobilverkehr soll mit Rücksicht auf die Bahnen möglichst eingeschränkt werden, aber gerade durch diese Bummelei auf den Lookalbahnen leistet man dem privaten Automobilverkehr auf jede Weise Vorschub. Die gemischten Züge auf diesen Strekken sind bekanntlich ein wahres Martyrium für die Reisenden ,weil bei jeder Verladung einer Kanne der Zug stehen bleiben muß. Die Arbeiter verzichten lieber auf ihre Wochenkarten und gehen lieber zu Fuß in die dortige Kaolinschlämmerei, als daß sie vier bis fünf Stunden auf der Bahn bummeln. So sieht es mit der vielgerühmten Schnelligkeit des Betriebes bei uns aus. Damit hängt aber noch etwas anderes zusammen. Es gibt seit der Verstaatlichung der Lokalbahnen eine ganze Reihe von Stich-, bezw. Verbindungsbahnen, auf welchen ganz unmögliche Verhältnisse herrschen. Früher hat man sich damit ausgeredet, der eine Ast gehöre der einen Gesellschaft, der andere Ast der zweiten Gesellschaft. Wenn man von Neusattel über Elbogen nach Schlaggenwald und Schönwehr fährt oder von Petschau nach Luschna-Lischan, muß man eine Station vorher in Rakonitz aussteigen, um nach zwei- bis dreistündigem Warten das letzte Stückchen der Strecke, vier Kilometer, mit dem Zügle weiter zu rutschen. Auf der Strecke Neusattel-Elbogen ist es noch schlimmer. Nach stundenlangem Warten muß man umsteigen und wieder warten. Eine Strecke, die ein Kurgast von Karlsbad in eineinhalb Stunden zu Fuß bewältigen kann, erfordert auf der Bahn eine viereinhalbstündige Bummelei. (Hört! Hört!) Bei dieser europäischen Expreßrekordgeschwindigkeit ist es natürlich kein Wunder, daß auch der Frachtenverkehr innerhalb der sogenannten Scheitelzone von 45 km Geschwindigkeit, die er haben soll, immer mehr herabgeht und daß die Privatautomobilbeförderung auf diese Weise sich des Frachtenverkehres in immer größerem Maße bemächtigt. Da muß dann die Bahn zu neuen Tarifmaßnahmen schreiten und durch Steigerung der Personen- und Frachttarife das Minus, das die Bahnverwaltung selbst durch diese Bummeleien verschuldet, hereinzubringen versuchen, was natürlich wieder dazu führt, den Automobilismus noch schärfer vorwärts zu bringen. Wir haben Strecken, auf denen sich der Weltverkehr teilweise abspielt, aber noch kein Doppelgeleise besteht, z. B. die Strecke Eger-Pilsen, die heute noch größtenteils eingeleisig ist. Dasselbe gilt aber auch von der Strecke Komotau-Prag. In den zehn Jahren des Bestandes hätte aus der zentripetalen und zentrifugalen Lage heraus bei der sonstigen strategischen Weitsicht der Staatsverwaltung auch dieser Rückstand schon längst behoben werden müssen. Die Folge davon ist, daß unsere Schnellzüge, auch Bäder- und Expreßzüge mit niedriger Geschwindigkeit fahren und auf Kreuzungspunkten, ja auf offener Strecke wegen der Kreuzungen halten müssen. Bezüglich des Fahrpreises wendet man bei Gruppen- und Gesellschaftsfahrten nicht immer dasselbe Maß an. Ich selbst war als Führer von Exkursionen dabei, wo ein èechischer Lehrer mit 5 bezw. 6. Burschen die Fahrpreisermäßigung erhielt, 20% vom Fahrpreis, und daß wir als Deutsche erst auf 10 Kinder eine Freikarte bekamen. (Výkøiky na levici.) Ich habe damals in der Station reklamiert, es wurde mir die Auskunft gegeben, daß die Vorschriften so sind, wie er mir sagte. Warum er bei den anderen andere Vorschriften anwende, konnte. er nicht sagen. Auch die Jahreskarten der Geschäftsreisenden erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit und die Forderungen der Geschäftsreisenden nach einer allgemeinen gerechten Durchrechnung und Angleichung sind vollkommen gerechtfertigt. Die Abbaumaßnahmen haben das bodenständige mit den Verhältnissen vertraute Personal in den deutschen Gebieten, soweit es stabil war, größtenteils beseitigt. Es ist ein sonderbares Zeichen, daß auch heute, nachdem das Abbaugesetz seit zwei Jahren erloschen ist, der Abbau unter den verschiedensten Vorwänden fortgesetzt wird. Qualifikation und Vorrückung begegnen allen möglichen Schikanen. Dabei ist ein großer Teil gerade des deutschen Personals in den Stationen und auf den Strecken, soweit Streekenarbeiter in Betracht kommen, überlastet, weil die zugewiesenen èechischen Beamten sehr gerne das Plus an Dienst den letzten deutschen Anwärtern überlassen. Die Frage der Altpensionisten wurde bereits erwähnt, und auf ihre unhaltbare Lage hingen wiesen, insbesondere aber auf den Zwang und auf die Beschränkungen der Altpensionisten bei Auslandsaufenthalten und bei Nebenverdiensten. Gerade die Ärmsten der niederen. Kategorien sind mit diesen Verbot belastet.

Bei der Motorisierung des Verkehrs hat man unglückseligerweise ganz kurze Strecken herausgegriffen, wo der angestrebte Zweck nicht zu erreichen ist. Hier kommen nur große und weite Strecken in Betracht, wie z. B. Eger-Prag. Das Gleiche gilt von der Elektrifizierung. Dabei muß man darauf Rücksicht nehmen, daß die Fahrten im schnelleren Tempo und in kürzeren Zeitabschnitten als bisher erfolgen. Es ist komisch, wenn im Fahrplan ein Motorzug angeführt ist und der Reisende dann in einem ganz gewöhnlichen Dampfkraftwagenzug fährt, wie es auf der Strecke Karlsbad-Joachimsthal und Karlsbad-Marienbad die Regel ist.

Bezüglich der Post gilt auch in vieler Beziehung das bereits Gesagte. Sie soll der Sicherheit und Schnelligkeit des Verkehres dienen In den verschiedensten Städten erheben sich aber die größten Anstände, die darauf zurückzuführen sind daß auch bei der Post eminent gespart wird und daß an Stelle der abgebauten Beamten Diener einestellt werden die von weither kommen und die Verhältnisse nicht kennen. Der Druck auf die Gemeinden bei der Beschaffung von Räumen ist ebenfalls unmoralisch und unverantwortlich und bei der gegenwärtigen Lage der Gemeindefinanzen nicht erfüllbar. Das wichtigste Kapitel ist die Automatisierung des Telephons. Diese müßte auch in die wichtigsten großen Städten des deutschen Gebietes erfolgen, dadurch würde ein großer Teil der Hindernisse wie schlechte Verbindung, Versprechen usw. wegfallen. Im heurigen Jahre bin ich in einer einzigen Stunde 49mal falsch verbunden worden, was gewiß bezeichnend ist. Die Zustellung der Transporte vom Amt zur Bahn muß rationalisiert werden, nicht wie ein vielen Orten geschieht, daß der ganze Brief- und Gepäcksverkehr von einer Station in eine zweite Eisenbahnstation zu einem Bahnpostamt und von diesem zu einem Nebenpostamt geleitet wird. Besonders bemängelt werden in den Kreisen der Kaufmannschaft die Auslandstarife, sowohl für Briefe als auch Telegramme. Der Auslandstarif übersteigt die valorisierten Tarife des Auslandes gegenüber Sendungen ins Inland in der Regel um 50, 70, ja 100%. Die Beamten erheben in den stärkeren Frequenzorten, wo eine Saison ist, nicht nur in Kurorten, sondern auch in Orten mit starkem Geschäftsverkehr wie Gablon und Haida, seit Jahren die Forderung nach einer Saisonzulage. Den èechischen Beamten ist man entgegengekommen, indem man ihnen eine Exponierungszulage in erhöhtem Ausmaße zubilligt. Vor dem Kriege bestand die Einrichtung, daß man für die fünf Saisonmonate eine 10 bis 15%ige Zulage zum Gehalt bewilligte. Wir erheben diese Forderung von neuem. Wirverlangen ferner gerade auf dem Gebiete der Bahn und Post, daß unsere Absolventen von Mittelschulen und Handelsakademien im deutschen Gebiete in allererster Linie den Nachwuchs für den Beamtenapparat stellen.

Nicht bessere Verhältnisse sind in den staatlichen Montanwerken. Als aktiv werden nur die Salinen genannt, was kein Wunder ist, weil der Staat das Monopol hat. Der ehemalige aktive Bergbau in Joachimsthal ist unter der neuen Verwaltung auch im Jubiläumsjahr passiv, was ein bezeichnendes Licht wirft. Was die staatliche Verkaufsstelle in Prag zu bewältigen hat und wie sich die ausgewiesenen 32 Millionen Kè Gewinn auf die einzelnen Betriebe verteilen, ist nicht ersichtlich. Die Tabakregie hat einen Reingewinn von einer Milliarde, an Löhnen zahlt sie aber die minimale Summe von 13.5 Millionen Kè und die Lage der Arbeiter in den Fabriken, ihre Pensionsansprüche und ihre Gesundheitsansprüche finden keine Berücksichtigung. Seit Jahren bemühen sich auch die Arbeiter in den Radiumbetrieben, hauptsächlich in Joachimsthal, um ein Gesetz, das ihre Gesundheit schützen soll. Unser diesbezüglicher Antrag blieb bis heute unerledigt. Der Handel soll den Güteraustausch fördern und zu diesem Zwecke ist das Handelsministerium da. Für die Gewerbeförderung sind 100.000 Kè eingestellt, eine lächerliche Summe, dagegen ist für Karpathorußland ein groß angelegtes Gewerbeförderungsinstitut vorgesehen, also auf einem Platz, wo der Handel rückständig ist und sich nur auf die primitivsten Bedürfnisse erstreckt. Dagegen hat man in unserem hochstehenden deutschböhmischen Randgebiete, wie Gablonz, Warnsdorf, Reichenberg, Asch, Eger usw. für die dort schon bestehenden Institute kein Geld zum Ausbau übrig. Das Handelsministerium hat auf der internationalen Konferenz in Genf die Richtlinien angenommen, die dort zur Erleichterung des Handels angenommen wurden. Es ist für die Èechen bei ihrer Prestige- und Gloriesucht traurig, daß sie in den zehn Jahren mit ihren Freunden, mit Polen und Jugoslavien, bis heute keinen Handelsvertrag haben und daß die Freundschaft mit Jugoslavien, die erst vor wenigen Wochen bei der Konferenz in Prag so feierlich betont wurde, durch die Agrarpolitik unserer Mehrheit in die Brüche gehen wird. Das System Tisza, das Ungarn mit Österreich in Differenzen gebracht hat, wird auch hier die brüderliche Freundschaft trüben. Daß wir mit Polen zu keinem Handelsvertrag kommen, ist auf die gleichen Erwägungen zurückzuführen und daß wir mit Rußland keinen Vertrag haben, wo selbst kleine Staaten wenigstens einen Garantielieferungsvertrag haben und so einen großen Teil der Bevölkerung beschäftigen können, ist ebenfalls ein Minus in diesem Kapitel. Ein Minus bleibt auch das Fehlen des Handelsvertrages mit Deutschland. Dieses Fehlen macht sich umso stärker bemerkbar, als gerade 70% unseres Handels unserem engsten Nachbar zugeführt werden, bezw. auch von dort kommew. Sonderbar ist die Ausrede, mit der man immer die schleppenden Verhandlungen motiviert, daß der betreffende Sektionschef durch Verhandlungen an einem anderen Orte gebunden ist. Wenn die Auswahl am Personal nicht größer ist, soll man lieber das Handelsministerium zusperren. Die Kaufleute werden sich schneller bekümmern, ihre Waren selber auszutauschen und die Selbsthilfe wird wahrscheinlich besser sein als die Staatshilfe. (Rùzné výkøiky na levici.)

Ein Kapitel, wo das Handelsministerium vollständig versagt hat, ist der Versuch, die organischen Grundlagen eines Landes zu ändern. Genau so wie im alten Österreich die Alpenländer bestrebt waren, den natürlichen Abfluß unseres Exportes über den Elbeweg zu drosseln und mit allen Mitteln zu verhindern und Triest und Pola vorzuschieben wir wissen, daß das nicht gelungen ist - genau so versucht man auch hier, binnenländische Häfen auf Kosten der an der Peripherie gelegenen zu fördern. Sie wissen, daß Aussig im alten Österreich drei Viertel mehr Umschlag hatte als alle Adriahäfen Österreich- Ungarns, dreimal so viel Umsatz wie Triest, und jetzt geht die Èechoslovakei daran, dieselbe Dummheit Österreichs zu kopieren, hat sie schon zum Teil kopiert. Der Ausbau der Häfen von Melnik und Holešovic bei Prag dient diesem Zwecke. 800 Mill. Kè sind für die Regulierungsarbeiten, über eine Milliarde für die Hafenarbeiten verwendet worden. Die Folge davon ist natürlich, daß die Frachten hoch sein müssen; und nun muß man natürlich die Eisenbahntarife nach diesen Binnenhäfen herabsetzen. Das hat natürlich zu einem Kampf zwischen den Eisenbahnen und zwischen dem Handelsministerium geführt, der damit endet, daß diese Tarifpolitik langsam abgebaut wird, aber doch noch anhält. Es zeigt sich auch hier, daß alle Güter mit Ausnahme der Rübe, die in der Elbtalfurche gelegen ist und den natürlichen Weg in der Elbe hat, daß das übrige Gebiet von Eger, Asch und Trautenau bis Bodenbach nach Bodenbach gravitiert und dort seinen natürlichen Ausgangspunkt sieht. Eine weitsichtige Handels- und Innenpolitik hätte von allem Anfang an diese Orte sichern, fördern und weiter ausbauen und die Fehler des alten Österreich in ihr Gegenteil verkehren müssen. Man sieht auch hier, daß der Chauvinismus immer ein schlechter Erzieher ist.

Das traurigste Kapitel ist das Kapitel "Öffentliche Arbeiten". Ich kann mich nur ganz kurz fassen. Von 712 Mill. Kè Aufwendungen kommt fast nichts auf die Deutschen, außer sie rechnen den Ministergehalt als wichtigste Post unter die Personalauslage. Dieses Ministerium kennt fast keine Deutschen, weder in der Zentrale, noch in den untergeordneten Stellen. Bei den Sachausgaben ist das Verhältnis für die Deutschen das denkbar ungünstigste. Die einzige Post von rund 7 Mill. Kè für den Bau deutscher Hochschulabteilungen, ist, wenn sie überhaupt zur Durchführung kommt - täuschen wir uns nicht darüber - das wichtigste Ergebnis bei einem Budget von 712 Mill. Kè. Daß da noch 30.000 Kè für eine Mittelschule ausgegeben werden, beschließt den deutschen Anteil an dem Voranschlag. Die Zollhäuser müssen natürlich im Grenzgebiete gebaut werden, und damit auch da dem Chauvin nichts entgeht. hat man bei ihrer Ausschreibung die Bedingungen und Vorschriften schon so gedeichselt, daß bei der Vergebung nur èechische Unternehmer in Betracht kommen, die natürlich wieder bei der Vergebung nur èechische Lieferanten bedenken. Der Straßenbau, wofür gerade die Deutschen in Böhmen nach der Karte des Ministers Spina den Löwenanteil durch die Automobilabgabe abliefern, liegt gerade in den deutschböhmischen Gebieten und den mährisch-schlesischen Gebieten am tiefsten darnieder. Das weltberühmte Bäderdreieck Karlsbad-Marienbad-Franzensbad harrt schon seit langen Jahren der Ausgestaltung. Bisher geschah dort nichts, immer wieder nur in der Peripherie von Prag auf 30 km wird all das Geld verbaut. Für den Bau strategischer Bahnen in der Slovakei hat man natürlich auch immer Verständnis und Geld.

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