Ich möchte dabei auch die Brückenbauten
erwähnen, besonders die an der Elbe, soweit sie für
das deutsche Gebiet notwendig sind, und auch die notwendigen Flußregulierungen.
Wir haben heuer eine große Unwetterkatastrophe gehabt, bis
heute aber rührt sich nichts und auch der Voranschlag zeigt
nichts, daß man aus den Katastrophen und den Unglücksfällen
der vergangenen Zeit etwas gelernt hätte. Ich möchte
da mit ganz besonderem Nachdruck auf die saloppe und schlampige
Behandlung des elementarsten Projektes, das der Staat überhaupt
hat, verweisen, die Karlsbader Talsperre. Es ist mir kein Vergnügen,
wenn ich als Vertreter der Stadtgemeinde Karlsbad konstatieren
muß, daß wir unter dem Minister Srba
weiter als heute waren. Damals war die Finanzierung im großen
und ganzen durch die Beihilfe des Staates gegeben, heute ist der
Bau auf die Etappe 1934 und 1935 vertagt und mit einem Betrag
von 60.000 Kè - das ist natürlich nur der Ersatz für
geleistete Vorarbeiten - stehen wir im Budget darin, und noch
eine solche Talschleuße, Kreuzberg, mit 100.000 Kè.
Das ist der Anteil der Deutschen an der Macht, bezw. an der Wirtschaft.
Die Wildbachverbauungen habe ich gestreift;
ob es sich um südböhmische, mährische oder schlesische
Gebiete handelt, nirgends werden die Deutschen entsprechend berücksichtigt.
Wenn ich noch das Landwirtschaftsministerium berücksichtige,
so sehen wir, daß von 246 Mill. Kè Aufwendungen 139.000
Kè für die landwirtschaftliche
Mittelschule in Reichstadt und 1 1/4
Mill. Kè Subventionierung für die deutschen Landeskulturräte
entfallen. Mit nicht einmal 0.6% kennzeichnet sich hier der Machtanteil
der deutschen Regierungsparteien. In keinem Punkte kommt die
Zurücksetzung und die schäbige Behandlung unserer Regierungsparteien
so zum Ausdruck, als gerade hier bei diesem Kapitel. Wenn ich
nun kurz zusammenfasse: Die Einnahmen des Staates mit 9 1/2
Milliarden Kè fließen zu fast 50%, in einzelnen Jahren
zu 52%, aus dem deutschen Gebiete. Die Ausgaben
des Staates für die verschiedenen Gebiete, soweit es deutsche
Gebiete sind, halten sich - für die Personalausgaben - in
den höheren Stellen bei 3%, in den niederen Stellen bis 7,
8, höchstens 13%. Die Sachausgaben erreichen nie eine höhere
Quote als 3.7% (Hört! Hört!) Wenn man auch die
gesamten Aufwendungen für das Volksschulwesen dazu legt,
beträgt der Anteil der Deutschen bei den Ausgaben des Staates
höchstens 7%. 50% tragen sie bei und 7% bekommen sie zurück,
Das ist ein Verlust von 43% oder in anderen Ziffern ausgedrückt:
4.2 bis 4.3 Milliarden Kè zahlen jährlich die deutschen
Steuerträger. Eine derartige Exploitierung eines Volkes,
eine derartige Transferierung seines Fleißes, Schweißes
und Blutes sucht ihresgleichen. Wenn sie den
Dawesplan, der in der ganzen Welt als unerhört bezeichnet
wird, in Vergleich ziehen, so werden Sie finden, daß die
Reichsdeutschen weniger Fronopfer zu tragen haben, als die deutsche
Bevölkerung dieses Staates. Es ist daher unverständlich,
wie deutsche Parteien, und mögen sie jetzt in den Tagen der
Besprechung alle möglichen Forderungen aufstellen, und unsere
Opposition leichter machen, einen Staatsvoranschlag annehmen und
diese selbstmörderische und sich selbst aufgebende Haltung
einnehmen können. Die deutschen Nationalsozialisten können
nie für einen derartigen staatskapitalistischen Betrieb,
der die Gehälter und Löhne, die Pensionsrechte der Angestellten
und Arbeiter so brutal behandelt, vielfach noch als Schrittmacher
für die Privatindustrie vorgeht, stimmen. Denken Sie an den
Gehaltsabbau der Staatsbeamten, wo der Staat der Schrittmacher
für die Privatindustrie war. Wir können aber auch nicht
zulassen, daß unser Volksteil durch diese unerhörten
Abgaben und indirekten Steuern vollständig verblutet.
Die Wälderverstaatlichung und Bodenreform hat den Deutschen
kaum 3% gebracht, der Beamtenabbau und die Arbeiterentlassungen
kosten jährlich 320 Mill. Kè, bitte rechnen Sie: in
10 Jahren sind das 3 Milliarden Kè, die Steuern pro Jahr
4 Milliarden Kè, macht in 10
Jahren 40 Milliarden Kè aus, so daß man sagen kann:
70 Milliarden Kè ist das Blutopfer, das Frohnopfer der
Deutschen in den zehn Jahren Republik. Wenn die Èechen
sich des Jubiläums freuen, wir gönnen ihnen die Freude,
aber jeder deutsche Volksvertreter hat
die sittliche Pflicht vor sich und seinen Kindern, diesem System
die Absage zu erteilen. Darum werden die deutschen nationalsozialisten
nicht ruhen, bis wir dasjenige haben, was die Èechen haben,
bis wir auf unserem Gebiete unsere Wirtschaft,
unsere Beamten selbst betreuen, selbst beaufsichtigen und selbst
verwalten können. Nur mit der Selbstverwaltung unseres deutschen
Gebietes wird eine Revision, wird ein Abbau des Hasses, aber auch
ein Abbau der heutigen unsozialen Zustände eintreten können.
Solange das nicht der Fall ist, werden wir jedem Budget wie auch
dem heutigen unsere Zustimmung versagen. (Potlesk
poslancù nìm. strany nár. socialistické.)
Hohes Haus! Vor uns liegt der Staatsvoranschlag
für das Jahr 1929, aus welchem die Öffentlichkeit im
allgemeinen und die landwirtschaftliche Öffentlichkeit im
besonderen. welche die Lasten des Staatshaushaltes zu tragen haben,
erfahren, zu welchem Zwecke die Staatsverwaltung die Steuergelder
verwendet. Bei eingehender Prüfung des Budgets 1929 und objektiver
Beurteilung kann festgestellt werden, daß die gegenwärtige
Parlamentsmehrheit auch in diesem Jahr einen Voranschlag verabschiedet,
der als wesentlicher Fortschritt gegenüber den vorhergehenden
Jahren bezeichnet werden kann. Es ist der zweite Voranschlag,
an dem die Deutschen Gelegenheit hatten, mitzuarbeiten, und er
wurde von einer Regierungsmehrheit vorgelegt, in der deutsche
Minister zwei Jahre sitzen. Wenn auch mancher Wunsch der Deutschen
im Voranschlage 1929 noch keine oder nicht genügende Berücksichtigung
gefunden hat, so zeigt er doch das Bestreben, die Ausgaben des
Staates in Einklang zu bringen mit den Einnahmen, wodurch die
Aktivität der Voranschläge des Jahres 1927. und 1928
schon erzielt wurden. Die Vertreter der Landwirtschaft werden
alle Bemühungen in dieser Richtung auf das Weitgehendste
unterstützen, und wenn der gegenwärtige Zustand erhalten
bleiben und noch weitere Verbesserungen eintreten sollen, müssen
die Ausgaben des Staates dort, wo es sich nicht um produktive
Ausgaben handelt, in den kommenden Jahren eine entsprechende Herabsetzung
noch erfahren. Die Staatsverwaltung kann im Verlaufe der nächsten
Zeit weitere Herabsetzungen der im Voranschlage eingesetzten Beträge
erzielen, welches Moment insbesondere durch Einschränkung
der Auslagen für Propaganda und Repräsentation, weiter
die Herabsetzung der Ausgaben jener Ministerien gegeben ist, soweit
sie Kultur und Wirtschaft nicht berühren. Die Reduktion der
Staatsschuld durch freundschaftliche Beziehungen mit den Auslandsstaaten
würde der gesamten Wirtschaft dieses Staates und seiner Bevölkerung
bedeutende Erleichterungen bringen. Durch den Abschluß von
Handelsverträgen mit Deutschland und Österreich wird
die Vermehrung der Ausfuhr gefördert, die Aktivität
der Handelsbilanz gehoben, was im Interesse der Volkswirtschaft
dieses Staates gelegen ist, weshalb die Verhandlungen über
die Abschließung der Handelsverträge mit den beiden
genannten Staaten zu beschleunigen sind. Die Behandlung des Staatsvoranschlages
im Parlamente läßt zwar in der Regel für das kommende
Jahr eine Änderung nicht zu, wird aber dazu benützt,
die Wünsche und Beschwerden in sachlicher Kritik an den einzelnen
Kapiteln vorzubringen, damit in der Zukunft auf dieselben Rücksicht
genommen werden kann. Die praktische Landwirtschaft ist vor allem
am Voranschlage des Ministeriums für Landwirtschaft interessiert,
welcher die direkte Förderung der Land- und Forstwirtschaft
betrifft. Diesen Voranschlag in seinen einzelnen. Posten
zu besprechen und einer sachlichen begründeten Kritik zu
unterziehen, habe ich mir zur Aufgabe gestellt und will bei dieser
Gelegenheit den Herrn Minister für Landwirtschaft mit den
Wünschen und Bedürfmissen der Landwirtschaft des deutschen
Randgebietes vertraut machen. Die Aussprache über den Voranschlag
gibt aber auch besonders in diesem Jahre Gelegenheit, manches
falsche Urteil über die deutsche Landwirtschaft im allgemeinen
richtig zu stellen. Wenn von einer günstigen wirtschaftlichen
Lage unserer Volkswirtschaft, die sieh in der stark herabgeminderten
Zahl der Arbeitslosen ausdrückt, in diesem Staate mit. Recht
gesprochen werden kann, dann muß ausdrücklich festgestellt
werden, daß Tausende Angehörige der Landwirtschaft
zunächst nichts von dieser gebesserten wirtschaftlichen Lage
trotz allem Sparen und Einschränken, trotz harter Arbeit
von früh bis spät bei der einfachsten Lebenshaltung
verspüren. (Hluk na levici.) Das muß hier ausgesprochen
werden, umsomehr als we te Kreise der Bevölkerung der Meinung
sind, der Landwirtschaft gehe es sehr gut. Einem großen
Teil unserer mittleren Landwirtschaft, unserer Kleinbauern geht
es wirtschaftlich recht schlecht, großen Ausgaben stehen
kleine Einnahmen gegenüber und sie müssen kargen, um
das Durchkommen zu finden. Die Folge der schlechten wirtschaftlichen
Lage in der Landwirtschaft führt zur immer größeren
Verschuldung und diese zunehmende Verschuldung der Landwirtschaft
bildet eine Gefahr für die ganze Volkswirtschaft, denn die
Landwirtschaft ist und bleibt die Grundlage der Volkswirtschaft
und Kultur in diesem Staate. Unwetterschäden und katastrophale
Dürre haben im Jahre 1928 die Hoffnungen tausender Bauern
und Kleinbauern, nach mühevoller Arbeit endlich ernten zu
können, in großen Gebieten zunichte gemacht, und was
fleißige Hände durch Monate in schwerer Arbeit geschaffen,
ist teilweise durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse
im Wachstum behindert worden, teilweise durch Elementarereignisse
vernichtet und eine Mißernte gefährdet in vielen Gegenden
die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe. Von dieser Stelle
aus weise ich namens der deutschen Bauernschaft und des Kleinbauernstandes
den Vorwurf des Herrn Abg. Pohl der deutschen sozialdemokratischen
Partei auf das Schärfste zurück, daß die Bauern
hüben und drüben die Hauptschuld an der Preissteigerung
der Lebensmittel tragen. (Výkøiky poslancù
nìm. soc. dem. strany dìlnické.) Der
Ausfall der Ernte, dessen Wert keinesfalls die Milchpreiserhöhung
von 20 Heller per Liter ersetzen kann, hat die Erzeugungskosten
viel höher gestaltet und nur die Mißernte ist die Ursache
dieser bescheidenen Preiserhöhung. Im übrigen ist Fleisch,
Brot und Weißgebäck billiger als im Jahre 1927 zur
selben Zeit, und Speisekartoffel "Hassia" wurden am
vergangenen Dienstag an der Börse mit 42 Hellern ab Verladestation
gehandelt, so daß franko jeder Station das Kilogramm Speisekartoffeln
auf 50 Heller höchstens zu stehen kommt, also von einer enormen
Erhöhung der Lebensmittelpreise überhaupt keine Rede
sein kann. Die Oppositionsparteien schrecken jedoch mit Rücksicht
auf die kommenden Wahlen vor keinem Agitationsmittel, selbst nicht
vor der unhaltbaren Beschuldigung schwerarbeitender Menschen der
Dorfgemeinde zurück. Herr Abg. Pohl hat mit seiner
unbegründeten Beschuldigung am 7. September hier im Parlamente
den Kleinbauern einen schlechten Dienst erwiesen, er hat ihnen
den geringen Lohn für mühevolle Arbeit abzusprechen
versucht. Die mannhaften Worte des Herrn Ministers für Landwirtschaft
an die Gegner der Landwirtschaft anläßlich der Behandlung
des Voranschlages im Budgetausschuß, an jene Personen, die
jedes bedauernswerte Unglück parteipolitisch zu mißbrauchen
versuchen, werden von der deutschen Landwirtschaft voll und ganz
unterstrichen. Richtig ist, daß die Sozialpolitik in diesem
Staate im Banne sozialistischer Parteipolitik steht.
Der Aufbau des Voranschlages des Landwirtschaftsministeriums
für 1929 ist infolge Neuorganisierung ein ganz anderer als
im Vorjahre und dieser Umstand kommt natürlich in
einer anderen Gliederung der Voranschlagsposten zum Ausdruck.
Wenn der gesamte Aufwand des Ministeriums für Landwirtschaft
für das Jahr 1929 gegenüber dem Vorjahre um rund 29
Mill. Kè erhöht wurde, zeigen dennoch die Zahlen der
direkten Landwirtschaftsförderung betrübliche
Erscheinungen und es stehen der Landwirtschaft in vieler Hinsicht
zur Lösung ihrer Aufgaben geringere Beträge als im Vorjahre
zur Verfügung. Das Kapitel Landwirtschaft hat von jeher im
Staatsvoranschlage eine bescheidene Rolle gespielt, und auch die
Ziffern des uns vorliegenden Budgets beweisen, daß die Landwirtschaft
in diesem Staate noch nie die bevorzugte Rolle gespielt hat. wie
so gern von verschiedener Seite behauptet wird und wo eine bestimmte
landwirtschaftlich-feindliche Prager Tagespresse am 7. September
1928 mit den gesperrt gedruckten Worten: "Man sieht, daß
es die Agrarier mit sich recht gut meinen," neuerlich darauf
verweist, aber dabei übersieht, daß die Ausgaben des
Ministeriums für Landwirtschaft nicht dem Einzelnen, sondern
der Allgemeinheit zugute kommen.
Wiederholt wurde von unserer Seite der Wunsch
zum Ausdruck gebracht, daß im Ministerium für Landwirtschaft
endlich auch deutsche Beamte Anstellung finden, wo doch auch in
anderen Ministerien bereits deutsche Beamten angestellt wurden.
Sprachlich und fachlich voll qualifizierte Beamte stehen zur Verfügung
und dennoch fand der immer wiederholte berechtigte Wunsch keine
Berücksichtigung. Aus berufenem Munde einmal zu hören,
welche Hindernisse gegen die Einstellung deutscher Beamter im
Landwirtschaftsministerium eigentlich vorliegen, ist das Verlangen
der deutschen landwirtschaftlichen Öffentlichkeit. Vom deutschen
Standpunkte kann die Nichterfüllung dieser begründeten
Forderung nach einer zweijährigen Zusammenarbeit, wo insbesondere
die Vertreter der deutschen Landwirtschaft bewiesen haben, daß
es ihnen mit dieser Zusammenarbeit ernst ist, daß sie den
Ausgleich von Nation zu Nation wünschen und den Prozeß
der Befriedigung aller Völker durch die Teilnahme an der
Lösung der nationalen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen
beschleunigen helfen wollen, nicht gebilligt werden. Wir erwarten,
daß im Laufe der nächsten Zeit deutsche Beamte im Ministerium
für Landwirtschaft Anstellung finden.
Nicht unwidersprochen dürfen von unserer
Seite die Auslassungen des Herrn Abg. Špaèek
bleiben. Der Genannte hat vor zwei Tagen hier im Hause erklärt,
daß die deutschen Regierungsparteien den èechischen
nationalen Bestrebungen hinderlich im Wege stehen und hat insbesondere
die beiden deutschen Minister, in deren Politik er ein schweres
Unglück für das èechische Volk erblickt, in einer
Art angegriffen, die unter keinen Umständen gerechtfertigt
ist. Dem gegenüber erkläre ich, daß wir als Vertreter
des deutschen Volkes in der Regierung auch im gegenwärtigen
Zeitpunkte unserer Unzufriedenheit leider Ausdruck geben müssen
und daß wir anläßlich der Besprechung des Staatsvoranschlages
für das Jahr 1929 über die Behandlung deutscher Interessen
Beschwerde zu führen gezwungen sind. Die schwere Arbeit,
die heute die deutschen Abgeordneten der Regierungsmehrheit zu
bestreiten haben, der dornenvolle Weg, den wir gehen müssen,
wäre wert, daß den Belangen des deutschen Volkes auf
kulturellem, wirtschaftlichem und nationalen Gebiete eine bessere
Entwicklungsmöglichkeit gegeben werde. Wir haben das unserige
getan: wir haben anstelle des ewig zermürbenden Nationalitätenkampfes
die friedliche Zusammenarbeit, die auch im Interesse dieses Staates
und insbesondere des Ansehens im Auslande gelegen ist, gesetzt.
Die andere Seite möge endlich einmal auch dieselbe
Bereitwilligkeit zeigen. Die Stadt Prag, Ihre Nation, rüstet
zu den Jubiläumsfeierlichkeiten. Vergesse das èechische
Volk anläßlich des zehnten Jahrestages der Republik
nicht, daß einer der edelsten Stämme des deutschen
Volkes und das höchst stehende Slavenvolk in diesem Staate
zu einem Staatsvolke vereinigt wurden und in Würdigung dieses
Umstandes möge unsere Zusammenarbeit dem deutschen Volke
Recht und Freiheit wiedergeben.
Anerkannt muß werden, daß das Landwirtschaftsministerium
dem landwirtschaftlichen Schulwesen wie überhaupt dem landwirtschaftlichen
Fortschritte eine große Aufmerksamkeit widmet. Wenn auch
ein Groß. teil der zur Verfügung stehenden Geldmittel
mit Rücksicht auf die Verhältnisse in den östlichen
Teilen des Staates Verwendung findet, so ist doch in den historischen
Ländern manches geleistet worden. Über die Art der Fortbildung
haben sich in landwirtschaftlichen Kreisen schon oft Meinungsverschiedenheiten
ergeben. Das Bestreben, daß jedem Landwirte, auch dem wirtschaftlich
Schwachen, Schulbildung ermöglicht wird, muß vor allem
bei der Beurteilung dieser Frage vorherrschend sein. Die Bedeutung
der landwirtschaftlichen Winterschulen mit zwei Jahrgängen
zu je 6 Monaten muß besonders hervorgehoben werden, weil
diese Schulen in landwirtschaftlichen Kreisen bei noch immerhin
geringen Opfern des Einzelnen für den Fortschritt insoferne
von Bedeutung sind, als das in den Winterschulen Gelernte im praktischen
landwirtschaftlichen Leben nachweisbar überall gute Verwertung
gefunden hat und der Unterricht an diesen Schulen für die
Betriebsführung der mittleren Landwirtschaft ausreicht. Der
Besuch von landwirtschaftlichen Winterschulen weckt das Interesse
für das öffentliche landwirtschaftliche Leben und für
die Weiterentwicklung des Fortschrittes. Wir finden die Schüler
der landwirtschaftlichen Winterschulen in unseren Fachkörperschaften,
in den landwirtschaftlichen Vereinen äußerst tätig,
sie beleben mit ihrer Arbeit das landwirtschaftliche Vereins-
und Organisationswesen.
In deutschen Gebieten haben wir zu wenig landwirtschaftliche
Winterschulen. Die große Entfernung von der Schule hält
die Schüler von dem Besuche derselben ab. Dem Verlangen nach
Schaffung landwirtschaftlicher Winterschulen im deutschen Gebiete
möge deshalb von seiten des Landwirtschaftsministeriums das
größte Wohlwollen entgegengebracht werden und die Neuerrichtung
derartiger Schulen nicht unterbunden werden.
Die Bestrebungen des Ministers für Landwirtschaft,
neben rein schulmäßiger Ausbildung andere landwirtschaftliche
Fortbildungs-Einrichtungen und Möglichkeiten zu schaffen,
weniger Theorie und mehr Praxis im landwirtschaftlichen Unterrichtsbetriebe
einzuführen, werden von der deutschen Landwirtschaft sehr
begrüßt. Das landwirtschaftliche Schulwesen soll in
erster Linie dem praktisch tätigen Landwirte zugute kommen,
und die Stimmung der breiteren Schichten der landwirtschaftlichen
Bevölkerung war stets nach der heute vom Ministerium für
Landwirtschaft verfolgten Richtung eingestellt. Bei Rücksichtnahme
auf die Bedürfnisse des praktischen Lebens in der Landwirtschaft
im landwirtschaftlichen Schulbetriebe ist gewiß eine größere
Anzahl von Angehörigen der Landwirtschaft für den Schulbesuch
zu gewinnen. Die Wirtschaftsberatung des Einzelnen, die Förderung
der Errichtung von Beispielswirtschaften durch Beistellung öffentlicher
Mittel sind für die Zukunft wichtige Fragen des landwirtschaftlichen
Fortschrittes und gehören neben schulmäßiger Ausbildung
zu den bereits erwähnten Fortbildungseinrichtungen. Die Errichtung
einer staatlichen landwirtschaftlichen Versuchsstation im Karlsbader
Gebiete wird von der deutschen Landwirtschaft mit großer
Befriedigung zur Kenntnis genommen. Nach dem Motivenberichte beabsichtigt
das Ministerium für Landwirtschaft die Abhaltung von zwei
Kursen für Lehrerinnen an landwirtschaftlichen Volksbildungsschulen.
Ich kann nicht umhin, heute den Wunsch auszusprechen, daß
auch für deutsche Lehrerinnen ein derartiger Kurs abgehalten
wird, weil ja von staatlicher Seite und auch sonst für unsere
in der Landwirtschaft heranwachsenden Mädchen sowie für
unsere Hausfrauen viel zu wenig geschieht.
Man vergißt immer an sie, man denkt an
die Mädchen und Frauen, die in der landwirtschaftlichen Hauswirtschaft
und auf dem Felde tätig sind, nicht, und es kommt einem so
vor, als ob diese des Fortschrittes nicht wert wären oder
sich selbst helfen sollten. Im Ministerium für Landwirtschaft
möge über die Frage der Ausbildung der Mädchen
und Frauen des landwirtschaftlichen Berufes einmal gründlich
nachgedacht werden, damit es endlich auf diesem Gebiete anders
wird. Wenn durch Abhaltung von Kursen an landwirtschaftlichen
Fortbildungsschulen der erste Schritt zur Abhilfe getan werden
soll, dann stelle ich das Verlangen, daß auch für deutsche
Lehrerinnen Kurse an landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen
abgehalten werden. Die Bedeutung des landwirtschaftlichen Mittel-
und Hochschulwesens zur Bildung des geistigen Nachwuchses ist
uns allen klar. Ich habe bereits im Jahre 1927 im Landwirtschaftsausschusse
die Bedürfnisse der deutschen Landwirtschaft in Bezug auf
das Hochschulwesen vertreten. Ich will auch im heurigen Jahre
von dieser Stelle aus den Wunsch nach dem Ausbau derselben neuerlich
aussprechen.
Durch den Ankauf von Grundstücken und
Baulichkeiten in Tetschen-Liebwerd wurden für die Ausgestaltung
der landwirtschaftlichen Hochschulabteilung dort ein wichtiger
Schritt nach vorwärts getan. Durch diesen Kauf ist die Voraussetzung
dafür geschaffen, daß den bestehenden Bedürfnissen
der Hochschule Rechnung getragen werden kann. Die Herstellung
der notwendigen Zubauten und Aufbauten auf den in Liebwerd bestehenden
Gebäuden, die Ernennung von Professoren auf vakante Lehrstellen
ist unumgänglich notwendig und die diesbezüglichen Vorschläge
liegen seit langer Zeit im Ministerium für Schulwesen. Die
hiefür notwendigen Geldmittel wurden bereits zugesagt und
es wäre an der Zeit, daß dieser Betrag im Staatsvoranschlag
für das Jahr 1929 eingestellt würde. Für die mährische
Landwirtschaft ist die Besetzung der an der deutschen technischen
Hochschule in Brünn systemisierten Lehrkanzel für Landwirtschaft
notwendig, was insbesondere auch im Interesse der Studenten der
Kulturtechnik gelegen ist. Der Plan des Landwirtschaftsministeriums,
die Ablegung der zweiten Staatsprüfung für Forstwesen
den Absolventen der Forsthochschule vorzubehalten, macht die Errichtung
einer deutschen Forsthochschule notwendig, da sonst Deutsche von
der Erlangung leitender Stellen im Forstwesen ausgeschlossen werden.
Die landwirtschaftlichen Organisationen werden bestrebt sein,
die Standortfrage zu regeln. Es handelt sich zunächst darum,
daß die notwendigen Gelderfordernisse im Staatsvoranschlag
bereit gestellt werden. Immer dringender wird die Frage der Errichtung
einer deutschen Veterinärhochschule, da die gegenwärtigen
Verhältnisse befürchten lassen, daß in der nächsten
Zeit an deutschem Nachwuchs von Tierärzten sich bereits Mangel
fühlbar machen wird. Die medizinische Fakultät in Prag
hat sich dafür ausgesprochen, daß die Veterinärhochschule
der human-medizinischen Fakultät in Prag angeschlossen und
provisorisch der landwirtschaftlichen Hochschulabteilung Tetschen-Liebwerd
angegliedert wird, da die vorbereitenden Disziplinen dort vertretei
und insbesondere auch das Tiermaterial vorhanden ist. Es wären
lediglich für die beiden ersten Jahrgänge 3 Dozenturen
oder Professuren zu schaffen. Für den 3. und 4. Jahrgang
wären 6 Professuren zu errichten.
Seit dem Bestand des Staates war die autonome
landeskulturelle Interessenvertretung in den Landeskulturräten
gegeben und ihre Tätigkeit hat für die Landwirtschaft
Anerkennenswertes geleistet. Es ist vor allem notwendig, daß
das Ministerium für Landwirtschaft den sachlichen Wirkungskreis
des Landeskulturrates keinesfalls dadurch einengt, daß es
einzelne Agenden derselben ganz oder teilweise an sich zieht.
Das gilt insbesondere hinsichtlich der Verwendung der dem Landwirtschaftsministerium
im Staatsvoranschlag gewährten Kredite zur unmittelbaren
Landwirtschaftsförderung, das gilt auch hinsichtlich der
Bewilligung von Subventionen. Es ist notwendig, daß die
für Subventionszwecke bestimmten Dotationen des Ministeriums
für Landwirtschaft ihrer Zweckbestimmung, soweit nicht besondere
Umstände eine Ausnahme gerechtfertigt erscheinen lassen,
wieder im Wege des Landeskulturrates zugeführt werden. Mit
Druck Nr. 1604 wurde dem Abgeordnetenhause die Regierungsvorlage,
betreffend die Aufhebung des technischen Bureaus der Landeskulturräte
für Böhmen, überreicht. Nach dieser Vorlage soll
das technische Bureau dem Landesverwaltungsausschuß angegliedert
werden und es wird diese Maßnahme mit der wünschenswerten
Unifizierung der Verwaltung des kulturtechnischen Dienstes in
allen Ländern des Staatsgebietes begründet. Wenn die
Verstaatlichung des technischen Bureaus des Landeskulturrates
für Böhmen unbedingt kommen muß, so verlangt die
deutsche Landwirtschaft die Einräumung einer angemessenen
Kompetenz an die beim Landeskulturrat zu belassende kleine kulturtechnische
Abteilung und die Dotierung derselben mit einem auskömmlichen
Beamtenstande. Wir betrachten die Aufhebung des technischen Bureaus
des Landeskulturrates für Böhmen als eine Einschränkung
der landeskulturellen Autonomie zugunsten der staatlichen Verwaltung.
Keinesfalls kann zugegeben werden dne Einschränkung des Wirkungskreises
der Sektionen, die sieh durch die Errichtung der landwirtschaftlichen
Bauberatungsstelle im Jahren 1926 beim technischen Bureau des
Zentralkollegiums des Landeskulturrates bemerkbar macht, weil
dadurch die Bauberatung dem Zentralkollegium unterstellt wurde.
Das böhmische Landeskulturratesgesetz umschreibt den sachlichen
Wirkungskreis sehr genau und dieser Umstand erfordert, daß
diese Stelle eben nur Bauberatung pflegen soll und daß die
von der deutschen Sektion eingeleitete und mit bestem Erfolg durchgeführte
Aktion zur Förderung und Errichtung von Düngerstätten,
Jauchegruben und Silos hiedurch keine Einbuße erleidet.
Die Subventionen für diese Bauten sollen grundsätzlich
den Sektionen gewährt werden und muß insbesondere verlangt
werden, daß nicht private landwirtschaftliche Organisationen
mit der Lösung dieser Frage betraut werden, weil dadureh
unzweifelhaft den Sektionen der Landeskulturräte eine Arbeit
entzogen würde, die dieselben mit großem Erfolg bisher
durchgeführt haben, und wodurch die Bedeutung der Landeskulturräte
eine Schwächung erfahren müßte. Die landwirtschaftliche
Bauberatung soll in dem Wirkungskreise der Sektionen bleiben und
die Mittel hiefür zur Verfügung gestellt werden.