Pátek 9. listopadu 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 175. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 9. listopadu 1928.

Øeè posl. Knirsche (viz str. 28 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehende Regierungsvorlage bezweckt die Angliederung der technischen Kanzlei, die gegenwärtig dem Landeskulturrratskollegium untersteht, an das staatliche Landesamt. Es wird dies als eine scheinbar untergeordnete administrative Maßnahme hingestellt, aber wer sich mit der Vorlage etwas eingehender beschäftigt, ersieht aus ihr, daß es sich hier um eine Vorlage auch von großer grundsätzlicher Bedeutung handelt (Sehr richtig!) und zwar deshalb, weil sie im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform den konsequenten Abbau der Selbstverwaltung beinhaltet. Nach den Gemeinden und Bezirken kommen nun alle jene Institutionen an die Reihe, in denen sich noch ein Stück Selbstverwaltung herübergerettet hat. Begründet wird diese Reorganisation mit der Notwendigkeit der Zentralisierung der gesamten Wasserwirtschaft in einer einzigen Kanzlei, und zwar Flußregulierungen, Meliorationen, Wildbachverbauungen usw. Selbst von diesem Gesichtspunkt aus ist die Vorlage unbegründet, weil, was die Flußregulierungen und Wildbachverbauungen anbelangt, hier eine Einheitlichkeit in der Materie besteht, während die Voraussetzungen, daß auch die Meliorationen in diese Einheitlichkeit fallen, nicht gegeben sind. Im Gegenteil, gerade die landwirtschaftlichen Körperschaften ohne Unterschied der Nation hätten, wenn sie noch ein Stückchen Sinn für Selbstverwaltung sich bewahrt hätten, das größte Interesse daran, daß die Kanzlei wie bisher bestehen bleibt, unterstellt dem Zentralkollegium des Landeskulturrates, wo die landwirtschaftlichen Vereinigungen doch einen gewissen Einfluß auf die Arbeiten der Kanzlei ausüben konnten. Wenn die Regierungsvorlage aber jetzt Gesetz wird, erscheint der Einfluß der Landeskulturratssektionen usw. auf die Meliorationsarbeiten und deren Durchfübrung vollständig beseitigt. (Pøedsednictví pøevzat místopøedseda Slavíèek.)

Wir haben aber nicht nur von diesem sachlichen Gesichtspunkt aus hier Einwendungen zu erheben, sondern als Deutsche auch vom nationalen Gesichtspunkt. In der technischen Kanzlei waren schon bisher in überwiegendem Maße èechische Beamte, die recht wenig Sinn dafür hatten, daß auch in den deutschen Gebieten die Meliorationsarbeiten in dem gleichen Maße fortschreiten und betrieben werden, wie in den èechischen Gebieten. (Výkøiky posl. dr Zadiny.) Mir wenigstens wurden statistische Daten darüber vorgelegt, in welchem Maße diese Meliorationsarbeiten im èechischen und in welchem Maße sie im deutschen Gebiet durchgeführt erscheinen und wie geringfügig die Summen sind, die im Verhältnis zu den èechischen Gebieten für die deutschen Gebiete ausgegeben werden. Wenn das schon im bisherigen Wirkungskreis der technischen Kanzlei so war, wo bisher auf diese Arbeiten auch die deutsche Sektion des Landeskulturrates immerhin einen gewissen Einfluß ausüben konnte, so können wir uns, wenn wir uns das ganze staatliche System vor Augen halten, wohl ein Bild davon machen, wie die technische Kanzlei, die nunmehr vollständig der staatlichen Zentralexekutive unterstellt wird, nunmehr das Interesse der deutschen landwirtschaftlichen Gebiete wahren wird. Wir haben also auch vom nationalen Gesichtspunkte aus begründete Ursache, diese Reorganisation abzulehnen. Sie fügt sich würdig ein in alle bisherigen Maßnahmen und Bestimmungen, die darauf hinauslaufen, den letzten Rest der Selbstverwaltung nicht nur auf nationalem Gebiete, sondern auch die staatsbürgerliche Selbstverwaltung einfach zu beseitigen und es ist für uns unverständlich, warum auch von diesem Gesichtspunkte aus sich unter den èechischen Bauern nichts rührt, um gegen diese immer weiter fortschreitende Einschränkung der staatsbürgerlichen Selbstverwaltung Einsprache zu erheben. Bedenken Sie auch, meine Herren von den èechischen Bänken: Je mehr Sie den Staatsbürgern die Möglichkeit der Mitwirkung an der Verwaltung benehmen, je mehr Sie den Staatsbürgern auch Ihrer Nation die Möglichkeit der Anteilnahme an der Mitverwaltung und Mitarbeit in jenen Institutionen benehmen, die ihre wirtschaftlichen und kulturellen Interessen verwalten, desto mehr schwindet - das ist ein Erfahrungssatz der Geschichte - der Sinn und das Interesse für den Staat als solchen, weil die Leute selbstverständlich abgestumpft und teilnahmslos werden. Ein Zeichen dieser fortschreitenden Teilnahmslosigkeit auch in Ihrem Volke an den großen grundsätzlichen Fragen der Staatsverwaltung ist der Anblick, den die gesetzgebende Körperschaft auch bei Beratung derartig tief einschneidender grundsätzlicher Gesetzesvorlagen hier bietet. In diesem Zusammenhang der Bestrebungen nach systematischer Einschränkung der Selbstverwaltung auf allen Gebieten verstehen wir nun, warum gerade in der gegenwärtigen Zeit von Seite der Staatsanwaltschaft und der Regierung in der Bevölkerung draußen jede Regung, die sich nach Erringung oder Forderung der Selbstverwaltung bemerkbar macht, unterbunden oder erstickt werden soll Im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen ist es selbstverständlich, daß selbst Forderungen von der Staatsanwaltschaft konfisziert werden, die sich auf rein innerpolitischem Gebiet bewegen. Präsident Masaryk hat anläßlich des zehnjährigen Bestandes der Republik eine Botschaft erlassen, in welcher er sich zum Grundsatz der territorialen Selbstverwaltung der Völker bekannte. Und der Staatsanwalt der Regierung konfisziert selbst die Forderung nach Schulautonomie in unserem Staate. Er erlaubt sich sm Tage nach de. Verkündigung dieser Botschaft zu konfiszieren, daß wir für unser deutsches Gebiet deutsche Beamte in Verfolg unserer Forderung nach Selbstverwaltung verlangen. Er erlaubt sich zu konfiszieren, daß wir die Gleichberechtigung der deutschen Sprache im Staate und in unseren deutschen Gebieten in Amt und Verkehr die deutsche Sprache eingeführt wissen wollen. Er erlaubt sich zu verbieten, daß wir die Beseitigung der Staatspolizei verlangen, Forderungen, die sich rein auf dem Gebiete der inneren Politik bewegen und in gar keiner Verbindung mit sonst irgend etwas stehen. Er könnte es nicht tun, wenn er nicht wüßte, daß diese seine Arbeit von oben nicht nur gewünscht, sondern gern gesehen wird, oder wenn sie nicht direkt von oben angeordnet würde. (Posl. Horpynka: Anbefohlen! Diese Forderungen sind berechtigt und deshalb darf sie das èechische Volk nicht einmal erfahren!) So ist es; ich meine, daß gerade der jetzige Augenblick gewählt erscheint, um in dieser Hinsicht mit aller Brutalität und Rücksichtslosigkeit vorzugehen, weil wir vor Neuwahlen stehen, weil die Wahlbewegung den Parteien die Gelegenheit geben soll, ihre grundsätzlichen Auffassungen und Forderungen draußen zu vertreten und zu verfechten und man will daher den oppositionellen Parteien die Möglichkeit der Werbearbeit in der Bevölkerung unterbinden, indem man die einfachsten und selbstverständlichsten Forderungen innerpolitischer Natur konfisziert. (Posl. Horpynka: Die deutschen Regierungsparteien wollen nicht an ihr früheres Programm erinnert werden!) So ist es, von diesem Gesichtspunkt legen wir vor allem den schärfsten Protest gegen diese Zensurpraxis, gegen die Unterbindung der Werbearbeit der politischen Parteien ein. Wenn Ihnen die Forderungen einer politischen Partei staatsgefährlich erscheinen, dann haben Sie ja die Möglichkeit, die Parteien als solche überhaupt aufzulösen; aber wo bleibt ein Gedanke von Demokratie übrig, wenn Sie den Parteien verwehren wollen, für ihre programmatischen Grundsätze und Forderungen einzutreten? Wir protestieren daher von dieser Stelle aus gerade im gegenwärtigen Augenblick, da die Wahlbewegung im Gange ist, mit besonderem Nachdruck gegen diese Einschränkung unserer Arbeit und der Vertretung unserer Forderungen draußen im Volke. Wir werden nach wie vor den Gedanken der Selbstverwaltung nicht nur hoch halten, sondern selbstverständlich mit allen Mitteln verfechten und sind überzeugt davon, daß der Gedanke marschieren und sich durchsetzen wird trotz Ihrer Zensur, trotz Staatsanwaltschaft und Rotstift. Die gegenwärtige Vorlage lehnen wir aber ab, weil sie, wie ich kurz dargestellt habe, ein Stück staatsbürgerlicher Selbstverwaltung und Mitverwaltung beseitigt, aber auch vom nationalen Gesichtspunkt aus, weil wir wissen, daß das bißchen nationales Recht, das wir jetzt noch auf dem Gebiete der technischen Kanzlei ausüben konnten, in Hinkunft noch mehr eingeschränkt sein wird.

Ich wundere mich darüber, daß sowohl die èechischen als auch die deutschen Landwirte nicht selbst gegen diese Neuorganisation Protest erhoben haben, die auch ihnen ein Stückchen des Mitredens auf einem Gebiete verwehrt, das ihr ureigenstes sein sollte. Ich verstehe nicht unsere deutschen Regierungsparteien, insbesondere den Bund der Landwirte, daß er einer Gesetzesvorlage zustimmen kann, die auch der deutschen Sektion des Landeskulturrates die Möglichkeit benimmt, wenigstens für das deutsche landwirtschaftliche Gebiet wie bisher Einfluß zu nehmen. Wir werden gegen diese Vorlage stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické a nìm. strany národní.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP