Ètvrtek 14. února 1929

Wo bleibt die schlesische Kommission? Vielleicht wird sie errichtet werden, das weiß man noch nicht, vielleicht auch nicht. Aber wenn sie errichtet werden wird, so wird sie aus sieben Mitgliedern bestehen (Výkøiky na levici.) und man kann sich vorstellen, wie die Beteiligung der Deutschen ausschauen wird. Sie wird auch ihren Sitz in Brünn haben. Troppau verlor nicht nur die Landesanstalten, sondern auch die staatlichen Ämter werden abgebaut, z. B. die Finanzlandesdirektion. (Posl. dr Schollich: Die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!) Ganz richtig! Es wurde die Landesfinanzdirektion abgebaut, von der ein Teil nach dem anderen nach Brünn verlegt wird, neuerlich wurde das Katastralmappenarchiv verlegt. Diese Angelegenheit behandle ich in einer lnterpellation, ich will auf sie nicht weiter eingehen. Alle Vorsprachen, es gab deren sehr viele, auch die im Dezember, blieben ohne Ergebnis, selbst Fragen der Verkehrsverbesserung wurden von den beteiligten Ministerien in einer Art behandelt - insbesondere vom Eisenbahnministerium - die man nur als Hohn und Spott hinstellen kann. Das zeigt sich insbesondere in der Frage der Konzessionierung von Kraftwagenlinien, die von der Gemeinde Troppau angestrebt worden ist. Insgesamt bewarb man sich um neun Linien nach verschiedenen Richtungen, ich greife nur eine heraus, die Linie Troppau-Mladetzko-Hof. Das Ministerium bewilligt nur Mladetzko-Hof. So sieht es auch bei den anderen Bewilligungen aus. Die Stadtgemeinde wird vom Kraftwagenverkehr abgeschnitten, liegt sozusagen mitten in einer Wüste und vom Rande dieser Wüste gehen die Linien aus. Das ist etwa so, wie wenn man z. B. einen Zeppelinverkehr Berlin-New York einrichten würde, aber das Luftschiff darf nicht von Berlin aus benützt werden, sondern erst von einem Punkte 100 km von der Küste, irgendwo im Atlantischen Ozean, wohin die Reisenden, die mitfahren wollen, schwimmen müssen. Das sind doch haarsträubende Dinge, so werden die notwendigen Entschädigungen einer Stadt für den Verlust ihres ganzen Ansehens gewährt, so wird sie von, den Ministerien behandelt und abgespeist. Nun, auch diese Angelegenheit werde ich noch ausführlicher behandeln.

Wir stellen die weitere Frage: Wo bleibt die Rückgabe der Troppauer Autonomie? Wir befinden uns jetzt in einem ganz unmöglichen Zustand. Die Bezirksbehörde von Troppau - Land verwaltet heute noch eine Anzahl An gelegenheiten, die der Stadt Troppau, also der Bezirksbehörde Troppau-Stadt zukommen. Unterdessen ist die Bezirksvertretunh Troppau-Land konstituiert und entscheidet infolge dessen auch über Angelegenheiten der Stadt Troppau die Bezirksvertretung, die mit der Stadt Troppau nicht das Geringste zu tun hat, denn die Stadt Troppau hat nicht mitgewählt, ihre Gemeindevertretung soll ja Bezirksbehörde sein; und dieser unmögliche Zustand bleibt weiter bestehen, sei es aus Schlamperei, sei es aus Absicht. Es ist eben unmöglich, daß der Innenminister gleichzeitig Landespräsident ist. Entweder kümmert er sich um das eine oder um das andere. Er ist Präsident noch dazu in einem Gebiete, welches durch die Zuteilung Schlesiens vor eine Unmenge neuer Aufgaben gestellt wurde. Das ist ein Zustand, der schon in der kürzesten Zeit von ganz unheilbaren Folgen begleitet sein wird. Aber es wird nichts getan, um ihn zu beseitigen, anscheinend ist für die Koalition der Minister Èerný glatt unentbehrlich; es scheint, daß kein fähiger Mensch da ist.

Gelegentlich der parlamentarischen Behandlung des Gesetzes über die Organisation der politischen Verwaltung haben wir nicht nur gegen das Ernennungsrecht Stellung genommen, sondern auch darauf verwiesen, daß man den staatlichen Beamten noch mehr Macht in die Hände spielt, als sie bis dahin schon hatten. Wir haben darauf hingewiesen, daß diese Bezirkshauptleute nun geradezu angereizt werden, sich zu Bezirkspaschas zu entwickeln. Für diese Behauptung haben wir gerade in den letzten Tagen ein kennzeichnendes Beispiel, ein Schulbeispiel erlebt (Výkøiky: Komotau!), das ist Komotau. Die Stadt Komotau und die Nachbargemeinde Oberdorf haben sich vereinigt. Bis zur Neuwahl der Gemeindevertretung werde im Einvernehmen mit der staatlichen Behörde eine nach dem Schlüsselverhältnis der politischen Parteien zusammengesetzte Verwaltungskommission eingesetzt, an deren Spitze der frühere Bürgermeister Dr Storch steht. Nun ist zwischen dieser Verwaltungskommission und dem Bezirkshauptmann, einem gewissen Dr Wagner, ein Zwist ausgebrochen, dessen Ursache darin liegt, daß die Bezirksbehörde verlangte, daß auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes über die Organisation der politischen Verwaltung der Neubau eines Amtshauses vorgenommen werde, ein Neubau, welcher annähernd zwei Millionen Kè verschlingen würde. Dieses Ansinnen hat die Gemeindeverwaltungskommission in ihrer Sitzung am 18. Jänner mit überwiegender Mehrheit abgelehnt, mit einer Mehrheit, die aus Mitgliedern der Nationalpartei, der Nationalsozialisten und Kommunisten bestand, und zwar mit dem Hinweis darauf, daß durch die Bestimmungen des Gemeindefinanzgesetzes die Gemeinde eben nicht in der Lage sei, diesen ungeheueren Betrag auszugeben, schon mit Rücksicht darauf, daß im Gemeindevoranschlag von den Oberbehörden eine Unmenge von Streichungen vorgenommen wurde auf dem Gebiete des Schulwesens, der sozialen Fürsorge, der Hygiene usw. Die Gemeinde ist kaum in der Lage, ihre Straßen ordentlich zu kehren und sie soll nun einen solchen Riesenbetrag für ein Amtsgebäude hinauswerfen. Sie hat sich bereit erklärt, der Behörde eine Anzahl von Kanzleiräumen vorläufig zur Verfügung zu stellen. Darauf erfolgte die Auflösung mit folgender klassischen Begründung: "Die aus Deutschnationalen, Nationalsozialisten und Kommunisten bestehende Mehrheit der von der Staatsverwaltung eingesetzten Gemeindeverwaltungskommission in Komotau glaubte wegen Übergehung ihrer Parteien bei der Ernennung von. Fachleuten für die Bezirksvertretung in Komotau gegen die Staatsregierung demonstrieren zu müssen..." (Rùzné výkøiky.) Was sich so ein Mensch herauszunehmen wagt! (Výkøiky.) Es kommt noch schöner: "... indem sie den für die definitive Unterbringung der Bezirksbehörde in Komotau vorgesehenen Kredit aus dem Voranschlag ausgeschieden hat. Diese politische Demonstration erfolgte trotz vorausgegangener Abmahnung ohne die geringste Rücksichtnahme auf die aus einer solchen Stellungnahme entspringenden finanziellen Nachteile für die Stadtgemeinde und auf die dadurch beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der erwerbenden Bevölkerung sowie unter Verleugnung früherer wiederholter Zusicherungen". Der Bezirkshauptmann erlaubt sich nicht nur, gegen politische Parteien in einer Art und Weise zu polemisieren, die jeder Beschreibung spottet, sondern er vernadert sie auch noch bei der Bevölkerung. So etwas ist Vertreter der Staatsgewalt! "Nachdem hiermit die Mehrheit der Verwaltungskommission auf politische Manifestation mehr Gewicht legt, als auf die ihr obliegende Wahrung des öffentlichen Interesses, ein Personenwechsel aber bei der durch das Wahlgesetz gegebenen Bindung der politischen Parteien keine Abhilfe zu schaffen vermag, so löse ich mit heutigen Tage die Gemeindeverwaltugskommission auf und bestelle den Obergerichtsrat im Ruhestande Dr Jungmann zum Regierungskommissär der Stadt Komotau und betraue ihn mit der Führung der Gemeindeverwaltung." Da spricht man in der Geschichte von aufgeklärtem Absolutismus. Diese Zeit liegt 150 Jahre hinter uns. Das ist allerdings auch ein Absolutismus, aber ein aufgeklärter bestimmt nicht, sondern ein verblödeter. (Posl. dr Lehnert: Da hat man den Kaiser Josef von den Denkmälern gestürzt!) Sehr richtig! Jetzt sollten sie den Herrn Wagner auf den Sockel des Kaiser-Josef-Denkmals aufstellen als Kennzeichen des Geistes, der in der Staatsverwaltung herrscht. (Výkøiky posl. Knirsche.)

Wir sind mit der Darstellung der Komotauer Angelegenheit noch nicht fertig. Nun hat sich Herr Dr Storch in einem Aufrufe an die Bevölkerung gewendet, indem er auch mitgeteilt hat, welches der Grund dieser Auflösung ist. Die Bezirksbehörde hat dem "Deutschen Volksblatt", welches in einer Notiz: "Die Gemeindeverwaltungskommission der Stadt Komotau aufgelöst" von dieser Auflösung unter Abdruck der amtlichen Kundmachung die Bevölkerung verständigte, eine amtliche Berichtigung zugeschickt. Sie ist geradezu köstlich und ich kann es mir nicht ersparen, hier wenigstens einige Sätze daraus festzuhalten, wobei ich allerdings voraus setze, daß das geehrte Präsidium des Abgeordnetenhauses nicht vielleicht zum Schutze des Herrn Bezirkspaschas von Komotau mir diese Sätze aus meiner Rede herauszensuriert. (Posl. dr Lehnert: Das haben wir auch schon erlebt!) Da heißt es: "In dem mit Die Gemeindeverwaltungskommission der Stadt Komotau aufgelöst überschriebenen Artikel der Nr. 30 des Deutschen Volksblattes wird behauptet, daß die Gemeindeverwaltungskommission deshalb aufgelöst worden sei, weil sie den Neubau eines Amtsgebäudes verweigert hat. Dies ist ein grober Irrtum. Denn die amtliche Kundmachung sagt klipp und klar, daß die Auflösung der Verwaltungskommission wegen ihrer demonstrativen Stellungnahme gegen die Regierung erfolgte." Die demonstrative Stellungnahme gegen die Regierung besteht allerdings nur darin, daß die Gemeindeverwaltungskommission den Betrag für den Neubau aus dem Gemeindevoranschlag herausgestrichen hat. Sie hat also tatsächlich den Neubau verweigert, aber der Bezirkshauptmann sagt, daß dies nicht der Grund der Auflösung ist, sondern der Grund der Auflösung sei eine Demonstration. Ich bin kein Psychiater und man kann nicht verlangen, daß ich die Gehirnwindungen des Herrn Bezirkshauptmannes von Komotau näher untersuche. (Posl. dr Lehnert: Das kann auch ein Fachmann nicht!) Koll. Dr Lehnert, der Arzt ist, bestätigt, daß das auch nicht möglich wäre. Ich nehme das zur Kenntnis und überlasse es der hochwohlweisen Regierung, selbst den Weg zu finden, um den guten Mann zu..... (Výkøiky.)

Er sagt also: "Das ist ein grober Irrtum, denn die amtliche Kundmachung sagt klipp und klar, daß die Auflösung der Verwaltungskommission wegen ihrer demonstrativen Stellungnahme gegen die Regierung erfolgte, wobei die Streichung des für den Neubau vorgesehenen Kredites diese politische Manifestation nur sinnfällig zum Ausdruck bringen sollte". Dieses historische Dokument glaubte ich den Herren Kollegen nicht vorenthalten zu dürfen. Am 10. d. M. fand eine von der deutschen Nationalpartei und den Nationalsozialisten einberufene öffentliche Protestversammlung gegen diese Auflösung statt, sie war sehr stark besucht und wurde vom Regierungsvertreter in dem Augenblick aufgelöst, wo der Redner Dr Storch auch auf die Ernennungen zu sprechen kam und an diesen Ernennungen Kritik übte. Aber nicht genug an der Auflösung, der Regierungsvertreter - ja es waren sogar deren zwei, einer genügte scheinbar nicht - ließ den Saal durch Gendarmerie mit gefälltem Bajonett räumen und er hat diese Gendarmerie erst dann zurückgezogen, als nach längeren Verhandlungen mit ihm die Versammlungseinberufer und Versammlungsleiter ihm erklärten, daß sie selbst den Auftrag zur Räumung des Saales geben, worauf die Gendarmerie zurückgezogen wurde. Nun stellen Sie sich vor: ein Redner tut nichts anderes als die Ernennungen unter die kritische Lupe zu nehmen und das genügt, den Saal räumen zu lassen. (Posl. dr Lehnert: Da können wir doch gleich nach Rußland gehen!) Das übersteigt doch die Handhabung des alten Majestätsbeleidigungsparagraphen!

Der Bericht über diese Versammlung ist aber auch von der Zensur, die doch dem Bezirkshauptmann untersteht, an mehreren Stellen beschlagnahmt worden. Alle rot angestrichenen Stellen sind beschlagnahmt (ukazuje èasopis), d. h. mit anderen Worten: Der Bezirkspascha schützt sich sowohl in der Versammlung gegen jede Kritik, indem er die Versammlung auflösen läßt, er schützt sich aber auch in der Presse vor jeder Kritik, indem er sie beschlagnahmen läßt. Das sind die Segnungen der Verwaltungsreform. Dieses Beispiel ist gleichzeitig ein Schulbeispiel für die Unfähigkeit dieser Regierung und des ganzen Systems auf politischem Gebiete und auf dem Gebiete der Verwaltung. Ihre Unfähigkeit auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiete haben wir bei der mangelhaften Lösung einer Reihe von Fragen feststellen können. Daß sie zur Lösung des wichtigsten Problems in diesem Staate, nämlich der nationalen Frage, unfähig ist, beweisen die Klagetöne, die aus dem Lager der deutschen Regierungsparteien ertönen. Insbesondere die christlichsoziale Partei hat sieh zum reinsten Klageweib der gemischtnationalen Regierung entwickelt. Ihre Abgeordneten mit dem Herrn Justizminister Dr Mayr-Harting finden an dem Verhältnisse zwar nichts auszusetzen, wir hören wenigstens niemals von ihnen Worte der Kritik, dafür aber die Senatoren, vor allem Dr Medinger, Dr Ledebur und insbesondere der Parteivorsitzende Dr Hilgenreiner gewähren uns einen Einblick in die Verhältnisse, der unsere Behauptung voll bekräftigt, daß die deutschen Regierungsparteien das fünfte Rad am èechischen Staatswagen sind, ein Eingeständnis, für welches wir ihnen nur dankbar sein können. Ich verweise auf die Reden, die sie im Senate bei der Behandlung des Staatsvoranschlages gehalten haben. Herr Sen. Dr Hilgenreiner hat sich auch kürzlich in einem Aufsatz zu dieser Frage geäußert und seiner Mißstimmung mit folgenden Worten, die ich wörtlich zitiere, Ausdruck verliehen: "Leider ist gerade dieser Hauptpunkt des Regierungsprogrammes, eine gerechte Regelung der nationalen Verhältnisse, gegenüber anderen Fragen bis heute in den Hintergrund getreten. Ohne Zweifel hat die zweijährige Zusammenarbeit èechische und deutsche Parteien einander näher gebracht". (Výkøiky a smích na levici.) Ich bitte, näher gebracht kann man auf alle mögliche Weise werden. "Aber" - so heißt es weiter in den Ausführungen des Senators Dr Hilgenreiner - "die grundlegenden Streitfragen wurden uns Deutschen zum Schaden kaum berührt. Zu einer offenen direkten Diskussion der nationalen Fragen als Gleiche mit Gleichen ist es innerhalb der Mehrheit bisher überhaupt noch nicht gekommen. Versuche der deutschen Regierungsparteien, die bestehenden Mißverhältnisse auszugleichen, sind großen Teils erfolglos geblieben. In der Gesetzgebung und Verwaltung ist bis heute das Bestreben zu bemerken, Recht und Besitzstand der Deutschen in diesem Staate noch mehr zu verkürzen. So bei der Bodenreform, bei der Aufnahme in den Staatsdienst, beim Minderheitsschulwesen, bei den Ernennungen für die Landesund Bezirksvertretungen, bei den Landesstellen der Privatbeamtenversicherung usw." (Posl. dr Schollich: Trotzdem sagt Hilgenreiner: " Wir sind und bleiben in der Regierung!") Wir sind jedenfalls für dieses offene Eingeständnis sehr dankbar. Die Antwort aus dem èechischen Lager ist deutlich genug. Die "Národní Politika" schreibt: "Es ist doch zur Genüge bekannt, daß die deutschen Regierungsparteien aus eigenem Standesinteresse in die Regierung ohne irgendwelche Voraussetzungen, Bedingungen und Konzessionen eingetreten sind. Sie haben auch diesen bedingungslosen Eintritt in die Regierung der deutschen Opposition gegenüber bekannt und verteidigt. Wozu also diese Gaukeleien mit den Forderungen? Wenn die deutsche christlichsoziale Partei und ihre deutschen Verbündeten in der Mehrheit an der Koalition mit den èechischen Parteien kein Interesse mehr haben, so sollen sie lieber die Konsequenzen daraus ziehen. Das würde wenigstens zur Klärung im èechischen Lager führen". Aber diese Konsequenzen zieht man natürlich nicht, man wagt sie einfach nicht zu ziehen, sondern erklärt nach einer derartigen Kritik, wie sie schärfer von uns auch nicht ausgesprochen werden könnte: "Trotzdem bleiben wir selbstverständlich in der Regierung". Das, was in dem Aufsatz des Senators Dr Hilgenreiner steht und was in der Antwort, die ihm die "Národní Politika" erteilt, enthalten ist, beinhaltet nichts anderes, als was wir schon oft behauptet haben, was man aber immer als Verdrehung unsererseits hinzustellen beliebte. Die Herren waren mit uns seinerzeit in der Beurteilung des Hauptproblems dieses Staates vollständig einig. Das bewies die vom jetzigen Minister Dr Spina am 18. Dezember 1925 im Abgeordnetenhaus im Namen von vier Parteien abgegebene staatsrechtliche Erklärung. Hätten die Herren zur Stange gehalten, statt um der Getreidezölle und der Kongrua willen aus der nationalen Front auszubrechen, so wären wir heute weiter. Die deutschen Sozialdemokraten hätten sich nicht auf das schlechte Beispiel berufen können. Da auch die Nationalpartei sich zur Frage der Selbstverwaltung in zustimmendem Sinne geäußert hat, so hätten wir heute eine geschlossene nationale Front.

Im Ringen der Völker muß man Geduld haben und die Dinge ausreifen lassen. Die Herren sagen zu uns immer, man müsse mit ihrem Experimente Geduld haben, müsse zuwarten, bis etwas daraus wird. Wir antworten: Warum habt Ihr nicht Geduld gehabt, zuzuwarten, bis sich eine andere Sachlage ergibt? Warum habt Ihr Euch nicht den Standpunkt zu eigen gemacht, daß die Nationalitäten- und Minderheitenfrage - uns Sudetendeutsche rechne ich nicht zu den Minderheiten - eine europäische Frage und infolgedessen auch ihre Lösung etwas schwierig ist, und sich nicht etwa mit einigen Ermahnungen und Sittensprüchlein durchführen läßt. Das gilt auch für diejenigen, die da meinen, daß alle Gegensätze im deutschen Lager mit dem einfachen Rezept der Einigkeit beseitigt werden können. Einigkeit um der Einigkeit willen ertötet jeden Fortschritt und ist kein taugliches Mittel. Nur dann hat sie einen Zweck, wenn sie auf einem einheitlichen Ziel fußt. Erst einheitliches politisches Wollen macht aus unserem Volke das, was Franzosen, Engländer und auch Èechen schon sind und was sie uns im nationalen Wettstreit überlegen macht: Die Nation. Wir Nationalsozialisten arbeiten bewußt an der politischen Willensgestaltung unseres Volkes. Wir wollen es zur Nation gestalten. Diesen Zweck verfolgen unsere völkischen Tage, verfolgen unsere Richtlinien, verfolgt die kurze Formulierung des èechisch-deutsch en Problems als eines Kampfes um die Geltung und Gleichberechtigung unserer Sprache, um die Erhaltung unserer Schule, unseres Arbeitsplatzes und unserer Scholle. Wie die Èechen unsere Tätigkeit zu werten wissen, beweist sinnfällig der Umstand, daß wir weder in den Landes- noch in den Bezirksvertretungen ernannte Mitglieder besitzen. Wir begegnen uns in der Auffassung der Lage mit den Anschauungen des heute schon genannten Professors Dr Rádl, des einzigen mutigen und aufrichtigen Èechen, der u. a. auch den Mut gehabt hat, die Volkszählungspraktiken vom Jahre 1921, diese Volkszählung, die in Wirklichkeit eine Volksverzählung war, offen in seinem Buche anzuprangern, als Beispiel zur Nachahmung den Herren der èechischen sozialdemokratischen und èechischen nationalsozialistischen Partei empfohlen, die diesen Mut niemals besessen haben.

In der vom Koll. Dr Spina im Jahre 1925 abgegebenen staatsrechtlichen Erklärung ist das Problem klar und deutlich mit den Worten gekennzeichnet: "Deshalb fordern wir, daß auch der Aufbau des Staates und die Art, wie er regiert wird, sich nach den Bedürfnissen und Forderungen aller ihn bewohnenden Völker richtet". Das ist ein klares Bekenntnis zur nationalen Selbstverwaltung auf der Grundlage nationaler Siedlungsgebiete. Sie muß das gemeinsame Ziel des gesamten Sudetendeutschtums sein. Ihre zeitgerechte und richtige Lösung ist auch das Hauptproblem dieses Staates. Die gegenwärtige Regierung erachten wir zu seiner Lösung nicht für befähigt, obzwar sie eine gemischtnationale Regierung ist und daher in erster Reihe den Beweis für ihre Befähigung auf diesem Gebiete zu erbringen hätte. Dadurch ist unsere Einstellung zu ihr auch klar gegeben. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

2. Øeè posl. dr Keibla (viz str. 35 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Damen und Herren! Nach langen Mühen und Plagen ist endlich die Frage der Nachfolge Švehlas gelöst worden. Herr Minister Udržal hat sich heute dem Hause als neu ernannter Ministerpräsident vorgestellt, und somit ist ein politisches Zwischenspiel, das reichlich lange Zeit gedauert und das sich meist im Dunkel des Achterausschusses und der interministeriellen Beratungen abgespielt hat, nun endlich zu Ende. Habemus papam - wir haben einen neuen Papst - wenn er sich selbst auch nur als eine Art Platzhalter des immer noch als erkrankt geltenden Herrn Ministerpräsidenten a. D. Švehla bezeichnet und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß es dem Kranken wieder möglich werde, die Zügel der Regierung zu ergreifen. Aber diese Lösung scheint keine endgültige zu sein, scheinbar sind in dem Antlitz nicht nur des Herrn Ministerpräsidenten sondern auch des ganzen Kabinetts mehrere greisenhafte Züge bemerkbar, welche darauf hindeuten, daß immer noch Kräfte am Werke sind, um die Lebensdauer dieser Regierung einzuschränken, so daß man sagen könnte, daß die Füße derer, die diese Regierung hinaustragen werden, schon vor der Türe stehen. Es ist ja begreiflich, daß bei den Spannungen, die im Schoße der Regierung und der Mehrheitsparteien vorhanden sind, eine definitive Lösung umso schwerer gefunden werden kann, als ja immerhin die Möglichkeit von Neuwahlen besteht, zumal ja die Zeit schon weit vorgeschritten ist und gewisse Parteien darauf drängen, daß Neuwahlen ausgeschrieben werden. (Posl. dr Schollich: Der Parlamentarismus zeigt einen gewissen Marasmus!) Jawohl.

Wenn ich noch einmal auf das abgeführte Intriguenspiel zurückkomme, so muß ich feststellen, daß nicht der jetzige Ministerpräsident als Sieger hervorgegangen ist, sondern eigentlich Herr Minister Šrámek, der, wie wir alle wissen, zu den allerbeliebtesten und von allen höchst geschätzten Männern der Regierung und des Parlaments gehört.

Nun, wie so üblich, hat auch der Herr Ministerpräsident heute eine Regierungserklärung vor dem Hause abgegeben. Wir haben im Laufe der letzten Jahre schon häufig Gelegenheit gehabt, Regierungserklärungen zu hören und können sagen: Sie sind alle im großen und ganzen auf ein und denselben Ton abgestimmt; mit einem Aufwand von Worten und schönen Phrasen umschreibt jede Regierung ihren künftigen Arbeitsplan: aber in so allgemeinen Redensarten hat sich bis jetzt noch keine gehalten wie gerade die Regierungserklärung des jetzigen Herrn Ministerpräsidenten. Was er als erstrebenswertes Ziel seiner Politik hingestellt hat, sind wirklich nur große Prinzipien, Schlagworte, möchte ich sagen, denen wahrscheinlich der Inhalt fehlen wird, weil es nur darauf ankommt, etwas zu sagen und dabei darunter etwas ganz anderes zu meinen. Wenn man aus all diesem Rankenwerk von Worten den Kern herausschält, so kommt man darauf, daß alles beim alten bleibt, daß wir nach dem bewährten Muster des Herrn Švehla einfach weiterregieren, so wie wir bisher regiert haben. Wenn das wirklich - ich bin überzeugt, daß es so ist - der Kern der Regierungserklärung und der Wille derjenigen, die die Regierung in der Hand haben, ist, so ist es für uns selbstverständlich, daß wir Deutschnationalen uns zu dieser Regierung genau so einzustellen haben werden wie zu den früheren Regierungen. Wir werden auch dieser Regierung gegenüber, die genau in das alte Fahrwasser der früheren Regierungen hineinsegeln wird, die Rechte unseres Volkes zu verteidigen haben und wir werden wahrscheinlich erfahren, daß es unter dieser Regierung genau so wie unter den früheren keinen Tag geben wird, ohne daß Interessen des deutschen Volkes hier geschmälert und angegriffen werden, so daß wir uns genau so wie früher dieser Regierung gegenüber in strengster Abwehrstellung zu befinden haben wer den und die Rechte unseres Volkes mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln verteidigen müssen. Allerdings, von seinem Standpunkt aus hat er nicht Unrecht gehabt, denn er als èechischer Ministerpräsident kann ja von seinem Standpunkt aus gewiß auf eine ganze Reihe von Erfolgen zurückblicken, die sein Vorgänger und alle die, die früher vor ihm da waren, für das èechische Volk und auch in gewisser Beziehung für den rein èechischen Staat nach Hause gebracht haben. Das èechische Regierungssystem, das sich seit der Gründung des Staates mit einer bewundernswerten Konsequenz stets gleich geblieben ist, hat für die èechische Nation zweifellos große Erfolge aufzuweisen. Und ich muß sagen, daß gerade seit der Zeit, als es den Èechen gelungen ist, drei deutsche Parteien an ihren Regierungskarren zu spannen, das Tempo viel schneller geworden ist, daß die Èechen für sich vielmehr nach Hause bringen konnten als sie in den vergangenen acht Jahren imstande waren. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was das èechische Regime uns bis jetzt alles gebracht hat, so finden wir, daß das ganz hübsche nette Sachen sind. Die Geltung der deutschen Sprache wurde in den vergangenen Jahren immer mehr eingeschränkt vor den Behörden und auch in den Selbstverwaltungskörpern selbst, die Rechte der Selbstverwaltungskörper in Bezirk und Land sind im Laufe der Jahre beinahe vollkommen vernichtet worden und das gesamte öffentliche Leben wurde der èechischen Bürokratie ausgeliefert. Es gelang der èechischen Regierungskunst, uns einen Teil des deutschen Arbeitsplatzes zu nehmen, die deutschen Staatsangestellten und Staatsbeamten zum großen Teil aus ihrem Dienst zu jagen, das allgemeine Wahlrecht anzutasten, das Volksvermögen zugunsten einer ganz überflüssigen Wehrmacht und Auslandspropaganda zu verschleudern, das gesamte deutsche Wirtschaftsleben vom èechischen Bankentrust abhängig zu machen, das deutsche Schulwesen zu drosseln und weiter niederzuhalten, obgleich die Verhältnisse, unter denen einmal vielleicht formell eine Verminderung der Schulklassen gerechtfertigt gewesen wäre, sich heute längst geändert haben. Wenn wir heute Beschwerde darüber führen müssen, daß durch die Verwaltungsreform die Bürokratie in Bezirk und Land und indirekt auch in der Stadt allein herrschend geworden ist, so können wir gerade in der letzten Zeit eine ganze Menge Fälle anführen, welche diese Ansicht, die wir schon seinerzeit bei den Beratung dieser Gesetzesvorlage geäußert haben, vollauf bestätigen. Ich brauche nicht lange auf die verschiedenen Abstriche hinzuweisen, die seitens der Oberbehörde in den Gemeinde- und Bezirksvoranschlägen gemacht wurden und die den Selbstverwaltungskörpern, sofern man von solchen überhaupt noch sprechen kann, es unmöglich machen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Ich habe von dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß erst in der letzten Zeit es in Komotau einem Herrn Bezirkshauptmann beliebte, die dortige, ich möchte sagen, freiwillig eingesetzte Verwaltungskommission von Komotau Stadt und Oberdorf aufzulösen, weil sie sich erkühnte, einmal nicht den Beschluß zu fassen, den der Herr Bezirkshauptmann von ihr erwartet und gefordert hat. (Rùzné výkøiky posl. dr Schollicha a dr Lehnerta.) Gewiß, wenn wir diesen Fall in eine Interpellation leiten würden und wenn sie beantwortet würde, so würde man auf die Machtvollkommenheiten hinweisen, die das Gesetz dem Bezirkshauptmann gibt, man würde alles schön und in Ordnung finden. Aber das ist nicht das Wesen der Sache. Das Wesen der Sache ist es, daß es dem Willen eines Bezirkshäuptlings überlassen ist, eine derartige Maßnahme zu treffen, ohne irgendeine andere Behörde, wie es im alten Österreich vorgeschrieben war, zu fragen, nur deswegen, weil sein Wille nicht ohne weiters befolgt worden war. Das ergibt wunderbare Auspizien für die Zukunft. Das ergibt die begründete Besorgnis, daß das, was hier an einem Orte geschieht, Schule machen und daß man überhaupt mit den Bezirksvertretungen so umspringen wird, daß, wenn die Leute, die dort sitzen, die Gewählten und die Ernannten, nicht alles tun, was der Bezirkshauptmann will, man die Bezirksvertretung einfach auflöst, den Leuten, wie es tatsächlich im Gesetze vorgesehen ist, das Mandat nimmt.

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