Geehrte Damen und Herren! Der in Verhandlung
stehende Punkt der Tagesordnung, ist für die Wirtschaftspolitik
der Èechoslovakischen Republik nicht von welterschütternder
Bedeutung. Spanien rangiert nach den letzten statistischen Aufzeichnungen
im Außenhandel an 19. Stelle mit 0.71%
in der Ausfuhr, in der Einfuhr an 28. Stelle mit 0.31%. Ähnlich
ist das Verhältnis bei Norwegen. Der wichtigste Faktor für
die èechoslovakische Wirtschafts- und
Handelspolitik ist und bleibt das Deutsche Reich. Die Handelsbilanz
der Republik weist im Feber 1929 ein Passivum von 59,974.000 Kè
auf. Im Jänner und Feber beträgt dieses Passivum rund
350 Mill. Kè, während im Jänner und Feber des
Vorjahres ein Aktivum der Handelsbilanz mit rund 225 Mill. Kè
zu verzeichnen war. Die größte Passivpost
erscheint bei der Einfuhr von Rohstoffen, gezeitigt dadurch, daß
die die Republik umschließenden Staaten ihr Verkehrswesen
weit besser geregelt haben und die außerordentlichen Frost-
und Schneeverhältnisse in diesien Staaten nicht jene Störungen
zeitigten, wie dies in der Èechoslovakei der Fall war.
So ist es gekommen, daß die Ausfuhr in den Monaten Jänner
und Feber ein so gewaltiges Minus aufweist;
das ist wohl in der Hauptsache mit auf die chaotischen Zustände
im Eisenbahnwesen zurückzuführen, auf den Mangel an
Waggons, auf die geminderte Leistungsfähigkeit und den defekten
Zustand unserer Lokomotiven. Trotzdem die Frühlingssonne
sich schon stark bemerkbar macht, wollen die Klagen aus den Kreisen
der Industrie und des Handels nicht verstummen, daß die
Zahl der zur Verfrachtung erforderlichen Wagen bei weitem nicht
ausreichend ist. Durch diesen Wagenmangel ist die Produktion und
der Export bedroht, und nicht an letzter Stelle sind auch die
Menschen geschädigt, welche in den betreffenden Betrieben
tätig sind.
Was das Heizmaterial auf den Bahnen Ostböhmens
anbelangt - wovon ich in meiner letzten Rede bereits gesprochen
habe - so muß ich, um keine irrige Meinung aufkommen zu
lassen, Folgendes feststellen: Nach den von mir eingeholten Informationen
mußte in Ostböhmen infolge Mangels an inländischer
Braun- und Steinkohle Staubkohle von den Gruben Schatzlar und
Schwadowitz unter die Braunkohle gemischt werden. Daß man
zur strengen Winterszeit mit einer Kohlengattung mindester Qualität,
wie es Kohlenstaub ist, Lokomotiven nicht richtig beheizen kann,
liegt für jedermann klar auf der Hand, umsomehr, da ja die
Staatsbahnverwaltung wissen mußte, daß zur Verbrennung
von Kohlenstaub eigens hierfür konstruierte Heizanlagen notwendig
sind. Es wäre ja Würfel-, Nuß- oder Förderkohle
aus diesen Werken auch zu haben gewesen, aber der Billigkeit wegen
hat man Kohlenstaub angeschafft, den ich mit Recht in meiner letzten
Rede als Mist bezeichnet habe. Die Handelskammerzentrale hat sich
erst kürzlich mit einer Eingabe an das Handels-, Finanz-
und Eisenbahnministerium gewendet, in welcher sie Aufklärung
über die durch die Witterungsverhältnisse hervorgerufene
Desorganisation im Eisenbahnverkehre verlangt. Ich habe in meiner
letzten Parlamentsrede die Behauptung aufgestellt, daß auch
die frühzeitige Entlassung Tausender und Tausender von zum
Eisenbahndienst erzogener Menschen zum Teil mit Schuld an den
chaotischen Zuständen ist, die sich in letzter Zeit im Staatsbahndienste
gezeigt haben. Da in der zitierten Eingabe der Kammerzentrale
auch auf den Mangel von Investitionen hingewiesen wird, so behaupte
ich, daß auch hier zum Teile mit die Quelle des Übels
zu suchen ist. Dadurch, daß man viele Tausende noch Dienstwilliger
und Dienstfähiger aus dem Staatsdienst frühzeitig entlassen
und pensioniert hat und sie durch neu angestellte sogenannte verläßlichere
Kräfte worin diese Verläßlichkeit zu suchen ist,
weiß ich noch nicht - ersetzt wurden, die auch bezahlt werden
müssen, sind der. Staatsbahnverwaltung viel höhere Auslagen
erwachsen, als notwendig gewesen wären. Die Folgeerscheinung
dieser Auswirkungen ist, daß aus den Erträgnissen der
Bahnen dem Investitionsfonde zu wenig zufließen kan. Die
vorerwähnten Verhältnisse erfordern viele Millionen,
und so sind jene Summen nicht vorhanden, die zu Investitionszwecken
notwendig sind. Wenn das Staatsbahnwesen in Hinkunft klagloser
funktionieren soll, dann müssen unbedingt zumindest und umgehend
jene Investitionen vorgenommen werden, die am dringendsten notwendig
sind. Genau so wie man aus einem Wirtschaftsbetrieb, in den man
nichts hineinsteckt, nichts herausholen kann, kann man auch bei
den Staatsbahnen nichts herausholen, wenn man nichts in sie hineinsteckt.
Bei dieser Gelegenheit will ich auch auf ein
Kapitel zu sprechen kommen, welches in den Kreisen jener, die
die Vermittlung zwischen Produzenten und Konsumenten betreiben,
nämlich in den Kreisen der Kaufmannschaft und auch
bei Industrie und Gewerbe berechtigte Klagen ausgelöst hat,
das ist das schleppende Verfahren im Zolldienste, hervorgerufen
durch den noch immer bestehenden Beamtenmangel. Wenn man die Karte
des èechoslovakischen Staatsgebietes zur Hand
nimmt, so findet man in Bezug auf Gestaltung desselben geradezu
unnatürliche weit gestreckte Grenzen. Durch die Zerstückelung
des alten Wirtschaftsgebietes der früheren Habsburgermonarchie
und seine Aufteilung in verschiedene Ländergebiete ist die
Ausdehnung der Grenzen größer geworden. Das
heutige èechoslovakische Staatsgebiet war ja früher
nur gegen Deutschland, gegen Bayern, Sachsen und Schlesien Zollgrenzland.
Schon daraus ergibt sich, daß bei der vor zehn Jahren erfolgten
Neubildung der Èechoslovakischen Republik
mit Rücksicht auf die Größe ihres Ländergebietes
verhältnismäßig viel zu wenig im Zolldienst erzogenes
Personal da war, außerdem mußte aber in der Folge
der Jahre auch noch eine ganze Anzahl deutscher Beamter dem Chauvinismus
weichen. Dieser Mangel an Personal bei den Zollämtern hat
schon von Anbeginn der Entstehung dieses Staates eine schwere
Benachteiligung für das Wirtschaftsleben der von ihm bewohnten
Völker, hauptsächlich aber für das deutsche Volk,
dessen Handel und Industrie so hoch entwickelt ist, gezeitigt,
und dies natürlicher Weise dadurch, daß die von den
Deutschen bewohnten Gebiete im Bezug auf die Gesamtgrenzausdehnung
des èechoslovakischen Staates zumindest 50% ergeben. Die
Grenzgebiete von Bratislava bis Eger, von Eger bis Warnsdorf
und von Warnsdorf bis Teschen sind, wie ja nicht bestritten werden
kann, deutsches Siedlungsgebiet.
Auch dadurch, daß nach dem Umsturz im
Zolldienste so wesentliche Änderungen vorgenommen wurden,
war schon das Bedürfnis nach erhöhter Vermehrung des
Zollpersonals gegeben. Außerdem sind jedoch den Zollbeamten,
abgesehen von der eigentlichen Zollabfertigung, viele neue und
komplizierte Agenden übertragen worden. Auch die zum Teil
leider noch immer bestehende Manipulation mit den den Handel so
schwer belastenden und hemmenden Einfuhrbewilligungen, so wie
die Eingebung der Umsatz- und Luxussteuer, was früher unbekannte
Dinge waren, stellte eine erhöhte Arbeitsleistung und größere
Anforderungen an den Zolldienst. Gerade diese neuen Funktionen
sind es, die den Zolldienst in so erhöhtem Maße komplizieren.
Wenn auch jeder einzelne Zollbeamte eine noch so intensive Tätigkeit
entfaltet, so sind sie alle zusammen nicht imstande, eine völlig
klaglose Abwickelung des Zolldienstes zu zeitigen. Die sich steigernde
Tätigkeit des Wirtschaftslebens erfordert an und für
sich mehr Arbeitsleistung im Zolldienste, dessen ungeachtet wird
aber leider diesem so dringenden Bedürfnisse nicht in entsprechender
Weise Rechnung getragen. Wenn man im Handelsministerium den Anregungen
der Handelskammern, den Vertretern des Wirtschaftslebens, die
entsprechende Beachtung und Aufmerksamkeit widmen würde,
so hätte man schon im Rahmen der vor Kürze durchgeführten
Systemisierung nach dieser Richtung hin Abhilfe schaffen können.
Auf die in den verschiedenen Fachzeitungen
immer und immer wieder, doch leider vergeblich, erhobenen Klagen
will ich gar nicht näher eingehen. Erwähnen will ich
nur, daß auch beim Prager Zollamte, dem größten
der Republik, dieselben Übelstände in Bezug auf Personalanzahl
bestehen wie bei den Grenzzollämtern. Aus den nun folgenden,
aus verläßlicher Quelle geschöpften Ziffern können
sich die Herren Abgeordneten ein Urteil über die Zustände
im Zolldienst selbst bilden.
Die Beamten, Unterbeamten und Angestellten
bei sämtlichen Zollämtern - von diesen ist aber noch
ein Teil beim Finanzministerium und bei den Kreisleitungen tätig
sind folgendermaßen verteilt: in Böhmen sind im Zolldienste
635, in Mähren 110, in Schlesien 71, in der Slovakei 184
und in Karpathorußland 33 Personen tätig. Hiervon entfallen
auf die Zollbeamten der zweiten Dienstklasse in Böhmen 481,
in Mähren 79, in Schlesien 49, in der Slovakei 141 und in
Karpathorußland 23 Personen. Wenn der Stand des Zollpersonales
um 25 bis 30% erhöht würde, so würde das
Erfordernis 7 Millionen Kè betragen. Das ist ein Betrag,
der bei der Höhe der Zolleinnahmen des Staates nicht allzu
sehr ins Gewicht fallen würde. Wenn man den Staatsvoranschlag
von 1928 zur Hand nimmt, so findet man, daß die Einnahmen
aus dem Kapitel "Zoll" 11.5% des
gesamten Staatsvoranschlages ausmachen oder in Kè
ausgedrückt 1100 Millionen Kè betragen. Nach einem
im Jännerheft der "Mitteilungen
der èechoslovakischen Nationalbank" enthaltenen Ausweise
sind aber die Zolleinnahmen so günstig, daß schon,
wie ich beweisen werde, in den ersten dreiviertel Jahren an Zolleinnahmen
beinahe soviel eingehoben wurde, als für das ganze Jahr veranschlagt
war. Die Einnahmen betrugen: im ersten Vierteljahr an Reinertrag
358,232.698 Millionen Kè, gegen den
Voranschlag um 83,322.700 Kè mehr. Im zweiten Vierteljahr
wies der Reinertrag 322,354.307 Kè, also um 47,354.309
Kè mehr aus und im dritten Vierteljahr
388,457.700 Kè, also um 113,457.785 Kè mehr als
veranschlagt waren. Also schon in den ersten drei Vierteljahren
machte der Reinertrag aus den Zolleinnahmen 1.069,044.788 Kè
aus. Diese Endsumme bestätigt das vorher Gesagte. Der Kostenaufwand
stellt sich wie folgt zusammen: A. Zollämter
24,678.000 Kè, B. Grenzwache 94,645.000 Kè,
C. sonstige Erfordernisse 1,368.000 Kè, zusammen also 125,691.000
Kè. Wenn man von der Ertragsumme der Zolleinnahmen noch
die Gebühren von 1,386.000 Kè, die dem staatlichen
Fiskus zukommen, in Abzug bringt, so ergibt sich
als Endresultat, daß das Gesamterfordernis für die
Einhebung der Zolleinnahmen 11.36% beträgt.
Wenn aus den Kreisen der Industrie, des Handels
und des Gewerbes die Klagen gegen die verzögernde Manipulation
wegen der Verzollung immer lauter werden, so muß ich zur
völligen Klarstellung der Sachlage feststellen, daß
die Schuld nur dem herrschenden System, nicht aber den im Zolldienste
tätigen Beamten und Angestellten zuzuschreiben ist. Es muß
überhaupt festgestellt werden, daß die gesamte Beamtenschaft
des Zolldienstes nur dadurch, daß sie ohne Rücksichtnahme
auf ihre Amts- und Dienststunden weit über das Maß
derselben hinaus tätig ist, chaotische Zustände im Zolldienst
verhindert. Die lange Dauer der Zollabfertigungen, die, wie erwiesen,
oft bis 14 Tage dauert, kommt besonders in der Hochsaison und
zu Weihnachten zum Ausdruck. Welche Schäden dadurch der Industrie
und dem Handel erwachsen, ist leicht erklärlich. Die diesbezüglich
an die einzelnen Handelskammern gerichteten Beschwerden gehen
in die Hunderte. Ich will nur als Beispiel anführen, daß
es sich in dem Weltkurort Karlsbad öfters ereignet, daß
die Parteien von 8 Uhr früh bis Mittag warten müssen,
ehe ihre Zollpost abgefertigt ist, da in der Regel für diesen
Zweck nur ein Beamter zur Verfügung steht. Auch in dem Veredlungsverkehr
der Transitlagerhäuser, wo die Bewilligung verschiedener
Zollbegünstigungen mit in Betracht kommt, macht sich der
Mangel an Personal sehr stark bemerkbar. Diese unhaltbaren Zustände
zu beseitigen ist Aufgabe des Handels- und des Finanzministers,
da letzterer die erforderlichen Mittel bereitstellen muß,
die aber doch eigentlich, wie ich durch Ziffern bewiesen habe,
in den erzielten Mehreinnahmen schon gegeben sind. Die im
Zolldienste eingeführten Sparmaßnahmen
sind so wie im Gerichtsdienste auf die Dauer vollkommen unhaltbar.
Es geht nicht an, daß infolge unökonomischer Sparmaßnahmen
die wirtschaftliche Tätigkeit der Industrie und des Handels,
namentlich bei der Ein- und Ausfuhr im Veredlungsverkehr, sowie
bis jetzt gehemmt und erschwert wird. Ich selbst hatte schon Gelegenheit,
in solchen Fällen zu intervenieren und ich konnte daraus
erkennen, wie schleppend und kompliziert der Weg der Erledigung
war. Ich will einen typischen Fall anführen: Eine Bleicherei
hatte im vorigen Jahr mit einem Grazer Haus einen Abschluß
gemacht, um Baumwoll- und Leinenwebwaren zu veredeln. Diese Waren
lagerten schon ewig lange im Trautenauer Zollamt, die Firma mußte
Lagerzins zahlen, bevor die Ware noch dem
Veredlungsverkehr zugeführt werden konnte. Erst durch meine
Intervention - ich muß zugestehen, daß ich auf mein
Schreiben vom Finanzministerium sofort eine Erledigung bekam,
ich meine aber, daß die ganze Sache schon früher hätte
geregelt sein können unter Berücksichtigung dieses ganz
besonderen Falles, da die Firma zum Stillstand ihres Betriebes
gezwungen gewesen wäre, wobei 40 bis 50 Arbeiter brotlos
geworden wären - erst durch meine Intervention erledigte
das Zollamt die ganze Angelegenheit. Wenn der Handelsverkehr namentlich
in Bezug auf die Einfuhr in Hinkunft ein klagloser sein soll,
dann muß auch auf diesem Gebiete im Interesse des Wirtschaftslebens
gründlich Wandel geschaffen werden. (Souhlas a
potlesk poslancù nìm. strany národní.)
Am gestrigen Tage hat unsere sog. demokratische
Volksregierung wieder einmal einen fascistischen Charakter gründlich
offenbart. Eine Einheitsfront wurde hergestellt vom faszistischen
Staat, von den Ausbeutern, deren Machtwerkzeug dieser Staat ist,
über die reformistischen Bundesgenossen und Agenten des Kapitalismus
bis zu den faszistischen Liquidatoren, die sich bisher noch in
den Reihen der revolutionären Arbeiterbewegung befunden haben.
[Další slova byla usnesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 20. bøezna 1929 podle §u
9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké
zprávy. Viz str. 61 této tìsnopisecké
zprávy.]
um diesen Liquidatoren unter dem Beifallsjubel der kapitalistisehen
und sozialdemokratischen Presse zu helfen, die revolutionären
Gewerkschaften in reformistisches Fahrwasser zu drängen oder
wenigstens, da sich dies als unmöglich herausgestellt hat,
zu zerschlagen und den Arbeitern die Gelder und das Vermögen
gewaltsam zu rauben, welches sie zum Zwecke des Kampfes für
ihre Lebensinteressen unter den größten Opfern zurückgelegt
haben. Hinter den Liquidatoren im IAV. stehen keine Arbeiter,
die Arbeiter haben bereits jetzt mit aller Klarheit gezeigt, daß
sie treu zur Roten Gewerkschaftsinternationale und zu den Grundsätzen
des revolutionären Klassenkampfes stehen. Auch in dem auf
dem letzten Kongreß gewählten Vorstand des IAV. sind
die Liquidatoren in der Minderheit. Sie haben nicht das geringste
Recht auf die angemaßte Herrschaft über den Verband
und über das Verbandsvermögen. Das alles liegt vollständig
klar auf der Hand. Die Hais, Halík, Sýkora und Konsorten
sind nichts anderes, als ganz gewöhnliche konterrevolutionäre,
faszistische Räuber und Diebe. Aber ge rade deshalb wird
die faszistische Staatsgewalt zu ihrem Schutze eingesetzt und
damit vor den Augen aller Arbeitenden unzweifelhaft enthüllt,
in wessen Auftrag und zu wessen Vorteil die Liquidatoren ihre
verbrecherische Spaltungsoffensive unternommen haben. Gestern
haben Arbeiter im Gewerkschaftshaus Ordnung geschaffen. Sie haben
der rechtmäßigen kollektiven Leitung ermöglicht,
ihre Arbeit wieder aufzunehmen und sie haben den liquidatorischen
Putschisten, die sich mit Hilfe gedungener Leute die Herrschaft
über die Arbeitsräumlichkeiten vorübergehend verschafft
hatten, das Handwerk gelegt. Das war ihr gutes Recht und sie ermöglichten
nur die Durchführung von Beschlüssen der rechtmäßigen
Mehrheit des Vorstandes, hinter welchem die gesamte Mitgliederschaft
geschlossen steht. In dieser Lage haben die Liquidatoren die letzte
Maske abgeworfen und sich nicht gescheut, die Polizei zu Hilfe
zu rufen. [Další slova byla usnesením
pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 20. bøezna
1929, podle §u 9, lit. m) jedn. øádu
vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz
str. 61 této tìsnopisecké zprávy.]
Ganze Kompagnien von Polizei marschierten
auf, besetzten alle Straßen in der Umgebung des Gewerkschaftshauses,
drangen in dasselbe ein und schleppten mit Gewalt die rechtmäßigen
Besitzer im Auftrage des Usurpators Hais aus dem Hause, obwohl
jeder weiß, daß Hais nicht mehr das geringste Recht
besitzt, im IAV. irgend etwas anzuordnen.
Es wäre ein verbrecherischer Betrug an
den Arbeitern, wenn wir in ihnen auch nur die geringste Illusion
erzeugen wollten, als ob von der Regierung und vom Parlament irgend
eine Hilfe gegen diese Räubereien und Gewalttaten zu erwarten
wäre. Das Attentat gegen die revolutionäre Gewerkschaftsbewegung
geschieht im Einvernehmen und im Auftrag der Bourgeoisie, deren
Werkzeuge Regierung, Parlament und Reformisten und Liquidatoren
sind. Die einzige Hilfe, die möglich ist, können nur
die Arbeitenden selbst schaffen. Ihr Widerstand allein ist imstande
die gemeinsamen Pläne der Ausbeuter, der Reformisten und
Liquidatoren zu durchkreuzen.
Es ist kein Zweifel, daß diese Vorgänge
sich gerade jetzt abspielen. Der Putsch der Liquidatoren, den
die faszistische Staatsgewalt und die Sozialfaszisten so leidenschaftlich
unterstützen und begrüßen, hängt zusammen
mit der Verschärfung des Klassenkampfes und mit der unmittelbaren
Vorbereitung eines neuen imperialistischen Krieges, vor allem
eines Krieges gegen den ersten proletarischen Staat der Welt,
gegen die Sowjetunion. Die Bourgeoisie steigert, unterstützt
von den Reformisten und Liquidatoren, von Tag zu Tag in unerhörter
Weise ihre Angriffe auf die Arbeiter und Bauern, auf die ganze
arbeitende Bevölkerung. Die Rationalisierung wird in einer
buchstäblich mörderischen Weise durchgeführt. Die
Arbeiter werden in den Betrieben vollständig versklavt, der
Steuerdruck auf Arbeiter, Bauern und die anderen arbeitenden Schichten
der Bevölkerung wird immer unerträglicher, eine wucherische
Zollpolitik ermöglicht gesteigerte Ausplünderung der
Massen. Die Teuerung wird planmäßig verschärft.
Den Kapitalisten, Großgrundbesitzern und reichen Bauern,
werden Milliarden auf Kosten der Massen in den Rachen geworfen.
Die letzten Reste der Sozialversicherung und des Mieterschutzes
werden abgebaut. Die Kartelle und Truste führen den Konkurrenzkampf
um die Absatzmärkte auf Kosten der Arbeitenden durch rücksichtslose
und brutale Steigerung der Ausbeutung. Aber die Zeiten, wo die
Arbeitenden vor diesen fortwährenden Angriffen immer wieder
zurückgewichen sind, sind vorüber. Die Empörung
der Massen und ihre Radikalisierung wächst von Tag zu Tag.
Die Massen beginnen stärkeren Widerstand zu leisten und in
einzelnen Fällen sogar zum Gegenangriff überzugehen.
Diese Verschärfung des Klassenkampfes erschwert der Bourgeoisie
die Durchführung ihrer Rauboffensive und zugleich auch die
Vorbereitung des imperialistischen Krieges. Und das umsomehr,
je mehr sich die kommunistische Partei und die revolutionäre
Gewerkschaftsbewegung von ihren sozialdemokratischen Traditionen
befreien und eine revolutionäre, bolschewistische Politik
zu verwirklichen beginnen.
Unter solchen Umständen findet die Bourgeoisie
immer weniger die Möglichkeit, ihre Diktatur über die
Arbeitenden im Rahmen der bürgerlichen Schwindeldemokratie
durchzuführen. Immer mehr greift sie zu offenen faszistischen
Methoden der Unterdrückung und des weißen Terrors,
wobei die Faszisierung der Arbeiterbewegung und vor allem der
Gewerkschaftsbewegung eine sehr bedeutende und für die Arbeiterschaft
besonders gefährliche Rolle spielt. Die Bourgeoisie gründet
nicht nur faszistische Arbeiterorganisationen, sie führt
nicht nur systematisch die Durchsetzung der Betriebe mit faszistischen
Spitzeln durch, sie faszisiert auch mit Hilfe der reformistischen
Führer und der reformistischen Bürokratie die reformistischen
Gewerkschaften und andere Massenorganisationen und verwandelt
sie in ausgesprochene Streikbrecherorganisationen und in Hilfstruppen
des Faszismus. Um dies leichter durchführen zu können,
spalten die Reformisten jene Massenorganisationen, in denen ein
großer Teil der Arbeiterschaft nicht mehr unter ihrem Einfluß
steht, wie es z. B. gerade jetzt bei den deutschen Arbeiterturnern
der Fall ist. Das genügt aber der Bourgeoisie noch nicht.
Sie hat auch in dem Apparat der revolutionären Organisationen
ihre Stützpunkte, die dort ruhig ihre reformistische Politik
betreiben konnten, solange sogar die kommunistische Partei opportunistisch
geführt wurde und deshalb auch in den roten Gewerkschaften
und in den Wirtschaftskämpfen keine revolutionäre Politik
durchsetzt. In dem Augenblick, wo sich das ändert, greifen
diese liquidatorischen Stützpunkte der Bourgeoisie zum offenen
Aufstand, zur Spaltung und zu fascistischen Gewalt- und Raubmethoden,
wobei ihnen selbstverständlich die Bourgeoisie, deren Regierung
und deren reformistischen Bundesgenossen, in deren Auftrag sie
handeln, alle nur denkbare Unterstützung angedeihen lassen.
Das ist der Hintergrund der Vorgänge,
die sich in der roten Gewerkschaftsbewegung abspielen und über
welche die Bourgeoisie und Reformisten etwas zu früh jubeln.
Dieser Putsch wird gerade jetzt, wo eine Welle von Lohnbewegungen
und Lohnkämpfen über das Land zieht, bewußt durchgeführt,
um die Kampfkraft der Arbeiter in diesen großen Wirtschaftskämpfen
zu brechen. In allen diesen Kämpfen zeigt sich die Einheitsfront
von Bourgeoisie, Staat, Reformisten und Liquidatoren. Sie hat
sich besonders kraß gezeigt im Textilarbeiterkampf, der
bewiesen hat, daß es trotz dieser Einheitsfront möglich
ist, eine Einheitsfront der Indifferenten, der reformistisch und
revolutionär organisierten Arbeiter von unten her im Kampfe
herzustellen. Sie zeigt sich in den gegenwärtigen Kämpfen,
in dem Kampf der Lohgerber in Brünn, in dem Kampf von Porzellanarbeitern,
Glasarbeitern und anderen Arbeitern in einzelnen Betrieben, auch
im Kampfe der Bankbeamten, denen die Polizei mit ebensolchen fascistischen
Methoden entgegentritt und denen man sogar das Recht, auf der
Straße zu demonstrieren, schon verweigert, sie zeigt sich
ganz besonders in dem Kampfe der Kaolinarbeiter im Karlsbader
Gebiet, wo die Kapitalisten und Reformisten mit Recht fürchten,
daß die Arbeiter zeigen werden, daß sie auch gegen
diesen fascistischen Vierbund zu siegen verstehen werden.
Die Kaolinarbeiter sind durch eine brutale
Rationalisierungsprovokation zum Kampfe gezwungen worden. Man
wollte ihnen einen ehemaligen k. k. Feldwebel und berüchtigten
Soldatenschinder, der seine Feldwebelmethoden jetzt im Betriebe
anwendet, auf den Hals hetzen. Die gesamte Kaolinarbeiterschaft
in Sedlitz ist daraufhin geschlossen in den Kampf getreten. Die
Poschetzauer Kaolinarbeiter haben sich dem Kampf angeschlossen.
Es gab seit Beginn des Kampfes keinen Unterschied zwischen den
Arbeitern der verschiedenen Organisationen. Alle betrachten den
Kampf, der sich zu einem Kampfe gegen die kapitalistische Rationalisierung
überhaupt und zu einem Kampfe um höheren Lohn erweiterte,
für notwendig und gerecht. Kaum war der Kampf ausgebrochen,
so kamen auch schon der fascistische Staatsapparat und die reformistischen
Führer den Unternehmern zu Hilfe. Ein ganzes Aufgebot von
Gendarmen wurde in das Kampfgebiet dirigiert. Die Betriebe wurden
in Kasernen verwandelt und von Gendarmerie besetzt. Die Gendarmerie
bedroht das primitivste Streikrecht der Arbeiter und ihr Recht
auf die Straße. Streikposten werden verboten und gewaltsam
gehindert. Sympathiekundgebungen der anderen Arbeiter vor den
Betrieben werden durch Gendarmerie gewaltsam auseinanderzujagen
versucht. Die von überall her mit Hilfe der Reformisten angeworbenen
Streikbrecher werden von Gendarmerie auf dem Wege aus ihren Wohndörfern
und in ihre Wohndörfer, zum und vom Betriebe begleitet. An
der Spitze und am Ende des Streikbrecherzuges marschieren Gendarmen,
hinten und vor dem Zuge wird die ganze Gegend wie bei einem Kriegsmarsch
durch Patrouillen gesichert. Eine Reihe von Streikbrechern, die
auf keine andere Weise von der Verwerflichkeit ihrer Handlungsweise
zu überzeugen waren, wurden von der mit Recht erbitterten
Arbeiterschaft bereits wiederholt gebührend gezüchtigt.
Und da sie diejenigen Arbeiter, die die Streikbrecher entsprechend
behandelt haben, nicht fassen konnte, rächte sich die Gendarmerie
durch wahllose Verhaftung ganz unbeteiligter Arbeiter, die ihr
Alibi zweifelsfrei nachweisen können. Und ein solcher nachweisbar
unbeteiligter Arbeiter wurde an demselben Tage verhaftet, an dem
seine Frau niederkam, und trotz des Nachweises seiner Nichtbeteiligung
einige Tage in Haft behalten, so daß seine Frau und das
Kind hilflos zugrundegegangen wären, wenn sich nicht andere
Arbeiter ihrer angenommen hätten. Genau so wie der fascistische
Staat kommen die reformistischen Führer den Unternehmern
zu Hilfe. Ihre Hetze gegen den Streik und die systematische Organisierung
des Streikbruches hat unglaubliche Formen angenommen. Sie begnügen
sich nicht mit der Aufforderung zum Streikbruch an die Arbeiter
des Betriebes, sondern schleppen Streikbrecher aus anderen Gegenden
herbei. Sie entfalten eine wütende Hetze gegen jede Unterstützung
der kämpfenden Arbeiter durch andere Arbeiter und greifen
zur Rechtfertigung ihrer Schandtaten zu dem lächerlichen
Märchen, daß es gar keinen Streik gebe. Die Gewalttaten
der Gendarmerie finden ihre restlose Billigung und Zustimmung.
Umso bedeutsamer ist die Festigkeit der Kampffront und die Solidarität,
mit welcher die übrige Arbeiterschaft die kämpfenden
Kaolinarbeiter unterstützt. An den Sammlungen und Kundgebungen
beteiligen sich zahlreiche sozialdemokratische und indifferente
Arbeiter. Unter den sozialdemokratischen Arbeitern herrscht eine
große und immer wachsende Empörung über das Vorgehen
ihrer Führer, die sie nicht begreifen und auf das schärfste
verurteilen. Gegen den fascistischhen Terror beginnen die Arbeiter
mit der Bildung proletarischer Abwehrformationen und damit geben
sie der ganzen Arbeiterschaft der Èechoslovakei ein wertvolles
Beispiel dessen, was jetzt notwendig ist. Das Recht auf die
Straße verteidigen die Arbeiter mit größter Energie
und besonders Frauen und Jugendliche stehen dabei in vorderster
Linie und zeigen den Gendarme, daß sie sich nicht so ohne
weiters auseinanderjagen lassen. Die gesamte Arbeiterschaft begreift
immer mehr, welche Bedeutung der Kampf der Kaolinarbeiter für
die bevorstehenden Kämpfe der andere Arbeiter besitzt, und
handet darnach. Alle diese Kämpfe sind nur ein Vorspiel neuer
großer nahender Kämpfe. Die Textilarbeiter rüsten
zur Wiederaufnahme des unterbrochenen Kampfes, die Glasarbeiter
stellen Forderungen und bereiten sich vor, sie im Kampfe durchzusetzen,
eine große Kampfbewegung der Metallarbeiter bereitet sich
vor. Die Bergarbeiter, die Bauarbeiter, die Metallarbeiter stehen
vor neuen großen Kämpfen, unter den Eisenbahnern ist
die Empörung darüber gewachsen, daß Regierung
und Reformisten schon jetzt dem Betrug einer einmaligen Schwindelaushilfe
miteinander vereinbaren, um einen Kampf womöglich zu vereiteln.
Auch die chemischen Arbeiter werden sich trotz der liquidatorischen
Führung der Sektion des IAV durch die Einsetzung einer revolutionären
Führung bessere Bedingungen für ihre Kämpfe zu
schaffen verstehen.