Úterý 25. èervna 1929

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 211. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 25. èervna 1929.

1. Øeè posl. Knirsche (viz str. 31 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir deutschen Nationalsozialisten wenden uns nicht grundsätzlich gegen die zur Verhandlung stehende Vorlage, denn wir anerkennen das Bestreben, humanitäre oder soziale Einrichtungen, als welche wir ja auch die Schaffung von Stipendien oder Stiftungen betrachten, von Abgaben und Steuern zu befreien. Aber wir müssen selbstverständlich auf dem Grundsatz beharren, daß gleiches Recht für Alle gelten muß. Solange wir in unserem Sudetenland erleben müssen, daß man Blumentage, deren Erträgnis für rein soziale oder kulturelle Bestrebungen gedacht ist, verbietet, solange wir erleben müssen, daß aus den Gemeindevoranschlägen auf Grund des Gemeindefinanzgesetzes fast alle Ausgaben für soziale, kulturelle und humanitäre Unternehmungen gestrichen werden, so lange können wir nicht für solche Gesetze stimmen, weil sieh diese als rein einseitige Vergünstigung darstellen. So wenig wir also grundsätzlich gegen die Vorlage einzuwenden haben, werden wir aus diesen Erwägungen heraus doch gegen die Vorlage stimmen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Ich habe mich aber nicht nur zum Worte gemeldet, um diesen unseren Standpunkt hier kurz darzulegen, sondern um bei dieser Gelegenheit neuerdings auf eine Erscheinung zu sprechen zu kommen, die sich nachgerade zu einem europäischen Skandal auswächst. Das ist die Handhabung der Zensur. Meine Partei hat vor einigen Tagen unser Parteiprogramm in Druck gelegt und dasselbe in Form einer Flugschrift zur Verteilung gebracht. Die Flugschrift enthält vom Anfang bis zum Ende nichts als unsere parteiprogrammatischen Grundsätze und unsere staatsrechtlichen Erklärungen. Man sollte es nun nicht für möglich halten, daß sich Staatsanwälte und Gerichtsbehörden finden, die sich erlauben, Programmpunkte einer Partei zu konfiszieren. Aus diesem unseren Programm, das auf Parteitagen festgesetzt wurde, die in aller Öffentlichkeit stattgefunden haben, dessen Grundsätze in unzähligen öffentlichen Versammlungen vertreten wurden, dessen Grundsätze in zahlreichen Schriften verfochten wurden, wurde vom Staatsanwalt nicht nur unsere staatsrechtliche Einstellung gestrichen, sondern sogar auch die Forderung nach einem Volksheer. Die Forderung nach einem Volksheer beinhaltet, wie selbst jeder unpolitische Staatsbürger wissen dürfte, die allgemeine Wehrpflicht. Wir haben ja selbst in diesem Staate die allgemeine Wehrpflicht, also in diesem Sinne ein Volksheer. Der Staatsanwalt streicht jedoch die Forderung mit der Begründung, daß diese Forderung ein Militärverbrechen beinhaltet. (Posl. L. Wenzel: Der Zensor muß ein Obertrottel sein!) Sehr richtig! Er besitzt aber leider einen sehr hohen Staatsbeamtenrang und das Kreisgericht in Leitmeritz hat diese seine Zensurverfügung sogar bestätigt.

Unsere staatsrechtliche Einstellung, die darin gipfelt, daß die Partei grundsätzlich die Zusammenfassung des gesamten, geschlossen besiedelten deutschen Sprachgebietes in einen deutschen sozialen Staat erstrebt, hat der Staatsanwalt zur Gänze beschlagnahmt. Wir leiten diese Forderung nach dem Zusammenschluß aller geschlossen siedelnden Deutschen in Europa in dem deutschen sozialen Einheitsstaat ab von dem urewigen Naturrecht eines jeden Volkes, das man weder durch Polizeimaßnahmen, noch durch Unrecht dauernd beseitigen kann. Wir leiten dieses Recht aber auch ab aus den Kriegszielen der Entente, an deren Spitze doch bekanntlich die Forderung nach einer Neuordnung Europas auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes der Völker stand, eine Forderung, die in gar keinem Gegensatze zu dieser unseren grundsätzlichen programmatischen Einstellung steht. Es ist eine Forderung, wie etwa die Forderung einer monarchistischen Partei in einer Republik, die in dieser Republik die Änderung der republikanischen Verfassung und die Aufrichtung der Monarchie erstrebt, oder etwa, wie die Forderung der Kommunisten nach dem Rätestaat. Das sind grundsätzliche weltanschauliche Forderungen und in keinem Staate der Welt werden solche grundsätzliche Anschauungen der Parteien, aus dem Parteiprogramm beschlagnahmt oder den Parteien deren Verfechtung verboten, solange die Parteien sich bei der Verfechtung dieser Forderungen auf dem Boden der Gesetze befinden, solange sie diese Forderungen nicht mit Mitteln der Gewalt, also durch Umsturz durchzusetzen erstreben; In keinem Staate der Welt wird man den Parteien ihr geistiges Werben für grundsätzliche Ziele und Anschauungen verbieten. (Výkøiky posl. L. Wenzela.) Wenn der Staatsanwalt in der Lage wäre, den Gedankengängen des Parteiprogrammes zu folgen, wenn er das Parteiprogramm als Ganzes nehmen würde, könnte er zu einer solchen Zensurmaßnahme nicht greifen. Aber wir erleben es ja leider tagtäglich bei uns draußen, daß in der Presse oder in unserer Literatur Stellen beschlagnahmt werden, die, aus dem Zusammenhang gerissen, natürlich einen ganz anderen Sinn ergeben, als wenn man den Artikel oder das Buch als Ganzes beurteilt. Das kommt daher, weil bei uns viele èechische Beamte wirken, die nicht in der Lage sind, sich in unsere Gedankengänge und in unsere Geisteswelt auch nur hineinzudenken, und daher nach dem Buchstaben oder irgendeinem Absatz allein urteilen und danach ihre Amtshandlung einrichten. Hätte der Staatsanwalt das Parteiprogramm als Ganzes genommen, hätte er daraus ersehen, daß wir dieses unser Ziel, das Ziel des deutschen Einheitsstaates auf friedlichem Wege erstreben, daß wir dieses Ziel allenfalls auf dem Wege eines Zusammenwirkens mit den Völkern in diesem Staate, also selbst mit den Èechen erstreben. Wir haben an dieser Stelle und auch draußen wiederholt dargelegt, daß wir hoffen und dahin arbeiten, daß unter den Völkern Europas mit der Zeit doch die Erkenntnis reifen wird, daß die bestehende staatliche Ordnung in Europa auf die Dauer unmöglich ist, daß ein Frieden und ein friedliches Nebeneinander der Völker in Europa nur denkbar und möglich ist, wenn wir jedem Volk, auch dem kleinsten, seine Freiheit und Souveränität gewährleisten. Gerade die kleinen Völker müssen doch zur Erkenntnis kommen, daß ihre Freiheit, ihre Entwicklung und ihre Unabhängigkeit am besten gewährleistet wird, wenn sie sich zum Grundsatz der Selbstbestimmung bekennen und daran gehen, in Europa eine andere Staatenordnung aufzubauen. Es kann doch wohl für keinen Denkenden fraglich sein, daß unter den bestehenden staatlichen Verhältnissen in Europa an einen dauernden Frieden nicht gedacht werden kann. Solange es in Europa 40 Millionen Menschen gibt, die sich unterdrückt und beherrscht fühlen, so lange bleibt es eine Phrase, vom Frieden und von einer friedlichen Zusammenarbeit der Völker zu sprechen. Die Katastrophe muß ja nicht morgen oder übermorgen ausbrechen, aber es ist für keinen Sehenden eine Frage, daß sie kommen muß, wenn die Zustände so bestehen bleiben, wie sie heute sind. Wir Deutsche haben die Aufgabe, dahin zu wirken, daß aus dieser Katastrophe unser Volk, das deutsche Volk, nicht zersetzt und vernichtet hervorgeht, sondern völkisch und staatlich geeint. Kleine Völker in Europa, wie das èechische Volk, maßen sich heute an, Millionen von Stammesgenossen anderer Völker zu beherrschen und zu unterdrücken, sie maßen sich an, Staaten zu regieren, die, wie die Èechoslovakische Republik, nach außen und nach innen keine Einheit verkörpern. Herr Koll. Horpynka hat gelegentlich der Debatte über die Kriegsbeschädigtenfürsorge ja gestern klar zum Ausdruck gebracht, wohin ein solcher Staat kommen muß, wenn er weder nach außen noch nach innen ein Staat für alle seine Bürger ist, ein Staat, in welchem alle Völker und Bürger sich wirklich als Staatsvölker und Staatsbürger fühlen. Es liegt also für den Zensor von diesem Gesichtspunkte aus, wenn er den Gedankengang nur einigermaßen erfaßt hat, kein Anlaß vor, das Parteiprogramm zu beschlagnahmen, insbesondere jene Stellen, die den Weg weisen, auf welchem wir unter Umständen in Zusammenarbeit mit den Èechen einstmals zur Durchsetzung unserer Ziele kommen. Aber wie gesagt, der Staatsanwalt kann oder will sich nicht in diesen Gedankengang hineindenken und in jeder Forderung und jedem Wörtchen, das nicht den bestehenden "Nationalstaat" anerkennt, erblickt er eine staatsfeindliche Kundgebung, und das Kreisgericht in Leitmeritz entblödet sich nicht, Forderungen, die im Parteiprogramm niedergelegt sind, als Staatsverbrechen zu bezeichnen und die Konfiskation zu bestätigen. Das sind Blödsinnigkeiten der Zensur, die den Zensor und die Beamten lächerlich machen und dem Staat mehr schaden, als der Partei, die man zu treffen glaubt. Aber der Zensor geht noch weiter. Er erlaubt sich, aus dem Parteiprogramm sogar die staatsrechtliche Erklärung zu konfiszieren, die meine Partei beim Zusammentritt des ersten Parlaments durch den Mund des Klubkollegen und Parteivorsitzenden Jung hier abgegeben hat. Die grundsätzliche staatsrechtliche Erklärung, die im stenographischen Protokoll des Hauses enthalten ist, die von der gesamten Presse seinerzeit wiedergegeben wurde, dürfen wir in unserem Parteiprogramm nicht niederlegen. Der Zensor hat vom Anfang bis zum Ende einen einzigen roten Strich durch sie gemacht. Ich habe diese Zensurpraxis neuerdings zur Sprache bringen müssen, trotzdem wir schon unzähligemal diese Art derselben in diesem Hause beleuchtet haben. Aber da die Zensurpraxis bereits so weit geht, Erklärungen grundsätzlicher Art, die hier im Hause abgegeben werden und die im stenographischen Protokoll enthalten sind, zu beschlagnahmen, muß ich an das Präsidium des Hauses appellieren und die Frage stellen, was das Präsidium zu tun gedenkt, um einem solchen Zensurskandal ein Ende zu machen? In diesem Zusammenhange möchte ich noch einiges darüber sagen, was wir an kleinen Nadelstichen Tag für Tag draußen erfahren durch die Art, wie einzelne Bezirkshauptleute bei der Beurteilung und bei der Bewilligung der deutschen Veranstaltungen und Festlichkeiten vorgehen. Fahnenverbote sind bei uns alltäglich und darüber regt sich schon niemand mehr auf. Aber wenn an einem Tage, an dem die Sokoln in der Stadt Dux eine große Manifestation veranstalten und der deutsche Turnverein in Anerkennung der turnerischen Bestrebungen diesen Sokoln den eigenen Turnplatz zur Verfügung stellt, weil diese keinen geeigneten Platz in Dux besitzen, wenn an dem gleichen Tage, an dem deutsche Turner ein solches Entgegenkommen bekunden, in der Nachbarstadt Oberleutensdorf unseren deutschen Turnern verboten wird, mit der ihnen statutenmäßig bewilligten Fahne ausrücken zu dürfen, dann muß man sich an den Kopf greifen und fragen, was denn die Aufgabe dieser politischen Behörden und Beamten draußen in der Provinz eigentlich ist. Man sollte glauben, daß solche Zeichen der gegenseitigen Achtung, wie sie in Dux zum Ausdruck gekommen sind, begrüßt werden und daß man bestrebt sein müßte, von Seite der Behörden alles zu tun, um die Atmosphäre des Hasses abzubauen. Oder was sollen wir dazu sagen, wenn sich im Zeichen einer deutsch-èechischen Regierung eine politische Behörde anmaßt, dem größten deutschen Feste, dem Bundesfeste, das in den nächsten Tagen in Brüx stattfinden wird, zwar die Abhaltung zu bewilligen, aber diese Bewilligung an Bedingungen zu knüpfen, die geradezu lächerlich wirken, Bedingungen, die nirgendswo in der Welt denkbar wären! Da ist z. B, eine der Bedingungen, daß in dem Festzuge, in welchem, wie jeder weiß, immer Tausende und Abertausende Menschen marschieren, der keine politische Demonstration darstellt, in dem Deutsche ohne Unterschied des Standes und der Partei marschieren, nicht demonstrativ "Heil!" gerufen und nicht gesungen werden darf, weil dadurch die öffentliche Ruhe gestört werden könnte! Meine Verehrten, wenn solche Dinge möglich sind, dann haben wir keine Ursache einer Vorlage zuzustimmen, die scheinbar von humanitären und sozialen Grundsätzen geleitet ist, die sich aber bei uns als eine einseitige Begünstigung einer gewissen Gruppe darstellt, während auf der anderen Seite das Unrecht aufgehäuft bleibt und seinen Weg weitergeht. Wir Nationalsozialisten werden deshalb aus dieser, nicht aus grundsätzlicher Erwägung, gegen die Vorlage stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

2. Øeè posl. Stenzla (viz str. 37 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Ruf nach Handwerksmäßigkeit bei allen freien Gewerben verdichtet sich immer mehr und so haben auch die Organisationen des Müllergewerbes ihrer langjährigen Forderung dadurch Ausdruck verliehen, daß sie auf mehreren Tagungen die Handwerksmäßigkeit des Müllergewerbes verlangten. Nicht nur der Müllerstand, nicht nur die Meister selbst, sondern auch die Gehilfen fordern seit längerer Zeit, daß das Müllergewerbe als handwerksmäßiges Gewerbe erklärt werden möge. Am 14. April 1928 hat eine Delegation, bestehend aus Vertretern aller vier Verbände der historischen Länder, u. zw, der deutschen wie der èechischen Müllerorganisationen, beschlossen, die Handwerksmäßigkeit für das Müllergewerbe mit allem Nachdruck zu verlangen. Die Regierung hat diesem Druck endlich nachgegeben und dem Hause eine Vorlage unterbreitet, nach welcher das Müllergewerbe als handwerksmäßig erklärt wird. Gewiß hätten wir im Sinne unseres Beschlusses vom Vorjahr gerne gesehen, daß die Grenze gegenüber dem fabriksmäßigen Betrieb genau umschrieben und festgelegt würde, leider war es verschiedener Umstände halber nicht möglich, dies durchzusetzen und auch eine vom Handelsministerium einberufene Enquete hat leider einen negativen Erfolg gezeitigt. Es wäre hier gewiß möglich gewesen, endlich einmal festzulegen, wo die Handwerksmäßigkeit aufhört und der fabriksmäßige Betrieb anfängt. Wir forderten seinerzeit, daß man vollständig automatisch eingerichtete Mühlen, die innerhalb 16 Stunden 2 Waggons Vermahlung aufweisen, als fabriksmäßig erkläre. Nachdem diesem Antrag nicht Rechnung getragen worden ist, wird selbstverständlich die Administrative wiederum stark belastet werden, weil in jedem einzelnen Fall bezüglich der Fabriksmäßigkeit, respektive Handwerksmäßigkeit und Unterstellung unter die Gewerbeordnung ein Streit entsteht. Erst die einzelnen Instanzen und vielleicht auch des öfteren das Ministerium wird entscheiden müssen. Durch den von mir skizzierten Antrag wäre es möglich gewesen, Erleichterungen im administrativen Verfahren zu schaffen und es wäre dadurch mit ein Versuch gemacht worden, für die zukünftige Novellierung der Gewerbeordnung tatsächlich einmal die Grenze zu ziehen, wo die Handwerksmäßigkeit aufhört und das Fabriksmäßige beginnt. Es nimmt einen Wunder, daß einzelne Stimmen laut wurden, die sich gegen den Befähigungsnachweis im Müllergewerbe ausgesprochen haben. Die Großmühlen, die in ihrer Anzahl sehr gering sind, sind desinteressiert, aber es finden sich leider Stimmen aus einem sogenannten Zentralverein, dem "Ústøední spolek" der insbesondere durch seinen Obmann Herrn Duda sich gegen den Befähigungsnachweis im Müllergewerbe ausgesprochen hat. Daß vielleicht 98 bis 99% der kleinen und mittleren Mühlen die Handwerksmäßigkeit fordern, steht fest und deshalb ist gewiß die Gegnerschaft des Herrn Obmanns Duda gegen den Befähigungsnachweis nur von einer Seite zu verstehen, aus der Sorge: "Ich verliere in dem Moment viele meiner Leute in meiner Organisation und bin vielleicht in absehbarer Zeit nicht mehr Obmann dieses Zentralvereins." Die Handwerksmäßigkeit des Müllergewerbes ist auch von wirtschaftlichen und sozialen Vorteilen begleitet, die sich nicht nur für das Müllergewerbe, sondern auch für die gesamte Konsumentenschaft auswirken; sozial deshalb, weil wir durch den Befähigungsnachweis dem gelernten Müller, der nach seinen Lehrjahren die Möglichkeit hatte, eine Zeit lang als Gehilfe zu arbeiten, die Möglichkeit bieten, sich einmal selbst als Meister ansässig zu machen. (Posl. Dietl: Wenn Sie ihm das Geld dazu geben!) Ich mache Sie aufmerksam, Herr Kollege, daß es ihm bis heute überhaupt nicht möglich war, weil sich ja nur Finanzleute Mühlen kauften und dies zu einer Zeit, wo gerade dieses Gewerbe blühte. Um dem zu begegnen, ist es gerade notwendig, daß man dem jüngeren Nach wuchs für die Zukunft hilfreiche Hand bieten soll. (Posl. Dietl: Ihr werdet das Gewerbe retten! Schauen Sie sich nur den Baa an, hier haben Sie gleich ein Beispiel, daß das Großkapital alles vernichtet!) Herr Kollege, ich bin nicht der Vertreter des Großkapitalisten Baa, nicht Vertreter der kapitalistischen Großbanken, sondern ich bin hier Vertreter des deutschen Kaufmanns- und Gewerbestandes und werde in dem Sinne auch alle Interessen dieser Stände zu wahren trachten. Es ist weiters mit Rücksicht darauf, daß das Müllergewerbe eigentlich ein Lebensmittelgewerbe ist, ein Veredlungsgewerbe ist, sehr wichtig, daß die praktische Anlernung desselben gut und vollkommen erfolgt. Besonders in der Aufbewahrung und Behandlung der Getreidearten, die vielleicht durch Monate hindurch in Silos oder anderen Aufbewahrungsarten gelagert werden müssen, ist es notwendig, das Gewerbe gründlich zu erlernen, weil man wissen muß, zu welchen Zeiten das Getreide für äußere Einflüsse empfänglich ist und leicht verdirbt und auf diese Weise auch das Mahlprodukt für den Konsumenten Schaden leiden könnte. (Posl. Dietl: Das betrifft doch meist die Lohnmüllereien und die kleinen Mühlen!) Das trifft für den kleinen wie auch für den Großmüller zu. Auch der kleine Müller muß dafür sorgen, daß aus dem ihm zur Vermahlung gegebenen Getreide ein gesundes Mahlprodukt zurückgegeben wird, was sowohl für die Konsumenten als auch für das Müllergewerbe sehr wichtig ist. In sozialer Beziehung bedeutet eigentlich der Befähigungsnachweis für die Mühlen eine Entwertung, weil es solchen Personen, die heute Mühlen kaufen wollen, dies dadurch, daß sie den Befähigungsnachweis nicht erbringen können, schwer möglich sein wird. Geschieht es doch, so wird der Käufer einen gelernten Müller mit Befähigungsnachweis haben müssen, den er kraft seiner besseren Bezahlung nicht zu jener schmutzigen Konkurrenz zulassen wird, wie es bisher bei vielen Mühlen der Fall ist. Die gesamte Mühlenindustrie und das Kleinmühlengewerbe besteht heute einen schweren Kampf um seine Existenz. Ich gebe zu, daß vielleicht vor einigen Jahren bessere Zeiten waren, daß es so manchem besser gegangen ist. Aber daß diese Zeit schon längst vorüber ist, ersehen wir daraus, daß heute wieder Ausgleiche vorkommen, daß unverschuldete Konkurse eintreten, und es ist unbedingt notwendig, daß von Seite der gesetzgebenden Körperschaft wie auch von Seite der Regierung Vorsorge getroffen werden muß, daß diesem Gewerbe auch ein Schutz zugebilligt werde. Man muß sich heute unwillkürlich fragen, warum ein so schwerer Konkurrenzkampf in der Mühlenindustrie besteht. Der Uneingeweihte wird vielleicht nicht darauf kommen. Die Ursache liegt darin, daß während des Krieges und in der Nachkriegszeit die Mühlenkapazität, also die Leistungsfähigkeit der Mühlen, um das zwei-, drei-, ja sogar das vierfache erhöht wurde, weil zu jener Zeit alles in der damaligen alten Monarchie gebaute Getreide hier verarbeitet werden mußte; u. zw. geschah damals die Ausmahlung nicht wie heute bis zu 60%, 65% und maximal 68%, sondern bis zu 80%. Der Mahlprozeß war ein bedeutend längerer, weshalb die Mühlen gezwungen waren, ihre Kapazität zu erhöhen. Nun kam der Umsturz, mit ihm eine Änderung der gesamten wirtschaftlichen Gestaltung und dadurch auch der schwere Hieb für die gesamten Mühlen, sowohl für die kleinen als auch für die mittleren. Weiters muß ich darauf verweisen, daß heute die kleinen Mühlen, die nicht in der Lage sind, das moderne Verkehrsmittel, das Lastauto anzuschaffen, infolge der großen überschüssigen Kapazität bei den großen Mühlen dadurch zu Schaden kommen, daß diese großen Mühlen heute von jenen Kunden, die das Getreide von den kleineren Mühlen mahlen ließen, selbst abholen. Daß dadurch die große Gefahr besteht, daß diese Leute ihre Existenz verlieren, wird uns allen klar sein. Durch dieses Ringen um die Behauptung der Existenz entsteht unwillkürlich ein nichtreeller Wettbewerb, es entsteht die sog, schmutzige Konkurrenz mit der Unterbietung von Preisen, wobei es sehr oft vorkommt, daß die kleinen alten Müller, die früher eigentlich nie ordentlich rechnen und lesen lernten, auch heute noch an die alten Zeiten denken und nicht rechnen, so daß sie zum Schlusse des Jahres zur nächstgelegenen Kasse gehen müssen, um sich dort Geld auszuleihen; daß dieser Zustand nicht nur für den Müllerstand, sondern auch für den Staat ungesund ist, ist gewiß einleuchtend.

In diesem Zusammenhang möchte ich ohne böse Absicht auf einen besonderen Umstand hinweisen, der auch den Bestand der Mühlen gefährdet, u. zw. ist dies das Entstehen der landwirtschaftlichen Genossenschaftsmühlen. Man muß sich fragen, ob die Errichtung landwirtschaftlicher Genossenschaftsmühlen von besonderem volkswirtschaftlichen Vorteil ist, ob die Begünstigungen, wie sie die Genossenschaften im Sinne des Gesetzes v. J. 1873 haben, heute zum Vorteil des Ganzen gereichen oder ob sie tatsächlich nur den Zweck haben, kleine und mittlere Mühlen trotz des schweren Kampfes noch mehr zu bedrücken. Ich habe es in meiner Gegend hart an der Sprachgrenze mit ansehen müssen, daß dort eine èechische Genossenschaftsmühle errichtet wurde und daß sich diese nicht nur als Mühle etabliert hat, sondern daß sie auch eine Großbäckerei errichtete, wodurch nicht nur den Mühlen, sondern auch dem Bäckergewerbe großer Schaden zugefügt wird. Der Volksmund berichtet, daß dieser Genossenschaftsmühle hohe Subventionen zugeflossen sein sollen, daß weiters Darlehen zu geringem Zinsfuß gegeben wurden, wobei man ihr noch weitere Steuerbegünstigungen als auf Grund des Gesetzes zulässig zugestehen muß. Man muß sich fragen, was die einzelnen Gewerbetreibenden bekommen, ob sie derartige Steuerbegünstigungen haben oder ob sie als Privatunternehmen irgendwelche Subventionen bekommen. Das alles fällt bei ihnen weg, und wenn man auf diesem Wege weiter fortschreitet, so muß man schon heute die Frage stellen, wie man zu jener Zeit, wo alles genossenschaftlich organisiert ist oder nur genossenschaftliche Unternehmen bestehen werden, die Steuern bezahlen soll, wenn alle diese Unternehmungen Begünstigungen und Subventionen fordern. Ich stehe auf dem Standpunkt - und das soll kein Vorwurf unserer lieben Bauernschaft gegenüber sein - daß sie von dem Grundsatz ausgehen muß, wie wir ihn halten und der lautet: "Leben und leben lassen." Wie ich schon erwähnt habe, ist es unbedingt notwendig, daß man ebenso wie man andere Industrien im Staate schützt - und ich verweise hier auf die Zuckerindustrie und so manche andere Industrien, die durch Zölle geschützt werden und geschützt werden müssen - der bedrängten Mühlenindustrie auch von Seite der Regierung etwas mehr Schutz angedeihen lassen soll. Ich warne davor, heute zu sagen, daß sei nicht notwendig, es wird den Mühlen gewiß noch nicht so schlecht gehen, wie man es darstellt. Ich verweise aber darauf, daß die heute technisch hochentwickelte Mühlenindustrie in dasselbe Chaos verfallen könnte, wie die Zuckerindustrie in diesem Staate. Wir müssen darauf bedacht sein, es dem Müllergewerbe zu ermöglichen, die innere Konkurrenz zu bestehen und müssen es auch in den Stand setzen, die äußere Konkurrenz mit Erfolg aufzunehmen. Es ist Pflicht der Unternehmungen und der Müllerschaft selbstverständlich auch, zur Selbsthilfe zu greifen. Die Selbsthilfe bei den Müllern besteht darin, daß sie nicht nur eine praktische Anlernung erfahren, sondern im heutigen Zeitpunkt ist es notwendig, auch eine dem Fach entsprechende theoretische Ausbildung zu genießen.

Wir haben uns seinerzeit schon, und zwar im Jahre 1911, mit dem Gedanken der Errichtung einer Müllerfachschule getragen und damals ist es dem deutschen Landesfachverband der deutschen Mühlengenossenschaften in Mähren möglich gewesen, in Mähr. Aussee eine deutsche Müllerfachschule zu errichten. Diese Müllerfachschule wurde nach einigen Jahren nach Lundenburg verlegt und wir mußten leider sehen, daß die von uns geschaffene deutsche Schule nach dem Umsturz ganz einfach in eine èechische Müllerfachschule umgewandelt wurde. Unsere Gesuche und unsere Interventionen an maßgebender Stelle im Unterrichtsministerium, der deutschen Müllerschaft auch eine derartige Fachschule zu bewilligen, blieben bisher immer erfolglos. Der Hinweis darauf, daß die dazu nötigen finanziellen Mittel nicht vorhanden seien, kann meiner Ansicht nach nicht immer stichhältig sein. Wir haben in diesem Staate gewiß schon sehr viel Geld ausgegeben, und speziell auf dem Gebiete des Schulwesens, namentlich des Fachschulwesens, wird sich der Staat doch wohl dazu aufschwingen müssen, die unbedingt erforderlichen Mittel herzugeben. Ich betrachte heute die Fachschulen im Vergleiche zu den Hochschulen als gleichbedeutend, und zwar deshalb, weil die Fachschule für den Gewerbetreibenden dasselbe ist, was die Hochschule für den Akademiker. Wir streben deshalb schon seit Jahren an, daß der Müllerfachschule in Lundenburg wenigstens eine deutsche Fach-Abteilung angegliedert wird, wobei sich selbstverständlich, dadurch Ersparnisse erzielen ließen, daß die seinerzeit von uns angeschafften Lehrmittel gemeinsam benützt werden. Ich will hoffen, daß dieser berechtigte Wunsch nicht taube Ohren finden wird.

Wenn ich von dem Existenzkampf der Müllerschaft in dem heutigen Zeitpunkt gesprochen habe, so muß ich doch darauf verweisen, daß sowohl in der Kriegsals in der Nachkriegszeit die Müller auf Grund der staatlichen Bewirtschaftung des Getreides großen Schikanen ausgesetzt waren. Ich gebe zu, daß damals, wo Lebensmittelnot herrschte, eine straffe Hand da sein mußte, aber es geht nicht an, daß diese straffe Hand zu Schikanen benützt wird. Wir haben jetzt erleben müssen, daß nach dem Aufhören der staatlichen Bewirtschaftung im Jahre 1927 das Finanzministerium eine Kundmachung erließ, die den Müllern ein Umsatzsteuerpauschale für Mehl und Mahlprodukte auferlegte. Ich würde wünschen, daß Sie einmal alle als Beobachter zusehen würden, wenn ein Finanzorgan in eine kleine Mühle kommt, heute wo doch freie Bewirtschaftung herrscht und den armen Müller bis zum äußersten schikaniert. Jede Woche erscheint in einer solchen Mühle ein Finanzorgan, kontrolliert alles ganz genau und wehe dem kleinen Müller oder den älteren Müllern besonders, die nicht absichtlich, sondern ganz unabsichtlich irgendwo eine Nummer im Verzeichnis aufzuschreiben vergessen haben. Da kommt der gestrenge Herr von der Finanzwache gleich mit den schärfsten Strafen. Ich gebe zu, daß der Ruf des Gewerbe- und Kaufmannstandes nach Abschaffung der 2%igen Umsatzsteuer derzeit kaum zu erfüllen ist, unser Bestreben geht daher vorläufig dahin, zur weitgehendsten Pauschalierung zu kommen. Ich gebe auch zu bedenken, ob es nicht noch besser wäre, an Stelle der vielen Revisions- und Kontrollorgane eine Abfindung statt der sogenannten pauschalierten Umsatzsteuer ins Auge zu fassen. Die Steuerbemessungsbehörden wissen infolge der Erfahrung vieler Jahre ganz genau, wie die Betriebe prosperieren und es könnte in solchen Betrieben besonders bei dem zweiprozentigen Umsatzsteuerpauschale eine jährliche Abfindung vorgenommen werden. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Dadurch würde der ganze Beamtenapparat, der zur Kontrolle notwendig ist, erspart werden und es würde das völlig verloren gegangene Vertrauen zu den Steuerbehörden und dadurch in weiterer Folge zum Staat wieder rückgewonnen werden. Wir sprechen hier immer von einer Hebung der Steuermoral, ich muß aber feststellen, daß auf Grund der letzten Steuerreform und der daraus fließenden Vorschreibungen des Vorjahres die Steuermoral eigentlich statt gehoben, neuerdings gesunken ist. Bei den großen Schikanen wird bei diesen Mühlen das Vertrauen, wie ich vorhin schon erwähnt habe, noch mehr sinken müssen und an Stelle der Steuermoral wird eine Steuerunmoral treten.


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