ITALIEN, ÖSTERREICH, POLEN, RUMÄNIEN,
DAS KÖNIGREICH DER SERBEN, KROATEN UND SLOVENEN, UND DIE
CZECHOSLOVAKEI, vom Wunsche beseelt, die Fragen zu regeln, welche
auf die aus der Gebarung der altöaterreichischen Postverwaltung,
dann der k. u. k. Militär- und Feldpostverwaltung, sowie
aus der Gebarung der Postverwaltungen der Nachfolgestaaten sich
ergebenden Verbindlichkeiten. Bezug haben,
in dem Willen, ein diesbezügliches Überemkommen
abzuschließen, haben als ihre Bevollmächtigten ernannt:
WELCHE nach Austauch ihrer Vollmachten, welche
gut und, gültig erkannt wurden, beschlossen haben, wie folgt:
Für die Trennung der Verantwortlichkeit
der altösterreichischen Postverwaltung und jener der ihr
nachgefolgten Postverwaltungen wird grundsätzlich der 3.
November 1918, beziehungsweise für die neuen Nachfolgestaaten
der Tag der Entstehung derselben bestimmt.
Um jedoch den technischen und praktischen Schwierigkeiten
der Abrechnung auszuweichen, wird festgesetzt, daß als Gebarungsschluß
der altösterreichischen Postverwaltung der 31. Oktober 1918,
d. i. der unmittelbare Monatsschluß vor dem 3. November
1918, und als Gebarungsanfang der Postverwaltungen der Nachfolgestaaten
der 1. November 1918 zu gelten hat.
Hiedurch wird der in anderen Vereinbarungen
diesbezüglich von den Hohen Vertragschließenden Teilen
hinsichtlich des tatsächlichen Datums des Zerfalles der alten
österreichisch-ungariachen Monarchie eingenommene Standpunkt
in keiner Weise berührt.
Ausgenommen, von der im 2. Absatze des vorstehenden
Artikels angeführten allgemeinen Regel sind die in der Beilage
zu diesem Übereinkommen aufgezähltem Postämter,
deren Zugehörigkeit nach den darin enthaltenen Angaben zu
beurteilen ist.
Alle Monatsrechnungen mit den dazu gehörigen
Belegen sind nach dem in den Artikeln 1 und 2 festgelegten Stichtage
zwischen den beteiligten Postverwaltungen auszutauschen. Sollten
die Monatsrechnungen oder deren Beilagen nicht vorhanden sein,
verpflichten sich die Postverwaltungen der vertragschließenden
Staaten, sich gegenseitig die möglichst weitgehende Hilfe
zur tunlichst genauen Wiederaufstellung der in Verlust geratenen
Rechnungen und Belege zu leisten. Die Monatsrechnungen für
die altösterreichische Postverwaltung sind an die österreichische
Post verwaltung zu übermitteln.
Die Bar-Abfuhren, die nicht der nach Artikel
1 und 2 zuständigen Postverwaltung zugekommen sind, müssen
dieser gutgeschrieben und die von einer nichtzuständigen
Postverwaltung abgegebenen Bar-Verläge an diese zurückverrechnet
werden.
Giroerläge und Giroabhebungen der Postämter
sind vom Postsparkaasen-Amt in Wien mit derjenigen Postverwaltung
abzurechnen, der das erlegende oder abhebende Postamt nach den,
Bestimmungen der Artikel 1. und 2 angehört.
Jede Verwaltung hat die bei ihr erliegenden,
nicht ausgezahlten gewöhnlichen Postanweisungen der für
die Ausstellung der Auszahlungsermächtigung oder Datumserneuerung
in Betracht kommenden Postverwaltung zu übermitteln. Diese
übersendet die ausgestellten Auszahlungsdokumente jener Postverwaltung,
der das Aufgabepostamt gegenwärtig untersteht, zur Rückzahlung
an den Aufgeber nach den für Postanweisungen gültigen
Vorschriften.
Postanweisungen, die an den Aufgeber innerhalb
einer Frist von drei Monaten vom Tage der Ausstellung der Auszahlungsermächtigung
oder Datumserneuerung nicht zurückgezahlt werden können,
sind als verfallen zu betrachten.
Die nicht ausgezahlten Nachnahmepostanweisungen
sind an die Adressaten von jener Postverwaltung auszuzahlen; welche
nach Artikel 1 und 2 als Aufgabeverwaltung der Nachnahmesendung
gilt.
Sind Nachnahme- oder Postauftragsbeträge
von einzelnen Nachfolgestaaten zurückbehalten worden, so
sind deren Postverwaltungen verpflichtet, die Auszahlung an den
Aufgeber der Nachnahmesendungen (Poastaufträge) zu veranlassen
und zu diesem Zwecke die nach Artikel 1 und 2 zuständige
Postverwaltung zu ermächtigen, die Auszahlung gegen Verrechnung
zu vollziehen.
Die im zweiten Absatze festgestellte Verfallsfrist
gilt auch für Nachnahme-(Postauf- trags) -Anweisungen.
Über die bereits als ausgezahlt erliegenden
und die nach Artikel 5 noch auszuzahlenden Postanweisungen hat
jede Auszahlungsverwaltung der nach Artikel 1 und 2 als Aufgabeverwaltung
in Betracht kommenden Postverwaltung besondere Forderungsaufstellungen
in österr.-ung. Kronen zu übergeben:
a) für Postanweisungen, die bis eitrachlieißlich
31. Oktober 1918 und
b) für Postanweisungen, die nach diesem
Tage eingezahlt worden sind.
Die Forderungsaufstellungen über die bis
1. Oktober 1918 eingezahlten Postanweisungen sind an die österreichische
Postverwaltung, die übrigen dagegen an die nach Artikel 1
und 2 kompetenten Postverwaltungen zu übersenden.
Bezüglich der Haftung für Verlust,
Minderung und Beschädigung von Postsendungen wird Folgendes
vereinbart:
Grundsätzlich hat die nach Artikel 1 und
2 zuständige Aufgabeverwaltung die Ersatzverhandlungen zu
führen und den Rechtsbestand sowie die Höhe der Ersatzansprüche
nach den damaligen Postvorschriften zustellen.
Die Ersatzverhandlungen für die altösterreichische
Postverwaltung hat die Postverwaltung jenes Nachfolgestaates zu
führen, zu dessen Gebiet das Aufgabepostamt gegenwärtig
gehört.
Für die sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten
für Verlust, Minderung und Beschädigung von Postsendungen
ist grundsätzlich die nach dem Aufgabetag kompetente Postverwaltung
verantwortlich, insoferne nicht der Schaden nachweisbar einer
anderen Postverwaltung zur. Last fällt, in welchem Falle
der Aufgabeverwaltung der Regreß gegen die verantwortliche
Postverwaltung vorbehalten ist.
Diese Regresse sind nicht in Barem zu leisten,
sondern in besondere, auf österreichisch-ungarische Kronen
lautende Rechnungen aufzunehmen und nach Anerkennung durch die
in Betracht kommende Postverwaltung in die im Artikel 14 vorgesehene
Generalabrechnung einzubeziehen.
Hinsichtlich der Ersatzverbindlichkeiten der
altösterreichischen Postverwaltung wird es den Postverwaltungen
der Nachfolgestaaten überlassen, dieselben entweder selbst
zu leisten, oder aber die Realisierung derselben der allgemeinen
Regelung der altösterreichischen Verwaltungsschulden vorzubehalten.
Alle für die altösterreichische Postverwaltung gezahlten
Ersätze hat die auszahlende Verwaltung in eine Rechnung lautend
auf österreichisch-ungarische Kronen zusammenzufassen, welche
sodann in die im Artikel 14 vorgesehene Generalabrechnung einbezogen
wird. Die als zurechtbestehend anerkannten, jedoch nicht ausgezahlten
Ersatzansprüche sind zusammenzustellen, um in die allgemeine
Regelung der altösterreichische Verwaltungsschulden einbezogen
zu werden.
Die Belege (Aktenstücke), welche sich
auf die Ersatzangelegenheiten der altösterreichischen Postverwaltung
beziehen, sind längstens durch zwei Jahre nach Absendung
der Rechnung bezw. Aufstellung zur allfälligen Prüfung
bereitzuhalten.
Für Postsendungen aus dem Altauslande
führt die Regreßverhandlung gegenüber dem Altauslande
jene Postverwaltung, der das Eintrittsauswechslungspostamt gegenwärtig
gehört. Dieser Verwaltung obliegt grundsätzlich auch
die Regreßzahlung gegenüber dem betreffenden Auslande,
unbeschadet des Rechtes die Rückerstattung des ausbezahlten
Betrages von jener Postverwaltung zu verlangen, auf deren Gebiet
der Schaden nachweisbar entstanden ist.
Die für die altösterreichische Postverwaltung
sich ergebenden Regreßzahlungen sind entweder für Rechnung
derselben zu vollziehen oder der allgemeinen Regelung der Verwaltungsschulden
Altösterreichs gegenüber dem Altauslane vorzubehalten.
Die etwa ausgezahlten Regreßbeträge
sind in die nach Artikel 14 vorzunehmende Generalabrechnung nicht
einzubeziehen.
Die den Nachfolgestaaten zur Last fallenden
Regreßzahlungen sind von Fall zu Fall zu vollziehen und
auszutragen.
Die Bestimmungen dieses Artikels finden auf
die Ersatzangelegenheiten der Nachfolgestaaten nur bis zu dem
Zeitpunkte Anwendung, in dem diesbezüglich eine besondere
Vereinbarung getroffen worden ist.
Die Postverwaltungen der Nachfolgestaaten haben
von jenen Angestellten, die sie aus dem altösterreichischen
oder dem Dienste eines anderen Nachfolgestaates übernommen
haben, die aus dieser früheren Dienstleistung herrührenden,
in den Postvorschriften begründeten Schaden- und sonstigen
Ersätze nach den für solche Ersatzverbindlichkeiten
zu Gunsten der eigenen Verwaltung geltenden Grundsätzen und
Vorschriften her hereinzubringen. Die hiernach eingebrachten Beträge
sind zu Gunsten der forderungsberechtigten Postverwaltung in Rechnung
zu stellen und in die Generalabrechnung nach Artikel 14 einzubeziehen.
Umgekehrt sind Guthaben solcher Angestellten, die bei der Prüfung
der Rechnungslegung festgestellt wurden, zum Zwecke der Ausfolgung
von der prüfenden Postverwaltung zu Gunsten jener Postverwaltung
zu buchen, in deren Diensten sich der betreffende Angestellte
gegenwärtig befindet.
Artikel 9.
Jede Verwaltung hat ihre Forderungen selbst
in österreichisch-ungarischen Kronen aufzustellen und der
zahlungspflichtigen Verwaltung zu übermitteln. Diese kann
gegen die Abrechnung innerhalb einer Frist von vier Monaten nach
der Absendung Einwendungen erheben, widrigenfalls dieselbe als
anerkannt gilt.
Für die ehemalige bosnisch-herzegowinische
Postverwaltung wird ebenfalls der 31. Oktober 1918 als Gebarungschluß
bestimmt. Alle bosnisch-herzegowinischen Postämter gelten
daher vom 1. November 1918 an als zum Königreiche der Serben,
Kroaten und Slovenen gehörig.
Die Bestimmungen des 1. Teiles finden auf die
aus der Gebarung der Militärverwaltung in Bosnien-Herzegowina
sich ergebenden Verbindlichkeiten sinngemässe Anwendung.
Feld- und Etappenpostämter gelten bis
zur Einstellung ihrer Tätigkeit als der k. u. k. Feldpostverwaltung
angehörig.
Die noch nicht ausgezahlten Feldpostanweisungen
sind an die nach dem Wohnsitz (Sitz) des Reklamanten zuständige
Postverwaltung zur weiteren Amtshandlung auszufolgen.
Die durch die Postverwaltung der Nachfolgestaaten
bereits ausgezahlten und nach dem 1. Absatze auszuzahlenden Feldpostanweisungen
sind in eine besondere Rechnung zusammenzufassen.
Diese Rechnung ist an die mit der Liquidierung
der ehemaligen k. u. k. Feldpost betraute Stelle zwecks Anerkennung
zu übersenden und in die Generalabrechnung nach Artikel 14
einzubeziehen.
Ersatz- und Regreßverbindlichkeiten der
ehemaligen k. u. k. Feldpostverwaltung hat die mit deren Liquidierung
betraute Stelle in sinngemäßer Anwendung des Artikels
7 auszutragen.
Die österreichische Postverwaltung übernimmt
als gemeinsame Abrechnungsstelle die Generalabrechnung nach diesem
übereinkommen. An diese sind daher alle anerkannten Abrechnungen
einzusenden. Auf Grund dieser Abrechnungen wird für jede
Postverwaltung der Schlußsaldo ermittelt. Vom Ergebnis der
Schlußabrechnung wird jede Postverwaltung verständigt.
Die österreichische Postverwaltung wird
über Verlangen alle erforderlichen Auskünfte er teilen
und mit den seitens der vertragschließenden Staaten entsendeten
Organen auf dem kürzesten Wege das Einvernehmen pflegen.
Die Frage der Begleichung des Schlußsaldos
bleibt der allgemeinen Regelung über die Erfüllung von
Verbindlichkeiten der in Betracht kommenden Staatsverwaltungen
vorbehalten. Die Art der Begleichung der Ansprüche der Reklamanten
bleibt der inneren Regelung jedes der vertragschließenden
Staaten freigestellt.
Sollten sieh bei der Durchführung dieses
Übereinkommens zwischen den vertragschließenden Staaten
Meinungsverschiedenheiten ergeben, wird - falls für die Austragung
zwischenstaatlicher Streitfragen nicht eine allgemeine, ständige
schiedsrichterliche Instanz eingerichtet werden sollte, - ein
besonderes Schiedsgericht bestellt.
Dieses setzt sich zusammen aus einem Mitgliede,
das die Republik Österreich bezw. die mit der Liquidierung
der k. u. k. Militär- und Feldpostverwaltung betraute Stelle
entsendet, und aus einem, das die übrigen vertragschließenden
Staaten im Einvernehmen bestellen. Diese beiden Mitglieder wählen
einen Vorsitzenden, der einem der vertragschließenden Staaten
angehört, welcher nicht bereits im Schiedsgericht durch ein
Mitglied vertreten ist.
Sollten sich die beiden Schiedsrichter über
die Wahl des Vor sitzenden nicht einigen können, so wird
derselbe von sämtlichen vertragschließenden Staaten
mit Stimmenmehrheit gewählt.
Der Sitz des Schiedsgerichtes ist Wien. Die
vertragsehließenden Staaten verpflichten sich dem Schiedsgerichte
jedes zur Durchführung seiner Amtshandlungen erforderliche
Entgegenkommen zu erweisen.
Die Kosten des Schiedsgerichtes werden von
den beteiligten Staaten nach Verhältnis der zur Entscheidung
vorgebrachten Fälle getragen. Die auf die einzelnen Staaten
entfallenden Quoten dieser Kosten werden vom Schiedsgerichte von
Fall zu Fall festgesetzt werden.
Das Schiedsgericht wird über Verlangen
jedes interessierten vertagschließenden Staates zusammenberufen
und entscheidet mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende gibt seine
Stimme zuletzt ab.
Die Entscheidung des Schiedsgerichtes ist für
die vertragschließenden Staaten bindend und es findet gegen
dieselbe keine Berufung statt.
Dieses Übereinkommen wird ratifiziert
werden. Die Ratifikationen werden seitens der interessierten Staaten
der italienischen Regierung sobald als möglich mitgeteilt
werden. Die italienische Regierung wird hievon alle anderen Signatarstaaten
in Kenntnis setzen. Die Ratifikationsurkunden werden in den Archiven
der italienischen Regierung verwahrt bleiben. Dieses Übereinkommen
wird nach erfolgte Ratifikation seitens aller vertragschließenden
Staaten in Kraft treten.
Sobald alle Ratifikationen eingelangt sein
werden, wird ein Protokoll aufgenommen werden, dessen Datum auch
das Datum des Inkrafttretens dieses Übereinkommens sein wird.
ZU URKUNDE DESSEN haben die unten genannten
Bevollmächtigten dieses übereinkommen gezeichnet.
AUFGENOMMEN in Rom, den sechsten April Tausend
neunhundert zwei und zwanzig, deutsch, italienisch und französisch.
Der italienische und der französische Text haben gleiche
Geltung. Im Falle von Abweichungen wird der deutsche Text zu Rate
gezogen. In diesem Falle wird jener der zwei Texte, der italienische
oder französische, allein maßgebend sein, welcher dem
deutschen Texte entspricht.
Ausgefertigt in einem einzigen Exemplar, welches
in den Archiven des Königreiches Italien verwahrt bleiben
wird und von welchen jedem der Signatar-Staaten eine authentische
Ausfertigung übermittelt werden wird.
Für
Da das im Artikel 2 des vorliegenden Übereinkommens
vorgesehene Verzeichnis mangels genauer Angaben seitens einiger
vertragschließender Staaten nicht endgültig verfaßt
werden konnte, ist jede Postverwaltung nach erhaltener Zustimmung
der anderen beteiligten Verwaltungen verpflichtet, die betreffenden
Verzeichnisse sobald als möglich und spätestens innerhalb
eines Monates nach der Ratifikation des vorliegenden Übereinkommens
seitens ihrer Regierung dem Sekretariat der Konferenz von Rom
beim Ministerium des Äußern des Königreiches
Italien einzusenden.
ROM, den sechsten April Tausend Neun Hundert
zwanzig zwei.
Für