Der der staatlichen Eisenbahnverwaltung gemachte Vorwurf, daß
sie gegen die deutschen Eisenbahnbediensteten namentlich in Karlsbad
systematisch vorgehe, ist nicht richtig.
Von einer Gesamtzehl von ungefähr 1.000 Bediensteten in Karlsbad
wurden im Laufe des Jahres 1926 im ganzen bloß 37 Bedienstete,
nicht aber wie die Interpellation anführt, 45 pensioniert
und entlassen, also ein verhältnismäßig sehr kleiner
Teil. Zu dieser Einschränkung der Zahl der Bediensteten mußte
es notwendigerweise kommen, und zwar ausschließlich wegen
des bedeutenden Überschusses an Bediensteten, namentlich
nach Vereinigung der beiden Verkehrsämter in karlsbad, also
aus rein sachlichen und dienstlichen Gründen. Sie wurde streng
nach den gesetzlichen und sonstigen geltenden Vorschriften vorgenommen,
nach welchen die nationale Zugehörigkeit nicht entscheidet
und in den interpellierten Fällen auch nicht entschieden
hat, weil nach den gleichen Maßstäben
sowohl Bedienstete der èechischen als der deutschen Nationalität
in gleicher Weise entlassen worden sind. Auch auf die wirtschaftlichen
und sozialen Verhältnisse wurde gehörige Rücksicht
genommen, es mußte aber auch auf die allgemeine Dienstesverwendbarkeit
gesehen werden. Was die Dienstesunbrauchbarkeit namentlich im
Hinblikke auf die Unkenntnis der Dienstsprache anbelangt, kann
in dieser Richtung das Vorgehen der Staatseisenbahnverwaltung
nicht als streng und hart bezeichnet werden. Auch heute noch,
obwohl die Zeit, innerhalb welcher die staatliche Eisenbahnverwaltung
zweckentsprechende und hinlängliche Gelegenheit zur Eneignung
wenigstens der notwendisten und dringendsten Kenntnisse der Diehstsprache
und dadurch zur Erfüllung der durch das Gesetz selbst normierten
Verpflichtungen gegeben hat, bereits längst abgelauften ist,
wendet sie gegen diejenigen, die dies bisher und häufig durch
ihre eigene Schuld nicht getan haben, ihr Recht nicht coll an,
sondern bemüht sich, auch die der Dienstsprache nicht ganz
mächtigen Bediensteten in Dienstzweigen zu beschäftigen,
in denen die Unkenntnis der Dienstsprache keine größeren
Schwierigkeiten verursacht.
Prag, am 21. April 1927.
In Angelegenheit des Hofes Kosolup handelt es sich um den Verkauf
aus freier Hand auf Grund des Übereinkommens des Staatlichen
Bodenamtes mit dem Eigentümer des Großgrundbesitzes
Malesitz über den Umfang der Übernahme des Bodens zu
Zwecken der Bodenreform und nach den infolge des Übereinkommens
den Erwerbern des Hofes Kosolup nach § 7 des Beschlagnahmegesetzes
auferlegten Bedingungen. Die Verkäufe aus freier Hand wurden
einerseits zu Gusten der kleinen Bewerber, andererseits zum Zwecke
der Schaffung zweier Heimstätten aufgetragen. Die Konskription
der Gesuchsteller wurde am 20. Novamber 1925 an Ort und Stelle
durch den Zuteilungskommissär des Staatlichen Bodenamtes
abgelaßt und durch die per Post eingeschickten Ansuchen
ergänzt. Die abverhauften Grundstücke wurden den Erwerben
am 1. Oktober 1926 durch das Staatliche Bodenamt und die Eigentümer
des Hofes Kosolup eingeantwortet.
Dem Staatlichen Bodenamte sind seitens der Gemeinde Kosolup zwei
Anmeldungen vom 9. August 1926 und 15. August 1926, also verspätet
und zu einer Zeit zugekommen, wo über die Bewerber und über
das Bodenausmaß für die einzelnen Bewerber bereits
entschieden war.
Unter den Bewerbern um den zum Verkaufe aus freier Hand unter
den vom Staatlichen Bodenamte festgesetzten Bedingungen bestimmten
Boden, die bedacht wurden, befindet sich auch die Národní
Jednota Pošumavská. Sie erhielt für Bauplätze
ungefähr 3 ha und 80 a. Diese Jednota zahlt für den
gekauften Boden den gleichen Preis wie die übrigen Erwerber
von Baugrundstücken.
In der Konskription der Bewerber um Boden vom Jahre 1925 ist die
Gemeinde Kosolup nicht angeführt. Das mit dem Eigentümer
des Hofes Kosolup Vereinbarte Bodenausmaß von ungefähr
76 ha Boden, der zu Abverkäufen aus freier Hand bestimmt
ist, ist bereits unter die Gesuchsteller verteilt und ihnen eingeantwortet.
Damit ist auch das Übereinkommen des Staatlichen Bodenamtes
mit dem Eigentümer des Großgrundbesitzes Malesitz,
soweit es sich um den Hof Kosolup handelt, erfüllt.
Auf Grund des dargelgten Standes der Angelegenheit hat die Regierung
keinen Grund zu irgendeiner Maßnahme.
Prag, am 27. April 1927.
Der èechoslovakische Staat
hat das Hotel "Casino" in marienbad um einen Kaufpreis
von Kè 2,550.000 gekauft.
In dem Vertrage ist dieser Kaufpreis in den Preis für die
Liegenschaften, die Fahrmisse und den Verzicht auf die Hotel-
und Gastgewerbekonzession geteilt.
Diese Teilung des Kaufpreises wurde in dem Vertrag auf Wunsch
der verkaufenden Partei, Marianne Back, aufgenommen, welche auf
diese Weise ihr Verhältnis zu den Konzessionären Rosner
und Mladìjovskýdefinitiv regeln wolte, weil sie
dadurch einem eventuellen Streite ausweichen wollte, der entstanden
wäre, wenn sie das Hotel "Casino" verkauft hätte,
ohne auf ihre vertraglichen Verbindlichkeiten
gegenüber der Firma Rosner und Mladìjovský
Rücksicht zu nehmen.
In diesem Falle wäre der
Staat als neuer Eigentümer nicht gezwungen gewesen, in das
Vertragsverhältnis mit Rosner und Mladìjovský
einzutreten, und diese hätten sich obligatorisch bloß
an der früheren Eigentümerin und nicht an dem Käufer
regressieren können.
Der Staat hat also für den Verzicht auf die Gewerbeberechtigung
zum Betriebe des Hotel- und Gastgewerbes im Hotel "Casino"
nichts gezahlt, sondern die verkaufende Partei hat von dem Kaufpreise
eine Entschädigung an die Drittpartei gezahlt, mit der sie
aus früherer Zeit in einem Vertragsverhältnisse stand.
Nach Punkt 18 des am 31. Juli 1925 mit dem bisherigen Pächter
abgeschlossenen Pachtvertrages ist der Pächter verpflichtet,
den öffentlichen Beamten, namentlich den Staatsbeamten und
den anderen dirch die Zentraldirektion der staatlichen Bäder
bezeichneten und dem Herrn Pächter bekantgegebenen anderen
Personen eine 50 %ige Ermäßigung für die Unterkunft
und 25 %ige Ermäßigung bei der Verpflegung zu gewähren,
nicht aber mehr als 4 Personen in der Hauptsaison und außerhalb
der Saison in unbeschränkter Anzahl.
Mit Rücksicht auf die Geschäftsführung dieser Unternehmung
war es nicht möglich, dem Pächter in dieser Richtung
größere Verpflichtungen aufzuerlegen, und diese umsoweniger,
als er sich verpflichtet hatte, im Hotel eine Volksrestauration
zu errichten, in der einerseits die im Weisen Kreuz wohnenden
Gäste sowie die übrigen Kurgäste für billiges
Geld verpflegt werden.
Es entspricht daher nicht den tatsachen, daß im Hotel "Casino"
eine Bar errichtet worden ist, im gegenteil ist es wahr, daß
die ehemaligen Souterrain-Räumlichkeiten der Bar im Hotel
"Casino" ausschließlich als Volksrestaurant, das
der Verpflegung der minder bemittelten Bevölkerungsschichten
und der unbemittelten Kurgäste dient, benützt werden,
und daß daher trotz des kaufmännischen Charakters der
Unternehmung der soziale Zweck gewahrt wurde.
Prag, am 16. April 1927.
Der Verwalter des Vereinskurhauses NC. 333 in Marienbad, Bezirkskommissär
Dr. Eugen Bossanyi, hat die Rechnungen über die Verwaltung
des Hauses der politischen Landesverwaltung zur Genehmigung vorgelegt,
die angeordnet hat, daß die Rechnungen von dem Steuerdirektor
Josef Geyer in Marinbad überprüft werden.
Die Rechnungen der Gewerbetreibenden pflegten regelmäßig
bis nach der Badesaison bezahlt zu werden, aber kleinere Rechnungen
zahlte Dr. Bossanyi sofort von den einlaufenden Einnahmen. Auch
die Wäscherin Marie Pötzl
aus Gross - Sichdichfür erhielt für ihre Arbeit das
Geld immer nach der Badesaison. Im Jahre 1926 zahlte ihr Dr. Bossanyi
schon während der Badesaison á conto ihrer Rechnung
jede Woche 100 Kè, im Laufe der Saison im ganzen 900 Kè
aus. Daß die Wäscherin
Pötzl von dem Steueramt wegen Nichtzahlung der Steuern bestraft
wurde, hat sie niemals dem Verwalter des Badehauses gemeldet und
sich auch niemals ihm gegenüber darüber beklagt. Ihre
Rechnung auf den Betrag von 3.427 Kè 44 h hat sie erst
am 28. Oktober 1926 vorgelegt, und es wurden ihr außer den
bereits erwähnten im laufe der Saison bezahlten 900 Kè
am 27. November 1926 1.000 Kè und am 11. Dezember 1926
weitere 1.000 Kè bezahlt. Der Rest des berechneten Betrages
wurde sodann aus den monatlichen Einkünften der Kurhauses
bezahlt. Auch alle anderen Rechnungen der kleineren Gewerbsleuten
sind bereits beglichen.
Die Behauptung, daß Dr. Bossanyi durch Neukreierung von
Schulden die Absicht hatte, die Gewerbsleute bezw. Geschäftsleute
zu shcädigen, entspricht somit nicht den Tatsachen.
Die Gebühren für Wasserbezug hat Dr. Bossanyi der Gemeinde
nicht bezahlt, weil die Frage strittig war, ob und inwieweit auch
die ständigen Mieter des Kurhauses, die einen unbedeutenden
Zins zahlen und in der Saison größtenteils ihre Zimmer
um einen bedeutenden Mietzins vermieten, diese Gebühren zu
tragen haben.
Auf die Berufung des Vereines "Humanitärer Verein für
bedürftige Staatsbeamte, Professoren und Lehrer" in
Marienbad hat das Ministerium des Innern mit Erlaß vom 7
März 1927, Z. 6406 seine Auflösung behoben, und demzufolge
hat mit Erlaß vom 7. April 1927 die politische Landesverwaltung
angeordnet, daß die Verwaltung des Kurhauses in die Hände
der berechtigten Vereinsorgane gelegt werde.
Aus dem dargelgten Stande der Dinge ist ersichtlich, daß
ich keinen Anlaß habe auf die Anregung dieser Interpellation
etwas weiteres zu verfügen.
Prag, den 27. April 1927.
Durch die amtlichen Erhebungen wurde festgestellt, daß der
Schüler der VII. Staatsrealschule in Jägerndorf ganz
grundlos und wiederholt den Amtsorgenen Schwierigkeiten bereitet,
indem er sich ihnen gegenüber in herausfordernder Weise benimmt.
Die von ihm allein eigenwillig und vielleicht in jugendlicher
Unüberlegtheit hervorgerufenen Vorfälle können
keinen Beweis für sprachliche Übergriffe der Amtsorgane
gegenüber der deutschen Bewohnerschaft abgeben; andere Fälle
führt die Interpellation nicht konkret an, und sie sind auch
nicht amtlich bekannt.
Ein Einschreiten auf der oben arwähnten Grundlage kann allerdings
keinen Erfolg haben.
Die Behauptung in der Interpellation,
daß auf den Strecken in Normähren und Schleisen beim
Personenzugsverkehr fast ausschließlich èechische
Bedienstete in Verwendung stehen, entspricht nicht den Tatsachen,
weil von der Gesamtzahl der Revisionsschaffner 211 Èechen
und 191 Deutsche sind.
Prag, den 4. Mai 1927.
Den Abbrändlern in Zuckmantel
wurde seitens der Staatsverwaltung gleich nach der Katastrophe
als erste Hilfe ain Beitrag von 15.000 Kègewährt.
Auf Grund der in der Sache unverzüglich eingeleiteten Erhebungen
wurden für die Betroffenen weitere Unterstützungen in
der Gesamthöhe von 21.000
Kè zugesprochen.
Es beträgt somit der gesamte
von der Staatsverwaltung für die Abbrändler in Zuckmantel
geleistete Beitrag 36.000 Kè.
Was die Unterstützung zum Wiederaufbau der durch den Brand
vernichteten und beschädigten Gebäude anlagt, so wird
über die Gewährung einer Staatsunterstützung in
den Grenzen des neuen Gesetzes über die Baubewegung verhandelt
werden können.
Prag, den 14. April 1927.
Die Verteuerung des Konsumzuckers
auf 516 Kè, Basis Kristall, pro 100 kg, die von der
Zuckerindustrie für die Monate Jänner und Februar 1927
vorgenommen wurde, hat der Regierung keinen Anlaß zum Einschreiten
gegebenm weil ihr durch die Resolution der Nationalversammlung
vom 23. Juni 1926 aufgetragen wurde, ab 1. Oktober 1926 die gebundene
Wirtschaft mit Zucker nicht zu erneuern ind in Hunkunft auf den
Zuckerhandel nicht die Vorschriften der Regierunsverordnung vom
3. September 1920, S. d. G. u. V. Nr. 516, anzuwenden. Diese Resolution
enthält keine Bedingungen, von denen die Aufhebung der gebundenen
Wirtschaft in Zucker abhängig wäre, somit auch nicht
das Sinken der ausländischen Zuckerpreise.
Betreffs der Gewinnüberschüsse einzelner Zuckerkonzerne
wird daran erinnert, daß die Ursache dafür in dem Umstande
liegt, daß durch die Konzentration mit Hilfe vollkommenerer
Mittel mit geringerer Regie gearbeitet wird. Die Verhältnisse
derartiger Unternehmungen lassen sich jedoch nicht generalisieren.
Was die Auslandspreise anlangt, so können diese nicht nach
den einzelnen Zuckerverkäufen beurteilt werden, sondern nach
dem notierten Durchschnitt an den Zuckerbörsen.
Die Kalkulation der Produktionskosten des Zuckers in einzelnen
Zuckerfabriken unterscheidet sich von einander sehr bedeutend
nach ihren Einrichtungen, ihrer Lage, der Teuerung der Arbeitskräfte
und nach vielen anderen Umständen, und es ist gar nicht leicht,
die Erzeugungskosten des Zuckers nach einem bestimmten Normaltyp
des Zuckerfabrikbetriebs zu bestimmen.
Was die Zuckerkonsumsteuer betrifft, so wird Nachstehendes angeführt:
Die gesteigerten Anforderungen an die Staatskasse gestatten nicht,
ein Gesetz auf Aufhebung oder auch nur Ermäßigung der
Konsumsteuer zu beantragen. Was die Konsumsteuer vom Rübenzucker
allein anbelangt, die die Herren Interpellanten offenbar in erster
Reihe vor Augen haben, so bemerkt
die Regierung, daß gegenüber der Friedensbesteuerung,
die mit 38 Cldkronen angesetzt war, die jetzige Besteuerung von
184 Kè für 100 kg Nettogewicht nicht ganz das Fünffache
beträgt und nicht nur hinter dem Valutakoeffizienten (6,5),
sondern auch hinter der durchschnittlichen Einkommenentwicklung
(7), umsomehr auch hinter dem Preisindex (9) zurückbleibt.
Zur Frage der Aufhebung oder Herabsetzung des Einfuhrzolls auf
Zucker wird bemerkt:
Der Rübenzucker gehört in die Tarif Nr. 19 des
Zolltarifs. Der Zoll auf die Ware dieser Tarif-Nr. betrug in der
Zeit des Zerfalls von Österreich bezw. des Entstehens der
Èechoslovakischen Republik 26 K ohne den Valutaaufschlagc
für 100 kg Nettogewicht. Dieser Valutaaufschlag wurde nach
den Verhältnissen
abgeändert. In der heutigen Zeit beträgt der Zoll auf
Zucker der erwährten Tarif-Nr. Kè 26 mit dem Koeffizienten
13, d. h. Kè338 für 100 kg Nettogewicht, wie durch
Regierungsverordnung vom 21. Mai 1921, S. d. G. u. V. Nr. 193,
festgesetzt wurde.
An die Aufhebung oder auch nur Herabsetzung des erwähnten
Einfuhrzolls auf Zucker Tarif Nr. 19 kann vorläufig nicht
nur aus fiskalischen sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen
nicht gedacht werden.
Was endlich die Kartelle betrifft, so steht die Regierung auf
nachstehendem Standpunkte:
Die Anschauungen der wirtschaftlichen Kreise darüber, ob
und in welchem Ausmaß die Frage der Kartelle durch ein besonderes
Gesetz geregelt werden soll, gehen bis jetzt bei uns auseunander.
Die Erfehrungen, die in anderen Staaten mit der legislativen Regelung
der Kartelle gemacht wurden, sind in keiner Richtung gerade ermunternd;
es geht aus denselben hervor, daß die Gesetzgebung alles
vermeiden sollte, was in die Entwicklung und Organisation der
Industrieunternehmungen störend eingreifen könnte, und
daß es nur nötig ist, die Auswüchse der Kartelle,
durch welche das öffentliche Interesse geschädigt wird,
zu untedrücken. Diesem Zwecke genügen die bereits geltenden
Vorschriften durchaus. Die Regierung hat die Entwicklung der Verhältnisse
in steter Evidenz und wird nicht unterlassen, in geeigneter Zeit
das Zweckmäßige zu verfügen.
Das Ministerium für Volksverpflegung in Prag.
Prag, den 29. April 1927.