In November 1926 eröffnete der Herr Minister
bei den Beratungen des Voranschlagskapitels des Ministeriums für
Schulwesen und Volkskultur seine Auffassung über die Forderungen
der nationalen Minderheiten des Staates in kultureller Beziehung,
im besondern über die Forderung nach Autonomie auf dem Gebiete
des Schulwesens. Diese Stellungnahme des Herrn Ministers war eine
Anerkennung dieser Forderungen. Die Verwirklichung derselben sollte
durch eine von allen Seiten zu beachtende Duldsamkeit in Kulturund
Geistersfragen ermöglicht werden. Auch nach den vom Vorsitzenden
der gegenwärtigen Regierung, herrn Ministerpräsidenten
Dr. Švehla, verkündeten Richtlinien zur Staatsführung
sollte eine neue Zeit allgemeiner Duldsamkeit anbrechen und der
Grundsatz Gleiche unter Gleichen zur künftigen Grundlage
des Staates gemacht werden.
Am 3. März 1927 hat der Herr Minister
dann in einer vielbemerkten Rede die im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses
und des Senates vorgebrachten Äußerungen als Grundlage
für die damaligen Kulturausschußberatungen bezeichnet.
Darüber hinaus hat der Herr Minister auch bei anderen Gelegenheiten
in gleicher Weise sein Schulprogramm entwickelt.
Es kann nicht geleugnet werden, daß die
mehrmalige Stellungnahme des Herrn Ministers zur Schulfrage als
bedeutsame politische Handlung gewertet wurde. Die deutsche Bevölkerung
des Staates hat sich der berechtigten Hoffnung hingegeben, daß
das erste für die Deutschen positive Ergebnis der Zusammenarbeit
in einer gemischtnationalen Regierung die Gesetzgebung über
die Kulturautonomie der Völker des Staates sein würde.
Diese Hoffnungen haben sich bis heute noch nicht erfüllt.
Deshalb erachten es die Interpellanten für nötig, an
die Verwirklichung der Forderung nach kultureller Autonomie zu
erinnern und hiebei ihrer Meinung über die Grundzüge
einer solchen Autonomie nachmals Ausdrck zu geben.
Als unerläßliche Voraussetzung derselben
muß ein Gesetz gelten, daß die Nationen des Staates
als unantastbare Einheiten. (Nationalkataster) festlegt. Es ist
in der Kulturgesetzgebung untweideutig zu bestimmen, daß
die Kinder ausschließlich in die Schule ihrer Nation verwiesen
werden, die Lehrer der Schulen der Nation angehören an deren
Schulen sie unterrichten, daß die Nationen sich ihre Schulen
selbst verwalten und schließlich die öffentlichen Mittel
für Schulund Kulturzwecke unter allen. Umständen bis
zur letzten Konsequenz eine verhältnismäßige Aufteilung
erfahren.
Eine solche Gesetzgebung würde eine neue
Ära kultureller Aufwärtsentwicklung erschließen,
in der der freie Wettbewerb der Nationen bei der Ausgestaltung
ihres Schulwesens eine Hauptrolle spielte. Das empfindlichste
Gebiet der statlichen Angelegenheiten wäre aus dem ewigen
Streite gehoben und dem Staate in seinem Gesamtleben dadurch außerordentlicher
Vorteil gebracht. Die Schöpfer dieses Werdes aber würden
sich mit in der Geschichte verewigen, wie jene Männer, deren
unvergänglicher Name mit der Entwicklung der Neuschule verbunden
ist.
Duldsamkeit in Kulturund Geistesfragen nach
den Worten des Herrn Ministers, ferner die Betrachtung der kulturellen
Rechte der Nationen vom rechspolitischen Gesichtspunkte aus können
der Ausgang für die tatsächliche Verwirklichung der
geforderten neuen Kulturgesetzgebung werden.
Die Interpellanten fragen den Herrn Minister,
ob er bereit ist, im Sinne der erwähnten Ausführungen
und Stellungnahmen zum Kulturproblom den angekündigten Gesetzesantrag
auf kulturelle Autonomie der Nationen des Staates dem Abgeordnetenhause
vorzulegen und darauf Einfluß zu nehmen, daß diesem
Antrage reschestens Gesetzeskraft verliehen wird.
Eine Anzahl deutchnationaler Frauen und Mädchen
in Weidenau veranstaltete am 20. Juni im Gasthause Menzel
einen zwanglosen Unterhaltungsabend. Meine Anwesenheit bot einem
Èechen den Anlaß, die Gendarmerie zu verständigen
und sie auf den offenbar "staatsgefährlichen Charakter"
dieser Zusammenkunft aufmerksam zu machen. Tatsächlich erschien
um 10 Uhr abends die Gendarmerie in dem genannten
Gasthause und erzwang die sofortige Räumung des Lokales.
Mit Rücksicht auf den unerhörten
Vorfall rücksichtslosen. Einschreitens untergeordneter Organe
bei einer Zusammenkunft privater Personen, welche in keiner Weise
den Charakter einer Versammlung hatte und die der zwanglosen.
Aussprache über wirtschaftliche Frauen- und Tagesfragen diente,
und unter hervorhebung des Umstandes, daß für ein Einschreiten
der Gendarmerie keinerlei Anlaß vorhanden war, fragen die
Gefertigten den Herrn Minister des Innern:
Ist der Herr Minister bereit, die untergeordneten
Organe, welche in diesem Falle ihre Amtlbefugnis überschritten
haben, zur Verantwortung zu ziehen?
Ist des Herr Minister bereit, für die
Zukunft für die Hintanhaltung solcher lächerlicher und
unnötiger Vorfälle durch die entsprechende Belehrung
der seinem Wirkungskreise unterstehenden Instanzen und Organe
Sorge zu tragen?
In der in Bönmisch-Krummau erscheinenden
periodischen Druckschrift "Deutsche Böhmerwaldzeitung",
Jahrgang 49, Folge 18 vom 5. März 1927 erschien auf Seite
2 ein Artikel unter der Überschrift: "Dem Andenken der
am 4. März gefallenen Helden". Dieser Artikel wurde
nach § 487 St. P. von der politischen Bezirksverwaltung in
Böhmisch-Krummau mit Zahl 6013 vom 4. März 1927 mit
Beschlag belegt wegen der Stelle:
"Da mitten hinein in ernste, feierliche Stimmung fielen die
Schüsse der èechischen Soldateska. Bald drang der
Ruf durchs Land, daß in Kaaden, in Brüx, in Znaim,
in Sternberg und in Freudenthal deutsche Brüder und Schwestern
das Opfer wahnwitzigen Chauvinismus geworden
waren."
Das Kreisgericht in Budweis hat mit der Erkenntnis
Tl 4/27 vom 6. März 1926 die Beschlagnahme bestätigt.
In der angeführten Stelle erblickt das Gericht eine Verdrehung
tatsächlich eingetretener Ereignisse, um amtliche
und öffentliche Beschimpfung einer selbständigen Abteilung
der èechoslovakischen Armee, womit eine beabsichtigte Geringschätzung
gegenüber den ganzen Stande der bürgerlichen Gesellschaft
kundgetan ist, was ein Vergehen nach § 300 St. G. und eine
ubertretung nach § 496/II St. G. bedeutet.
Es ist unverständlich, warum die politische
Bezirksverwaltung die Beschlagnehme verfügt hat und wieso
das Gericht zu dieser Begründung der Beschragnahme kommen
konnte. Das Niederschießen friedlicher deutscher Bürger
durch èechische Soldaten am 4. März 1919 wird wohl
keine èechoslovakische Behörde leugnen können,
infolgedessen kann doch unmöglich von einer Verdrehung der
Tatsachen gesprochen werden. Auch eine Beleidigung einer selbständigen
Abteilung der èechoslovakischen
Armee kann aus der beanständeten Stelle nicht herausgelesen
werden, weil zu dieser Zeit blik feststanden, noch von einer èechoslovakischen
Armee zu dieser Zeit übrehaupt gesprochen werden konnte.
Demnach stellt sich die von der Behörde
verfügte Beschlagnahme und deren Bestätigung
durch das Gericht keineswegs als eine notwendige Amtshandlung
zum Schutze der staatlichen Autorität oder des Ansehens der
èechoslovakischen Armee dar, sondern ist vielmehr ein reiner
Willkürakt, bei welchem es sich nur darum
gehandelt hat, der genannten Zeitung bewußt einen Schaden
zuzufügen.
Die Unterzeichneten stellen daher an der Herrn
Innenminister und den Herrn Justizminister die Anfrage:
1. Ob ihnen das Vorgehen der unterstellten
Behörden in Böhmisch-Krummau und Budweis bekannt ist;
2. ob sie geneigt sind, durch persönlichen
Eingriff die Beschlagnahme aufzuheben und als ungiltig zu erklären;
3. ob sie bereit sind, die unterstellten Behörden
anzuweisen, in Hinkunft überflüssige Schikanen gegen
deutsche Zeitungen durch das Beschlagnahmeverfahren zu unterlassen?
Die Regierung hat sich auf den Standpunkt gestellt,
daß die Stellung eines Obmannes der Bezirksverwaltungskommission
mit einem parlamentarischen Mandat unvereinbar sei. Infolge dieser
Stellungnahme waren auch zwei unserer Parlamentarier, die Vorsitzenden
der Bezirksverwaltungskommission in Karlsbad und Falkenau, gezwungen,
diese Funktion niederzulegen. Wir wollen uns nicht in die Erörterung
der Frage einlassen, ob die Verfassungsbestimmungen, welche
sich auf die Župane, beziehungsweise Bezirksvorsteher im
Sinne der Gauordnung beziehen, ohne weiteres auf die ernannten
Mitglieder der Bezirksverwaltungskommissionen anwendbar sind,
sicher ist aber, daß eine derartige Praxis einheitlich und
in allen Fällen durchgeführt werden
müßte. Der Herr Minister hat auch anläßlich
einer Vorsprache strikte erklärt, daß er in allen Fällen
ohne Ausnahme an der Unvereinbarkeit des Mandats mit der Funktion
eines Bezirksobmannes festhalten wird. Trotz dieser in aller Form
abgegebenen Erklärung müssen wir jedoch feststellen,
daß Parlamentarier, die Angehörige der Regierungsparteien
sind, nach wie vor die Stellung eines Obmannes der Bezirksverwaltungskommission
bekleiden, daß also die Angehörigen der Mehrheitsparteien
auch in dieser Frage anders behandelt werden, als die Mitglieder
oppositioneller Klubs.
Indem wir die Regierung auffordern, die einschlägigen
Daten genau zu erheben und uns bereit erklären, ihr falls
sie dazu nicht in der Lage wäre, die fehlenden Daten zu liefern,
fragen wir den Herrn Minister:
Ist er bereit, seiner bindenden Erklärung
gemäß, die Frage der Unvereinbarkeit des parlamentarischen.
Mandats mit der Stelle eines Obmannes der Bezirkverwaltungskommission
in allen Fällen gleichartig und ohne Rücksichtnahme
auf die Parteistellung der betreffenden Parlamentarier zu bereinigen?
Auf unsere seinerzeitige Anfrage (D 528//II)
in der oben angeführten Angelegenheit hat der Herr Außenminister
am 18. März 1. J. eine Antwort erteilt, in welcher die Weigerung
des Chemnitzer Konsulates gegenüber der Bundesleitung damit
begründet wurde, daß
1. im Bunde zwei politischen Richtungen bestehen,
die einander bekämpfen;
2. politische Reibereien in einer solchen Organisation
unzulässig;
3. die leitenden Bundesorgane hiefür verantwortlich
sind und
4. die èechoslovakischen Vertretungsbehörden nur mit
jenen Angehörigen des Bundes zusammenarbeiten wollen, welche
ihre "Loyalität gegenüber ihrem
Staate zum Ausdruck bringen".
Die Antwort des Herrn Außenministers
enthält vor allem durchwegs ganz allgemeine Behauptungen
und keine einzige konkrete Tatsache, durch welche diese Behauptungen
erhörtet werden könnten. Das Organ des Bundes
der Kriegsverletzten, Witwen und Waisen der Èechoslovakischen
Republik in Deutschland, "Der Kriegsverletzte", antwortet
in seiner Nummer 6 auf diese allgemeinen Anschuldigungen folgendermaßen:
"Diese Antwort entspricht absolut nicht
den Tatsachen. Es ist nicht wahr, daß im Bunde zwei Richtungen
politischer Färbung bestehen, die sich angeblich gegenseitig
bekämpfen. Der Bund setzt sich aus Mitgliedern aller Parterichtungen
zusammen. Er war und ist aber dessen ungeachtet volkommen parteipolitisch
neutral. In den Versammlungen und lagungen des Bundes dürften
parteipolitische Fragen nicht behandelt werden. Was die Mitglieder
außerhalb des Bundes tun und lassen und in welcher parteipolitischen
Richtung sie sich betätigen, geht dem Bunde als solchen nichts
an. Diese zwei Richtungen politischer Färbung bestehen
wahrscheinlich nur in den Gehirnen der Konsulatsbeamten oder in
den Angaben von Denunzianten. Der Bund ist eine reine Interessengemeinschaft
der èechoslovakoschen Kriegsbeschädigten in Deutschland
und verficht eben unerschrocken die
Interessen der èechoslovakischenKriegsbeschädigten.
In dieser Beziehung geht die Leitung sachlich, aber rücksichtslos
vor. Das ist es, was als nicht loyall angesehen wird, und was
die Leitung beim Konsulate unbeliebt gemacht hat.
Es könnte vielleicht eher behauptet werden, daß diese
Strömungen beim Konsulats waren zwar auch streng, aber gerecht.
Die jetzigen mischen sich aber in Organisationsangelegenheiten,die
sie nichts angehen.
Es ist nicht wahr, daß das Konsulat den
Ortsgruppen unseres Bundes in jeder möglichen Art entgegenkommt.
Als Beweis dafür, daß sich das Konsulat nicht bloß
gegenüber den Ortsgruppen und den Bezirksleitungen ablehnened
verhielt, diene folgender Vorfall:
Der Beauftragte der Ortsgruppen Chemitz sprach
beim Konsulate in verschiedenen Kreigsbeschädigtenangelegenheiten
vor, erhielt aber die Sachen nicht erledigt, und zwar mit dem
Bemerken, daß seine Person beim Konsulate nicht mehr gern
gesehen sei. Weters werde dem derzeitigen Bezirksobmann die Angabe
der Abgangsdaten, die zur Regelung von Kriegsbeschädigtenangelegenheiten
vom Landesamte in Prag benötigt wurden, verwegert. Die Bundesleitung
hält es im Interesse der Bewegung für ihre Pflicht,
allen Versuchen außenstehender Kreise, aber auch solcher
Personen der Organisation, welche eine Zersplitterung der Organisation
als Absicht, wenn auch in verschleierter Form, haben, aufs entschiedenste
entgegenzutreten.
Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird,
daß durch die zeitweise Unterbrechung der Beziehungen mit
dem Bunde keine Schädigung der Kriegsbeschädigten herbeigeführt
wurde. Es kann behauptet werden, daß durch die Verweigerung
der Auskunfterteilung an die Vertrauensmänner die Erledigung
verschiedener Kriegsbeschädigtenfragen verzögert wurde.
Die Sache ist doch ganz einfach so: Dem Konsulate in Chemnitz
war das zwar sachliche, aber konsequente Vorgehen der Bundesleitung
unangenehm. Von bestimmten Stellen aus war aber eine neue Organisation
ins Leben gerufen worden, die sich als loyal bezeichnete und als
Beruhigungssprachrohr gewertet werden kann. Unsere Organisation
hat eben immer die Verhältnisse so geschildert, wie sie tatsächlich
sind, und das ist der ganze Vorwurf, der unserer Organisation
gemacht wird. Sie will sich nicht als Beruhigungssprachrohr benützen
lassen. Darum wird sie als nicht loyal bezeichnet, darum soll
sie verschwinden und soll einer Organisation Platz machen, die
dem Konsulate zu Diensten steht. Darum werde der Versuch unternommen,
durch verschiedene Personen in unsere Organisation eine zersplitterung
hineinzutragen um dadurch die Schlagkraft zu lähmen."
Dazu bemerken die Unterzeichneten noch das
Folgende:
Es ist eine notorisch bekannte Tatsache, daß
in einer ganzen Reihe von Gewerkschaften und sozialen Vereinigungen
ähnlicher Art wie der in Frage kommende Bund, in denen Angehörige
verschiedener politischer Richtungen vereinigt sind, auch Kämpfe
dieser Richtungen um die Führung und Leitung stattfinden,
ohne daß es bisher den Behörden eingefallen wäre,
dies zu verbieten, hier einzugreifen und den Verkehr mit diesen
Organisationen einzustellen. Ebensowenig ist uns etwas von einer
gesetzlichen oder anderen Anordnung bekannt, daß die Behörde
nur mit solchen Staatsbürgern, wie es eben auch die Angehörigen
des genannten Bundes sind, verkehren sollen, welche ihre "Loyalität"
gegenüber ihrem Staate zum Ausdruck bringen. Bis jetzt wurde
gemäß der Verfassung immer behauptet, daß vor
dem Gesetz - und es handelt sich um gesetzliche Ansprüche
der Angehörigen des Bundes - und vor dem Amte jeder Staatsbürger
gleich ist. Diese Stelle der Antwort des Herrn Außenministers
völlig unklar.
Aus diesen Gründen stellen wir an den
Herrn Minister die folgenden Anfragen:
1. Was für zwei politische Richtungen
bestehen im genannten Bunde, worin besteht ihr gegenseitiges Bekämpfen,
welche Tatsachen kann der Herr Minister darüber anführen
und sonstige Beweise gründen sich diese Behauptungen des
Herrn Ministers?
2. Auf welche gesetzliche oder andere geltende
Bestimmung gründet sich die Ansicht des Herrn Ministers,
daß politische Reibereien in einer solchen Organisation
unzulässig sind, sowie die Praxis des Chemnitzer Konsulates,
im Falle des Bestehens solcher politischer Reibereien mit der
Organisation nicht zu verkehren?
3. Aufgrund welcher Beweise behauptet der Herr
Minister, daß für diese politischen Reibereien die
leitenden Bundesorgane verantwortlich sind?
4. Inwiefern, durch welche Handlungen und Unterlassungen
haben Angehörige des Bundes es versäumt, ihre Loyalität
gegenüber ihrem Staate zum Ausdruck zu bringen?
5. Auf welche gesetzlichen oder anderen Bestimmungen
gründet sich der Begriff der "Loyalität" gegenüber
dem Staate überhaupt und die Verpflichtung des Staatsbürgers
zu derselben im Besondern?
6. Min welchem Gesetz oder mit welcher
Verordnung oder Anordnung, aufgrund welches Gesetzes wurde den
Vertretungsbehörde der Èechoslovakischen Republik
im Auslande auferlegt, nur mit solchen Staatsbürgern zu verkehren,
die jene Loyalität zum Ausdruck bringen?
7. Sind diese Vertretungsbehörden angewiesen
worden, ihr Verhalten gegenüber den Staatsbürgern nach
der politischen Gesinnung derselben einzurichten, und auf welches
Gesetz kann sich eine solche Anweisung berufen?
8. Warum wurden dem Bezirksleiter genannten
Bundes für den Konsulatbezirk Chemnitz Anton Romisch am 11.
Juni 1. J. vom Beamten der Fürsorgeabteilung des Konsulats
nur auf allgemeine Fragen Auskunft gegeben und bemerkt, daß
das Konsulat nur mit jeder Partei selbst verkehre?
Auf Seite 1 der Jägerndorfer Zeitung Nr.
31 vom 17. April 1927 erschien ein Artikel "Trübe Ostern"
von Abg. Dr. A. Koberg. Daraus wurden durch die politische Bezirksverwaltung
Jägerndorf folgende Sätze beschlagnahmt: "Zwei
Brüder gingen einst arglos durch einen finsteren Wald. Da
fielen sie unter die Räuber die sie ausplünderten bis
aufs Hemd. Betrübt und mit Wunden bedeckt zogen die beiden
Ausgeraubten ihre Straße weiter und berieten, was zu tun
sei. Der eine schlug vor, zunächst frische Kräfte zu
sammeln und sich zu wappnen, um dann gemeinsam mit den übrigen
Stammesbrüdern das widerrechtlich entzogene Gut zurückzuerlangen.Der
andere aber verzagte ob seiner Schwäche, ließ seinen
Bruder im Stich und lief den Räubern nach, um sich ihnen
zu verdingen. Huldvoll nahmen sie ihn auf und gaben ihm zum Lohne
eines von den tausenden Goldstücken zurück, die sie
erbeutet hatten. Dessen rühmte sich der neue Räubersknecht
laut. Sein Bruder aber wollte darin keinen Erfolg erblicken und
mannte weiter zu einigen Vorgehen gegen die Wegelagerer."
Durch diese Beschlagnahme entstand dem Drucker und Herausgeber
der "Jägerndorfer Zeitung" ein beträchtlicher
Schaden, da gerade über die Osterfeiertage sien Blatt nirgends
aufliegenkonnte; denn ein Neudruck nach der Beschlagnahme war
am Karsamstag Nachmittag selbstverständlich unmöglich.
Bezeichnend ist es jedenfalls, daß derselbe Artikel anstandslos
und ungekürzt in verschiedenen anderen Blättern
in der Èechoslovakischen Republik erscheinen konnte, z.
B. im "Volksruf" Nr. 30 vom 16. April 1927 in Brüx
und in der Freudenthaler Zeitung Nr. 30 vom 16. April 1927 in
Freudenthal. Nur die politische Bezirksverwaltung Jägerndorf
erblickte darin ein Vergehen nach § 14, Abs. 5 des Gesetzes
zum Schutze der Republik, nach dem die Beschlagnahme erfolgt ist,
obwohl dazu wirklich schon sehr viel Spürsinn gehört,
in dieser harmlosen Erzählung etwas Gesetzwidriges zu finden.
Deshalb fragen die Gefertigten beim Herrn Innenminister an:
1. Ist Ihnen die übereifrige Zensurpraxis
der politischen Bezirksverwaltung in Jägerndorf bekannt?
2. Wie erklären Sie es, daß der
Artikel "Trübe Ostern" in vielen Zeitungen innerhalb
der Republik Wohnsitze des Verfassers Abg. Dr. Koberg beschlagnahmt
wurde?
3. Was gedenken Sie zu tun, um in Hinkunft
eine derart vormärzliche Handhabung der Zensur abzustellen?
Die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei
veranstaltet am 27. März 1927 in ihrem ganzen Tätigkeisgebiete
einen Frauentag. Es ist dies eine Aktion, die von den sozialistischen
Parteien der ganzen Welt unternommen wird und die wenigstens in
den demokratischen Ländern nirgends auf Hindernisse seitens
der Behörden stößt. Die Leitmeritzer Staatsanwaltschaft
hat es jedoch für nötig gefunden, das Flugblatt, mit
welchem zum Besuch des Frauentages aufgefordert wurde, zu beschlagnahmen.
Dieses Flugblatt hat nachstehenden Wortlaut:
"Frauen und Mädchen heraus!
Heraus zum Frauentag!
Erhebt eure Stimmen ihr arbeitenden Frauen,
ihr Mütter, die Stimmen der Anklage des Protestes der Warnung.
Erhebt eure Stimmen in Namen der Kinder, die
leiden und dulden müssen und noch nicht selber zur Öffentlichkeit
sprechen können!
Erhebt eure Stimmen im Namen aller die leiden,
die Not und Elend tragen müssen, im Namen aller, die mühselig
und beladen sind!
Vereinigt eure Stimmen, ihr Frauen, ihr Mütter der Arbeiterklasse, zu einem einzigen furchtbaren Schrei der Empörung, der alle Schlafenden weckt., alle Gleichgültigen aufrüttelt, alle Müden mit neuem Mut erfüllt und alle Stumpfgewordenen mit neuer Hoffnung, -
zu einem Schrei, der dröhnend an die Ohren
der herrschenden, ihnen die ganze Schwere ihrer Verbrechen am
Volke schrecklich in Erinnerung bringend! Ihr habt zuviel gelitten,
als daß ihr länger schweigen dürftet! Èechischen
und deutsches Bürgertum haben euch gemeinsam in die Hölle
des Hungers, des Jammers, der Verzweiflung gestürzt. Sie
haben euch durch Zölle und Steuern alle Lebensmittel wahnsinnig
verteuert, aber sie haben nichts, gar nichts getan, um die
Arbeitslosigkeit und die Wohnungsnot zu lindern. Sie spotten der
Armen, sie verhöhnen das Elend, das sie erzeugt haben! "Arbeitsscheue"
und "Lumpen" nannte der landbündlerische Abgeordnete
Wagner die Arbeitslosen! Der agrarische Abgeordnete Heller beschimpfte
die arbeitenden Frauen unerhört, indem er ihnen vorwarf,
sie arbeten bis 5 Uhr und gehen dann auf den Stricht! So schätzt
der Dorfbourgois das Weib ein!
Die ungenügende Arbeitslosen-Unterstützung
wollen die bürgerlichen Parteien noch verschlechtern, die
Sozialversicherung wollen sie ruinieren, und damit die Armen,
die hungernd durch die Dörfer und Städte schleichen,
es nicht wagen, ihren zorn zu äußern, damit sie still
und geduldig hungern, bis der Tod sie von ihrem elenden Dasein
erlöst, wollen die bürgerlichen Parteien durch eine
schändliche Verwaltungsreform nicht nur den Arbeitern und
Arbeiterinnen allen Einfluß auf die Verwaltung rauben sondern
auch eine brutale Polizeiherrschaft aufrichten.
Ein Polizei- und Militärstaat, wie er
seinesgleichen nur noch im faschistischen Italien hat,
soll die Èechoslovakei werden! Dieselben bürgerlichen
Parteien, die kein Geld für die Arbeitslosen bereitstellen
wollen, kein Geld für die Wohnungsbauten haben, keine Mittel
für soziale Fürsorge, bewilligen alles, was der
Militarismus will. Sie sind gehorsame Diener de Generäle
geworden! Freilich sie selber tragen ja nicht die Opfer, die der
Militarismus heischt. Sie bürden sie den anderen auf, den
Armen. Einen Rüstungsfonds von drei Milliarden Kronen haben
sie geschaffen, aber zahlen müssen diese drei Milliarden
die Arbeiter!
Deshalb müssen die Arbeiter Brot und Mehl,
Fleisch und Kartoffeln teuer zahlen, deshalb müssen zehntausende
Arbeiterfamilien hungern, weil die Bürgerparteien dem Militarismus
ein Dreimilliarden-Geschenk gemacht haben, -- ein Geschenk aus
den Taschen der Armen!
Kaum ist das eine Verbrechen begangen so soll
ihm das zweite folgen. Es ist sicher, daß die achtzehnmonatliche
militärische Dienstpflicht nicht, wie es im Gesetze vorgesehen
war, verkürzt wird, sondern die Arbeitersöhne werden
auch weiterhin so lange ihrer Familie und ihrem Berufe entzogen
werden! Aber nicht die Bauernsöhne! Für die Besitzersöhne
soll eine dreimonatliche Deinstzeit eingerichtet werden! Zweierlei
Dienstzeit wird es geben und zweierlei Soldaten!
Aber es handelt sich nich allein um das Geld
und um die lange militärische Dienstzeit der Arbeitersöhne.
Das militärische Rüsten führt zwangsäufig
einmal zum Kriege! Und wiel die Arbeiterfrauen Feindinnen des
Kriges sind, darum sin sie unversöhnliche Gegnerinnen des
Militarismus.
Noch ist das Jahrzehnt seit dem Ende des Weltkrieges
nicht voll und schon zeigt sich mit erschreckender Deutlichkeit,
daß die Staatsmänner und das gesamteBürgertum
aller Länder genau so wie vor dem Unheilsjahre 1914 Kriegspolitik
treiben. In allen Staaten wird um die Wette gerüstet, alle
Völker seufzen unter den schweren Militärlasten, alle
leben in ständiger Furcht vor einem neuen Krieg. Da ist es
dei heiligste Pflicht der Frauen, sich der drogenden Kriegsgefahr
entgegenzuwerfen, unermüdlich gegen den Militarismus zu kämpfen.
Erst wenn in der ganzen Welt der Frauenkampf für den Frieden
entbrannt sein wird, können wir hoffen, den Militarismus
niederzubringen, und erst in einer entmilitarisierten Welt, erst
in einer Welt, in der nicht mehr die brutale Gewalt des Stärkeren
triumphiert, in der Menschenleben und Menschenwürde unantastbare
Heiligtümer sind, werden die Frauen wirklich frei sein, werden
sie nicht mehr mißachtet und gequält werden, werden
sie nicht mehr um ihre Gatten und Söhne bangen müssen.
Erst wenn die Stimme der Frau, die Stimme der
arbeitenden Frau überall gehört wird, wird die Welt
eine wohnliche Stätte für alle Menschen werden.
Die arbeitenden Frauen und Mädchen, die
Mütter, müssen der Öffentlichkeit sagen, was sie
für sich, für ihre Kinder, was sie für die Menschheit
fordern.
Kommet deshalb. Ihr Mädchen und Frauen
der Arbeiterklasse, in die Versammlungen, die am Sonntag, den
27. März 1927, am sozialdemokratischen Frauentag stattfinden!
Tragt die Losung in alle Orte, in alle Arbeiterwohnungen,
zu allen proletarischen Familien: Mädchen und Frauen heraus!
Heraus zum sozialdemokratischen Frauentag!
Dieser Aufruf enthält nichts, als eine
zwar scharfe, aber überall mit Tatsachen belegte Kritik der
politischen Verhältnisse und es ist daher absolut nicht zu
begreifen, wie die Unterdrückung dieses Flugblattes mit der
Preßfreiheit und der Meinungsfreiheit in Einklang gebracht
werden kann.
Wir fragen daher den Herrn Minister:
1. Billigt er die angeführte Konfiskation?
2. Ist er bereit die Staatsanwaltschaften entsprechend
anzuweisen, daß sie derartige Übergriffe in Hinkunft
zu unterlassen haben?
Die Staatsanwaltschaft in Neu-Titschein, bezeigt
einen besonderen Eifer in der Beschlagnahme der "Deutschen
Volkszeitung für das Kuhländchen". Artikel, welche
in anderen Zeitungen anstandslos durchgehen, verfallen hier der
Beschlagnahme was immer auch zugleich mit einer materiellen Schädigung
des herausgebenden Verlages verbunden ist. So verfielen in der
letzten Zeit folgende Stellen der Beschlagnahme, die nachweisbar
unbeanständet in anderen Zeitungen durchgegangen sind.
Aus der Folge VIII. vom 22. Jänner 1926 aus dem Artikel "Die
Wahrheit über die Èechoslovakei":
"Lersner schreibt: ""Seit demVersailer
und Pariser Friedensdiktat von 1919 herrscht in ganz Europa eine
ständige Unruhe und Unrast: wurden dabei doch allein etwa
40 Millionen Europäer durch einige Federstriche der Fremdherrschaft
überantwortet....Für uns Deutsche ist es eine Pflicht
der Selbsterhaltung, daß wir unser Augenmerk... auch auf
unsere Brüder an den Grenzen richten... Das Böhmerland
wird an drei Seiten... von einem breiten deutschen Gürtel
umsäumt, in dem die 3.5 Milionen Sudetendeutschen in einem
scharf umgrenzten, rein deutschen Sprachgebiet auf uraltem, deutschen
Grund und Boden fast seit einem Jahrtausend wohnen. Unter völliger
Mißachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker
wurden die Sudetendeutschen gezwungen, Bürger des èechoslovakischen
Staates zu werden... Der Völkerbund hat sich als eine Lega
entpuppt, um mit Lloyd George zu sprechen, "die einzig zur
Sicherung der Eroberungen der Ententestaaten
gebildet zu sein scheint". Seine Hauptaufgabe hat Genf bisher
darin gesucht, deutsche Volkskraft zu schwächen und zu vernichten.
Inzwischen wird von allen Seiten und mit allen Mitteln versucht,
die ehemaligen 12 milionen Deutschösterreicher, einschließlich
die 3.5 Millionen Sudetendeutschen zu entnationalisieren oder
zu vernichten. Diese Art einer modernen Demokratie steht in so
krassem Widerspruch mit den Verheißungen eines auf der Grundlage
des Selbstbestimmungsrechtes fußenden "Friedens",
daß es Pflicht aller wahren Friedensfreunde ist, diesen
mittelalterlichen Zuständen möglichst bald ein Ende
zu bereiten, sollen nicht die so neu geschaffenen Brandherde den
Frieden Europas bedrohen und neues Unheil über die Menschheit
bringen...
Um bei den Friedensverhandlungen wenigstens den Nachweis erbringen
zu können, daß die den èechischen "Nationalstaat"
beanspruchenden Unterhändler sich auf ein die Mehrheit der
Bevölkerung bildendes Staatsvolk berufen konnten, wurde in
aller Eile der èechoslovakische". Volksstamm ins Leben
gerufen. Die 2 Millionen Slovaken wurden für diesen Plan
gewonnen, indem man ihnen in der zu gründenden Republik für
die Slovakei die vollständige Autonomie vertraglich zusicherte.
Diese Verhandlungen wurden bereits während
des Weltkrieges aufgenommen und die Bedingungen in dem am 30.
Mai 1918 in Pittsburg abgeschlossenen Vertrage festgelegt... Die
Èechen haben aber nicht einmal diesen mit ihren "Stammesstaatsgründern"
abgeschlossenen Staats- und Gründungsvertrag eingehalten,
sondern versuchen, die Slovakei in gleicher Weise wie die anderen
nichtèechischen Nationen zu entnationalisieren. Diese Politik
hat auch die Slovaken veranlaßt, am 15. Dezember 1922 dem
Völkerbund eine Denkschrift zu überreichen.""
Folge 14 vom 5. Feber 1926 aus dem Artikel:
"Volksdeutsche Politik":
"Das Sudetendeutschtum steht in einem Kampfe auf Leben und
Tod. Dei im Jahre 1918 erfolgte Gründung des èechischen
"Nationalstaates" mit nur 48 Prozent èechischer
Bevölkerung -- unter zwangsweiser Eingliederung
von 3 1/2 Millionen Deutscher -- bildete die Krönung des
demikratischen Schwindeln jener Ententemächte, die behaupten,
daß sie nur deshalb in den Weltkrieg gegen das von Deutschland
geführte Mitteleuropa eingetreten sind, um den unterdrückten
Völkern dieses Erdteiles zum Selbstbestimmungsrechte zu verhelfen.
Das Ergebnis: 40 Millionen um ihr Selbstbestimmungsrecht
betrogene Menschen in Mitteleuropa, die gegen ihren laut und feierlich
verkündeten Willen in Fremdstaaten hineingepreßt wurden,
darunter fast 15 Millionen Deutsche.
Unter den letzteren bilden wir Sudetendeutsche
die größte geschlossene Masse. Wir sind Grenzlandsdeutsche
im wahrsten Sinne des Wortes. Unser Schicksal ist eng verknüpft
mit dem unserer deutschösterreichischen Brüder, denen
durch die sogenannten. Friedensvertragsbestimmungen die Heimkehr
ins große deutsche Vaterland verwehrt werden soll."
Die Gefertigten fragen den Herrn Justizminister,
worauf diese ungleiche Behandlung der Zeitungen zurückzuführen
ist und ob es gewillt ist, der Staatsanwaltschaft in Neu-Titschein
eine mildere Beurteilung bei ihrer zensurtätigkeit anzuorden?
Die deutsche sozialdemikratische Arbeiterpartei
hat zu dem von ihr veranstalteten Frauentage durch das Plakat
eingeladen.
Es kann wohl von den Staatsanwaltschaften und
den Leitern der politischen. Bezirksverwaltungen so viel Verständnis
für künstlerische Darstellungen vorausgesetzt werden,
um anzunehmen, daß sie in der dargestellten weiblichen Figur,
welche ein Gewehr zerbricht, eine symbolische Darstellung des
Friedenswillens der Frauen erkannt haben. Wird aber das Plakat
so aufgefaßt -- wie es allein aufgefaßt werden kann
-- dann ist eine gesetzliche Handhabe zu seiner Beschlagnahme
absolut nicht zu finden. Dennoch wurde das Plakat überall
konfiszier bzw. angeordnet, daß das zerbrochene Gewehr überklebt
werde. In Komotau wurden sogar die Steifen konfisziert, welche
einen Hinweis auf das ersterwänte Verbot enthielten.
Diese behördlichen Maßnahmen stellen
einen derart krassen und dabei kleinlichen Eingriff in die Freiheit
der Meinungsäußerung dar, daß wir uns genötigt
sehen, die Herren Minister zu fragen:
1. Billigen sie die angeführten Konfiskationen,
2. sind sie bereit, die unterstellten Behörden
über ihre Pflicht zur Respektierung der verfassungsmäßigen
Freiheiten angemessen zu belehren?
Seit mehr als sechs Jahren sind wir gezwungen in der sogenannten
freien èechoslovakischen Republik zu leben und doch müssen
wir immer wieder feststellen, daß in keiner Zeit des angeblich
so absolutistisch regierten Österreich eine solche Knebelung
der Presse stattgefunden hätte, wie sie gegen die deutsche
Presse in der Èechoslovakischen Republik geübt
wird. Keine Woche, kein Tag vergeht, an dem nicht die Zeitungen
der unterdrückten Nationen dieses Staates die bekannten weißen
Stellen aufweisen, die stumm, aber umso eindrucksvoller die durch
die Verfassungsgesetze gewührleistete freie Meinungsäußerung
in diesem Staate versinnbidlichen. Der Kampf des Zensors gegen
die Pressefreiheit ist, soweit die oppositionelle Prese -- und
nur diese verfällt der Beschlagnahme -- in Betracht kommt,
ein Kampf gegen die Wahrheit. Daß die Wahrheit fast immer
im Widerspruch zu diesem Staate, seinen Einrichtungen und allen
seinen Maßnahmen steht, dafür können weder die
oppositionellen Zeitungen, noch deren Schreftleiter verantwortlich
gemacht werden. Einen neuerlichen Beweis des geradezu verantwortungslosen
Wütens der Zesurorgane bildet die Beschlagnahme nachfolgender
Stellen in der Folge 151 der "Neuen Weiperter Zeitung"
vom 18. Dezember v. J. durch den Zensor in Weipert:
"... daß die èechischen Eroberer, die dieses
Gebiet seinerzeit mit Gewalt besetzt haben und es seit dem
widerrechtlich besetz halten, merken, sie haben es mit einem Volke
zu tun, dem die Geduld ausgegangen ist, einem Volk, das entschlossen
ist, sich seine Rechte zu erkämpfen...
... In der Erringung des Selbstbestimmungsrechtes
des sudetendeutschen Volkes und in der Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes
im alldeutschen Sinne erblickt sie das ziel ihrer Politik, in
der Vorbereitung dieses Zieles ihre Lebensberechtigung..."
Die Unterzeichneten fragen an, ob der Herr
Minister bereit ist, an seine untergeordneten zensurorgane
die Weisung herauszugeben, in Zukunft diese willkürliche
Beschlagnahme, die dem freiheitlichen Rufe der Èechoslovakischen
Republik nur schaden könnte, einzustellen?