Poslanecká snìmovna N.S.R.È. 1928

II. volební období. 5. zasedání.

Pùvodní znìní

1418.

Antrag

der Abg. Ing. Jung, Krebs, Simm und Genossen

auf Abänderung des Gesetzes vom 9. Oktober 1924, Slg. d. G. u. V. Nr. 221, über die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters.

Die Gefertigten stellen folgenden Antrag:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Gesetz vom................,

wodurch das Gesetz vom 9. Oktober 1924, Slg. d. G. u. V. Nr. 221, betreffend die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters abgeändert und ergänzt wird.

Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik hat folgendes Gesetz beschlossen:

§ 1.

§ 6 lit. d, wird in der Weise ergänzt, daß nach den Worten nach diesem Gesetz eingeschaltet wird ..... oder auf Grund einer Beschäftigung, eine Versorgung genießen, die den Leistungen dieses Gesetzes mindestens gleichwertig ist.

§ 2.

§ 27 wird abgeändert wie folgt:

(1) Die bisherigen Genossenschaftskrankenkassen werden in Genossenschafts Krankenversicherungsastalten nach diesem Gesetz umgewandelt, wenn sie am 1. Juli 1927 wenigstens 2000 versicherungspflichtige Mitglieder hatten. Bei Gremialkrankenkassen genügt es, wenn sie an diesem Tage wenigstens 1000 solcher Mitglieder hatten.

(2) Bestehende Genossenschaftskrankenkassen können sich auch zu einer Genossenschafts- Krankenversicherungsastalt zusammenschließen. Sie können auch Arbeitgeber, die bisher ihre Arbeitnehmer bei ihnen versichert hatten, jedoch nicht Zwangsmitglieder der betreffenden Gewerbegenossenschaft sind, behalten.

§ 3.

(1) § 63 Abs. 2 hat zu lauten:

Insbesondere steht dem Vorstand der Abschluß der Verträge mit den Ärzten, Geburtsassistentinnen, Apothekern und Heilanstalten, die Aufnahme und Entlassung der Beamten und Angestellten der Versicherungsanstalt und der Abschluß der Dienstverträge mit denselben im Rahmen der von der zuständigen Sozialversicherungsanstalt nach Anhörung der Verbände der Krankenversicherungsanstalten und der Organisationen der Bediensteten der Versicherungsanstalten zu erlassenden Musterdienstordnung zu.

(2) § 63 erhält folgenden Absatz 3: Die Musterdienstordnung hat auch Vorschriften über die Dienstbezüge und die Disziplinarvorschriften zu enthalten und sich nicht bloß auf die neu aufzunehmenden Beamten und Angestellten (Bediensteten), sondern auch auf jene zu beziehen, welche bereits in den Diensten der Versicherungsanstalt stehen.

§ 4.

§ 69 hat zu entfallen.

§ 5.

§ 74 hat zu lauten:

(1) Die Invaliditäts- und Altersversicherung nach diesem Gesetze wird von autonomen Sozialversicherungsanstalten durchgeführt, von denen je eine èechische und deutsche Sozialversicherungsanstalt für Böhmen und für Mähren-Schlesien, ferner je eine Sozialversicherungsanstalt für die Slovakei und Karpathorußland errichtet wird.

(2) Die Versicherten einer Krankenversicherungsastalt können nur zu einer Sozialversicherungsanstalt gehören. Über die Zugehörigkeit entscheidet der Vorstand der Krankenversicherungsastalt.

(3) Die Sozialversicherungsanstalten sind juridische Personen, können unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, klagen und geklagt werden.

§ 6.

Wo das Gesetz 221/24 von Zentralsozialversicherungsanstalt spricht, treten an deren Stelle die Sozialversicherungsanstalten.

§ 7.

§ 76 lit. c, hat zu lauten: Der Direktor.

§ 8.

§ 78 hat zu lauten:

(1) Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte mit absoluter Stimmenmehrheit der abgegebenen Stimmen einen Obmann und dessen Stellvertreter für die Dauer von 4 Jahren. Hat bei der ersten Wahl niemand die Mehrheit erhalten, so ist eine engere Wahl zwischen den Kandidaten vorzunehmen, welche die meisten Stimmen erhalten. Gewählt erscheint derjenige, der auf sich die größte Zahl der giltigen Stimmen vereinigt hat. Entfällt auch bei der zweiten Wahl auf zwei oder mehrere Kandidaten die gleiche Stimmenzahl, so entscheidet das Los.

(2) Der Obmann ist aus den Vertretern der Versicherten zu wählen, der Stellvertreter aus den Vertretern der Arbeitgeber.

(3) Der Obmann stimmt bei allen Abstimmungen mit und entscheidet bei Stimmengleichheit.

(4) Der Ausschuß der Sozialversicherungsanstalt kann dem Obmann an Stelle der Präsenzgelder (§ 85) einen ständigen Gehalt bemessen.

§ 9.

(1) § 79 Abs. 1, hat zu lauten:

Von den 40 Mitgliedern der Ausschüsse der Sozialversicherungsanstalten gehören je 20 der Gruppe der Versicherten und der Gruppe der Arbeitgeber an. Mitglied des Ausschusses einer Sozialversicherungsanstalt kann bloß ein Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik sein.

(2) § 79 Abs. 4, hat zu entfallen.

§ 10.

(1) § 81, Abs. 1, hat zu lauten: Der Vorstand der Sozialversicherungsanstalten besteht aus dem Obmann und 10 Mitgliedern, von denen je 5 der Gruppe der Arbeitgeber angehören.

(2) Im Absatz 2 des § 81 sind der vorletzte Satz und die Worte (zu ernennen) zu streichen.

(3) Der Absatz 3 des § 81 ist zu streichen.

§ 11.

(1) § 82, Abs. 1, hat zu lauten: Vollzugsorgan der Verwaltung der Sozialversicherungsanstalt ist der Direktor, welchen der Ausschuß aufnimmt und entläßt.

(2) Der 2. Absatz des § 82 hat zu entfallen.

§ 12.

In § 95 ist nach I. 2 einzuschalten:

Das Krankengeld gebührt über die angeführte Höchstdauer auch nach Einstellung der Krankenpflege, wenn und solange nicht eine Rente nach einem sozialen Versicherungsgesetz gewährt wird und der Versicherte infolge seines Gesundheitszustandes keine Beschäftigung erhält. Der zur Gewährung einer Rente verpflichtete Versicherungsträger hat der Krankenversicherungsastalt das hienach gezahlte Krankengeld zu ersetzen.

§ 13.

§ 107, lit. b, soll lauten:

b) daß ferner bei den in den Punkten a) bis d) aufgezählten Leistungen und bei der Abfertigung im Falle des § 121, Abs. 2, die Wartezeit von 150 Beitragswochen (§ 108) abgelaufen ist.

§ 14.

§ 108 wird durch folgenden Absatz 3 ergänzt:

Jenen Versicherten, welche bei Inkrafttreten des Gesetzes in die Versicherung eingetreten sind, wird die Zeit einer Vorbeschäftigung, die bei früherem Inkrafttreten des Gesetzes versicherungspflichtig gewesen wäre, wenn sie bei Inkrafttreten des Gesetzes das 30. Lebensjahr überschritten hatten, bis zur Höchstdauer von 5 Jahren, wenn sie jedoch bei Inkrafttreten des Gesetzes das 40. Lebensjahr überschritten hatten, bis zur Höchstdauer von 10 Jahren, als Beitragszeit so angerechnet, wie wenn für diese Zeit die Beiträge für die Invaliditäts- und Altersversicherung nach jener Lohnklasse gezahlt worden wären, in die der Versicherte bei Inkrafttreten des Gesetzes eingereiht wurde.

§ 15.

§ 111, Abs. 2, hat zu lauten: Der Grundbetrag beträgt jährlich:

in der Lohnklasse A 800 Kè
in der Lohnklasse B 1200 Kè
in der Lohnklasse C 1600 Kè
in der Lohnklasse D 2000 Kè

§ 16.

§ 112, Abs. 1, hat zu lauten:

Die Invalidenrente gebührt dem Versicherten ohne Rücksicht auf die Invalidität als Altersrente, wenn der Versicherte 2000 Beitragswochen zurückgelegt hat, spätestens aber mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Jedoch gebührt die Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres dann, wenn und solange der Versicherte arbeitslos ist und keine Arbeitslosenunterstützung bezieht.

§ 17.

§ 114 erhält einen neuen Absatz 4, welcher lautet:

Anspruch auf die Witwenrente hat auch eine Witwe, wenn sie das 55. Lebensjahr erreicht hat, oder mindestens ein unmündiges oder 2 minderjährige, noch nicht erwerbstätige Kinder hat.

§ 18.

§ 116 hat zu lauten:

Die Witwen-(Witwer)-Rente beträgt 2/3 der Rente, welche der (die) Versicherte bezog, oder auf die er (sie) Anspruch hatte.

§ 19.

Nach § 120 ist folgender § 120 a) einzuschalten: Alle Personen, welche eine Rente nach diesem Gesetze beziehen, haben Anspruch auf die Krankenpflege nach diesem Gesetze gegenüber der nach ihrem Wohnsitz zuständigen Bezirkskranken - Versicherungsanstalt. Im Verordnungswege sind hiefür Beiträge festzusetzen, welche von der zuständigen Sozialversicherungsanstalt zu bezahlen sind.

§ 20.

(1) § 129 hat zu lauten: Die Anwartschaften eines ausgetretenen Versicherten auf die Leistungen der Invaliditäts- und Altersversicherung werden zeitlich unbeschränkt gewährt.

(2) Die §§ 130 und 131 des Gesetzes 221/24 fallen weg.

§ 21.

§ 141, Abs. 1, hat zu lauten:

Die Krankenversicherungsanstalt ist verpflichtet, Vorsorge zu treffen, daß den Personen, die gegen die Krankenversicherungsanstalt Anspruch darauf haben, ärztliche Hilfe und der Beistand von Geburtsassistentinnen nach dem Grundsatz der organisierten freien Arztwahl zu Teil wird.

§ 22.

§ 157, Abs. 2, hat zu lauten:

Die Deckung der Leistungen der Invaliditäts und Altersversicherung erfolgt nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik durch einen Versicherungsbeitrag, der für die Gesamtheit der Versicherten, abgestuft nach den einzelnen Lohnklassen, mindestens in der Höhe berechnet wird, daß die Deckungskapitalen der jeweiligen Renten, die Kosten der Heilpflege nach § 154 und die Verwaltungs- und sonstigen Ausgaben, die nach diesem Gesetze zulässig sind, aufgebracht werden. Für andere Zwecke darf ein Versicherungsbeitrag nicht eingehoben oder verwendet werden.

§ 23.

(1) § 158, Abs. 2, hat zu lauten: Eine entsprechende Erhöhung dieser Beiträge hat platzzugreifen, sobald sie zur Bestreitung der Deckungskapitalen der in einem Jahre entstehenden Renten nicht ausreichen.

(2) § 158, Abs. 3, hat zu lauten: Von 5 zu 5 Jahren ist eine statistische Erhebung über den Verlauf der für die Entwicklung der Versicherung entscheidenden Kollektiverscheinungen (Sterblichkeit, Invalidität, Verheiratung, Austritt, Beitritt, Änderung der Lohnverhältnisse usw.) und ein Vergleich mit dem erwarteten Verlauf durchzuführen.

§ 24.

§ 180, Abs. 3, Wird durch folgenden Satz ergänzt: Die Regierung kann diese Grenze herabsetzen.

§ 25.

§ 239 wird durch folgenden Absatz 4 ergänzt:

Die Frist für die Rechtsmittel gegen die Bescheide des Versicherungsträgers und gegen die Entscheidungen der politischen Behörden beträgt 15 Tage vom Tage der Zustellung des Bescheides oder der Entscheidung, wobei dieser Tag mitgerechnet wird. Das Rechtsmittel ist bei dem Versicherungsträger einzubringen, gegen dessen Bescheid es gerichtet ist. Erstreckt sich der Wirkungskreis der Krankenversicherungsanstalt auf mehrere politische Bezirke, so entscheidet über das Rechtsmittel gegen den Bescheid der Krankenversicherungsanstalt die politische Behörde I. Instanz, in deren Sprengel der Sitz der Krankenversicherungsanstalt liegt.

§ 26.

§ 253, Abs. 1, hat zu lauten:

Während der Dauer des gesetzlichen Präsenzdienstes der im § 2, Abs. 3 angeführten Personen, wird der Versicherungsbeitrag vom Staate auf Grund der alljährlich vom Ministerium für nationale Verteidigung aufzustellenden Ausweise bezahlt, und zwar für die Militärpersonen, welche vorher versichert waren, nach ihrer letzten Lohnklasse, für die übrigen nach der Lohnklasse A.

§ 27.

Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft. Seine Durchführung wird dem Minister für soziale Fürsorge aufgetragen.

Begründung.

Allgemeiner Teil.

Das geltende Sozialversicherungsgesetz sieht Invaliden- und Altersrenten vor, welche nach Ablauf der Wartezeit wenig über Kè 100.- monatlich auch in den obersten Lohnklassen betragen. Die Witwenrente beträgt die Hälfte davon, also nach Ablauf der Wartezeit 50.- Kè monatlich, und setzt voraus, daß die Witwe invalid ist. Für die künftigen Generationen mögen diese niedrigen Renten wenig in Betracht kommen. Von der Anfangsgeneration aber werden nach dem 1. Juli 1929 bereits zahlreiche Personen in den Genuß der Altersrenten treten und für einen großen Teil der übrigen Versicherten wird wegen vorgeschrittenen Alters die Invaliditätswahrscheinlichkeit bereits sehr groß sein Somit werden nach dem 1. Juli 1929 viele Versicherte Alters- und Invalidenrenten von Kè 100.- monatlich oder wenig darüber erhalten und viele Witwen Witwenrenten von Kè 50.- monatlich. Es bedarf wohl keines weiteren Beweises, daß diese Beträge weit unter dem Existenzminimum liegen, überhaupt nicht die Bezeichnung einer Invaliden- und Altersversorgung verdienen und für einen großen Teil der Anfangsgeneration, welche sich das Gesetz erkämpft hat und von der großen Beitragslast zuerst getroffen wird, überhaupt keine Lösung des Sozialversicherungsproblemes bedeuten. Man kann also sagen, daß wir eine Invaliditäts- und Altersversorgung für einen großen Teil unserer Generation überhaupt noch nicht haben, sondern nur etwas geschaffen haben, das unseren Kindern einmal eine überdies auch nur unzulängliche Versorgung bieten soll.

Nach den seinerzeitigen Berechnungen des Motivenberichtes werden in der Sozialversicherung in den ersten 10 Jahren einschließlich Verzinsung ca 8 Milliarden an Beiträgen eingehen. In der selben Zeit werden an Versicherungsleistungen ca 700 Millionen, für Heilverfahren ca 250 Millionen für Verwaltungskosten ca 700 Millionen ausgegeben werden. Es mag sein, daß diese Ziffern den strengen Grundsätzen der Versicherungsmathematik entsprechen. Sie entsprechen aber keinesfalls den Bedürfnissen der Versicherten und auch nicht denen unserer Wirtschaft, welche ungeheuere Beträge an Lasten trägt, und davon kaum ein Fünftel wieder der Wirtschaft als Kaufkraft zuführt. Man hat angesichts dieser Ziffern den bestimmten Eindruck, daß es den Verfassern des Gesetzes keineswegs in erster Linie darum zu tun war, auch nur eine bescheidene Versorgung für die Arbeiterschaft zu schaffen, sondern vor allem ein großes Vermögensreservoir herzustellen, welches die Grundlage für parteipolitische Macht bilden sollte oder wenigstens könnte.

Diese niedrigen Renten sind der Arbeiterschaft, der man mit dem Gesetz eine Invaliden- und Altersversorgung versprochen hat, heute noch nicht bekannt. In mancherlei Publikationen sind immer die nach 40 und mehr Versicherungsjahren gebührenden Höchstrenten von 4000 Kè in den Vordergrund gerückt worden. Wenn im Jahre 1929 die ersten Invalidenreten von 100 Kè und Witwenrenten von 50 Kè zur Auszahlung kommen werden, wird in der enttäuschten Arbeiterschaft ein Sturm der Entrüstung entstehen und es unterliegt gar keinem Zweifel, daß sich die Arbeiterschaft diese Renten nicht bieten lassen wird, namentlich angesichts der bis dahin durchgeführten Verbesserung des Angestelltenversicherungsgesetzes, welches heute schon Invalidenrenten von durchwegs 7200 Kè gewährt. Eine neue Novellierung wird dann notwendig sein und es ist sehr zu befürchten, daß man dann zu dem Aushilfsmittel der Teuerungszulagen greifen und diese durch Umlagen decken wird, von denen wir heute noch nicht sicher wissen, ob sie nicht auch die Arbeiterschaft erheblich belasten werden.

Die Verantwortung für dieses Machwerk trifft voll die frühere Koalition und hinsichtlich der Versicherungsleistungen die Verfasser des seinerzeitigen Gesetzentwurfes, welcher in diesem Punkte in den parlamentarischen Verhandlungen nicht abgeändert wurde. Die neue Regierung unternimmt es nun, das Gesetz noch weiterhin zu verschlechtern. Namentlich wird eine bedeutende Zahl von Personen, welche heute versichert sind und auch die Versicherung brauchen, aus dem Gesetz ausgeschlossen, lediglich aus dem Grunde, weil Arbeitgeberkreise, welche hinter den Parteien der heutigen Regierungsmehrheit stehen, die Belastung aus der Versicherung abwälzen wollen. Der in dem Regierungsentwurf über die Novellierung des Sozialversicherungsgesetzes vorgesehene Ausschluß der Personen unter 16 Jahren (namentlich der Lehrlinge), der Heimarbeiter und Saisonarbeiter kann auf keinen Fall geduldet werden. Egoistische Gesichtspunkte der Arbeitgeber und technische Schwierigkeiten der Durchführung können keinen Grund bilden, um so große Schichten bedürftiger Arbeiter von der Versicherung auszuschließen.

Politische Interessen der gegenwärtigen Regierungsparteien sind auch die Ursache, daß in der Verwaltung der Krankenkassen die Parität eingeführt werden soll. Man versucht, diese Änderung damit zu begründen, daß die Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge bezahlen. Diese Begründung ist aber falsch. Denn die Arbeitgeber sind zwar Zahler, aber nicht die Träger der Arbeitgeberbeiträge, welche voll zu den Produktionskosten zugeschlagen und von den Konsumenten getragen werden. Es ist allein richtig, daß die Arbeitgeberbeiträge ein Lohnbestandteil sind. Somit soll die Arbeiterversicherung den Arbeitern gehören und von ihnen verwaltet werden.

Schon bei den seinerzeitigen parlamentarischen Verhandlugen über den Sozialversicherungsentwurf hat die nationalsozialistische-Arbeiterpartei durch den Mund ihres seither verstorbenen Parteigenossen Josef Patzel auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Organisation der Versicherung den nationalen Siedlungsgebieten im Staate anzupassen, wie sie der gegenwärtige Fürsorgeminister Msr. Šrámek in sehr richtiger Weise im alten Österreich anläßlich der Beratungen des Pensionsversicherungsgesetzes gefordert und damit die auch heute noch bestehende nationale Gliederung in der Organisation der Pensionsversicherung durchgesetzt hat. Diese Organisation ist auch bei der nationalen Struktur der Èechoslovakischen Republik die allein richtige, übrigens nicht allein aus nationalen Gründen, sondern auch aus Gründen einer leichteren und zweckmäßigeren Durchführung der Versicherung so wie auch Deutschland für seine Arbeiterversicherung 30 selbständige Anstalten geschaffen hat. Zwei national getrennte Anstalten in Böhmen, zwei national getrennte Anstalten in Mähren, Schlesien, eine Anstalt in der Slovakei und eine Anstalt in Karpathorußland werden für eine Betätigung des Bürokratismus weniger Anhaltspunkte bieten, als eine einzige zentralistische Anstalt in Prag. Daß damit auch die nationalen Reibungen aus geschaltet würden, sollte gerade eine Regierung lebhaft begrüßen, deren Fundament der nationale Friede bilden soll.

Besonders schwere Bedenken müssen sich gegen die ungeheuere Thesaurierung richten, welche nach dem heutigen Beitragssystem von der Sozialversicherungsanstalt betrieben werden soll. Nach den seinerzeitigen Berechnungen der Regierung wird das von der Zentralversicherungsanstalt nach 20 Jahren angesammelte Vermögen 10.7 Milliarden Kè betragen. Daneben werden ungeheuere Kapitalien in der Angestelltenversicherung in der Unfallversicherung, in den Reservefonden der Krankenkassen und in der Bruderiladenversicherung angesammelt werden. Man kann annehmen, daß der gesamte Vermögenstand aller Sozialversicherungsinstitute nach 20 Jahren mit 25 Milliarden Kè keineswegs zu hoch geschätzt ist. Ohne auf die Frage einzugehen, ob diese Ziffer für die wirtschaftlichen Verhältnisse unseres Staates ein wirtschaftlich denkbarer Begriff und nicht etwa bloß eine versicherungsmathematisch ermittelte Ziffer ist, muß jedenfalls festgestellt werden, daß die Ansammlung so ungeheuerer Vermögensbestände eine wirtschaftliche und politische (nicht bloß nationalpolitische) Gefahr für den Staat bedeutet. Es ist somit schon aus wirtschaftlichen und politischen Grunden unbedingt zu fordern, daß diese Thesaurierung ganz erheblich herabgesetzt wird Dadurch wird auch das sehr schwierige Problem einer richtigen Vermögensanlage der Gelder der Sozialversicherung wenigstens etwas an Bedeutung verlieren. Daß dieses Vermögen tunlichst in produktiven Werten angelegt wird, ist eine von niemandem bestrittene Forderung und findet ihren Ausdruck auch in manchen Bestimmungen des Gesetzes und des Novellierungsentwurfes. Es wird aber sehr schwer sein, ganz abgesehen von den durch Parteiinteressen verursachten Störungen, immer geeignete produktive Anlagen für die zur Verwertung drängenden großen Vermögensmassen der Sozialversicherung zu finden. Deshalb ist es notwendig, dieses Vermögen nicht zu stark anwachsen zu lassen.

Auf entschiedene Ablehnung aber müssen die Versuche stoßen, welche in dem Finanzministerium in der Richtung unternommen werden, die Vermögensverwaltung der Sozialversicherung in seine Hände zu bekommen und den finanzpolitischen Bestrebungen des Ministeriums und der Regierung dienstbarzu machen. Dazu ist die Anstalt nicht geschaffen worden.

Wir stellen deshalb folgende Verbesserungsvorschläge zum Sozialversicherungsgesetz, wobei wir aber bemerken, daß wir uns im großen und ganzen an das System des Gesetzes halten müssen, obzwar es in seinem ganzen Aufbaue keineswegs unserem Ideale und auch nicht den modernen Anschauungen über eine richtige Lösung des Sozialversiccherungsproblemes entspricht.

A. Leistungen: 1. Der Grundbetrag der Invaliden- und Altersrenten wird bei Streichung der im Novellierungsentwurf vorgesehenen Lohnklasse A mit Kè 800, in der Lohnklasse B mit 1200 Kè, in der Lohklasse C mit 1600 Kè, in der Lohnklasse D mit 2000 Kè und in der Lohnklasse E festgesetzt.

2. Die Altersrente gebührt nach 40 Versicherungsjahren, spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres auch bei Fortdauer der Beschäftigung und mit Vollendung des 60. Lebensjahres, wenn der Versicherte arbeitslos wird.

3. Die Witwenrente gebührt auch der 55 jährigen Witwe sowie jeder Witwe mit Kindern und beträgt 2/3 der Invalidenrente.

4. Jenen Versicherten, welche bei Inkrafttreten des Gesetzes in die Versicherung getreten sind, wird ihre Vorbeschäftigung, wenn sie bei Inkrafttreten des Gesetzes das 30 Lebensjahr überschritten hatten, bis zum Höchstausmaß von 5 Jahren und, wenn sie bei Inkraftteten des Gesetzes das 40. Lebensjahr überschritten hatten, bis zum Höchstausmaß von 10 Jahren als Beitragszeit angerechnet.

5. Alle Sozialversicherungsrentner sollten Anspruch auf die Sachleistungen der Krankenversicherung haben.

6. Die Versicherungsanwartschaften ausgetretener Versicherter sollen zeitlich unbeschränkt ohne Zahlung einer Anerkennungsgebühr gewährt werden.

B. Alle im Novellierungsentwurf vorgesehenen Einschränkungen der Versicherungspflicht sollen unterbleiben.

C. Die Zentralsozialversicherungsanstalt soll durch national gegliederte Sozialversicherungsanstalten mit einem Wirkungskreise gleich dem der Zentralsozialversicherungsanstalt ersetzt werden. Jene Geschäfte, welche, wie versicherungsmathematische und statistische Arbeiten. Staatsauifsicht, Kontrolle u. dgl. zentral besorgt werden müssen, sollen einem Versicherungsamte mit autonom gewählten Vertretern der Versicherten und Arbeitgeber obliegen.

D. Die paritätische Vertretung der Versicheren und Arbeitgeber im Vorstande der Krankenversicherungsanstalten wird abgelehnt. Es hat bei den heutigen Verhältnissen der Vertretung beider Gruppen zu bleiben.

Besonderer Teil

Zu § 1. Viele Personen, welche bereits eine Versorgung teils auf Grund einer öffentlichen Anstellung, teils nach dem Pensionsversicherungsgesetze oder nach anderen Versorgungsgesetzen genießen, nehmen Beschäftigungen an, die sie nach dem Sozialversicherungsgesetz versicherungspflichtig machen. Diese Personen treffen bei ihren oft niedrigen Löhnen die Versicherungsbeiträge hart. Tritt dann aber der Rentenfall ein, so finden vielfach Beschränkungen des Rentenbezuges wegen Zusammentreffens von mehrfachen Renten statt. Es empfiehlt sich deshalb, diese Personen von der Beitragsbelastung zur lnvaliditätsversicherung zu befreien.

Zu § 2. Es besteht kein Grund, Genossenschaftskrankenkassen, die sich bewährt und damit ihre Exitenzberechtigung bewiesen haben, aufzulösen.

Zu § 3. Der vorgeschlagene Absatz 3 entspricht einem Vorschlage des Regierungsentwurfes der Sozialversicherungsnovelle und ist durchaus zweckmäßig.

Zu § 4. Die heute im Gesetz vorgesehene Ernennung der 3 leitenden Beamten der Krankenversicherungsanstalten durch die Zentralsozialversicherungsanstalt, namentlich ohne Vorschlagsrecht der Krankenversicherungsanstalten, ist ein so weitgehender und ungewöhnlicher Eingriff in die Autonomie der Krankenversicherungsanstalten, daß die Autonomie durch diese Bestimmung praktisch geradezu als aufgehoben angesehen werden muß.

Zu §§ 7 und 11. Die Bestellung einer 3gliedrigen Direktion ist namentlich für die kleineren Sozialversicherungsanstalten eine unnötige Verteuerung der Verwaltung.

Zu § 8. Die Ernennung der Obmänner der Sozialversicherungsanstalten durch den Präsidenten der Republik ist mit der Autonomie dieser Anstalt nicht verträglich.

Zu §§ 9 und 10. Die im heutigen Gesetze vorgesehenen Fachmänner müssen im Interesse der Autonomie der Sozialversicherungsanstalten unbedingt weg fallen.

Zu § 12. Es sind Fälle vorgekommen, in denen eine Krankenkassa bei unheilbaren Krankheiten die Krankenbehandlung mit der Begründung eingestellt hat, daß an dem Zustande eine Beserung nicht mehr möglich ist (Carcinom) und gleichzeitig das Krankengeld eingestellt hat. Obwohl ein solches Vorgehen mit dem Wortlaut des geltenden Gesetzes im Widerspruch steht, können die Versicherten, solange die Schiedsgerichte nicht gebildet sind, nichts dagegen unternehmen. Es empfiehlt sich deshalb die Möglichkeit solchen Vorgehens auszuschließen. Ferner ist es auch notwendig. Personen, die einen Unfall erleiden, aber nicht unfallversicherungspflichtig sind, nach Beendigung der Heilbehandlung das Krankengeld noch so lange weiterzuzahlen, bis sie wieder eine Beschäftigung erhalten, lägstens durch 52 Wochen. Auch im Unfallversicherungsgesetz ist eine ähnliche Bestimmung vorgesehen.

Zu § 13 Die heutige Bestimmung, daß 13 Wochen der Wartezeit in die letzten 2 Jahre vor dem Anfall der Leistungen fallen müssen, ist ein Redaktionsfehler, weil bei mehr als 5jähriger Versicherungadauer nicht ein Teil der Wartezeit in die letzten 2 Jahre fallen kann. Aber auch wenn diese Bestimmung dahin auszulegen ist, daß in die letzten 2 Versicherungsjahre 13 Beitragswochen fallen müssen, ist diese Bestimmung eine unmögliche Härte und steht auch im Widerspruch zu den Bestimmungen über die Wahrung der Anwartschaften und die Zahlung einer Anerkennungsgebühr.

Zu § 14. Das geltende Gesetz enthält nicht die in ausländischen Gesetzen üblichen Übergangsbestimmungen für die Anfangsgeneration, deren Zweck es ist, die Versicherten der Anfangsgeneration, die sich das Gesetz erkämpft haben, nicht darunter leiden zu lassen, daß das Inkrafttreten des Gesetzes sich verzögert hat. Auch in unserem Staate ist die baldige Verwirklichung der Sozialversicherung den Arbeitern vom Umsturz an immer wieder versprochen worden. Es hat aber nahezu 8 Jahre gedauert, bis das Gesetz wirklich in Kraft getreten ist. Es ist ein Unrecht, daß die Versicherten diese Zeit verlieren sollen.

Zu § 15. Wie bereits oben bemerkt, ist es unbedingt notwendig, daß die unteren Renten wenigstens so weit erhöht werden, daß sie annähernd das Existenzmnimum erreihen. Dieses Ziel wäre vielleicht durch eine grundsätzliche andere Konstruktion des Leistungs- und Beitragsystems besser zu erreichen. Wenn man aber das System des Gesetzes als gegeben annimmt, so bleibt nur der Weg einer Erhöhung der Grundbeträge. Wenn aber der Grundbetrag für die oberen Lohnklassen in halbwegs ausreichender Höhe festgesetzt werden soll, dann kann er nicht mehr für alle Lohnklassen gleich hoch sein, weil die Opfer, welche die industrielle Arbeiterschaft für die landwirtschaftliche Arbeiterschaft der unteren Lohnklassen bringen müßte, jedes erträgliche Maß überschreiten würde und weil übrigens auch in der Sozialversicherung die oberen Lohnklassen verhältnismäßig schwach besetzt sind und deshalb den Beitragsausfall für die unteren Lohnklassen nur bei einer sehr beträchtlichen Erhöhung des Beitrages decken könnten.

Zu § 16. Die Altersrente erst mit dem 65. Lebensjahre zu gewähren, entspricht nicht mehr den heutigen Verhältnissen der industriellen Arbeiterschaft. Schon mit dem 60. Lebensjahre, in manchen Zweigen auch früher, sind die meisten Arbeiter den Anforderungen der Arbeit nicht mehr gewachsen. Solange junge Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkte reichlich zur Verfügung stehen, werden die alten Arbeiter entlassen und der Not preisgegeben. Es ist deshalb unbedingt notwendig, den arbeitslosen 60jährigen Arbeitern bereits die Altersrente zu geben.

Zu § 17. Der Regierungsentwurf schlägt mit Recht vor, daß wenigstens die 55jährige Witwe einen unbedingten Rentenanspruch hat. Das genügt aber noch nicht, sondern es ist unbedingt notwendig, daß auch Witwen mit unmündigen Kindern im Interesse der Kindererziehung von der Notwendigkeit, einen Erwerb zu suchen, befreit werden.

Zu § 18. In ausländischen Gesetzen (Deutschland) wird die Witwenrente höher als mit der Hälfte der Invalidenrente bemessen. Dies ist umso notwendiger in einer Sozialversicherung wie der unseren, welche die Invalidenrente so niedrig bemißt.

Zu § 19. Die Renten gehören unstreitig zu jenen Personen, die einer Krankenbehandlung am bedürftigsten sind. Anderseits können sie sich aus ihrer kleinen Rente eine Krankenversicherung nicht bezahlen. Es ist deshalb ein unabweisliches Gebot der Gerechtigkeit, daß die Rentner Anspruch auf die Sachleistungen der Krankenversicherung haben, wie es übrigens auch in den neuen Entwürfen zum Angestelltenversicherungsgesetz vorgesehen ist.

Zu § 20. Die heute im Gesetz vorgesehene Anerkennungsgebühr hat bloß den Charakter einer Evidenztaxe und ist dort unnötig wo - wie in unserem Sozialversicherungsgesetz - individuelle Prämienreserven nicht in Evidenz gehalten werden müssen. Wenn die Anwartschaften im Falle der Zahlung einer Anerkennungsgebühr gewahrt werden können, dann können sie versicherungstechnisch auch ohne die Anerkennungsgebühr gewahrt werden. Die Anerkennungsgebühr wird nicht in erster Linie wegen ihrer finanziellen Belastung der Versicherten bekämpft, sondern hauptsächlich deshalb, weil das immer wieder vorkommende Vergessen auf die nahlung sehr schwerwiegende und, wie eben gezeigt, unnötige Schädigungen der Versicherten bewirkt.

Zu § 21. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, daß auch der Arbeiter Anspruch auf den Arzt seines Vertrauens hat. Durch jedes andere Arztsystem als die freie Arztwahl wird die Krankenversicherung entwertet.

Zu § 22. und 23. Angesichts der vorgeschlagenen Verbesserung der Leistungen läßt sich das gegenwärtige Deckungsystem der Durchschnittsprämie nicht mehr aufrecht erhalten. Dieses System belastet auch gegenwärtig die Arbeiterschaft so stark, und führt zu einer Thesaurierung in so ungeheuerlichem Ausmaß, daß es wirtschaftlich nicht gerechtfertigt werden kann.

Zu § 25. Das geltende Gesetz enthält keine Rechtsmittelfrist gegen Bescheide über die Versicherungspflicht Lohnklasseneinreihung u. dgl. Der Regierungsentwurf der Novelle füllt diese Lücke aus. Dies ist auch im Interesse der Versicherten notwendig.

Zu § 27. In formeller Hinsicht wolle dieser Antrag dem sozialpolitischen Ausschuß und sodann dem Budgetausschuß zur Verhandlung zugewiesen werden.

Die erhöhten Beiträge des M. N. O. (§ 26) lassen sich genau nicht faststellen und sind aus dem Voranschlag des M. N. O. zu decken.

Prag, 15. Dezember 1927.

Ing. Jung, Krebs, Simm,

Knirsch, Geyer, Ing. Kallina, Dr. Schollich, Dr. Rosche, Weber, Koczor, Füssy, Dr. Korláth, Dr. Holota, Szentiványi, Nitsch, Siegel, Dr. Lehnert, Matzner, Horpynka, Wenzel, Dr. Keibl, Dr. Koberg, Dr. Wollschack.


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