Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Gehälter der
öffentlichen Angestellten und Lehrer ebenso wie die Ruhegenüsse
der Altpensionisten längst nicht mehr den Teuerungsverhältnissen
entsprechen. Seit der letzten Gehaltsregelung kletterten die Preise
fast aller Bedarfsartikel stetig in die Höhe und die Wohnungsmieten
steigen beständig weiter, während eine große Anzahl
von Beamten und Lehrern, öffentlichen Bediensteten und Angestellten
aller Art infolge von Ausgleichszulagen immerfort noch auf ihre
früheren Bezüge, die sie schon vor Jahren hatten, angewiesen
sind, ja sogar nicht selten weniger beziehen als ehedem. Dadurch,
kommen insbesondere Familienväter, deren Kinder desto mehr
kosten, je mehr sie heranwachsen, in eine wirtschaftlich unhaltbare
Lage. Ihre Verschuldung nimmt notgedrungen immer mehr zu, ihre
Sorgen gbehinder sie vielfach in ihrer Arbeit und dadurch entsteht
für die Allgemeinheit ein größerer Schaden als
wenn ihnen etwa durch Wiedereinführung der Familienzulagen
im früheren Ausmaße geholfen würde. Die Bedeckung
dafür ließe sich gewiß aus den erhöhten
Steuereingängen finden, ohne daß deshalb irgend eine
neuerliche Mehrbelastung der Bevölkerung einzutreten brauchte.
Da jedoch erfahrungsgemäß bis zur endgültigen
Regelung dieser brennenden Frage allzuviel Zeit verstreicht und
inzwischen unbedingt etwas geschehen muß, um dem immer größer
werdenden Elend unter den öffentlichen Angestellten und Lehrern
zu steuern, stellen die Gefertigten an die Regierung folgende
Anfrage:
Ist die Regierung bereit einen Gesetzesantrag auf sofortige Zuerkennung
einer einmaligen Teuerungszulage an alle öffetlichen Angestellten,
Lehrer und Ruheständler, abgestuft nach der Zahl der Familienmitglieder,
dem Parlamente vorzulegen?
Prag, am 12. Feber 1929.
Beim Postscheckamte in Prag liegen seit langer Zeit die Gesuche
um Umtausch der ehemaligen österreichischen Kriegsanleihe
gegen 3%ige tschechoslowakische Ersatztitres. Das Postscheckamt
erledigt aber scheinbar diese Gesuche überhaupt nicht.
Als im Vorjahre die betroffenen Parteien Urgenzen an das Postscheckamt
richteten erhielten sie folgende markwürdige Antwort, die
aus dem nachstehenden Beispiel entnommen werden kann:
Postscheckamt Prag Prag, am 1. 10. 1928.
Zahl 18188/28 dep. 18196.
P.T.
Im Besitze Ihres werten Schreibens teilen wir Ihnen höfichst
mit daß uns in der letzten Zeit von der Liquidatur der Staatsschuldendirektion
eine solche Anzahl von 3%igen Entschädigungsschuldverschreibungen
für diverse Bezirke übergeben wurde, daß vir aus
technischen Gründen außerstande sind, sämtlichen
Gesuchstellern sofort zu entsprechen. Wir machen darauf aufmerksam,
daß wir dieses Material successive, jedoch beschleunigt
aufarbeiten und daß in dieser Angelegenheit unsere besondere
Verständigung abzuwarten ist Weitere Urgenzen wollen daher
unterlassen werden.
Trotzdem mehr wie ein Vierteljahr seit diesem Schreiben des Postscheckamtes
vergangen ist, warten die Parteien immer noch auf die successive
beschleunigte Erledigung. Während der Staat den Parteien
unglaubliche Steuervorschreibungen, Mahnungen und Pfändungen
ins Haus sendet, verhindert ein staatliches Amt das freie Verfügungsrecht
der Besitzer über diesen Vorgang aufgebracht und heute kursieren
bereits Gerüchte, daß das Postscheckamt die Verzögerung
in der Erledigung dieser Angelegenheit über Auftrag des Finanzministeriums
vornimmt, weil dasselbe Kursrückgänge dieser Papiere
befürchtet, wenn sie in größeren Mengen in Bargeld
umgetauscht werden sollten.
Da die beschleunigte Erledigung einer Arbeit nur eine Frage der
Organisation des technischen Dienstes ist, so fragen die Unterzeichneten
den Herrn Minister für das Post- und Telegraphenwesen, ob
er geneigt und bereit ist, dem Postscheckamte in Prag den Auftrag
zu erteilen, den Umtausch der ehemaligen österreichischen
Kriegsanleihe gegen 3%ige Ersatztitres innerhalb Monatsfrist zu
erledigen?
Prag, am 12. Feber 1929.
Amtsdiener Franz Pfeil erfüllte durch 17 Jahre hindurch beim
Zollamte in Karlsbad seinen Dienst und erfreute sich allgemeiner
Beliebtheit bei allen seinen Vorgesetzten. Zu Beginn des Jahres
1928 erkrankte er und wurde, kaum genesen, nach dreimonatlicher
Krankheit zum Steueramte in Karlsbad versetzt. Am 15. Juni 1928
wurde er, noch schwer krank, vom Steuerdirektor František
Richter gezwungen den Dienst anzutreten. Am 1. November nahm die
Krankheit einen solchen Grad an, daß er überhaupt unfähig
war, zum Amte zu gehen. Er übersssandte durch seine Frau
ein ärztliches Zeugnis des Distriktsarztes Dr. Pöpperl,
in welchem die Erteilung eines dreimonatlichen Urlaubes als unbedingt
notwendig erklärt wurde. Vom Steuerdirektor Richter veranlaßt,
wieder ins Amt zu kommen, erklärte ihm dieser, daß
er schwindle, daß er das Gesuch und das Zeugnis wegwerfen
werde. Auf das hin ersuchte der Genannte um Vorführung zum
Amtsarzt, worauf ihm Steuerdirektor Richter erklärt haben
soll; gehen sie nur zu Dr. Tobisch, er wird sie nicht anerkennen.
Dr. Tobisch, vorher scheinbar über die Wünsche des Herrn
Steuerdirektor Richter unterrichtet, erklärte ihm nach der
Untersuchung, er möge doch halt versuchen, den Dienst so
gut wie möglich zu versehen, und wenn es wirklich nicht gehen
sollte, zu Hause bleiben.
Auf das hin ersuchte Pfeil, ihn doch gründlich untersuchen
zu lassen, worauf eine Röntgenaufnahme bei Dr. Mannl veranlaßt
wurde. Der Amtsarzt erklärte Pfeil auf Grund der Röngenaufnahme,
daß er, nachdem er sich nicht pensionieren lassen wolle,
doch halt wieder versuchen soll, Dienst zu machen. Nach achttägiger
Dienstleistung traten bei dem, an schweren Darmkrämpfen leidenden
Pfeil schwere Schwindelfälle auf, sodaß er wieder zuhause
bleiben mußte, und zwar auf Grund eines vom Nervenarzt Dr.
Urban ausgestellten ärztlichen Gutachtens, welchem auch der
Amtsarzt beipflichtete. Auf Grund dieses ärztlichef durch
seine Frau ein neuerliches Krankenurlaubsgesuch ein. Richter erklärte
daraufhin, daß er an diese Krankheit nicht glaube, und dies
trotz des vorgelegten ärztlichen Gutachtens, er erklärte
weiter, daß ihr Mann nur schwindle, um andere Geschäfte
machen zu können, im übrigen hätte er schon in
Prag die Anzeige erstattet.
Da Pfeil, wie aus dem ärztlichen Gutachten hervorgeht, tatsächlich
eine schwer kranker Mensch ist, muß das Vorgehen des Steuerdirektors
Richter als rücksichtslos bezeichnet werden, und fragen daher
die Unterzeichneten an, ob der Herr Minister bereit ist, eine
strenge Untersuchung des vorliegenden Falles zu veranlassen und
das Ergebnis reit ist, alle Vorkehrungen zu treffen, daß
dem genannten Pfeil kein weiteres Unrecht geschieht, oder gar
wie verlautet, über Betreiben Richters seine Versetzuntg
in einen anderen Dienstort durchgeführt wird?
Prag, am 12. Feber 1929.