Pátek 3. prosince 1937

3. Øeè posl. inž. Richtra (viz str. 23 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Nach den hierzulande herrschenden Begriffen von Loyalität ist es zweifellos der am loyalsten, der zu dem Kapitel über die staatliche Finanzwirtschaft schweigt, sofern er sich nicht entschließt, der offiziellen Schönfärberei beizutreten. Wir können uns dazu leider nicht entschließen, weil wir allzu deutlich am eigenen Leibe erfahren haben, daß die wirtschaftliche und politische Situation nicht durch konziliante Rhetorik, auch nicht durch unverbindliche Resolutionen, sondern einzig und allein durch Taten gebessert werden kann. Wir halten es vielmehr für unsere Pflicht, die Dinge so hinzustellen, wie sie sind, wobei wir die Regierung für das, was sie tut und was sie unterlassen hat, zur Verantwortung ziehen. Wir sind deshalb "oben" nicht allzu beliebt, weil wir leider nur zu sehr in der Lage sind nachzuweisen, wieviel die Regierung unterlassen hat und wieviel von dem, was sie tut, besser hätte unterbleiben sollen. Wenn man aber im Ministerkollegium der Zukunft des Staates eine größere Bedeutung beimäße, als der Bequemlichkeit der Politik des "als ob" und der Bequemlichkeit der Politik des Scheins, so müßte man sich zu einer grundlegenden Änderung der Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik entschließen.

Die Sudetendeutsche Partei hat von jeher darauf hingewiesen, daß sie die Staatswirtschaft als eine Wirtschaft des Scheines betrachtet. In allen Budgetbesprechungen haben wir festgestellt, daß die Staatswirtschaft in keinem Verhältnis zum Wohlstande der Bevölkerung und ihrer Steuerkraft steht. War schon früher die Staatswirtschaft infolge der Überdimensionierun-g der Verwaltung und infolge der Unrentabilität der staatlichen Unternehmungen und der durch die Außenpolitik hervorgerufenen Handelsverluste eine Wirtschaft, die man mit der Wirtschaft eines leichtsinnigen Kaufmannes vergleichen konnte, so sind die neugeplanten Ausgaben und Steuern geradezu danach angetan, die Bevölkerung zu einem dauernden Verzicht auf eine Steigerung der Lebenshaltung zu zwingen. Sie werden mir da vielleicht entgegenhalten, daß die neuen Steuerauflagen keineswegs dauernd sind, sondern zeitlich beschränkt werden sollen. Ich kann darauf aber antworten, daß viele, schon seit Jahren in Geltung befindliche Steuern seinerzeit bei der Einführung als vorübergehend bezeichnet wurden. Ich erinnere nur an die Umsatzsteuer, die heute das Rückgrat des Steuerhaushaltes darstellt, während man sie früher als vorübergehend bezeichnet hat, ferner an die Krisensteuer, die auch heute noch in Geltung bleibt, trotzdem im kommenden Jahre außer der Krisensteuer noch eine Konjunktursteuer eingeführt werden soll.

Wenn Sie auf der èechischen Seite diese Entwicklung als unabänderliches Schicksal einfach fatalistisch hinnehmen und auf die Steigerung des Lebensstandards Ihres Volkes verzichten, so wäre das Ihre Sache, wenn nicht auch das Schicksal unserer Volksgruppe an das Ihre gebunden wäre. Wir sind nicht der Überzeugung, daß alles das hat so kommen müssen, und wir sind auch nicht der Überzeugung, daß die Verarmung, der Verzicht auf sozialen und kulturellen Wohlstand der einzig mögliche Kaufpreis für die Erhaltung der staatlichen Souveränität ist. Wir sind vielmehr der Ansicht, daß Sie sich auch heute noch von einem Großteile der wirtschaftlichen und fast von allen politischen Sorgen befreien könnten, wenn Sie sich entschließen würden, gegenüber dem Deutschtum nach Außen und nach Innen eine andere Haltung zu beziehen. (Souhlas poslancù sudetskonìmecké strany.)

Es ist hier nicht meine Aufgabe, diesen Gedankengang umfassend weiter auszubauen; es ist auch nicht notwendig, weil dies meine Kameraden bei der Budgetbesprechung schon vor mir getan haben. Daß aber die katastrophale Situation der staatlichen Finanzen und insbesondere der hohe Stand der Verschuldung nicht zuletzt auf politische Ursachen zurückzuführen ist, beweist nichts besser, als die auch von offizieller Seite festgestellte Tatsache, daß der Voranschlag für das Jahr 1938 ganz im Zeichen der Rüstungen steht. Allein für die deklarierten Rüstungsausgaben sind nicht weniger als 4500 Millionen Kè ausgeworfen. Wenn man diese Ziffer, ohne sie durch die Millionenbeträge für indirekte Rüstungen, etwa für strategische Straßen, Bahnen, Brücken usw. der anderen Ressorts zu vergrößern, mit dem Staatsrechnungsabschluß 1936 vergleicht, so kommt man zu der bezeichnenden Tatsache, daß der Ertrag sämtlicher Steuern und Zölle des Jahres 1936 gerade ausreichen würde, um allein die deklarierten Rüstungsausgaben für 1938 zu decken. Dies scheint uns für die Feststellung der Ursachen der Finanzlage des Staates genügend zu sein, wobei wir es ruhig übersehen wollen, daß das Verteidigungsministerium wahrscheinlich wieder nicht mit den budgetären Mitteln im kommenden Jahre das Auslangen finden wird, wie es bisher und auch in diesem Jahre das Auslangen nicht gefunden hat.

Im Finanzgesetz für das kommende Jahr wird der Finanzminister ermächtigt, durch Kreditoperationen jene Beträge zu beschaffen, die das Verteidigungsministerium im laufenden Jahre 1937 ausgegeben hat, ohne dafür im Voranschlag eine Deckung zu besitzen. Das Verteidigungsministerium überschreitet daher auch im laufenden Jahre wiederum den Voranschlag und wird dies sicher auch weiterhin im kommenden Jahre tun. Die Ermächtigung aber setzt wahrscheinlich allein den Herrn Finanzminister in die Lage, in seinem Exposé zu erklären, daß der Rechnungsabschluß des Jahres 1937 kein Defizit aufweisen dürfte. An dem tatsächlichen Auftreten des Defizits wird aber auch diese Verschleierungsmethode nichts ändern können.

Sie ist genau so wertvoll wie die formelle Ausgeglichenheit des Budgets, auf die Sie Jahr für Jahr im Herbst so besonders stolz sind und die Sie diesmal sogar sittlich und erzieherisch nennen. Während aber die Regierung mit der Vorlage des ausgeglichenen Budgets gegenüber der Bevölkerung Jahr für Jahr ein Versprechen übernimmt, beweist der Staatsrechnungsabschluß, daß die Regierung nicht in der Lage war, dieses Versprechen zu erfüllen. Dieser weniger sittliche, aber immerhin erzieherische, weil informative Beweis, wird seit 1930 Jahr für Jahr geliefert. Die Rechnungsabschlüsse seit 1930 beweisen eindeutig, daß sich dieses Spiel Jahr für Jahr wiederholt hat. Seit 1930 sind mit Ausnahme des Jahres 1934 die Ausgaben ständig gestiegen, dagegen die Einnahmen ständig gesunken. Seit 1930 haben mit Ausnahme des Jahres 1934 die tatsächlichen Einnahmen niemals die im Voranschlag erwarteten erreicht. Dagegen haben seit 1930 in jedem Jahre, mit Ausnahme von 1931, die tatsächlichen Ausgaben den Voranschlag überschritten. Seit 1931 endet diese Wirtschaft des Scheins mit einem Defizit von 8139 Millionen Kè und die Staatsschulden haben bis Ende 1936 gegen 45.527 Millionen erreicht. Wie angesichts dieser Tatsachen der Herr Finanzminister noch in der Lage ist, den formellen Ausgleich des Budgets als sittlich und erzieherisch hinzustellen, ist uns unbegreiflich. Wir fänden es für weitaus sittlicher, den Voranschlag von vornherein an die Tragfähigkeit der Bevölkerung anzupassen, und wir fänden es für weitaus erziehlicher, diesen Voranschlag auch dann nicht zu überschreiten. Unter Hinweis darauf, daß im Voranschlag für 1938 die Schuldensumme "nur" auf 47.094 Millionen gestiegen ist, unternimmt es der Herr Finanzm inister, diese Verschuldung als "nicht übermäßig" zu bezeichnen. Er führt dazu Vergleiche mit der Vorkriegsschuld des alten Österreich an und errechnet den auf uns entfallenden Anteil mit 6 Milliarden österreichischer Goldkronen. Diese 6 Milliarden rechnet er dann mit 60 Milliarden um. Ohne diesen Vergleich eine besondere Bedeutung beizumessen, wollen wir doch darauf hinweisen, daß die Umrechnung der Goldkrone mit 10 Kè der tatsächlichen Relation nicht entspricht. Wir dürfen hier nicht nur den reinen Goldwert der Krone in Relation bringen, sondern wir müssen auch, um den beiden Abwertungsgesetzen sinngemäß zu entsprechen, die Kaufkraft der Kè in Relation bringen. Dazu gibt uns der Index der Lebenshaltungskosten wohl die einzige Möglichkeit. Wenn wir diesen Index für 1936 durchschnittlich mit 700 gegenüber 1914 mit 100 annehmen. so ergibt sich, daß wir nur auf eine Schuld von 42 Milliarden kämen, also noch lange nicht die Ziffer von 47.094 Millionen erreicht hätten. Auch ein Vergleich mit Italien hinkt, weil die Èechoslovakei kein Imperium aufbaut und auch nicht Abessinien erobert hat. (Veselost poslancù sudetskonìmecké strany.) Naheliegender wäre ein Vergleich mit dem benachbarten Deutschen Reiche, das wirtschaftlich und politisch unter schlechteren Voraussetzungen als die Republik zu kämpfen hat. Unter Zugrundelegung der Angaben des statistischen Reichsamtes wird eine Schuldenkopfquote im Juli 1937 von 245 Mark errechnet. Dies ergibt bei einem der Kaufkraft etwa entsprechenden Umrechnungskurs von 8 Kè eine Kopfquote von 1960 Kè, also erst 64 % der vom Finanzminister errechneten èechoslovakischen Kopfverschuldung von 3101 Kè, die wir jedoch zum Vergleiche mit 1937 auf 3170 Kè erhöhen müssen. Dabei hat Deutschland aus dem Nichts eine Armee und aus dem Elend eine wirtschaftliche Binnenkonjunktur geschaffen.

Diese Vergleiche, wie überhaupt die Höhe der Schulden, sagen jedoch hinsichtlich der Tragfähigkeit und der Solidität des Schuldners nichts, wenn der Verschuldung eine entsprechende Steuerkraft gegenübersteht. Das ist aber bei uns nicht der Fall gewesen und wird es auch 1938 nicht sein. Hier wäre es schon aufschluß reicher, die Belastung durch die Staatsschuld nicht auf die Bevölkerung, sondern auf die Steuerzahler umzurechnen. Wenn wir annehmen, daß die Èechoslovakei im ganzen 2.3 Millionen Steuerträger hat, deren Einkommen über dem Existenzminimum liegt, so ergibt dies die gewaltige Kopfquote von 20.500 Kè, was wohl auf der ganzen Welt beachtlich und in Mitteleuropa einzig dastehend ist. (Souhlas.) [ ]

Ich denke weniger an die Kredite, die unlängst dem rumänischen Bundesgenossen für Rüstungszwecke gewährt wurden, vielmehr daran, daß es dem chinesischen Finanzminister möglich gewesen ist, in der Èechoslovakei Kredite von insgesamt 1 1/4 Milliarden unterzubringen. Man könnte sich immerhin auf den zwar falschen Standpunkt stellen, daß uns diese Transaktion nichts anginge, weil sie einzig und allein auf das Risiko der beteiligten Rüstungsindustrien geht. Das ist aber nicht der Fall. Denn die auf Grund des Kredites durchgeführten Lieferungen fallen unter die staatliche Exportgarantie und betreffen daher in ihrem weiteren Verlaufe die Allgemeinheit, also auch das Sudetendeutschtum. Ganz abgesehen von der drückenden Wirtschaftslage der Èechoslovakei, die den Einsatz aller Mittel im Inlande erforderte. muß es Bedenken erregen, wenn man sich den Garanten für diesen Milliardenkredit ansieht. Die Zentralbank für China hat die Sicherheit der Anleihe verbürgt, eine Bank, von der man in internationalen Finanzkreisen sehr genau weiß, daß sie nicht in der Lage ist, im Ernstfalle die Garantien einzulösen. Trotzdem gewährt die Èechoslovakische Republik Kredite, die nur in geringem Maße die Zehnjahrs-Grenze unterschreiten. Jeder verantwortungsbewußte Bürger muß sich in Anbetracht dieser Umstände daher die Frage vorlegen: Wie kommt denn die ohnehin um ihre eigene Existenz schwer kämpfende Èechoslovakei dazu, ausgerechnet an China einen Riesenkredit zu geben, während doch China, von fast allen anderen Staaten als kreditunwürdig angesehen wird? Warum, so muß sich jeder Steuerträger fragen, wird dieser Milliardenbetrag nicht im eigenen Lande verbraucht, wo er infolge der Kreditknappheit im Inlande zur Belebung der Wirtschaft und zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit dringend notwendig wäre? Man muß sich weiter fragen, ob bei dieser Transaktion der gesunde Menschenverstand prinzipiell ausgeschaltet wurde, und ob man dazumal nicht das Außenministerium zu Rate gezogen hat, und wenn man dies schon nicht tat, muß man sich fragen, ob man damals keine Zeitungen las. Es konnte doch nicht verborgen bleiben, wie sich in China inzwischen die Situation entwickelt hat. Oder ist man hierzulande grundsätzlich der Überzeugung, stets auf die falsche Karte setzen zu müssen, wie man es mit Abessinien oder mit Rotspanien zu tun als seine Ehrenpflicht angesehen hat? Es muß doch jedem klar sein, daß das Risiko dieses èechoslovakischen Kredits bei der gegenwärtigen Situation Chinas ungeheuer groß ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Košek.) Wenn Japan über China siegt, wird Japan selbstverständlich nicht bereit sein, den èechoslovakischen Kredit zu bezahlen, der dazu verwendet wurde, um gegen Japan schießen zu können. Es wird auch China nicht in der Lage sein. Selbst wenn es siegen sollte, was ich zu bezweifeln wage. China wird ausgeblutet und noch weniger in der Lage sein, den èechoslovakischen Kredit zu zahlen. Es wird wahrscheinlich in Revolutionen gestürzt werden und die neuen Herren werden nicht daran denken, die Schuld der alten Herren gerade an die Èechoslovakei zu bezahlen. Darüber hinaus wird die Garantie der chinesischen Zentralbank an diesen Zuständen nichts ändern. Man müßte annehmen, daß auch den èechoslovakischen Financiers diese Gedanken, die nicht allzuferne liegen, gekommen sein müssen, und gerade weil man dies annehmen muß, gewinnen die Gerüchte an Wahrscheinlichkeit, die davon sprechen, daß hinter dem ganzen Kredit vor allem die Interessen Sowjetrußlands stehen, das auf dem Umwege über den èechoslovakischen Kredit weiteren Einfluß in Südchina erlangen wollte.

Wir hätten, meine Damen und Herren, wahrlich nichts dagegen, wenn man alle günstigen Umstände dazu benützen würde, um den Export unserer industriellen Erzeugnisse zu beleben, zu unterstützen und anzukurbeln. Sie werden es aber verstehen, daß wir gerade das China-Geschäft nicht als eine günstige Gelegenheit zur Exportförderung betrachten. Gerade wir Sudetendeutschen können daher diese Transaktion nur mit Entrüs tung zur Kenntnis nehmen, weil sich diese Art staatlicher Exportförderung wiederum nur einseitig für die rein èechischen Interessen der Rüstungsindustrie einsetzt und weil es andererseits wiederum auch die Sudetendeutschen sein werden, die bei der Inanspruchn ahme der Exportgarantie ihren Anteil zu leisten haben.

Die Arbeitslosen im sudetendeutschen Raum, die Kleingewerbetreibenden und Hausarbeiter, werden sich schwerlich damit trösten können, daß sie durch ihre Opfer die Škodaaktien, die Aktien der Flugzeugwerke, der Gasmaskengesellschaft und der Brünner Waffenfabrik in die Höhe trieben und diesen Kreisen einen anständigen Profit verschafft haben.

Der Herr Finanzminister beruft sich bei der Ankündigung des neuen Steuerprogr amms auf den Aufschwung der Wirtschaft. In anderen Ländern hat man diesen Aufschwung durch Reduktion der öffentlichen Lasten gefördert. Bei uns geht man daran, die aufkeimende Wirtschaftsbesserung durch neue Lasten sofort zu erdrücken.

Wenn Sie auf Grund des Rechnungsabschlusses die tatsächlichen Einnahmen des Jahres 1936 den Voranschlagsausgaben für 1938 gegenüberstellen, kommen Sie zu dem Resultate, daß aus der Bevölkerung im kommenden Jahr um sage und schreibe 3335 Millionen oder um 47 Prozent mehr herausgesteuert werden muß, als die Bevölkerung im Jahre 1936 tatsächlich im ganzen aufgebracht hat. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Jahr 1936 zweifellos hinsichtlich des Steuerertrages ein günstiges ist, weil in diesem Jahre die sogenannte Steuerdepurierungsaktion durchgeführt wurde, die infolge der vielen Steuerausgleiche, der Abschlagszahlungen u. s. w. einen gewaltigen Ertrag gebracht haben. Allerdings wird man sich hüten müssen, die Eingänge aus der Depurierungsaktion als laufende Eingänge zu betrachten und ich kann da dem Herrn Generalberichterstatter Remeš nicht ganz zustimmen, wenn er für das kommende Jahr gerade aus der Mobilisierung der sogenannten Steuerreserven sich noch einen beachtlichen Betrag verspricht.

Diese Betrachtungen sind für das im Jahre 1938 erwartete Steueraufkommen unerläßlich, denn es ist ohne Zweifel leichter, das Erträgnis geltender Steuern auszurechnen, als das Erträgnis noch nicht ausprobierter Steuerbelastungen. Und daß bereits das Erträgnis der geltenden Steuern nicht ausreicht, beweisen mit Eindringlichkeit die Defizitrechnungen der Staatsrechnungsabschlüsse. Auch im Jahre 1938 wird es nicht anders sein. Denn man hat leider den Fehler gemacht, den Beginn des Wirtschaftsaufsch wunges einer allzu optimistischen Einkommenschätzung zugrundezulegen. Dabei ist unverkennbar, und auch der Vorsitzende der Prager Handelskammer hat es am 24. November d. J. festgestellt, daß die Steilheit des Aufstieges abgebogen wurde und daß es in vielen Zweigen der Wirtschaft zu einem Stillstand, ja sogar zu einem Rücklauf gekommen ist. Und weil mit diesen Möglichkeiten der Staatsvoranschlag für 1938 nicht rechnet, weil er vielmehr in seinem Optimismus der Wirtschaft neuerliche, enorme Steuern auflastet, wird die Staatswirtschaft im kommenden Jahre nicht dazu beitragen die Privatwirtschaft zu beleben sein, sondern vielmehr dazu beitragen, den Rücklauf der Wirtschaftsentwicklung einzuleiten. (Posl. Beuer: Wie stehen Sie zur Konju nktursteuer?) Darüber werde ich noch sprechen.

Aber nicht nur durch Besteuerung nimmt die Staatswirtschaft hemmend auf die Entwicklung der Privatwirtschaft Einfluß, sondern auch durch die wachsende staatliche Inanspruchnahme des Kreditmarktes. Selbst der Herr Finanzminister hat in einem Teil seines Exposes zugeben müssen, daß es namentlich die Inanspruchnahme des Staates für die Staatsverteidigungserfordernisse war, die im Herbst 1937 eine gewisse Verknappung der disponiblen Mittel herbeigeführt hat. Wir stellen jedenfalls fest, daß die letzten Spareinlagen der Sparkassen und Volksgeldanstalten vom Staate in Anspruch genommen werden. Jeder Staatsbürger zeichnet heutzutage Staatsanleihen oder Staatskassenscheine. [ ] Welche Folgen aber diese Kreditverknappung mit sich bringen muß, hat uns die letzte Krise mit besonderer Eindringlichkeit gezeigt. Die Finanzverwaltung scheint aber in ihrem fiskalischen Egoismus nicht daran zu glauben, daß ihr Erfolg sich letzten Endes auf dem Erfolg der Privatwirtschaft aufbaut. Denn die Steuern sind wohl als Teile der privatwirtschaftlichen Erfolge anzusprechen. Als vor ca 6 Wochen die Öffentlichkeit durch die bekanntgewordenen Budgetsorgen beunruhigt wurde, erklärte der Nationalbankgouverneur Herr Dr. Engliš, daß die ordentlichen regelmäßigen Ausgaben bis zur Höhe des Budgetgleichgewichtes durch Steuern gedeckt würden. Dieses Prinzip. meinte er, dürfe allerdings nicht die Produktionsfähigkeit und Unternehmungslust herabsetzen. Der Herr Finanzminister erklärte am gleichen Tage, daß die Bedeckung des Budgets darauf Bedacht nimmt, daß das Preisniveau und das Niveau der allgemeinen Lebenshaltung nicht tangiert werde, weil dazu, wie er meinte, keine Gründe vorhanden sein.

Diese Mitteilung mußte allerdings der Herr Finanzminister, dem Zwange der harten Logik folgend, dahin abändern, daß er in seinem Exposé zum Budget sagte, daß die Opfer, die gebracht werden müßten, ohne allzu große Schädigung des Lebensstandards der Nation sein würden. Diese Erklärung, meine Damen und Herren, ist schon richtiger, denn es ist uns vollkommen klar, daß die Durchführung der Steuerpläne ohne Schädigung des Lebensstandards einfach unmöglich ist. Schon anläßlich der letzten Abwertung wurden ähnliche Beteuerungen laut. Heute läßt sich nicht in Abrede stellen, daß entgegen diesen Versicherungen alle Gegenstände des täglichen Verbrauches insbesondere Lebensmittel und Baumaterialien, eine mehr oder weniger große Verteuerung mitgemacht haben. Dagegen hat das Einkommen des Einzelnen fast keine oder keine nennenswerte Steigerung erfahren. Wir können wohl ruhig sagen, daß die Abwertung eine Art Steuer war und sich auch wie eine Steuer auswirkte, die allerdings damals zugunsten des Exportes eingehoben wurde. Wenn man jetzt wiederum erklärt, daß die neuen Steuern die Lebenshaltung nicht tangieren werden, kann man diesen Erklärungen schwerlich Glauben schenken. Denn wie sollte es auch möglich sein, daß man jemanden etwas wegnimmt, ohne das der, dem man es wegnimmt, es merken sollte, und die Steuern nehmen der Bevölkerung einen Teil ihrer Kaufkraft weg. Diese weggenommene Kaufkraft fehlt der Bevölkerung bei der Erhaltung ihres Lebensniveaus und es ist die weitere logische Folge, daß die Steuern das Niveau der Lebenshaltung senken müssen. Es wäre ein schlechter Einwand, wenn Sie mir sagen wollten, daß die Steuern im Wege über die Investitionen der Rüstungsindustrie wieder Kaufkraft schaffen. Denn dazu sind diese Investitionen viel zu unproduktiv um auf lange Sicht eine Steigerung des Konsums und noch dazu eine stabile Steigerung des Konsums hervorrufen zu können. Wenn dieser Einwand stichhältig wäre, dann wäre es ja das leichteste, durch Einhebung neuer Steuern zusätzliche Kaufkraft und Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Was die Behauptung der Erhaltung des Preisniveaus anlangt, so ist es eigentlich überflüssig darüber zu diskutieren. Denn es ist letzten Endes ganz gleichgültig, ob ich eine Ware deshalb nicht kaufen kann, weil der Preis dieser Ware zu hoch ist, oder ob ich mir eine Ware deshalb nicht kaufe, weil mir das dazu notwendige Geld weggesteuert wurde. Eine Senkung des Lebensniveaus ist zwangsläufig gleichbedeutend mit einer Steigerung der Preise, ebenso wie eine Steigerung der Preise zu einer Senkung des Lebensniveaus führt, wenn der Steigerung der Preise nicht die Steigerung der Einkommen gegenübersteht. Außerdem wird man einem alten Rezept folgen, und wo es nur irgendmöglich ist. die neuen Steuern auf die Konsumenten abwälzen und es werden letzten Endes die breiten Massen sein, die diese Steuern wiederum zu tragen haben. Man hat sich ohne Zweifel mit großem Geschick die unmittelbaren Steuerträger für die hauptsächlichen Steuerbelastungen ausgesucht. Die Angestellt en, die Beamten, die gehobenen Arbeiter, die Angehörigen der freien Berufe und des Gewerbestandes werden es sein, die den Hauptteil der neuen Steuern zu tragen haben. Man hat dabei nicht mit Unrecht spekuliert, daß gerade diese unmittelbar betroffenen Schichten, die den Rest des sogenannten Mittelstandes darstellen, politisch am schwächsten vertreten sind und daß daher von diesen Schichten der geringste politische Widerstand gegen die neuen Steuern zu erwarten ist. Wenn aber der Herr Finanzminister behauptet, daß gerade der sogenannte Beitrag zur Staatsverteidigung das Preisniveau nicht tangiert, weil er nur die Haushaltungen trifft, so begeht der Finanzminister sichtlich einen gefährlichen Trugschluß. Denn gerade die Haushaltungen sind es, die bedeutende Konsumenten der Volkswirtschaft darstellen und wenn man ihnen die Kaufkraft entzieht, so entsteht der vorhin geschilderte Vorgang, der mit einer Senkung der Lebenshaltung endet, die gleichbedeutend ist mit einer Steigerung des Preisniveaus. Darüber aber, was es letzten Endes bedeutet, wenn man die gerade noch kulturtragenden Schichten der Bevölkerung verproletarisiert, darüber sollte sich jeder Staatsmann im klaren sein. Der Staat kann sich nicht ungestraft die Mittel für eine Staatswirtschaft beschaffen, die über die Tragfähigkeit der Bevölkerung hinausgeht. Es muß dann immer zwangsläufig ein Absinken des Lebensniveaus und die Verarmung der Bevölkerung die Folge sein. Und diesen Weg, meine Herren von der Regierungsseite, haben Sie nun eingeschlagen.


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