Die direkte und indirekte Belastungsfähigkeit der Bevölkerung
darf auch keineswegs mit einem Hinweis auf die Wirtschaftsbelebung
allzu optimistisch eingeschätzt werden. Schon die örtliche
und branchenmäßige Verschiedenheit der wirtschaftlichen
Entwicklung und insbesondere der letzte Rückschlag besonders
in der Textil-, Glas-, Porzellan- und Lederindustrie sollte Ihnen
zu denken geben. Zwar hat die Zahl der Lohn- und Gehaltempfänger
sich jener des Jahres 1929 genähert, zwar hat dementsprechend
auch die Lohnsumme im Ganzen eine Steigerung erfahren, aber das
Realeinkommen des einzelnen Lohnempfängers ist nicht gestiegen.
Die Gesamtsumme der Einkommen liegt noch immer etwa um 20 % unter
der Höhe des Jahres 1929. Demnach hat die Kaufkraft der Bevölkerung
noch lange nicht das Niveau des Jahres 1929 erreicht. Der geringen
Steigerung der einzelnen Löhne gegenüber steht wiederum
eine Steigerung der Preise, die bei Nahrungsmitteln 5 %, bei der
Kleidung um 13% und bei anderen Gebrauchsgegenständen gleichfalls
eine beachtliche Höhe erreicht hat, so daß das Realeinkommen
den Stand des Krisenjahres 1934 noch nicht überschritten
hat. (Posl. Beuer:- An den niedrigen Löhnen im deutschen
Gebiet ist auch Ihre Partei schuld!) Das ist glatter Unsinn.
Eine deutliche Sprache sprechen in dieser Hinsicht auch die Veröffentlichungen
der Zentralsozialversicherungsanstalt, aus denen hervorgeht, daß
noch immer zirka 60 % sämtlicher Lohnempfänger ein Einkommen
beziehen, das unter dem gesetzlich festgesetzten Existenzminimum
liegt. Daß sich diese Tatsachen selbstverständlich
auch auf der Konsumseite der Wirtschaft auswirken, ist klar und
selbstverständlich. Es ist uns aber unbegreiflich, wie angesichts
dieser Tatsache der Finanzminister den Konsum als befriedigend
bezeichnen kann. Typische Verbrauchsgüterindustrien haben
an der Steigerung der Produktion so gut wie keinen Anteil. Die
Umsätze in der Bekleidungsindustrie, in der Nahrungsmittelindustrie
sind dafür ein deutlichen Zeichen. Wenn man nun noch erkennt,
daß der Anteil des Fertigwarenexportes an der gesamten Wirtschaftsbelebung
weit zurückgeblieben ist, so zeigt dies, auf wie tönernen
Füßen die sogenannte èechoslovakische Wirtschaftskonjunktur
steht. Letzten Endes muß die Produktion ihre Begründung
in dem Konsum oder im Export der produzierten Güter finden.
Wenn es den Investitionen auf der Produktionsgüterseite nicht
gelingt, auch dem Konsum und damit die Konsumgüterindustrie
zu beleben, so wird, wenn der Export auch weiter sträflich
vernachlässigt bleibt, der Rücklauf der Wirtschaft nicht
aufzuhalten sein.
Wir haben aus dem Munde des Herrn Finanzministers gehört,
daß sich die Regierung, durch die Krise belehrt, das Ziel
gesteckt hat, die Arbeitsgelegenheiten auszudehnen und für
eine gesunde Wirtschaftsentwicklung zu sorgen. Die Regierung müßte
also unter Bedachtnahme auf das Vorhergesagte darangehen, nicht
nur die Rüstungsindustrie anzukurbeln, sondern sie müßte
sich auch der Konsumgüterindustrie und derem Markte zuwenden
und vor allen Dingen dem Export ihre besondere Anteilnahme angedeihen
lassen. Man glaube doch um Gotteswillen nicht, daß die vieldiskutierte
Refundierung der Handelssteuern eine ausschlaggebende und entscheidende
Exportförderung ist. Diese Refundierung beträgt höchstens
ein bis zwei Prozent und ist in der Wirkung absolut nebensächlich
bei der Konkurrenz mit anderen Ländern, die, wie Polen 20
% und noch mehr Prozent für die Exportförderung ausgeben.
Wie aber will unter diesen Umständen die Regierung die Konkurrenzfähigkeit
auch nur erreichen, die zu erhalten sie sich vorgenommen hat.
Es freut uns, aus dem Munde des Herrn Finanzministers zu hören,
daß die Regierung in der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit
unserer Produktion auf den fremden Märkten ihre vornehmliche
Aufgabe sieht. Wie sie sich aber diese Erhaltung vorstellt, wenn
sie zu gleicher Zeit auch die gesamte Wirtschaft mit neuen Steuern
belastet, ist uns unklar. Nichts ist bezeichnender für die
Widersprüche und Unklarheiten in der èechoslovakischen
Finanzwirtschaft, als die Tatsache, daß wir nunmehr zu gleicher
Zeit eine Krisen- und Konjunktursteuer haben. Sehr richtig bemerkte
der Herr Finanzminister weiter, daß die Erhaltung des finanziellen
Gleichgewichtes des Staatshaushaltes eine Bedingung für die
Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit auf den fremden Märkten
ist. Aber gerade das Budget für 1938 liefert den Nachweis
dafür, daß die staatliche Wirtschaft nicht mehr auf
dem realen Grundwerte der Tragfäh igkeit aufgebaut ist und
sich daher auch nur formal im Gleichgewichte befindet. Auch hier
sind also die Voraussetzungen zur Erreichung und schon gar der
Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit auf den fremden Märkten
nicht gegeben. Bisher hat die Regierung vornehmlich versucht,
die Wirtschaft über die im èechischen Gebiete liegende
Rüstungsindustrie anzukurbeln. Soweit es sich um die Durchführung
sonstiger Investitionen handelt, wurden eindeutig das èechische
Unternehmertum, die èechischen Gewerbetreibenden, Angestellten
und Arbeiter bevorzugt. Die im deutschen Gebiet liegenden friedlichen
Industrien wurden mehr oder weniger sich selbst überlassen.
Die Auswirkung dieser Vernachlässigung hat gestern Kamerad
Abg. Wollner im Hause dargelegt.
Es ist nichts bezeichnender für diese Vernachlässigung
als ein Vergleich der Arbeitslosigkeit, wie sie im èechischen
und deutschen Gebiet herrscht. Wenn wir die Gebiete mit mehr als
80% deutscher Bevölkerung, also die deutschen Gebiete mit
den èechischen Gebieten vergleichen, so sehen wir, daß
auf 100 Arbeitslose im èechischen Gebiete im Jänner
dieses Jahres 243 Arbeitslose im deutschen Gebiete entfielen.
Im April waren es 278, im August bereits 522, und im Oktober sind
es bereits 570 gewesen, so daß also die Intensität
der Arbeitslosigkeit im deutschen Gebiete 5.7 mal oder fast 6
mal so groß als im èechischen Gebiete ist.
Über diese Entwicklung kann uns auch nicht die vom Herrn
Finanzminister besonders hervorgehobene Steigerung des Exportes
hinwegtäuschen. Zwar ist im Wirtschaftskrieg um die Jahreswende
eine gewisse Pause eingetreten, der Kampf um die Auslandsmärkte
hat aber in letzter Zeit an Heftigkeit ungeheuer zugenommen und
gerade die èechoslovakische Industrie ist es, die, besonders
von den Märkten der Goldländer, in den letzten Tagen
weitgehend zurückgedrängt wurde. Dafür sind ein
deutliches Zeichen die Rückschläge in der Textilindustrie,
in der Keramik- und in der Lederindustrie. Da diese letztgenannten
Industrien besonders im sudetendeutschen Gebieten liegen, ist
die Entwicklung für uns besonders besorgniserregend.
Die Außenhandelsziffern geben kein deutliches Bild über
die Entwicklung des èechoslovakischen Außenhandels,
weil die Ausfuhrziffern gerade der letzten Monate lediglich ein
Beweis für die Ausführung der Abschlüsse früherer
Monate sind. Wesentlich eindrucksvoller und informativer für
die jüngste Entwicklung wäre es, wenn man sich die Abschlüsse,
die in der letzten Zeit getätigt werden konnten, vor Augen
hielte. Es würde dann ganz eindeutig der Rücklauf des
Exportes der Fertigwaren vor Augen treten.
Abgesehen von dieser Entwicklung des Exportes muß uns Sudetendeutsche
die Tatsache mit Besorgnis erfüllen, daß der Anteil
der industriellen Fertigwaren am Gesamtaußenhandel relativ
ständig sinkt. So hat insbesondere der Anteil der Textilindustrie,
der uns naturgemäß besonders interessieren muß,
einen ständigen Rücklauf erfahren. Wenn dieser Anteil
noch im Jahre 1929 ein Drittel des Gesamtexports wertmäßig
war, so betrug er im Jahre 1936 nur noch ein Viertel und im ersten
Halbjahr 1937 betrug er gar wertmäßig nur noch ein
Fünftel des gesamten Exportes.
Es ist klar, daß wir Sudetendeutschen bei dieser Entwicklung
ein steigendes Interesse an der Durchführung binnenstaatlicher
Wirtschaftsförderung haben müssen. Wir sind uns allerdings
im klaren, daß die Existenz unserer Volksgruppe auf die
Dauer nicht durch sog. Notstandsarbeiten sichergestellt werden
kann. Nicht nur deshalb, weil dies unmöglich ist und letzten
Endes auch unser unwürdig wäre, sondern deshalb, weil
die wirtschaftliche Struktur des sudetendeutschen Raumes eindeutig
in der Richtung auf den Export unserer industriellen Erzeugnisse
weist. In einer Zeit aber, in der der Export kaum 60 % des Jahres
1929 erreicht hat und in der sich noch dazu der Exportanteil der
Fertigwaren ständig vermindert, gewinnt die staatliche Investitionspolitik
naturgemäß für uns gewaltig an Bedeutung.
Eine sachliche Zergliederung des Voranschlages beweist, daß
entgegen allen Versprechungen das sudetendeutsche Gebiet bereits
bei der regionalen Aufteilung der Investitionen benachteiligt
wurde. Die Richtung der Investitionen weist eindeutig ins Innere
des Landes. Diese Tatsache ist auch dadurch nicht zu entkräften,
daß man etwa, wie es der Herr Ministerpräsident tat,
dem sudetendeutschen Gebiete auch Bezirke zurechnet, die nur 20
% deutsche Bevölkerung haben. Leider hat es der Herr Ministerpräsident
unterlassen, die regionale Aufteilung der Investitionen etwa auf
dem Gebiete der staatlichen Wasserwirtschaft anzugeben. Man hätte
sonst feststellen müssen, daß von den 41.3 Millionen
Kè, die der staatliche Wasserwirtschaftsfonds im Jahre
1937 bis jetzt ausgegeben hat, nicht eine einzige Krone für
einen einzigen großen Bau ins sudetendeutsche Gebiet geflossen
ist. (Hört! Hört!)
Diese Feststellung ist umso bedeutsamer, als deutsche Wünsche
auch dort übersehen wurden, und werden, wo ihre Erfüllung
der gesamtstaatlichen Wirtschaft zum Vorteil gereichen würde.
Die Zergliederung des Außenhandelsverkehrs ergibt, daß
sich fast 10% des gesamten Außenhandelsverkehrs auf der
Elbe, bzw. dann weiter auf der Moldau abwickeln. Gegenüber
der Außenhandelsbedeutung des Elbe- und Moldaustromnetzes
tritt die Bedeutung dieser Ströme für die Binnenschiffahrt
und für den Binnenhandel vollkommen zurück. Wir können
es also nicht verstehen, daß man seit Jahren zwar den Ausbau
der Mittelelbe von Mìlník bis Pardubitz und der
Moldau von ihrer Mündung bis Budweis mit Milliardenaufwänden
betreibt, ohne die für die Gesamtwirtschaft unbedingt erforderlichen
Niederwasserregulierung der Elbe von Schreckenstein zur Staatsgrenze
auch nur in Angriff zu nehmen. Milliardenbeträge wurden für
die Regulierung der mittleren Elbe und Moldau ausgegeben ohne
die für diesen Wasserverkehr unbedingte Voraussetzung der
Schiffbarmachung der unteren Elbestrecke zu gewährleisten.
Selbst wenn vielleicht darauf hingewiesen wird, daß der
Ausbau des Elbeund Moldaustromnetzes mit Rücksicht auf den
projektierten Elbe-Oder-Donaukanal erfolgt, können wir dies
nicht gutheißen. Wir verschließen uns der Bedeutung
dieses alten österreichischen Projektes unter keinen Umständen.
Wir wissen ganz genau, was es für die südosteuropäische
Wirtschaft und was es für die Èechoslovakei, die zu
den südosteuropäischen Ländern ihre politischen
und wirtschaftlichen Beziehungen intensiviert, bedeuten wird,
wenn der Schiffahrtsweg von der Nordsee zum Schwarzen Meer um
zirka 6000 km verkürzt wird. Allerdings wird die Erreichung
dieses Zieles, wie das Projekt angibt, erst in 40 Jahren möglich
sein und Sie müssen doch zugeben, daß man bis dahin
nicht mit der dringend notwendigen Niederwasserregulierung der
letzten Elbestrecke warten kann.
Schon wegen der mit der Regulierung verbundenen Arbeitsbeschaffung
wäre die Niederwasserregulierung der Elbestrecke im sudetendeutschen
Notstandsgebiet notwendig gewesen. Trotz der gesamtwirtschaftlichen
Bedeutung dieser Arbeiten müssen wir feststellen, daß
auch in dem nächsten Wasserwirtschaftsprogramm bis zum Jahre
1942 keine Krone hiefür vorgesehen ist. Dabei bedeutet es
eine vollständige Verkennung der wirtschaftlichen Bedeutung,
welche die Elbe gerade für den Außenhandel besitzt,
wenn man sie zu einem reinen Binnengew ässer degradiert.
In vollkommener Übereinstimmung mit der Vernachlässigung
der letzten im deutschen Gebiete liegenden Elbestrecke steht die
Vernachlässigung der nordböhmischen Elbe Umschlagplätze
in Lobositz, Aussig, Schönpriesen, Rosawitz, Tetschen und
Laube. Gewissermaßen als Konkurrenz zu diesen nordböhmischen
Umschlagsplätzen geht man daran, den Mìlníker
Elbehafen unter Aufwendung von Millionenbeträgen auszubauen.
Bisher hat man 24 Millionen investiert und hat weiterhin 11 Millionen
für den Ausbau des Mìlníker Hafens bereitgestellt.
Es ist eine absichtliche Verkennung von Ursache und Wirkung, wenn
man die Investitionen für den Mìlníker Hafen
damit begründet, daß die nordböhmischen Umschlagplätze
einem starken Güterandrange nicht gewachsen wären. Obzwar
diese Behauptung sachlich unrichtig ist, ist es doch richtig,
daß die nordböhmischen Umschlagplätze sich mit
total veralteten Umschlagseinrichtungen behelfen müssen.
Diese Umschlagseinrichtungen sind meist 50 Jahre alt. So ist z.
B. der stärkste und modernste Kran des Aussiger Elbehafens
aus dem Jahre 1908. Er hat die phantastische Tragkraft von 4000
kg und die gewaltige Ausladung von 9 m. Die anderen älteren
Dampfkräne gehen bis auf das Jahr 1885 zurück und sind
heute noch im Betrieb. Sie müssen sich dabei erinnern, daß
man knapp nach dem Umsturze hier in Prag am rechten Moldauufer
eine ganze Reihe moderner elektrischer Kräne aufgestellt
hat, für sie aber keine Verwendung hatte und sie wieder abbrechen
mußte. Man hat also das Geld offensichtlich ins Wasser geworfen.
Für die Modernisierung der nordböhmischen Elbeumschlagplätze
ist aber kein Geld vorhanden. Für jene, die es nicht wissen
sollten, wer für diese Vernachlässigung verantwortlich
ist, möchte ich bemerken, daß diese Umschlagplätze
unter der Verwaltung der èechoslovakischen Staatseisenbahnen
stehen. So viel kann ich hier infolge der Kürze der Zeit
nur andeutungsweise berichten, soweit es die Richtung der staatlichen
Investitionen betrifft.
In der Durchführung der Investitionen besteht die Benachteiligung
so offensichtlich, daß ihre Folgen von keinem anderen als
vom Herrn Staatspräsidenten selbst festgestellt wurden. Alle
Versuche, das Gegenteil zu behaupten, scheiterten an den nachweisbaren
Tatsachen. Ich habe bereits früher im Budgetausschuß
Aufstellungen über die Vergebung öffentlicher Lieferunegn
und Arbeiten im deutschen Gebiet in den Jahren 1933 bis 1936 vorgelegt.
Damals schloß diese Aufstellung mit dem Ergebnis, daß
in den Gebieten mit mehr als 50 % deutscher Bevölkerung von
539 vergebenen Arbeiten 441 oder 82 % an èechische Bewerber
vergeben wurden, während die ortsansässigen deutschen
Bewerber nur 18 % der Lieferungen erhielten. Obzwar diese Aufstellung
im Plenum vorgelegt wurde, hat sich lediglich die offiziöse
Zeitung "Pražské noviny", allerdings auf
ihre Art, damit befaßt. Es war mir ein Leichtes, die unseriösen
Behauptungen dieses Blattes zu entkräften und der Vorwurf
der verstockten Verlogenheit, den sie mir gemacht hatte, fiel
auf jene zurück, die angesichts der unbestreitbaren Tatsachen
den Anschein erwecken wollen, als wäre auf dem Gebiete des
Vergebungswesens alles in bester Ordnung.
Ich habe die Vergebung von öffentlichen Arbeiten und Lieferungen
im deutschen Gebiet weiter verfolgt und vor allem die Wirkung
des 18. Feber auf diesen Sektor der Staatswirtschaft untersucht.
Zu diesem Zweck habe ich meine Aufstellung in zwei zeitlich getrennte
Epochen geteilt. In der ersten Epoche, vom 1. Oktober 1936 bis
28. Feber 1937 wurden im sudetendeutschen Gebiet nach den Angaben
der amtlichen Zeitschrift " Zprávy veøejné
služby technické" 65 Arbeiten vergeben, von denen
67ÿ7 % an èechische Bewerber und nur 24.6 % oder 16
Arbeiten an deutsche Bewerber vergeben wurden. Die gemischten
Bewerber erhielten 7.7 %. In der Zeit aber - das ist, Herr Koll.
Schütz, für Sie besonders interessant vom 1.
März d. J. bis zum 1. Oktober d. J. wurden im sudetendeutschen
Gebiet 154 Arbeiten wie folgt vergeben: die èechischen
Bewerber erhielten 105 Arbeiten oder 68ÿ1 %, die gemischten
Bewerber 17 Arbeiten oder 1 1ÿ1 %, die deutschen Bewerber
aber erhielten nur 32 Arbeiten oder 20ÿ8 %; also um 3.8 %
weniger, als vor dem 18. Feber d. J.
Diese Aufstellung ist für uns kein Fetzen Papier, sondern
der dokumentarische Nachweis der systematischen Einschränkung
unserer Lebensgrundlagen. Sie ist aber auch der Nachweis der Berechtigung
unseres Kampfes um gleiches Recht und Gerechtigkeit. Wenn Sie
nun behaupten wollten, daß die Behandlung der Vergebungspraxis
unser Steckenpferd sei, wie es mir einmal vorgeworfen wurde, so
muß ich sagen, daß wir dieses Steckenpferd so lange
reiten müssen, bis Sie das Unrecht, das hier geschieht, aufgeben.
Solange es aber dem sudetendeutschen Gebiet zugefügt wird,
erachten wir es als unsere Pflicht, das Unrecht als Unrecht zu
brandmarken. Nur dann, wenn die eingesetzten staatlichen Mittel
den ortsansässigen Bewerbern zugute kommen, werden wir von
einer wirklichen Staatshilfe für unser sudetendeutsches Gebiet
sprechen können.
Im Zusammenhange damit müssen wir auch dem Herrn Finanzminister
widersprechen, wenn er behauptet, daß die Frage der Zentralbank
der deutschen Sparkassen, der Landbank und der Volksbank mit Erfolg,
wie er sagte, erledigt wurde. Bereits Kamerad Dr. Rosche
hat im Budgetausschuß darauf hingewiesen, daß wir
in dieser Art der Erledigung nichts anderes als einen großen
Aderlaß am sudetendeutschen Geldwesen sehen. Wenn wir zu
diesen Verlusten noch die Verluste rechnen, die das Sudetendeutschtum
beim Zusammenbruch des "Phönix" erlitten hat, so
hat das Sudetendeutschtum die vorerwähnten "Erfolge"
mit fast einer halben Milliarde bezahlen müssen.
Nicht ohne Interesse ist dabei die Feststellung, daß man
den Einlegern der Volksbank und der Landbank weitgehende Berücksichtigung
ihrer Wünsche versprach, allerdings unter der Bedingung,
daß sich diese Einleger nicht an Parlamentarier der Sudetendeutschen
Partei wenden dürfen. Die erfolgte Regelung, ein Wort, das
man eigentlich unter Anführungszeichen gebrauchen dürfte,
hat den deutschen Regierungsparteien und insbesondere dem Bund
der Landwirte den Rest ihres Renomés in unserem Siedlungsgebiete
genommen. Während man das èechische Geldwesen mit
Milliarden saniert hat, so muß das im Sudetendeutschtum
die Erkenntnis wachrufen, die Dr. Rosche in die Worte kleidete:
Bei den Èechen wird saniert, bei uns aber wird seit langem
und grausam liquidiert.
Wenn das Budget der Ausdruck dessen ist, was die Regierung auf
wirtschaftlichem und politischem Gebiet im Jahre 1938 zu tun gedenkt,
dann müssen wir Sudetendeutschen erklären, daß
wir auch im Voranschlag für das Jahr 1938 unsere berechtigten
Ansprüche weder gewahrt noch gewährleistet sehen. Von
dieser Auffassung kann uns auch der Resolutionsantrag der Regierungsparteien
nicht abbringen, denn wir wissen, welch geringen praktischen Wert
diese Resolutionsanträge besitzen. Wir wollen nur an den
Resolutionsantrag vom Mai 1936 erinnern, der uns damals bewog,
durch unsere Zustimmung zur Verteidigungsanleihe der Regierung
einen Blankowechsel auf weite Sicht auszustellen. Die Durchführung
der Rüstungsinvestitionen im sudetendeutschen Gebiet hat
aber eindeutig bewiesen, daß die Regierung diesen Wechsel
nicht eingelöst hat.
Wir sind überzeugt, daß es im Wege über unverbindliche
Abmachungen und über verheißungsvolle Resolutionen
nicht zum Frieden der Nationen kommen kann. Wir haben der Regierung
und dem èechischen Volke durch unsere Volksschutzanträge
den einzig möglichen Weg zur dauernden Befriedung nach Innen
und Außen gewiesen. Dies ist aber auch für die staatliche
Wirtschaft die einzige Möglichkeit, den von Ihnen eingeschlagenen
Weg, der in die Verarmung führen muß, zum Wohle aller
Völker dieses Staates zu verlassen. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.)