Auf diese Weise gibt es keine Beseitigung des nationalen Unrechtes,
keine Herstellung der nationalen Gerechtigkeit und des nationalen
Friedens. Und wenn uns hier Dr Czech in so schönen
Farben den Ausweg gezeigt hat, und wenn heute der "Sozialdemokrat"
so rührend schildert: Eine trostlose Stimmung war im Parlamente,
niemand sah einen Ausweg, alle waren deprimiert, auch die èechische
Bourgeoisie, dann aber kam Dr Czech und zeigte den Ausweg
und sofort war eine ganz andere Stimmung im Parlamente und alle
sahen, es gibt doch eine Rettung.....", so erklären
wir, daß das, was hier die deutschen Sozialdemokraten in
dieser Frage machen, genau dieselbe Politik ist, wie sie die Kirche
den Kapitalisten gegenüber anwendet, indem sie ihnen vor
den Arbeitern, scheinbar um diese zu beruhigen, zuredet: Ihr müßt
ein Einsehen haben, der Arbeiter ist auch ein Mensch, ihr müßt
Gerechtigkeit Vernunft üben. So kommt Dr Czech und
erklärt dem Herrn Dr Kramáø, der ihm
zugerufen hat "My jsme to vyhráli, wir haben die Macht!".
Ihr müßt Vernunft, Einsicht haben, sehen, daß
ihr den Weg Österreichs geht und müßt den Ausgleich
schließen. Als ob man mit solchen Mitteln ein Raubtier davon
abhalten könnte, gegen das andere aufzutreten. (Souhlas
na levici.) Wenn hier ein deutscher Abgeordneter gesagt hat,
wir müssen den Èechen die Larve vom Antlitz reißen,
daß man die Fratze sieht, so sage ich, wenn man der deutschen
Bourgeoisie die Larve vom Antlitz reißt - und wir wollen
das besorgen - so ist die Fratze nicht schöner als die der
èechischen Bourgeoisie und dieses Raubtiergebiß,
das da zum Vorschein kommt, unterscheidet sich vom èechischen
Löwengebiß nur dadurch, daß daraus bei dem Abenteuer,
in welches sich sein Besitzer vor kurzer Zeit eingelassen hat,
ein paar Schneidezähne herausgeschlagen wurden. (Potlesk
na levici.)
Diesen Raubtieren Frieden zu predigen, wie es unsere deutschen
Sozialdemokraten tun, das ist Einlullung der Kräfte der Massen,
die allein wirkliche Ordnung in diesem Staate schaffen können.
Wir Kommunisten stehen auf dem Standpunkt, daß kein 24gliedriger
Ausschuß der Bourgeoisie und des kapitalistischen Parlamentes,
sondern daß nur der Sieg der Arbeiterklasse Ordnung im Staate
schaffen wird. (Souhlas na levici.) Der Sieg der Arbeiterklasse
wird auch die Freiheit des èechischen Volkes sichern, ganz
anders sichern, als es die èechische Bourgeoisie konnte,
welche mit Gewalt und mit Bajonetten die anderen Völker in
diesem Staate festhalten muß, die deshalb auch auf Bajonetten
sitzt, aber jeden Augenblick fürchten muß, daß
das ganze System der Gewalt zusammenbricht und damit auch die
èechische Freiheit. Diese èechische Bourgeoisie,
die unmögliche Landesgrenzen geschaffen hat, so daß
ein einziger Tagmarsch genügt, das Land zu durchqueren, diese
Bourgeoisie muß jetzt überall in aller Welt Hilfe suchen,
um die èechische Freiheit, d. h., das kapitalistische System,
welches sie Freiheit nennen, zu stützen; und sie kommt dadurch
schon jetzt in die Botmäßigkeit fremder Nationen. Dieses
èechische Volk ist gar nicht mehr frei, sondern ein Kolonialvolk,
wobei französische Generäle und die französische
Bourgeoisie entscheiden, wann und wo die èechischen und
deutschen Proletarier dieses Staates ihr Gut und Blut für
kapitalistische Interessen auf irgendeinem Schlachtfeld hergeben
sollen. So sieht die Sicherung der Freiheit aus, für welche
die èechischen Sozialdemokraten alle politischen Ideale
preisgeben und alle proletarischen Interessen verraten Es ist
fortdauernd eine Gefahr für die Freiheit des èechischen
Volkes. Wenn aber die Arbeiterklasse gesiegt haben wird, dann
ist da s èechische Volk gegen jede Gefahr gesichert Es
ist nicht wahr, wie Herr Dr. Juriga hier ausgeführt
hat, daß wir Kommunisten nur die Absicht haben, irgendein
Volk, das slovakische oder ein anderes, von den übrigen loszureißen,
damit es dann als verlassene Insel in der Welt herumschwimme oder
viel leicht unter die Herrschaft Horthys komme. Wir Kommunisten
sind nicht für die Zerreißung des Bandes zwischen den
Völkern, wir sind vielmehr für das friedliche, freiwillige
Zusammenarbeiten und Zusammenleben der Völker. (Potlesk
komunistických poslancù.) Und wir Kommunisten
erklären: Dieses friedliche, freie Zusammenleben der Völker
ist nur möglich, wenn man dem, mit dem man friedlich zusammenleben
will, nicht fortwährend den Revolver vor die Brust setzt,
ist nur möglich, wenn man auf das System der Gewalt verzichtet.
Und ich erkläre der èechischen sozialdemokratischen
Führern: wenn Ihr gegen das Selbstbestimmungsrecht seid,
so seid Ihr dafür, daß die anderen, ob sie wollen oder
nicht, gewaltsam in den Grenzen dieses Euch so heiligen Staates
festgehalten werden. Ihr macht genau dasselbe, was Mac Donald
gemacht hat, als er Luftschiffe gegen Kolonialvölker sandte,
die sich befreien wollten und diese Luftschiffe Bomben abwerfen
ließ auf unschuldige Frauen und Kinder! Ihr unterstützt
die blutige Gewalt zur Unterdrückung fremder Nationen und
gefährdet dadurch die Freiheit der eigenen Nation. Wir Kommunisten
aber sagen: Gewalt gegen die Bourgeoisie, Niederwerfung der Bourgeoisie,
Aufrichtung der Herrschaft der Arbeiter, das ist die Sicherung
der nationalen Freiheit aller Nationen! (Potlesk na levici.)
Und wir können den Beweis dafür bringen. Bei allen Gelegenheiten
wird uns das Wort Sowjetrußland entgegengeschleudert von
Leuten, die keine Ahnung haben, wie es heute in Sowjetrußland
ausschaut oder die, wenn sie es wissen, nur die eine Angst haben,
daß die Massen es erfahren könnten. In Sowjetrußland
gibt es keine nationale Unterdrückung, obwohl in Sowjetrußland
viel mehr Nationen leben als hier. Selbst kleine Nationen, selbst
kleinste Splitter von Nationen, wie die Wolgadeutschen haben ihre
eigene selbständige Republik. Das bedeutet nicht Losreißung,
das bedeutet vielmehr das freie Recht, selbst zu entscheiden,
ob sie im Sowjetverband bleiben wollen oder nicht. Und fragt einmal
die deutschen Bauern an der Wolga, wo sie lieber sein wollen,
ob im Hindenburgdeutschland oder in Sowjetrußland - Ihr
werdet die Antwort bekommen, daß sie niemals ein Land, in
welchem Bauern und Arbeiter herrschen, vertauschen würden
mit einem Lande, in welchem sie von der Bourgeoisie unterdrückt
werden. Dort ist wirklich die nationale Freiheit, das Selbstbestimmungsrecht
der Völker bis zur Losreißung gegeben, und trotzdem
sehen wir nur den innigsten Bund der Völker. Das bedeutet
nicht, daß wir Kommunisten uns auf den Standpunkt stellen:
Für uns gibt es nur eine Diktatur des Proletariates und dann
wird auch die nationale Frage gelöst werden. Wir Kommunisten
kämpfen auch jetzt schon gegen jede nationale Unterdrückung,
gegen jedes System der nationalen Unterdrückung. Schon jetzt
ist dieser Kampf nicht vergeblich. Wären wir Kommunisten
nicht, würden wir nicht die Arbeiter aller Nationen gegen
diese Unterdrückung mobilisieren, dann könnten sich
die herrschenden Machthaber noch ganz andere Dinge erlauben, als
sie es heute tun. Wir sind der einzige Damm gegen ein Übermaß
nationaler Bedrückung. Nicht die schönen Reden des Herrn
Krebs oder eines anderen nationalen Helden, sondern die
Furcht vor der Arbeiterschaft, vor der èechischen und der
anderen Arbeiterschaft, die Angst, daß das ganze kapitalistische
System zusammenbrechen kann, wenn es mit dem. Gewaltsystem zu
bunt getrieben wird, diese Furcht ist die einzige Macht, die die
Herrschaften hindert, so weit zu gehen, als sie wollten. Das ist
aber auch der Grund, warum die deutsche Bourgeoisie nicht einmal
wagt, den nationalen Kampf selbst zu führen, weil sie weiß,
daß der nationale Kampf die Grundlage des Staates bedroht
und damit die Grundlage des Kapitalismus. Und den deutschen Kapitalisten
und ihren Parteien ist ein èechischer kapitalistischer
Staat tausendmal lieber als ein proletarischer Staat, in dem sie
ihre nationale Freiheit haben. (Souhlas na levici.)
Nun noch ein Wort an die deutschen sozialdemokratischen Führer,
die ebenfalls gemeinsam mit uns den Mißtrauensantrag unterschrieben
haben. Sie wissen genau wie wir, daß wir im Parlament die
Dinge nicht ändern werden. Sie wissen genau wie wir, daß
nur der Kampf gegen die kapitalistische Regierung dort, wo die
Arbeitenden die Macht haben, in den Betrieben und auf der Straße,
Aussicht auf Erfolg hat. Und sie haben es uns diesmal schwarz
auf weiß bestätigt. Wir haben Ihnen geschrieben: Kämpft
mit uns gemeinsam draußen gegen das Steuerunrecht, gegen
die Maßnahmen gegen die Staatsangestellten, gegen die Maßnahmen
gegen die Arbeitslosen, gegen alle Gewalt die täglich geschieht,
gegen Reaktion, gegen die Unterdrückung der Presse gegen
die nationale Unterdrückung!" Wir bekamen die Antwort:
"Ja, wir sehen ein, der Kampf ist notwendig innerhalb und
außerhalb des Parlamentes, wir sind bereit, mit allen proletarischen
Parteien diesen Kampf außerhalb des Parlamentes zu führen."
Wir haben gleich gewußt, was diese Antwort zu bedeuten hat,
haben gewußt, daß Ihr Euch feige hinter die èechischen
Sozialdemokraten verkriecht, wir haben gewußt, daß
Ihr erklärt: "Ja, wir sind bereit, wir die Führer
die Arbeiter denken anders - diesen Kampf zu führen!"
weil Ihr gewußt habet, daß die èechen absagen
werden, die èechischen Sozialdemokraten, die zu sehr in
die Koalitionspolitik verstrickt sind. Wir haben daher versucht,
Euch dazu zu bringen, Farbe zu bekennen. Wir wußten genau,
warum Ihr so antwortet: Weil sie sozialdemokratischen Arbeiter
es nicht verstehen, warum sich die Arbeiter nicht die Hand zum
gemeinsamen Kampfe reichen, denn eine unbesiegbare Macht würde
aufgerichtet werden, wenn sich die Arbeiter zum Kampfe einigen
würden, wenn sie geschlossen in den Kampf gingen. Die Arbeiter
verstehen es nicht, warum ihre Führer sich weigern, wenn
wir Kommunisten erklären, daß wir zu diesem Kampfe
bereit sind. Deshalb habt Ihr, obwohl Ihr nicht wollt, eine solche
Antwort gegeben, die so aussieht, als wolltet Ihr. Aber Ihr habt
uns damit selbst bestätigt, daß das, was wir fordern,
das Richtige und Notwendige ist. Und wir haben an Euch die Frage
gerichtet: Wollt Ihr diesen Kampf auch dann führen, wenn
die èechischen Sozialdemokraten ablehnen? Und was habt
Ihr uns darauf geantwortet? Die lächerlichste Antwort, die
es überhaupt nicht geben kann, in Eurer Feigheit habt ihr
Euch bis auf die Knochen blamiert, indem Ihr uns auf diese Frage
geantwortet habt: Wir haben unserem früheren Briefe nichts
hinzuzufügen, d. h. auf deutsch: ".Wir wollen nicht,
aber wir trauen es uns nicht zu sagen, damit die sozialdemokratischen
Arbeiter nicht über uns kommen und uns zum Teufel jagen."
Ihr helfet der deutschen Bourgeoisie genau so wie die èechischen
Sozialdemokraten, das zu erreichen, was der eigentliche Zweck
dieser Sprachenverordnung ist die nationale Zersplitterung der
Arbeiterschaft aufrecht zu erhalten. Wenn sich die Arbeiter gegen
diese Sprachenverordnung auflehnen, so sagt man ihnen: Schaut
her da sind auch die èechischen Arbeiter dabei, die diese
Dinge mitmachen. Auf der anderen Seite sagt man: Die deutschen
sozialdemokratischen Führer machen in dieser Frage Einheitsfront
mit der Bourgeoisie, sie sprechen in ihren Volksversammlungen,
und so wird dies ausgenützt, um die Arbeiter in die Lager
ihrer Bourgeoisie zu treiben, um sie national zu zerreißen,
genau so wie Ihr ja auch nicht imstande seid, Euch national zu
einigen. Und wir sehen hier das Schauspiel von der Zweiten Internationale,
täglich erleben wir, daß der eine Flügel dafür,
der andere dagegen stimmt. Wenn wir Kommunisten nicht wären,
würde dieser Plan noch viel besser gelingen. Nur durch den
internationalen Kampf der Kommunisten sind wir in der Lage, den
deutschen Arbeitern zu sagen, nicht die Èechen, wie die
sozialdemokratischen Führer sagen, sondern die èechische
Bourgeoisie ist der Feind der Unterdrückten. Während
Euere Methoden Volk gegen Volk hetzen, bringen wir einen Zustand,
daß die Arbeiter gegen die Klassenfeinde eingenommen werden,
daß sie verstehen, daß es nicht ein Unrecht ist, das
ihnen vom èechischen Volke widerfährt, sondern, daß
es ein Unrecht ist, daß Ihnen von der èechischen
Bourgeoisie widerfährt, wobei allerdings die èechischen
sogenannten Arbeiterführer recht fleißig mit helfen,
um das der Bourgeoisie möglich zu machen. Dadurch schmieden
wir den Ring, der einen wirklichen Ausweg bringen wird, da durch
schaffen wir die Kraft, die wirkliche Befreiung bringt, nicht
ein Ausschuß, wie ihn Herr Dr. Czech beantragt, sondern
die Ein heitsfront aller Arbeitenden in Stadt und Land, aller
Arbeitenden aller Nationen. Sie werden diese verbrecherische Regierung
davonjagen, sie werden diesen kapitalistischen Staat beseitigen,
sie werden an seiner Stelle den proletarischen Staat aufrichten,
in dem die Völker friedlich und frei beisammenwohnen werden.
(Souhlas a potlesk na levic)
Hohes Haus! Wenn ich im Namen meiner Partei und, ich möchte
sagen, im Namen meines deutschen Volkes hier spreche, so deshalb,
um vor diesem Forum jene Proteste zu erhärten, die infolge
der Vorgänge vom 28. vorigen Monates sich in den deutschen
Gauen dieses Staates auslebten. Ich werde im Verlaufe meiner Rede
noch zum Mißtrauensvotum Stellung nehmen und es begründen.
Es ist geschichtlich erwiesen, daß wir Deutschen in Böhmen,
Mähren und Schlesien schon durch Jahrtausende gelebt haben,
ja es läßt sich sogar geschichtlich durch Urkunden
belegen, daß die böhmischen Könige Vratislav und
Wenzel den Deutschen zugestanden haben nach Recht und Gerechtigkeit
zu leben. Wir haben aus den Ausführungen meiner geehrten
Herrn Kollegen vernommen, in welcher Weise besonders die Führer
des èechischen Volkes im alten Österreich die Sprachenverordnung
angeschnitten und um dieselbe gekämpft haben. Heute aber
verurteilen sie die Art und Weise des Kampfes, wie wir ihn von
ihnen gelernt haben, restlos. Die Èechen wollen sich heute
dieselben Methoden aneignen, wie es seinerzeit die Ungarn getan
haben, welche die Reste anderer Völker magyarisierten. Nun
hat ihnen das der alte Staat nicht zugestanden, und da ist ihnen
glücklicher Weise St.-Germain zur Hilfe gekommen. Es kam
zum unseligen Weltkrieg. Darauf folgte der Zusammenbruch und nicht
zuletzt gingen über ganz Europa große Revolutionen
hin, es stürzten große Kaiserreiche und mit ihnen Fürsten,
Könige und wie alle diese Potentaten hießen. Wir weinen
ihnen keine Tränen nach, wir erhofften uns aber bessere Zeiten.
Aber aus dem Siegesjubel der neu en Zeit stiegen auch neue Majestäten
und verpesteten den ganze Planeten. So können wir heute wahrnehmen,
daß trotz den großen Revolutionen, trotz dem großen
Freiheitsgeschrei die Freiheit tiefer gesunken ist als je zuvor.
Wo bleiben die 14 Punkte Wilsons, des größten Heuchlers
der Weltgeschichte, der da über den großen Heringsteich
herübergekommen ist, der gerade unser Volk so meisterhaft
belogen hat? Auf ihn verweise ich, weil sich diese 14 Punkte an
uns nicht erfüllt haben. Ich blicke heute nicht über
die Grenzen hinaus, ich suche keine Hilfe bei anderen Völkern,
sondern ich poche auf die ureigenste Kraft meines Volkes, welches
auf dem Boden dieses Staates steht. Unser Staat hat das Monopol
der Demokratie nach außenhin gepachtet und unter diesem
Aushängeschild übt die allgewaltige Koalition statt
Demokratie brutale Gewalt an seinen Minderheitsvölkern. Als
oberste Tugend in seiner Dreieinigkeit steht geschrieben: Der
Wortbruch, die Lüge und der Raub an dem Gute der anderen,
die sie kraft der hohen Demokratie zu beherrschen meinen. Ein
èechischer Herostrat nach dem andern wechselt in der Regierung
und schmeißt eine Brandfackel nach der andern in diesen
Tempel der wahren Demokratie, wo die Flammen der Ungerechtigkeit
bis zum Himmel lodern.
Groß ist der Leidensweg der deutschen Minderheit, und ich
verweise auf das Memoire III, wo alle Völker ohne Unterschied
der Sprache vor dem Gesetze gleich sind. Ich verweise weiter auf
das gebrochene Ministerwort Švehlas am 10. Juli 1920,
der hier von der Parlamentstribüne erklärte, daß
die Sprachenverordnung dem Verfassungsausschuß zugewiesen
wird und daß alle beteiligten Völker sich darüber
aussprechen können. Es ist nichts von all dem geschehen,
das eine wie das andere ist unerhörter Wortbruch und was
sich daraus entwickelt, ist Lüge, und man ist durch die Verordnung
übergegangen zum Raub an dem Heiligsten der Minderheiten,
der deutschen Muttersprache, wie der aller anderen Völker.
Geschichtsphilosophisch haben sich die Èechen immer glänzend
ausgewirkt mit ihrer Toleranz. Bei Husfeiern wurden sie nicht
müde, sich die Augen auszuweinen über die großen
Greuel der Gegenreformation. Ja, bald haben sie auch das Manifest
des Prager Slavenkongresses vom Jahre 1848 vergessen über
das von der Natur gewiesene Recht aller Völker zu edelster
Humanität als einem göttlichen Gebot, das von keinem
Volk ungestraft übertreten werden darf. Das Dogma der nationalen
Gleichberechtigung haben Sie immer gepredigt, auch im alten Österreich.
Sie haben immer von einer Gewissensfreiheit, von einer Toleranz
jeglicher Art gesprochen. Nun ist alles scheinbar in die Vergessenheit
gesunken. Ich verweise auf die Deklaration von Washington: "Wir,
das Volk des Comenius, können nichts anderes tun als diese
Prinzipien annehmen, die in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung
in den Prinzipien Lincolns und einer Erklärung über
die Rechte der Menschen und der Bürger ausgesprochen sind.
Für diese Prinzipien hat unser Volk in den denkwürdigen
Husitenkriegen vor 500 Jahren sein Blut vergossen. Für dieselben
Prinzipien vergießt unsere Nation neben ihren Verbündeten
Rußland, Italien und Frankreich ihr Blut auch heute."
Es ist sehr schön, aber wenn man dem gegenüber wieder
hört, was sich auf dem Restgut Neusattel abspielt, das die
Èechen kraft der Bodenreform in ihren Besitz übernommen
haben, so ist das ein Gegenstück zu dem, was ich hier mit
vorlesen werde: "Weiter wird nachdrücklich aufmerksam
gemacht, daß es auch im Interesse der Arbeitnehmer deutscher
Volkszugehörigkeit gelegen ist, denen daran liegt, sich im
Dienste des èechischen Besitzers der Domäne zu erhalten,
ihre Kinder in èechische Schulen zu schicken, damit sich
schließlich die Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber verständigen
können. (Hört! Hört!) Der Arbeitgeber empfindet
es unangenehm, daß es diesen Arbeitnehmern bisher nicht
zum Bewußtsein gekommen ist, daß sie im Dienste eines
èechischen Besitzers stehen und daß sie sich bisher
nicht freiwillig entschlossen haben, seine Nationalität zu
respektieren." Nun, meine Herren, das ist ein Kapitel, über
das man die Überschrift "Seelenraub" setzen könnte.
Wenn im alten Österreich ein Minister von einer Sprachenverordnung
oder einem Gesetz sprach, hat er immer gesagt, daß man mit
der Verordnung nicht hinauskommen könne, ehe beide Teile
gehört worden sind. Ich verweise darauf, was sich im alten
Österreich einmal ereignete. Im Jahre 1914 hat das Bezirksgericht
Rumburg über einen èechischen Fabrikanten, der trotz
seines Zugeständnisses der deutschen Sprache in Wort und
Schrift mächtig zu sein, als Zeuge nur in èechischer
Sprache aussagen wollte, nach § 160 der Strafprozeßordnung
eine Geldstrafe von 40 Kronen verhängt. Das Kreisgericht
in Leipa hat die Strafe bestätigt, der Oberste Gerichtshof
hat jedoch über Einschreiten der Generalprokuratur die Strafe
als gesetzwidrig aufgehoben, weil die Weigerung eines Zeugen,
sich einer bestimmten Sprache zu bedienen, keineswegs einer Verhinderung
oder einer Unterdrückung von Beweismaterial gleichkommt,
keine Gefährdung der Wahrheitserforschung, sondern schlimmsten
Falls eine Erschwerung des Verfahrens, eine vielleicht am unrechten
Ort angebrachte Kundgebung nationaler Gesinnung sei. Solche Erscheinungen
zu bekämpfen oder ihnen vorzubeugen, sei nicht Aufgabe des
§ 160 und nicht Aufgabe der Strafprozeßordnung überhaupt.
Also schon damals wurde es bemängelt, daß die Entscheidung
der Frage ausgewichen ist, ob in Rumburg, also im Königreich
Böhmen, es zu den durch die Verfassung gewährleisteten
Grundrechten eines Èechen gehört, in èechischer
Sprache auszusagen. Die Sprachenverordnung hat nun diese Frage
in mustergültiger Weise gelöst, denn zu den durch die
Verfassung gewährleisteten Grundrechten eines Deutschen in
Prag gehört es nicht, in deutscher Sprache auszusagen, sondern
es besteht der Zwang, bei einigen Sprachkenntnissen unter der
Androhung einer Strafe bis zu 1.000 Kronen èechisch auszusagen.
Auch im deutschen Sprachgebiet ist es nicht viel anders.
Es sagt auch noch weiter der Präsident unserer Republik in
seiner ersten Botschaft, in der er den deutschen Kolonisten eine
wahrhaft demokratische Verwaltung geben will, die zur Lösung
der Sprachen- und Nationalitätenfragen beitragen soll. Inwieweit
heute die Sprachenverordnung gerade diese Frage in den Gemeinden
zu lösen imstande ist, beweist ja die Sprachenverordnung
gerade als solche, denn gerade durch das Gesetz von heute wird
der Autonomie der Todesstoß versetzt. Wir wissen ja, daß
alle Eingaben, Anträge usw. jetzt fast restlos in èechischer
Sprache erfolgen müssen.
Und da möchte ich darauf hinweisen, was ja schon meine Vorredner
klargelegt haben, daß Gemeinden mit mehr als 3000 Einwohnern
gezwungen sind, direkt Beamte anzustellen, die dieser sogenannten
staats-offiziellen Sprache in Wort und Schrift mächtig sind.
Wo bleibt aber das Recht der nach vielen Zehntausenden zählenden
Deutschen in Prag? Die haben überhaupt kein Recht mehr, und
den èechischen Minderheiten im deutschen Gebiet ist Tür
und Tor zur Obstruktion in der deutschen Heimat gegeben. Hier
haben gerade wieder die Èechen eine Brandfackel in das
Gemeindewesen der Deutschen gelegt, und nachhaltig wird dieser
Kampf nachwirken. Ich meine, es ist undenkbar, daß der Weg
zur Verständigung der Völker auf diese Weise erfolgen
kann. Die Auswirkung der Sprachenverordnung wird sich ganz gewaltig
bemerkbar machen. Wir aber werden im Volke draußen den Kampf
aufnehmen, wir werden dem Volke sagen, gegen alles zu rekurieren
und alles, was im Rahmen des Gesetzes möglich ist, zu unternehmen.
So werden Stöße von Beschwerden an die Kanzleien und
Ämter gehen, und ich glaube, daß der ohnehin schon
lahme Amtsschimmel dadurch zum Krepieren gebracht werden wird,
denn diese Sprachenverordnung ist das Gift für ihn.
Hohes Haus! In diesem Kampfe lassen sich noch viele Beispiele
des nationalen Unrechtes anführen und ich verweise ganz kurz
auf gewisse Punkte. Die innere Amtssprache ist rein èechisch.
Die Èechen in Österreich erklärten die deutsche
innere Amtssprache vom praktischen Standpunkt aus für unsinnig,
und die innere deutsche Amtssprache ist auch in Österreich
in Wirklichkeit nie durchgeführt worden.
Zu Art. 4: Deutsch in den èechischen Bezirken ist so gut
wie ausgeschlossen. Der Beamte entscheidet darüber, wann
jemand nicht èechisch kann, wenn er deutsch vernommen werden
will. Wann kann jemand genügend èechisch? Das ist
auch eine Frage, die sehr dankbar wäre und die auch zu einem
furchtbaren Debakle führen wird. Artikel 7 besagt: Beilagen
müssen bei èechischen Ämtern èechisch
sein. Das ist ein Wahnsinn, weil der Geschäftsverkehr keine
Sprachgrenze kennt. Ich verweise auf das Handelsgericht in Prag,
wo vor dem Krieg 65% der Agenda deutsch waren. Prag ist der Sitz
der deutschen Großindustrie und Großbanken und die
Prozeßführung wird wegen der Übersetzung der Beilagen
durch Dolmetsche ungemein verteuert. Artikel 12: Staatliche Anstalten
und Unternehmungen werden als rein èechisch erklärt.
Deutsch kann nur gnadenweise zugelassen werden. Ich frage: Wird
auch die staatliche Bäderverwaltung Joachimsthal nur èechische
Aufschriften haben und nur èechisch korrespondieren? Artikel
14: Sprachenrechte werden nur Inländern gegeben. Dies normiert
die Verordnung, trotzdem das Oberste Verwaltungsgericht gegenteilig
entschieden hat, allerdings nur für deutsche Ausländer.
Ist es praktisch, Reichsdeutsche zu èechischer Klage in
Eger zu zwingen? Artikel 16: Sprachenrechte haben nur Deutsche,
Ungarn etc. in ihrer Sprache. Warum darf ein Ungar in Preßburg,
der deutsch kann, nicht deutsch aussagen? Ist das nicht irrsinnig?
Warum darf ein Èeche, der in einem reichsdeutschen Prozeß
Zeuge ist, nicht deutsch aussagen, wenn er selbst und beide Parteien
dies wollen? Irrsinnig! Eine englische Firma klagt in Eger durch
einen deutschen Advokaten einen Deutschen. Er muß èechisch
klagen. Ist dies praktisch? Die Republik verfällt in solchen
Fällen der Lächerlichkeit im Auslande.
Es liegen noch viele Beispiele vor, die ich anführen könnte.
Das Ende der Sprachenverordnung aber wird sein, daß die
Regierung gezwungen sein wird, wenn nicht durch dieses Haus, wo
wir als Vertreter der unterdrückten Völker nicht die
genügende Gewalt haben, so doch durch das Volk draußen,
das imstande sein wird, die Regierung durch den Kampf zu der Erkenntnis
zu zwingen, diese Verordnung zurückzunehmen, weil sie unhaltbar
ist im Leben der Völker. (Souhlas na levici.)
Freunde! Meine Stunde hat geschlagen, ich werde durch die Glocke
des Präsidenten gemahnt, zu scheiden. Ich verwahre mich nochmals
gegen dieses Gesetz, ich verwahre mich gegen alles, was hier gegen
uns als Minderheit und was insbesondere dem deutschen Volke zugefügt
wird, und ich werde dieses Forum nicht ungenützt lassen,
um jenem Regime den Kampf zu erklären, das uns auf dem alten
angestammten Heimatsboden fast vernichten will. (Potlesk na
levici.)